Theo Horstmann, Regina Weber (Hg.), „Hier wirkt Elektrizität“. Werbung für Strom 1890 bis 2010. Begleitband zur Ausstellung „elektrisierend! Werbung für Strom 1890 bis 2010“ im Umspannwerk Recklinghausen – Museum Strom und Leben (14. März bis 5. September 2010), Essen: Klartext Verlag, 2010. 327 Seiten, EUR 29,90. Bereits 2010 zeigte das Museum Strom und Leben im ehemaligen Recklinghäuser Umspannwerk von März bis September eine umfassende Sonderausstellung, welche die Bandbreite der Elektrizitätswerbung von ihren Anfängen im späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart unter dem Titel „elektrisierend! Werbung für Strom 1890 bis 2010“ präsentierte. Im Vorfeld dieser Ausstellung, die im Jahr von RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas gezeigt wurde, kam im Juni 2009 der Gesprächskreis Technikgeschichte im Museum Strom und Leben zusammen, um über die Geschichte der Werbung für Strom zu diskutieren. Aus diesen Gesprächen und begleitend zur Ausstellung ist der vorliegende Band „‘Hier wirkt Elektrizität‘. Werbung für Strom 1890 bis 2010“ entstanden. Darin wird die abwechslungsreiche und spannungsvolle Geschichte der Werbung für Strom differenziert dargelegt. Aus ganz unterschiedlichen Perspektiven werden ökonomische, politische, kulturelle und technische Aspekte beleuchtet. Technik- und WissenschaftshistorikerInnen, AutorInnen aus dem Museumsbereich, JournalistInnen und ArchivarInnen trugen mit Vorträgen, der Ausstellung und schließlich dem begleitenden Katalog zur Erforschung der Stromwerbung in Deutschland bei. Werbung begleitete und prägte den vermeintlichen Siegeszug der Elektrizität vom Luxus der „oberen 10.000“ über eine Phase der Popularisierung zum „Strom für Alle“ ebenso wie das wachsende Bewusstsein für den Verbrauch von Strom und Diskussionen um Energieeffizienz. Auch der Konkurrenzkampf mit anderen Energieformen, allen voran dem Gas, wird in dem vorliegenden Band thematisiert. Als Adressaten der Elektrizitätsreklame treten vor allem Haushalte, Landwirtschaft und Gewerbe in Erscheinung. Insbesondere die mit Elektrogeräten ausgesprochen zufriedene und glückliche Hausfrau nimmt eine prominente Rolle darin ein. Im Mittelpunkt der Stromwerbung stehen neben der Elektrizität selbst oft stromverbrauchende Geräte, die den Adressaten die Anwendungsarten und Vorteile der vielfältigen Energie vor Augen führten. Kühlschränke dienten der Aufbewahrung und Frischhaltung von Lebensmitteln; ganz besonders während des „Dritten Reichs“ wurden Elektrokühlschränke mit der Kampagne „Kampf dem Verderb“ angepriesen. Elektroherde sollten die geeignete, einfache und komfortable Zubereitung von Speisen garantieren und Waschmaschinen den lästigen Waschtag in die Vergangenheit verbannen. „Hier wirkt Elektrizität“ ist eine kurzweilige, breitgefächerte Zusammenschau der Entwicklung der Stromreklame. Gegliedert in einen allgemeinen Teil sowie vier thematische Abschnitte mit insgesamt 33 Aufsätzen, bietet der Band einen umfassenden Beitrag zur konsumorientierten Energiegeschichte. Die Abhandlungen im zweiten Teil des Buches sind der „Frühphase des elektrischen Zeitalters“, der „Phase des Lichts und der Kraft“, der „Elektrizität im Haushalt“ sowie der „Elektrizitätswerbung zwischen Markt und Ökologie“ gewidmet, wobei im letzten Teil lediglich ein Text zu finden ist. Die zahlreichen Abbildungen lassen erahnen, über welch umfangreiche Sammlungen zur Elektrizitätswerbung das Museum Strom und Leben verfügt. Plakate, Anzeigen, Inserate, Werbemittel von Postkarten über Kalender bis hin zu einzelnen Ausstellungsobjekten wurden für den Katalog sorgfältig zusammengetragen und illustrieren die gelungenen Beiträge. Zwar geht der Anspruch des Bandes über einen herkömmlichen, kompakten Ausstellungskatalog hinaus, spricht durch seine Konzeption aber sowohl ein Fach- als auch Laienpublikum an. „Hier wirkt Elektrizität“ stellt den ersten systematischen Überblick zur Geschichte der Elektrizitätswerbung in Deutschland von den Ursprüngen bis zur Gegenwart dar und weist eine beeindruckende Vollständigkeit auf. Weiterführend bildet es eine nützliche Grundlage für international vergleichende Studien zur Stromwerbung. Der facettenreiche Band schafft es, die in der Forschung lange weniger beachtete Sphäre des Konsums und der Mediation von Elektrizität eingehend zu beleuchten. Für weitere Arbeiten zur Geschichte der Elektrizität und insbesondere der Werbung dafür ist es wünschenswert, rezentere Entwicklungen stärker aufzugreifen. Sophie Gerber (Wien/München)