SEMINAR Somatische Beschwerden / Symptome bei Depressionen Univ. Prof. DDr. Josef Zeitlhofer Körperliche Beschwerden , wie auch neurologische Symptome werden vom Patienten in der Psychotherapie oft in den Vordergrund gestellt, obwohl eine endogene(z.B. Depression) oder eine psychogene Genese offensichtlich ist. Die gilt insbesondere für somatische Beschwerden bei Depressionen – für den Therapeuten ist die Differenzierung (Abgrenzung) eines tatsächlich körperlichen Anteils vom Psychischen entscheidend. Körperliche Beschwerden und Schmerzen sind ein integraler Bestandteil der Depression. 70% der Patienten mit Depressionen (Simon et al, N Engl J. Med. 1999) suchen primär ihren Hausarzt aufgrund körperlicher Symptome (Rücken-, Kopf- und Nackenschmerzen, Erschöpfung, Schwindel und Benommenheit) auf; die Depression steht im Hintergrund und ist auch sozial stigmatisiert. Bei der Depression spielen dieselben Transmittersysteme eine Rolle, die auch bei der Schmerzhemmung involviert sind. Bei der Depression liegt möglicherweise ein verändertes Schmerzempfinden vor. Depressive Patienten mit Schmerzen reagieren auf duale Antidepressiva (SerotoninNoradrenalin-Reuptake-Hemmer) besser als auch selektive Serotonin-Reuptake-Hemmer. Die Behandlung mit dualen Antidepressiva führt zu einer signifikanten Besserung der Depression und der Schmerzen im Vergleich zum Plazebo (Brecht, J Clin Psychiatry 2007). Körperliche Symptome sollten als integraler Bestandteil einer Depression ernst genommen werden, in der Therapie muss eine rasche Linderung der körperlichen und seelischen Beschwerden angestrebt werden. Somatische Symptome der Depression sind in vielen Ländern häufig, ihre Frequenz variiert je nach der Definition und der kulturellen Zuordnung; psychologische Symptome werden tendenziell verleugnet. Dazu zählen diagnostische Kriterien für Depression wie psychologische Faktoren (gedrückte Stimmung, Interessensverlust, Konzentrationsverminderung, Gefühl der Wertlosigkeit oder der Schuld, Suizidideen) oder körperliche Symptome (Schlaflosigkeit oder vermehrtes Schlafbedürfnis, Änderungen im Gewicht oder Appetit, Müdigkeit, Zu- oder Abnahme der psychomotorischen Aktiviertheit). Es wurden viele Anstrengungen unternommen, um die Wichtigkeit soziokultureller Einflüsse zu erkennen und für die Therapie nutzbar zu machen. In der Psychotherapie ist es von besonderer Bedeutung, diese Faktoren wahrzunehmen und von den somatischen Faktoren einer endogenen Depression zu differenzieren/abzugrenzen. Der Schwerpunkt dieses Seminars ist es, den Studierenden Hilfsmittel für das Erkennen neurologischer Symptome in der Psychotherapie zu vermitteln und die Beobachtungsfähigkeit zu verbessern. Im Weiteren werden auch somatische Therapiemöglichkeiten erörtert und psychologische Maßnahmen diskutiert. Ein spezieller Aspekt ist das Zusammenspiel psychischer und somatischer Faktoren bei einzelnen Krankheitsbildern. Die Teilnehmer sollen auch Information über einfache diagnostische Schritte bekommen und praktisch in der Beobachtung (Wahrnehmung von Symptomen) trainiert werden.