Kapitel 1 Einführung Themen in Kapitel 1 Gegenstand der Mikroökonomik Methoden der Mikroökonomik Was ist ein Markt? Markttypen Nominale und reale Preise, Preisindex Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 2 1.1 Gegenstand der Mikroökonomik Gegenstand der Mikroökonomik: Entscheidung einzelner Wirtschaftssubjekte über die Verwendung knapper Ressourcen Koordination dieser Entscheidungen Knappe Ressourcen: natürliche Ressourcen produzierte Güter Produktionsfaktoren: Arbeit, Kapital, Wissen Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 3 1.1 Gegenstand der Mikroökonomik Ergebnis dieser Koordination heißt Allokation Allokation ist die Zuordnung der knappen Ressourcen zu den produktiven und konsumtiven Verwendungen Koordinationsinstitutionen: Markt, gesellschaftliche Institution des Tausches Bürokratie Windhundverfahren Regelsysteme wie: “Alte Leute dürfen sitzen” Warteschlangen, Recht des Stärkeren, … Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 4 1.1 Gegenstand der Mikroökonomik Entscheidung privater Haushalte: Wahl konsumierter Gütermengen bei knappem Budget; Tradeoff: mehr Rotwein, weniger Mikrobücher Wahl von Arbeit, Freizeit, Bildung, Schlaf bei knappem Zeitbudget; Tradeoff: Mehr Freizeit, weniger Mikro, … Wahl des Zeitpunktes des Konsums; Tradeoff: mehr Konsum heute ( = weniger sparen), weniger Konsum in Zukunft. Wahl des Risikos; Tradeoff: höhere Ertragserwartung, aber auch mehr Risiko (z.B. Aktien versus Bundesanleihen; Vollkasko versus Teilkasko) Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 5 1.1 Gegenstand der Mikroökonomik Entscheidung der Firmen: Wahl des Outputsortiments Festlegung der Preise, sofern die Firma Marktmacht hat; Tradeoff: höherer Preis, weniger Absatz Wahl der Outputqualität; Tradeoff: mehr Qualität und damit erzielbarer Preis, aber auch höhere Kosten Wahl der zu verwendenden Inputs; Tradeoff z.B.: weniger Arbeit, mehr Kapital Entscheidung über die Höhe der Investition: heute weniger Investitionsausgaben, in Zukunft weniger Cashflow Wahl des Risikos Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 6 1.1 Gegenstand der Mikroökonomik Entscheidungen betreffen nicht allein Güter (goods), Dinge für die gilt “mehr ist besser”, sondern auch Übel (bads), Dinge für die gilt “mehr ist schlechter”, z.B. CO2-Emission. Tradeoff: Produktion von mehr Gütern, aber auch mehr Übeln Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 7 1.1 Gegenstand der Mikroökonomik Koordinationsinstitutionen, Beispiele Staatsbürokratie: Verteidigung, Bildung, Gesundheit, Alterssicherung Einnahmen und Ausgaben des Staates in der Abgrenzung des ESVG 95 1 Mrd. EUR Gegenstand der Nachweisung 2006 2007 2008 Einnahmen Steuern Sozialbeiträge ... Ausgaben Arbeitnehmerentgelt Soziale Sachleistungen Monetäre Sozialleistungen 1 016,37 530,54 399,85 1 065,93 576,30 399,87 1 091,05 593,23 407,82 1 052,29 167,45 1 070,09 167,95 1 094,38 171,45 171,75 178,31 185,72 426,17 418,37 421,19 BIP 2008: 2492 Mrd. EUR =2,5•1012 EUR ... Warteschlangen: Studienplätze, Durchfahrten durch den Elbtunnel Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 8 1.2 Methoden der Mikroökonomik Theorie = Studium von Modellen Modell = vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit mathematisch, z.B. in form eines Systems algebraischer Gleichungen (Statik) oder Differential- oder Differenzengleichungen (Dynamik) grafisch: “Kurvenschieben”, Betrachtung von Tangential- oder Schnittpunkten und Flächen unter bzw. links der Kurven verbal: “Betrachte eine Ökonomie, bestehend aus Herrn A und Frau B, ….” Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 9 1.2 Methoden der Mikroökonomik Bei der Formulierung von Modellen trifft man vereinfachende Annahmen Typische Annahmen in diesem Kurs: Firmen maximieren ihren Gewinn unter den Restriktionen technologische Möglichkeiten Bedingungen des Marktes: Gegebene Preise oder gegebene Preis-Absatz- und PreisBeschaffungsfunktionen Firmen sind über die Zielfunktion und die Restriktionen vollständig informiert Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 10 1.2 Methoden der Mikroökonomik Typische Annahmen in diesem Kurs (Forts.): Haushalte maximieren ihren Nutzen unter der Budgetrestriktion, d.h. entscheiden so, dass unter ihrer Budgetrestriktion keine realisierbare Alternative existiert, die sie strikt vorziehen würden Haushalte sind über ihr Einkommen, die herrschenden Preise und die Qualität der Güter vollständig informiert Haushalte verhalten sich in bestimmtem Sinne konsistent (dazu später) Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 11 1.2 Methoden der Mikroökonomik Jede Annahme führt zur Abweichung der Theorie von der Wirklichkeit. Theorien ohne Annahmen führen nicht zu mehr Realitätsnähe, sondern zum Unverständnis. Ob die Annahmen akzeptabel oder zu verwerfen sind, entscheidet sich danach, ob die Theorie prognosetauglich ist. Prognosetauglichkeit wird im empirischen Test entschieden. Eine Theorie ist aussageleer (also keine wirkliche Theorie), wenn sie nicht an Daten scheitern könnte. Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 12 1.2 Methoden der Mikroökonomik Theorie wird verwendet für positive und normative Analyse. Positive Analyse antwortet auf die Frage: “Was passiert, wenn …?” Z.B.: Wie reagiert der Preis für landwirtschaftliche Fläche, wenn die Mindestvergütung für Strom aus Biomasse nach & 5 EEG um 10 Cent pro Kilowattstunde erhöht wird? Z.B.: Wie ändern sich produzierte und konsumierte Mengen von Schuhen sowie Schuhpreise in Vietnam und der EU, wenn die EU einen Strafzoll für Schuhimporte aus Vietnam von x Prozent erhebt? Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 13 1.2 Methoden der Mikroökonomik Normative Analyse antwortet auf die Frage: “Was sollte man tun, wenn man ein gegebenes Ziel anstrebt, z.B. das Ziel der Pareto-Effizienz?” Z.B.: “Ein Land, das keinen Einfluss auf die Weltmarktpreise hat, sollte unter Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz alle Zölle und Importbeschränkungen abschaffen, wenn es den größtmöglichen Verteilungsspielraum realisieren möchte.” Merke: Jede normative Aussage setzt ein Zielkriterium voraus! Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 14 1.3 Was ist ein Markt? Ein Markt ist ein (geographisch oder virtuell) definierter Bereich, in dem Käufer und Verkäufer interagieren, um Preise zu bestimmen und Tauschverträge zu schließen. Organisierte Märkte: Preisfestsetzung und Vertragsabschluss nach festen Regeln unter Einsatz eines (menschlichen oder maschinellen) Mittlers; Börsen, Auktionen Unorganisierte Märkte: z.B. Markt für Mitfahrten auf dem SH-Ticket. Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 15 1.3 Was ist ein Markt? Die Grenzen eines Marktes bestimmen seine Reichweite geographisch: Immobilien in München und Kiel werden auf verschiedenen Märkten gehandelt; Immobilien in Flintbeck und Kiel werden auf demselben Markt gehandelt. hinsichtlich der Art der Produkte: Markt für Kleinwagen, Markt für Offroader, … Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 16 1.3 Was ist ein Markt? Märkte lassen sich nicht scharf abgrenzen. Das ist ein Problem, wenn das Bundeskartellamt zu entscheiden hat, ob es eine Unternehmensübernahme z.B. im Lebensmitteleinzelhandel verhindern muss wegen Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung. Was ist der relevante Markt, Anteile an welchem Markt sollen zu Grunde gelegt werden? Im genannten Fall ist es auf der Absatzseite der „Lebensmitteleinzelhandel“. Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 17 1.4 Markttypen Märkte werden unterschieden nach der Anzahl der Teilnehmer auf beiden Seiten Zähle: Mono…= 1, Duo…= 2 (oder Dyo…), Oligo…= einige, Poly…= viele Anbieterseite: …pol; Nachfragerseite: …pson Polypol-Polypson (kurz: Polypol) Monopol-Polypson (kurz: Monopol) Monopol-Monopson (kurz: bilaterales Monopol) Oligopol-Polypson (kurz: Oligopol) Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 18 1.4 Markttypen Märkte werden weiterhin unterschieden nach der Vollkommenheit der Information; auf Märkten mit asymmetrischer Information kennt nur der Verkäufer das Gut (Katze-im-SackMärkte, “Zitronenmärkte”, Märkte für Diplomkaufleute) der Homogenität des Gutes; der Markt für Erdgas ist sehr homogen, der für Unternehmensberatungen sehr heterogen der Art und dem Grad der Regulierung; der Markt für Hosen ist kaum reguliert, der für Arbeit hoch reguliert Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 19 1.4 Markttypen Wettbewerbsmarkt Polypol-Polypson vollkommene Information der Käufer und Verkäufer über Preise und Güter Homogenität Auf Wettbewerbsmärkten haben die einzelnen Marktteilnehmer einen vernachlässigbaren Einfluss auf den Marktpreis ⇒ Mengenanpasserverhalten (= Preisnehmerverhalten) Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 20 1.5 Nominale und reale Preise Gegenstand der Analyse sind Mengen und Preise nominaler Preis = Geldeinheiten pro Mengeneinheit; z.B EUR pro Kilogramm relativer Preis von Gut 1 in Einheiten des Gutes 2 = Mengeneinheiten des Gutes 2 pro Mengeneinheit des Gutes 1; z.B. Zigaretten pro Liter Bier Zigaretten pro Bier = nominaler Preis je Liter Bier nominaler Preis je Zigarette realer Preis = EUR des Basisjahres pro Mengeneinheit; z.B. EUR2000 pro Kilogramm Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 21 Preisindex x Ir :b t i Zeitpunkt, b = Basisjahr, r = Betrachtungsjahr Nummer des Gutes im Warenkorb, i = 1, ..., n x1b p1r + x2b p2r + L + xnb pnr = 100 ⋅ b b x1 p1 + x2b p2b + L + xnb pnb x p )( p ( = 100 ⋅ b 1 b 1 r 1 Laspeyres-Preisindex für Betrachtungsjahr r gegenüber Basisjahr b / p1b ) + ( x2b p2b )( p2r / p2b ) + L + ( xnb pnb )( pnr / pnb ) x1b p1b + x2b p2b + L + xnb pnb r r b p1r p p b b n 2 = 100 ⋅ s1 b + s2 b + L + sn b p2 pn p1 b b x b i pi mit si = b b x1 p1 + x2b p2b + L + xnb pnb Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 22 Preisindex Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 23 Preisindex a) Bis 1990: Früheres Bundesgebiet, 4Personen Arbeitnehmerhaushalt mit mittlerem Einkommen, verkettet mit b). b) Verbraucherpreisindex für Deutschland, Preisbasis 2000. Quelle: StBA 2006 Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 24 1.5 Nominale und reale Preise Realer Preis in EURt = nominaler Preis in EUR • Preisindex zum Zeitpunkt t Preisindex heute Beispiel: Preis eine Autos heute: 13.260,- EUR Iheute:2000 = 111,2; I1995:2000 = 93,9 Realer Preis in EUR1995 93,9 = 13.260 • 111,2 = 11.197,07 EUR1995 Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 25 1.5 Nominale und reale Preise blau: nominal rot: real, in Preisen von 2006 durchgezogen: Früheres Bundesgebiet gestrichelt: Neue Länder und Berlin-Ost Quelle: StBA 2006 Johannes Bröcker & Till Requate, Grundzüge der Mikroökonomik, SoSe 2010 Folie 26