Laborgemeinschaft Institut für medizinische & molekulare Diagnostik AG. Zürich Info Varizella-Zoster Virus VZV 1. Bedeutung Das Varizella-Zoster Virus VZV gehört zusammen mit den beiden Herpes simplex Viren HSV1 und HSV2 zur Gruppe der Alphaherpesviren. Obwohl VZV und HSV vieles gemeinsam haben, unterscheiden sie sich in wichtigen Punkten. So tritt bei einer VZV Neuinfektion immer eine virämische Phase auf. Das Agens ist extrem kontagiös, sogar durch die Luft übertragbar, weshalb die Erkrankung auch Windpocken heisst. VZV repliziert sich langsamer als HSV und weist auch eine höhere Wirtsspezifität auf. Die Primärinfektion findet als so genannte Varizellen normalerweise im Kindesalter statt. Nach durchschnittlich 14 Tagen Inkubationszeit tritt das charakteristische, fieberhafte, generalisierte, juckende Exanthem auf, bei welchem die Hauteffloreszenzen infolge schubweisen Verlaufs gleichzeitig in verschiedenen Stadien (Papeln, Bläschen, Krusten) vorliegen. Bei klassischer Ausprägung kann die Diagnose klinisch gestellt werden. Der Verlauf ist im allgemeinen benigne. Die wichtigsten Komplikationen von Varizellen sind Encephalitis und Pneumonie, die bei Erwachsenen, Neugeborenen und Immunkompromittierten häufiger beobachtet werden. Eine ZNS-Beteiligung kommt bei Kindern nur in 1 von 1000 Fällen vor. VZV verbleibt anschliessend latent in Spinalganglien und kann unter Umständen reaktiviert werden. Die Latenz von VZV ist noch wenig untersucht, es ist aber klar, dass sie sich von jener von HSV unterscheidet [1,2]. Die Reaktivierung manifestiert sich als Herpes zoster. Dieser ist gekennzeichnet durch ein akut auftretendes, schmerzhaftes, einseitig im Innervationsgebiet eines sensorischen Ganglions (Dermatom) lokalisiertes, bläschenförmiges Exanthem, am häufigsten im Thoraxbereich als Gürtelrose, in 10% der Fälle aber auch im Kranialbereich als Zoster ophthalmicus (Auge), Zoster oticus (Ohr) und in anderen Körperregionen. Im Gegensatz zu HSV sind nicht neurale Irritationen, sondern allgemeine Immunabwehr-schwäche oder nachlassende VZV-spezifische Immunität für die Reaktivation des Virus verantwortlich. Die häufigste Komplikation ist die sehr schmerzhafte, postherpetische Neuralgie, die monatelang bestehen bleiben kann. Der Zoster tritt grösstenteils zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr auf. Herpes zoster in jüngeren Jahren kann ein Hinweis auf reduzierte Abwehr im Rahmen einer HIV Infektion sein [1,2]. Varizellen in der Schwangerschaft sind wegen der frühzeitigen, hohen Durchseuchung mit VZV von >90% sehr selten. Auf zwei möglichen Wegen kann das Kind gefährdet werden: einerseits durch diaplazentare Infektion, die das kongenitale VarizellenSyndrom verursacht. Das Risiko einer Infektion des Foeten bei Varizellen der Mutter liegt bei 1% bis zur 20. Schwangerschaftswoche (SSW), am höchsten ist es mit 2% zwischen der 13. und 20. SSW; andererseits die perinatale Infektion, die das Kind betrifft, ehe die Mutter Antikörper bilden und an das Kind weitergeben konnte [3]. WebSite www.lg1.ch Literatur All Content Copyright© LG1 Oktober 2002 1 2. Nachweismethoden Die Elektronenmikroskopie ist zu wenig empfindlich. Die Kultur gilt demnach als wichtiges Nachweisverfahren, sie benötigt aber im Vergleich zu HSV wesentlich mehr Zeit. Auch ist VZV deutlich labiler als HSV, z. B. gegenüber Temperaturschwankungen, was die Kultur unsicherer macht [1-3]. Die Serologie bei VZV-Infektionen ist mit derjenigen von HSV zu vergleichen. Für die Erstinfektion ist sie zuverlässig, weniger allerdings für die Reaktivation, es sei denn, man setze dafür die KBR ein. Der Nachweis von VZV DNA mittels PCR wird bereits seit geraumer Zeit an verschiedenen Patientenproben mit Erfolg angewendet und gilt heute als Methode der Wahl [1,4-6]. Sie weist gegenüber der Kultur bei allen durch VZV verursachten Syndromen eine erheblich höhere Sensitivität auf. Bei der Varizellen-Encephalitis ermöglicht einzig die PCR die Diagnose [7,8]. Weitere Vorteile der PCR sind der unproblematische Probentransport und das rasche Vorliegen des Resultates (24 Stunden) [4-8]. 3. Prophylaxe und Therapie Eine Varizellen-Prophylaxe kommt vor allem für tumor- und leukämiekranke Kinder und, unter bestimmten Voraussetzungen, für das Neugeborene oder die Schwangere in Betracht. Der Nutzen der postexponentiellen, passiven Immunisierung mit humanem VZV-Immunglobulin wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Seit einiger Zeit steht nun ein attenuierter Virus-Stamm (Oka Stamm) zur aktiven Immunisierung zur Verfügung; sein Einsatz ist jedoch umstritten. Schwangere dürfen nicht aktiv geimpft werden. Therapeutika sind die Guanosin Analoge Acyclovir, Famciclovir und Valacyclovir, die vor allem beim Zoster eingesetzt werden. In besonderen Fällen kann es angezeigt sein, diese Medikamente auch im Sinne einer Chemoprophylaxe einzusetzen [2,9]. 4. Untersuchungsmaterialien Folgende Materialien sind für eine Untersuchung auf Varizella-Zoster-Virus geeignet: Liquor Augenabstrich Urethral- oder Zervikalabstrich Bläscheninhalt Abstrich von Erosion oder Ulceration Biopsiematerial Literatur [1] A.C. Minson. Alphaherpesviruses: Herpes simplex and Varicella-zoster, p. 325-338, Vol. 1. In: Topley & Wilson’s Microbiology and Microbial Infections, 9th edition. L. Collier, A. Balows, M. Sussmann (ed.). Arnold, London 1998. [2] P.A. Brunell. Transmission, clinical features, and diagnosis of varicella and zoster, p. 924-926. In: J.L. Cohen, moderator. Recent advances in varicella-zoster virus infection. Ann. Intern. Med. 1999, 130:922-932. [3] G. Enders. Viral infections of the fetus and neonate, other than rubella, p. 873-915, Vol. 1. In: Topley & Wilson‘s Microbiology and Microbial Infections, 9th edition. L. Collier, A. Balows, M. Sussmann (ed.). Arnold, London 1998. [4] E. Puchhammer-Stöckl, T. Popow-Kraupp, F.X. Heinz, C.W. Mandl, C. Kunz. Detection of varicella-zoster virus DNA by polymerase chain reaction in the cerebrospinal fluid of patients suffering from neurological complications associated with chicken pox or herpes zoster. J. Clin. Microbiol. 1991, 29:1513-1516. [5] D. Dlugosch, A.M. Eis-Hubinger, J.P. Kleim, R. Kaiser, E. Bierhoff, K.E. Schneweis. Diagnosis of acute and latent varicella-zoster virus infections using the polymerase chain reaction. J. Med. Virol. 1991, 35:136-141. [6] C.M. Koropchak, G. Graham, J. Palmer, M. Winsberg, S.F. Ting, M. Wallace, C.G. Prober, A.M. Arvin. Investigation of varicella-zoster virus infection by polymerase chain reaction in the immunocompetent host with acute varicella. J. Infect. Dis. 1991, 163:1016-1022. [7] J.M. Echevarria, I. Casas, A. Tenorio, F. de Ory, P. Martinez-Martin. 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