Depressionen im Alter ist der Zug abgefahren? Vortrag im Rahmen des update am Dienstag, 21.November 2006 Dr. med. A. Schmid FMH Innere Medizin Psychosomatische und Psychosoziale Medizin APPM Leitender Arzt Klinik Schützen Rheinfelden Ch. Niesen med. prakt. Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Ambulatorium Klinik Schützen Rheinfelden Inhalt 1. Einleitung 2. Einige Gedanken zum Alter 3. Die Diagnose der Depression 4. Sind Depressionen im Alter anders? Depressionen • Häufige Krankheiten • Hohe Morbidität • Nicht zu unterschätzende Mortalität • Werden oft nicht diagnostiziert • Die Patienten haben Mühe die Diagnose zu akzeptieren • Depressionen bei älteren Menschen sind nicht häufiger als bei jungen, aber die Zahl der alten Menschen ist zunehmend • Die Prognose ist gut • Die anerkannten psychotherapeutischen Verfahren, mit gewissen Modifikationen sind wirksam • Wie auch Antidepressiva • Das ärztliche Gespräch ist ein wichtiges Glied der Behandlung Psychotherapie im Alter ist möglich, sinnvoll und notwendig Wann ist der Mensch alt, was macht den Menschen alt? • In Fachkreisen 65 Jahren als Grenze • Alte Junge und junge Alte • Sehr grosse individuelle Unterschiede • „belle epoque“ Einschränkungen, Krankheiten und Verluste Altern ist ein individueller Prozess • Entwicklungsfähigkeit bleibt auf vielen Gebieten erhalten • Sehr grosse individuelle Variabilität Macht älter werden depressiv? Alter alleine macht nicht depressiv! Das Gefühl vieler alter Menschen nicht mehr gebraucht zu werden Kann eine Sinnkrise oder Depression führen Die Diagnose der Depression • Gemäss ICD 10 gehören die Depressionen zu den affektiven Störungen (F30-F39) • Die Mehrheit dieser Störungen tendieren zum wiederholten Auftreten • Der Beginn einer einzelnen Episode steht oft im Zusammenhang mit belastenden Ereignissen oder Situationen. Hauptsymptome: – eine Veränderung der Stimmung – Veränderung des allgemeinen Aktivitätsniveaus Die depressive Episode • Gedrückte Stimmung • Interessenverlust • Freudlosigkeit • Verminderung des Antriebes • Eine erhöhte Ermüdbarkeit • Eine Aktivitätseinschränkung Weitere häufig vorkommende Symptome • Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit • Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen • Gefühle von Wertlosigkeit und Schuldgefühle • Negative und pessimistische Zukunftsvorstellungen • Schlafstörungen • Verminderter Appetit • Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzungen und Suizidhandlungen • Atypische Formen sind bei älteren Menschen besonders häufig – Die Aufmerksamkeit ist häufig auf quälende körperliche Symptome gerichtet • Angst kommt oft begleitend vor • Die Dauer der Symptomatik muss mindestens 2 Wochen sein Suzidalität Bei mittelschweren bis schweren depressiven Episoden sind suizidale Gedanken oder Handlungen sehr häufig Der Schweregrad der Suzidalität Î Passive Todeswünsche ÎSuizidgedanken ÎKonkrete Suizidgedanken ÎVorbereitende Handlungen Bzw. Suizidhandlungen Entscheidend ist der akute Handlungsdruck Schweregrade der Depression • Leichte, mittelgradige und schwere depressive Episode • Komplexe klinische Beurteilung – Ausprägung und Zahl der Symptome – Ausmass der noch möglichen sozialen und beruflichen Aktivität Differentialdiagnostisch müssen gerade bei älteren Menschen somatische Krankheiten in Betracht gezogen werden • Eine Demenz kann sich zuerst in der Form einer Depression manifestieren • Die Depressive Pseudodemenz Die Depression im Alter Ältere Menschen • Weniger Gefühle von Traurigkeit • Neigen dazu ihre Gefühle zu bagatellisieren • Klagen hauptsächlich über körperliche Beschwerden sowie über Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten und ziehen sich zurück Depression: Versagen und psychische Auffälligkeit, Spinnen Die normale Trauerreaktion Trauer ist ein lebendiges Grundgefühl Depression • Das Fehlen von Gefühlen der Trauer • Eine innere Leere • Sinnlosigkeit • Die Trauer erscheint blockiert Anamnesetechnik • Ältere Menschen haben oft Mühe ihre Gefühle wahrzunehmen gar sie in Worte zu kleiden • Es geht ihnen schlecht – Oft ist ihnen schlecht – Sie sind erschöpft – Sie leiden unter Nervosität oder Schlafschwierigkeiten Der Hausarzt ist wichtig Somatische Symptome der Depression in der Allgemeinpraxis Häufiges Erscheinungsbild weitere: Gelenkschmerzen 36.7% Rückenschmerzen 31.5% Kopfschmerzen 24.9% Brustschmerzen 24.6% Arm-/Beinschmerzen 24.3% Bauchschmerzen 23.6% Müdigkeit 23.6% Schwindel 23.3% - Obstipation - Gewichtsabnahme - Anorexie - Zungenbrennen Behandlung der Depression Allgemeines: • Daran denken • Vermitteln von Hoffnung • Sorgfältige, kontinuierliche Betreuung • Somatische Erkrankungen unabhängig von der Depression behandeln • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr klären • Interdisciplinäre Zusammenarbeit • Einbezug des sozialen Umfeldes • Keine Grundsätzlichen Entscheide betreffend Wohnungswechsel während einer depr. Phase • Suicidalität beachten, besonders im Alter • Comorbide Erkrankungen berücksichtigen (z.B. Angststörungen, Sucht etc.) Behandlung der Depression Allgemeines: Depressionen können auch ein Hinweis sein, auf wiederauftauchende belastende Bilder von früheren traumatischen Erfahrungen Behandlung der Depression Psychotherapie mit älteren Menschen Ältere Menschen brauchen mehr Unterstützung, Ermutigung, und Informationen um eine Psychotherapie anzufangen Behandlung der Depression Psychotherapie mit älteren Menschen Grundhaltungen • Ältere Menschen sind unverändert psychosozial und psychosexuell erfahrene Erwachsene • Sie verkörpern neben ihrer eigenen Biografie auch Zeitgeschichte • Sie sind entwicklungsfähig bis ins hohe Alter • Beim Umgang mit ihnen braucht es grossen Respekt • Zentrale Bedeutung hat die Auseinandersetzung des Behandelnden mit dem eigenen Altersbild. Behandlung der Depression Psychotherapie mit älteren Menschen • Alterbedingte Einschränkungen der Sinnesorgane berücksichtigen • Altersbedingte kognitve Veränderungen einbeziehen: – Häufig verlangsamt – Schlussfolgerndes Denken ist erschwert: Konkret zusammenfassen, ev. Nachfragen – Vermehrte Stressanfälligkeit und Verunsicherung (Respekt!) – Klagen konkretisieren, benennen Behandlung der Depression Psychotherapie mit älteren Menschen • Selbstvorwürfe begrenzen • Selbstachtung des Patienten fördern • Aktiv und gezielt auch das suchen, was gut geht und gut tut • Klagen, Beschwerden ernst nehmen Behandlung der Depression Pharmakotherapie der Depression im Alter • Grundsatz: Start low – go slow • Die Zieldosis ist gleich hoch wie bei anderen Erwachsenen, wenn nötig. • Hinweis auf mögliche Nebenwirkungen und die typische Wirklatenz Behandlung der Depression Pharmakotherapie der Depression im Alter Zur Wahl des Antidepressivums: • Kurze Halbwerts-Zeit • Wenig Interaktion mit anderen Medikamenten • Wenig anticholinerge Nebenwirkung • Evt. Darreichungsform Entscheidend ist das Nebenwirkungs-Profil Behandlung der Depression Psychotherapie mit älteren Menschen • Ressourcenorientiert: Was geht / tut gut? • Ermutigung zu kleinen Schritten • Verlangt eine bewusste bio-psycho-soziale Sicht der Situation • Wichtig ist eine Verbesserung der Selbstwirksamkeit In wenigen Sitzungen kann oft viel erreicht werden. Behandlung der Depression • • • • • Wann ist eine stationäre Behandlung indiziert: Schweregrad der Depression Schwierigkeiten bei der medikamentösen Einstellung Verbindung mit einer persönlichen Krise Grössere Konflikte oder Belastungen im Umfeld Zusätzliche Gefahr von z.B. Verwahrlosung, Gewalt, Suchtverhalten Behandlung der Depression Achtung auf Misshandlung älterer Menschen Hinweise können sein: • Verwahrlostes Aussehen • Verängstigtes oder misstrauisches Verhalten • Häufiges Weinen • Plötzliche Stimmungsschwankungen • Apathie Behandlung der Depression Wie bildet sich eine Depression zurück? • Braucht Zeit! • Hat eine eigene Dynamik • Schwierige Phase von Instabilität • Teilbereiche bessern in unterschiedlichem Tempo • Kognitive Defizite verschwinden meist zuletzt! • Trainingsphase / Rehabilitation • Besonders kritisch: Zeit nach Klinik-Austritt Behandlung der Depression Rückfallprophylaxe: • • • • • Notwendig! Löst oft Angst aus: ansprechen! Information Spezifische Erst-Symptome notieren Ausreichend lange medikamentöse Nachbehandlung • Soziales Umfeld berücksichtigen Behandlung der Depression Rückfallprophylaxe: Die antidepressive Medikation ist nur eine symptomatische keine kausale Behandlung Behandlung der Depression Behandlungs-Ziel Ist auch im Alter eine Voll-Remission! Respons ≠ Remission Behandlung der Depression Prognose Entscheidend ist das Alter der Störung und nicht das Alter des Patienten Prognose • Residualzustände können subsyndromal sein, oder aber die Kriterien einer depressiven Störung erfüllen. • Subsyndromale depressive Störungen sind jedoch subjektiv ebenfalls belastend und psychosozial beeinträchtigend • Patienten mit Residualsymptomen erleiden schneller und häufiger depressive Rückfälle und Rezidive. Klinik Schützen Rheinfelden Der Blick fürs Ganze - die Liebe zum Detail. Übersicht • Privatklinik mit 75 Betten • Spezialisiert auf Psychosomatik, Medizinische Psychotherapie • Ambulatorium Klinik Schützen in Aarau und Rheinfelden • Von allen Krankenkassen anerkannt Besonderes Privatklinik mit 75 Betten integriert in zwei wunderschöne Hotelliegenschaften mit grossem Park und Solebad Mit welcher Problematik / Diagnose kommen die PatientInnen auf Abt. 2? • • • • • • (Erschöpfungs-)Depressionen Angststörungen Psychosomatische Krankheiten Somatoforme Störungen (Schmerzproblematik) Suchtproblematik (Alkohol, Benzodiazepine etc.) Kriesensituationen Verlust von Partner, Arbeitsplatz Durchschnittsalter: 45 – 70 Jahre Aufenthaltsdauer: 4 – 6 Wochen Therapieangebot gruppenorientiertes Programm: • • • • • • • • • • • 2 x wöchentlich Einzelpsychotheraphie Fachärztliche medizinische psychosomatische Betreuung 2 x wöchentlich Gruppentherapie (fakultativ) 1 x wöchentlich Bewegungstherapie 1 x wöchentlich Angstgruppe (intern, fakultativ) Med.-pflegerische Betreuung Physiotherapie Solebad Abteilungsinterne Aktivitäten (Mittwochnachmittag) Wochenendvorschau und Tagesschau Bezugspersonensystem nur nach Bedarf Ambulantes Angebot Ambulatorium Klinik Schützen Aarau und Rheinfelden • • • • • • • • • • Depressionen Angsterkrankungen Beziehungsprobleme Anpassungsschwierigkeiten Alterspsychiatrie Traumatisierungen Psychosomatische Erkrankungen Suchterkrankungen Essstörungen Psychosen Kontakt Klinik Schützen Rheinfelden Bahnhofstrasse 19 4310 Rheinfelden T 061 836 26 26 F 061 836 26 20 [email protected] www.klinikschuetzen.ch