Empfehlungen für Patienten in Aplasie

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Empfehlungen für Patienten in Aplasie
Einleitung
Bei Patienten, die aufgrund einer Tumorerkrankung oder Leukämie eine Chemotherapie
erhalten, besteht häufig eine vorübergehende Störung der Blutbildung. Diese Phase wird
Aplasiephase oder auch Neutropenie genannt. Insbesondere die verminderte Bildung
weißer Blutzellen (Leukozyten) führt zu einer erhöhten Infektionsgefahr. Solche
Infektionen bedeuten manchmal einen verlängerten Aufenthalt im Krankenhaus und eine
Verzögerung der folgenden Chemotherapien. Durch besondere Vorsichtsmaßnahmen
und Verhaltensregeln soll die Gefahr einer Infektion verringert werden.
Wann muss ich mich an diese Empfehlungen halten?
Wir raten grundsätzlich, unsere Empfehlungen während der gesamten Therapiephase
einzuhalten, also auch zwischen den einzelnen Chemotherapiezyklen. Fragen Sie im
Zweifelsfall Ihren behandelnden Arzt, ob diese Empfehlungen für Sie zutreffen. Die
Empfehlungen sind allgemein gehalten und stellen mit wenigen Ausnahmen keine
wesentliche Einschränkung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten dar.
Allgemeine Empfehlungen
Grundsätzlich sollten alle Einschränkungen gut begründet sein, so dass die ohnehin
schon durch die Erkrankung verminderte Lebensqualität nicht durch Maßnahmen
weiter eingeschränkt wird, die nicht erwiesen sind. Zu den sinnvollen
Einschränkungen gehören:


das Verbot von Topfpflanzen im Zimmer
die Pflicht zur Händedesinfektion vor Betreten des Zimmers
Alle anderen in der Vergangenheit oft praktizierten Maßnahmen wie Umkehrisolation,
Aplasiekost, Mundschutz, Hautwaschungen etc. sind ohne jede Evidenz und
verschlechtern die Lebensqualität der Patienten.
Ernährung
Lange Zeit war es an vielen Kliniken üblich, zur Vermeidung von Infektionen während der
Aplasiephase strenge Ernährungsregeln vorzuschreiben, die Aplasiekost. Der
Grundstein für die Aplasiekost wurde in den 60er Jahren gelegt. Häufige und schwere
Infektionen bei Patienten in Aplasie nach Chemotherapie veranlassten eine intensive
Suche nach den Quellen der Erreger. Der Nachweis von Bakterien und Pilzen in
Nahrungsmitteln führte zur Vermeidung von bedenklichen Speisen und Zubereitungen,
die Infektionen verhindern sollte. Diese Regeln sind aus heutiger Sicht nicht mehr
sinnvoll. Das Wissen um die Infektionen bei immungeschwächten Patienten hat sich
vervielfacht: So wissen wir heute, dass Infektionen meist von den üblichen Bakterien der
Haut, der Atemwege und des Darms ausgehen und nicht aus unserer Umgebung oder
Nahrung stammen. Und kommt es doch zu einer Infektion, sind die heutigen
Behandlungsmöglichkeiten sehr viel besser als vor 40 Jahren.
Aplasiekost ist oft gleichbedeutend mit zerkochtem Essen ohne frische Beilagen, arm an
Geschmack, Vitaminen und Spurenelementen. Gerade in der Aplasiephase ist der
Stoffwechsel des Körpers aber besonders aktiv; hier werden die Nährstoffe dringend
benötigt. Das Fehlen von Vitaminen in Ermangelung von frischem Obst und Gemüse
können eine weitere Schwächung des Immunsystems bewirken. Ein attraktiveres
Essensangebot kann helfen, die nach einer Chemotherapie häufig vorhandene
Appetitlosigkeit zu überwinden. Insbesondere gilt:
1. Rohes Gemüse, Nüsse und frische Früchte dürfen unter Beachtung der unten
angegebenen Vorsichtsmaßnahmen verzehrt werden.
2. Es bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen den auswärtigen Verzehr von
Lebensmitteln in Restaurants oder Kiosks.
3. Es müssen nicht alle Nahrungsmittel bei 100°C durchgekocht werden.
4. Gereifte Käse inkl. Schimmelkäse können bedenkenlos verzehrt werden.
Checkliste: Ernährung während der Aplasiezeit
Einkaufen
Keine Waren mit beschädigter Verpackung erstehen.
Keine Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verwenden.
Milchprodukte und Säfte sollten pasteurisiert sein.
Gekühlte Produkte sollten zuletzt in den Einkaufswagen gelegt und schnell in einen
Kühlschrank überführt werden.
Roher Fisch und rohes Fleisch sollten in einer dichten Verpackung gelagert werden, damit
kein Fleischsaft andere Nahrungsmittel verunreinigen kann.
Lagerung
Die Temperatur im Kühlschrank sollte bei 4°C, in der Tiefkühltruhe bei -18°C liegen.
Hackfleisch soll am Einkaufstag, Fisch und Geflügel sollten innerhalb von 2 Tagen gekocht
oder eingefroren werden; anderes Fleisch von Rind, Schwein, Lamm oder Kalb innerhalb von
3 bis 5 Tagen.
Zubereitung
Hände mit heißem Wasser und Seife vor der Zubereitung und dem Verzehr waschen.
Hände vor und nach der Handhabung von rohem Fleisch, Geflügel oder Fisch waschen.
Rohes Fleisch, Fisch und Geflügel vor dem Kochen nicht mit anderen Lebensmitteln in
Kontakt bringen. Bei der Zubereitung von Fleisch verwendete Utensilien (Messer,
Schneidbretter) vor der Weiterverwendung abwaschen.
Schneideunterlagen gründlich reinigen, am besten desinfizieren.
Küchenhandtücher regelmäßig wechseln.
Frische Früchte und Gemüse vor dem Verzehr unter laufendem kaltem Wasser abwaschen.
Kartoffeln und Möhren mit einer Küchenbürste schrubben, wenn sie mit Schale verzehrt
werden sollen. Faule Stellen von Früchten oder Gemüse sollten vor dem Verzehr mit einem
Messer entfernt werden.
Kochen
Eier sollten vor dem Verzehr hart gekocht werden.
Geflügel sollte immer gründlich durchgebraten / gekocht werden. Geflügel ist ausreichend
gekocht, wenn der Fleischsaft klar und die Schnittfläche weiß ist.
Fisch sollte gekocht werden, bis er nicht mehr glasig bzw. weiß und flockig ist.
Hackfleisch sollte immer gründlich durchgebraten / gekocht werden. Hackfleisch ist
ausreichend gekocht, wenn es auf der Innenseite braun ist.
Anrichtung
Warmes Essen sollte warm bleiben und Kaltes kalt. Speisen sollten innerhalb von 2 Stunden
nach Zubereitung verzehrt werden, wenn diese Regeln nicht eingehalten werden können.
Essensreste sollten innerhalb von 4 Tagen verzehrt werden
Fragen?
Das Pflegeteam und die behandelnden Ärzte sind kompetente Ansprechpartner für Ihre
Fragen. Bitte wenden Sie sich jederzeit an uns.
Annette Chrzanowski
Prof. Dr. A. Josting
Stand 07/2008
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