8. Dezember 2005

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Gliederung der Vorlesung
1. Chemische Zusammensetzung der Atmosphäre
1.1 Einleitung
1.2 Stoffliche Zusammensetzung
1.3 Besonderheit der Erdatmosphäre
1.4 Stoffkreisläufe
2. Auswirkungen auf physikalische Prozesse der Erdatmosphäre
2.1 Fluchtgeschwindigkeit
2.2 Vertikalprofil der Temperatur
2.3 Treibhauseffekt
2.4 Einfluss der Dynamik auf Verteilung von Spurenstoffen
3. Chemische Grundlagen
3.1 Allgemeine Grundlagen
3.2 Strahlungs- und Bindungsenergien
3.3 Photochemische Primärprozesse
3.4 Adiabatische Prozesse und Erhaltungsregeln
3.5 Reaktionskinetik
4. Chemie der Troposphäre
4.1 Bedeutung des OH-Radikals
4.2 Photosmog und Ozon
4.3 Saurer Regen
5. Chemie der Stratosphäre
6. Umweltchemische Modelle
Lerninhalte 6. Vorlesung
ƒ Wonach lassen sich die Reaktionsprozesse in der Atmosphäre einteilen?
ƒ Was beschreibt die Bildungsenthalpie ΔHf einer chemischen Verbindung?
ƒ Und was die die Reaktionsenthalpie ΔHR? Was ist die Einheit?
ƒ Was bedeutet der Begriff Abstraktion?
ƒ Welche Rolle spielen die Energiezustände von Atomen und Molekülen, z.B.
O(3P) und O(1D)?
ƒ Woraus ergibt sich die Spontanität einer Reaktion?
ΔG = ΔH − TΔdS
ƒ Welche Molekularität kann eine Reaktion besitzen?
ƒ Was unterscheidet die Reaktionsgeschwindigkeit R (Reaktionsrate) von der
Reaktionsratenkonstante k (Ratenkoeffizient)?
A+ B → C + D
ƒ Wie lässt sich die chemischer Lebensdauer der
zerfallenden Substanz AB → A +B abschätzen?
R = k [ A] [ B]
ƒ Wann kommt es zu bimolekularen Reaktionen?
ƒ Wie lässt sich die Konzentration eines bestimmten Moleküls in der Atmosphäre
berechnen?
3.2 Photochemische Reaktionen
- Strahlung und BindungsenergienWirkung solarer Strahlung auf atmosphärische Bestandteile
Anregung "excitation"
Elektronen auf höheres
Energieniveau, Erhöhung
der Vibrationsenergie
E = N A hν =
=
119625
λ
Aufspaltung (Photolyse)
ƒ Ionen (geladene Teilchen)
ƒ Atome (ungeladen gerade
Elektronenzahl)
N A hc
ƒ Radikale, molekulare
Bruchstücke mit ein oder
mehreren ungesättigten
Elektronenpaaren
λ
[kJ / mol ]
mit λ in [nm]
O2 + hν → O + O
Q=
2ΔHO – ΔHO2 –hc/λ
2 x 249 0
= 498 kJ/mol - 119625/λ
λ<240 nm
hν
Energie eines Photons [J]
NAhν Energie zur Spaltung eines Mols [J mol-1]
NA= 6.022 ⋅ 1023 mol-1 Avogadro-Konstante
Planck Wirkungsquantum
h= 6.6 ⋅ 1034 J s-1
c= 3 ⋅ 108 m s-1
Lichtgeschwindigkeit
Phototodissoziation
Name
E = N A hν =
=
119625
λ
N A hc
λ
[kJ / mol ]
O3 + hν → O2 + O
Q=
ΔHO + ΔHO2 – ΔHO3 -hc/λ
249 0
-142
= 107 kJ/mol - 119625/λ
119625
λ <
= 1120 nm
107
Wellenlänge [nm] E [kJ/mol]
170
190
210
230
250
280
VIS
Rot
Orange
Gelb
Grün
Blau
Violett
700
620
580
530
470
420
Nahes
Ultraviolett
400-200
300-600
Fernes
Ultraviolet
200-50
600-2400
CO2:
H2O:
O2:
O3:
λ < 165 nm
λ < 180 nm
λ < 240 nm
λ < 1120 nm
Phototodissoziation in der Atmosphäre
CO2:
H2O:
O2:
O3:
λ < 165 nm
λ < 180 nm
λ < 240 nm
λ < 1120 nm
kürzeste Wellenlänge für
Photochemie der Troposphäre ist 290 nm
Photodissoziationsraten
Ji =
λmax
∫λ σ (λ ) φ (λ ) I (λ ) dλ
i
i
min
Genau genommen
muss über alle
Raumwinkel integriert
werden und es
müssen alle
Streumechanismen
berücksichtigt werden
J
Photodissoziationskoeffizient [s-1]
σ
Absorptionsquerschnitt [cm2 Molekül-1]
φ
Quantenausbeute, Wahrscheinlichkeit
dieses Kanals
I(λ) Aktinischer Fluss [Photonen cm-2 s-1]
λmax Dissoziationsschwelle
Aktinischer Fluss kann mit
Strahlungstransportmodell
berechnet oder mit Photometern
gemessen werden
Aktinischer Fluss
Beispiel:Ozonabsorption
Ji =
λmax
∫λ σ (λ ) φ (λ ) I (λ ) dλ
i
min
i
Solarer extraterrestrischer aktinischer Fluss
Unsicherheit
Unsicherheiten der verschiedenen
Reaktionsraten und
Photodissoziationsraten sind von
großer Bedeutung für die
Modellierung der Atmosphärenchemie
Umfangreiche Sammlung ("Bibel")
“Chemical Kinetics and Photochemical
Data for Use in Atmospheric Studies”
http://jpldataeval.jpl.nasa.gov/
Photochemische Primärprozesse
Absorption eines Photons führt zur
elektronischen Anregung
(Elektronen auf höheres Energieniveau *)
AB + hν → AB*
1. Schritt bei photochemischen Reaktionen
ƒ Es wird "quasi" Energie gespeichert, die je nach
Anregungsgröße für unterschiedliche Folgeprozesse
eingesetzt wird.
ƒ Bildung einer Verbindung ist nur ein Prozess (von 7)!
Quantenaus beute
Rate mit der ein Pr ozess abläuft
=
Anzahl der absorbierten Photonen
7
∑
1
Quantenaus beute = 1
Folgeprozesse nach Aktivierung
Energie wird zum Aufbrechen der
chemischen Verbindung und zur
Schaffung einer neuen gebraucht
Quantenausbeute gibt für einen
der 7 Prozesse an, wie häufig
dieser im Verhältnis zur Anzahl
der absorbierten Photonen auftritt
3.2.1 Photodissoziation
Bedingung: Energie des
absorbierten Photons muss
größer als die Bindungsenergie
der chemischen Verbindung sein
Schematisches Diagramm der potentiellen
Energie für 2-atomiges Molekül
stabile Vibrationsniveaus
XY**
r groß: separate Atome, keine
anziehenden bzw. abstoßenden Kräfte
r*:
maximale Stabilität des
Grundzustandes
r klein: Moleküle, Atome haben
Abstossungskräfte
angeregte Niveaus können stabile
(XY*) Zustände haben oder immer
instabil sein (XY**)
Potentielle Energie [eV]
r → r*: Anziehungskräfte (Potentielle
Energie nimmt ab)
X*+Y*
X*+ Y
XY*
X+Y
XY
Kernabstand r [nm]
Grundzustand
r*
Photodissoziation
Mögliche Übergänge bei
Absorption eines Photons
Übergang 1
Absorption muss zu einem bestimmten
Vibrationszustand führen
→ diskrete Wellenlänge
Bewegungen entlang von
Potentiallinien sind adiabatisch
XY**
X*+Y*
Potentielle Energie [eV]
Übergang 1
instabiler Zustand wird erzeugt.
Kontinuierliches Wellenlängenspektrum
X*+ Y
XY*
X+Y
XY
Kernabstand r [nm]
r*
Spektroskopische Notation
}
M Spinmultiplizität
S Elektronenspindrehimpuls
L = S,P,D,F.. Nebenquantenzahl
= 0,1,2,3..
M
Atome:
2 s +1
Moleküle:
X
L
2s +1
+/−
Λ
A
a
B
b
mit gleimit unterchem Spin schiedl. Spin
angeregte Zustände
X Grundzustand
Λ = Σ, Π, Δ, Φ..
= 0,1,2,3..
Beispiel: Sauerstoff O2 → O
O(3P) + O(3P) =
5.11 eV
~ 242 nm
O(3P) + O(1D) = 5.11 eV + 1.97 eV
~ 175 nm
O(3P) + O(1S) =
5.11 eV + 4.18 eV
~ 133 nm
Schumann-Runge Band
(175-200 nm)
Prädissoziation
Schumann-Runge Kontinuum
(137-175 nm)
optische Dissoziation
Sauerstoff-Spektrum
Unterscheidung zwischen
Photodissoziationen
ƒ optische Dissoziation
direkt vom angeregten Zustand
kontinuierliches Absorptionsspektrum,
da Fragmente Translationsenergie mitführen können
genügt hν nicht ganz zur Spaltung wird die Energie in
Vibrationsbewegung überführt
ƒ Prädissoziation
durch Kreuzen der Potentialkurven, z.B. bei Kollisionen
Bildung vom Grundzustand über erlaubte Übergänge
Vibrationsschwingungen
Dissipation +
translation
asymmetrische
Streckung
symmetrische
Streckung
Vibration
vertikale
Biegung
horizontale
Biegung
Sauerstoff-Dissoziation
Ji =
λmax
∫λ σ (λ ) φ (λ ) I (λ ) dλ
i
min
i
Herzberg ist unterhalb von ca. 65 km der dominierende
Dissoziationsmechanismus ist, obwohl es ein eigentlich
verbotener Übergang ist
Ozonabsorption
Hartley: 1881 Beobachtungen mit Ozonspektrometer zeigen Präsenz von Ozon
in oberer Atmosphäre
Chappius: 1880 entdeckt Ozonabsorption im Sichtbaren
Huggins: 1917 benennen Fowler und Strutt Ozonabsorption (Sirius) nach dem
Astronom William Huggins
Ozonabsorption
Hartley-Bande
Ozonabsorption
Hartley < 310 nm
Huggins 310-350
Chappius ca. 500 nm
Wichtige Photolyseprozesse
3.2.2 Photoionisation
ƒ Spezieller Fall der Photodissoziation
Produktion von positiv geladenem Ion und freiem,
negativ geladenem Ion, z.B.
O + hν → O + + e −
+
O2 + hν → O2 + e −
ƒ Ionisierungspotential i.a. höher als Dissoziationspotential
→ immer UV-Strahlung notwendig
→ nur in der hohen Atmosphäre wichtig
ƒ Ionisierungspotentiale angeregter Atome/Moleküle sind niedriger
→ Strahlung mit längeren Wellenlängen kann genutzt werden
ƒ es gibt auch "optische Ionisierung" und "Präionisierung"
3.3 Reaktionskinetik
ƒ Auftrittswahrscheinlichkeit und zeitlicher Ablauf von Reaktionen
ƒ große Fortschritt in Laboruntersuchungen in letzten Jahre
ƒ Einfluß externer Größen wie Druck und Temperatur
ƒ "elementarer Reaktionschritt" vs. Nettoreaktion
Cl + O3 → ClO + O2
R = k [ClO ] [O3 ]
Molekularität=2
Ordnung=2
elementar
Cl + O3 → ClO + O2
ClO + O → Cl + O2
O 3 +O → 2O2
Molekularität=2
R ≠ k [O3 ] [O]
Ordnung≠2
Netto:
Wir hatten...
A → Produkte
d [ A]
= −k1[ A]
dt
1. Ordnung
A+B → C + D
d [ A]
= − k 2 [ A][ B]
dt
2. Ordnung
A+B+M → AB+M
Ratenkonstante
k1 [s-1]
k2 [cm3 s-1]
k3 [cm6 s-1]
d [ A]
3. Ordnung
== k3 [ A][ B ][ M ]
dt
R=[A]x [B]y [C]z
x+y+z Ordnung der Reaktion
Reaktion 2. Ordnung
A+B→C+D
d [ A]
d [ B]
R=−
=−
= k[ A][ B]
dt
dt
Annahme: [B] liegt in einer sehr großen Konzentration vor
oder wird kontinuierlich nachgeführt (steady-state)
d [ A]
−
= k[ A][ B] = k '[ A]
dt
Integration über
die Zeit
[ A] = [ Ao ] exp(− k[ B ]t )
[B] = [Bo]
k
Reaktionsratenkonstante [cm3 s-1 ]
τ
chemische Lebensdauer
1
τA =
k[ B]
3.3.1 Bimolekulare Reaktion
Isolierte Kollision zwischen zwei Molekülen führt zu einem
Rearrengement der Bindung und der
Formation neuer Produkte, z.B.
OH + CO → H + CO2
Kurve gilt nur für eine
Annäherungsrichtung.
Der Reaktionsweg ist nur eine
Möglichkeit, da BC bzw. AB unterschiedliche Orientierungen bei
Annäherung einnehmen können:
A + BC → ABC * → AB + C
ABC*
d.h. 3-dim Gebilde im Raum
A+BC
B
rAB
A
rBC
rAC
AB+C
C
Potentielle Energie im Raum
rAB
A+BC
B
rAB
A
rBC
rAC
C
ƒ Alle Annäherungen gehen über
das metastabile Zwischenprodukt
ABC*, da ansonsten
Potentialwände zu hoch
ƒ Berechnung der Potentialflächen
komplex und z.T. sehr ungenau
ABC*
AB+C
rBC
Vereinfachung: Winkel unter dem das dreiatomige Metamolekül gebildet wird ist fest
Potentielle Energie im Raum
Kollisionstheorie
Moleküle verhalten sich wie feste Kugeln. Für Reaktion notwendig:
A
BC
ƒ Kollision muß auftreten
ƒ Stoßenergie muss Aktivierungspotential überschreiten
ƒ Bedingungen günstig (passende Orientierung der Moleküle)
Molekül bewegt sich mit der mittleren Geschwindigkeit v durch ein Gas der Dichte ρ
Es trifft nur dann auf ein Molekül, wenn sich dieses innerhalb des Stoßzylinders
mit der Grundfläche σ
vt
(Kollisionsquerschnitt)
befindet
σc= π (rA+rBC)2
rAB=rBC
σc= 4π r2
σ [10-15cm²]
2.7
H2
N2
4.3
O2
4.0
5.2
CO2
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