Die Quantennatur von Licht und Materie - BFH

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Berner Fachhochschule
Hochschule für
Technik und Informatik
Die Quantennatur von Licht und
Materie
Dr. P Schwab
Abteilung Informatik
Berner Fachhochschule
Juni 2001/swa
Technik und Informatik
1
Die Quantennatur von Licht und Materie
1.1
Der Teilchencharakter von Licht
Licht - wie jede andere elektromagnetische Welle - 1 kann als Wellenphänomen der elektrischen und magnetischen Feldstärken verstanden werden. Dabei ändern sich diese Grössen,
wie etwa der Luftdruck in einer Schallwelle, periodisch mit dem Ort und der Zeit. Eine
Welle vermag Energie zu transportieren und zwar proportional zum Quadrat des Ausschlags, der sogenannten Amplitude der Welle. Die Intensität der Welle ist die pro Flächenund Zeiteinheit auf eine Fläche auftreffende Energie.
Ein typisches Wellenphänomen ist die Überlagerung von mehreren Wellen, so dass sich die einzelnen Wellen aufheben oder unterstützen (Interferenz). Abbildung 1-1 zeigt die durch Interferenz
entstandene Intensitätsverteilung zweier von verschiedenen Orten ausgesendeten Wellen. Eine solche Intensitätsverteilung entstünde etwa, wenn an
zwei Orten auf einer Wasseroberfläche eine periodische Störung erfolgte.
Abbildung 1-1: Typisches Interferenzbild
1.1.1
Der Photoeffekt
Bereits 1887 hatte Heinrich Hertz beobachtet, dass man mit ultraviolettem Licht durch
Bestrahlen der Kathode einer Elektronenröhre in der Lage ist, zusätzliche Elektronen aus
der Kathode herauszulösen. Das genauere Studium dieses photoelektrischen Effekts in den
folgenden Jahren (W. Hallwachs, P. Lenard) ergab jedoch ein seltsames Resultat,
das mit dem Wellencharakter des Lichts unverträglich scheint.
Wir wollen zunächst die Versuchsanordnung genauer beschreiben (siehe Abbildung 1-2).
In einer Vakuumsröhre wird zwischen Kathode und Anode eine Spannung angelegt, so
dass Elektronen, welche die Kathode verlassen können, zur Anode hin beschleunigt werden, und dort mit einem Strommessgerät registriert werden können. Normalerweise wird
den Elektronen das Verlassen der Kathode durch Aufheizen ermöglicht. Im vorliegenden
Fall erfolgt das Herauslösen der Elektronen jedoch durch Bestrahlen der speziell beschichteten Photokathode. Um etwas mehr über die herausgeschlagenen Elektronen aussagen zu
können, wird die Anordnung noch durch Zufügen eines Gitters zwischen Kathode und
Anode ergänzt. Dieses Gitter wird nun gegenüber der Kathode negativ aufgeladen, so
dass die von der Kathode her kommenden Elektronen nur dann durch das Gitter dringen
können, wenn sie genug kinetische Energie besitzen. Wenn sie diese Hürde einmal genommen haben, werden sie zur Anode hin ‘abgesaugt’. Wenn man nun die Abhängigkeit des
1
Je nach Wellenläge bezeichnet man die elektromagnetischen Wellen als Radio-, Radar-, Mikro-,
Infrarot-, Licht-, Röntgen- oder Gammawellen
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.
−Ug
+Ua
I
Abbildung 1-2: Zum photoelektrischen Effekt
Anodenstroms I von der Lichtintensität, der Wellenlänge und von der Gegenspannung Ug
untersucht, so stellt man das Folgende fest:
• Wenn die Gegenspannung nicht zu hoch gewählt wird, stellt sich ein Strom ein, der
mit zunehmender Intensität der Bestrahlung linear zunimmt.
• Wenn die Gegenspannung Ug einen bestimmten Wert Usperr überschreitet, kommt
der Strom total zum erliegen und zwar absolut unabhängig von der Intensität der
Einstrahlung.
• Die Höhe der Sperrspannung Usperr , bei welcher der Strom verschwindet, steigt linear
mit der Frequenz des eingestrahlten Lichts an und hängt nicht von der Intensität
des Lichts ab.
Im Jahre 1905 - also im selben Jahr wie die spezielle Relativitätstheorie veröffentlicht
wurde - hat der im Eidgenössischen Patentamt in Bern tätige Beamte A. Einstein
eine gewagte Erklärung des Photoeffekts publiziert. Diese Arbeit wurde anfänglich von
vielen Physikern, darunter auch Planck, auf dessen Arbeit Einstein sich abstützte, als zu
spekulativ zurückgewiesen, doch sollte sie ihm später den Nobelpreis einbringen. Einstein
zog die folgende Folgerung aus dem Experiment: Das Licht besteht aus Teilchen, sog.
Photonen, deren Energie E proportional zur Frequenz f des eingestrahlten Lichts ist,
wobei die Proportionalitätskonstante die sog. Plancksche Konstante ist:
E = hf
(1)
h ≈ 6.6 × 10−34 Js (Plancksches Wirkungsquantum)
(2)
mit
Ein Elektron kann nun beim Aufprall eines Photons frei werden, wobei die Energie des
Photons - abzüglich der Austrittsarbeit2 - dem Elektron als kinetische Energie zukommt.
Wenn man die Austrittsarbeit mit Wa bezeichnet, dann heisst dies, dass dem Elektron
die maximale kinetische Energie von
Ekin = hf − Wa
2
(3)
Wie bei der Ionisierung, muss ein bestimmter Energiebetrag (einige eV ) aufgewendet werden, damit
das Elektron auch tatsächlich das Metall verlassen kann
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zur Verfügung steht, und zwar unabhängig von der Intensität der Einstrahlung. Die Intensität äussert sich nur in der Anzahl der Photonen, die pro Zeiteinheit auf die Kathode
aufprallen. Für eine Cäsium Kathode ergäbe sich etwa eine Austrittsarbeit von 1.8 eV.
Dies bedeutet, dass bei einer Wellenlänge von 3.3×10−7 m die Elektronen eine Energie von
3.8 eV erhalten. Der Anodenstrom käme dann bei der Gegenspannung von Usperr = 2V
zum Erliegen.
Obwohl die von Einstein vorgeschlagene Interpretation des Lichtes als Teilchenstrom den
Photoeffekt zu erklären vermag, ist damit natürlich überhaupt nicht geklärt, wie sich
denn die typischen Wellenphänomene, wie das Interferenzbild in Abbildung 1-1, ergeben.
1.1.2
Der Compton-Effekt
Wenn die Teilcheninterpretation für das Licht zutrifft, fragt man sich, ob Stösse zwischen
Photonen und Elektronen oder Atomkernen genau nach den Gesetzen der relativistischen
Mechanik (siehe Kapitel spezielle Relativitätstheorie) ablaufen, wonach beim Stossprozess
der totale Viererimpuls erhalten bleibt.
Weil die Photonen immer die Geschwindigkeit c besitzen, muss ihre Ruhemasse Null betragen.3 Da aber das pseudo-euklidische Längenquadrat eines Viererimpulses das Quadrat
von Masse mal Lichtgeschwindigkeit ist, muss für ein Photon gelten:
p20 − p21 − p22 − p23 = (m(γ) c)2 = 0
Dies bedeutet, dass der Betrag |~p (γ) | des Vektors
 (γ) 
p1
 (γ) 
(γ)
p~ =  p2 
(γ)
p3
(4)
(5)
(γ)
gerade so gross ist, wie die Komponente p0 ; also
(γ)
|~p (γ) | = p0 .
(6)
Gemäss dem Vorschlag von Einstein haben wir für die Energie des Photons E = hf zu
setzen. Es gilt daher
(γ)
|~p (γ) | = p0 =
hf
.
c
(7)
Wenn wir die Beziehung
fλ = c
(8)
benützen, die besagt, dass das Produkt aus Frequenz f und Wellenlänge λ gleich der
Ausbreitungsgeschwindigkeit c der Welle ist, so können wir statt 7 schreiben
(γ)
|~p (γ) | = p0 =
h
.
λ
(9)
Nachdem wir den Viererimpuls des Photons kennen, können wir den Stoss eines Photons
mit einem Teilchen der Masse m untersuchen. Da bei einem Stoss Energie ausgetauscht
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p(γ) ’
θ
γ
p
(γ)
x
m
p(m)’
Abbildung 1-3: Zum Compton Effekt (elastischer Stoss zwischen einem in x Richtung einfallenden
Photon und einem ruhenden Teilchen der Masse m)
wird, muss man erwarten, dass das Photon bei einem Stoss seine Energie - und damit
auch seine Frequenz bzw. Wellenlänge - ändert. Die Erhaltung des totalen Viererimpulses
liefert die folgende Gleichung für die, bei Abbildung 1-3 skizzierte Situation:
  (γ)′   (m)′ 
 (γ)  
p0
p0
mc
p0
 (m)′ 
(γ)′ 
 p(γ)   0  

 p1
  p1 ′ 
 1 +
(10)
(γ)  +  (m)′ 
 0   0 =

 p2   p2
(m)′
(γ)′
0
0
p3
p3
Wenn wir die beiden Viererimpulse der Photonen auf die linke Seite bringen und zusammenzählen und auf der rechten Seite gleich mit den Viererimpulsen des massiven Teilchens
verfahren, so erhalten wir:

  (m)′
 (γ)
(γ)′
p0 − mc
p0 − p0


 (γ)
(m)′
(γ)′ 
p1

 p1 − p1  
(11)

=

(m)′
(γ)′

 
 −p2
p2
(m)′
(γ)′
p3
−p3
Wenn diese beiden Vektoren gleich sind, dann muss auch ihr pseudo-euklidische ‘Längenquadrat’ gleich sein und wir erhalten:
(γ)
(γ)′
(γ)′
(γ)′
(γ)′
(γ)
(p0 − p0 )2 − (p1 − p1 )2 − (p2 )2 − (p3 )2 =
(m)′
(p0
(m)′ 2
(m)′ 2
(m)′ 2
− mc)2 − (p1
) − (p2
)
) − (p3
(12)
Das Ausrechnen der Quadrate liefert dann:
(γ)
(γ)
(γ)′
(γ ′ )
(γ)′
(γ)′
(γ) (γ)′
(p0 )2 − (p1 )2 + (p0 )2 − (p1 )2 − (p2 )2 − (p3 )2 − 2p0 p0
(m)′
m2 c2 + (p0
(m)′
)2 − (p1
(m)′
)2 − (p2
(m)′
)2 − (p3
(γ) (γ)′
+ 2p1 p1
=
(m)′
)2 − 2mcp0
(13)
Diese Formel vereinfacht sich beträchtlich, wenn wir nun benützen, dass das das pseudoeuklidische Längenquadrat eines Viererimpulses das Quadrat von Masse mal Lichtgeschwindigkeit ist, d.h:
(γ)
(γ ′ )
(γ)′
(γ)
(p0 )2 − (p1 )2 = 0
(γ)′
(γ)′
(p0 )2 − (p1 )2 − (p2 )2 − (p3 )2 = 0
(m)′
(p0 )2
3
−
(m)′
(p1 )2
−
(m)′
(p2 )2
mc
,
1−v 2 /c2
Dies sieht man in der Formel p0 = √
−
(m)′
(p3 )2
(14)
= m2 c2
die im Grenzfall v → c für m > 0 ‘unendlich’ wird.
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Von (13) bleibt dann noch übrig:
(γ) (γ)′
(γ) (γ)′
− 2p0 p0
2p1 p1
(m)′
= 2m2 c2 − 2mcp0
(15)
(m)′
Die Grösse cp0 wollen wir mit Hilfe der Energieerhaltung (oberste Zeile der Vektorgleichung (10)) eliminieren, indem wir
(m)′
p0
(γ)′
(γ)
= mc + p0 − p0
(γ)′
gemäss Abbildung 1-3 durch
(γ)′
cos θ
einsetzen. Als nächstes verwenden wir, dass wir p1
(γ)′
p1
′
= |~p (γ) | cos(θ) = p0
(16)
ersetzen können. Wenn wir nun noch Impuls und Energie der Photonen mit Hilfe der
Wellenlänge ausdrücken (Gleichung (9)), erhalten wir
h2
h
h
(1 − cos θ) = mc( − ′ )
′
λλ
λ λ
(17)
und schliesslich für die Änderung der Wellenlänge, die eine Photon beim Stoss mit einem
Teilchen der Masse m erleidet, die einfache Formel
λ′ − λ =
h
(1 − cos θ).
mc
(18)
Dies stellt ist eine ganz bestimmte Wellenlängenverschiebung dar, in Abhängigkeit des
Streuwinkels θ und der Masse m.
Die maximale Wellenlängenverschiebung, die sich beim Stoss eines Photons mit einem
Teilchen ergibt, ist indirekt proportional zur Masse des Teilchens. Die leichtesten Teilchen,
die in der normalen Materie vorkommen, sind Elektronen mit der Masse von me ≈ 10−30
kg. Dies liefert für die Wellenlängenverschiebung beim Stoss an Elektronen die Grösse
λ′ − λ ≤
2h
≈ 4 × 10−12 m
me c
(19)
Für harte Röntgenstrahlen liegt die resultierende Wellenlängenänderung im %-Bereich.
Tatsächlich wurde die beschriebene Wellenlängenverschiebung von gestreutem Licht im
Jahre 1923 vom Physiker A. Compton experimentell nachgewiesen.
Wüssten wir nicht von all den anderen Eigenschaften von Licht, müssten wir aufgrund
des Photo- und des Compton-Effektes klar schliessen, dass Licht tatsächlich aus Teilchen
besteht.
1.2
Der Wellen-Teilchen-Dualismus
Nachdem die Interpretation des Photoeffekts sich mit der Annahme, dass Licht aus Teilchen bestehe, erklärbar ist, konnte niemand das Nebeneinander von Teilchen- und Wellenbild befriedigend erklären. Im Jahre 1923 postulierte L. de Broglie, dass dieses
Nebeneinander von Teilchen- und Wellencharakter auf alle Teilchen also auch Elektronen
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anwendbar ist. Demnach ist jedem Teilchen, mit Hilfe der Planckschen Wirkungskonstanten h, eine Frequenz
f = Ekin /h und λ = h/p,
(20)
λ = h/p,
(21)
und eine Wellenlänge
zuzuordnen. Ekin und p stellen dabei die nichtrelativistische Näherung für die kinetische
Energie und für den Betrag des Impulses dar, d.h:
1
Ekin = mv 2 = p2 /2m.
2
(22)
Man kann daher statt (21) auch
λ= √
h
2mEkin
(23)
schreiben. Für eine kinetische Energie von Ekin = 1eV, die Elektronen nach dem Durchlaufen einer Spannungsdifferenz von 1 V erhalten, ergäbe sich für Elektronen eine Wellenlänge von 1.23 × 10−9 m, was der Wellenlänge von Röntgenlicht entspricht. Man sollte
daher - wenn de Broglies Vermutung zutrifft - die gleichen Beugungsbilder sehen, wie
bei Röntgenlicht, wenn es auf Kristalle trifft, deren Atomabstände vergleichbar mit der
Wellenlänge des Lichts sind.
Die Vermutung von de Broglie wurde bereits 1927 von den Physikern C. Davisson und L.
Germer experimentell bestätigt, indem tatsächlich die vorausgesagten Beugungsbilder
beobachtet wurden.
Damit war eine äusserst paradoxe Situation entstanden: Zwei so verschiedene Bilder wie
das Teilchen- und das Wellenbild scheinen auf die gleichen Gegenstände anwendbar zu
sein. Diese Doppelnatur - Wellen-Teilchen-Dualismus genannt - schien mit der Logik
unvereinbar. Bevor wir die Lösung (bzw. das, was heute als die Lösung betrachtet wird)
präsentieren, wollen wir im nächsten Abschnitt noch etwas detaillierter an Hand eines
Experimentes beschreiben, wie sich dieser Dualismus dem Beobachter darstellt.
1.2.1
Das Zweispaltexperiment
Das Experiment, das wir kurz beschreiben wollen, ist mit Elektronen nicht einfach durchzuführen und gelang erst im Jahr 1961 (C. Jönsson). Es zeigt schön die Welle-Teilchen
Doppelnatur. Die Versuchsanordnung ist denkbar einfach: Ein Elektronenstrahl trifft auf
eine Blende mit zwei kleinen Öffnungen (siehe Abbildung 1-4), von denen wir uns jeweils
eines geschlossen denken wollen. Die Verteilung der Elektronen, die beim dahinterliegenden Schirm auftreffen, entspricht durchaus der Erwartung. Dass der Schatten nicht scharf
begrenzt ist, kann als Streuung der Elektronen an den Rändern des Spaltes verstanden
werden.
Die resultierende Helligkeit auf dem Leuchtschirm oder der Photoplatte, liefert uns die
Wahrscheinlichkeitsverteilung p(A|x) für das Auftreffen eines Elektrons an der Stelle x,
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A
A
B
B
Abbildung 1-4: Zum Zweispaltexperiment: Die Elektronen, die auf den Leuchtschirm auftreten, erhellen
diesen.
wenn es durch den Spalt A kommt. Da ein Elektron nicht gleichzeitig durch beide Spalte
A und B kommen kann, ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung bei zwei geöffneten Spalten
folglich
p(x) = p(A)p(A|x) + p(B)p(B|x)
(24)
Dabei ist p(A) die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teilchen durch den Spalt A tritt. Wenn
p(A) = p(B) ist, würde man daher eine Verteilung der Art wie in Abbildung 1-5 links
erwarten.
A
A
B
B
Abbildung 1-5: Auf dem linken Bild ist die erwartete Verteilung der Elektronen wiedergegeben. Rechts
ist die tatsächlich gemessene gezeigt.
Was man jedoch findet, ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung wie in Abbildung 1-5 rechts
gezeigt. Dieses Bild ist entspricht genau dem Bild, das man bei der Beugung eines Lichtstrahls an den beiden Spalten erhält. Die Wellenlänge, des Lichts müsste dabei genau
diejenige sein, die von de Broglie vermutet wurde (Gleichung (23)).
Auf der Suche nach möglichen Ausreden für das reichlich paradoxe Resultat könnte man
folgende Einwände machen:
• Die Annahme von Gleichung 24 stimmt nicht, weil gar nicht einzelne Elektronen
hintereinander die beiden Spalte passieren, sondern viele miteinander, so dass sie
sich aufgrund der elektrischen Kräfte beeinflussen.
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Dieser Einwand ist jedoch schnell wiederlegt: Man kann nämlich die Intensität des
Strahles soweit senken, dass die Elektronen tatsächlich nur einzeln daher kommen
und sie so unmöglich miteinander interferieren können. Das Resultat ist jedoch genau dasselbe, nur dass wir sehr lange warten müssen, bis sich das Muster ausgebildet
hat.
• Man könnte noch einwenden, dass die Elektronen halt zerfallen, so dass die beiden
‘Hälften’ verschiedene Spalte passieren und miteinander interferieren.
Um dies abzuklären, könnte man versuchen, die einzelnen Elektronen, zum Beispiel
durch Beleuchten der beiden Spalte zu beobachten, so dass man sicher ist, dass zu
jeder Zeit nur ein Elektron durch die beiden Spalten kommt.
Das Resultat einer solchen Messung ist frappierend: Das Interferenzmuster verschwindet und statt dessen stellt sich das erwartete Muster (Abbildung 1-5 links)
ein. Die Elektronen scheinen sich ganz normal zu verhalten, wenn man ihnen ‘auf
die Finger’ schaut. Wenn wir jedoch an den Photoeffekt denken verstehen wir, wieso
die Interferenz zerstört wird: Um eine Ortsmessung vorzunehmen, muss man Licht
mit genügend kleiner Wellenlänge nehmen. Die Photonen für solches Licht haben
aber Energie, und können, wie wir in Kapitel über den Compton Effekt gesehen
haben, einen Teil dieser Energie an die Elektronen abgeben, so dass diese abgelenkt werden. Wenn man sich die Sache quantitativ überlegt, dann sieht man, dass
die Photonen, wenn sie zu einer Ortsmessung taugen sollen, die Elektronen gerade
genügend stören, um das Interferenzmuster zu zerstören.
Im nächsten Kapitel wollen wir die ‘Lösung’ für das paradoxe Experiment präsentieren.
Um es vorwegzunehmen: Wir müssen uns scheinbar damit abfinden, dass das, was wir
uns so einfach wie kleine ‘Tennisbälle’ vorgestellt haben, sich in Wirklichkeit so paradox
verhält, wie es im Zweispaltexperiment zum Ausdruck kommt.
1.3
Quantentheorie: Eine indeterministische Naturbeschreibung
Man könnte das Resultat des Zweispaltexperimentes so zusammenfassen: Immer dann,
wenn man experimentell ‘nachschaut’, verhalten sich die Elektronen so, wie wir das erwarten: sie realisieren genau eine der beiden Möglichkeiten, die Blende zu passieren. Ein
Nachschauen ohne Störung des beobachteten Systems ist jedoch nicht möglich. Wenn
keine Möglichkeit besteht, festzustellen, welche der Alternativen das Teilchen realisiert
hat, dann scheint es, entgegen jeder Logik, von beiden Möglichkeiten simultan Gebrauch
zu machen. Die Eigenschaften, die man einem Teilchen zuordnet - etwa die, dass es zu
jedem Zeitpunkt einen Ort und eine Geschwindigkeit besitzt - scheinen nicht objektive
Eigenschaften zu sein. Erst beim Messprozess ‘entscheidet’ sich das System für eine der
Möglichkeiten.
Im Jahr 1927 haben die Physiker, die sich in Kopenhagen um den Physiker N. Bohr
versammelt hatten, einen Vorschlag gemacht, wie wir mit dem paradoxen Befund des
Zweispaltexperiments umzugehen haben. Demnach sind Teilchen und Wellen nur Abstraktionsprinzipien, die nötig sind, um die Messergebnisse mit unseren gewöhnlichen
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Anschauungsformen zu erfassen. Diese beiden Abstraktionen sind nicht Gegensätze, sondern sind komplementär. Je nach Phänomen ist das eine oder das andere der beiden Bilder
das hilfreichere (Komplementaritätsprizip von N. Bohr).
Nach der Interpretation der Quantenmechanik, wie sie von M. Born und W. Heisenberg 1927 vorgeschlagen wurde, ist der Zustand eine Teilchens für jede Zeit t durch eine
komplexwertige Funktion des Ortes ~r
Ψ(~r, t)
(25)
beschreibbar. Diese Funktion legt jetzt aber die Messgrössen nicht fest. Sie bestimmt
nur die Wahrscheinlichkeit, mit der der eine Messung einen bestimmten Messwert liefert.
So wird z.B. die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ortsmessung ein Resultat innerhalb eines
Volumens V liefert durch die Zahl
ZZZ
|Ψ(~r, t)|2 dxdydz
(26)
V
gegeben. Die Funktion Ψ nennt man Wahrscheinlichkeitsamplitude. Das Betragsquadrat
der Wahrscheinlichkeitsamplitude ist die Wahrscheinlichkeitsdichte. Alle Wahrscheinlichkeiten lassen sich nun aus dieser Wahrscheinlichkeitsamplitude berechnen. So kann man
auch für die Impulseverteilung die Wahrscheinlichkeitsamplitude angeben:
ZZZ
1
Φ(~p, t) = √
e−2πi~p·~r/h Ψ(~r, t) dxdydz,
(27)
h3
V∞
wobei sich das Integral über den gesamten Raum V∞ erstreckt, in dem sich das Teilchen
aufhalten kann. Diese Verteilungsfunktionen können sich mit der Zeit verändern, wenn
das Teilchen sich etwa wie in unserem Zweispaltexperiment von links nach rechts bewegt,
muss das natürlich auch in der Wahrscheinlichkeitsamplitude zum Ausdruck kommen.
Ähnlich wie die Newtonschen Bewegungsgleichungen lässt sich eine Gleichung angeben,
nach der sich die Wahrscheinlichkeitsamplituden - die ja, wie gesagt, den Zustand des
Systems vollständig beschreiben - mit der Zeit verändern. Diese Gleichung - sie heisst
Schrödingergleichung - wurde von E. Schrödinger im Jahr 1926 mit Hilfe von Analogieschlüssen aus der Optik übertragen. Sie sei hier der Vollständigkeit halber für ein freies
Teilchen wiedergegeben:
2
∂
ih
∂2
∂2
∂
Ψ(~r, t) =
Ψ(~r, t) + 2 Ψ(~r, t) + 2 Ψ(~r, t)
(28)
∂t
4πm ∂x2
∂y
∂z
Weil die Lösungen dieser Gleichung viel Ähnlichkeit mit Wellen haben, heisst Ψ auch
Wellenfunktion.
Man mag nun denken, dass sei ja grundsätzlich nicht so verschieden von der klassischen
Physik: Wenn man nämlich bedenkt, dass keine Messung ohne Messfehler möglich ist, so
könnte man gut zum Schluss kommen, auch die klassische Physik mit Hilfe von Verteilungsfunktionen anstelle von exakten Werten, zu formulieren. Der wesentliche Unterschied
ist jedoch der, dass nach der sogenannten Kopenhagener Interpretation die Wellenfunktion
Ψ(~r, t) den Zustand des Teilchens vollständig beschreibt. Als Konsequenz ergibt sich - wie
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wir im nächsten Abschnitt sehen werden - die grundsätzliche Unmöglichkeit, gleichzeitig Ort und Impuls beliebig genau vorzugeben. Dies bedeutet, dass die Vorstellung eines
klassischen Teilchens, das ja zu jeder Zeit einen Ort und eine Geschwindigkeit besitzen
muss, letztlich nicht anwendbar ist.
Die physikalischen Gesetze beschränken sich darauf, die Wellenfunktion (25) vorauszusagen; die Messgrössen selbst sind nicht bestimmt. In diesem Sinne ist der Physikalische
Zustand, wie ihn die Quantentheorie kennt, nicht identisch mit dem Zustand in der klassischen Physik, bei dem der Ort und Geschwindigkeit vollständig bestimmt ist. Man spricht
deshalb oft vom Quantenzustand.
Es ist klar, dass eine solche Theorie anfänglich auf grosse Skepsis stiess. Einstein selbst
hat zeitlebens nicht akzeptieren können, dass die Quantentheorie eine vollständige Naturbeschreibung darstellt. Trotzdem hat sich die sog. Kopenhagener Interpretation heute bei
den Physikern durchgesetz, wonach der Quantenzustand das Sytem physikalisch komplett
beschreibt.
In der quantenmechanischen Beschreibung des Zweispaltexperiments ersetzt sich die Wahrscheinlichkeitsüberlegung (24) durch eine fast identische Beziehung, nur werden an die
Stelle der Wahrscheinlichkeiten die Wahrscheinlichkeitsamplituden gesetzt. einfache Gesetze formulieren. So erhält man statt (24):
Ψ(x) = Ψ(A)Ψ(A|x) + Ψ(B)Ψ(B|x)
(29)
Für die Wahrscheinlichkeit hat man schliesslich das Betragsquadrat zu bilden:
p(x) = |Ψ(A)Ψ(A|x) + Ψ(B)Ψ(B|x)|2
1.3.1
(30)
Die Heisenbergsche Unschärferelation
Wie wir bereits erwähnt haben, sind in einem Quantenzustand nicht alle Messgrössen
exakt vorgebbar. Legt die Wellenfunktion die x-Koordinate z.B. mit der Genauigkeit ∆x
fest4 , so kann man zeigen, dass die Verteilung der x−Komponente des Impulses px dann
in jedem Fall eine Standartabweichung ∆px grösser als h/4π∆x besitzt. Anders gesagt:
∆x∆px ≥
h
4π
(31)
Diese Beziehung nennt man Heisenbergsche Unschärferelation. Sie besagt also, dass ein
Quantenzustand die beide Messgrössen 5 x und px nie genauer als gemäss der obigen
Ungleichung festlegen kann. Man kann sich fragen, ob man denn nicht durch eine Messung
den Ort und den Impuls genauer als es die Ungleichung (31) zulässt, bestimmen kann. Die
Antwort ist die folgende: Man kann im Prinzip den Ort beliebig genau bestimmen - aber
nicht ohne Folgen für den Impuls. Nehmen wir an, der Zustand des Systems sei zu einem
bestimmten Zeitpunkt durch eine Wellenfunktion mit der Ortsunschärfe ∆x bestimmt.
Nehmen wir weiter an, dass wir nun eine Messung vornehmen, die mit einer Genauigkeit
ǫ, die viel besser als ∆x ist, den Ort bestimmt. Nachdem wir die Messung durchgeführt
haben, müssen wir das System logischerweise durch einen Zustand beschreiben, der die
4
5
Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung für x die Standartabweichung ∆x besitzt
entsprechendes gilt natürlich auch für die beiden anderen Koordinatenrichtung
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neue Ortsunschärfe e für die x-Koordinate besitzt. Nach dem oben gesagten müsste dann
aber die Unschärfe des Impulses px zunehmen, so dass wir obwohl wir nur eine Messung
durchgeführt haben, weniger über den Impuls wissen als zuvor. Die Messung des Ortes
scheint also unser Wissen über den Impuls zu verringern! Hier kommt uns das was wir
beim Zweispaltexperiment bereits gehört haben, in den Sinn: Wenn man eine Ortsmessung
vornehmen will braucht man (z.B.) Licht und um etwas zu sehen muss das Licht, d.h.
die Photonen, mit dem Teilchen kollidieren. Diese Kollision (man vergleiche mit dem
Comptoneffekt!) ergibt tatsächlich einen Impulsübertrag, so dass sich die Unschärfe des
Impulses vergrössert.
Dies bringt uns zur Einsicht, dass der Messprozess in der Quantenmechanik nicht einfach
die Kenntnis über das System verbessert, so dass die Unsicherheit abnäme, sondern das
System auch beeinflusst, so dass der Zustand nach der Messung nicht ‘genauer’ als Gleichung (31) zulässt, bekannt ist. Die Unsicherheit verschiebt sich einfach von der einen auf
die andere Messgrösse!
Bis heute ist es niemandem gelungen, Messaparate auszudenken, welche die, durch die
Unschärferelation (31) vorgegebene Grenze unterschreiten könnte. Etwas pointiert könnte
man sagen: Die Natur lässt sich nicht (vollständig) in die Karten schauen.
1.3.2
Einige Quanteneffekte
Quantisierte Messwerte
Wir haben nun gesehen, dass die Quantenmechanik nur die Wahrscheinlichkeitsamplitude
für die Messgrössen liefert. Nun heisst dies aber keinesfalls, dass die Grösse immer beliebige Werte annehmen kann (wie das etwa bei Ort und Impuls eines freien Teilchens der
Fall wäre). Es zeigt sich vielmehr, dass viele Messgrössen nur ganz bestimmte Werte annehmen können. Wir haben dann nicht eine kontinuierliche Wahrscheinlichkeitsverteilung
für diese Messgrösse sondern eine diskrete.
Um sich eine Vorstellung zu machen, wie dies funktioniert, wollen wir uns die folgende
Matrix-Gleichung für die Grössen x, y und m ansehen:
x
x
0 1
(32)
=m
y
y
1 0
Da dies 2 Gleichungen für 3 Unbekannte sind, denkt man vielleicht, dass es beliebig viele
Lösungen für m gibt. Dass dem nicht so ist, findet man leicht durch direktes Ausmultiplizieren der linken Seite, so dass wir folgene Gleichung erhalten:
x
y
=m
y
x
Setzt man die zweite Gleichung in die erste ein, so erhält man
y = m2 y
welche nur die Lösungen
m = 1 oder m = −1
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besitzt. Für m kommen also nicht beliebige sondern nur ganz bestimmte Lösungen in
Frage. Man nennt die Lösungen m in der obenstehenden Gleichung (32) die Eigenwerte
der Matrix auf der linken Seite von (32).
Sehr ähnlich verhält es sich mit den Messgrössen in der Quantenmechanik. Für jede
Messgrösse gibt es eine lineare Operation M welche auf die Wellenfunktion Ψ wirkt. Die
möglichen Messwerte m sind dann ganz analog zu der obenstehenden Matrixgleichung
definiert, als Lösungen der Gleichung
MΨ = mΨ
(33)
In vielen Fällen kommen, wie gesagt, nur diskrete Lösungen in Frage. So sind die Eigenwerte der Energie, die ein Elektron im elektrischen Feld eines Protons haben kann6 es von
einem Proton angezogen wird, gerade die diskreten Werte
En = −
2π 2 me4
,
h 2 n2
n = 1, 2, 3, . . . mit e ≈ 1.5 × 10−14 mN1/2
(34)
darstellt7 . Diese diskreten - oder eben quantisierten - Energiezustände konnten nun mit
grosser Präzision tatsächlich nachgewiesen werden, indem man das Licht, das die Atome
beim Übergang von einem Energiewert zum anderen aussenden, beobachtete.
Die Nullpunktsenergie
Eine direkte Folge der Unschärferelation ist die sogenannte Nullpunktsenergie. Wenn ein
Elektron z.B. an einen Atomkern gebunden ist, so bedeutet dies, dass das seine Ortsunschärfe nicht mehr beliebig gross sein kann, sondern höchstens von der Grössenordnung
des Atomradius Ra . Dies bedeutet aber, dass die Komponenten des Impulses alle ebenfalls
eine bestimmte Unschärfe haben müssen. Damit muss aber der Betrag des Impulses einen
Erwartungswert mindestens in der Grössenordnung
p2 > ∆p2x + ∆p2y + ∆p2z
besitzen. Für die kinetische Energie8 findet man dann die Ungleichung
Ekin >
∆p2x + ∆p2y + ∆p2z
2m
(35)
Wenn man nun die Unschärferelation verwendet, kann man ∆px durch h/(4πRa ) ersetzen,
so dass wir die Abschätzung
3h2
(36)
Ekin >
32π 2 mRa2
erhalten. Diese Schätzung liefert tatsächlich die richtige Grössenordnung für die kinetische
Energie, die ein an ein Atom gebundenes Elektron haben muss.
Der Tunneleffekt
6
Dies sind die möglichen Energiezustände für das Elektron im Wasserstoffatom
Das negative Vorzeichen bedeutet, dass es sich um gebundene Zustände handeln. Der tiefste Zustand
n = 1 ist am stärksten gebunden und es braucht den entsprechenden positiven Betrag (13.6 eV) um das
Elektron vom Proton wegzubringen, also das Atom zu ionisieren
2
p2
8
Man kann kann die kinetische Energie auch mit dem Impuls ausdrücken: Ekin = 21 mv 2 = (mv)
2m2 = 2m .
7
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Wir wollen uns ein Teilchen vorstellen, das gegen eine Wand anrennt, welche die Dicke d
besitzt. Weiter nehmen wir an, dass zur Überwindung der Wand (nach den Vorstellungen
der klassischen Physik) eine minimale Energie U nötig ist. Damit wäre in der klassischen
Physik ein Überwinden der Wand nur möglich, wenn die kinetische Energie des Teilchens
grösser als U wäre. In der Quantenmechanik gibt es nun eine Chance, dass das Teilchen
die Wand überwindet obwohl die kinetische Energie gar nicht dazu ausreicht. Bei jedem
Anrennen beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die Wand überwunden wird nämlich
√
−4πd
ptun = e h 2m(U −E) .
(37)
Dieser erstaunliche Effekt, den man Tunneleffekt nennt, macht zum Beispiel die Kernfusion möglich. Die Temperatur in der Sonne würde nämlich nicht genügen, damit ein Kern
die ‘Wand’ eines anderen durchdringt.
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Aufgaben
1. Wenn man eine Kathode mit Licht der Wellenlänge 100 nm bestrahlt, kommt ein
Anodenstrom zustande, der bei einer Sperrspannung von -5V wieder zum Erliegen
kommt. Wie gross ist die Austrittsarbeit aus der Kathode und bei welcher Wellenlänge können überhaupt noch Elektronen herausgelöst werden?
2. Wir haben gesehen, dass Photonen einen Impuls haben. Bei einer Reflektion wird
demnach der doppelte Impuls an die reflektierende Fläche übertragen. Daher entsteht bei der Reflektion von Licht an einem Spiegel eine Kraft, die sich aus dem pro
Zeiteinheit auf den Spiegel übertragenen Impuls errechnet.
Welche Kraft wird so auf die Spiegel eines Sonnenkraftwerkes übertragen, wenn die
Spiegel eine Fläche von 10’000 m2 besitzen und die auf den Spiegel auftreffende Leistung pro m2 1kW beträgt?
3. Beim Herleiten des Comptoneffekts sind wir von ruhenden Elektronen ausgegangen.
Die errechnete Wellenlängenverschiebung ist sicher in etwa gültig, wenn Energie und
Impuls der Elektronen gegenüber demjenigen des Photons vernachlässigbar ist. In
einem Metall haben die Leitungs-Elektronen jedoch fast alle eine Geschwindigkeit
in der Grössenordnung von einem % der Lichtgeschwindigkeit. Überprüfen Sie, ob
Energie und Impuls immer noch klein sind im Vergleich zu der Photonenenergie bei
λ = 10 nm.
4. Welchen Bruchteil seiner Energie kann sichtbares Licht (λ ≈ 500 nm) bei einem
Comptonstoss mit einem freien Elektron verlieren?
5. Die Bausteine der Materie besitzen alle einen Zwillingspartner, die sogenannten Antiteilchen. Das Elektron besitzt als Partner das Positron. Das Positron hat die gleiche
Masse jedoch die entgegengesetzt gleiche elektrische Ladung des Elektrons. Bei allen Prozessen, die wir heute kennen, ist die Anzahl der Materiebausteine (Teilchen
minus Antiteilchen) erhalten. Ein Elektron kann nur zusammen mit einem Antielektron, eben einem Positron, entstehen. Umgekehrt kann ein Elektron ein Positron
‘anihilieren’ (vernichten), so dass nur noch Energie übrig bleibt, die zum Beispiel als
Photonen davon getragen wird. Dieser Prozess läuft natürlich unter Erhaltung des
Viererimpulses ab.
(a) zeigen Sie, dass das im Folgenden skizzierte Ereignis, bei dem ein Elektron auf
ein ruhendes Positron trifft, so nicht ablaufen kann.
e (+)
e(−)
f
nachher
vorher
(b) Der gleiche Prozess kann ablaufen, wenn statt nur einem, zwei Photonen erzeugt werden. Geben Sie für den Fall, dass sich das Elektron aus der vorherigen
Teilaufgabe nur ganz langsam nähert (Impuls ≈ 0) an, welche Frequenz die beiden Photonen haben müssen, und überlegen Sie sich, wie die beiden Photonen
auseinander fliegen.
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6. Die Wahrscheinlichkeitsamplitude, dass bei einem Zweispaltexperiment das Teilchen
durch Spalt A kommt und auf den Detektor auftrifft, sei ΨA = (1 − i)/10, die entsprechende Amplitude für den Spalt B sei ΨB = i/20.
Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass das Teilchen im Detektor auftrifft.
7. Welche Impulsunschärfe muss ein Teilchen der Masse 10−27 kg mindestens besitzen,
wenn es in einem Würfel der Seitenlänge 10−15 m eingesperrt ist und wie gross muss
die kinetische Energie des Teilchens dann mindestens sein (Abschätzung)?
8. Mitte des letzten Jahrhunderts wurde bereits beobachtet, dass Wasserstoffatome
Licht mit ganz bestimmten Wellenlängen abgibt (Balmer). Es handelt sich dabei
um die Photonen, welche beim Übergang des Elektrons im Atom von einem zum
anderen Energieniveau abgegeben werden. Die Wellenlänge der Photonen entspricht
genau der Energiedifferenz zwischen zwei Zuständen.
Berechnen Sie die Wellenlänge, die ein Photon haben muss, das dem Übergang vom
Niveau E3 auf das Niveau E2 entspricht (Siehe Gleichung (34)).
9. Stellen Sie sich eine Wand der Dicke 10−15 m vor, dessen Überwindung eine Energie U = 10−16 J benötigt. Wie oft müsste ein Teilchen mit der Masse m = 10−26
kg und der Energie Ekin = U/2 versuchen, die Wand zu ‘durchtunneln’, damit die
Wahrscheinlichkeit, dass das Unterfangen gelingt mindestens 1/2 beträgt?
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Lösungen
1. Ein Photon der Wellenlänge 100 nm besitzt gemäss Formel (1-2) die Energie von
0.2×10−17 J oder 12.4 eV. Das ist die Energie, die das Elektron beim Zusammenprall
erhält. Da der Strom bei 5 V zum Erliegen kommt, besitzt es offenbar nur 5 eV
kinetische Energie. Der Rest, also 7.4 eV ist die aufgewendete Austrittsarbeit.
2. Gemäss Gleichung (7) besteht zwischen Impuls und Energie der Photonen ein einfacher Zusammenhang: Man muss nur die Energie durch c dividieren um den Impuls zu
erhalten. Der Impuls der Photonen, die in einer Sekunde auf einen m2 auftreffen beträgt daher 1000/(3 × 108 )Js/m = 3.3 × 10− 6Js/m. Da der Impuls bei der Reflektion
sein Vorzeichen ändert, wird gerade das Doppelte dieses Betrages pro Sekunde an die
Fläche übertragen. Wenn wir diesen Impulsübertrag durch die Zeit dividieren, die es
benötigt also 1s, so erhalten wir gerade die Kraft, die auf einen m2 wirkt, nämlich
6.6 × 10− 6N.
3. Die Photonen besitzen gerade die 10-fache Energie, von jenen, die in Aufgabe 1
berechnet wurden. Damit ist Eγ = 2 × 10−17 J. Die Elektronen haben die Energie
Ekin = (1/2)mv 2 ≈ 0.5 × 10−17 J - also etwa gleichviel wie die Photonen!
4. Gemäss Gleichung (19) beträgt die Wellenlängenänderung 4 × 10−12 m. Die Wellenlänge verlängert sich also um einen Bruchteil von 0.8 × 10−5 . Da die Energie und
die Wellenlänge indirekt proportional sind, ist dies gerade der relative Anteil des
Energieverlustes, verglichen mit der ursprünglichen Energie.
5. Wir bemerken zuerst, dass die Situation vom sogenannten Schwerpunktsystem aus,
wo sich die beiden Teilchen einander mit entgegengesetzt gleicher Geschwindigkeit
nähern, einfacher zu beschreiben ist. Da dies nur ein anderer Beobachterstandpunkt
ist, muss das Resultat für die skizzierte Situation das gleiche sein.
Wenn ein Elektron und ein Positron gegeneinanderfliegen muss sich der Impuls der
beiden Teilchen gerade aufheben. Damit muss auch das, was entsteht, ohne Impuls
sein. Ein Photon, das die ganze Energie der beiden Teilchen besitzt, muss aber gemäss
(9) auch einen entsprechend hohen Impuls besitzen; also kann das Produkt nicht ein
einzelnes Photon sein.
Bei zwei Photonen ist dies natürlich nicht so. Sie können ja ebenfalls mit entgegengesetzt gleichem Impuls auseinanderfliegen, so dass sich der Gesamtimpuls weghebt. Die
Energie der beiden Photonen müsste gerade die Energie der fast ruhenden Elektronen
sein:
Eγ = hf = me c2
Man erhält für die Frequenz f = 1.3 × 1020 Hz.
In unserer Skizze fliegen die beiden Photonen nach rechts, das eine leicht nach oben
und das andere leicht nach unten, so dass der Gesamtimpuls erhalten bleibt.
6. Um die Wahrscheinlichkeiten zu erhalten muss man zuerst die beiden Wahrscheinlichkeitsamplituden addieren:
Ψ = ΨA + ΨB =
1−i
i
2−i
+
=
10
20
20
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Die Wahrscheinlichkeit erhält man dann als
p = |Ψ|2 = 5/400 = 1/80
Hätten wir zuerst die einzelnen Wahrscheinlichkeiten ausgerechnet und dann zusammengezählt, so hätten wir nicht das gleiche erhalten!
7. In Gleichung (36) ist die Nullpunktsenergie abgeschätzt worden. Setzt man für Ra
den Wert 0.5×10−15 m ein, erhält man Ekin > 1.6 × 10−11 J ≈ 100 MeV. Dieses Beispiel zeigt die Grössenordnung für die Energie eines Nukleons (Proton, Neutron), das
auf dem Raum eines Atomkernes eingeschlossen ist. Offensichtlich werden die typischen Energien (Kernenergie) rund 10 Millionen mal grösser als die typische Energie
(chemische Bindungsenergie) eines Elektrons im Atom!
8. Gemäss Gleichung (34) ist die (kinetische und potentielle) Energie eines Elektrons
auf den gefragten Quanten-Niveaus
E2 = −3.3eV = 5.2 × 10−19 E2 = −1.4eV = 2.3 × 10−19
Also ist die Energiedifferenz
|E2 − E3 | = 2.9 × 10−19
Dies ist die Energie des Photons das abgestrahlt wird. Verwendet man
Eγ = hf = hc/λ
so erhält man für die Wellenlänge λ ≈ 680 nm.
9. Wenn ptun die Tunnelwahrscheinlichkeit darstellt, dann ist die Wahrscheinlichkeit
eines Misserfolgs beim ‘Tunnelversuch’ durch die Gegenwahrscheinlichkeit qtun = (1−
ptun ) gegeben. Nach N Versuchen ist die Wahrscheinlichkeit, dass man es immer noch
nicht geschafft hat die Wand zu durchtunneln durch
(1 − ptun )N
gegeben. Für die Tunnelwahrscheinlichkeit erhalten wir ptun = 0.98 Damit ist bereits
nach einem Versuch N = 1 die Wahrscheinlichkeit grösser als 1/2 dass das Unterfangen gelingt.
Das Resultat bedeutet, dass eine ‘Wand’ dieser Höhe und Breite nicht in der Lage
wäre, einen Atomkern zusammenzuhalten! Die wirkliche Wand die das Atomkerne
umgibt ist die elektrostatische Abstossung. Sie ist auf viel grössere Distanz als die
10−15 m wirksam. So dass es nur bei sehr hohen Temperaturen, wie sie etwa im Sonneninneren herrschen gelingt diese Wand zu durchtunneln. Ohne den Tunneleffekt
würde die Verschmelzung zweier Kerne statistisch äusserst selten und unsere Energiequelle - die Sonne - wäre sofort kalt!
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