Musikstudium in Moskau Violin- und Kompositionslehrer In der «Grossen Selbstbiographie in 7 Bänden», die er vermutlich am 1. April 1907 voll Ironie für seinen Berliner Verleger Robert Lienau verfasst hatte, bekannte Paul Juon: «Später erhielt ich auch Geigenunterricht, denn mein Vater wollte einen Geiger aus mir machen.» Als er im August 1889 ins Kaiserliche Konservatorium in Moskau eintrat, liess sich Juon daher zuerst zum Geiger ausbilden. Er studierte bei Jan Hř ímalý, dem damals angesehensten Vertreter der Moskauer Geigenschule. 1 2 5 Der Ausbildung zum Geiger verdankt das Schaffen von Paul Juon zahlreiche Violinkompositionen, u.­ a. 3 Konzerte, 3 Sonaten, kleinere Einzelstücke, Silhouetten für zwei Violinen und Klavier sowie mehrere Streichquartette und Klaviertrios, in denen die 3 1 Jan Hřímalý (1844 Pilsen – 1915 Moskau) hatte am Prager Konservatorium studiert und trat 1869 in den Lehrkörper des Moskauer Konservatoriums ein. Dort bil­dete er u. a. Reinhold Glière, Paul Juon, Jan Kotek, Michael Press und Nikolaj Roslavetz aus. Hřímalý beteiligte sich an der Uraufführung der Streichquartette Nr. 2 (1874) und Nr. 3 (1876) sowie des Klaviertrios (1882) von Tschaikowsky und gab selber «Übungen in Doppelgriffen» und «Tonleiter-Studien» heraus. 2Sergej Iwanowitsch Tanejew (1856 Wla­dimir – 1915 Djudkowa bei Swenigorod) war Schüler von Tschaikowsky (Harmonielehre, Instrumentation, Komposition) und von Nikolaj Rubinstein (Klavier) am Moskauer Konservatorium. Dort wurde er 1878 Nachfolger von Tschaikowsky. Nachdem er anfänglich Harmonielehre und Instrumentation unterrichtet hatte, wurde er 1883 Professor für freie Komposition am selben Institut und 1885 dessen Direktor. Unter seinen zahlreichen Kompositionsschülern finden sich Glière, Juon, Kussewitzky, Medtner, Rachmaninow, Respighi und Skrjabin. Als Tanejew an einer Lungenentzündung starb, die er sich anlässlich von Skrjabins Begräbnis zugezogen hatte, hinterliess er als Hauptwerke die vierstündige Oper «Oresteia», vier Sinfonien, sechs Streichquartette und zwei Streichquintette. Tanejew galt als der grösste Kontrapunktiker der russischen Musik und gab entsprechende Bücher heraus («Der bewegliche Kontrapunkt im strengen Satz», «Die Lehre vom Kanon»). 3 Violine eine wichtige Rolle spielt. 4 3 Anton Stepanowitsch Arensky (1861 Nowgorod – 1906 Terijoki, Finnland) begann neunjährig zu komponieren und studierte bei Nikolaj Rimsky-­Korsakow am Petersburger Konservatorium. Von 1882 bis 1894 unterrichtete er am Mos­kauer Konservatorium, erst Har­monie­ lehre und Kontrapunkt, dann freie Komposition. Zu seinen Freunden zählten die Komponisten- und Lehrerkollegen Tanejew und Tschaikowsky, zu den bekanntesten Schülern Glière, Juon, Rachmaninow und Skrjabin. Arensky verfasste ein zweiteiliges «Handbuch der Formenlehre» und einen «Führer zum praktischen Studium der Harmonielehre» (1891), den Paul Juon ins Deutsche übertrug. In seinem stark von Chopin geprägten Schaffen nehmen kleinformatige Klavierstücke eine zentrale Stellung ein. Verzeichnis der in Moskau veröffent­ lichten Klavierwerke von Arensky. 4Titelblatt der Oper «Aleko» (nach Puschkins gleichnamiger Dichtung), die Paul Juon 1896 in Baku vollendete. BCU 5 Eines der pianistischen Hauptwerke von Anton Arensky. Erstdruck, Moskau 1905. DWL Wie seine Schüler Paul Juon und Nikolaj Medtner oder der Komponist Alexander Glasunow wurde auch Sergej Tanejew gelegentlich «russischer Brahms» genannt. Diese Charakterisierung soll Rachmaninow auf seinen Studiengefährten Juon bezogen haben.