Uraufführung Wihad Suleiman Anna Polke Dunja Dogmani, Khater Dawa Janna Horstmann, Hartmut Stanke Medea heute Der Mythos von Medea ist uralt. Schon Homer und Hesiod sprechen von jener „Medea mit den schönen Knöcheln“, die ihre eigenen Kinder getötet hatte. Aber weder ihre Schönheit noch diese Morde hatten Medea berühmt gemacht. Was also war das erschreckend Unvergleichliche an der Tragödie von Medea? Schon ihr Name, der ‚die Nachdenkende’ bedeutet, verrät es. Und Medea sagt es selber: „Ich erkenne das Grauenvolle, das ich zu tun gedenke.“ Heute nennt man das in der Psychologie das MedeaPrinzip: Eine Person kann durchaus gegen ihr besseres Wissen handeln, das ihr im Augenblick der Tat auch völlig bewusst ist, aber nur dann, wenn „an alien force“, eine fremde Macht, ihren Willen überwältigt und diese Person ohnmächtig hellsichtig handeln lässt. Aber was ist das, was Medeas leidenschaft- lichen Zorn, obwohl sie ihn erkennt, gewaltsam zum Mord an den eigenen Kindern treibt? Was ist diese fremde Macht? gemach zurückgezogen hat, um dort ihr Leben und ihre Tränen zu verschwenden. Da sitzt also Medea. Ihre Würde ist beschmutzt, sie brennt vor Enttäuschung.“ In Oberhausen bringt die syrische Dramatikerin und Regisseurin Wihad Suleiman ihre Medea zur Uraufführung. Wie wird diese Medea aussehen? Und: Was ist die fremde Macht, der sich diese Medea unter­ werfen muss? – Wir befinden uns im Haus von Medea, und die Amme ihrer Kinder berichtet uns betrübt über die gegenwärtige Situation: Nachdem Medea aus Liebe zu Jason ihren Vater verraten und ihren Bruder ermordet hatte, mussten die beiden fliehen. Bei Kreon hatten sie mit ihren zwei Söhnen Asyl gefunden. Aber jetzt hat Jason Medea verlassen und Kreons junge Tochter geheiratet. „Jason liegt selig im Ehebett in den Armen von Kreons Tochter, während meine Herrin sich in ihr Schlaf­ Dann kommt es noch schlimmer, denn Kreon scheucht sie brutal in ihrer Traurigkeit auf: „Du hast das Land zu verlassen. Sofort.“ Und er hat gute Gründe dafür: „Täglich hast du uns gedroht, Medea, wir würden es noch bereuen, dich aus dem Ehebett verdrängt zu haben. Ich weiß genau, dass dich absolut nichts abbringen wird, Rache zu üben.“ Er weiß, wovon er redet: „Du erwartest doch nicht etwa, dass ich jemandem vertraue, der den Vater verraten und den Bruder umgebracht hat?“ Aber plötzlich fällt noch einmal ein helles Hoffnungslicht in das dunkle Schicksal Medeas. Dem vorbeirei- Peter Waros Janna Horstmann, Omar El-Saeidi Omar El-Saeidi senden Aigeus kann Medea ein rettendes Geschäft anbieten. Sie, die sich in medizinischen Dingen auskennt, verspricht ihm eine Nachkommenschaft von Söhnen, welche die Aigeus-Dynastie sichern könnten. Dagegen verspricht er ihr Schutz in seinem Land. Der Deal ist perfekt. Oder besser gesagt: Der Deal wäre perfekt. Aber dann kommt es zur Katastrophe. Im schönen Schein eines Versöhnungs-Dinners kommt Jason zur freundlich gestimmten Medea. Froh, erleichtert, dass sie endlich wieder klar denken könne. Jason argumentiert sehr rational, sehr pragmatisch. Seine Verbindung mit Kreons Tochter sichert doch seine Stellung bei Kreon. Damit aber auch – und um die muss es ja wohl hauptsächlich gehen – das Wohl ihrer beiden Söhne, denen nun eine geschützte Zukunft an der Seite der Kinder entgegenblüht, die Kreons Tochter ihm schenken wird. Was hätten ihre Söhne denn sonst für eine Alternative? Irgendwo in der Fremde als Fremde aufzuwachsen? Zu labilen Persönlichkeiten zu werden? Und Jason hat natürlich recht, oder? Drei Gespenster bedrohen die menschliche Seele: die Reue, die Angst und die Rache. Bereut es Medea nicht bitter, für diesen Jason ihre Heimat verlassen zu haben? Hat sie nicht panische Angst um das Wohl ihrer Kinder? „Oh geliebteste Hand“, sagt sie im Augenblick ihrer innersten Wahrheit, „und mir geliebtestes Haupt und Gestalt und edles Gesicht meiner Kinder. Mögt ihr glücklich werden.“ – Vieles bewirken die Götter unverhofft. Was man erwartet, ereignet sich nicht. Für das Unerwartete findet Gott einen Weg. Tilman Raabke Janna Horstmann, Omar El-Saeidi Uraufführung Medea Wihad Suleiman Mit Janna Horstmann (Medea) Omar El-Saeidi (Jason) Hartmut Stanke (Kreon) Peter Waros (Aigeus) Anna Polke (Amme) Dunja Dogmani, Khater Dawa (Chor) Regie Wihad Suleiman Bühne, Kostüme Reem Helou Musik Khater Dawa Dramaturgie Rolf C. Hemke, Tilman Raabke Regieassistenz, Abendspielleitung, Dolmetscher Christopher-Fares Köhler Regiehospitanz Greta Stauch, Finn Ostermann Bühnenbildassistenz Nadine Nebel Kostümassistenz Marina Sell Cajueiro Technischer Direktor Bodo van Husen Licht Stefan Meik Ton Simon Vieth Bühnenmeister Rainer Vermöhlen Maske Thomas Müller Werkstätten Andreas Parker Gewandmeisterei Daphne Kitschen Requisite Judith Bayer, Roman Firgau, Sarah Haas Inspizienz Stephanie Simons Soufflage Markus Henkel Premiere am 17.02.2017 im Großen Haus Dauer ca. 1 Stunde, 30 Minuten. Keine Pause Theater Oberhausen Spielzeit 16 / 17, Nr. 6 Will-Quadflieg-Platz 1 46045 Oberhausen Telefon: 0208/85 78 - 184 Telefax: 0208/800 703 [email protected] Intendant Peter Carp Redaktion Tilman Raabke Design Benning, Gluth & Partner, Oberhausen Fotos Axel J. Scherer Druck Walter Perspektiven www.theater- oberhausen.de