VERDAUUNGSPROBLEME Wenn’s innen brennt...! Wohlstandskrankheit Sodbrennen Viele Menschen kennen das unangenehme Brennen und Kratzen im Hals. Besonders häufig tritt es nach einem opulenten, spätabendlichen Mahl auf. Erst recht, wenn dazu noch das eine oder andere Gläschen Wein getrunken wurde. Rund 40 Prozent aller Erwachsenen leiden unter der Wohlstandskrankheit Sodbrennen, an die zehn Prozent sogar regelmäßig. Ein alltägliches Problem also, doch nur die wenigsten nehmen es so richtig ernst. Die Symptome sind zwar lästig, aber üblicherweise nicht der Rede wert. Dabei kann diese vermeintliche Befindlichkeitsstörung durchaus gefährlich werden: Chronisches Sodbrennen greift die Schleimhaut der Speiseröhre an. Es bilden sich Entzündungsherde, die langfristig sogar in eine Krebserkrankung übergehen können. So weit muss es allerdings nicht kommen, dem Sodbrennen kann man wirkungsvoll vorbeugen, vorübergehende Beschwerden selber lindern und besser einen Arzt aufsuchen - damit Sie in Zukunft nicht mehr sauer aufstoßen. Die Symptome des „Säureproblems“ Sodbrennen saures Aufstoßen Schluckbeschwerden Oberbauchbeschwerden Schmerzen hinter dem Brustbein ständiger Husten und/oder Heiserkeit seltener auch Übelkeit und Erbrechen Was ist Sodbrennen? Täglich bildet der Magen rund zwei Liter Verdauungssaft. Diese chemisch stark saure Flüssigkeit - sie zerfrisst sogar Metall schützt uns wirkungsvoll vor ungebetenen Gästen wie Bakterien und Parasiten. Gleichzeitig sorgt sie für ein Milieu, das es einigen Enzymen, etwa dem eiweißabbauenden Pepsin, erst ermöglicht ihre Verdauungsarbeit aufzunehmen. Die Magenwände selbst sind durch eine Schleimschicht effektiv gegen die Säure geschützt, nicht jedoch die Zellen in der Speiseröhre. Sie dürfen daher nicht mit dem Magensaft in Berührung kommen. Normalerweise tun sie das auch nicht, denn der Weg unserer Nahrung folgt einer Einbahnstraße, die sogar im Kopf- bzw Handstand funktioniert: Ein Muskelverschluss am Übergang von der Speiseröhre in den Magen lässt den Speisebrei nur in eine Richtung passieren. Allerdings kann dieses Ventil undicht werden. Wie aus einem Fahrradschlauch Luft nach außen entweicht, steigt dann der ätzende Magensaft in die Speiseröhre auf und reizt deren empfindliche Schleimhaut. Die Folge: Sodbrennen Langfristig entzündet sich die Speiseröhrenwand, kleine Löcher entstehen und schließlich bilden sich kleine Geschwüre. Eine übermäßige Säureproduktion kann die Symptome verstärken und unter Umständen auch zur Schädigung der Magenschleimhaut führen. Was können Sie selbst tun? Nicht jeder Mensch ist gleichermaßen anfällig für Sodbrennen. Gefährdet ist vor allem, wer im Alltag permanent unter Stress steht und auf Belastungen - zum Beispiel am Arbeitsplatz - mit einem nervösen Magen reagiert. Weitere Risikofaktoren sind eine zu fettreiche Ernährung, oft einhergehend mit Übergewicht, sowie der übermäßige Konsum von Kaffee, Tabak und Alkohol. Mit anderen Worten: Sie haben es selbst in der Hand, einem Sobrennen vorzubeugen oder zumindest Ihre Beschwerden zu lindern: Bauen Sie Übergewicht ab. Jedes Kilo mehr erhöht den Druck auf den Bauchraum - und damit den Mageninhalt in Richtung Speiseröhre. Ernähren Sie sich bewusst fettarm, denn Fett regt die Produktion von Magensäure unnötig an. Nehmen Sie über den Tag verteilt fünf kleine Mahlzeiten zu sich. Der Magen produziert dann weniger Säure als bei einer üppigen Mahlzeit. Essen Sie etwa drei bis vier Stunden vor dem Schlafengehen zuletzt. Legen Sie sich nach dem Essen nicht zur Ruhe. Die „Waagerechte“ begünstigt den Rückfluss der Magensäure. Schlafen Sie deshalb auch mit leicht erhöhtem Oberkörper. Schränken Sie den Konsum von Genussmitteln wie Tabak, Kaffee und Alkohol ein. Alle drei regen die Magensaftproduktion an und schwächen den Muskelverschluss zwischen Speiseröhre und Magen. außerdem süße Speisen und Getränke, Kaffee und Alkohol. Die tägliche Flüssigkeitsmenge sollte etwa 2 Liter betragen, ideal sind Mineralwasser, Frucht- und Gemüsesäfte sowie Kräutertees. Medikamente gegen Sodbrennen Nicht immer führen Verhaltensänderungen zu einer Linderung der Beschwerden. Ihr Arzt berät Sie gern über die Anwendung rezeptfreier Medikamente. Die Feuerwehr unter den Arzneien sind die so genannten Antazida. Sie neutralisieren überschüssige Säure, dadurch werden Sie rasch beschwerdefrei. Zu dieser Wirkstoffgruppe gehören Carbonate (Bullrich-Salz, Natron), Aluminium- und Magnesiumsalze. Was Sie jedoch wissen sollten: Alle Antazida können die Aufnahme anderer Medikamente ins Blut behindern. Deshalb ist eine zeitversetzte Einnahme geboten (mindestens zwei Stunden Abstand). Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Außerdem sollten Sie schwarzen Tee, Schokolade, Zitrusfrüchte, Tomaten, Zwiebeln und Pfefferminztee nur in Maßen genießen, stark gewürzte Speisen besser ganz meiden. Vermeiden Sie schweres Heben, eng anliegende Kleidung und zu fest geschnürte Gürtel. Dadurch erhöht sich der Druck auf den Bauchraum. Stress und Hektik im Alltag sind typische Auslöser eines nervösen Magens. Gönnen Sie sich daher ganz bewusst Phasen der Entspannung. Cholesterinspiegel senkende und kaliumhaltige Arzneimittel, der Hustenlöser Acetylcystein, be- stimmte Antibiotika oder das Asthmamittel Theophyllin können die Sekretion von Magensaft anregen. Sodbrennen tritt vermehrt in der Schwangerschaft auf, da der Embryo auf den Magen drückt und die veränderte Hormonsituation den Muskelverschluss erschlaffen lässt. Umso wichtiger ist es, in dieser Zeit andere Risikofaktoren auszuschließen. Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung. Sie sollte reich an Ballaststoffen sein und viel frisches Obst, Gemüse sowie Vollkornprodukte enthalten. Meiden sollten Sie tierische Fette, etwa aus Fleisch, Wurst und Käse, Zu den einzelnen Wirkstoffen: Carbonate wirken zwar schnell und stark, und haben deshalb eine lange Tradition. Bullrichsalz und Natron etwa führen zu Völlegefühl und Blähungen. Außerdem neutralisieren sie zuviel der Säure und regen damit den Magen zur unerwünschten Neuproduktion an. Weil Sie dadurch bei längerer Anwendung in einen Teufelskreis geraten, sind Carbonate aus heutiger Sicht nicht mehr zu empfehlen. Sie sollten durch moderne Wirkstoffe wie Hydrotalcit und Magaldrat ersetzt werden. Die übrigen Stoffe haben deutlich weniger Nebenwirkungen. Dennoch können calcium- und aluminiumhaltige Substanzen Verstopfungen hervorrufen, Magnesiumverbindungen hingegen abführend wirk- en. Alle genannten Präparate sind als Tabletten und als Gel in der Apotheke erhältlich. Antazida sind ein bis drei Stunden nach der Mahlzeit einzunehmen, ihre Wirkung hält dann etwa ebenso lange an. Der Vorteil des Gels: Es wirkt schneller als die Tabletten. Das ist insofern von Bedeutung, als schon durch kurzfristige Einwirkung der Magensäure auf die Schleimhäute der Speiseröhre Entzündungen auftreten können. Damit das Sodbrennen nicht nachts auftritt, sollten Sie auch unmittelbar vor dem Schlafengehen eine Dosis einnehmen. Fazit: Es hat sich gezeigt, dass die Verletzungen der Schleimhäute nur dann ausheilen, wenn der pH-Wert (das Maß für die Stärke einer Säure) des Magens für mindestens 15 Stunden deutlich angehoben wird. Diese Wirkung erzielen allerdings nur verschreibungspflichtige Arzneimittel. Antazida sind daher geeignet, bei gelegentlichen Beschwerden schnell Abhilfe zu schaffen. Wann soll man zum Arzt? Bringen die rezeptfreien Antazida keine ausreichende Wirkung, ist spätestens dann ein Arztbesuch angezeigt. Aber auch wenn eine der folgenden Beschreibungen auf Sie zutrifft sollten Sie nicht zögern, Ihren Arzt zu konsultieren: Bei ständigem Sodbrennen Wenn Sie länger als zwei bis drei Wochen (beinahe) täglich unter den typischen Symptomen leiden oder ständig Medikamente aus der Apotheke dagegen einnehmen müssen. Bei regelmäßigem Sodbrennen Wenn die Beschwerden immer wieder, das heißt häufiger als zehn mal im Monat auftreten. Wenn Sie nachts durch Ihr Sodbrennen geweckt werden. Dann ist die Magensäure vermutlich durch das Liegen in die Speiseröhre zurückgelaufen. Es ist anzunehmen, dass der Muskelverschluss des Magens nicht mehr intakt ist. Bevor der Arzt Ihnen weitere Medikamente verschreibt, wird er möglicherweise eine Röntgendiagnostik und/oder eine Magenspiegelung durchführen. Auf diese Weise erhält er Gewissheit, ob und wie stark die Schleimhäute bereits geschädigt sind. Erst dann kommen in der Regel so genannte Säure-Blocker zum Einsatz. Sie packen das Übel tiefer an der Wurzel als die Antazida, da sie die Säureproduktion unterdrücken. Ein weiterer Vorteil ist ihre längere Wirksamkeit - eine Tablette am Abend reicht meist aus. Gleichzeitig haben Säure-Blocker eine schmerzstillende Wirkung. Daraus resultiert allerdings die Gefahr, dass mögliche Erkrankungen des Magens nicht wahrgenommen werden und entsprechend unbehandelt bleiben. Diese „schwere Waffe“ im Kampf gegen das Sodbrennen sollte deshalb nur kurzfristig (maximal zwei Wochen lang) sowie unter besonders strenger Kontrolle des Arztes eingesetzt werden. Chronisches Sodbrennen Der Arzt verschreibt Protonenpumpenhemmer Protonenpumpenhemmer sind heute Mittel der Wahl bei Entzündungen der Speiseröhre. Während die H2Blocker die Salzsäureproduktion lediglich einschränken, blocken die Protonenpumpenhemmer sie fast vollständig ab. So gehen die Beschwerden rasch zurück. Die Entzündungen und Läsionen der Speiseröhrenschleimhaut durch den ständigen Reflux von Magensäure heilen ab und das Krebsrisiko sinkt. Wenn das Sodbrennen mehrmals in der Woche auftritt oder länger als drei Wochen anhält, sollten Betroffene unbedingt den Arzt aufsuchen. Selbstmedikation allein hilft in diesen Fällen nicht weiter. Kann der Arzt bei der Untersuchung Hinweise auf entzündliche oder geschwürsartige Veränderungen der Speiseröhre nachweisen, verschreibt er sogenannte Protonenpumpenhemmer (PPI). Diese PPI bewirken die stärkste Reduktion der Magensäuresekretion: Normalerweise sind die Patienten innerhalb weniger Tage frei von Sodbrennen oder Schmerzen. Die verminderte Produktion von Magensäure verhindert, dass die Schleimhaut der Speiseröhre weiter geschädigt wird, Entzündungen und Geschwüre heilen ab. Mit hoher Dosis einsteigen Ärzte folgen immer häufiger der sogenannten Step-down-Therapie: Zunächst nimmt der Patient eine hohe Dosis an PPI. Danach wird - je nach Heilungserfolg - die Dosis vermindert bis das Sodbrennen nachlässt. Rückfälle gibt es selten. In der Regel dauert die PPI-Therapie sechs Wochen. Tritt das Sodbrennen danach jedoch wieder auf, müssen gelegentlich erneut PPI eingenommen werden. Oft reichen dann aber auch Antazida aus. Nebenwirkungen von Protonenpumpenhemmern sind selten. Gelegentlich kommt es zu Schwindel, Durchfall, Kopfschmerzen, Verstopfung und Blähungen. Einige Präparate verstärken die Wirkung von Beruhigungsmitteln. Zur Anwendung bei Schwangeren sind PPI nicht geeignet. PPI stoppen Säureproduktion So funktionieren PPI: Wie der Name schon sagt, hemmen Protonenpumpenhemmer die Protonenpumpen in den säurebildenden Zellen des Magens, den so genannten Belegzellen. Da dies der letzte und geschwindigkeitsbestimmende Schritt bei der Magensäuresekretion ist, handelt es sich also um die stärksten verfügbaren Blocker dieses Prozesses. Ein Nachteil der PPI: Um den Wirkort im Körper zu erreichen, müssen auch die PPI erst vom Darm aufgenommen werden und über die Blutbahn die Belegzellen erreichen. Bis der Patient eine Linderung merkt, vergehen so bis zu 48 Stunden.