Kollektive IdentitŠten in der Weltgesellschaft

Werbung
Kollektive Identitäten in der Weltgesellschaft
Nationale, regionale und transnationale Identitäten im 21. Jahrhundert
christoph weller
Abstract
Die Internationalen Beziehungen beschäftigen sich seit einigen Jahren verstärkt mit
unterschiedlichsten Formen von Identität, wobei besonders "kollektiven Identitäten"
viel Aufmerksamkeit zukommt. Die theoretische Tragfähigkeit solcher IdentitätsAnalysen leidet jedoch in erheblichem Maße unter der konzeptionellen und
begrifflichen Vieldeutigkeit des Identitäts-Begriffs. Im ersten Teil des Beitrages
werden solche begrifflichen und konzeptionellen Fragen thematisiert und vorliegende
Ansätze systematisiert, ehe im zweiten Teil ein sozialpsychologisches Konzept
"kollektiver Identität" vorgestellt wird. Dieses kann, im Gegensatz zum Konzept der
"nationalen Identität", durch seinen Rückgriff auf den Zusammenhang von
Wahrnehmung und sozialer Identität die ganze Vielfältigkeit kollektiver
Identitätsbildungen in den Blick nehmen und scheint deshalb besonders geeignet, die
kollektiven Identitäten in der Weltgesellschaft analytisch zu erfassen: Dem
Bedeutungsverlust des Nationalstaats korrespondiert die Schwächung
nationalstaatlicher Identitäten und die Möglichkeiten zur Entstehung vielfältiger
transnationaler Identitäten, die sowohl das Potential für eskalierende Konflikte als
auch für die Reduktion von Gewalt in der internationalen Politik in sich tragen.
2
1.
Einleitung
"Identität" ist mehr als ein Modewort der Internationalen Beziehungen am Ende der
1990er Jahre. Besonders eindrücklich zeigt sich dies an den substantiellen
Beiträgen, welche sich mit dem Konflikt im ehemaligen Jugoslawien und den dabei
konstituierten Identitäten beschäftigen (Fierke 1996; Campbell 1996; Bush/Keyman
1997; Crawford/Lipschutz 1997). Dabei wird offensichtlich, wie hilfreich - oder
vielleicht sogar notwendig - die Kategorie "Identität" ist, um das Geschehen auf dem
Balkan und die westlichen Reaktionen hierauf zu verstehen. Diese Analysen machen
vor allem deutlich, wie eng das Agieren der NATO mit den Kategorien und
Konzepten verknüpft ist, mit denen wir - AnalytikerInnen, PolitikerInnen,
JournalistInnen, Bevölkerungen - die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien
perzipieren. Der erste Krieg der NATO war nicht nur Konsequenz ihrer auf
militärischen Druck vertrauenden Verhandlungsstrategie, sondern auch Produkt
unserer konzeptionellen Instrumente, mit denen wir die Welt zu erfassen suchen.
Aus diesem Grund müssen auch diese Instrumente Objekte der Untersuchungen
sein, weshalb sich viele Identitäts-Analysen durch ein reflexives Element
auszeichnen und damit auch metatheoretische Fragestellungen aufwerfen:
Identitäten werden konstruiert und Wissenschaft ist Mitproduzentin der
gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit der internationalen Politik
(Berger/Luckmann 1969; Luhmann 1990).
Mit Identitäts-Konzepten eröffnen sich somit Fragestellungen, die sich mit den die
historische Phase des Ost-West-Konflikts dominierenden Ansätzen nicht oder nur
unbefriedigend bearbeiten lassen. Zwar ist es noch zu früh, über Zusammenhänge
von grundlegenden Veränderungen der internationalen Politik und einem
Paradigmenwechsel in den Internationalen Beziehungen zu spekulieren,1 aber mit
dem Ende des Ost-West-Konflikts traten die theoretischen und analytischen
Probleme der vorher dominant diskutierten Ansätze so offensichtlich zu Tage, daß
1
Wichtige Beiträge zu den Forschungsperspektiven, die heute mit dem wenig
hilfreichen label "Constructivism" versehen werden (vgl. Adler 1997; Ruggie 1998;
Hopf 1998), entstanden nicht erst im Kontext des Endes des Ost-West-Konflikts; vgl.
etwa Kratochwil/Ruggie (1986), Wendt (1987), Onuf (1989).
3
damit die Aufmerksamkeit und das Interesse an solchen Theoriegrundlagen
befördert wurde, die über das enge Prämissen-Korsett von staatszentrierten
Rational-Choice-Ansätzen hinausgreifen. Vor allem damit entstand der Raum für
"Kultur" und "Identität" in den Internationalen Beziehungen (vgl. Lapid/Kratochwil
1996a; Weiss 1999).2
Daß mit dieser Abkehr vom Modell der reinen Nutzen-Maximierer "Identität" zum
vielleicht meistbenutzten Wort in diesen Alternativ-Konzepten wurde,3 ist mehr oder
weniger überraschend, möglicherweise jedoch vor allem seiner Vieldeutigkeit
geschuldet. Noch jede intensive Diskussion von Identitäts-Analysen in den
Internationalen Beziehungen beginnt oder endet gar mit den Fragen "Was wird mit
'Identität' überhaupt bezeichnet und wie läßt sie sich erforschen?"4 In diese
begriffliche und konzeptionelle Verwirrung soll im Nachfolgenden etwas Ordnung
gebracht werden, um zu einer produktiveren Kommunikation unter IB-IdentitätsForscherInnen beizutragen (Abschnitt 2). Dieses Systematisieren zielt zum einen
darauf, verschiedene Konzepte und Ansätze voneinander zu unterscheiden
(Abschnitt 3), und zugleich darüber hinaus, indem Verbindungslinien zu anderen
Disziplinen und Forschungskontexten eröffnet werden, deren konzeptionelles
Potential sich für die Internationalen Beziehungen nutzbar machen ließe (Abschnitte
4 & 5). Im Abschluß werden dann einige empirische Anwendungsfelder des
vorgestellten Identitäts-Ansatzes dargestellt, der sich besonders dafür eignet, die
Vergemeinschaftungsdimension weltgesellschaftlicher Entwicklungen analytisch zu
erfassen.
2
Zur Kategorie "Kultur" in den Internationalen Beziehungen vgl. Jetschke/Liese (1998,
1999).
3
Vgl. allein in den herausragenden englischsprachigen IB-Zeitschriften: Bukovansky
(1997); Agnew (1999); Banchoff (1999); Checkel (1999); Nyers (1999); Cruz (2000);
Laffey (2000); Monroe et al. (2000).
4
Werden diese Fragen erst gar nicht aufgeworfen, sondern einer impliziten
Beantwortung durch alltagssprachliche Assoziationen überlassen, bleibt der
wissenschaftliche Ertrag zweifelhaft, denn die Sozialwissenschaften kennen kein
breit anerkanntes Identitäts-Konzept (vgl. Hörnig/Klima 1994: 286; Bevers 1992:
247f).
4
2.
Differierende Identitäts-Begriffe
Auch wenn überall "Identität" draufsteht, kann doch Unterschiedliches drin sein diese begriffliche Elastizität von "Identität" ist kein Spezifikum der Internationalen
Beziehungen, sondern der Sozialwissenschaften im allgemeinen (vgl. Bausinger
1978: 204; Marquard 1979: 347; Henrich 1979: 133). Wenn sich ganz allgemein mit
Identität - in einem nicht philosophischen Sinne - eine Eigenschaft bezeichnen läßt,
die von einer Person in einem sozialen Prozeß erworben wird, knüpft dies an die
sozialpsychologische Begriffsbildung bei Mead (1934) und Erikson (1956) an, die
sich auf die Analyseebene des einzelnen Menschen bezieht. Es geht um Ich-Identität
(vgl. Hartfiel/Hillmann 1982: 319f; Haußer 1989: 279f). Nun dominiert aber in den
Internationalen Beziehungen (noch immer) eine Betrachtungsweise, die von Staaten
als den zentralen Akteuren der internationalen Politik ausgeht und
konsequenterweise dann auch Staaten solche Identitäten zuweist.5 Wird solcherart
ein ursprünglich sozialpsychologischer Begriff auf Staaten als Identitäts-Träger
übertragen, läßt sich das Zustandekommen staatlicher Identität verstehen als
sozialer Prozeß, in dem Staaten miteinander interagieren (Wendt 1992: 393; 1999)
und dabei gewissermaßen zu ihrer staatlichen "Ich-Identität" finden. Dieses Interesse
an der Identität von Staaten resultiert aus der inzwischen auch in den Internationalen
Beziehungen angekommenen sozialkonstruktivistischen Einsicht (vgl.
Berger/Luckmann 1980), Akteure und Strukturen als sich gegenseitig konstituierende
Elemente der internationalen Politik aufzufassen (Wendt 1987; Jepperson et al.
1996: 40f; Risse 1999). Die Strukturen des internationalen Systems bringen dann
Staaten mit bestimmten Identitäten hervor (Wendt 1992: 397) und diese Identitäten
haben wiederum entscheidenden Einfluß auf die Interessen der Staaten (Jepperson
et al. 1996: 52f, 60f).
Ein solcher Identitäts-Begriff in den Internationalen Beziehungen könnte dann
hilfreich sein, wenn die theoretischen Voraussetzungen und Konsequenzen des
Analogieschlusses von der sozialen auf die internationaler Ebene präzise
5
Siehe zu diesem Analogieschluß Wendt (1992: Fn. 21; 1994; 1999). "I treat states as
agents having identitites" (Wendt 1994: 392). Ebenso Jepperson et al. (1996: 33):
"We argue that cultural environments affect not only the incentives for different kinds
of state behavior but also the basic character of states - what we call state 'identity'"
(Jepperson et al. 1996: 33).
5
herausgearbeitet und berücksichtigt würden. Hier klafft jedoch bis heute eine große
Lücke.6 Auch in seinem jetzt erschienenen Buch "Social Theory of International
Politics" verweist Wendt (1999: 11) darauf, daß er nicht das Zustandekommen und
den Wandel der Identität von Staaten erklären, sondern nur auf das internationale
System als einen nicht unbedeutenden Faktor für die Konstitution staatlicher Identität
hinweisen wolle. Damit aber sind die begrifflichen und konzeptionellen Unklarheiten
nicht zu beseitigen, die bis heute erheblichen Anteil an jener Skepsis haben, mit der
Identitäts-Analysen in den Internationalen Beziehungen begegnet wird. Dies betrifft
vor allem den Begriff "kollektive Identität", der in verschiedenen Bedeutungen
verwendet wird, und damit zusammenhängend die Frage der Analyseebenen, auf
denen verschiedenste Identitäten angesiedelt werden.
Blieben in der IB-Perspektive auch die "kollektiven Identitäten" auf die von Wendt
(1992) vorgeschlagene staatszentrierte Herangehensweise begrenzt, so daß es
ausschließlich um "collective identity formation among states" (Wendt 1994: 388)
ginge, würden sich zwar die Zweifel am zugrundeliegenden Analogieschluß
verstärken,7 aber abgesehen von einer mißverständlichen Begrifflichkeit - denn
"kollektive Identität" ist ein soziologisch geprägter Begriff, der sich dort auf die
Vergemeinschaftung unter Individuen bezieht - wäre nichts zu beklagen.8 Diese klare
Perspektive auf die zwischenstaatliche Analyseebene geht jedoch in der IBIdentitäts-Diskussion zunehmend verloren, ohne daß dies begrifflich-konzeptionell
reflektiert würde. Katzenstein (1996b) etwa sieht die "state identities" nicht nur als
6
Prominent für den Fehlschluß, Staaten würden sich bei ihrer Identitätsbildung wie
Individuen verhalten: Mercer (1995). Zur Kritik des Analogieschlusses vgl. Weller
(2000a: 51-57).
7
Kollektive Identität setzt ein entwickeltes Wir-Bewußtsein bei den Beteiligten voraus,
die eine Gemeinschaft und nicht nur eine Zweckvereinigung bilden (Estel 1994: 34).
Wenn nun Staaten diese Gemeinschaft bilden, ist völlig unklar, wo dabei ein WirBewußtsein angesiedelt sein soll, denn in Wendts (1999) Konzeption soll gerade
davon abgesehen werden, daß Staaten ein soziales Konstrukt ihrer Bevölkerungen
sind. Zu dieser Kritik und zum Zusammenhang von kollektiver Identitätsbildung und
Vergemeinschaftung vgl. ausführlicher Weller (1997a).
8
Allerdings enthält schon Wendt (1992) verschiedene Verwendungsweisen des
Begriffs "collective identities": zum einen bezeichnet er das Gegenteil von "egoistic
identities" (Wendt 1992: 395, 418) als inhaltliche Kennzeichnung bestimmter
staatlicher Identitäten, zum anderen gibt es eine "collective 'European identity'"
(Wendt 1992: 417), die stärker auf den genannten Analogieschluß angewiesen zu
sein scheint.
6
Produkte zwischenstaatlicher Strukturen, sondern hierbei auch innerstaatliche Kräfte
am Werk: "The identities of states emerge from their interactions with different social
environments, both domestic and international" (Katzenstein 1996b: 24, meine
Hervorh.).9 Zudem sind für ihn "collective identities" nicht mehr nur die
zwischenstaatlichen Identitäten im Wendtschen Sinne, sondern "the constructed
identity of states, governments, and other political actors" (Katzenstein 1996b: 4).
Damit wird nicht nur der soziale Rahmen, innerhalb dessen Akteure zu ihrer Identität
kommen, unklar, sondern es bleibt auch unbestimmt, wer in dieser Konzeption
Träger von Identitäten ist bzw. sein kann (ähnlich auch bei Risse-Kappen 1995a,
1995b, 1996 und Adler/Barnett 1998).
Der Unentschiedenheit, welche Struktur die für die internationale Politik
entscheidende Identität eines Staates hervorbringt, korrespondiert die Beliebigkeit
was die Träger von Identität betrifft. Indem Jepperson, Wendt und Katzenstein (1996:
53) mit ihrer Kategorie "environmental structure" nicht zwischen internationalen und
innerstaatlichen Voraussetzungen für staatliche Identität unterscheiden,10 gibt es
beliebig viele Strukturen, aus denen sich solche Identität ableiten läßt, die durchaus
in Konkurrenz zueinander treten können. Im Golf-Krieg beispielsweise geriet die
außenpolitische Identität des gerade vereinigten Deutschland, die sich aus den
neuen Strukturen und Erwartungen des internationalen Systems nach dem OstWest-Konflikt ergab, in erheblichen Konflikt mit der kollektiven Identität der
deutschen Bevölkerung, für die internationale militärische Kampfeinsätze der
Bundeswehr nur schwer vorstellbar waren. Heute scheint dagegen in diesem Punkt
eine weitgehende Übereinstimmung zu bestehen, was interessante Fragestellungen
über das Zusammenwirken bzw. die gegenseitige Einflußnahme internationaler und
staatlicher Identitätsbildung und ihres Wandels aufwirft (vgl. etwa Bach 1999).
9
Wo Wendt (1994: 385) noch zwischen der "corporate identity" und den "social
identities" eines Staates unterschieden und sich explizit nur für die letzteren
interessiert hatte (vgl. auch Wendt 1992: 423), wurde bei Jepperson, Wendt und
Katzenstein (1996) ganz verschiedenes in einen Identitäts-Begriff integriert.
10
"Cultural or institutional elements of states' global or domestic environments - in this
volume, most often norms - shape state identity" (Jepperson et al. 1996: 52, meine
Hervorh.).
7
Was hat sich verändert, daß der Bundeswehr-Einsatz im Kosovo 1999 mit der
"deutschen Identität" vereinbar erscheint? Welche Identität wird in Zukunft
entscheidend sein für das außenpolitische Agieren Deutschlands? Was sind die
Voraussetzungen für einen Wandel der kollektiven Identität eines staatlichen
Kollektivs? Die Bearbeitung solcher und ähnlicher Fragestellungen setzt also nicht
nur voraus, daß die identitätskonstituierenden Strukturen klar benannt und
unterschieden werden, sondern auch, daß klar definiert wird, wer Träger der
jeweiligen Identität ist.
Während Wendt (1992, 1994) mit der Identität von Staaten vor allem die
unterschiedliche zwischenstaatliche Konstitution des internationalen Systems in den
Blick bekommen wollte - "Anarchy is What States Make of It" (Wendt 1992) -, geht
mit der konzeptionellen Öffnung gegenüber innerstaatlichen, Identität
konstituierenden Strukturen, wie sie der Band von Katzenstein (1996a) repräsentiert,
die analytische Schärfe dieser Perspektive verloren. Diese konzeptionelle Öffnung ist
notwendig, will man nicht in der, vom Neorealismus geprägten, beschränkten
Perspektive allein auf Staaten verharren. Aber indem damit der Träger staatlicher
Identität nicht mehr eindeutig bestimmt ist,11 vervielfachen sich die Einflußfaktoren
auf solcherart Identität ein weiteres Mal. Der Versuch, dieser konzeptionellen
Unklarheit über "staatliche Identität" mit dem Anknüpfen an die NationalismusForschung (vgl. Katzenstein 1996b: 24) beizukommen, ist nur bedingt hilfreich, denn
die dort untersuchten nationalen kollektiven Identitäten sind gesellschaftlich
konstituiert und eben nicht gleichzusetzen mit der Identität eines Staates im
internationalen System. Werden diese Differenzierungen ignoriert, wird ein Großteil
des analytischen Potentials von Identitäts-Konzepten verspielt. Übrig bleibt dann nur
noch die Feststellung, daß alle Identitäten irgendwie bedeutsam seien - "national
identities of states are crucial for understanding politics" (Katzenstein 1996b: 24 und
Jepperson et al. 1996: 59) - und eine begriffliche wie konzeptionelle Verwirrung
(ähnlich bei Busse 2000 und Risse et al. 1999).
11
Für Risse-Kappen (1994: 175f; 1995a: 205; 1995b: 505; 1996: 393) beispielsweise
scheint es unerheblich, ob Staaten selbst, ihre Bevölkerungen, ihre "decision makers"
oder ihre politischen Repräsentantinnen und -tanten die Träger staatlicher Identität
sind (ähnlich auch Risse 1999); gleiches gilt für die sicherheitspolitische IdentitätsBildung bei Adler/Barnett (1998).
8
Doch die begrifflichen Suchbewegungen enden nicht selten in einer Hinwendung zu
"nationalen Identitäten" (so etwa auch Münch 1993: 15f), mit denen dann solches
Staatenverhalten erklärt werden soll, welches traditionellen Interessen-Ansätzen ein
Rätsel bleiben muß:12 Die nationale Identität soll dabei eine, unter Rational-ChoiceGesichtspunkten unerwartete Interessenbildung bezüglich des Außenverhaltens
eines Staates erklären. Ausgangspunkt - und damit Rechtfertigung, sich mit mehr als
"Interessen" zu beschäftigen - ist in den meisten Fällen der Befund, daß entweder
das Handeln von Staaten über Zeit konstant blieb, obwohl sich die Struktur, innerhalb
derer das Handeln stattfand, verändert habe; oder daß Staaten Veränderungen beim
Handeln aufwiesen, obwohl die Struktur konstant geblieben sei. Beides läßt sich mit
"Interessen", die unter erheblichem Einfluß der jeweiligen Struktur gebildet werden,
nicht so recht, mit "Identitäten" aber um so besser erklären: im ersten Fall hatte die
"nationale Identität" des Akteurs größeren Einfluß auf sein Handeln als die Struktur,
und die Identität war in diesem Fall über Zeit stabil geblieben; im zweiten Fall
dagegen hatte der Staat seine "nationale Identität" verändert, was ihn trotz
konstanter Struktur zu verändertem Handeln führte. Was solche nationalen
Identitäten aber konstant sein läßt oder verändert, ist dann jeweils nur im Einzelfall
zu klären; theoriefähig würde es dann, wenn die Voraussetzungen für IdentitätsWandel angegeben werden könnten.13
In einem solchen Konzept nationaler Identität kummuliert am deutlichsten die
Unentschiedenheit, was genau mit solcher Identität gemeint sein soll, denn weder
wird der Träger solcher nationalen Identität klar benannt (ist es der Staat, die
Bevölkerung, die Regierung, die politische Elite?), noch wird deutlich, ob die
internationalen oder die innerstaatlichen Strukturen bestimmend für die inhaltliche
Ausgestaltung dieser Identität sind. Wenn Staaten die Träger von Identität sind, wird
die internationale Struktur in aller Regel bedeutsamer sein, denn nur in besonderen
Fällen, am stärksten bei zwischenstaatlichen Konflikten und Kriegen, wird die
12
Vgl. etwa Banerjee (1997); Chafetz et al. (1997); Checkel (1999); Engelmann et al.
(1997).
13
Bei "Identität" geht es sowohl um Kontinuität als auch um Diskontinuität (vgl. Haußer
1989: 279). Um die Bedingungen zu erkennen, unter denen sich Identität verändert,
ist eine Identitätstheorie erforderlich. In Abschnitt 5 wird eine Identitäts-Theorie
vorgestellt, die sich auch auf die Identitäts-Bildung im Bereich der internationalen
Politik übertragen läßt.
9
gesellschaftlich konstituierte kollektive Identität sich an der Staatsangehörigkeit
festmachen und als "nationale kollektive Identität" von innen heraus Einfluß auf das
Außenverhalten des Staates nehmen. Aber genau diese Fälle, in denen die
gesellschaftlich konstituierte Identität von der - international konstituierten staatlichen Identität abweicht, sind bedeutsam bei der Analyse der internationalen
Politik, denn genau diese Differenz kann der Ausgangspunkt für Identitäts-Konflikte
und innerstaatlichen Krieg sein, wie er beispielsweise im Kosovo stattfand. Es ist
dann nicht die staatliche, sondern eine aus bestimmten Elementen gesellschaftlich
konstruierte "nationale Identität", die staatliches Handeln steuert. Ein
undifferenziertes Konzept, welches Staaten zu Trägern "nationaler Identität" macht,
verschenkt damit den größten Teil des analytischen Potentials, das im IdentitätsKonzept steckt, und landet am Ende dort, wo den Unterschieden zwischen und den
Besonderheiten von Staaten mit dem Begriff "nationale Identität" allein ein modernes
Label verpaßt wird.
3.
Identitäts-Konzepte
Der vorstehende Einblick in einige Konzeptionen, in denen "Identität" Bedeutung für
die Internationalen Beziehungen gewinnt, sollte verdeutlichen, daß es nicht nur
begriffliche, sondern auch entscheidende theoretische Differenzen gibt, die
unbeachtet zu lassen weder die Kommunikation über Identitäten in den
Internationalen Beziehungen befördern, noch ein Forschungsprogramm ermöglichen
kann, welches an vorliegende Identitäts-Theorien anknüpft und diese Konzepte
zugleich für die besonderen Frage- und Problemstellungen der Internationalen
Beziehungen fruchtbar macht. Aus diesem Grund soll hier zunächst eine
Systematisierung vorliegender Herangehensweisen vorgenommen werden, ehe im
folgenden Abschnitt die Frage aufgeworfen wird, welche Formen kollektiver Identität
von besonderer Bedeutung für die Analyse der internationalen Politik im 21.
Jahrhundert sein werden, um abschließend noch darzulegen, wie diesen kollektiven
Identitäten in der Weltgesellschaft analytisch beizukommen wäre.
Anhand der vorliegenden Literatur zu Identitäten in der internationalen Politik und der
dabei gewählten analytischen Herangehensweisen lassen sich zwei zentrale
10
Dimensionen erkennen, nach denen sich diese Identitäts-Ansätze unterscheiden
lassen: (1) Sind Staaten oder Individuen die Träger der Identität? (2) Wird die soziale
Identität eines Akteurs oder die kollektive Identität einer Gruppe betrachtet? Anhand
dieser zwei Dimensionen lassen sich dann grundsätzlich vier Herangehensweisen
unterscheiden, die Abbildung 1 veranschaulichen soll:
Abbildung 1:
Identitäts-Konzepte
Form der
Identität:
Träger der Identität:
Staaten
Individuen
soziale
(1)
(4)
Identität
Wendt (1992, 1999)
Tajfel/Turner (1986)
(2)
(3)
Risse-Kappen (1995a, b,
Nationalismus-Forschung
1996); Wendt (1994)
(vgl. Estel 1994)
kollektive
Identität
(1) Durch Analogieschluß von der individuellen auf die staatliche Analyseebene läßt
sich ein sozialpsychologisches Identitätskonzept auch auf Staaten anwenden. So wie
Individuen ihre Identität in Auseinandersetzung mit ihrer sozialen Umwelt ausbilden
(Mead 1934: Kap. 26) - was dann "soziale Identität" genannt wird -, läßt sich auch für
Staaten, konzeptualisiert man diese als einheitliche Akteure, annehmen, daß sie ihre
Identität in ihrer sozialen Umwelt, dem internationalen System, entwickeln. Indem die
dort agierenden knapp 200 Akteure durch ihr Handeln die Struktur der
internationalen Politik konstituieren, bringt diese Struktur quasi im Gegenzug die
Identitäten der an ihr beteiligten Akteure hervor (vgl. Wendt 1987, 1992, 1999).
Entscheidend ist, daß diese staatliche Identität - konzeptualisiert anhand der zwei
genannten Dimensionen - nicht unter innerstaatlichem Einfluß gebildet wird, sondern
ausschließlich im zwischenstaatlichen Austausch und Kontakt.
11
(2) Auf der Prämisse der unter (1) dargestellten Herangehensweise läßt sich auch
eine kollektive Identität von Staaten denken: Aufgrund von Gemeinsamkeiten
zwischen Staaten scheint es vorstellbar, daß die Verbindungen zwischen Staaten
über eine Zweckvereinigung hinausgehen, die Mitgliedschaft in einem
Staatenkollektiv in starkem Maße die individuelle Existenz der beteiligten Staaten
prägt und das Staatenkollektiv nicht nur die individuellen Ziele seiner Mitglieder,
sondern auch kollektive Ziele verfolgt. Solches setzt eine klare Unterscheidung von
Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern voraus und läßt möglicherweise ein WirBewußtsein entstehen, über dessen Existenz und Verortung allerdings Unsicherheit
besteht. Wenn sich diese Bedingungen nachweisen ließen, könnte auch in
theoretisch konsistenter Weise von einer kollektiven Identität von Staaten
gesprochen werden (vgl. Wendt 1994: 388-394; Risse-Kappen 1995a, 1995b, 1996;
Busse 2000).14
(3) In den allermeisten Fällen sozialwissenschaftlicher Identitätsforschung bezeichnet
jedoch "kollektive Identität" das Selbstbild und Wir-Bewußtsein einer Gruppe von
Individuen, die sich durch bestimmte Gemeinsamkeiten von ihrer Umwelt abgrenzen.
Auf Nationalstaaten angewendet steht damit in den meisten Fällen die innerstaatliche
Konstitution "nationaler" Identität im Mittelpunkt, wie sie im Rahmen der
Nationalismus-Forschung vielfach untersucht wurde (vgl. als Überblick Estel 1994).
Solche nationale Identität zeichnet sich aus durch ein Identifikationsangebot, welches
nicht nur die substantiellen Gemeinsamkeiten (Abstammung, Siedlungsgebiet,
Sprache etc.) betont, sondern auch durch interpretative Prozesse ein bestimmtes
Bild der Nation erst hervorbringt (vgl. Anderson 1993), also auf objektiven und
14
Gegen die Vorstellung einer kollektiven Identität von Staaten lassen sich jedoch
zahlreiche Vorbehalte anbringen, nicht nur bei der Frage, worin sich das Wir-Bewußtsein unter Staaten manifestieren sollte, sondern auch bezüglich der Motivation,
welche Staaten in die über eine Zweckvereinigung hinausgehende Verbundenheit
miteinander treiben sollte. Auf der individuellen Ebene wird die kollektive Identitätsbildung dadurch befördert oder vielleicht sogar erst hervorgebracht, daß offenbar bei
jedem Individuum der Wunsch vorhanden ist, zu einer gegenüber der Outgroup
positiver bewerteten Ingroup zu gehören (vgl. Tajfel/Turner 1986). Dieses Movens
läßt sich jedoch nicht für Staaten annehmen (vgl. jedoch Mercer 1995) und nur dann
auf eine internationale Ebene übertragen, wenn der Staat als einheitlicher Akteur
aufgelöst wird und es beispielsweise um die kollektive Identität aller EuropäerInnen
geht (vgl. etwa Münch 1993: 15-104). Damit aber sind nicht mehr die Staaten,
sondern Individuen Träger kollektiver Identität, womit die Vorstellung einer kollektiven
Identität von Staaten in Widersprüchlichkeiten gerät.
12
subjektiven Merkmalen basiert. Dem steht auf der individuellen Ebene ein starkes
Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit gegenüber, weil die Einzelnen darüber ihre
soziale Identität ausbilden (Estel 1994: 35) und auch ihr individuelles
Selbstwertgefühl davon profitieren kann, denn der Ingroup werden bei diesem
Prozeß der Identitätsbildung vornehmlich positive Werte zugewiesen.15
(4) Das letzte Feld der Matrix betrifft die soziale Identität der Individuen, die, wie
eben erwähnt, durch die Mitgliedschaft in bestimmten Kollektiven gebildet wird
(Tajfel/Turner 1986). Dabei spielen aber nicht nur solche Gemeinschaften und
Gruppen eine Rolle, denen Menschen primär aufgrund objektiver Merkmale
zugeordnet werden, sondern vor allem solche Kollektive, denen wir uns selbst
zuordnen. Um uns in der sozialen Umwelt orientieren zu können, müssen wir mit
Hilfe sozialer Kategorien definieren, wer wir sind (vgl. Oakes et al. 1994). Aus diesem
Kategorisierungsprozeß, der mit jeglicher Wahrnehmung der sozialen Umwelt
verbunden ist, entwickelt das Individuum seine soziale Identität, indem es sich selbst
einer Gruppe zuordnet, die sich in dem gerade relevanten Aspekt klar von allen
Nicht-Mitgliedern unterscheidet.16 Die bei der Wahrnehmung vorgenommene
Kategorisierung ordnet die soziale Welt nach Ingroups und Outgroups, was nicht nur
Orientierung schafft, sondern auch die soziale Identität des einzelnen Individuums
bestimmt. Die Bildung sozialer Identität erfolgt also durch Selbstkategorisierung,17
durch Zuordnung der eigenen Person zu bestimmten sozialen Kategorien.18 Dieser
Prozeß scheint der Bildung kollektiver Identitäten vorauszugehen, weshalb er im
15
Eine starke kollektive Identität existiert, wenn sehr viele Bereiche des individuellen
Lebens durch die Mitgliedschaft im Kollektiv geprägt werden und diese Gemeinschaft
überindividuell-allgemeine Zielsetzungen verfolgt (Estel 1994: 33f).
16
"Wir klassifizieren nicht nur andere als Mitglieder dieser oder jener Gruppe, sondern
wir weisen auch uns selbst einen Platz in Beziehungen zu eben diesen Gruppen zu.
Unser Gefühl der Identität ist mit anderen Worten eng verbunden mit unseren
verschiedenen Gruppenmitgliedschaften" (Brown 1990: 420).
17
Die Theorie der sozialen Identität, auf deren Erkenntnisse ich hier zurückgreife (vgl.
Tajfel/Turner 1986), wurde unter einer konstruktivistischen Perspektive zur SelfCategorization Theory (Oakes et al. 1994) weiterentwickelt. Zur Anwendung dieser
Theorien auf Gruppenverhalten und politische Identitäten vgl. auch Monroe et al.
(2000).
18
Dies scheint mir der entscheidende Punkt zu sein, an dem der Analogieschluß von
der Identität von Individuen zu der von Staaten seine Tragfähigkeit verliert, denn
Staaten haben keinen Wahrnehmungsapparat, der mit Rücksicht auf das eigene
Selbstwertgefühl Selbstkategorisierungen vornimmt (vgl. Weller 1999, 2000).
13
Nachfolgenden zur theoretischen Grundlage der Analyse kollektiver Identitäten in der
Weltgesellschaft gemacht und dort noch ausführlicher dargestellt wird (siehe unten
Abschnitt 5).
Die Identitäts-Diskussion in den Internationalen Beziehungen bewegt sich bis heute
vor allem in und zwischen den Feldern 1 und 3 der Abbildung. Die Identität von
Staaten sei sowohl ein Produkt zwischenstaatlicher Beziehungen als auch eine
kollektive Identität der Staatsangehörigen (vgl. Jepperson et al. 1996). Diese zwei
Formen staatlicher Identitätsbildung werden vielfach vermischt oder gar
gleichgesetzt, obwohl sie in erheblichem Maße voneinander differieren, in
Konkurrenz zueinander stehen oder sogar miteinander in Konflikt geraten können. In
jüngster Zeit wird in den Internationalen Beziehungen auch ein Identitäts-Begriff
verwendet, der vornehmlich eine kollektive Identität unter Staaten (Feld 2 der Matrix)
bezeichnen soll (vgl. etwa Busse 2000), ohne bei der Analyse der kollektiven
Identität jedoch die rein zwischenstaatliche Perspektive konsequent beizubehalten.
Daraus resultiert dann eine Herangehensweise, die munter zwischen den MatrixFeldern 2 und 3 hin und her wandert und sich jeglicher Festlegung über die Träger
kollektiver Identität - neben Bevölkerungen und Staaten können es hier und da auch
Staatsoberhäupter, politische Eliten, Repräsentantinnen und -tanten oder ähnliches
sein - enthält.
Damit aber wird der analytischen Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet, denn es
bedeutet, die Differenzen zwischen gesellschaftlich gebildeter "nationaler Identität",
international geprägter "staatlicher Identität" und einer offensichtlich auch
beobachtbaren kollektiven Identität unter Staaten zu ignorieren. Schon allein die
kollektive Identität der Bevölkerung eines Staates - die vielfach als "nationale
Identität" bezeichnet wird -, kann zu ethnischen oder kulturellen Identitäten in
Konkurrenz stehen (Bsp. Minderheitenkonflikte), wenn die Grenzziehung für die
kollektive Identitätsbildung nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern an der
Abstammung oder an kulturellen Differenzen festgemacht wird. Solche
Gemeinsamkeiten (Bsp. ethnische oder religiöse Identitäten) werden scheinbar tiefer
empfunden und können leichter Gemeinschaftshandeln hervorbringen als das
formale Institut der Staatsbürgerschaft. Und auch eine unumstrittene "nationale
Identität" - als kollektive Identität der Bevölkerung eines Staates - wird nur in seltenen
14
Fällen mit der international geprägten "staatlichen Identität" übereinstimmen. Dies
kann nur dann der Fall sein, wenn in bestimmten Zusammenhängen die
Staatsangehörigkeit bestimmenden Einfluß auf viele Bereiche des individuellen
Lebens bekommt und sich alle StaatsbürgerInnen mit den staatlichen Zielen
identifizieren können, welche die inhaltliche Ausgestaltung der "staatlichen Identität"
innerhalb des internationalen Systems geprägt haben.
Folglich kann eine zentrale Bedeutung des Staates für die Bildung kollektiver
Identitäten aus vielerlei Gründen nicht einfach vorausgesetzt werden, wie dies in den
Identitäts-Diskussionen der Internationalen Beziehungen ganz häufig der Fall ist. Die
Fragen nach "Form" und "Träger" von Identität, wie sie in Abb. 1 dargestellt wurden,
lassen sich nicht umgehen, wenn nicht-beliebige Zusammenhänge zwischen
Identitäten und politischem Handeln aufgezeigt oder gar erklärt werden sollen. Zu
diesen Fragen bietet die soziologische und sozialpsychologische Forschung zu
kollektiven Identitäten auf gesellschaftlicher Ebene zahlreiche weiterführende
Ansätze, auch für die Fragestellungen der Internationalen Beziehungen (vgl. dazu
Weller 1999: Kap. 5), die im folgenden Abschnitt vorgestellt werden.
4.
Kollektive Identitäten auf gesellschaftlicher Ebene
Bei der soziologischen Analyse kollektiver Identitäten standen über lange Zeit
"nationale Identitäten"19 als eine besondere Form kollektiver Identitätsbildung (vgl.
Bevers 1992: 249) im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. In der NationalismusForschung und daran angelehnten Untersuchungen kollektiver nationaler Identitäten
wird davon ausgegangen, daß nationale Identitäten aus objektiven und subjektiven
Aspekten gebildet werden, also weder gemeinsame Abstammung und kulturelle
Übereinstimmung noch das subjektive Wir-Bewußtsein alleine ausreicht, um eine
19
Auf dem Hintergrund des bisher Dargelegten ist offensichtlich, daß der Begriff
"nationale Identität" sehr unpräzise ist, weil er in der Regel von einer
Übereinstimmung von Nation und Staat ausgeht, die häufig nicht gegeben ist.
Vielmehr werden Identitätsbildungs-Prozesse gerade dort politisch bedeutsam, wo
die Grenzen kollektiver Identitäten nicht mit Staatsgrenzen übereinstimmen. Doch in
der Literatur, auf die hier Bezug genommen wird (etwa Smith 1991; Wodak et al.
1998; Giesen 1991 und Estel 1994), dominiert in diesem Zusammenhang der Begriff
"nationale Identität", der in genau diesem Sinne hier verwendet wird.
15
nationale kollektive Identität hervorzubringen. Objektive Gemeinsamkeiten "bilden
grundsätzlich nur das Rohmaterial, aus dem in entsprechenden Wissensprozessen
ein Teil ausgewählt, mehr oder minder interpretativ aufbereitet und in dieser Form
zum Bau der nationalen Identität verwendet wird" (Estel 1994: 32, Hervorh. dort). Es
geht also in starkem Maße um die Konstruktion nationaler Identität, die ständig
reproduziert werden muß, um nicht von konkurrierenden kollektiven Identitäten in
den Hintergrund gedrängt zu werden.
Für diese kollektiven Identitäten haben sich die Entstehungsbedingungen aber
angesichts weltgesellschaftlicher Entwicklungen in starkem Maße gewandelt,
vergleicht man sie mit jenen, die in den vergangenen hundert Jahren zur Bildung
nationaler Identitäten führten. Nationale Identität hatte einen starken territorialen
Bezug, der heute durch die modernen Transport- und Kommunikationstechniken
immer mehr an Bedeutung verliert. Die steigende Heterogenität und
Internationalisierung massenmedialer Öffentlichkeiten läßt zudem die
Kommunikationsvoraussetzungen zunehmend schwinden, die es nationalstaatlichen
Eliten ermöglichten, nationale Identität zu stiften (vgl. Giesen 1993). Außerdem trägt
die Individualisierung in modernen Gesellschaften dazu bei, daß keine, auch nicht die
nationalstaatliche kollektive Identität mehr jene Exklusivität beanspruchen kann, die
ihr in früheren Zeiten zukam. Institutionen als materialisierte Stützen kollektiver
Identität beziehen sich heute in vielen Fällen auf regionale, inter-, trans- oder
supranationale Zusammenhänge und schwächen damit sowohl nationale Identitäten,
wie sie zugleich die Bildung Staatsgrenzen überschreitender kollektiver Identitäten
befördern können (siehe dazu unten Abschnitt 6).
Aufgrund dieser veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gibt es heute
neben solchen nationalen auch vielfältige andere kollektive Identitäten, die politisch
bedeutsam sind oder bedeutsam werden können. Für die internationale Politik sind
dies insbesondere transnationale und regionale kollektive Identitäten, die sich parallel
zu nationalen Identitäten herausbilden. So läßt sich beispielsweise eine
transnationale kollektive Identität dort beobachten, wo etwa die international
zusammengesetzten Mitglieder und SympathisantInnen der internationalen
Umweltbewegung gemeinsam gegen verschiedene Regierungen und Lobbys
entsprechender Unternehmen - auch des eigenen Staates - agieren. Auch der Ost-
16
West-Konflikt oder die Integration Europas brachten Staatengrenzen übergreifende
kollektive (regionale) Identitäten hervor, die seit den 1980er Jahren zunehmend in
Konkurrenz zu nationalstaatlichen Identitäten gerieten. Diese Entwicklungen und
Veränderungen lassen sich mit Konzepten nationaler Identitäten nicht mehr erfassen,
Internationalisierung, Entgrenzung, Denationalisierung oder Globalisierung bewirken
eine Transformation kollektiver Identitäten, die ein differenzierteres Analysekonzept
erfordert.
Es scheint, daß in der sich entwickelnden Weltgesellschaft20 viele neue
Möglichkeiten kollektiver Identitätsbildung entstehen und die nationalstaatliche nur
noch eine unter verschiedenen bedeutungsvollen Formen kollektiver Identitätsbildung
ist. Dies wirft nicht nur die Frage auf, wie sich transnationale oder regionale kollektive
Identitäten bilden, sondern auch, welche Bedeutung sie in Relation zu
nationalstaatlichen Identitäten erlangen können. Die Rolle kollektiver Identitäten in
der Weltgesellschaft läßt sich nur mit einem Identitäts-Konzept erfassen, welches
offen ist für subjektive oder themenorientierte Grenzziehungen, denn die
Gemeinsamkeiten, auf deren Grundlage sich kollektive Identitäten bilden können,
sind in Zeiten der Entgrenzung (vgl. Brock/Albert 1995) nicht mehr an Territorialität
gebunden. Zudem steht heute die kompromißlose Verfolgung "nationaler Interessen"
der Problembearbeitung in der internationalen Politik meist entgegen, die globale
Perspektive verlangt geradezu die nationale Kompromißfähigkeit und damit eine
Begrenzung der Bedeutung nationalstaatlicher Identitätsbildung für die Generierung
außenpolitischer Ziele.
20
Die Weltgesellschaft ist gekennzeichnet von der Institutionalisierung
grenzüberschreitender Beziehungen und der Diffusion von Akteuren in der
internationalen Politik (Forschungsgruppe Weltgesellschaft 1996). Damit sollen
sowohl die Herausbildung von Normen und Institutionen zwischen Staaten im Sinne
der Konstituierung einer "internationalen Gesellschaft" als auch die
Ausdifferenzierung von Handlungsebenen im Sinne der Einbeziehung inner- und
zwischengesellschaftlicher Beziehungen als neben den zwischenstaatlichen
Beziehungen gleichberechtigte Dimensionen weltgesellschaftlicher Analyse erfaßt
werden.
17
Sowohl aus empirischen als auch aus normativen Gründen sind die Internationalen
Beziehungen also gefordert, ein analytisches Instrumentarium zu entwickeln, das
dem Bedeutungsverlust des Nationalstaates auch auf der Ebene kollektiver
Identitätsbildung Rechnung trägt (vgl. Tilly 1998: 408). Dies kann sich jedoch nicht
darin erschöpfen, neben nationalen nun auch anderen kollektiven Identitäten
bedeutende Wirkungen für die internationale Politik zuzuschreiben, sondern muß
sich vor allem den Fragen nach Entstehung und Wandel kollektiver Identitäten
zuwenden. Hierfür scheint mir das oben schon kurz vorgestellte Konzept sozialer
Identität (vgl. oben Abbildung 1, Feld 4) ein vielversprechendes Angebot zu machen,
denn hier stehen nicht die objektiv-substantiellen Gemeinsamkeiten einer Gruppe im
Vordergrund, sondern die subjektiven Übereinstimmungen individueller
Wahrnehmungsprozesse. Dieser Perspektivenwechsel läßt sich gewissermaßen als
analytische Anpassung an die sich beschleunigenden weltgesellschaftlichen
Entwicklungen verstehen (vgl. Weller 2000a).
5.
Soziale Identität durch Selbstkategorisierung
Die sozialpsychologische Theorie der sozialen Identität (Tajfel/Turner 1986) und in
ihrer Weiterführung die Social Categorization Theory (Turner 1987; Oakes et al.
1994) zielen darauf ab, den Zusammenhang zwischen den Wahrnehmungen der
sozialen Umwelt und individuellem Handeln im gesellschaftlichen Kontext zu
erhellen. Solchem Handeln kann immer nur eine die Vielgestaltigkeit der Welt
vereinfachende Wahrnehmung zugrundeliegen, denn auch in scheinbar
überschaubaren Situationen wie etwa einer Seminardiskussion können wir weder bei
unseren Wahrnehmungen und noch weniger beim Handeln die Individualität aller
TeilnehmerInnen berücksichtigen. Stattdessen kategorisieren wir, strukturieren die
soziale Welt nach in dieser Situation angemessenen und hilfreichen Mustern, also
etwa nach BefürworterInnen und GegnerInnen unserer eigenen Position in der
angesprochenen Seminardiskussion. Solche soziale Kategorisierung versetzt uns in
die Lage, in gesellschaftlichen Kontexten zu agieren, und sie bringt zugleich das
hervor, was in diesem Theoriezusammenhang als "soziale Identität" bezeichnet wird.
18
"Social categorization allows the perceiver to structure the causal
unterstanding of the social environment as a guide to action. Importantly, it
also provides a system of orientation for self-reference, creating and defining
the individual's place in society" (Oakes et al. 1994: 81; Hervorh. dort).
Aus dieser individuellen Selbst-Definition in einem sozialen Kontext (Tajfel 1978: 61f)
ergibt sich die soziale Identität eines Individuums, die folglich durch die
Selbstzuordnung zu einer "Gruppe" aufgrund der Kategorisierung bei der
Wahrnehmung der sozialen Umwelt zustandekommt. Mit "sozialer Identität" werden
dann diejenigen Aspekte des Selbstbildes eines Individuums bezeichnet, die sich aus
den sozialen Kategorisierungen ergeben, zu welchen es sich zugehörig wahrnimmt
(Tajfel/Turner 1986: 16).21 Aus diesem Grund hat die bei der individuellen
Wahrnehmung vorgenommene Kategorisierung entscheidende Bedeutung für diese
Form sozialer Identität.22
Diese individuellen Wahrnehmungsprozesse bilden gewissermaßen den
sozialpsychologisch untersuchten Hintergrund der Bildung "kollektiver Identitäten".
Die aus der Selbstwahrnehmung in einem sozialen Kontext resultierende soziale
Identität bildet die Grundlage kollektiver Identität, die dann entsteht, wenn die
Mitglieder eines Kollektivs übereinstimmende soziale Identitäten ausbilden. Dem geht
die Kategorisierung bei der Wahrnehmung voraus, die in Fällen einer kollektiven
Identität innerhalb einer Gruppe weitgehend übereinstimmen muß. Kollektive
Identität entsteht also immer dann, wenn die Mitglieder eines Kollektivs sich selbst
primär als Mitglieder dieses Kollektivs wahrnehmen und damit eine
Entpersonalisierung sowohl der Wahrnehmung als auch des Verhaltens stattfindet
(vgl. Weller 2000a: 64f).23 Mit dieser sozialpsychologischen Fundierung steht uns ein
Konzept "kollektiver Identität" zur Verfügung, mit dem sich nicht nur die Ausbildung
21
"Seen from this intergroup perspective of social identity, social categorization can
therefore be considered as a system of orientation which helps to create and define
the individual's place in society" (Tajfel 1978: 63).
22
Welche Mechanismen diese Kategorisierung auf der individuellen Ebene steuern, ist
für das hier vorzustellende Konzept kollektiver Identität von untergeordneter
Bedeutung; vgl. hierzu Oakes et al. (1994); Weller (1992, 1993, 1995).
23
Auf den langfristigen Trend, daß es in modernen Gesellschaften zunehmend weniger
zur Übereinstimmung sozialer Identitäten kommt, hat Elias (1987: 210; 1996: 148159) hingewiesen; vgl. dazu auch Simon/Mummendey (1997: 24-35).
19
"nationaler Identitäten" - in dem oben beschriebenen traditionellen Verständnis analysieren läßt, sondern jegliche Form kollektiver Identitätsbildung, die den
Mitgliedern eines Kollektivs zu ihrem Wir-Bewußtsein verhilft und damit die
entsprechende Gruppe kollektiv handlungsfähig macht (vgl. Monroe et al. 2000).
Diese Identitäts-Theorie, welche in der sozialen Identität von Individuen die
Grundlage jeglicher kollektiven Identität sieht, eröffnet die Möglichkeit, ganz
verschiedene kollektive Identitäten zu analysieren und auf ihren Einfluß für das
politische Handeln der entsprechenden Kollektive hin zu untersuchen. Demnach sind
nationale Identitäten nur eine unter ganz verschiedenen Möglichkeiten kollektiver
Identitätsbildung.24 Wenn es um die Wahrnehmung der internationalen Politik geht,
können prinzipiell verschiedene Kategorisierungen vorgenommen werden, um zum
einen die Vielgestaltigkeit der Welt zu reduzieren und zum anderen eine
Wahrnehmung über den eigenen (individuellen) Platz in diesem sozialen Kontext zu
bekommen: Über viele Jahre hinweg dominierte etwa der Ost-West-Konflikt die
allermeisten Wahrnehmungen der internationalen Politik. Wenn damals in der sog.
"Dritten Welt" ein inner- oder zwischenstaatlicher Konflikt ausbrach, wurde dieser in
den meisten Fällen innerhalb eines Ost-West-Schemas wahrgenommen. Solche
Kategorisierungen schufen Orientierung in einer ansonsten unverstanden bleibenden
Welt: So wurde bei der Bewertung von Waffen (unsere sichern den Frieden, die
Waffen der Gegenseite gefährden ihn), Militärstrategien oder auch nur
Handelsbeziehungen (alle Technologien, die auch militärisch genutzt werden
könnten, dürfen nicht in Staaten des Warschauer Pakts exportiert werden - Cocom)
die Welt der internationalen Politik nach der einfachsten aller Möglichkeiten (wir und
die anderen, Ingroup/Outgroup, West/Ost) kategorisiert und entsprechend gehandelt.
Dieses Wahrnehmungsschema war so dominant, daß es auch bei der Vergabe von
Entwicklungshilfe Anwendung fand, obwohl in diesem Bereich ganz andere Kriterien
bedeutsam gewesen wären.
24
Zur Übertragung der Theorie sozialer Identität auf die Analyse von
Nationalbewußtsein vgl. auch Schäfer/Schlöder (1990).
20
Mit dem Ost-West-Schema ist nur eine von vielen möglichen Kategorisierungen bei
der Wahrnehmung der internationalen Politik angesprochen. Mit dem Wegfall des
Ost-West-Konflikts entstand eine neue Offenheit für Wahrnehmungen und
Kategorisierungen der internationalen Politik. Eines der dafür angebotenen neuen
Weltbilder war die Vorstellung vom "Kampf der Kulturen" (Huntington 1993), die in
der These vom "west against the rest" gipfelte und für bestimmte Interpretationen
des Golf-Kriegs 1990/91 herangezogen wurde. Ein anderes Weltbild sah in den
großen Wirtschaftsblöcken Europa, Amerika, Asien die dominante Kategorisierung
und erwartete ein entsprechendes politisches Handeln, welches Wirtschaftskonflikte
zwischen den Blöcken verschärfen und alle anderen Aspekte der internationalen
Politik in den Hintergrund drängen würde. Wieder andere Vorstellungen sahen die
Einzelstaaten oder Gesellschaften ihre Handlungsfähigkeit zurückgewinnen und
erwarteten nach Ende des Ost-West-Konflikts eine Renationalisierung der
internationalen Politik, anderen erschien die Globalisierung und Internationalisierung
das dominante Strukturmerkmal am Ende des Jahrhunderts zu sein.
Allen diesen Vorstellungen und Weltbildern ist gemeinsam, daß sie bestimmte
Unterscheidungen zur Beschreibung der Welt verwenden.25 Die Vielgestaltigkeit
dessen, was wir wahrnehmen könnten, wird anhand weniger Kategorien zu einem
handhabbaren Weltbild geformt, welches uns eine in der Regel ausreichende
Orientierung über die internationale Politik verschafft und zugleich uns selbst einen
bestimmten Platz in dieser - internationalen - Welt beschert. Bei Huntington (1993)
sind wir der Westen, der seine Werte gegen den Rest der Welt verteidigen muß; im
Weltbild der großen Wirtschaftsblöcke haben wir Europäer es mit zwei gefährlichen
Konkurrenten um Marktanteile und Absatzmärkte in der Welt zu tun; wird uns die
internationale Politik als eine Bühne vorgeführt, auf der egoistische Staaten auf der
Grundlage ihrer nationalen Interessen agieren, nehmen wir uns nicht als
EuropäerInnen, sondern primär als Deutsche wahr; in der GlobalisierungsVorstellung tritt dagegen unsere Staatsangehörigkeit völlig in den Hintergrund und
die Zugehörigkeit - oder Nicht-Zugehörigkeit - zu international agierenden
25
Dies knüpft an die konstruktivistische Perspektive an, bei welcher der Begriff des
Beobachtens im Mittelpunkt steht, der definiert wird als "Operation des
Unterscheidens und Bezeichnens" (Luhmann 1990: 73); vgl. auch Luhmann (1990:
82, 93, 102) und Weller (2000b: Kap. 6).
21
Netzwerken spielt die entscheidende Rolle für unsere soziale Identität. Dies bleibt
nicht ohne Auswirkungen auf die kollektiven Identitäten, die sich heute bei der
Wahrnehmung der internationalen Politik herausbilden und entscheidenden Anteil an
der Handlungsfähigkeit kollektiver Akteure haben.
6.
Kollektive Identitäten in der Weltgesellschaft
Wenn im Zuge der Entwicklung einer Weltgesellschaft eine Akteursdiffusion und die
Ausdifferenzierung von Handlungsebenen (Forschungsgruppe Weltgesellschaft
1996: 18) stattfindet, so daß nichtstaatliche Akteure und transnationale Beziehungen
immer wichtiger werden, wird dies auch zunehmende Folgen bei der Wahrnehmung
der internationalen Politik und damit auch ihrer Kategorisierung haben (Tilly 1998:
408). So verläuft beispielsweise die zentrale Konfliktlinie bei internationalen
Verhandlungen zum Umweltschutz häufig nicht mehr zwischen Staatengruppen,
sondern zwischen internationalen Umweltschutz-Organisationen auf der einen und
den Regierungen von Staaten auf der anderen Seite, was auch zu veränderten
Selbstwahrnehmungen im Kontext der internationalen Umweltpolitik führt: Verläuft
die Kategorisierung entlang der Trennungslinie zwischen UmweltschützerInnen und
ihren GegnerInnen, nimmt ein Individuum sich selbst bei der Betrachtung der
internationalen Politik nicht mehr automatisch als primär einem Staat angehörig wahr
(nationalstaatliche Identität), sondern möglicherweise vornehmlich als Mitglied einer
transnationalen Interessengruppe. Daraus aber kann eine transnationale kollektive
Identität entstehen, die in Konkurrenz zur nationalstaatlichen Identität tritt.
Anhand des hier gewählten Beispiels wird auch deutlich, welche entscheidende Rolle
Konflikte für die Herausbildung kollektiver Identitäten spielen. Die Kategorisierung bei
der Wahrnehmung der sozialen Welt wird innerhalb eines Kollektivs am ehesten
dann in starkem Maße übereinstimmen, wenn ein Konflikt die Wahrnehmungen
prägt. Dabei ist nicht der substantielle Interessengegensatz zwischen den
Konfliktparteien entscheidend, sondern die Aufmerksamkeit, die ein solcher Konflikt
bei der Wahrnehmung der internationalen Politik auf sich ziehen kann. Wenn eine
bestimmte Konfliktlinie bei vielen Wahrnehmungen der internationalen Politik ständig
reproduziert wird, wie dies zu Zeiten des Ost-West-Konflikts der Fall war, bilden sich
22
auch starke kollektive Identitäten entlang dieser Konfliktlinie aus. Solche
übereinstimmenden Selbstwahrnehmungen als Mitglieder der Ingroup im Gegensatz
zur Outgroup bringen die Möglichkeit gefährlicher Eskalationen von Konflikten mit
sich, wie es auch bei einer starken Betonung nationaler Identitäten (Nationalismus)
der Fall ist.
Heute scheint noch völlig offen, welche kollektiven Identitäten die internationale
Politik des 21. Jahrhunderts bestimmen werden, ob wieder eine oder mehrere
globale Konfliktlinien die Kategorisierung der Wahrnehmungen so sehr dominieren
werden, daß ein gefährliches und eskalationsträchtiges Schwarz-Weiß-Denken
daraus resultieren wird, ob die Betonung nationaler Interessen die Einflüsse der
Globalisierung auf die kollektive Identitätsbildung beschränken und damit den
nationalen Identitäten ihren bestimmenden Platz in der internationalen Politik
erhalten kann oder ob die weltgesellschaftlichen Entwicklungen immer weitere
transnationale kollektive Identitäten entstehen lassen, die auch zu erhöhter
Handlungsfähigkeit dieser neuen Akteure auf der internationalen Bühne beitragen
könnten (vgl. Weller 2000a).
Aus dem hier vorgestellten Theorieansatz ergibt sich jedoch eindeutig, daß sich auch
bei stärksten Bemühungen nicht die eine globale kollektive Identität bilden kann.
Wahrnehmungen der sozialen Welt sind der Ausgangspunkt kollektiver
Identitätsbildung, und diese Wahrnehmungen bekommen ihre Bedeutung durch die
Kategorisierungen, die verwendet werden - oder in konstruktivistischen Termini
formuliert: Beobachten bedeutet unterscheiden, und bei der Beobachtung
(Wahrnehmung) der sozialen Welt ist die Grundunterscheidung jene zwischen der
Gruppe, zu der wir uns selbst zugehörig fühlen, und den anderen. Aus dieser
Gruppenzugehörigkeit aber resultiert die soziale Identität des einzelnen, die für unser
gesellschaftliches Leben unabdingbar ist. Nur durch solche Kategorisierungen ist das
einzelne Individuum in der Lage, den eigenen Platz im sozialen Kontext zu
bestimmen und wahrzunehmen (self-categorization); sie impliziert aber zwangsläufig
die Unterscheidung in mindestens zwei Kollektive, die Ingroup und die Outgroup.
23
Die eine globale kollektive Identität kann nach den Erkenntnissen der
Sozialpsychologie nicht die Perspektive für eine friedliche, gerechte und nachhaltig
wirtschaftende Welt abgeben. Diesem Ziel wäre vielmehr dann näherzukommen,
wenn möglichst verschiedene kollektive Identitäten sich in den unterschiedlichen
Feldern der internationalen Politik herausbildeten. Wenn verschiedene nationale,
regionale (z.B. europäische) und transnationale Identitäten in der internationalen
Politik wirksam sind, sinkt die Gefahr der vereinheitlichenden Schwarz-Weiß-Malerei
und damit auch die Möglichkeit, daß Konflikte mit Gewalt ausgetragen werden. Der
Krieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien wurde auch begrenzt durch
die sehr schwache kollektive Identität unter den Bevölkerungen der NATO-Staaten,
die in erheblicher Differenz zu den staatlichen Identitäten steht, welche die NATOStaaten sich durch ihr Agieren auf der zwischenstaatlichen Ebene verschaffen
wollen. Die kollektive Identität der serbischen Bevölkerung in Jugoslawien allerdings
wurde durch die NATO-Luftangriffe außerordentlich gestärkt und es wird besonderer
Anstrengungen bedürfen, die mit dieser kollektiven Identität einhergehende SchwarzWeiß-Kategorisierung bei der Wahrnehmung der internationalen und besonders der
europäischen Politik durch die serbische Bevölkerung abzulösen durch ein buntes
Geflecht verschiedener, sich vielfach überlappender kollektiver Identitäten.26
7.
Empirische Anwendungsfelder des Identitäts-Ansatzes
Am Ende dieser konzeptionellen Darlegungen sollen drei Beispiele für die empirische
Umsetzung des entwickelten Ansatzes angeführt werden, die an konkreten
Fragestellungen die Herangehensweise dieses Forschungsansatzes verdeutlichen.
Dabei geht es nicht um die Erfassung aller auf die internationale Politik bezogenen
kollektiven Identitäten, sondern um die Frage, ob sich in bestimmten Bereichen
starke kollektive Identitäten herausbilden, die zu kollektiver Handlungsfähigkeit
beitragen bzw. diese ermöglichen. Nach dem oben entwickelten Identitäts-Ansatz hat
die Ausbildung starker kollektiver Identitäten in der internationalen Politik drei
Voraussetzungen:
26
Zur Bedeutung massenmedialer Darstellung und kognitiver Kategorisierung der
Wahrnehmungen internationaler Politik für den Wandel außenpolitischer
Einstellungen vgl. Weller (2000b: Kap. 6).
24
-
Es muß dominierende Kategorisierungen bei der Wahrnehmung und Darstellung
der internationalen Politik geben;
-
diese Kategorisierungen müssen sich auf identitätstiftende Merkmale eines
Kollektivs beziehen;
-
sehr viele Mitglieder eines Kollektivs müssen entsprechend einer dieser
Kategorisierungen übereinstimmende soziale Identitäten ausbilden, aus denen
ein Wir-Bewußtsein resultiert.
Die oben schon angedeutete Anwendung des Identitäts-Ansatzes auf die Analyse
globaler Konfliktlinien wird sich zunächst den Kategorisierungen bei der
Wahrnehmung und Darstellung der internationalen Politik zuwenden. Ob
handlungsfähige Groß-Kollektive ähnlich denen im Ost-West-Konflikt entstehen,
deren Mitglieder mehrheitlich bereit sind, im Konfliktfall auch kollektive Gewalt
anzuwenden, hängt entscheidend davon ab, daß bei der individuellen Wahrnehmung
der internationalen Politik eine Unterscheidung dominiert, welche die Welt in eine
Ingroup und eine Outgroup einteilt. In diesem Falle würden die einzelnen ihre soziale
Identität im Kontext der internationalen Politik anhand dieser Kategorisierung bilden
und wären in den meisten Fällen auch bereit - wie dies zu Zeiten des Ost-WestKonflikts der Fall war -, zur Verteidigung oder Durchsetzung der Interessen der
Ingroup auch mit der Anwendung von Gewalt zu drohen oder sie sogar einzusetzen.
Daß die individuellen Wahrnehmungen der internationalen Politik bei den Mitgliedern
eines Groß-Kollektivs übereinstimmen, ist jedoch schon dadurch wahrscheinlich, daß
als Informationsquelle für dieses Politikfeld fast ausschließlich die Massenmedien
herangezogen werden können, die wiederum in den meisten Fällen auf die gleichen
Quellen zurückgreifen und daher in aller Regel ein übereinstimmendes Bild der Welt
entwerfen. Solange jedoch dieses Bild ganz verschiedene Kategorisierungen enthält
- Unterscheidungen zwischen Staaten, internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, Staatenverbänden, regionalen Organisationen etc. - und die
einzelnen Akteure nicht einem einheitlichen bewertenden Schema unterworfen
werden, werden bei der Wahrnehmung auch verschiedene kollektive Identitäten
aktiviert, so daß sich kein einheitliches Ingroup-Outgroup-Verhältnis entwickeln kann.
25
An diesem Zusammenspiel von kollektiven Identitäten und massenmedialer
Darstellung läßt sich jedoch erkennen, wie entscheidend die Vermittlungsinstanzen
der internationalen Politik für die Ausbildung globaler Konfliktlinien sind und wie sehr
sich eine Analyse auf die in massenmedialen Darstellungen verwendeten
Unterscheidungen bzw. Kategorisierungen konzentrieren sollte. Die Bereitschaft zu
kollektiver Gewaltanwendung setzt eine starke kollektive Identität voraus, die sich nur
dort formen kann, wo die Mitglieder eines Kollektivs im entsprechenden Kontext
übereinstimmende soziale Identitäten ausbilden; dem muß die einheitliche
Kategorisierung der internationalen Politik vorausgehen. Wenn sich solche
Vereinheitlichungen der Unterscheidung und Kategorisierung von Ingroup und
Outgroup zeigten, wären dies die Vorboten einer neuen globalen Konfliktlinie.
Ganz ähnlich wäre nach diesem Identitäts-Ansatz bei der Fragestellung vorzugehen,
unter welchen Bedingungen sich eine europäische kollektive Identität herausbildet
(vgl. Viehoff/Segers 1999). Wenn bei der Wahrnehmung der internationalen Politik
nicht die deutsche, sondern die europäische Außenpolitik die entscheidende Rolle
spielt, also Europa als die Ingroup erscheint, in der Mitglied zu sein einen wichtigen
Teil der sozialen Identität der Einzelnen darstellt, wird sich auch eine stärkere
kollektive europäische Identität ausbilden. Erscheint Europa dagegen in der
massenmedialen Darstellung als ein Zusammenschluß von Staaten, die jeweils
eifersüchtig darauf bedacht sind, ihre eigenen Interessen in Europa so gut es geht
durchzusetzen, ist die Kategorisierung der Wahrnehmung entlang einzelstaatlicher
Grenzen vorprogrammiert, wodurch die "nationalen" kollektiven Identitäten gestärkt
werden. Steht jedoch das gemeinsame europäische Ziel und die Unterscheidung
zwischen Europa und anderen Weltregionen im Mittelpunkt der Wahrnehmung
europäischer Politik, ist die Kategorisierung der Wahrnehmung eine andere, so daß
mit der sozialen Identität an der "Gruppenmitgliedschaft" in Europa partizipiert wird
(vgl. Weller 1997b). Nur wenn die Einzelstaaten und ihre Repräsentantinnen und tanten bei der massenmedialen Darstellung europäischer Politik zugunsten
europäischer Einigkeit und der damit entstehenden Differenzen mit außereuropäischen Staaten und Regionen in den Hintergrund treten, wird sich eine starke
europäische kollektive Identität ausbilden.
26
Ein drittes Anwendungsbeispiel des Identitäts-Ansatzes entstammt dem Politikfeld
Menschenrechte: Im Menschenrechtsdiskurs der vergangenen zehn Jahre können
wir erkennen, daß am ehesten in Asien eine Unterscheidung bzw. Kategorisierung
große Aufmerksamkeit erzielte, die identitätstiftenden Charakter hatte: Asiatische
Werte stehen dabei westlichen Werten gegenüber - wobei letztere mit einem
universalistischen Anspruch auftreten, was die kollektive Identitätsbildung derer
unterstützt, die sich bedroht fühlen und in eine Verteidigungsposition gebracht
werden.
Dieser Konflikt bringt fast zwangsläufig dominierende Kategorisierungen der
internationalen Politik hervor, schon deshalb, weil Konflikte in der Regel mehr
Aufmerksamkeit auf sich ziehen als Kooperation oder Integration. Schon allein der
Begriff "Asien-Krise" verdeutlicht, wie leicht eine Kategorisierung über den Kontext, in
dem sie entstanden ist, hinauswächst und damit auch die Wahrnehmung anderer
Politikfelder bestimmt. Auf diesem Hintergrund sind inzwischen mehrere
Forschungsprojekte angelaufen, die sich alle der grundlegenden Frage nach der
Asiatisierung Asiens zuwenden. Dabei geht es vornehmlich darum, den Einfluß von
Selbst- und Fremdwahrnehmungen im Sinne kollektiver Identitäten auf das politische
Handeln von Regierungen und Gesellschaften zu untersuchen (vgl. Timmermann
1999).
Dem oben vorgestellten Identitäts-Ansatz folgend lassen sich übereinstimmende
Selbstwahrnehmungen als kollektive Identitäten konzeptualisieren, die dann Einfluß
auf politisches Handeln gewinnen, wenn es sich um starke kollektive Identitäten
handelt. Die Fragestellung nach dem Einfluß kollektiver Identitäten auf das politische
Handeln im Politikfeld Menschenrechte setzt also zunächst voraus zu identifizieren,
wo sich im Menschenrechtsbereich starke kollektive Identitäten gebildet haben,27
denn erst dann kann etwas gesagt werden über die Bedeutung der Variable
"kollektive Identität" für die Ausbildung staatlich-gesellschaftlicher Positionen im
27
Es kann kaum oft genug darauf hingewiesen werden, daß kollektive Identitäten
sowohl situations- als auch kontextabhängig sind und daher aus ihrer Existenz zu
einem bestimmten Zeitpunkt in einem spezifischen Bereich kein Automatismus im
Hinblick auf andere Zusammenhänge folgt. Gleichwohl kann es durchaus erhebliche
Wirkungen kollektiver Identitäten über ihren prioritären Kontext hinaus geben, die
27
Menschenrechts-Bereich und den Einfluß kollektiver Identitäten auf die
Menschenrechts-Politik. Hieran wird die Prozeßhaftigkeit und die wechselseitige
Konstitution von Akteuren und Strukturen in der internationalen Politik deutlich: Die
Formulierung einer abweichenden Menschenrechts-Position durch asiatische
Regierungsvertreter brachte eine bestimmte Struktur der internationalen Politik im
Menschenrechts-Bereich hervor, die zur Bildung kollektiver Identitäten und damit zur
veränderten Handlungsfähigkeit von Akteuren führte, was sich wiederum in der
Struktur - sowohl in der materiellen ("Asienkrise") als auch in der ideellen ("Asiatische
Werte") niederschlägt. Um dies verstehen zu können, muß aber - wie es in einem am
Institut für Asienkunde in Hamburg angesiedelten Projekt geschieht,28 die Erfassung
der Positionen und Identitäten völlig unabhängig von der Analyse des politischen
Handelns vorgenommen werden. Nur auf diese Weise kann die Hypothese überprüft
werden, daß starke kollektive Identitäten im Menschenrechtsbereich Einfluß auf
politisches Handeln ausüben (vgl. dazu ausführlicher Weller 2000c).
Diese drei Beispiele für politisch bedeutsame kollektive Identitäten, die in starkem
Maße die internationale Politik beeinflussen könnten - sowohl in erwünschter
(Europa) als auch in unerwünschter (globale Konfliktlinie) Weise wie etwa auch der
am Beginn erwähnte Kosovo-Krieg - machen die zentrale Rolle kollektiver Identitäten
in der Weltgesellschaft deutlich. Weil am Übergang vom 20. ins 21. Jahrhundert nicht
mehr allein nationale kollektive Identitäten, sondern auch transnationale, regionale
oder funktionalen kollektive Identitäten bedeutsam werden, muß auch die Analyse
mit einem differenzierteren Instrumentarium vorgenommen werden als es die
Untersuchungen nationaler Identität anleitete. Durch den Rückgriff auf
sozialpsychologische Theorien wurde im vorliegenden Beitrag ein solcher IdentitätsAnsatz entwickelt und am Ende an einigen Beispielen aktueller Fragestellungen
plausibilisiert. Es sind jedoch nicht nur die aktuellen Konflikte und Kriege, die von den
Internationalen Beziehungen die Analyse der ihnen zugrundeliegenden kollektiven
Identitäten erfordern, es ist auch die normative Perspektive einer Friedensforschung,
jedoch vornehmlich von konkurrierenden Kategorisierungen und Identitäten abhängig
sind.
28
Ausführlichere Informationen zu diesem Projekt siehe: http://www.human-rightspolitics-and-east-asia.de/index.html; 28.8.2000.
28
die nach der Entstehung und dem Wandel kollektiver Identitäten fragen muß, wenn
sie die Bedingungen für den friedlichen Austrag von Konflikten erforschen will.
Literatur
Adler, Emanuel 1997: Seizing the Middle Ground: Constructivism in World Politics, in:
European Journal of International Relations 3: 3, 319-363.
Adler, Emanuel/Barnett, Michael 1998: A Framework for the Study of Security
Communities, in: Adler, Emanuel/Barnett, Michael (Hrsg.): Security
Communities, Cambridge, 29-65.
Agnew, John 1999: Mapping Political Power Beyond State Boundaries: Territory,
Identity, and Movement in World Politics, in: Millennium 28: 3, 499-522.
Anderson, Benedict 1993: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen
Konzepts, Frankfurt a.M.
Bach, Jonathan P.G. 1999: Between Sovereignty and Integration. German Foreign
Policy and National Identity after 1989, Münster.
Banchoff, Thomas 1999: German Identity and European Integration, in: European
Journal of International Relations 5: 3, 259-289.
Banerjee, Sanjoy 1997: The Cultural Logic of National Identity Formation:
Contending Discourses in Late Colonial India, in: Hudson, Valerie M. (Hrsg.):
Culture and Foreign Policy, Boulder, Colo., 27-44.
Bausinger, Hermann 1978: Identität, in: Bausinger, Hermann et al. (Hrsg.):
Grundzüge der Volkskunde, Darmstadt, 204-211.
Berger, Peter L./Thomas Luckmann 1969: Die gesellschaftliche Konstruktion der
Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie, 5. Auflage 1977, Frankfurt
a.M.
Bevers, Antonius M. 1992: "Identität", in: Reinhold, Gerd/Lamnek, Siegfried/Recker,
Helga (Hrsg.): Soziologie-Lexikon, München, 247-250.
29
Brock, Lothar/Mathias Albert 1995: Entgrenzung der Staatenwelt. Zur Analyse
weltgesellschaftlicher Entwicklungstendenzen, in: Zeitschrift für Internationale
Beziehungen 2: 2, 259-285.
Brown, Rupert 1990: Beziehungen zwischen Gruppen, in: Stroebe,
Wolfgang/Hewstone, Miles/Codol, Jean-Paul/Stephenson, Geoffrey M.
(Hrsg.): Sozialpsychologie. Eine Einführung, Heidelberg, 400-429.
Bukovansky, Mlada 1997: American Identity and Neutral Rights From Independence
to the War of 1812, in: International Organization 51: 2, 209-243.
Bush, Kenneth D./E. Fuat Keyman 1997: Identity-Based Conflict: Rethinking Security
in a Post-Cold War World, in: Global Governance 3: 3, 311-328.
Busse, Nikolas 2000: Die Entstehung von kollektiven Identitäten. Das Beispiel der
ASEAN-Staaten, Baden-Baden.
Campbell, David 1996: Violent Performances: Identity, Sovereignty, Responsibility,
in: Lapid, Yosef/Kratochwil, Friedrich (Hrsg.): The Return of Culture and
Identity in IR Theory, Boulder, Colo., 163-180.
Chafetz, Glenn/Hillel Abramson/Suzette Grillot 1997: Culture and National Role
Conceptions: Belarussian and Ukrainian Compliance with the Nuclear
Nonproliferation Regime, in: Hudson, Valerie M. (Hrsg.): Culture and Foreign
Policy, Boulder, Colo., 169-200.
Checkel, Jeffrey T. 1999: Norms, Institutions, and National Identity in Contemporary
Europe, in: International Studies Quarterly 43: 1, 83-114.
Crawford, Beverly/Lipschuz, Ronni D. 1997: Discourses of War: Security and th Case
of Yugoslavia, in: Krause, Keith/Williams, Michael C. (Hrsg.): Critical Security
Studies. Concepts and Cases, London, 149-185.
Cruz, Consuelo 2000: Identity and Persuasion. How Nations Remember Their Pasts
and Make Their Futures, in: World Politics 52: 2, 275-312.
Elias, Norbert 1987: Wandlungen der Wir-Ich-Balance, in: Schröter, Michael (Hrsg.):
Norbert Elias: Die Gesellschaft der Individuen, 3. Auflage, Frankfurt a.M.
1996, 207-315.
Elias, Norbert 1996: Was ist Soziologie? 8. Auflage, München.
30
Engelmann, Daniela/Knopf, Hans-Joachim/Roscher, Klaus/Risse, Thomas 1997:
Identität und Europäische Union: Die Diskussion um den Euro in
Großbritannien, Frankreich und Deutschland, in: König, Thomas/Rieger,
Elmar/Schmitt, Hermann (Hrsg.): Europäische Institutionenpolitik (Mannheimer
Jahrbuch für Europäische Sozialforschung, Band 2), Frankfurt a.M., 79-95.
Erikson, Erik H. 1956: Das Problem der Ich-Identität, in: Ders.: Identität und
Lebenszyklus, 17. Auflage, Frankfurt a.M. 1998, 123-215.
Estel, Bernd 1994: Grundaspekte der Nation, in: Estel, Bernd/Mayer, Tilman (Hrsg.):
Das Prinzip Nation in modernen Gesellschaften. Länderdiagnosen und
theoretische Perspektiven, Opladen, 13-81.
Fierke, K.M. 1996: Multiple Identities, Interfacing Games: The Social Construction of
Western Action in Bosnia, in: European Journal of International Relations 2: 4,
467-497.
Forschungsgruppe Weltgesellschaft 1996: Weltgesellschaft: Identifizierung eines
"Phantoms", in: Politische Vierteljahresschrift 37: 1, 5-26.
Giesen, Bernhard (Hrsg.) 1991: Nationale und kulturelle Identität. Studien zur
Entwicklung des kollektiven Bewußtseins in der Neuzeit, Frankfurt a.M.
Giesen, Bernhard 1993: Die Intellektuellen und die Nation. Eine deutsche
Achsenzeit, Frankfurt a.M.
Hartfiel, Günter/Hillmann, Karl-Heinz 1982: Wörterbuch der Soziologie, 3. Auflage,
Stuttgart.
Haußer, Karl 1989: "Identität", in: Endruweit, Günter/Trommsdorff, Gisela (Hrsg.):
Wörterbuch der Soziologie, Band 2: Ich - Rückkopplung, Stuttgart, 279-281.
Henrich, Dieter 1979: "Identität" - Begriff, Probleme, Grenzen, in: Marquard,
Odo/Stierle, Karlheinz (Hrsg.): Identität, München, 133-186.
Hörnig, Edgar/Klima, Rolf 1994: "Identität", in: Fuchs-Heinritz, Werner/Lautmann,
Rüdiger/Rammstedt, Otthein/Wienold, Hanns (Hrsg.): Lexikon zur Soziologie,
3. Auflage, Opladen, 286.
Hopf, Ted 1998: The Promise of Constructivism in International Relations Theory, in:
International Security 23: 1, 171-200.
31
Huntington, Samuel P. 1993: The Clash of Civilazations?, in: Foreign Affairs 72: 3,
22-49.
Jepperson, Ronald L./Alexander Wendt/Peter J. Katzenstein 1996: Norms, Identity,
and Culture in National Security, in: Katzenstein, Peter J. (Hrsg.): The Culture
of National Security. Norms and Identity in World Politics, New York, 33-75.
Jetschke, Anja/Andrea Liese 1998: Kultur im Aufwind. Zur Rolle von Bedeutungen,
Werten und Handlungsrepertoires in den internationalen Beziehungen, in:
Zeitschrift für Internationale Beziehungen 5: 1, 149-179.
Jetschke, Anja/Andrea Liese 1999: Kultur in den Internationalen Beziehungen. Zu
Stand und Perspektiven der Forschung, in: Österreichische Zeitschrift für
Politikwissenschaft 28: 3, 285-300.
Katzenstein, Peter J. (Hrsg.) 1996a: The Culture of National Security. Norms and
Identity in World Politics, New York.
Katzenstein, Peter J. 1996b: Introduction: Alternative Perspectives on National
Security, in: Katzenstein, Peter J. (Hrsg.): The Culture of National Security.
Norms and Identity in World Politics, New York, 1-32.
Kratochwil, Friedrich/Ruggie, John Gerard 1986: International Organization: A State
of the Art on an Art of the State, in: International Organization 40: 4, 753-775.
Laffey, Mark 2000: Locating Identity: Performativity, Foreign Policy and State Action,
in: Review of International Studies 26: 3, 429-444.
Lapid, Yosef/Friedrich Kratochwil (Hrsg.) 1996: The Return of Culture and Identity in
IR Theory, Boulder, Colo.
Luhmann, Niklas 1990: Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt a.M.
Marquard, Odo 1979: Identität: Schwundtelos und Mini-Essenz - Bemerkungen zur
Genealogie einer aktuellen Diskussion, in: Marquard, Odo/Stierle, Karlheiz
(Hrsg.): Identität, München, 347-370.
Mead, George Herbert 1934: Mind, Self, and Society. From the Standpoint of a
Social Behaviorist, Chicago, Ill. (deutsch: Geist, Identität und Gesellschaft aus
der Sicht des Sozialbehaviorismus. Mit einer Einleitung herausgegeben von
Charles W. Morris, Frankfurt a.M. 1973).
32
Mercer, Jonathan 1995: Anarchy and Identity, in: International Organization 49: 2,
229-252.
Monroe, Kristen Renwick/Hankin, James/Van Vechten, Renée Bukovchik 2000: The
Psychological Foundations of Identity Politics, in: Annual Review of Political
Science 3, 419-447.
Nyers, Peter 1999: Emergency or Emerging Identities? Refugees and
Transformations in World Order, in Millennium 28: 1, 1-26.
Oakes, Penelope J./Haslam, S. Alexander/Turner, John C. 1994: Stereotyping and
Social Reality, Cambridge, Mass.
Onuf, Nicholas Greenwood 1989: World of Our Making: Rules and Rule in Social
Theory and International Relations, Columbia, S.C.
Risse, Thomas 1999: Identitäten und Kommunikationsprozesse in der internationalen
Politik - Sozialkonstruktivistische Perspektiven zum Wandel in der
Außenpolitik, in: Medick-Krakau, Monika (Hrsg.): Außenpolitischer Wandel in
theoretischer und vergleichender Perspektive: Die USA und die
Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden, 33-57.
Risse, Thomas/Engelmann-Martin, Daniela/Knopf, Hans-Joachim/Roscher, Klaus
1999: To Euro or Not to Euro? The EMU and Identity Politics in the European
Union, in: European Journal of International Relations 5: 2, 147-187.
Risse-Kappen, Thomas 1994: Demokratischer Frieden? Unfriedliche Demokratien?
Überlegungen zu einem theoretischen Puzzle, in: Krell, Gert/Müller, Harald
(Hrsg.): Frieden und Konflikt in den internationalen Beziehungen, Frankfurt
a.M., 159-189.
Risse-Kappen, Thomas 1995a: Cooperation Among Democracies. The European
Influence on U.S. Foreign Policy, Princeton, N.J.
Risse-Kappen, Thomas 1995b: Democratic Peace - Warlike Democracies? A Social
Constructivist Interpretation of the Liberal Argument, in: European Journal of
International Relations 1: 4, 491-517.
Risse-Kappen, Thomas 1996: Collective Identity in a Democratic Community: The
Case of NATO, in: Katzenstein, Peter J. (Hrsg.): The Culture of National
Security. Norms and Identity in World Politics, New York, 357-399.
33
Ruggie, John Gerard 1998: What Makes the World Hang Together? NeoUtilitarianism and the Social Constructivist Challenge, in: International
Organization 52: 4, 855-885.
Schäfer, Bernd/Schlöder, Bernd 1990: Nationalbewußtsein als Aspekt sozialer
Identität, in: Leidinger, Paul/Metzler, Dieter (Hrsg.): Geschichte und
Geschichtsbewußtsein. Festschrift Karl-Ernst Jeismann zum 65. Geburtstag,
Münster, 309-348.
Simon, Bernd/Mummendey, Amélie 1997: Selbst, Identität und Gruppe: Eine
sozialpsychologische Analyse des Verhältnisses von Individuum und Gruppe,
in: Mummendey, Amélie/Simon, Bernd (Hrsg.): Identität und Verschiedenheit.
Zur Sozialpsychologie der Identität in komplexen Gesellschaften, Bern, 11-38.
Smith, Anthony D. 1991: National Identity, London.
Tajfel, Henri 1978: Social Categorization, Social Identity and Social Comparison, in:
Tajfel, Henri (Hrsg.): Differentiation Between Social Groups: Studies in the
Social Psychology of Intergroup Relations, London.
Tajfel, Henri/Turner, John C. 1986: The Social Identity Theory of Intergroup Behavior,
in: Worchel, Stephen/Austin, William G. (Hrsg.): Psychology of Intergroup
Relations, Chicago, Ill., 2. Auflage, 7-24.
Tilly, Charles 1998: International Communities, Secure or Otherwise, in: Adler,
Emanuel/Barnett, Michael (Hrsg.): Security Communities, Cambridge, 397412.
Timmermann, Martina 1999: Die Menschenrechtspolitik Japans, der Philippinen und
Indonesiens: Spiegel asiatischer Identität? DFG-Antrag im Rahmen des
Paketantrags "Asiatisierung Asiens?", Trier, unv. Ms.
Turner, John C. 1987: Rediscovering the Social Group. A Self-Categorization Theory,
Oxford.
Viehoff, Reinhold/Segers, Rien T. (Hrsg.) 1999: Kultur, Identität, Europa. Über die
Schwierigkeiten und Möglichkeiten einer Konstruktion, Frankfurt a.M.
Weiss, Birgit (Hrsg.) 1999: Kultur und Identität in den Theorien der Internationalen
Beziehungen (Schwerpunktthema, Österreichische Zeitschrift für
Politikwissenschaft 28: 3), Baden-Baden.
34
Weller, Christoph 1992: Feindbilder und ihr Zerfall. Eine Analyse des
Einstellungswandels gegenüber der Sowjetunion (Tübinger Arbeitspapiere zur
Internationalen Politik und Friedensforschung Nr. 18), Tübingen.
Weller, Christoph 1993: Das scheinbare Verschwinden der Feindbilder, in: Das
Baugerüst 45: 3, 210-214.
Weller, Christoph 1995: Feindbilder und Krieg, in: Berliner Debatte - Initial 6/95, 6978.
Weller, Christoph 1997a: Vergemeinschaftung im Prozeß der Entwicklung einer
Weltgesellschaft. Projektbericht und Studien (Institut für Politikwissenschaft
der TH Darmstadt), Darmstadt.
Weller, Christoph 1997b: Collective Identitites in International Relations. The Case of
a European Collective Identity. Paper prepared for the workshop on
"Theoretical, Methodological and Empirical Questions in the Study of National
Identities" at the European University Institute, 21-22 November 1997.
Weller, Christoph 1999: Kollektive Identitäten in der internationalen Politik.
Anmerkungen zur Konzeptualisierung eines modischen Begriffs, in: ReeseSchäfer, Walter (Hrsg.): Identität und Interesse. Der Diskurs der
Identitätsforschung, Opladen, 249-277.
Weller, Christoph 2000a: Collective Identities in World Society, in: Albert,
Mathias/Brock, Lothar/Wolf, Klaus Dieter (Hrsg.): Civilizing World Politics:
Society and Community beyond the State, Lanham, Md., 45-68.
Weller, Christoph 2000b: Die öffentliche Meinung in der Außenpolitik. Eine
konstruktivistische Perspektive, Wiesbaden.
Wendt, Alexander 1987: The Agent-Structure Problem in International Relations
Theory, in: International Organization 41: 3, 335-370.
Wendt, Alexander 1992: Anarchy is What States Make of It: The Social Construction
of Power Politics, in: International Organization 46: 2, 391-425.
Wendt, Alexander 1994: Collective Identity Formation and the International State, in:
American Political Science Review 88: 2, 384-396.
Wendt, Alexander 1999: Social Theory of International Politics, Cambridge.
35
Wodak, Ruth/de Cillia, Rudolf/Reisigl, Martin/Liebhart, Karin/Hofstätter, Klaus/Kargl,
Maria 1998: Zur diskursiven Konstruktion nationaler Identität, Frankfurt a.M.
Herunterladen