1 Einführung in die Facharbeit Die Bevölkerung vieler Länder lebt in

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1
Einführung in die Facharbeit
Die Bevölkerung vieler Länder lebt in der heutigen Zeit in einer
Überflussgesellschaft. Im Supermarkt findet man oft eine riesige Auswahl an
sich eigentlich ziemlich ähnelnden Produkten vor. So wird nicht nur eine Sorte
Kartoffelchips angeboten sondern gleich mehrere in der Geschmacksrichtung
Paprika. Genauso verhält es sich mit Dienstleistungen. Im Internet findet der
User mittlerweile eine Vielzahl von Suchmaschinen wie „Yahoo!“, „Lycos“
oder „Altavista“ vor. Die vorliegende Facharbeit soll zeigen, mit welchen
Instrumenten ein Unternehmen in einer polypolistischen Marktsituation seinen
Bekanntheitsgrad oder gar seinen Umsatz steigern kann, indem es mit seinen
potentiellen
Kunden
kommuniziert.
Zunächst
sollen
dem Leser die
grundsätzlichen Zusammenhänge des Marketings, der Kommunikation und
später der Kommunikationspolitik näher gebracht werden. Nach einer
Begriffsdefinition soll dem Leser zunächst die Notwendigkeit des Marketings
in der heutigen Zeit begründet werden. Die Instrumente Werbung und
Kommunikationspolitik
aus
dem
Marketing-Mix
werden
besonders
herausgestellt, da sie für das Beispiel einer Umweltschutzorganisation von
besonderer
Bedeutung
sind.
Einige
wichtige
Bestandteile
der
Kommunikationspolitik werden erklärt und anhand des Beispiels WWF in
einen
Zusammenhang
gebracht.
Dabei
werden
einige
kommunikationspolitische Mittel, die der WWF nutzt, beschrieben und
interpretiert.
1. Definition von Marketing und Aufgaben
Ein Unternehmen, das sich auf dem Markt behaupten will, auf dem es viele
Konkurrenten gibt, muß sich Gedanken darüber machen, wie es möglichst viele
Kunden für sich gewinnen kann. Marketing beschäftigt sich mit genau diesem
Problem. Der Begriff stammt vom englischen Wort „market“ (=Markt) ab.
Marketing spielt sich also auf dem Markt ab, wo Angebot und Nachfrage sich
treffen. Marketing wird unterschieden in Marketing0, Marketing1 und
Marketing2. Die Unterschiede liegen in der Auffassung des Begriffs Marketing.
Marketing0 ist die älteste Auffassung des Begriffs. Hier sieht man die
Leistungsverwertung, also den Absatz der hergestellten Produkte, als die
zentrale Aufgabe des Marketings an. Ein Unternehmen, das sich an Marketing1
2
hält, richtet sämtliche Betriebszweige auf den Absatzmarkt aus. Dabei gilt es,
z.B. Marktforschung zu betreiben, um Trends frühzeitig erkennen zu können,
um so die Konkurrenz zu übertreffen. Die umfassendste Version des
Marketings ist jedoch das Marketing2. Diese Sichtweise beschränkt sich nicht
wie Marketing0 und Marketing1 nur auf kommerzielle Unternehmen, die ein
Produkt auf dem Markt verkaufen wollen. So können z.B. auch Vereine,
Stiftungen, Museen und Kirchen Marketing betreiben. Denn dieser Auffassung
zufolge
wird
Marketing
als
„Herbeiführung
und
Gestaltung
von
Austauschprozessen und Beziehungen“1 bezeichnet. Das Marketing des
Unternehmens beschränkt sich also nicht einzig und allein auf den
Absatzmarkt, sondern kann auch auf dem Beschaffungsmarkt, in der
Öffentlichkeit sowie innerhalb des Unternehmens so agieren, daß das
Unternehmen sich nach seinen Vorstellungen bestens vermarktet.
2. Bestandteile des Marketing
Ein Unternehmen, das Marketing betreibt, ist bestrebt, den Markt im Sinne des
Unternehmens zu beeinflussen. Um den Markt aktiv beeinflussen zu können,
kann sich das Unternehmen verschiedener marketingpolitischer Instrumente
bedienen. Zu diesen Instrumenten zählen die Produktpolitik, die Preispolitik,
die Distributionspolitik und die Kommunikationspolitik. Werden diese
Instrumente des aktiven Markteingriffs miteinander kombiniert, bezeichnet
man dies als Marketing-Mix. Die Bedeutung der einzelnen Instrumente werden
im Folgenden näher erläutert. Die Produktpolitik hat die Aufgabe, festzulegen,
welches
Produkt
(Autos,
Fernsehgeräte,
Lebensmittel
etc.),
welche
Dienstleistung (Reisen, Reparaturservice, Konzertveranstaltungen etc.) auf dem
Markt angeboten werden soll. Es ist auch möglich, Personen (z.B. Sportstars,
Musiker), Orte (z.B. zur Förderung des Fremdenverkehrs), Ideen (z.B. „Ein
Herz für Kinder“ von der Bild-Zeitung) und Organisationen, womit sich diese
Arbeit noch im Speziellen befassen wird, zu vermarkten. Nachdem das
Unternehmen sich grundsätzlich für ein Produkt, eine Dienstleistung etc.
entschieden hat, gilt es, das Produkt der gewünschten Zielgruppe anzupassen.
Der gewünschten Zielgruppe und dem angestrebten Image entsprechend wird
das Produkt, die Dienstleistung oder die Idee gestaltet oder formuliert. Nun gilt
es, dem Produkt einen Preis zu geben, wofür die Preispolitik verantwortlich ist.
3
Der Preis darf weder zu hoch noch zu niedrig angesetzt werden. Durch einen zu
hohen Preis wird das Produkt nicht jedem zugänglich gemacht. Ist er extrem
niedrig angesetzt, spricht das nicht für die Qualität des Produkts und das
Unternehmen wird möglicherweise keine ausreichenden Erträge erwirtschaften.
Desweiteren ist auf Gesetze zu achten, die z.B. eine übertrieben aggressive
Preispolitik untersagen. Die Distributionspolitik beschäftigt sich mit den
Absatzmöglichkeiten. Es wird die Antwort auf die Frage, wie das Produkt am
einfachsten dem Kunden zugänglich gemacht werden kann, gesucht. Dabei gibt
es die Möglichkeit des direkten Absatzes und die des indirekten Absatzes.
Beim direkten Absatz bezieht der Kunde das Produkt direkt beim Unternehmen
und beim indirekten Absatz steht noch mindestens ein Händler zwischen
Hersteller und Kunde. Doch auch hier werden den Absatzmöglichkeiten durch
die Gesetzgebung Grenzen gesetzt. So ist es beispielsweise nicht erlaubt,
bestimmte pharmazeutische Produkte in einem Kiosk anzubieten. Einziger
legaler Verkaufsort wäre in diesem Fall die Apotheke. Dem vierten Teil des
Marketing-Mix, der Kommunikationspolitik, widmet sich diese Arbeit im
folgenden Kapitel. Da die Kommunikationspolitik für das Beispiel einer
Umweltschutzorganisation von besonderer Bedeutung ist, bedarf es einer
größeren Ausführlichkeit.
2.1. Kommunikationspolitik
2.1.1. Was ist Kommunikation ?
Nawratil und Rabaoili-Fischer definieren den Begriff der Kommunikation
folgendermaßen: "Kommunikation bezeichnet den Vorgang, mit dem
Beziehungen aufgenommen und Mitteilungen (Informationen, Nachrichten,
sprachliche und nicht-sprachliche Inhalte) ausgetauscht werden."2 Es gibt
zahlreiche Kommunikationsmodelle3, die alle grundsätzlich davon ausgehen,
daß ein Sender eine Nachricht codiert (verschlüsselt) und über einen Kanal an
den Empfänger sendet. Dieser muß die Nachricht decodieren (entschlüsseln).
Im alltäglichen Leben wird ständig irgendwo kommuniziert. Dabei muß nicht
unbedingt gesprochen werden. Es kann auch etwas durch Mimik, Gestik oder
Schrift mitgeteilt werden. Laswell hat den komplizierten Vorgang der
Kommunikation in eine einfache Formel gebracht: „Wer (Kommunikator,
Sender, Quelle) sagt was (Kommunikationsinhalt, Botschaft) über welchen
4
Weg (Kommunikationskanal) zu wem (Kommunikant, Empfänger, Rezipient)
mit welcher Wirkung (Kommunikationseffekt)?“4 Das folgende Beispiel soll
verdeutlichen, wie die Formel funktioniert: Kioskbesitzerin Müller (Sender)
schreibt einen Brief (Kanal) mit einem Weihnachtsgruß (Botschaft) an ihre
Stammkunden (Empfänger). Diese freuen sich sehr darüber und werden auch
weiterhin bei Frau Müller einkaufen (Kommunikationseffekt). Durch
Kommunikation werden also Botschaften übermittelt, „mit dem Ziel, den
Empfänger in der vom Sender gewünschten Weise zu beeinflussen“5 Besonders
nützlich ist die Kommunikation wie auch im beschriebenen Beispiel in der
Wirtschaft.
Kunden
lassen
sich
vom
Unternehmen
in
ihren
Kaufentscheidungen beeinflussen. Sowohl in der Wirtschaft als auch im
Privatleben ist die Formulierung der Botschaft von größter Bedeutung. Eine
ungeschickt formulierte Botschaft kann sogar das Gegenteil der gewünschten
Wirkung hervorrufen. Die Botschaft muß also „vom Empfänger so verstanden
werden,
wie
sie
vom
Sender
gemeint
ist“.6
Das
Modell
des
Kommunikationsprozesses zeigt auf, welche Probleme bei der Übermittlung
von Botschaften auftreten können Der Sender, der dem Empfänger eine
Botschaft mitteilen möchte, codiert (verschlüsselt) diese zunächst denn es wäre
beispielsweise ungeschickt von der Kioskbesitzerin (s.o.), ihre Kunden in
ihrem Weihnachtsgruß aufzufordern, weiter regelmäßig bei ihr zu kaufen. Der
Sender bedient sich dabei eines Zeichenvorrates, mit dem er die Botschaft
verschlüsselt.
Der
Zeichenvorrat
des
Senders
muß
möglichst
viele
Gemeinsamkeiten mit dem des Empfängers aufweisen, da dieser sonst beim
Decodieren die Mitteilung falsch oder gar nicht versteht. Je nach dem, wie der
Rezipient den Kommunikationsinhalt entschlüsselt hat, wirkt die Mitteilung
auf ihn. Die Wirkung der Mitteilung veranlaßt den Empfänger zu einem
Feedback, also zu
einer Rückmeldung, die bezogen auf das Kiosk-Beispiel, den Kauf weiterer
Produkte bedeuten könnte. Diese Grafik verdeutlicht das System anschaulich:
5
Man unterscheidet die Kommunikation in zwei Modellen. Es gibt das Modell
der einstufigen Kommunikation, bei der sich der Kommunikator direkt an den
Kommunikanten richtet. Hinzu kommt die zweistufige Kommunikation, bei
der vom Sender gezielt ein sogenannter Meinungsführer angesprochen wird,
der dem eigentlichen Empfänger nahe steht, von ihm als kompetent erachtet
wird und so die Wirkung der Mitteilung deutlich verstärken soll. 7
2.1.2. Die kommunikationspolitischen Instrumente
Die bedeutendsten Instrumente der Kommunikationspolitik sind Werbung,
Sponsoring, Verkaufsförderung, Public Relations (PR), Product Placement,
Event Marketing und Merchandising. Diese Instrumente werden nun je nach
Bedeutung in Kürze oder in Ausführlichkeit erklärt: Werbung ist die
„zielorientierte Information und Beeinflussung von Menschen mit Hilfe
bestimmter
Werbemittel“8
wie
z.B.
Zeitungsanzeigen,
Radio-
und
Fernsehwerbung, Plakate etc. Die Schaltung einer Werbung muß unabhängig
vom Werbemittel genau geplant werden. Zunächst wird das Ziel der
Werbekampagne definiert. Zur Auswahl stehen ökonomische (z.B. mehr
Umsatz) und indirekt ökonomische Ziele (z.B. höherer Bekanntheitsgrad). Als
nächster Schritt folgt dann die Bestimmung der Zielgruppe. Daraufhin muß die
Werbestrategie festgelegt werden. Unter einer Werbestrategie versteht man die
Festlegung des Budgets, welches für die Erstellung der Werbebotschaft und die
Publizierung dieser aufgewendet werden darf. Außerdem gehören zu einer
Werbestrategie natürlich die Gestaltung der Werbung, worauf sich sogenannte
Werbeagenturen spezialisiert haben, und die Auswahl des Werbemittels (s.o.)
und des Werbeträgers. Werbeträger sind alle Medien, die eine Werbebotschaft
überbringen können. Ein z.Zt. besonders beliebter Werbeträger ist das Internet.
Der Erfolg einer Werbung ist nicht direkt meßbar. Bleibt die Werbekampagne
ohne jeglichen Erfolg, wird kontrolliert ob ein Fehler bei der Zielsetzung, der
6
Zielgruppenauswahl oder der Strategie vorliegt.9 Dies war eine klassische
Schrittfolge zur Erstellung einer wirksamen Werbekampagne. Ob diese
Schrittfolge auch in der Realität eingehalten wird, kann in dieser Arbeit nicht
beantwortet werden. Ein weiteres kommunikationspolitisches Instrument ist
das
Sponsoring. Sponsoring „ist die Bereitstellung von Geld, Sachmitteln oder
Dienstleistungen durch Unternehmen (als Sponsoren) für Personen bzw.
Organisationen im sportlichen, kulturellen oder sozialen Bereich (als
Gesponserte) ..., womit die Sponsoren kommunikationspolitische Ziele
verfolgen und die Gesponserten bestimmte Gegenleistungen zu erbringen
haben, die den ... Zielen der Sponsoren entsprechen.“10 Die Verkaufsförderung
soll den Produktabsatz durch gezielte Aktionen11 fördern. Public Relations, die
auch speziell für Non-Profit Organisationen von großer Bedeutung sind, sind
im Gegensatz zu Werbung und Verkaufsförderung nicht direkt auf den
Absatzmarkt gerichtet. Die absatzorientierte Öffentlichkeitsarbeit bemüht sich
„um die Schaffung und Förderung eines positiven Erscheinungsbilds des
Unternehmens in der Öffentlichkeit,...“.12 Die strategischen Public Relations
streben eine „ausgleichende Kommunikation des Unternehmens mit der
Gesellschaft und ihren Teilöffentlichkeiten“13 an. Während sich die
absatzorientierte Form eine Förderung des Verkaufs erhofft, arbeitet die
strategische Öffentlichkeitsarbeit darauf hin, eine hohe Akzeptanz seitens der
Gesellschaft zu erlangen. Zu den PR-Maßnahmen gehören
13
zum Beispiel:
Pressekonferenzen, Tage der offenen Tür, Vertrauenswerbung in Medien und
gegenüber Meinungsführern, Vorträge, Betriebsbesichtigungen uvm. Für nicht
kommerzielle Unternehmen eignen sich beispielsweise die Organisation von
Ereignissen, Durchführung von Umfragen, Kommunikation auf Messen,
Aufrufe, Wettbewerbsveranstaltungen oder auch gezielte Provokationen, die ja
besonders gerne von der Organisation Greenpeace eingesetzt werden um auf
ökologische
Mißstände
kommunikationspolitische
aufmerksam
Mittel
steht
zu
machen.
besonders
den
Als
weiteres
finanzstärkeren
Unternehmen das Product Placement, die sogenannte Schleichwerbung in
Fernsehproduktionen zur Verfügung. So trinken z.B. die Gäste einer
Diskussionsrunde im Deutschen Sport Fernsehen13 ausschließlich Bier der
Marke Warsteiner. Das Event Marketing ist eine Möglichkeit, ein Unternehmen
7
im Rahmen von großen Veranstaltungen (Konzerte, Reisen,...) in großer
Öffentlichkeit zu präsentieren. Beispielsweise veranstaltet Volkswagen
Konzerte für Nachwuchsbands im Rahmen der „VW Sound Foundation“.
3. Was sind Nonprofit-Organisationen (NPO) ?
Nonprofit-Organisationen zeichnen sich dadurch aus, daß sie nicht darauf
hinarbeiten, einzelne Personen zu bereichern. Primäres Ziel ihrer Arbeit ist also
nicht eine gute Verzinsung ihres Kapitals. Man findet diese Organisationen in
allen gesellschaftlichen Bereichen vor. „Im Sport, aber auch im Sozial- und
Gesundheitswesen, im kulturellen und ökologischen Bereich würden die
meisten Aktivitäten nicht mehr stattfinden, wenn es nicht zahlreiche
eingetragene
und
gemeinnützige
Vereine,
Projekte,
Initiativen
und
Selbsthilfegruppen, aber auch Stiftungen, Genossenschaften, Kooperativen,
gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung (gGmbH)14 gäbe.“
Diesen Gesellschaftsbereich bezeichnet man als intermediären Bereich. Er füllt
die Lücke aus, die zwischen dem informellen Bereich (private Netzwerke),
dem Markt und dem Staat entsteht, wobei einige staatliche Aktivitäten auch
einen nicht-profitorientierten Charakter haben. Im intermediären Bereich
werden Aufgaben von den NPO erfüllt, „die in den drei anderen
gesellschaftlichen Bereichen nicht oder nicht adäquat angeboten werden
(können).“15 Allein die vielen Sportvereine, die es in Deutschland in fast jedem
Dorf gibt, sorgen dafür, daß die Menschen ihre Freizeit auch ohne viel Geld
sportlich gestalten können. Dafür wäre nicht gesorgt, wenn es die Möglichkeit,
Sport zu treiben nur auf dem Markt oder im informellen Bereich gäbe. Auf dem
Markt gibt es diese Möglichkeit zwar, doch verlangen z.B. Fitnessclubs
vergleichsweise hohe Beiträge. Im informellen Bereich wäre unendliche
Toleranz eine Vorraussetzung dafür, daß auch wirklich jeder an den Aktivitäten
teilnehmen darf. Diese Vorraussetzungen können diese drei Bereiche aber nicht
erfüllen. Ergo ist der intermediäre Bereich dafür notwendig.
4. Was ist der WWF ?
Der WWF16 ist die größte unabhängige Umweltschutzorganisation der Welt.
Gegründet wurde er 1961. Mittlerweile wird er von fünf Millionen Förderern
unterstützt und ist, organisiert in einem weltweiten Netzwerk, in fast 100
8
Ländern aktiv. Der WWF-Deutschland, mit dem sich das Beispiel dieser Arbeit
befasst, ist nicht nur in Deutschland aktiv. „Da Naturschutz nicht an den
Grenzen unseres Landes endet, engagiert sich der WWF-Deutschland hier und
überall auf der Welt. Unsere Projekte reichen vom Wattenmeer-Nationalpark in
Norddeutschland bis hin zum Nationalpark im Kongo-Waldblock in Afrika.
Wir verhindern den Ausbau der Elbe und der Loire, um ökologisch
unersetzbare Auen zu erhalten. Und wir finanzieren z.B. in Russland AntiWilderer-Brigaden, um die prächtigen Sibirischen Tiger vor der Ausrottung zu
bewahren.“17 Ziel des WWF ist ergo die Rettung der Natur. Diese formuliert
der WWF in drei konkrete Sätze: „Schutz der 200 ökologisch wertvollsten
Lebensräume
unserer
Erde“,
„Rettung
extrem
bedrohter
Tier-
und
Pflanzenarten“ und „Schonende Nutzung unserer natürlichen Ressourcen“.
4.1. Wie finanziert der WWF seine Arbeit ?
Die genannten Ziele können nur durch einen hohen Bekanntheitsgrad
angestrebt werden. Den großen Bekanntheitsgrad von 77 Prozent in der BRD
erreicht der WWF „durch Maßnahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Dazu gehören - neben der klassischen Pressearbeit - Medienaktionen,
Kampagnen und Publikationen.“18 Die Einnahmen aus Spenden und Beiträgen
von Privatpersonen und Erbschaften betrugen 1998 27,7 Millionen DM. Der
WWF verspricht, diese Einnahmen für nichts anderes als den Naturschutz
einzusetzen. Die Gesamteinnahmen betrugen 34,7 Millionen DM. Teile des
Differenzbetrags wurden für die Kommunikationspolitik aufgewendet. „Die
notwendigen
Verwaltungsaufwendungen
finanziert
der
WWF
aus
Lizenzeinnahmen19, Zinserträgen und Kooperationen.“20 So beantwortete in
einem Telefongespräch Frau Schultze von der WWF-Öffentlichkeitsarbeit21 die
Frage nach den ungefähren Kosten für eine Werbekampagne in Zeitschriften
mit der Erklärung, daß viele Zeitschriften dem WWF freigebliebene
Werbeflächen kostenlos zur Verfügung stellen.
4.2. Welche kommunikationspolitischen Instrumente nutzt der WWF ?
Wie im Kapitel 4.2. bereits erwähnt, bedient sich der WWF verschiedener
Instrumente. Die beim WWF auffälligsten kommunikationspolitischen
Instrumente sind die Lizenzvergaben an Schreibwarenhersteller und an einen
9
Versandhandel sowie die Werbekampagnen, von denen im nächsten Kapitel
mehrere beschrieben und interpretiert werden.
4.3. Anzeigen / Spendenaufrufe / Imagekampagnen
4.3.1. Anzeige „Last Minute! Afrika nur 200,- DM“
Diese farbenfrohe Anzeige erinnert gerade durch den Slogan „Last Minute!“
stark an eine Werbung eines Reiseveranstalters. Zunächst sieht der Betrachter
ein prachtvolles Nashorn in natürlicher Umgebung. Wie ein reduziertes
Preisschild erscheint der Slogan in weißer Schrift auf rotem Grund: „Last
Minute! Afrika nur 200,- DM“. Natürlich handelt es sich bei dieser Anzeige
nicht um ein Reiseangebot. Doch zunächst wird bewußt die Spontanität des
Rezipenten angesprochen. Denn ein Last-Minute Angebot für eine Reise nach
Mallorca oder an die Costa Brava ist nichts außergewöhnliches. Ein derart
günstiges Angebot für eher selten angebotene aber attraktive Reiseziele wie
Afrika, Indien, Amazonas, China und Arktis22 weckt die spontane Reiselust
beim Betrachter und regt ihn dazu an, auch den darunter gelegenen Text zu
lesen. Die Reiselust des Rezipienten soll beim Lesen des Textes vermutlich in
ein schlechtes Gewissen umgewandelt werden. Der Text deutet nämlich
keineswegs mehr auf ein Reiseangebot hin. Vielmehr wird dem Leser die
Möglichkeit eingeräumt, für „nur 200,- DM“ zur Rettung des vom Aussterben
bedrohten Nashorns beitragen zu können. An dieser Stelle könnte der
Betrachter ein schlechtes Gewissen bekommen. Denn er hätte sich
möglicherweise auf ein Billigreiseangebot eingelassen, das den bedrohten
Nashörnern eher Schaden zufügt als daß es ihnen hilft. Bekanntlich ist der
Billigtourismus eher schädlich für die Natur da die Hotels und der Lärm die
Tierwelt stören. Desweiteren wird dem Betrachter die Spende schmackhaft
gemacht, indem ihm ein Stein des „größten Puzzlekunstwerks der Erde“
namentlich gewidmet wird. Im unteren Teil der Anzeige findet sich die
Aufforderung
„jetzt“
die
angegebene
Telefonnummer
für
weitere
Informationen zu wählen. Die Zielgruppe dieser Anzeige definiert Frau
Schultze vom WWF mit „naturinterssierten Erwachsenen, die sich für Tiere
interessieren“. Dieser Aussage entspricht auch die Auswahl des Werbeträgers.
Die Anzeige erschien u.a. im Nachrichtenmagazin Der Spiegel, der vor allem
von Erwachsenen gelesen wird. Da den Lesern dieses Magazins ein hohes
10
Bildungsniveau und ein höheres Einkommen nachgesagt wird, macht es mehr
Sinn die Anzeige im Spiegel zu schalten als etwa in der Bild Zeitung, die nur
ein Minimum an Bildung und Interesse an tiefgründigen Themen vorraussetzt.
Außerdem fällt es jemandem, der aufgrund seines Bildungsgrades meist
weniger Geld verdient, schwerer die Pauschalspende von DM 200,- zu
bezahlen. Diese Zusammenhänge dürften bei der Wahl des Werbeträgers eine
große Rolle gespielt haben. Natürlich lassen sich derartige Zusammenhänge
zwischen Bildung und Einkommen nicht pauschalisieren.
4.3.2. Aufruf „Give Trees a Chance“
Diese Anzeigenkampagne ist ebenfalls in mehreren sich ähnelnden
Ausführungen erschienen. Die im Anhang vorliegende Version zeigt das Foto
eines fremdländisch wirkenden Gesichts in Nahaufnahme. Über der
Nasenspitze steht der Satz „Mein Wald ist in Gefahr.“. Sowohl bei dieser als
auch bei den hier nicht vorliegenden Anzeigen läuft eine Träne über das
Gesicht, vorbei an „Mein Wald...“. Damit wird unterstrichen, daß sich die
abgelichtete Person, die laut nebenstehendem Text ein WWF-Ranger ist und
sich für die Rettung des Waldes einsetzt, viel emotionelle Energie in ihre
Arbeit steckt. Sie wird emotionell angeschlagen dargestellt weil „ihre Arbeit
mit Füßen getreten wird“. Im Text wird der Rezipient direkt zu einer Spende
aufgerufen.
Im
Gegensatz
zur
„Last
Minute!“-Kampagne
ist
die
Spendensumme nicht eine Pauschale sondern es steht dem Spender frei,
wieviel er spenden möchte. Daraus lässt sich schließen, daß diese Kampagne
eine breitere Zielgruppe anspricht weil sie sich nicht nur an Besserverdienende
richtet. Rechts unten, oberhalb des WWF-Logos
steht der Slogan „Give Trees a Chance - Die Initiative für den Wald“. Dieser
Slogan soll den Rezipienten darauf aufmerksam machen, daß er Einfluss darauf
hat, ob der Wald auf Kamtschatka23 eine Chance hat oder nicht. Auffällig an
der Schreibweise ist, daß ein Grammatikfehler begangen wurde. Die Wörter
„Trees“ und „Chance“ müssten klein geschrieben werden da sie nicht am
Satzanfang stehen und keine Eigennamen sind. Durch den regelgerecht
kleingeschriebenen Artikel „a“, der dadurch unauffällig wirkt, werden die
Wörter „Trees“ und „Chance“ noch stärker hervorgehoben.
11
4.3.3. Imagekampagne zur Weltklimakonferenz 1992
Diese Anzeige ist sehr schlicht gestaltet. Auf weißem Hintergrund sieht man in
der Mitte der Anzeige ein Thermometer. Allerdings fehlt die übliche
Beschriftung der Skala. Stellvertretend für Grad- oder Fahrenheitzahlen wird
der Flüssigkeitsfaden in der Kapillarröhre Jahreszahlen und Städten
zugeordnet. Die unterste Eintragung in der Skala ist „1992 Rio de Janeiro“ In
dieser Stadt fand 1992 die Weltklimakonferenz statt. Die höheren
Skalierungspunkte sind späteren Jahreszahlen und anderen Städten zugeordnet.
Der Flüssigkeitsfaden steht ziemlich hoch und zeigt auf „1999 Bonn“. In der
Fußzeile der Anzeige ruft der WWF die Teilnehmer der Konferenz dazu auf,
„statt heißer Luft mal Ergebnisse“ zu produzieren. Mit dem Thermometer soll
symbolisiert werden, daß die Erderwärmung von Jahr zu Jahr spürbar ansteigen
wird und daß es sich um ein globales Problem handelt weil die Großstädte der
Skala auf der ganzen Welt verteilt sind. Bei dieser Anzeige handelt es sich
nicht um einen direkten Spendenaufruf. Der WWF hat einerseits sicherlich die
Intention, die teilnehmenden Politiker auf das Ausmaß der Problematik
aufmerksam zu machen. Wäre dies das einzige Ziel, wäre die Anzeige aber
nicht in Massenmedien aufgetaucht sondern schon aus Kostengründen direkt an
die Politiker verschickt worden. Der WWF nutzt dieses Ereignis, um den
Betrachtern der Anzeige zu zeigen, daß er sich auch auf politischer Ebene für
die
Natur
engagiert.
Außerdem
steigert
eine
solche
Anzeige
den
Beliebtheitsgrad bei vielen Menschen, die enttäuscht sind von der mangelnden
Konstruktivität vieler Politiker. Letztlich verhilft diese leicht provokante
Anzeige dem WWF möglicherweise zu neuen Mitgliedern und Spendern.
4.4. Was passiert, nachdem der potenzielle Spender Kontakt aufnimmt ?
In allen oben beschriebenen Anzeigen des WWF befindet sich eine
Kontaktadresse. Einmal ist es eine Telefonnummer, und zweimal die InternetURL des WWF. Dem Rezipienten wird es also einfach gemacht, Kontakt zum
WWF aufzunehmen. Auf der Homepage der Organisation findet sich ein
Button,
der dem User nach dem Anklicken ein Textfeld beschert, auf dem er sein
Anliegen darlegen kann. Zeigt er im Telefongespräch Interesse an einer Spende
oder
einer
Förderermitgliedschaft,
wird
ihm
umgehend
eine
12
Erstinformationsbroschüre zugesendet. Diese Broschüre stellt dem Leser die
Umweltproblematik dar und beschreibt, in welcher Art und Weise der WWF
versucht, die Probleme zu bekämpfen. Daraufhin wird dem möglichen
Neuförderer garantiert, daß seine Spenden und Beiträge komplett in die
Naturschutzarbeit fließen. Am Ende der Broschüre befindet sich eine
abtrennbare Antwort-Postkarte. Auf dieser Karte kann das neue Mitglied seinen
Jahresbeitrag festlegen (mindestens DM 60,--) und seine Adresse sowie seine
Bankverbindung mitteilen. Um den „Kunden“ langfristig an das Unternehmen
zu binden, verschickt der WWF regelmäßig Magazine mit Berichten zum
Thema Naturschutz an seine Mitglieder, in denen das Mitglied erfährt, für
welche Projekte sein Geld verwendet wurde.
Schlusswort und die Frage nach der Moral
Greenpeace besetzt Brent Spar, Shell entschuldigt sich dafür öffentlich in
Anzeigen und Philip Morris ruft zur Rettung der Wale auf. Die Anzahl der PRKampagnen hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Durch die oft
spektakulären PR-Aktionen z.B. von Greenpeace kann der eigentliche
Sachverhalt leicht in den Hintergrund gedrängt werden. Diese PR-Aktionen
sind dramaturgisch aufgebaut wie ein Theaterstück. In diesen Kampagnen
agieren die Guten und die Bösen. Im Fall Brent-Spar war die NPO Greenpeace
der David, der in seinem winzigen Schlauchboot gegen die riesige Bohrinsel
des Goliath Shell zu kämpfen hatte. Diese Bohrinsel wurde zum Symbol für die
Verschmutzung der Natur. Die Folge war, daß es Anschläge auf ShellTankstellen und einen Boykott gegenüber Shell gab. Dies kann man als
Vernachlässigung komplexer gesellschaftlicher Sachverhalte ansehen. Es gibt
abgesehen von Shell sicherlich noch sehr viele Unternehmen, die der Umwelt
großen
Schaden
zufügen.
Während
traditionell
gemeinwohlorientierte
Organisationen, also z.B. Vereine, Verbände und NPO, Sozialkampagnen
inszenieren, wählen zunehmend auch kommerzielle Wirtschaftsunternehmen
Strategien, die sich direkt auf soziale Anliegen beziehen. Dies ist auch nötig
denn die profitorientierten Unternehmen, die vielleicht schon einmal negativ
aufgefallen sind haben es in der heutigen Zeit bitter nötig, ein positives
Erscheinungsbild zu wahren oder zu erlangen. Sehr häufig kam es in den
letzten Jahren zu Boykotten. Beispielsweise war es aufgrund der provokanten
13
Werbung zeitweise verpönt, bei Benetton zu kaufen. Auch französischer Wein
wurde gemieden und eben die Shell-Tankstellen. Die Glaubwürdigkeit sozialer
Kampagnen seitens profitorientierter Unternehmen kann jedoch in Frage
gestellt werden. Denn es ist ziemlich offensichtlich, daß eine derartige Firma
solche Kampagnen nicht betreibt, um die Welt zu verbessern sondern um sein
Image und seinen Umsatz zu verbessern. Ausnahmen bestätigen auch hier die
Regel. Die Regel wird auch dadurch bestätigt, daß die meisten Unternehmen
sich in sozialen Fragen engagieren, denen sie selber nicht nahe stehen. Wäre es
nicht viel sinnvoller wenn der Tabak-Gigant Philip Morris sich für den Kampf
gegen den Lungenkrebs einsetzte ? Die Problematik läge in diesem Fall
zwischen Zeigefinger und Mittelfinger. Da das Unternehmen Zigaretten
herstellt, wäre es unglaubwürdig, wenn es sich gegen das Rauchen einsetzen
würde. Leider besteht die Gefahr, daß durch die Schwämme an SozialKampagnen
die
Kampagnen
der
NPO
aus
dem
intermediären
Gesellschaftsbereich an Wirkung verlieren.
Endnotenverzeichnis
1
Fritz und Oelsnitz, W., D. von der (1996): Marketing:Elemente marktorientierter Unternehmensführung, 1.Aufl., Stuttgart, S. 17
Georg Nawratil, Rabaoili-Fischer, Heinz (1991): Sozialpsychologie leicht gemacht, 2. durchgesehene Auflage, München, S. X
3
z.B. von Shannon und Weaver oder von Osgaood, vgl. Nawratil u. Rabaoili-Fischer, S. 104f
4
Lötters, C. (1998): Grundlagen des Marketing, 1.Aufl., Köln, S. 170
2
5
Lötters, C. (1998): Grundlagen des Marketing, 1.Aufl., Köln, S. 170
Lötters, C. (1998): Grundlagen des Marketing, 1.Aufl., Köln, S. 171; Text im Original fett, Anm.d.Verf.
7
Lötters, C. (1998): Grundlagen des Marketing, 1.Aufl., Köln, S. 171f
6
8
Fritz und Oelsnitz, W., D. von der (1996): Marketing:Elemente marktorientierter Unternehmensführung, 1.Aufl., Stuttgart, S.168
Fritz und Oelsnitz, W., D. von der (1996): Marketing:Elemente marktorientierter Unternehmensführung, 1.Aufl., Stuttgart, Abb.39,S.169
10
Fritz und Oelsnitz, W., D. von der (1996): Marketing:Elemente marktorientierter Unternehmensführung, 1.Aufl., Stuttgart, S.178
11
z.B. Coca-Cola bietet Gratisproben in Supermärkten an;Anm.d.Verf.
12
Fritz und Oelsnitz, W., D. von der (1996): Marketing:Elemente marktorientierter Unternehmensführung, 1.Aufl., Stuttgart, S.175
13
Es handelt sich dabei um die Sendung „Doppelpass“ (Sonntags, 11.00 Uhr); Anm.d.Verf.
9
14
Luthe,D. (1994): Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen:eine Arbeitshilfe,1.Aufl.,Augsburg,S.1f
Luthe,D. (1994): Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen:eine Arbeitshilfe,1.Aufl.,Augsburg,S.2
16
WWF = World Wide Fund For Nature;Anm.d.Verf.
17
Auszug aus einer WWF „Erstinfo“-Broschüre
18
WWF Jahresbericht 1998, Frankfurt a.M., S.16
15
19
20
Der WWF verkauft seinen Namen und sein Logo unter anderem an einen Schreibartikelhersteller
Auszug aus einer WWF „Erstinfo“-Broschüre
14
21
WWF Deutschland, Frau S.Schultze, Tel.:069/79144-0
In weiteren Anzeigen dieser Kampagne ist bezügl. Last Minute von Indien, Amazonas, China und der Arktis die Rede; Anm.d.Verf.
23
Kamtschatka: laut Anzeigentext kommt Frau Jukowa von dieser russ. Halbinsel in Nordost-Asien;Anm.d.Verf.
22
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