Langfristige Handlungsmöglichkeiten bei besonderen Belastungen

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Langfristige
Handlungsmöglichkeiten bei besonderen
Titel
Belastungen
OFA Ludger Gutsmiedl, HBtsm Aus dem Spring
Sektion Psychiatrie, Psychotraumatologie und Psychotherapie
1
Gliederung:
- Einführung in die Traumafolgestörungen
- Die besondere Situation von Flüchtlingen
- Therapiemöglichkeiten
- Handlungsmöglichkeiten für MitarbeiterInnen
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Akute Belastungsreaktion
Anpassungsstörung
Posttraumatische Belastungsstörung
Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach
Extrembelastung
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Akute Belastungsreaktion:
Belastendes Ereignis, unmittelbarer Beginn der Symptome
Oft normale Reaktion auf eine unnormale Situation
Dauer: 8 – 48 Stunden, gelegentlich bis zu 4 Wochen
Anzeichen:
Vegetativ: Herzklopfen oder erhöhter Herzschlag, Schweißausbrüche,
Händezittern, Mundtrockenheit
Psychisch: Schwindel, Unsicherheit, Schwäche, Benommenheit, Umgebung
u./o. Situation erscheint unreal, neben sich stehen, Angst vor
Kontrollverlust (ausflippen, verrückt werden), Angst zu sterben
Brustkorb und Bauch: Atembeschwerden, Beklemmungsgefühl,
Brustschmerzen, Übelkeit oder Magendruck
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Zeichen der Anspannung
Muskelverspannung
Ruhelosigkeit und Unfähigkeit zu entspannen
Gefühl des Aufgedreht seins, Nervosität,
psychischer Anspannung
Kloßgefühl im Hals oder Schluckbeschwerden
Unspezifische Symptome
Übertriebene Reaktionen auf Überraschungen oder
Erschreckt werden
Konzentrationsschwierigkeiten, Leeregefühl im Kopf
(wegen Sorge und Angst)
Anhaltende Reizbarkeit
Ein- und Durchschlafstörungen
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Anpassungsstörung:
psychosoziale Belastung (nicht katastrophal)
Beginn der Krankheitszeichen innerhalb eines Monats
Abklingen innerhalb von 6 Monaten
Vorangegangenes belastendes Ereignis mit
subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung
Behinderung sozialer Funktionen und Leistungen
Psychische Anfälligkeit spielt eine Rolle
Trauer, Trennung, Emigration, Flucht, Schulbesuch, Elternschaft,
Misserfolg, Erreichen eines ersehnten Ziels, Ruhestand
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Kurze oder länger anhaltende depressive Reaktion
Angst und Depression gemischt
Beeinträchtigung anderer Gefühle, z.B. Ärger oder Anspannung
Störung des Sozialverhalten, z.B. Aggressivität, dissoziales Verhalten
Kurz (nicht länger als einen Monat) oder länger (nicht länger als 2 Jahre)
anhaltende depressive Krankheitszeichen
Interessenverlust
Gefühllosigkeit
Schlafstörungen (Konzentrationsstörungen)
Erregung oder Erstarrung
Sozialer Rückzug
Appetitverlust
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Posttraumatische Belastungsstörung:
PTBS = Posttraumatische Belastungsstörung
PTSD = Posttraumatic Stress Disorder
Allgemeines
Ereignisse außergewöhnlicher Bedrohung oder mit
katastrophalem Ausmaß, die bei nahezu jedem tief
greifende Verzweiflung hervorrufen würden
Die Krankheitszeichen treten innerhalb von 6 Monaten
nach dem Ereignis auf
(es gibt aber auch späteres Auftreten)
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Die Häufigkeit von PTBS ist abhängig von der Art des Traumas.
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Ca. 50% Prävalenz nach Vergewaltigung
Ca. 25% Prävalenz nach anderen Gewaltverbrechen
Ca. 50% bei Kriegs-, Vertreibungs- und Foltereopfern
Ca. 10% bei Verkehrsunfallopfern
Ca. 10% bei schweren Organerkrankungen, (Herzinfarkt,
Malignome)
Die Lebenszeitprävalenz für PTBS in der Allgemeinbevölkerung mit
länderspezifischen Besonderheiten liegt zwischen 1% und 7%
(Deutschland 1,5 – 2 %). Die Prävalenz subsyndromaler Störungsbilder
ist wesentlich höher. Es besteht eine hohe Chronifizierungsneigung.
Unterstützende Faktoren:
Zwanghafte, ängstliche, depressive und abhängige Menschen
Nicht zwingend, kann aber die Schwelle zur Entwicklung senken
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Wiedererleben /Alpträume Intrusionen/ flashbacks
Vermeidungsverhalten: avoidance
Übererregung/Schreckhaftigkeit/Schlafstörungen /Reizbarkeit
/ Konzentrationsschwierigkeiten: hyperarousal
Emotionaler Stumpfheit: numbness
Sozialer Rückzug: isolation
Depression und Angst
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-85–88% der Männer und 78–80% der Frauen mit PTBS haben
komorbide psychiatrische Diagnosen
Kessler et al., 1995; Creamer et al. (2001)
-bei 87,5 % der PTBS-Patienten wird mindestens eine weitere
psychische Störung diagnostiziert
Perkonigg et al. (2000)
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Andauernde Persönlichkeitsveränderung
nach Extrembelastung:
Änderung
der Wahrnehmung, der Beziehung, des Denkens im Bezug auf die
Umgebung und sich selbst
Voraussetzung
voran gegangene Extrembelastung
Die Änderungen werden meist zuerst durch die Umgebung
wahrgenommen und beschrieben
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Feindliche und misstrauische Haltung, sozialer Rückzug
Leere und Hoffnungslosigkeit
Gesteigerte Abhängigkeit von Anderen
Unfähigkeit, negative oder aggressive Gefühle zu äußern
Depressive Stimmung
Andauerndes Gefühl von Nervosität und Bedrohung, Wachsamkeit und
Reizbarkeit
Daraus resultierend: Suchtverhalten
Gefühl der Entfremdung und emotionale Betäubung
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Allgemein
Extrembelastung in der Vergangenheit
Störung der sozialen Funktionsfähigkeit
Negative Auswirkungen auf die Umgebung
Vorher keine psychischen Störungen
Persönlichkeitsveränderung muss mindestens 2 Jahre bestehen
PTBS kann vorausgegangen sein
Kognitive Ebene:
Leere im Kopf, Konzentrationsmangel, Denkblockaden
Emotionale Ebene:
Angst, Schreck, Panik, Nervosität, Verunsicherung, Gefühlsstau, Ärger, Wut,
Gereiztheit
Vegetative und muskuläre Ebene
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Die besondere Situation von Flüchtlingen
Oft traumatische Erlebnisse im Heimatland, nicht nur abstrakt, sondern
konkret auch im Familienerleben
Verlust von wirtschaftlicher Grundlage
Zerstörung von Familienverbünden (bes. Kinder)
Aufgabe beruflicher Abhängigkeiten
Aufgabe einer finanziellen Sicherheit durch „Schleuser“
Entwurzelung
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Oft lang andauernde, körperlich zehrende und emotional belastende
Flucht
Todesangst
Keine realen Vorstellungen über neue „Heimat“ mit unrealen
Erwartungen
Mangelnde medizinische Betreuung
„Lagerleben“ mit unterschiedlichen Kulturen und auch mit konträren
ethnischen und religiösen Gruppierungen
Andauernde Verunsicherung über Zukunft mit Angst vor Abschiebung
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Unverständlicher bürokratischer Ablauf
Auflösen von Familienzugehörigkeiten (Wunschort etc.)
Erleben von Anfeindungen, Vorurteilen und Ablehnung
Unverständnis
Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen
Das alles trägt zu einer Verzweiflung bei mit akuten und chronischen
Belastungen
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Therapiemöglichkeiten:
Akute Krisenintervention
Klärung somatischer und psychischer Erkrankungen
Aufbau fester therapeutischer Bindungen
Bei Bedarf Traumatherapie (EMDR, NET, IET, VT, TP, Hypnotherapie etc.)
WICHTIG :
Auch an die Helfenden/Betreuenden denken. Hier Angebote von Beratung,
Krisenintervention, Schulung, Supervision, Therapie, Anlaufstelle einrichten
etc.
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Die MitarbeiterInnen in der Versorgung von Flüchtlingen sind ebenso
extremen Belastungen ausgesetzt. Sie finden sich in einem System von
teils chaotischen Zuständen wieder, haben eine hohe
Arbeitsbelastungen, kommen täglich mit Leid in Berührung, binden
möglicherweise emotionale Bindungen zu Betroffenen auf, können
Urteile nicht immer verstehen, sind „Prellbock“ für alle
systembedingten Komplikationen, dabei oft nicht ausreichend auf
solche Situationen geschult, haben mit Leid und Krankheit eng zu tun,
verzweifeln vielleicht selber oft am System (bei gleichzeitigem
Verständnis für ebendies), kommen sicher manchmal mit den
emotionalen (hier vor allem aggressiven und „theatralischen“)
Ausbrüchen nicht gut zurecht, suchen selber nach Hilfe und
Anlaufstellen, bringen oftmals eine sehr hohe Bereitschaft auf, sich
„über das Maß“ zu engagieren, Fehlen von Anerkennung, ggf.
Anfeindungen im privaten oder dienstlichen Umfeld usw.
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Handlungsmöglichkeiten für
MitarbeiterInnen
von
Hendrik aus dem Spring
Hauptbootsmann
Fachkraft für Leitungsaufgaben in der
Pflege,
Fachkrankenpfleger für Psychiatrie
und
Deeskalationstrainer
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Professionelles Deeskalationsmanagement
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„Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet den Arbeitgeber,
die Arbeitnehmer vor Übergriffen zu schützen“
§§ 3 bis 6 Arbeitsschutzgesetz
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Deeskalationstraining
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Aggression ist ein Mitteilungsversuch
und/ oder
Aggression ist eine Verhaltensreaktion
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Häufigkeit:
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Deeskalation:
Bedeutung:
Der Begriff der Deeskalation wird hier im Sinne von Verhinderung oder
Unterbrechung direkter Gewaltausübung in Konflikt- und Gewaltsituationen
verwendet. Es geht um die Abwendung von Schaden für die Konfliktparteien
und auch für das unmittelbare Umfeld. Mit Eskalation ist hier die stufenweise
Steigerung, Anfachung von Gewalt gemeint.
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Was ist Deeskalationstraining?
Ein didaktisch- methodisches Lehrtraining, dass mit Gruppen durchgeführt
wird.
Grundidee des Deeskalationstrainings ist, dass sich durch frühzeitige,
präventive Beschäftigung mit der Gewalt die Wahrscheinlichkeit einer der
Situation angemessenen Verhaltensweise erhöhen kann.
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Ziele dieses Trainings:
1.
2.
3.
Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit der Mitarbeiter in direkten
Gewaltsituationen
Angstfreies Arbeiten
Verbesserung der Fähigkeiten zur Früherkennung potentieller
Gewaltsituationen
- körperliche Ebene
- geistige Ebene
- emotionale Ebene
4.
5.
Verbesserung der Kommunikation und der Zusammenarbeit des Teams
Verbesserung der vorhandenen Kompetenzen
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Merke:
Bei Kunden/ Klienten/ Patienten mit:
• Psychosen
• Schizophrenie
• Intelligenzminderung
• Substanzmittelmissbrauch
• hirnorganischen Störungen
• Lebensgeschichte (lebensbedrohliche Situationen, Trauma, Angst…)
…besteht ein etwa 5-fach erhöhtes Gewaltrisiko!
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Möglicher Ablauf
Gliederung- Theorie:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Was ist Deeskalationstraining?
Stress (Stressbewältigung)
Konflikt
Gewalt/ Aggression
Konfliktverlaufsmodell (nach Breakwell 1998)
Nachsorge
Gliederung Praxis:
1.
2.
3.
4.
Grundsicherheitsregeln
Sicherheitstechniken/ Teamtechniken
Festhalte- und Transfertechniken
Fixierungen
Weitere mögliche Module:
•
Grundlagen der Kommunikation
•
Gesprächsführung in schwierigen Situationen
•
Supervision
•
Umgang mit Emotionen
!!!Körperliche Löse-, Abwehr- und Fluchttechniken stehen an letzter Stelle!!!
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Wie gehe ich mit Stress um (richtig abschalten)
• Entspannungsmethoden
• Traumreisen
• PMR
• AT
• Meditation
• Qi- Gong,…
• Sport
• Aktivitäten, Wandern
• Zeitmanagement
• Pausen
• ausreichend Schlafen
• gesunde Ernährung
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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit
Noch Fragen?
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