Einfache eindim. Bewegungen unter Krafteinwirkung N. Peters, A. Oetting, C. Janetzki (Dr. W. Seifert) 14. November 2013 1 Senkrechter Wurf und Fall im 1D Für den senkrechten Fall und Wurf (x-Achse nach oben) gilt wegen F = −mg die Bewegungsgleichung: mẍ = −m g (1) Für h RErde kann dabei g = const angenommen werden. So ergibt sich als Lösung (2) v(t) = vo − gt g x(t) = h + vo t − t2 2 Für die Steigzeit folgt aus v = ẋ = 0 ⇒ tSteig = (3) vo g und damit für die maximale 2 Steighöhe xmax = x(tSteig ) = h + vo vgo − g2 ( vgo )2 ⇒ xmax = h + v2go . Ableitung des Energiesatzes für diesen Fall: Aus (3) folgt für die Geschwindigkeit ẋ(t) = v(t) = vo − gt ⇒ t = vo − ẋ g (4) Eliminiert man die Zeit in x(t), ergibt sich: vo g vo − ẋ 2 (vo − ẋ) − ( ) g 2 g v2 vo ẋ ẋ2 v 2 vo = h + o − ẋ − o + − g g 2g g 2g 2 2 v ẋ =h+ o − 2g 2g x=h+ Multipliziert man beidseitig mit mg , erhält man nach Umordnung der Terme: 1 (5) mgx + m 2 m ẋ = mgh + vo2 2 2 = E0 = const. ⇒ Energiesatz! (6) Denitionen: kinetische Energie Ekin = T = potentielle Energie m 2 ẋ 2Z Epot = U = − (7) Z F (x)dx = − (−mg)dx = mgx + U0 (8) Hinweis: Das Potential (hier des homogenen Schwerefeldes) ist nur bis auf eine Konstante bestimmt. Beim senkrechten Fall wird die potentielle Energie mgh des bei x = h > 0 ruhenden Massepunktes (d.h. ẋ =√0) umgewandelt in kinetische Energie m2 ẋ2 . Bei x = 0 beträgt die Geschwindigkeit v = 2gh (siehe Energiesatz). Hinweis: Der Energiesatz ergibt sich auch aus der Dgl. durch Multiplikation mit ẋ : mẍ = mg · ẋ d m 2 ( ẋ ) + mg ẋ = 0 dt 2 d m 2 ( ẋ + mgx) = 0 dt 2 m ⇒ ẋ2 + mgx = E0 = const. 2 Denition: Arbeit W = R r2 r1 (9) F~ · d~r Die pot. Energie am Ort x2 ist gleich der Arbeit, die man aufwenden muss, um die Masse m (gegen die Kraft) von x1 nach x2 zu bringen. Energiesatz : T1 + U1 = T2 + U2 Z x1 ⇒ T2 − T1 = U1 − U2 = − Z x2 F (x)dx = x2 F (x)dx = W x1 (10) Satz von der kinetischen Energie (siehe z.B. A. Budo: Theor. Mechanik, Verlag der Wissenschaften, Berlin 1969, Seite 44): Die Zunahme der kinetischen Energie ist gleich der Arbeit aller auf dem Masssenpunkt einwirkenden Kräfte. 2 2 Fall aus groÿer Höhe (ohne Reibung) Vorbemerkung: Die Erdbeschleunigung g nimmt nur in Nähe der Erdoberäche den konstanten Wert g ≈ 9.81 sm2 an; g wird über die Gravitationskraft wie folgt deniert: m · MErde = mg 2 RErde MErde ⇒g=γ 2 RErde (11) |F~ | = γ · (12) Mit der Gravitationskonstanten γ = 6.67 · 10− 11 m3 kg · s2 und den Werten für die Erde (projiziert auf eine volumengleiche Kugel): MErde = 5.979 · 102 4kg RErde = 6.371 · 106 m m MErde erhält man g=γ 2 ≈ 9.81 2 . s RErde Der freie Fall aus groÿer Höhe (1D-Bewegung) lässt sich mit Hilfe des Energiesatzes lösen. Dazu brauchen wir die potentielle Energie: Z x U =− x0 M m x Mm F (x )dx = −γ 0 = −γ + U0 x x0 x 0 0 (13) Normierung auf unendlich weit entfernten Punkt: U (x → ∞) = 0 ⇒ U0 = 0 ⇒ U (x) = −γ Mm x (14) Hinweis: Die Gravitationskraft ist in Wahrheit abstandsabhängig (Kugelsymmetrie) Mm F~ = −γ 2 e~r r ⇐⇒ U (r) = −γ Mm r (15) Das Problem 'Fall aus grosser Höhe' kann aber als 1D Problem gelöst werden. Mit der vertikalen Koordinate x ergibt sich der Energiesatz (1D) wie folgt: Mit g = γ RM2 Mm m 2 ẋ − γ = E0 = const. 2 x und den Anfangsbedingungen x(t = 0) = x0 und v(t = 0) = 0 folgt: m 2 gmR2 ẋ − = E0 2 x m 2 gmR2 gmR2 v − =− 2 x x0 1 1 ⇒ v 2 = 2gR2 ( − ) x x0 3 (16) (17) Aus dieser Formel für die Geschwindigkeit lassen sich drei Aussagen herleiten: (I) Berechnung der ersten kosmischen Geschwindigkeit, die für die Bewegung auf einem stabilen Erdorbit mit dem Radius r = RE notwendig ist. Auf einer Kreisbahn sind Gravitationskraft und Zentrifugalkraft im Gleichgewicht. Daraus folgt: γ v2 Mm =m RErde RErde ⇒ vI = γ M RErde Mit vI = gRErde folgt für die erste kosmische Geschwindigkeit v1 = 7.9 km s (II) Für den Fall aus einem unendlich weit entfernten Punkt auf die Erdoberäche ( d.h. von x0 → ∞ bis x = RErde ) gilt : v 2 = 2gRE = 2γ M RE ⇒ 2 vII = 2v12 (18) Die Geschwindigkeit vII ist die sogenannte zweite kosmische Geschwindigkeit. Da die Gesetze der Mechanik reversibel sind, ist diese Geschwindigkeit auch notwendig, um von RE nach x → ∞ zu gelangen: Die sog. 'Fluchtgeschwindigkeit' aus dem Gravitationsbereich der Erde beträgt vII = 11.2 km s Hinweis: Die dritte kosmische Geschwindigkeit ist die Fluchtgeschwindigkeit von der Sonne, berechnet von der Erdbahn aus. Dazu verwendet man wieder die Formel für die 2. kosmische Geschwindigkeit, wobei nun die Sonnenmasse und der Abstand ErdeSonne eingesetzt werden. Dies ergibt vIII = 42, 1 km/s. Für weitere Informationen siehe http : //de.wikipedia.org/wiki/Kosmische_Geschwindigkeiten. (III) Ableitung einer Näherung für den Fall grosser Höhe: h sei groÿ, aber h < RE . Vor: x0 = RE + h mit h < RE und x = RE sowie = h RE 1: 1 1 − ) RE RE + h s p 1 1 (1 − v = 2gRE ) RE 1 + RhE r p 1 = 2gRE 1 − 1+ 2 v 2 = 2gRE ( Die Entwicklung der geometrischen Reihe 1 1± (20) = 1 ∓ + 2 ∓ liefert die Approximation: p 2gRE 1 − (1 − + 2 − 3 ...) p p = 2gRE − 2 + 3 ... p √ √ ≈ 2gRE 1 − v≈ (19) p 4 (21) (22) √ 1 − x liefert die Näherung 1 − x ≈ 1 − x2 . r p h ⇒ v = 2gRE (1 − ) = 2gh(1 − ) (23) 2 2RE Die Entwicklung der Taylorreihe für √ Ergänzung: Wie nimmt g mit der Höhe h ab? Voraussetzungen: a) Gravitationskraft=Gewichtskraft, d.h. γ Mm = mg r2 b) Mit r = RE (Radius der Erde) folgt für die Erdeschleunigung gE = c) im beliebigen Abstand r gilt : g(r) = γM 2 RE γM r2 Sei nun r = RE + h, so ist 2 RE γM · 2 (RE + h)2 RE 1 = gE 1 + RhE )2 g(h) = Spezialfall: Für h RE , also x = h RE (24) 1 ergibt sich mit Taylor eine gute Näherung: 1 = 1 − 2x (1 + x)2 1 ⇒ g(h) ≈ gE · (1 + RhE )2 (25) (26) Beispielsweise ist für h = 64 km und RE = 6371 km: h ≈ 0.01 ⇒ RE 1 (1 + h 2 RE ) = 0.9803 ⇒ 1 − 2x = 0.98 Hinweis: Auch das Potential U (r) = −γ Mrm lässt sich für r = Re +h in eine Taylorreihe entwickeln. In erster Näherung ergibt sich das homogene Schwerepotential U = Uo + mgh ! 3 Fall in widerstrebendem Medium Modellmässig können Reibungskräfte proportional zur Geschwindigkeit bzw. zum Geschwindigkeitsquadrat angesetzt werden : F~S = R1 ~v F~N = R2 v 2 ~ev = R2 v ~v 5 (27) (28) F~S ist die Stokes'sche Reibung (für nicht turbulente Strömungen, z.B. beim Kugelfallviskosimeter), F~N die Newton'sche Reibung (für turbulente Strömungen, gilt z.B.für die Bewegung gröÿerer Körper in Luft). Die Reibungskraft wirkt stets der Gewichtskraft entgegen; im 1D Fall erhält man als Dgl. für den Fall im widerstrebenden Medium: mẍ = mg − mg ẋ ⇒ ẍ + γ ẋ = g (29) (29) ist eine gewöhnliche inhomogene Dierentialgleichung (Dgl.) mit konstanten Koezienten. Es existieren zwei Lösungsmöglichkeiten: • Umschreiben in eine Dgl. 1. Ordnung, anschlieÿend Trennung der Variablen • Lösung der hom. Dgl. durch e-Ansatz + eine spezielle Lösung der inhom. Dgl. Beim Lösen der Dgl. nach der ersten Variante wird wie folgt vorgegangen: Umschreiben in eine Dgl. 1. Ordnung: (30) v = ẋ ⇒ g = v̇ + γv Trennung der Variablen dv =g−γ ⇒ dt Z t Z v dv ⇒ dt = 0 vo g − γv ln|g − γv| v ⇒t=− γ vo Diese letzte Gleichung wollen wir zunächst für v < g γ (31) betrachten. Dann gilt nämlich: ln|g − γv| v 1 g − γv ⇒t=− = γ ln( g − γvo ) γ vo g − γv ⇒ eγt = g − γvo (32) Unter der Nebenbedingung v(t = 0) = vo = 0 ergibt sich g − γ0 ⇒ vo = 0 g − γvo g ⇒ v(t) = (1 − e−γt ) γ 1= ⇒ vend = lim v(t) = n→∞ 6 (33) g γ (34) Der Fall v > g γ mit der Anfangsbedingung v(0) = vo > g γ ist gesondert zu betrachten: ln|g − γv| v t=− γ vo ln(γv − g) − ln(γvo − g) v =− γ vo 1 g − γv = ln( ) γ g − γvo g ⇒ v(t) = (1 − e−γt ) + vo e−γt γ (35) (36) Hinweis: In beiden fällen erhält man (34) als Grenzgeschwindigkeit ! Zum Abschluss empfehlen wir die zweite Variante zur Übung: Ermittle die Lösung der Dgl. 2. Ordnung (29) unter Berücksichtigung der Nebenbedingungen x(t = 0) = x0 und ẋ(t = 0) = vo . Wir geben hier nur die Lösung zur Kontrolle an: g x(t) = x0 + γ − vo γ 7 (e−γt − 1) + tg γ