Wege aus Burnout und Depression 19.10.2016 2 Daten Psychische Erkrankungen Seit 1997 Verdreifachung der Fehltage durch psychische Erkrankungen Quelle: Reha Dat – Institut der deutschen Wirtschaft Häufigste Erkrankungen: 1. Muskel-Skelett Erkrankungen 2. Atemwegserkrankungen 3.Psychische Erkrankungen Quelle: Studie der Psychotherapeutenkammer 2015 19.10.2016 5 Psychische Erkrankungen 12 Monatsprävalenz • Bipolare Störung 1,2 % • Traumata (PTBS) 2,3 % • Psychose 2,6 % • Somatoforme Störungen 3,5 % • Zwangsstörungen 3,6 % • Alkohol/Medikamentenabhängigkeit 6,1% • Unipolare Depression 8,2 % • Angststörungen 15,4 % 19.10.2016 (Jakobi et. al. 2015) 6 (Früh)Berentung durch psychischen Erkrankungen Fast jede 2. Frührente ist psychisch bedingt 2012 waren es 75.000 Personen Durchschnittsalter 49 Jahre Nur jeder Dritte wird fachlich angemessen behandelt!! Quelle: Bundespsychotherapeutenkammer BPtK – 01/2014 19.10.2016 9 Bedingungsgefüge Genetische/ Organischbiologische Einflüsse Persönliche Probleme (Stress) Person Sozialisation und Umwelteinflüsse Gesellschaftliche Bedingungen Psychische/psychosomatische Störungen als Einstieg in eine Suchtkarriere Oder umgekehrt Komorbidität Burnout = höheres Risiko psychisch/körperlich zu erkranken 19.10.2016 15 Burnout „Die Palette der Störungen reicht von einer nicht krankheitswertigen Erschöpfung bis hin zu schwersten behandlungsbedürftigen depressiven Zuständen mit Suizidalität.“ Dr. Frank Bergmann in Spiegel „Wissen“ 1/12 19.10.2016 16 Burnout Andauernder, schwerer Erschöpfungszustand infolge chronischer Stressreaktion mit sowohl körperlichen wie seelischen Beschwerden und Verlust der Regenerationsfähigkeit. 19.10.2016 17 Stress im Job Jeder dritte Berufstätige fühlt sich ausgebrannt 60 Prozent folgen dem Motto: „Augen zu und durch“ Stressreport der Techniker Krankenkasse 2015 19.10.2016 18 Glücksfaktor Arbeit Arbeit gehört zu den 10 wichtigsten Faktoren bezüglich Lebenszufriedenheit Arbeitslosigkeit gehört zu den drei bedeutsamsten Unglücksfaktoren „Glücksatlas“ Raffelhüschen und Schöppner 2012 19.10.2016 19 Burnout Risikofaktoren •Hohe berufliche und private Verausgabungsbereitschaft •Geringe Achtung der eigenen Belastbarkeitsgrenzen •Neigung zu perfektionistischem Handeln •Digitale Beschleunigung unseres Lebens Quelle: Prof. Clemens Kirschbaum, TU Dresden – Weltweit größtes Forschungsprojekt zum Burnout-Syndrom 19.10.2016 20 Burnout - Warnsignale • Arbeitsprobleme wirken tief ins Privatleben • Zunehmend schlechter Schlaf • Immer längere Erholungspausen nach akutem Stress • Gefühl von Überforderung (Hamsterrad) • Sozialer Rückzug • Zynischer Umgang mit Arbeit und Menschen • Zunehmende Reizbarkeit Quelle: Prof. Clemens Kirschbaum, TU Dresden – Weltweit größtes Forschungsprojekt zum Burnout-Syndrom 19.10.2016 21 Boiling Frog Syndrom 19.10.2016 22 Die Erschöpfungsspirale Schmerzen aller Art Schlafstörungen Energieverlust Gedankenenge Reizbarkeit, aggressive Ausbrüche Konzentrationsprobleme Mehrarbeit Sozialer Rückzug Schuldgefühle Grübelattacken Interesselosigkeit Stimmungsschwankungen, Niedergeschlagenheit Suizidale Gedanken Apathie und/oder quälende Unruhe Depression, Angst, Körperliche Erkrankung,… Quelle: Dr. Hans-Peter Unger, Asklepios Klinik Hamburg 19.10.2016 24 Jeder muss mal entspannen 19.10.2016 Quelle: Süddeutsche Zeitung 25 Ausgleich schaffen Freizeit als Quelle der Erholung aktiv gestalten Genießen im Alltag Körperlich/geistig entspannen und abschalten Sport treiben und mehr Bewegung in den Alltag bringen Hobbies pflegen Gesunde Ernährung 19.10.2016 26 19.10.2016 27 Wer lange sitzt, ist früher tot!! (Sitzen ist das neue Rauchen) 19.10.2016 28 In Gemeinschaft leben Familie pflegen Freundschaften aufbauen und pflegen Soziale Netze nutzen (Vereine, Initiativen, Kirche,…) Nein sagen lernen Eigene Wünsche und Bedürfnisse ernst nehmen 19.10.2016 29 Fünf Dinge, die Sterbende am meisten bedauern 1. "Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben" 2. "Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet" 3. "Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken" 4. "Ich wünschte mir, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrechterhalten" 5. "Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein" Quelle: Bronnie Ware: „Fünf Dinge, die Sterbende am meisten bedauern“ 19.10.2016 30 Epidemiologie in Deutschland Depression bei Kindern und Jugendlichen in NRW Anstieg um 50% seit 2009 2009: 5.900 Fälle 2011: 8.600 Fälle Altersklasse von 10 bis 19 Jahre Mädchen sind doppelt so häufig betroffen Quelle: Technikerkrankenkassen in WR vom 27.10.2012 Depression – das „Eisberg“-Phänomen Ausreichend behandelte Patienten Nicht ausreichend behandelte Patienten Grobe Schätzung des diagnostischen und therapeutischen Defizits in entwickelten Ländern „Etwas schnürt mich ab“ – Ein Tag im Leben von Maria B. 19.10.2016 37 3. Symptome und Verlauf Die verschiedenen Ebenen der Depression Psyche Körper Verhalten Hauptsymptome einer Depression A. Fühlten Sie sich in den letzten 2 Wochen fast jeden Tag nahezu durchgängig niedergeschlagen, traurig oder deprimiert? B. Hatten Sie in den letzten 2 Wochen fast ständig das Gefühl zu nichts mehr Lust zu haben oder haben Sie das Interesse und Freude an Dingen verloren, die Ihnen gewöhnlich Freude machen? C. Haben Sie ich in dieser Zeit fast immer müde und energielos gefühlt? Quelle: Prof. Manfred Hautzinger – Universität Tübingen 19.10.2016 41 Zusatzsymptome einer Depression 1.Können Sie sich nicht mehr über längere Zeit auf eine Sache konzentrieren 2. Leiden Sie an fehlendem Selbstvertrauen und/oder Selbstwertgefühl ? 3. Machen Sie sich häufig Selbstvorwürfe oder fühlen Sie sich schuldig für alles was geschieht? 4. Sehen Sie die Zukunft schwärzer als sonst ? Quelle: Prof. Manfred Hautzinger – Universität Tübingen 19.10.2016 42 Zusatzsymptome einer Depression 5. Haben Sie in den letzten 2 Wochen manchmal gedacht, dass Sie lieber tot wären, oder haben Sie daran gedacht, sich Leid zuzufügen? 6. Hatten Sie in den letzten 2 Wochen fast jede Nacht Schwierigkeiten ein- oder durchzuschlafen, oder haben Sie zu viel geschlafen? 7. Hatten Sie verminderten Appetit, oder haben Sie übermäßig viel gegessen? Quelle: Prof. Manfred Hautzinger – Universität Tübingen 19.10.2016 43 Merkmale einer Depression: Psychische Symptome Denken, Fühlen, Motivation sind beeinträchtigt Niedergeschlagenheit Gefühl der Sinnlosigkeit Interesselosigkeit Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit Gefühl der Gefühllosigkeit Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven Suizidgedanken Merkmale einer Depression: Körperliche Symptome Gewichtsabnahme, verminderter Appetit Schlafstörungen: Durchschlafstörungen, Morgentief Druck- und Engegefühl im Hals und über der Brust Schweißausbrüche, Herzklopfen, rheuma-ähnliche chronische Schmerzzustände Sexuelle Lustlosigkeit Kraftlosigkeit und fehlende Frische, rasche Erschöpfbarkeit Merkmale einer Depression: Verändertes Verhalten Sozialer Rückzug Psychomotorische Hemmung / Agitiertheit Veränderte (Körper) - Sprache Antriebslosigkeit / Apathie Suizid, Suizidversuche, Suizidankündigungen Beschreibung: Arten und Verlauf Einzelne depressive Episode (knapp die Hälfte der Betroffenen erlebt nur eine einzelne depressive Phase) Zeit dauerhaft beschwerdefrei durchschnittl. Dauer einer Episode: 4-8 Monate Wiedererkrankungsrate > 50 % Beschreibung: Arten und Verlauf Schwere Depression (phasisch, unipolar, Major Depression) Dysthymie („neurotische Depression“) Beschreibung: Arten und Verlauf Manisch Depressive Erkrankung (Bipolare affektive Störung): Neben depressiven Phasen treten Zustände von übermäßiger Aktivität, gehobener Stimmung und allgemeiner Angetriebenheit, manchmal auch Gereiztheit auf. Bipolare Störungen erfordern DRINGEND medikamentöse Behandlung. SAD - Saisonal Abhängige Depression „Der Winterblues“ Tageslicht Lichttherapie Johanniskraut 4. Ursachen depressiver Erkrankungen Psychische und biologische Ursachen: Bei jedem Patienten gibt es 2 Seiten EINER Medaille Psychosoziale Aspekte Vulnerabilität z. B. negative Lebenserfahrungen, Kindheit, Persönlichkeit Neurobiologische Aspekte genetische Faktoren (Hinweise durch Zwillingsund Adoptionsstudien) Auslöser akute Belastungen, Stress, Beförderung, neue Aufgaben, Mobbing z. B. Veränderungen auf der Stress-Hormonachse Depressiver Zustand depressive Symptomatik im Erleben und Verhalten z.B. Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn (Serotonin, Noradrenalin) Behandlung Psychotherapie Antidepressiva (Quelle: U. Hegerl) Zusammenfassung I • Depression kann jeden treffen • Depression hat viele Gesichter • Abgrenzung zu Trauerreaktionen wichtig! • Die Ursachen von Depression sind immer komplex Wirksamkeit der Therapien Über 80% der Betroffenen kann mit einer Behandlung entsprechend gültiger Richtlinien gut geholfen werden Leichte und mittelschwere Depressionen: Vergleichbare Wirksamkeit von Psychotherapie und Antidepressiva (längere Wirklatenz bei Psychotherapie) Schwere Depressionen: Pharmakotherapie meist unverzichtbar! Häufig ist eine Kombinationsbehandlung sinnvoll Durch medikamentöse Rückfallverhütung kann das Risiko eines Rezidivs um ca. 70% reduziert werden (z. B. Lithium) Vorurteile und Ängste bezüglich Antidepressiva Bei einer repräsentativen Befragung von 1426 Personen glaubten 69% 80% dass Antidepressiva die Persönlichkeit verändern dass Antidepressiva abhängig machen Befragte verwechseln Antidepressiva, Beruhigungsmittel und Neuroleptika! (Quelle: Hegerl, Althaus & Stefanek, 2002) Gründe für eine erfolglose Pharmakotherapie Angst vor Medikamenten, grundsätzliche Ablehnung Absetzen des Medikaments nach wenigen Tagen, da anfangs oft nur Nebenwirkungen spürbar sind (Wirklatenz 2-6 Wochen) Absetzen des Medikaments nach Wirkeintritt; unangenehme Nebenwirkungen verschwinden sofort, antidepressive Wirkung hält meist noch kurz an; dann häufig Rückfall (Antidepressiva sollten mind. 6 Monate eingenommen werden). Mangelnde Aufklärung der Patienten über die Medikation und fehlende Einbindung der Angehörigen. Bei wiederkehrenden Depressionen ist eine Dauerbehandlung oft wichtig. Depression und Suizid Bei 90% aller Suizide ist ein psychische Erkrankung nachweisbar, in der Mehrzahl der Fälle eine Depression Fast alle Depressiven haben Todesgedanken 25% Suizidversuche 15% versterben durch Suizid bei Vorliegen einer schweren Depression Quelle: D. Althaus, U. Hegerl 2006 Todesursachen im Vergleich: BRD 2011 Suizid 10.144 Drogen 986 Verkehr Mord / Totschlag Aids 4.336 431 463 (Quelle: Bundesamtes für Statistik/Gesundheitsberichterstattung des Bundes; 2012) Burnout oder Depression? • Symptome überschneiden sich mit Depression: • Niedergeschlagenheit • Antriebsprobleme • Reizbarkeit • Sozialer Rückzug • Erschöpfung/ Energieverlust In vielen Fällen liegt eine depressive Erkrankung vor! • Egal ob „Burnout“ oder „Depression“: In jedem Fall braucht die betroffene Person Hilfe Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 19.10.2016 73 Meditation/Entspannung und (Ausdauer)Sport 19.10.2016 74 Fünf Wege zum Wohlbefinden Suche Gemeinschaft Bewege Dich Sei neugierig und achtsam Höre nie auf zu lernen Tue etwas für andere NEF (New Foundation London) 19.10.2016 76 Literaturliste Unger, H.-P.: „Bevor der Job krank macht“ Kösel Verlag; München, 2007 Hautzinger, Manfred.: „Depression“ Hogrefe, Göttingen, 2014 Dilling, H.(Hrsg.): ICD-10 Kapitel V (F) Affektive Störungen F 30 – 39 Hans Huber, Hogrefe AG, Bern 2010 Barmer GEK „Psychische Erkrankung am Arbeitsplatz“ Broschüre, Berlin 2014 Bandelow, Borwin.: „Wenn die Seele leidet“ Rowohlt, Hamburg, 2011 Unger, H.-P.: „Das hält keiner bis zur Rente durch“ Kösel Verlag; München, 2015 BKK Bundesverband: Psychisch krank im Job. Was tun? Broschüre, Essen, 2006 Bauer, J..: „Arbeit – Warum unser Glück von ihr abhängt und wie sie uns krank macht“ Blessing Verlag, München, 2013 19.10.2016 80 Burnout und Depression Referent: Heinz-Willi Lahme Johannesbad Kliniken Fredeburg Zu den drei Buchen 2 57392 Bad Fredeburg Mail: [email protected] Tel.: 02974/73-2014 Mobil: 0170/43 31 794 www.fachklinken-badfredurg.de 19.10.2016 81