Die Macht der Farbe - Aspekte der Physik

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Mein Rot, Dein Rot –
wem gehört die Farbe Rot?
Werner Rudolf Cramer
DfwG-Tagung
Wuppertal im September 2014
Start
Ausgangspunkt:
•
Der Deutsche Sparkassen- und
Giroverband hat die Farbe Rot als
Marke eintragen lassen.
•
Die Santander Consumer Bank hat
die Löschung beantragt.
•
Der Europäische Gerichtshof hat
am 19. Juni 2014 eine Vorentscheidung getroffen:
•
http://eur-lex.europa.eu/legalcontent/DE/TXT/HTML/?uri=CELE
X:62013CJ0217&rid=1
Fragestellung des EuGH
21 Das vorlegende Gericht führt erstens aus, dass die Farbe HKS 13 nicht
originär unterscheidungskräftig sei und dass die deutschen Gerichte für
die Feststellung, ob eine Farbmarke infolge ihrer Benutzung
Unterscheidungskraft erworben habe, die Durchführung einer
Verbraucherbefragung verlangten, um den „bereinigten
Zuordnungsgrad“ bzw. den „Durchsetzungsgrad“ der betreffenden
Marke zu erhalten.
22 Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Falles
könnte nur bei einem über 70 % liegenden Durchsetzungsgrad der
fraglichen Marke davon ausgegangen werden, dass sie infolge
Benutzung Unterscheidungskraft erworben habe. Die Besonderheiten
bestünden dabei u. a. darin, dass es sich um eine Farbe als solche
handele und dass anhand der Werbeaufwendungen des DSGV nicht
festgestellt werden könne, ob er den Farbton HKS 13 für sich allein als
eigenständige Marke für die von ihm angebotenen Dienstleistungen
habe durchsetzen können.
EuGH zu den Fragen
34 Die Oberbank, die Banco Santander und die Santander Consumer Bank
sowie die spanische und die polnische Regierung sind der Ansicht, dass
diese Frage zu verneinen sei. Zur Begründung dieses Standpunkts führt
die Oberbank namentlich die Besonderheiten von Farbmarken an, die
Banco Santander und die Santander Consumer Bank machen das
Allgemeininteresse an der Verfügbarkeit von Farben und die geringe
Eignung der fraglichen Marke zur tatsächlichen Erfüllung der Funktion
einer Marke geltend, die spanische Regierung führt die Ungeeignetheit
der übrigen Nachweise für Farbmarken an, und die polnische Regierung
weist darauf hin, dass die Verbraucher vor Irreführung geschützt werden
müssten.
36 Zunächst ist daran zu erinnern, dass eine Farbe als solche unter
bestimmten Umständen eine Marke im Sinne von Art. 2 der Richtlinie
2008/95 darzustellen vermag (vgl. in diesem Sinne Urteile Libertel,
C-104/01, EU:C:2003:244, Rn. 27 bis 42, und Heidelberger Bauchemie,
C-49/02, EU:C:2004:384, Rn. 42).
Pressemitteilung des DSGV*
*DSGV = Deutsche Sparkassen- und Giroverband
Mein Kommentar
• Farben entstehen nur in unseren Köpfen und können deshalb nicht
geschützt werden.
• Farbnamen wie Rot, Gelb, Grün oder Blau sagen wenig über die
Farbe aus.
• Es fehlt eine genaue Bestimmung des Rots in der
Vorabentscheidung des EuGHs.
• Es fehlt auch eine Toleranzangabe: Wieweit eine Farbe entfernt sein
muss, um diese als andere Farbe zu akzeptieren?
• Wie sieht es mit Personen mit Farbschwächen (Farbenblinden) aus?
Gilt diese Entscheidung auch für diesen Personenkreis?
• Bezüglich der Befragung:
Sind die Personen vorher auf ihr Farbsehvermögen getestet
worden?
Man kann davon ausgehen, dass etwa 8,6% der Männer und 0,8%
der Frauen Farbschwächen besitzen (~9% aller Menschen).
Mein Kommentar
•
Wieso kann der DSGV eine Farbe wie HKS13 oder RAL 3020 schützen
lassen, obwohl er keine Rechte an den genannten Farben besitzt.
•
HKS ist eine eingetragene Marke des HKS Warenzeichenverband e.V. mit
den Firmen: Hostmann Steinberg GmbH, Flint Group Germany GmbH, H.
Schmincke & Co., GmbH & Co. KG
•
HKS13 ist eine Bezeichnung für eine Farbe, die je
nach Druck und Druckverfahren unterschiedlich
ausfällt.
Es gibt
HKS K (Kunstdruckpapier)
HKS N (Naturpapier)
HKS Ek (Endlosdruck auf gestrichenem Papier)
HKS En (Endlosdruck auf Naturdruck)
(Quelle: http://www.hks-farben.de/)
•
RAL 3020 (Verkehrsrot) wird auch als „Sparkassen-Rot“
deklariert. RAL-Farben sind allgemein zugänglich und
gehören niemanden.
(Quelle: http://www.ral-farben.de/)
Zur Farbe
•
Der Normalbürger besitzt meistens relativ konfuse Vorstellung von Farben.
•
In der deutschen Sprache wird Farbe nicht von Farbe unterschieden, was
auch für diese Konfusion sorgt:
Wir benutzen das gleiche Wort für die Farbe Rot wie für die Wandfarbe.
•
Im Niederländischen und Englischen kann man beide „Farben“
unterscheiden:
verf – kleur/paint – color
•
Das Verständnis und Wissen über
Farben ist oft sehr dürftig.
•
Die Selbstverständlichkeit, Farben zu sehen, wenn wir unsere Augen öffnen,
hält die meisten Menschen davon ab, über Farben und die Zusammenhänge
nachzudenken.
•
Es ist schwer vorstellbar, dass Farben nur in unserem Kopf existieren.
•
Vor dem Auge gibt es keine Farben!
Sonne - Auge
Seit 4,5 Milliarden Jahren
Das sichtbare Licht wird als
schickt die Sonne ihre Strahlen
Spektrum mit Wellenlängen
zurvon
Erde. Ein Teil von ihnen
400 bis 700 nm beschrieben.
kann die Erdatmosphäre
durchdringen und sorgt für
Leben und Licht.
Das menschliche Auge hat sich dem Sonnenlicht
angepasst und reagiert auf dieses: Lichtstrahlen lösen
einen optischen Reiz in der Netzhaut aus, der vom Gehirn
zu einer Farbempfindung verarbeitet wird.
Spektrum - Farbkreis
Das sichtbare Licht wird als
Spektrum mit Wellenlängen von
400 bis 700 nm beschrieben.
Das sichtbare Licht wird als
Spektrum mit Wellenlängen von
400 bis 700 nm beschrieben.
Das Gehirn verbindet die beiden Endfarben des
sichtbaren Spektrums; dadurch verläuft unsere
Farbempfindung im Kreis: Der Farbkreis spiegelt
unsere Farbempfindungen wider.
Lichtstrahlen als Wellen
400 nm
700 nm
• Lichtstrahlen werden als Wellen (und Korpuskel)
beschrieben.
• Das sichtbare Spektrum umfasst Lichtwellen mit
Wellenlängen zwischen 400 und 700 nm.
• Am blauvioletten Spektrumsende folgen unsichtbare
UV-, am roten Spektrumsende unsichtbare IR-Strahlen.
• Das Intensitätsmaximum des Sonnenlichtes liegt im
grünen Bereich (siehe Empfindlichkeit der menschlichen
Netzhaut).
• Das Frequenzmaximum liegt im roten Bereich (grüne
Blätter).
Reizverarbeiter Gehirn
• Die größte Leistung des Gehirns in puncto Farbensehen liegt in der
Verknüpfung der Farben Rot und Blauviolett am jeweiligen Spektrumsende.
• Das Gehirn mischt Farben (Lichtstrahlen) additiv, so dass nicht wie beim
subtraktiven Mischen Verluste auftreten.
Reizverarbeiter Gehirn
• Durch das Mischen der beiden Farben am jeweiligen Spektrumsende Rot und
Blauviolett schließen sich die Farben zu dem Farbkreis.
• Der Farbkreis spiegelt also die Fähigkeit des Gehirns wider; in ihm stehen sich
Gelb und Blau sowie Grün und Rot gegenüber (Ewald Hering: Theorie der
Gegenfarben 1878).
Reflexionswerte - Farbwerte
Das sichtbare Licht wird als
Spektrum mit Wellenlängen von
400 bis 700 nm beschrieben.
Weißes Licht wird von einem
Objekt manipuliert; Teile von
ihm werden reflektiert.
Diese Teile lösen im Auge
einen optischen Reiz aus.
Darstellung der GrünEmpfindung im a*b*Diagramm (CIE).
Die virtuelle Farbe Purpur
80
80
R [%]
Blau
R [%]
60
60
40
40
20
20
0
400 nm
500 nm
600 nm
Wellenlänge λ
700 nm
100
0
400 nm
500 nm
600 nm
Wellenlänge λ
700 nm
80
Subtraktive Mischung von
Rot und Blau 1:1
R [%]
Rot
R [%]
Purpur
80
60
60
40
40
20
20
0
400 nm
500 nm
600 nm
Wellenlänge λ
700 nm
0
400 nm
500 nm
Mischungen von Rot und Blau ergeben kein brillantes Purpur.
Diese Farbe ist nur mit eigenständigen Pigmenten darstellbar.
600 nm
Wellenlänge λ
700 nm
Evolution der Zapfen
• Die Entwicklung der Säugetiere führte zunächst zum Hell-Dunkel-Sehen
(monochromatisch).
• Danach entwickelte sich das Gelb-Blau-Sehen (dichromatisch).
• Die nachfolgende Entwicklung des Rot-Grün-Sehens (trichromatisch) bildete
sich wieder zurück, da die Säugetiere verstärkt nachtaktiv wurden.
• In der weiteren Evolution entwickelte sich der M-Zapfen als genetische
Abspaltung vom L-Zapfen wieder; seine junge Vergangenheit ist für die
häufigen Rot-Grün-Blindheiten verantwortlich.
• Vorgesehen war eine Entwicklung zur Tetrachromie, wie man sie heute bei
Arten der Beuteltiere findet (zusätzlicher UV- oder Gelb-Zapfen).
Normal- und Fehlsichtig
Normal- und Fehlsichtig
Normal- und Fehlsichtig
Normal- und fehlsichtig
Normal- und fehlsichtig
Normal- und fehlsichtig
Normal, deuteranop, protanop
Das Auge kann keine Farbe „parken“!!!
Wo ist mein Rot?
Das Auge kann keine Farbe „parken“!!!
Wie würden Sie dieses Rot beschreiben?
Das Auge kann Farben gut unterscheiden!
• Das Auge kann keine Farben „parken“, d.h. wir
können uns keine Farbe merken.
• Das Auge kann aber Farben sehr gut
unterscheiden.
Resumee
• Da Farben nur in unseren Köpfen existieren, kann
es keinen juristischen Schutz dafür geben.
• Das Urteil des EuGH und auch die Eintragung
beim DPMA zeigt das geringe Verständnis für
Farben: Eine Farbe ließe sich exakt definieren
und ebenso ein Toleranzbereich.
• Farbnamen eignen sich nicht zur exakten
Definition von Farben, da jeder etwas anderes
darunter versteht (z.B.: -> Lila, Purpur, Violett)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
www.m.wrcramer.de
www.goniovision.com
www.wrcramer.de/data/Cramer2014_WemGehoertDieFarbeRot.pdf
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