MI 28.01.15 | 20 UHR ALEXANDER MELNIKOV (KLAVIER) WERKE VON F. SCHUBERT, J. BRAHMS UND D. SCHOSTAKOWITSCH PRÄSENTIERT VON: SPARKASSEN-KONZERTE KLASSIK PROGRAMM ALEXANDER MELNIKOV (KLAVIER) FRANZ SCHUBERT (1797-1828) FANTASIE C-DUR OP. 15 D 760 (WANDERERFANTASIE) JOHANNES BRAHMS (1833-1897) SIEBEN FANTASIEN FÜR KLAVIER OP. 116 (1892) CAPRICCIO D-MOLL OP. 116,1. PRESTO ENERGICO INTERMEZZO A-MOLL OP. 116,2. ANDANTE CAPRICCIO G-MOLL OP. 116,3. ALLEGRO PASSIONATO INTERMEZZO E-DUR OP. 116,4. ADAGIO INTERMEZZO E-MOLL OP. 116,5. ANDANTE CON GRAZIA ED INTIMISSIMO SENTIMENTO INTERMEZZO E-DUR OP. 116,6. ANDANTINO TENERAMENTE CAPRICCO D-MOLL OP. 116,7. ALLEGRO AGITATO PAUSE SPARKASSEN-KONZERTE KLASSIK PROGRAMM DMITRI SCHOSTAKOWITSCH (1906-1975) PRÄLUDIEN UND FUGEN OP. 87 (1-12) PRÉLUDE NR. 1 IN C-DUR. MODERATO FUGE NR. 1 IN C-DUR. MODERATO PRÉLUDE NR. 2 IN A-MOLL. ALLEGRO FUGE NR. 2 IN A-MOLL. ALLEGRETTO PRÉLUDE NR. 3 IN G-DUR. MODERATO NON TROPPO FUGE NR. 3 IN G-DUR. ALLEGRO MOLTO PRÉLUDE NR. 4 IN E-MOLL. ANDANTE FUGE NR. 4 IN E-MOLL. ADAGIO PRÉLUDE NR. 5 IN D-DUR. ALLEGRETTO FUGE NR. 5 IN D-DUR. ALLEGRETTO PRÉLUDE NR. 6 IN H-MOLL. ALLEGRETTO FUGE NR. 6 IN H-MOLL. MODERATO PRÉLUDE NR. 7 IN A-DUR. ALLEGRO POCO MODERATO FUGE NR. 7 IN A-DUR. ALLEGRETTO PRÉLUDE NR. 8 IN FIS-MOLL. ALLEGRETTO FUGE NR. 8 IN FIS-MOLL. ANDANTE PRÉLUDE NR. 9 IN E-DUR. MODERATO NON TROPPO FUGE NR. 9 IN E-DUR. ALLEGRO PRÉLUDE NR. 10 IN CIS-MOLL. ALLEGRO FUGE NR. 10 IN CIS-MOLL. MODERATO PRÉLUDE NR. 11 IN H-DUR. ALLEGRO FUGE NR. 11 IN H-DUR. ALLEGRO PRÉLUDE NR. 12 IN GIS-MOLL. ANDANTE FUGE NR. 12 IN GIS-MOLL. ALLEGRO Franz Schubert schrieb die „Wanderer-Fantasie“ im Herbst 1822, zu einem Zeitpunkt, als er erstmals die ernsthaften Symptome seiner syphilitischen Erkrankung bemerkte. Schon im Frühjahr darauf war er zu schwach, um aus dem Haus gehen zu können. Da seine andere Komposition größeren Umfangs, die aus dieser Zeit stammt, die „Unvollendete“Sinfonie war, könnte man schnell schlussfolgern, dass diese beiden Werke ein Spiegelbild seines Geisteszustands darstellen. Allerdings steht einer solchen Betrachtungsweise der triumphierende Klang der äußeren Abschnitte der Fantasie entgegen. Bemerkenswert ist, dass das Zitat aus Schuberts Lied „Wanderer“ nach einem Gedicht von Georg Philipp Schmidt – und demnach der gesamte zweite Abschnitt der Fantasie – in der Liedtonart cis-moll erscheint. Das resultierende Nebeneinandersetzen von Tonarten, die einen halben Ton auseinander liegen, ist höchst ungewöhnlich. Eine solche Tonartstruktur wäre für Mozart undenkbar gewesen. Der langsame zweite Abschnitt der „Wanderer-Fantasie“ ist keine einfache Reihe von Variationen, – sein Thema ist hierfür zu kurz – sondern ein sich kontinuierlich entwickelndes Stück, das in seiner mittleren Passage eine Reihe von Variationen über sein Liedfragment enthält, in dem die Tonartwechsel von Moll auf Dur nur dazu dienen, die Eindringlichkeit der Musik stärker herauszuheben. Kaum weniger leidenschaftlich ist deieKlavierkomposition in den äußeren Abschnitten der Fantasie. Schumann bemerkte in seinem Tagebuch passend, dass „Schubert wollte hier ein ganzes Orchester in zwey Händen vereinen und der begeisterte Anfang ist eine Serapshymne zum Lobe der Gottheit“. Schuberts orchesterhafte Neigungen innerhalb der Struktur sollten nicht nur Einfluss auf die Klavierkompositionen Schumanns haben, sondern auch auf Liszt und Brahms, und es ist schwer, sich viele Pianisten zu Lebzeiten Schuberts vorzustellen, die ihre virtuosen Anforderungen meisterten. Sie scheinen sich jenseits der eigenen beachtlichen Fähigkeiten Schuberts befunden zu haben: Eine zuverlässige Geschichte besagt, dass er beim Spielen der abschließenden Fuge zusammenbrach und vom Klavierhocker aufsprang, indem er ausrief: „Es soll der Teufel das Zeug spielen!“ Insgesamt vier Sammlungen mit lyrischen Klavierstücken stellte Johannes Brahms in den Novembermonaten 1892 und 1893 zusammen (opp. 116, 117, 118, 119). Sie bilden einen Höhepunkt der Gattung Charakterstück, das seit Robert Schumann zum Kernbestand der pianistischen Romantik avancierte. Es sind poetische Miniaturen, die Brahms meist als Intermezzi (Zwischenspiele) überschrieb, gelegentlich aufgelockert durch ein Capriccio, eine Ballade, Romanze oder Rhapsodie. Der befreundete Arzt Theodor Billroth bezeichnete die Kompositionen treffend als „Klaviermonologe“. Aus kleinen Motiven entwickelt Brahms diese Stücke, arbeitet mit Umkehrung, Stimmtausch und kontrapunktischen Kniffen, die mitunter auf Johann Sebastian Bach weisen. Mit dem übergreifenden Titel „Fantasien für die sieben Stücke“, op. 116, verwendete Brahms zudem ein Reizwort des 19. Jahrhunderts. Die Fantasie löste die geschlossenen Formen der Klassik ab, und der „phantastische Stil“ eröffnete harmonische und melodische Freiheiten. Im Zyklus ist dies erkennbar durch eine flexible Gestaltung der dreiteiligen Liedform, die nie schulmäßig erscheint. Auch sonst setzt der Komponist auf Abwechslung: Den dunklen, leidenschaftlichen Moll-Ausbrüchen der drei Capriccios stehen vier elegische, harmonisch zauberhaft gefärbte Intermezzi gegenüber. Den Anfang markiert das aufgewühlte Capriccio d-moll (Nr. 1), ein ruheloses Nachstück in energisch gehämmerten Oktaven und Akkorden. Nach dem fragenden Intermezzo (Nr. 2) folgt das balladeske Capriccio g-moll (Nr. 3) mit deutlich abgetrenntem Mittelteil, der vollgriffig gesetzt ist und sich emphatisch steigert. Liedhaft hebt das zweite Heft mit dem elitären Intermezzo E-Dur an (Nr. 4). Später folgt ein zweites Intermezzo in gleicher Tonart (Nr. 6) mit einer choralhaft eingebetteten Melodie. Das zwischen diese beiden Dur-Oasen gestellte Gegenstück in e-moll (Nr. 5) trägt kapriziösen Charakter. Durch die vielen Pausen wirkt es jedoch auch tastend und sehr geheimnisvoll. Den Abschluss der Sammlung markiert ein Capriccio – wie die Eröffnung der Sammlung steht es in d-moll. Es trägt wieder erregte Züge und soll deutlich rhythmisiert gespielt werden. Eine kleine Coda beendet das Stück und lenkt die Tonalität in den letzten Takten kraftvoll nach D-Dur. In den 25 Jahren seit seinem Tod hat der Ruf Dmitri Schostakowitschs als musikalischer Chronist der sowjetischen Ära derartige Kontroversen ausgelöst, dass fast jedes Werk auf seine tiefere oder versteckte Bedeutung untersucht worden ist. Wenn die 24 Präludien und Fugen in dieser Hinsicht eine Ausnahme darstellen, so ist dies jedoch kein Zufall: sie entstanden zu einem Zeitpunkt, als abstrakte Komposition in der Sowjetunion nicht nur unerwünscht, sondern auch gefährlich war. Der berüchtigte Schdanow-Erlass von 1948 sorgte dafür, dass Schostakowitschs Instrumental- und Vokalkompositionen unaufführbar wurden. Ironischerweise fiel das effektive Verbot seiner Musik in eine Zeit ausgedehnter Reisetätigkeit, u. a. im Juli 1950 nach Leipzig anlässlich der Feierlichkeiten des 200. Todestages von Johann Sebastian Bach. Als Schostakowitsch dort kurzfristig einen Solopart in Bachs Konzert d-moll für 3 Klaviere übernahm, beeindruckte die junge Pianistin Tatjana Nikolajewa ihn derart, dass sie der eigentliche Auslöser für seinen Zyklus der 24 Präludien und Fugen Op. 87 wurde, die zwischen dem 10. Oktober 1950 und dem 25. Februar 1951 entstanden. Die 24 Präludien und Fugen sind das Ergebnis eines vorgezeichneten Plans: interessanterweise nicht wie bei Bachs „Wohltemperierten Klavier“ in der Folge von Halbtonschritten, sondern in Quintenzirkelfolge wie bei Chopins 24 Préludes. Ob sich aus dieser Wahl ein musikalischer Stammbaum ableiten lässt, bleibe dahingestellt; vielmehr gab der Zyklus dem Komponisten unschätzbare Möglichkeiten, seine Kreativität ungeachtet sozialer oder politischer Strömungen unter Beweis zu stellen. Schostakowitsch ging selbst so weit, den Zyklus beim Komponistenverband einzureichen und ihn im Mai 1951 einem Gremium vorzuspielen. Dennoch wurde das Werk nicht gerade mit Wohlwollen aufgenommen. Doch immerhin durfte er während der folgenden 18 Monate Teile daraus öffentlich aufführen, wenn auch meist nur für ein „geladenes“ Publikum aus Parteifunktionären und Mitgliedern der Streitkräfte. Im Sommer 1952 setzte sich Tatjana Nikolajewa mit Erfolg für eine öffentliche „Absegnung“ und Veröffentlichung ein. Am 23. und 28. Dezember gab sie die Uraufführung des vollständigen Zyklus. BIOGRAFIE Foto: Marco Borggreve Alexander Melnikov absolvierte sein Studium am Moskauer Konservatorium bei Lev Naumov. Zu seinen musikalisch prägendsten Erlebnissen zählen die Begegnungen mit Svjatoslav Richter, der ihn regelmäßig zu seinen Festivals in Russland und Frankreich einlud. Er ist Preisträger bedeutender Wettbewerbe wie dem Internationalen Robert-Schumann-Wettbewerb (1989) und dem Concours Musical Reine Elisabeth in Brüssel (1991). Seine musikalischen und programmatischen Entscheidungen sind oft ungewöhnlich. Sehr früh begann Alexander Melnikov sich mit der historischen Aufführungspraxis auseinander zu setzen. Wesentliche Impulse erhielt er von Andreas Staier und von Alexei Lubimov, mit dem er in zahlreichen Projekten zusammengearbeitet hat. Regelmäßig steht er mit namenhaften Ensembles für Alte Musik wie dem Freiburger Barockorchester, Concerto Köln, der Akademie für Alte Musik Berlin oder dem Orchestre des Champs-Élysées auf der Bühne. Mit Andreas Staier erarbeitete Alexander Melnikov ein Programm, das Auszüge aus Bachs Wohltemperiertem Klavier (Andreas Staier – Cembalo) mit den 24 Präludien und Fugen von Schostakowitsch (Alexander Melnikov – Klavier) in einem musikalischen Gespräch korrespondieren lässt. Als neues Projekt arbeiten die beiden Künstler an einem reinen Schubert Programm zu vier Händen. Eine intensive Kammermusikpflege mit weiteren Partnern wie den Cellisten Alexander Rudin und Jean-Guihen Queyras sowie dem Bariton Georg Nigl gehört für Alexander Melnikov zu den unverzichtbaren Bestandteilen seiner Arbeit. Überaus wichtig sind ihm auch Kammermusikkonzerte mit seiner langjährigen festen Duopartnerin Isabelle Faust. Ihre gemeinsame Gesamteinspielung sämtlicher Beethoven-Violinsonaten bei harmonia mundi, die u.a. mit dem Gramophone Award und dem ECHO Klassik 2010 ausgezeichnet sowie für den Grammy nominiert worden ist, ist zu einer Referenzaufnahme geworden. Die von ihm ebenfalls bei harmonia mundi veröffentlichten Präludien und Fugen op. 87 von Schostakowitsch wurden u.a. mit dem BBC Music Magazine Award 2011, dem Choc de classica 2010 und dem Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. 2011 wurde diese CD vom BBC Music Magazine als eine der 50 wichtigsten Aufnahmen aller Zeiten genannt. Des weiteren spielte er Werke von Brahms, Rachmaninoff und Skriabin ein, sowie die mitreißende Aufnahme der beiden Klavierkonzerte von Schostakowitsch mit dem Mahler Chamber Orchestra unter Teodor Currentzis. Unter den Orchestern, bei denen Alexan- der Melnikov als Solist gastierte, finden sich das Royal Concertgebouw Orchestra, Gewandhausorchester Leipzig, Philadelphia Orchestra, NDR Sinfonieorchester, HR-Sinfonieorchester und Russian National Orchestra sowie die Münchner Philharmoniker, Rotterdam Philharmonic, BBC Philharmonic und NHK Symphony. Er arbeitete mit Dirigenten wie Mikhail Pletnev, Teodor Currentzis, Charles Dutoit, Paavo Järvi, Philippe Herreweghe und Valery Gergiev zusammen. Ab der Saison 2014/15 wird Alexander Melnikov über drei Spielzeiten Künstlerischer Partner der Tapiola Sinfonietta sein. Neben Konzerten mit dem Trondheim Symfoniorchester und Krzysztof Urbanski, dem NDR-Sinfonieorchester und Pablo Heras-Casado und dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien und Teodor Currentzis setzt er seine Zusammenarbeit mit Ensembles wie dem Mahler Chamber Orchestra und dem Freiburger Barockorchester fort. Zu den weiteren Höhepunkten der Saison zählen u.a. Rezitale mit Jean-Guihen Queyras, zeitgleich zur Erscheinung ihrer Aufnahme der Beethoven Sonaten, DuoRezitale mit Isabelle Faust in den USA und Europa, sowie eine Trio-Tournee mit beiden Künstlern in Deutschland, Österreich, Spanien und Italien. Solo Rezitale führen ihn in die Londoner Wigmore Hall, Muziekgebouw aan’t Ij in Amsterdam, in das Berliner Konzerthaus und in die Bunka Kaikan sowie Ishibashi Memorial Hall in Tokyo. 16.10.14 BERLINER BAROCK SOLISTEN KRISTIAN BEZUIDENHOUT (CEMBALO/HAMMERFLÜGEL) JACQUES ZOON (FLÖTE) | GOTTFRIED V. DER GOLTZ (VIOLINE/LEITUNG) WERKE VON C. P. E. BACH UND J. S. BACH 16.11.14 NILS MÖNKEMEYER (VIOLA) | SABINE ERDMANN (CEMBALO) ANDREAS AREND (THEORBE) | KLAUS-DIETER BRANDT (VIOLONCELLO) SPANISCHE BAROCKMUSIK 10.12.14 FREIBURGER BAROCKORCHESTER | PETRA MÜLLEJANS & GOTTFRIED VON DER GOLTZ (VIOLINE/LEITUNG) | BEATRIX HÜLSEMANN (VIOLINE) WERKE VON J. S. BACH UND A. VIVALDI 18. & 19.12.14 WEIHNACHTSORATORIUM UNWRAPPED BACHS WERK NEU INTERPRETIERT VON IL BACIO BAROCKENSEMBLE UND LARYNX | VOKALENSEMBLE 28.01.15 ALEXANDER MELNIKOV (KLAVIER) WERKE VON F. SCHUBERT, J. BRAHMS & D. SCHOSTAKOWITSCH 28.02.15 MODIGLIANI QUARTETT WERKE VON L. V. BEETHOVEN, C. DEBUSSY & E. V. DOHNANYI 03.03.15 SWR SINFONIEORCHESTER BADEN-BADEN U. FREIBURG FRANCOIS-XAVIER ROTH (LEITUNG) WERKE VON R. STRAUSS UND H. ZENDER 15.04.15 SOLISTENENSEMBLE KALEIDOSKOP 4 ROOMS 17.05.15 ARTEMIS QUARTETT | WERKE VON W. A. MOZART, P. VASKS, A. DVORÁK