Kollektive Identitäten in der Weltgesellschaft Nationale, regionale und transnationale Identitäten im 21. Jahrhundert christoph weller Abstract Die Internationalen Beziehungen beschäftigen sich seit einigen Jahren verstärkt mit unterschiedlichsten Formen von Identität, wobei besonders "kollektiven Identitäten" viel Aufmerksamkeit zukommt. Die theoretische Tragfähigkeit solcher IdentitätsAnalysen leidet jedoch in erheblichem Maße unter der konzeptionellen und begrifflichen Vieldeutigkeit des Identitäts-Begriffs. Im ersten Teil des Beitrages werden solche begrifflichen und konzeptionellen Fragen thematisiert und vorliegende Ansätze systematisiert, ehe im zweiten Teil ein sozialpsychologisches Konzept "kollektiver Identität" vorgestellt wird. Dieses kann, im Gegensatz zum Konzept der "nationalen Identität", durch seinen Rückgriff auf den Zusammenhang von Wahrnehmung und sozialer Identität die ganze Vielfältigkeit kollektiver Identitätsbildungen in den Blick nehmen und scheint deshalb besonders geeignet, die kollektiven Identitäten in der Weltgesellschaft analytisch zu erfassen: Dem Bedeutungsverlust des Nationalstaats korrespondiert die Schwächung nationalstaatlicher Identitäten und die Möglichkeiten zur Entstehung vielfältiger transnationaler Identitäten, die sowohl das Potential für eskalierende Konflikte als auch für die Reduktion von Gewalt in der internationalen Politik in sich tragen. 2 1. Einleitung "Identität" ist mehr als ein Modewort der Internationalen Beziehungen am Ende der 1990er Jahre. Besonders eindrücklich zeigt sich dies an den substantiellen Beiträgen, welche sich mit dem Konflikt im ehemaligen Jugoslawien und den dabei konstituierten Identitäten beschäftigen (Fierke 1996; Campbell 1996; Bush/Keyman 1997; Crawford/Lipschutz 1997). Dabei wird offensichtlich, wie hilfreich - oder vielleicht sogar notwendig - die Kategorie "Identität" ist, um das Geschehen auf dem Balkan und die westlichen Reaktionen hierauf zu verstehen. Diese Analysen machen vor allem deutlich, wie eng das Agieren der NATO mit den Kategorien und Konzepten verknüpft ist, mit denen wir - AnalytikerInnen, PolitikerInnen, JournalistInnen, Bevölkerungen - die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien perzipieren. Der erste Krieg der NATO war nicht nur Konsequenz ihrer auf militärischen Druck vertrauenden Verhandlungsstrategie, sondern auch Produkt unserer konzeptionellen Instrumente, mit denen wir die Welt zu erfassen suchen. Aus diesem Grund müssen auch diese Instrumente Objekte der Untersuchungen sein, weshalb sich viele Identitäts-Analysen durch ein reflexives Element auszeichnen und damit auch metatheoretische Fragestellungen aufwerfen: Identitäten werden konstruiert und Wissenschaft ist Mitproduzentin der gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit der internationalen Politik (Berger/Luckmann 1969; Luhmann 1990). Mit Identitäts-Konzepten eröffnen sich somit Fragestellungen, die sich mit den die historische Phase des Ost-West-Konflikts dominierenden Ansätzen nicht oder nur unbefriedigend bearbeiten lassen. Zwar ist es noch zu früh, über Zusammenhänge von grundlegenden Veränderungen der internationalen Politik und einem Paradigmenwechsel in den Internationalen Beziehungen zu spekulieren,1 aber mit dem Ende des Ost-West-Konflikts traten die theoretischen und analytischen Probleme der vorher dominant diskutierten Ansätze so offensichtlich zu Tage, daß 1 Wichtige Beiträge zu den Forschungsperspektiven, die heute mit dem wenig hilfreichen label "Constructivism" versehen werden (vgl. Adler 1997; Ruggie 1998; Hopf 1998), entstanden nicht erst im Kontext des Endes des Ost-West-Konflikts; vgl. etwa Kratochwil/Ruggie (1986), Wendt (1987), Onuf (1989). 3 damit die Aufmerksamkeit und das Interesse an solchen Theoriegrundlagen befördert wurde, die über das enge Prämissen-Korsett von staatszentrierten Rational-Choice-Ansätzen hinausgreifen. Vor allem damit entstand der Raum für "Kultur" und "Identität" in den Internationalen Beziehungen (vgl. Lapid/Kratochwil 1996a; Weiss 1999).2 Daß mit dieser Abkehr vom Modell der reinen Nutzen-Maximierer "Identität" zum vielleicht meistbenutzten Wort in diesen Alternativ-Konzepten wurde,3 ist mehr oder weniger überraschend, möglicherweise jedoch vor allem seiner Vieldeutigkeit geschuldet. Noch jede intensive Diskussion von Identitäts-Analysen in den Internationalen Beziehungen beginnt oder endet gar mit den Fragen "Was wird mit 'Identität' überhaupt bezeichnet und wie läßt sie sich erforschen?"4 In diese begriffliche und konzeptionelle Verwirrung soll im Nachfolgenden etwas Ordnung gebracht werden, um zu einer produktiveren Kommunikation unter IB-IdentitätsForscherInnen beizutragen (Abschnitt 2). Dieses Systematisieren zielt zum einen darauf, verschiedene Konzepte und Ansätze voneinander zu unterscheiden (Abschnitt 3), und zugleich darüber hinaus, indem Verbindungslinien zu anderen Disziplinen und Forschungskontexten eröffnet werden, deren konzeptionelles Potential sich für die Internationalen Beziehungen nutzbar machen ließe (Abschnitte 4 & 5). Im Abschluß werden dann einige empirische Anwendungsfelder des vorgestellten Identitäts-Ansatzes dargestellt, der sich besonders dafür eignet, die Vergemeinschaftungsdimension weltgesellschaftlicher Entwicklungen analytisch zu erfassen. 2 Zur Kategorie "Kultur" in den Internationalen Beziehungen vgl. Jetschke/Liese (1998, 1999). 3 Vgl. allein in den herausragenden englischsprachigen IB-Zeitschriften: Bukovansky (1997); Agnew (1999); Banchoff (1999); Checkel (1999); Nyers (1999); Cruz (2000); Laffey (2000); Monroe et al. (2000). 4 Werden diese Fragen erst gar nicht aufgeworfen, sondern einer impliziten Beantwortung durch alltagssprachliche Assoziationen überlassen, bleibt der wissenschaftliche Ertrag zweifelhaft, denn die Sozialwissenschaften kennen kein breit anerkanntes Identitäts-Konzept (vgl. Hörnig/Klima 1994: 286; Bevers 1992: 247f). 4 2. Differierende Identitäts-Begriffe Auch wenn überall "Identität" draufsteht, kann doch Unterschiedliches drin sein diese begriffliche Elastizität von "Identität" ist kein Spezifikum der Internationalen Beziehungen, sondern der Sozialwissenschaften im allgemeinen (vgl. Bausinger 1978: 204; Marquard 1979: 347; Henrich 1979: 133). Wenn sich ganz allgemein mit Identität - in einem nicht philosophischen Sinne - eine Eigenschaft bezeichnen läßt, die von einer Person in einem sozialen Prozeß erworben wird, knüpft dies an die sozialpsychologische Begriffsbildung bei Mead (1934) und Erikson (1956) an, die sich auf die Analyseebene des einzelnen Menschen bezieht. Es geht um Ich-Identität (vgl. Hartfiel/Hillmann 1982: 319f; Haußer 1989: 279f). Nun dominiert aber in den Internationalen Beziehungen (noch immer) eine Betrachtungsweise, die von Staaten als den zentralen Akteuren der internationalen Politik ausgeht und konsequenterweise dann auch Staaten solche Identitäten zuweist.5 Wird solcherart ein ursprünglich sozialpsychologischer Begriff auf Staaten als Identitäts-Träger übertragen, läßt sich das Zustandekommen staatlicher Identität verstehen als sozialer Prozeß, in dem Staaten miteinander interagieren (Wendt 1992: 393; 1999) und dabei gewissermaßen zu ihrer staatlichen "Ich-Identität" finden. Dieses Interesse an der Identität von Staaten resultiert aus der inzwischen auch in den Internationalen Beziehungen angekommenen sozialkonstruktivistischen Einsicht (vgl. Berger/Luckmann 1980), Akteure und Strukturen als sich gegenseitig konstituierende Elemente der internationalen Politik aufzufassen (Wendt 1987; Jepperson et al. 1996: 40f; Risse 1999). Die Strukturen des internationalen Systems bringen dann Staaten mit bestimmten Identitäten hervor (Wendt 1992: 397) und diese Identitäten haben wiederum entscheidenden Einfluß auf die Interessen der Staaten (Jepperson et al. 1996: 52f, 60f). Ein solcher Identitäts-Begriff in den Internationalen Beziehungen könnte dann hilfreich sein, wenn die theoretischen Voraussetzungen und Konsequenzen des Analogieschlusses von der sozialen auf die internationaler Ebene präzise 5 Siehe zu diesem Analogieschluß Wendt (1992: Fn. 21; 1994; 1999). "I treat states as agents having identitites" (Wendt 1994: 392). Ebenso Jepperson et al. (1996: 33): "We argue that cultural environments affect not only the incentives for different kinds of state behavior but also the basic character of states - what we call state 'identity'" (Jepperson et al. 1996: 33). 5 herausgearbeitet und berücksichtigt würden. Hier klafft jedoch bis heute eine große Lücke.6 Auch in seinem jetzt erschienenen Buch "Social Theory of International Politics" verweist Wendt (1999: 11) darauf, daß er nicht das Zustandekommen und den Wandel der Identität von Staaten erklären, sondern nur auf das internationale System als einen nicht unbedeutenden Faktor für die Konstitution staatlicher Identität hinweisen wolle. Damit aber sind die begrifflichen und konzeptionellen Unklarheiten nicht zu beseitigen, die bis heute erheblichen Anteil an jener Skepsis haben, mit der Identitäts-Analysen in den Internationalen Beziehungen begegnet wird. Dies betrifft vor allem den Begriff "kollektive Identität", der in verschiedenen Bedeutungen verwendet wird, und damit zusammenhängend die Frage der Analyseebenen, auf denen verschiedenste Identitäten angesiedelt werden. Blieben in der IB-Perspektive auch die "kollektiven Identitäten" auf die von Wendt (1992) vorgeschlagene staatszentrierte Herangehensweise begrenzt, so daß es ausschließlich um "collective identity formation among states" (Wendt 1994: 388) ginge, würden sich zwar die Zweifel am zugrundeliegenden Analogieschluß verstärken,7 aber abgesehen von einer mißverständlichen Begrifflichkeit - denn "kollektive Identität" ist ein soziologisch geprägter Begriff, der sich dort auf die Vergemeinschaftung unter Individuen bezieht - wäre nichts zu beklagen.8 Diese klare Perspektive auf die zwischenstaatliche Analyseebene geht jedoch in der IBIdentitäts-Diskussion zunehmend verloren, ohne daß dies begrifflich-konzeptionell reflektiert würde. Katzenstein (1996b) etwa sieht die "state identities" nicht nur als 6 Prominent für den Fehlschluß, Staaten würden sich bei ihrer Identitätsbildung wie Individuen verhalten: Mercer (1995). Zur Kritik des Analogieschlusses vgl. Weller (2000a: 51-57). 7 Kollektive Identität setzt ein entwickeltes Wir-Bewußtsein bei den Beteiligten voraus, die eine Gemeinschaft und nicht nur eine Zweckvereinigung bilden (Estel 1994: 34). Wenn nun Staaten diese Gemeinschaft bilden, ist völlig unklar, wo dabei ein WirBewußtsein angesiedelt sein soll, denn in Wendts (1999) Konzeption soll gerade davon abgesehen werden, daß Staaten ein soziales Konstrukt ihrer Bevölkerungen sind. Zu dieser Kritik und zum Zusammenhang von kollektiver Identitätsbildung und Vergemeinschaftung vgl. ausführlicher Weller (1997a). 8 Allerdings enthält schon Wendt (1992) verschiedene Verwendungsweisen des Begriffs "collective identities": zum einen bezeichnet er das Gegenteil von "egoistic identities" (Wendt 1992: 395, 418) als inhaltliche Kennzeichnung bestimmter staatlicher Identitäten, zum anderen gibt es eine "collective 'European identity'" (Wendt 1992: 417), die stärker auf den genannten Analogieschluß angewiesen zu sein scheint. 6 Produkte zwischenstaatlicher Strukturen, sondern hierbei auch innerstaatliche Kräfte am Werk: "The identities of states emerge from their interactions with different social environments, both domestic and international" (Katzenstein 1996b: 24, meine Hervorh.).9 Zudem sind für ihn "collective identities" nicht mehr nur die zwischenstaatlichen Identitäten im Wendtschen Sinne, sondern "the constructed identity of states, governments, and other political actors" (Katzenstein 1996b: 4). Damit wird nicht nur der soziale Rahmen, innerhalb dessen Akteure zu ihrer Identität kommen, unklar, sondern es bleibt auch unbestimmt, wer in dieser Konzeption Träger von Identitäten ist bzw. sein kann (ähnlich auch bei Risse-Kappen 1995a, 1995b, 1996 und Adler/Barnett 1998). Der Unentschiedenheit, welche Struktur die für die internationale Politik entscheidende Identität eines Staates hervorbringt, korrespondiert die Beliebigkeit was die Träger von Identität betrifft. Indem Jepperson, Wendt und Katzenstein (1996: 53) mit ihrer Kategorie "environmental structure" nicht zwischen internationalen und innerstaatlichen Voraussetzungen für staatliche Identität unterscheiden,10 gibt es beliebig viele Strukturen, aus denen sich solche Identität ableiten läßt, die durchaus in Konkurrenz zueinander treten können. Im Golf-Krieg beispielsweise geriet die außenpolitische Identität des gerade vereinigten Deutschland, die sich aus den neuen Strukturen und Erwartungen des internationalen Systems nach dem OstWest-Konflikt ergab, in erheblichen Konflikt mit der kollektiven Identität der deutschen Bevölkerung, für die internationale militärische Kampfeinsätze der Bundeswehr nur schwer vorstellbar waren. Heute scheint dagegen in diesem Punkt eine weitgehende Übereinstimmung zu bestehen, was interessante Fragestellungen über das Zusammenwirken bzw. die gegenseitige Einflußnahme internationaler und staatlicher Identitätsbildung und ihres Wandels aufwirft (vgl. etwa Bach 1999). 9 Wo Wendt (1994: 385) noch zwischen der "corporate identity" und den "social identities" eines Staates unterschieden und sich explizit nur für die letzteren interessiert hatte (vgl. auch Wendt 1992: 423), wurde bei Jepperson, Wendt und Katzenstein (1996) ganz verschiedenes in einen Identitäts-Begriff integriert. 10 "Cultural or institutional elements of states' global or domestic environments - in this volume, most often norms - shape state identity" (Jepperson et al. 1996: 52, meine Hervorh.). 7 Was hat sich verändert, daß der Bundeswehr-Einsatz im Kosovo 1999 mit der "deutschen Identität" vereinbar erscheint? Welche Identität wird in Zukunft entscheidend sein für das außenpolitische Agieren Deutschlands? Was sind die Voraussetzungen für einen Wandel der kollektiven Identität eines staatlichen Kollektivs? Die Bearbeitung solcher und ähnlicher Fragestellungen setzt also nicht nur voraus, daß die identitätskonstituierenden Strukturen klar benannt und unterschieden werden, sondern auch, daß klar definiert wird, wer Träger der jeweiligen Identität ist. Während Wendt (1992, 1994) mit der Identität von Staaten vor allem die unterschiedliche zwischenstaatliche Konstitution des internationalen Systems in den Blick bekommen wollte - "Anarchy is What States Make of It" (Wendt 1992) -, geht mit der konzeptionellen Öffnung gegenüber innerstaatlichen, Identität konstituierenden Strukturen, wie sie der Band von Katzenstein (1996a) repräsentiert, die analytische Schärfe dieser Perspektive verloren. Diese konzeptionelle Öffnung ist notwendig, will man nicht in der, vom Neorealismus geprägten, beschränkten Perspektive allein auf Staaten verharren. Aber indem damit der Träger staatlicher Identität nicht mehr eindeutig bestimmt ist,11 vervielfachen sich die Einflußfaktoren auf solcherart Identität ein weiteres Mal. Der Versuch, dieser konzeptionellen Unklarheit über "staatliche Identität" mit dem Anknüpfen an die NationalismusForschung (vgl. Katzenstein 1996b: 24) beizukommen, ist nur bedingt hilfreich, denn die dort untersuchten nationalen kollektiven Identitäten sind gesellschaftlich konstituiert und eben nicht gleichzusetzen mit der Identität eines Staates im internationalen System. Werden diese Differenzierungen ignoriert, wird ein Großteil des analytischen Potentials von Identitäts-Konzepten verspielt. Übrig bleibt dann nur noch die Feststellung, daß alle Identitäten irgendwie bedeutsam seien - "national identities of states are crucial for understanding politics" (Katzenstein 1996b: 24 und Jepperson et al. 1996: 59) - und eine begriffliche wie konzeptionelle Verwirrung (ähnlich bei Busse 2000 und Risse et al. 1999). 11 Für Risse-Kappen (1994: 175f; 1995a: 205; 1995b: 505; 1996: 393) beispielsweise scheint es unerheblich, ob Staaten selbst, ihre Bevölkerungen, ihre "decision makers" oder ihre politischen Repräsentantinnen und -tanten die Träger staatlicher Identität sind (ähnlich auch Risse 1999); gleiches gilt für die sicherheitspolitische IdentitätsBildung bei Adler/Barnett (1998). 8 Doch die begrifflichen Suchbewegungen enden nicht selten in einer Hinwendung zu "nationalen Identitäten" (so etwa auch Münch 1993: 15f), mit denen dann solches Staatenverhalten erklärt werden soll, welches traditionellen Interessen-Ansätzen ein Rätsel bleiben muß:12 Die nationale Identität soll dabei eine, unter Rational-ChoiceGesichtspunkten unerwartete Interessenbildung bezüglich des Außenverhaltens eines Staates erklären. Ausgangspunkt - und damit Rechtfertigung, sich mit mehr als "Interessen" zu beschäftigen - ist in den meisten Fällen der Befund, daß entweder das Handeln von Staaten über Zeit konstant blieb, obwohl sich die Struktur, innerhalb derer das Handeln stattfand, verändert habe; oder daß Staaten Veränderungen beim Handeln aufwiesen, obwohl die Struktur konstant geblieben sei. Beides läßt sich mit "Interessen", die unter erheblichem Einfluß der jeweiligen Struktur gebildet werden, nicht so recht, mit "Identitäten" aber um so besser erklären: im ersten Fall hatte die "nationale Identität" des Akteurs größeren Einfluß auf sein Handeln als die Struktur, und die Identität war in diesem Fall über Zeit stabil geblieben; im zweiten Fall dagegen hatte der Staat seine "nationale Identität" verändert, was ihn trotz konstanter Struktur zu verändertem Handeln führte. Was solche nationalen Identitäten aber konstant sein läßt oder verändert, ist dann jeweils nur im Einzelfall zu klären; theoriefähig würde es dann, wenn die Voraussetzungen für IdentitätsWandel angegeben werden könnten.13 In einem solchen Konzept nationaler Identität kummuliert am deutlichsten die Unentschiedenheit, was genau mit solcher Identität gemeint sein soll, denn weder wird der Träger solcher nationalen Identität klar benannt (ist es der Staat, die Bevölkerung, die Regierung, die politische Elite?), noch wird deutlich, ob die internationalen oder die innerstaatlichen Strukturen bestimmend für die inhaltliche Ausgestaltung dieser Identität sind. Wenn Staaten die Träger von Identität sind, wird die internationale Struktur in aller Regel bedeutsamer sein, denn nur in besonderen Fällen, am stärksten bei zwischenstaatlichen Konflikten und Kriegen, wird die 12 Vgl. etwa Banerjee (1997); Chafetz et al. (1997); Checkel (1999); Engelmann et al. (1997). 13 Bei "Identität" geht es sowohl um Kontinuität als auch um Diskontinuität (vgl. Haußer 1989: 279). Um die Bedingungen zu erkennen, unter denen sich Identität verändert, ist eine Identitätstheorie erforderlich. In Abschnitt 5 wird eine Identitäts-Theorie vorgestellt, die sich auch auf die Identitäts-Bildung im Bereich der internationalen Politik übertragen läßt. 9 gesellschaftlich konstituierte kollektive Identität sich an der Staatsangehörigkeit festmachen und als "nationale kollektive Identität" von innen heraus Einfluß auf das Außenverhalten des Staates nehmen. Aber genau diese Fälle, in denen die gesellschaftlich konstituierte Identität von der - international konstituierten staatlichen Identität abweicht, sind bedeutsam bei der Analyse der internationalen Politik, denn genau diese Differenz kann der Ausgangspunkt für Identitäts-Konflikte und innerstaatlichen Krieg sein, wie er beispielsweise im Kosovo stattfand. Es ist dann nicht die staatliche, sondern eine aus bestimmten Elementen gesellschaftlich konstruierte "nationale Identität", die staatliches Handeln steuert. Ein undifferenziertes Konzept, welches Staaten zu Trägern "nationaler Identität" macht, verschenkt damit den größten Teil des analytischen Potentials, das im IdentitätsKonzept steckt, und landet am Ende dort, wo den Unterschieden zwischen und den Besonderheiten von Staaten mit dem Begriff "nationale Identität" allein ein modernes Label verpaßt wird. 3. Identitäts-Konzepte Der vorstehende Einblick in einige Konzeptionen, in denen "Identität" Bedeutung für die Internationalen Beziehungen gewinnt, sollte verdeutlichen, daß es nicht nur begriffliche, sondern auch entscheidende theoretische Differenzen gibt, die unbeachtet zu lassen weder die Kommunikation über Identitäten in den Internationalen Beziehungen befördern, noch ein Forschungsprogramm ermöglichen kann, welches an vorliegende Identitäts-Theorien anknüpft und diese Konzepte zugleich für die besonderen Frage- und Problemstellungen der Internationalen Beziehungen fruchtbar macht. Aus diesem Grund soll hier zunächst eine Systematisierung vorliegender Herangehensweisen vorgenommen werden, ehe im folgenden Abschnitt die Frage aufgeworfen wird, welche Formen kollektiver Identität von besonderer Bedeutung für die Analyse der internationalen Politik im 21. Jahrhundert sein werden, um abschließend noch darzulegen, wie diesen kollektiven Identitäten in der Weltgesellschaft analytisch beizukommen wäre. Anhand der vorliegenden Literatur zu Identitäten in der internationalen Politik und der dabei gewählten analytischen Herangehensweisen lassen sich zwei zentrale 10 Dimensionen erkennen, nach denen sich diese Identitäts-Ansätze unterscheiden lassen: (1) Sind Staaten oder Individuen die Träger der Identität? (2) Wird die soziale Identität eines Akteurs oder die kollektive Identität einer Gruppe betrachtet? Anhand dieser zwei Dimensionen lassen sich dann grundsätzlich vier Herangehensweisen unterscheiden, die Abbildung 1 veranschaulichen soll: Abbildung 1: Identitäts-Konzepte Form der Identität: Träger der Identität: Staaten Individuen soziale (1) (4) Identität Wendt (1992, 1999) Tajfel/Turner (1986) (2) (3) Risse-Kappen (1995a, b, Nationalismus-Forschung 1996); Wendt (1994) (vgl. Estel 1994) kollektive Identität (1) Durch Analogieschluß von der individuellen auf die staatliche Analyseebene läßt sich ein sozialpsychologisches Identitätskonzept auch auf Staaten anwenden. So wie Individuen ihre Identität in Auseinandersetzung mit ihrer sozialen Umwelt ausbilden (Mead 1934: Kap. 26) - was dann "soziale Identität" genannt wird -, läßt sich auch für Staaten, konzeptualisiert man diese als einheitliche Akteure, annehmen, daß sie ihre Identität in ihrer sozialen Umwelt, dem internationalen System, entwickeln. Indem die dort agierenden knapp 200 Akteure durch ihr Handeln die Struktur der internationalen Politik konstituieren, bringt diese Struktur quasi im Gegenzug die Identitäten der an ihr beteiligten Akteure hervor (vgl. Wendt 1987, 1992, 1999). Entscheidend ist, daß diese staatliche Identität - konzeptualisiert anhand der zwei genannten Dimensionen - nicht unter innerstaatlichem Einfluß gebildet wird, sondern ausschließlich im zwischenstaatlichen Austausch und Kontakt. 11 (2) Auf der Prämisse der unter (1) dargestellten Herangehensweise läßt sich auch eine kollektive Identität von Staaten denken: Aufgrund von Gemeinsamkeiten zwischen Staaten scheint es vorstellbar, daß die Verbindungen zwischen Staaten über eine Zweckvereinigung hinausgehen, die Mitgliedschaft in einem Staatenkollektiv in starkem Maße die individuelle Existenz der beteiligten Staaten prägt und das Staatenkollektiv nicht nur die individuellen Ziele seiner Mitglieder, sondern auch kollektive Ziele verfolgt. Solches setzt eine klare Unterscheidung von Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern voraus und läßt möglicherweise ein WirBewußtsein entstehen, über dessen Existenz und Verortung allerdings Unsicherheit besteht. Wenn sich diese Bedingungen nachweisen ließen, könnte auch in theoretisch konsistenter Weise von einer kollektiven Identität von Staaten gesprochen werden (vgl. Wendt 1994: 388-394; Risse-Kappen 1995a, 1995b, 1996; Busse 2000).14 (3) In den allermeisten Fällen sozialwissenschaftlicher Identitätsforschung bezeichnet jedoch "kollektive Identität" das Selbstbild und Wir-Bewußtsein einer Gruppe von Individuen, die sich durch bestimmte Gemeinsamkeiten von ihrer Umwelt abgrenzen. Auf Nationalstaaten angewendet steht damit in den meisten Fällen die innerstaatliche Konstitution "nationaler" Identität im Mittelpunkt, wie sie im Rahmen der Nationalismus-Forschung vielfach untersucht wurde (vgl. als Überblick Estel 1994). Solche nationale Identität zeichnet sich aus durch ein Identifikationsangebot, welches nicht nur die substantiellen Gemeinsamkeiten (Abstammung, Siedlungsgebiet, Sprache etc.) betont, sondern auch durch interpretative Prozesse ein bestimmtes Bild der Nation erst hervorbringt (vgl. Anderson 1993), also auf objektiven und 14 Gegen die Vorstellung einer kollektiven Identität von Staaten lassen sich jedoch zahlreiche Vorbehalte anbringen, nicht nur bei der Frage, worin sich das Wir-Bewußtsein unter Staaten manifestieren sollte, sondern auch bezüglich der Motivation, welche Staaten in die über eine Zweckvereinigung hinausgehende Verbundenheit miteinander treiben sollte. Auf der individuellen Ebene wird die kollektive Identitätsbildung dadurch befördert oder vielleicht sogar erst hervorgebracht, daß offenbar bei jedem Individuum der Wunsch vorhanden ist, zu einer gegenüber der Outgroup positiver bewerteten Ingroup zu gehören (vgl. Tajfel/Turner 1986). Dieses Movens läßt sich jedoch nicht für Staaten annehmen (vgl. jedoch Mercer 1995) und nur dann auf eine internationale Ebene übertragen, wenn der Staat als einheitlicher Akteur aufgelöst wird und es beispielsweise um die kollektive Identität aller EuropäerInnen geht (vgl. etwa Münch 1993: 15-104). Damit aber sind nicht mehr die Staaten, sondern Individuen Träger kollektiver Identität, womit die Vorstellung einer kollektiven Identität von Staaten in Widersprüchlichkeiten gerät. 12 subjektiven Merkmalen basiert. Dem steht auf der individuellen Ebene ein starkes Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit gegenüber, weil die Einzelnen darüber ihre soziale Identität ausbilden (Estel 1994: 35) und auch ihr individuelles Selbstwertgefühl davon profitieren kann, denn der Ingroup werden bei diesem Prozeß der Identitätsbildung vornehmlich positive Werte zugewiesen.15 (4) Das letzte Feld der Matrix betrifft die soziale Identität der Individuen, die, wie eben erwähnt, durch die Mitgliedschaft in bestimmten Kollektiven gebildet wird (Tajfel/Turner 1986). Dabei spielen aber nicht nur solche Gemeinschaften und Gruppen eine Rolle, denen Menschen primär aufgrund objektiver Merkmale zugeordnet werden, sondern vor allem solche Kollektive, denen wir uns selbst zuordnen. Um uns in der sozialen Umwelt orientieren zu können, müssen wir mit Hilfe sozialer Kategorien definieren, wer wir sind (vgl. Oakes et al. 1994). Aus diesem Kategorisierungsprozeß, der mit jeglicher Wahrnehmung der sozialen Umwelt verbunden ist, entwickelt das Individuum seine soziale Identität, indem es sich selbst einer Gruppe zuordnet, die sich in dem gerade relevanten Aspekt klar von allen Nicht-Mitgliedern unterscheidet.16 Die bei der Wahrnehmung vorgenommene Kategorisierung ordnet die soziale Welt nach Ingroups und Outgroups, was nicht nur Orientierung schafft, sondern auch die soziale Identität des einzelnen Individuums bestimmt. Die Bildung sozialer Identität erfolgt also durch Selbstkategorisierung,17 durch Zuordnung der eigenen Person zu bestimmten sozialen Kategorien.18 Dieser Prozeß scheint der Bildung kollektiver Identitäten vorauszugehen, weshalb er im 15 Eine starke kollektive Identität existiert, wenn sehr viele Bereiche des individuellen Lebens durch die Mitgliedschaft im Kollektiv geprägt werden und diese Gemeinschaft überindividuell-allgemeine Zielsetzungen verfolgt (Estel 1994: 33f). 16 "Wir klassifizieren nicht nur andere als Mitglieder dieser oder jener Gruppe, sondern wir weisen auch uns selbst einen Platz in Beziehungen zu eben diesen Gruppen zu. Unser Gefühl der Identität ist mit anderen Worten eng verbunden mit unseren verschiedenen Gruppenmitgliedschaften" (Brown 1990: 420). 17 Die Theorie der sozialen Identität, auf deren Erkenntnisse ich hier zurückgreife (vgl. Tajfel/Turner 1986), wurde unter einer konstruktivistischen Perspektive zur SelfCategorization Theory (Oakes et al. 1994) weiterentwickelt. Zur Anwendung dieser Theorien auf Gruppenverhalten und politische Identitäten vgl. auch Monroe et al. (2000). 18 Dies scheint mir der entscheidende Punkt zu sein, an dem der Analogieschluß von der Identität von Individuen zu der von Staaten seine Tragfähigkeit verliert, denn Staaten haben keinen Wahrnehmungsapparat, der mit Rücksicht auf das eigene Selbstwertgefühl Selbstkategorisierungen vornimmt (vgl. Weller 1999, 2000). 13 Nachfolgenden zur theoretischen Grundlage der Analyse kollektiver Identitäten in der Weltgesellschaft gemacht und dort noch ausführlicher dargestellt wird (siehe unten Abschnitt 5). Die Identitäts-Diskussion in den Internationalen Beziehungen bewegt sich bis heute vor allem in und zwischen den Feldern 1 und 3 der Abbildung. Die Identität von Staaten sei sowohl ein Produkt zwischenstaatlicher Beziehungen als auch eine kollektive Identität der Staatsangehörigen (vgl. Jepperson et al. 1996). Diese zwei Formen staatlicher Identitätsbildung werden vielfach vermischt oder gar gleichgesetzt, obwohl sie in erheblichem Maße voneinander differieren, in Konkurrenz zueinander stehen oder sogar miteinander in Konflikt geraten können. In jüngster Zeit wird in den Internationalen Beziehungen auch ein Identitäts-Begriff verwendet, der vornehmlich eine kollektive Identität unter Staaten (Feld 2 der Matrix) bezeichnen soll (vgl. etwa Busse 2000), ohne bei der Analyse der kollektiven Identität jedoch die rein zwischenstaatliche Perspektive konsequent beizubehalten. Daraus resultiert dann eine Herangehensweise, die munter zwischen den MatrixFeldern 2 und 3 hin und her wandert und sich jeglicher Festlegung über die Träger kollektiver Identität - neben Bevölkerungen und Staaten können es hier und da auch Staatsoberhäupter, politische Eliten, Repräsentantinnen und -tanten oder ähnliches sein - enthält. Damit aber wird der analytischen Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet, denn es bedeutet, die Differenzen zwischen gesellschaftlich gebildeter "nationaler Identität", international geprägter "staatlicher Identität" und einer offensichtlich auch beobachtbaren kollektiven Identität unter Staaten zu ignorieren. Schon allein die kollektive Identität der Bevölkerung eines Staates - die vielfach als "nationale Identität" bezeichnet wird -, kann zu ethnischen oder kulturellen Identitäten in Konkurrenz stehen (Bsp. Minderheitenkonflikte), wenn die Grenzziehung für die kollektive Identitätsbildung nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern an der Abstammung oder an kulturellen Differenzen festgemacht wird. Solche Gemeinsamkeiten (Bsp. ethnische oder religiöse Identitäten) werden scheinbar tiefer empfunden und können leichter Gemeinschaftshandeln hervorbringen als das formale Institut der Staatsbürgerschaft. Und auch eine unumstrittene "nationale Identität" - als kollektive Identität der Bevölkerung eines Staates - wird nur in seltenen 14 Fällen mit der international geprägten "staatlichen Identität" übereinstimmen. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn in bestimmten Zusammenhängen die Staatsangehörigkeit bestimmenden Einfluß auf viele Bereiche des individuellen Lebens bekommt und sich alle StaatsbürgerInnen mit den staatlichen Zielen identifizieren können, welche die inhaltliche Ausgestaltung der "staatlichen Identität" innerhalb des internationalen Systems geprägt haben. Folglich kann eine zentrale Bedeutung des Staates für die Bildung kollektiver Identitäten aus vielerlei Gründen nicht einfach vorausgesetzt werden, wie dies in den Identitäts-Diskussionen der Internationalen Beziehungen ganz häufig der Fall ist. Die Fragen nach "Form" und "Träger" von Identität, wie sie in Abb. 1 dargestellt wurden, lassen sich nicht umgehen, wenn nicht-beliebige Zusammenhänge zwischen Identitäten und politischem Handeln aufgezeigt oder gar erklärt werden sollen. Zu diesen Fragen bietet die soziologische und sozialpsychologische Forschung zu kollektiven Identitäten auf gesellschaftlicher Ebene zahlreiche weiterführende Ansätze, auch für die Fragestellungen der Internationalen Beziehungen (vgl. dazu Weller 1999: Kap. 5), die im folgenden Abschnitt vorgestellt werden. 4. Kollektive Identitäten auf gesellschaftlicher Ebene Bei der soziologischen Analyse kollektiver Identitäten standen über lange Zeit "nationale Identitäten"19 als eine besondere Form kollektiver Identitätsbildung (vgl. Bevers 1992: 249) im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. In der NationalismusForschung und daran angelehnten Untersuchungen kollektiver nationaler Identitäten wird davon ausgegangen, daß nationale Identitäten aus objektiven und subjektiven Aspekten gebildet werden, also weder gemeinsame Abstammung und kulturelle Übereinstimmung noch das subjektive Wir-Bewußtsein alleine ausreicht, um eine 19 Auf dem Hintergrund des bisher Dargelegten ist offensichtlich, daß der Begriff "nationale Identität" sehr unpräzise ist, weil er in der Regel von einer Übereinstimmung von Nation und Staat ausgeht, die häufig nicht gegeben ist. Vielmehr werden Identitätsbildungs-Prozesse gerade dort politisch bedeutsam, wo die Grenzen kollektiver Identitäten nicht mit Staatsgrenzen übereinstimmen. Doch in der Literatur, auf die hier Bezug genommen wird (etwa Smith 1991; Wodak et al. 1998; Giesen 1991 und Estel 1994), dominiert in diesem Zusammenhang der Begriff "nationale Identität", der in genau diesem Sinne hier verwendet wird. 15 nationale kollektive Identität hervorzubringen. Objektive Gemeinsamkeiten "bilden grundsätzlich nur das Rohmaterial, aus dem in entsprechenden Wissensprozessen ein Teil ausgewählt, mehr oder minder interpretativ aufbereitet und in dieser Form zum Bau der nationalen Identität verwendet wird" (Estel 1994: 32, Hervorh. dort). Es geht also in starkem Maße um die Konstruktion nationaler Identität, die ständig reproduziert werden muß, um nicht von konkurrierenden kollektiven Identitäten in den Hintergrund gedrängt zu werden. Für diese kollektiven Identitäten haben sich die Entstehungsbedingungen aber angesichts weltgesellschaftlicher Entwicklungen in starkem Maße gewandelt, vergleicht man sie mit jenen, die in den vergangenen hundert Jahren zur Bildung nationaler Identitäten führten. Nationale Identität hatte einen starken territorialen Bezug, der heute durch die modernen Transport- und Kommunikationstechniken immer mehr an Bedeutung verliert. Die steigende Heterogenität und Internationalisierung massenmedialer Öffentlichkeiten läßt zudem die Kommunikationsvoraussetzungen zunehmend schwinden, die es nationalstaatlichen Eliten ermöglichten, nationale Identität zu stiften (vgl. Giesen 1993). Außerdem trägt die Individualisierung in modernen Gesellschaften dazu bei, daß keine, auch nicht die nationalstaatliche kollektive Identität mehr jene Exklusivität beanspruchen kann, die ihr in früheren Zeiten zukam. Institutionen als materialisierte Stützen kollektiver Identität beziehen sich heute in vielen Fällen auf regionale, inter-, trans- oder supranationale Zusammenhänge und schwächen damit sowohl nationale Identitäten, wie sie zugleich die Bildung Staatsgrenzen überschreitender kollektiver Identitäten befördern können (siehe dazu unten Abschnitt 6). Aufgrund dieser veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gibt es heute neben solchen nationalen auch vielfältige andere kollektive Identitäten, die politisch bedeutsam sind oder bedeutsam werden können. Für die internationale Politik sind dies insbesondere transnationale und regionale kollektive Identitäten, die sich parallel zu nationalen Identitäten herausbilden. So läßt sich beispielsweise eine transnationale kollektive Identität dort beobachten, wo etwa die international zusammengesetzten Mitglieder und SympathisantInnen der internationalen Umweltbewegung gemeinsam gegen verschiedene Regierungen und Lobbys entsprechender Unternehmen - auch des eigenen Staates - agieren. Auch der Ost- 16 West-Konflikt oder die Integration Europas brachten Staatengrenzen übergreifende kollektive (regionale) Identitäten hervor, die seit den 1980er Jahren zunehmend in Konkurrenz zu nationalstaatlichen Identitäten gerieten. Diese Entwicklungen und Veränderungen lassen sich mit Konzepten nationaler Identitäten nicht mehr erfassen, Internationalisierung, Entgrenzung, Denationalisierung oder Globalisierung bewirken eine Transformation kollektiver Identitäten, die ein differenzierteres Analysekonzept erfordert. Es scheint, daß in der sich entwickelnden Weltgesellschaft20 viele neue Möglichkeiten kollektiver Identitätsbildung entstehen und die nationalstaatliche nur noch eine unter verschiedenen bedeutungsvollen Formen kollektiver Identitätsbildung ist. Dies wirft nicht nur die Frage auf, wie sich transnationale oder regionale kollektive Identitäten bilden, sondern auch, welche Bedeutung sie in Relation zu nationalstaatlichen Identitäten erlangen können. Die Rolle kollektiver Identitäten in der Weltgesellschaft läßt sich nur mit einem Identitäts-Konzept erfassen, welches offen ist für subjektive oder themenorientierte Grenzziehungen, denn die Gemeinsamkeiten, auf deren Grundlage sich kollektive Identitäten bilden können, sind in Zeiten der Entgrenzung (vgl. Brock/Albert 1995) nicht mehr an Territorialität gebunden. Zudem steht heute die kompromißlose Verfolgung "nationaler Interessen" der Problembearbeitung in der internationalen Politik meist entgegen, die globale Perspektive verlangt geradezu die nationale Kompromißfähigkeit und damit eine Begrenzung der Bedeutung nationalstaatlicher Identitätsbildung für die Generierung außenpolitischer Ziele. 20 Die Weltgesellschaft ist gekennzeichnet von der Institutionalisierung grenzüberschreitender Beziehungen und der Diffusion von Akteuren in der internationalen Politik (Forschungsgruppe Weltgesellschaft 1996). Damit sollen sowohl die Herausbildung von Normen und Institutionen zwischen Staaten im Sinne der Konstituierung einer "internationalen Gesellschaft" als auch die Ausdifferenzierung von Handlungsebenen im Sinne der Einbeziehung inner- und zwischengesellschaftlicher Beziehungen als neben den zwischenstaatlichen Beziehungen gleichberechtigte Dimensionen weltgesellschaftlicher Analyse erfaßt werden. 17 Sowohl aus empirischen als auch aus normativen Gründen sind die Internationalen Beziehungen also gefordert, ein analytisches Instrumentarium zu entwickeln, das dem Bedeutungsverlust des Nationalstaates auch auf der Ebene kollektiver Identitätsbildung Rechnung trägt (vgl. Tilly 1998: 408). Dies kann sich jedoch nicht darin erschöpfen, neben nationalen nun auch anderen kollektiven Identitäten bedeutende Wirkungen für die internationale Politik zuzuschreiben, sondern muß sich vor allem den Fragen nach Entstehung und Wandel kollektiver Identitäten zuwenden. Hierfür scheint mir das oben schon kurz vorgestellte Konzept sozialer Identität (vgl. oben Abbildung 1, Feld 4) ein vielversprechendes Angebot zu machen, denn hier stehen nicht die objektiv-substantiellen Gemeinsamkeiten einer Gruppe im Vordergrund, sondern die subjektiven Übereinstimmungen individueller Wahrnehmungsprozesse. Dieser Perspektivenwechsel läßt sich gewissermaßen als analytische Anpassung an die sich beschleunigenden weltgesellschaftlichen Entwicklungen verstehen (vgl. Weller 2000a). 5. Soziale Identität durch Selbstkategorisierung Die sozialpsychologische Theorie der sozialen Identität (Tajfel/Turner 1986) und in ihrer Weiterführung die Social Categorization Theory (Turner 1987; Oakes et al. 1994) zielen darauf ab, den Zusammenhang zwischen den Wahrnehmungen der sozialen Umwelt und individuellem Handeln im gesellschaftlichen Kontext zu erhellen. Solchem Handeln kann immer nur eine die Vielgestaltigkeit der Welt vereinfachende Wahrnehmung zugrundeliegen, denn auch in scheinbar überschaubaren Situationen wie etwa einer Seminardiskussion können wir weder bei unseren Wahrnehmungen und noch weniger beim Handeln die Individualität aller TeilnehmerInnen berücksichtigen. Stattdessen kategorisieren wir, strukturieren die soziale Welt nach in dieser Situation angemessenen und hilfreichen Mustern, also etwa nach BefürworterInnen und GegnerInnen unserer eigenen Position in der angesprochenen Seminardiskussion. Solche soziale Kategorisierung versetzt uns in die Lage, in gesellschaftlichen Kontexten zu agieren, und sie bringt zugleich das hervor, was in diesem Theoriezusammenhang als "soziale Identität" bezeichnet wird. 18 "Social categorization allows the perceiver to structure the causal unterstanding of the social environment as a guide to action. Importantly, it also provides a system of orientation for self-reference, creating and defining the individual's place in society" (Oakes et al. 1994: 81; Hervorh. dort). Aus dieser individuellen Selbst-Definition in einem sozialen Kontext (Tajfel 1978: 61f) ergibt sich die soziale Identität eines Individuums, die folglich durch die Selbstzuordnung zu einer "Gruppe" aufgrund der Kategorisierung bei der Wahrnehmung der sozialen Umwelt zustandekommt. Mit "sozialer Identität" werden dann diejenigen Aspekte des Selbstbildes eines Individuums bezeichnet, die sich aus den sozialen Kategorisierungen ergeben, zu welchen es sich zugehörig wahrnimmt (Tajfel/Turner 1986: 16).21 Aus diesem Grund hat die bei der individuellen Wahrnehmung vorgenommene Kategorisierung entscheidende Bedeutung für diese Form sozialer Identität.22 Diese individuellen Wahrnehmungsprozesse bilden gewissermaßen den sozialpsychologisch untersuchten Hintergrund der Bildung "kollektiver Identitäten". Die aus der Selbstwahrnehmung in einem sozialen Kontext resultierende soziale Identität bildet die Grundlage kollektiver Identität, die dann entsteht, wenn die Mitglieder eines Kollektivs übereinstimmende soziale Identitäten ausbilden. Dem geht die Kategorisierung bei der Wahrnehmung voraus, die in Fällen einer kollektiven Identität innerhalb einer Gruppe weitgehend übereinstimmen muß. Kollektive Identität entsteht also immer dann, wenn die Mitglieder eines Kollektivs sich selbst primär als Mitglieder dieses Kollektivs wahrnehmen und damit eine Entpersonalisierung sowohl der Wahrnehmung als auch des Verhaltens stattfindet (vgl. Weller 2000a: 64f).23 Mit dieser sozialpsychologischen Fundierung steht uns ein Konzept "kollektiver Identität" zur Verfügung, mit dem sich nicht nur die Ausbildung 21 "Seen from this intergroup perspective of social identity, social categorization can therefore be considered as a system of orientation which helps to create and define the individual's place in society" (Tajfel 1978: 63). 22 Welche Mechanismen diese Kategorisierung auf der individuellen Ebene steuern, ist für das hier vorzustellende Konzept kollektiver Identität von untergeordneter Bedeutung; vgl. hierzu Oakes et al. (1994); Weller (1992, 1993, 1995). 23 Auf den langfristigen Trend, daß es in modernen Gesellschaften zunehmend weniger zur Übereinstimmung sozialer Identitäten kommt, hat Elias (1987: 210; 1996: 148159) hingewiesen; vgl. dazu auch Simon/Mummendey (1997: 24-35). 19 "nationaler Identitäten" - in dem oben beschriebenen traditionellen Verständnis analysieren läßt, sondern jegliche Form kollektiver Identitätsbildung, die den Mitgliedern eines Kollektivs zu ihrem Wir-Bewußtsein verhilft und damit die entsprechende Gruppe kollektiv handlungsfähig macht (vgl. Monroe et al. 2000). Diese Identitäts-Theorie, welche in der sozialen Identität von Individuen die Grundlage jeglicher kollektiven Identität sieht, eröffnet die Möglichkeit, ganz verschiedene kollektive Identitäten zu analysieren und auf ihren Einfluß für das politische Handeln der entsprechenden Kollektive hin zu untersuchen. Demnach sind nationale Identitäten nur eine unter ganz verschiedenen Möglichkeiten kollektiver Identitätsbildung.24 Wenn es um die Wahrnehmung der internationalen Politik geht, können prinzipiell verschiedene Kategorisierungen vorgenommen werden, um zum einen die Vielgestaltigkeit der Welt zu reduzieren und zum anderen eine Wahrnehmung über den eigenen (individuellen) Platz in diesem sozialen Kontext zu bekommen: Über viele Jahre hinweg dominierte etwa der Ost-West-Konflikt die allermeisten Wahrnehmungen der internationalen Politik. Wenn damals in der sog. "Dritten Welt" ein inner- oder zwischenstaatlicher Konflikt ausbrach, wurde dieser in den meisten Fällen innerhalb eines Ost-West-Schemas wahrgenommen. Solche Kategorisierungen schufen Orientierung in einer ansonsten unverstanden bleibenden Welt: So wurde bei der Bewertung von Waffen (unsere sichern den Frieden, die Waffen der Gegenseite gefährden ihn), Militärstrategien oder auch nur Handelsbeziehungen (alle Technologien, die auch militärisch genutzt werden könnten, dürfen nicht in Staaten des Warschauer Pakts exportiert werden - Cocom) die Welt der internationalen Politik nach der einfachsten aller Möglichkeiten (wir und die anderen, Ingroup/Outgroup, West/Ost) kategorisiert und entsprechend gehandelt. Dieses Wahrnehmungsschema war so dominant, daß es auch bei der Vergabe von Entwicklungshilfe Anwendung fand, obwohl in diesem Bereich ganz andere Kriterien bedeutsam gewesen wären. 24 Zur Übertragung der Theorie sozialer Identität auf die Analyse von Nationalbewußtsein vgl. auch Schäfer/Schlöder (1990). 20 Mit dem Ost-West-Schema ist nur eine von vielen möglichen Kategorisierungen bei der Wahrnehmung der internationalen Politik angesprochen. Mit dem Wegfall des Ost-West-Konflikts entstand eine neue Offenheit für Wahrnehmungen und Kategorisierungen der internationalen Politik. Eines der dafür angebotenen neuen Weltbilder war die Vorstellung vom "Kampf der Kulturen" (Huntington 1993), die in der These vom "west against the rest" gipfelte und für bestimmte Interpretationen des Golf-Kriegs 1990/91 herangezogen wurde. Ein anderes Weltbild sah in den großen Wirtschaftsblöcken Europa, Amerika, Asien die dominante Kategorisierung und erwartete ein entsprechendes politisches Handeln, welches Wirtschaftskonflikte zwischen den Blöcken verschärfen und alle anderen Aspekte der internationalen Politik in den Hintergrund drängen würde. Wieder andere Vorstellungen sahen die Einzelstaaten oder Gesellschaften ihre Handlungsfähigkeit zurückgewinnen und erwarteten nach Ende des Ost-West-Konflikts eine Renationalisierung der internationalen Politik, anderen erschien die Globalisierung und Internationalisierung das dominante Strukturmerkmal am Ende des Jahrhunderts zu sein. Allen diesen Vorstellungen und Weltbildern ist gemeinsam, daß sie bestimmte Unterscheidungen zur Beschreibung der Welt verwenden.25 Die Vielgestaltigkeit dessen, was wir wahrnehmen könnten, wird anhand weniger Kategorien zu einem handhabbaren Weltbild geformt, welches uns eine in der Regel ausreichende Orientierung über die internationale Politik verschafft und zugleich uns selbst einen bestimmten Platz in dieser - internationalen - Welt beschert. Bei Huntington (1993) sind wir der Westen, der seine Werte gegen den Rest der Welt verteidigen muß; im Weltbild der großen Wirtschaftsblöcke haben wir Europäer es mit zwei gefährlichen Konkurrenten um Marktanteile und Absatzmärkte in der Welt zu tun; wird uns die internationale Politik als eine Bühne vorgeführt, auf der egoistische Staaten auf der Grundlage ihrer nationalen Interessen agieren, nehmen wir uns nicht als EuropäerInnen, sondern primär als Deutsche wahr; in der GlobalisierungsVorstellung tritt dagegen unsere Staatsangehörigkeit völlig in den Hintergrund und die Zugehörigkeit - oder Nicht-Zugehörigkeit - zu international agierenden 25 Dies knüpft an die konstruktivistische Perspektive an, bei welcher der Begriff des Beobachtens im Mittelpunkt steht, der definiert wird als "Operation des Unterscheidens und Bezeichnens" (Luhmann 1990: 73); vgl. auch Luhmann (1990: 82, 93, 102) und Weller (2000b: Kap. 6). 21 Netzwerken spielt die entscheidende Rolle für unsere soziale Identität. Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die kollektiven Identitäten, die sich heute bei der Wahrnehmung der internationalen Politik herausbilden und entscheidenden Anteil an der Handlungsfähigkeit kollektiver Akteure haben. 6. Kollektive Identitäten in der Weltgesellschaft Wenn im Zuge der Entwicklung einer Weltgesellschaft eine Akteursdiffusion und die Ausdifferenzierung von Handlungsebenen (Forschungsgruppe Weltgesellschaft 1996: 18) stattfindet, so daß nichtstaatliche Akteure und transnationale Beziehungen immer wichtiger werden, wird dies auch zunehmende Folgen bei der Wahrnehmung der internationalen Politik und damit auch ihrer Kategorisierung haben (Tilly 1998: 408). So verläuft beispielsweise die zentrale Konfliktlinie bei internationalen Verhandlungen zum Umweltschutz häufig nicht mehr zwischen Staatengruppen, sondern zwischen internationalen Umweltschutz-Organisationen auf der einen und den Regierungen von Staaten auf der anderen Seite, was auch zu veränderten Selbstwahrnehmungen im Kontext der internationalen Umweltpolitik führt: Verläuft die Kategorisierung entlang der Trennungslinie zwischen UmweltschützerInnen und ihren GegnerInnen, nimmt ein Individuum sich selbst bei der Betrachtung der internationalen Politik nicht mehr automatisch als primär einem Staat angehörig wahr (nationalstaatliche Identität), sondern möglicherweise vornehmlich als Mitglied einer transnationalen Interessengruppe. Daraus aber kann eine transnationale kollektive Identität entstehen, die in Konkurrenz zur nationalstaatlichen Identität tritt. Anhand des hier gewählten Beispiels wird auch deutlich, welche entscheidende Rolle Konflikte für die Herausbildung kollektiver Identitäten spielen. Die Kategorisierung bei der Wahrnehmung der sozialen Welt wird innerhalb eines Kollektivs am ehesten dann in starkem Maße übereinstimmen, wenn ein Konflikt die Wahrnehmungen prägt. Dabei ist nicht der substantielle Interessengegensatz zwischen den Konfliktparteien entscheidend, sondern die Aufmerksamkeit, die ein solcher Konflikt bei der Wahrnehmung der internationalen Politik auf sich ziehen kann. Wenn eine bestimmte Konfliktlinie bei vielen Wahrnehmungen der internationalen Politik ständig reproduziert wird, wie dies zu Zeiten des Ost-West-Konflikts der Fall war, bilden sich 22 auch starke kollektive Identitäten entlang dieser Konfliktlinie aus. Solche übereinstimmenden Selbstwahrnehmungen als Mitglieder der Ingroup im Gegensatz zur Outgroup bringen die Möglichkeit gefährlicher Eskalationen von Konflikten mit sich, wie es auch bei einer starken Betonung nationaler Identitäten (Nationalismus) der Fall ist. Heute scheint noch völlig offen, welche kollektiven Identitäten die internationale Politik des 21. Jahrhunderts bestimmen werden, ob wieder eine oder mehrere globale Konfliktlinien die Kategorisierung der Wahrnehmungen so sehr dominieren werden, daß ein gefährliches und eskalationsträchtiges Schwarz-Weiß-Denken daraus resultieren wird, ob die Betonung nationaler Interessen die Einflüsse der Globalisierung auf die kollektive Identitätsbildung beschränken und damit den nationalen Identitäten ihren bestimmenden Platz in der internationalen Politik erhalten kann oder ob die weltgesellschaftlichen Entwicklungen immer weitere transnationale kollektive Identitäten entstehen lassen, die auch zu erhöhter Handlungsfähigkeit dieser neuen Akteure auf der internationalen Bühne beitragen könnten (vgl. Weller 2000a). Aus dem hier vorgestellten Theorieansatz ergibt sich jedoch eindeutig, daß sich auch bei stärksten Bemühungen nicht die eine globale kollektive Identität bilden kann. Wahrnehmungen der sozialen Welt sind der Ausgangspunkt kollektiver Identitätsbildung, und diese Wahrnehmungen bekommen ihre Bedeutung durch die Kategorisierungen, die verwendet werden - oder in konstruktivistischen Termini formuliert: Beobachten bedeutet unterscheiden, und bei der Beobachtung (Wahrnehmung) der sozialen Welt ist die Grundunterscheidung jene zwischen der Gruppe, zu der wir uns selbst zugehörig fühlen, und den anderen. Aus dieser Gruppenzugehörigkeit aber resultiert die soziale Identität des einzelnen, die für unser gesellschaftliches Leben unabdingbar ist. Nur durch solche Kategorisierungen ist das einzelne Individuum in der Lage, den eigenen Platz im sozialen Kontext zu bestimmen und wahrzunehmen (self-categorization); sie impliziert aber zwangsläufig die Unterscheidung in mindestens zwei Kollektive, die Ingroup und die Outgroup. 23 Die eine globale kollektive Identität kann nach den Erkenntnissen der Sozialpsychologie nicht die Perspektive für eine friedliche, gerechte und nachhaltig wirtschaftende Welt abgeben. Diesem Ziel wäre vielmehr dann näherzukommen, wenn möglichst verschiedene kollektive Identitäten sich in den unterschiedlichen Feldern der internationalen Politik herausbildeten. Wenn verschiedene nationale, regionale (z.B. europäische) und transnationale Identitäten in der internationalen Politik wirksam sind, sinkt die Gefahr der vereinheitlichenden Schwarz-Weiß-Malerei und damit auch die Möglichkeit, daß Konflikte mit Gewalt ausgetragen werden. Der Krieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien wurde auch begrenzt durch die sehr schwache kollektive Identität unter den Bevölkerungen der NATO-Staaten, die in erheblicher Differenz zu den staatlichen Identitäten steht, welche die NATOStaaten sich durch ihr Agieren auf der zwischenstaatlichen Ebene verschaffen wollen. Die kollektive Identität der serbischen Bevölkerung in Jugoslawien allerdings wurde durch die NATO-Luftangriffe außerordentlich gestärkt und es wird besonderer Anstrengungen bedürfen, die mit dieser kollektiven Identität einhergehende SchwarzWeiß-Kategorisierung bei der Wahrnehmung der internationalen und besonders der europäischen Politik durch die serbische Bevölkerung abzulösen durch ein buntes Geflecht verschiedener, sich vielfach überlappender kollektiver Identitäten.26 7. Empirische Anwendungsfelder des Identitäts-Ansatzes Am Ende dieser konzeptionellen Darlegungen sollen drei Beispiele für die empirische Umsetzung des entwickelten Ansatzes angeführt werden, die an konkreten Fragestellungen die Herangehensweise dieses Forschungsansatzes verdeutlichen. Dabei geht es nicht um die Erfassung aller auf die internationale Politik bezogenen kollektiven Identitäten, sondern um die Frage, ob sich in bestimmten Bereichen starke kollektive Identitäten herausbilden, die zu kollektiver Handlungsfähigkeit beitragen bzw. diese ermöglichen. Nach dem oben entwickelten Identitäts-Ansatz hat die Ausbildung starker kollektiver Identitäten in der internationalen Politik drei Voraussetzungen: 26 Zur Bedeutung massenmedialer Darstellung und kognitiver Kategorisierung der Wahrnehmungen internationaler Politik für den Wandel außenpolitischer Einstellungen vgl. Weller (2000b: Kap. 6). 24 - Es muß dominierende Kategorisierungen bei der Wahrnehmung und Darstellung der internationalen Politik geben; - diese Kategorisierungen müssen sich auf identitätstiftende Merkmale eines Kollektivs beziehen; - sehr viele Mitglieder eines Kollektivs müssen entsprechend einer dieser Kategorisierungen übereinstimmende soziale Identitäten ausbilden, aus denen ein Wir-Bewußtsein resultiert. Die oben schon angedeutete Anwendung des Identitäts-Ansatzes auf die Analyse globaler Konfliktlinien wird sich zunächst den Kategorisierungen bei der Wahrnehmung und Darstellung der internationalen Politik zuwenden. Ob handlungsfähige Groß-Kollektive ähnlich denen im Ost-West-Konflikt entstehen, deren Mitglieder mehrheitlich bereit sind, im Konfliktfall auch kollektive Gewalt anzuwenden, hängt entscheidend davon ab, daß bei der individuellen Wahrnehmung der internationalen Politik eine Unterscheidung dominiert, welche die Welt in eine Ingroup und eine Outgroup einteilt. In diesem Falle würden die einzelnen ihre soziale Identität im Kontext der internationalen Politik anhand dieser Kategorisierung bilden und wären in den meisten Fällen auch bereit - wie dies zu Zeiten des Ost-WestKonflikts der Fall war -, zur Verteidigung oder Durchsetzung der Interessen der Ingroup auch mit der Anwendung von Gewalt zu drohen oder sie sogar einzusetzen. Daß die individuellen Wahrnehmungen der internationalen Politik bei den Mitgliedern eines Groß-Kollektivs übereinstimmen, ist jedoch schon dadurch wahrscheinlich, daß als Informationsquelle für dieses Politikfeld fast ausschließlich die Massenmedien herangezogen werden können, die wiederum in den meisten Fällen auf die gleichen Quellen zurückgreifen und daher in aller Regel ein übereinstimmendes Bild der Welt entwerfen. Solange jedoch dieses Bild ganz verschiedene Kategorisierungen enthält - Unterscheidungen zwischen Staaten, internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, Staatenverbänden, regionalen Organisationen etc. - und die einzelnen Akteure nicht einem einheitlichen bewertenden Schema unterworfen werden, werden bei der Wahrnehmung auch verschiedene kollektive Identitäten aktiviert, so daß sich kein einheitliches Ingroup-Outgroup-Verhältnis entwickeln kann. 25 An diesem Zusammenspiel von kollektiven Identitäten und massenmedialer Darstellung läßt sich jedoch erkennen, wie entscheidend die Vermittlungsinstanzen der internationalen Politik für die Ausbildung globaler Konfliktlinien sind und wie sehr sich eine Analyse auf die in massenmedialen Darstellungen verwendeten Unterscheidungen bzw. Kategorisierungen konzentrieren sollte. Die Bereitschaft zu kollektiver Gewaltanwendung setzt eine starke kollektive Identität voraus, die sich nur dort formen kann, wo die Mitglieder eines Kollektivs im entsprechenden Kontext übereinstimmende soziale Identitäten ausbilden; dem muß die einheitliche Kategorisierung der internationalen Politik vorausgehen. Wenn sich solche Vereinheitlichungen der Unterscheidung und Kategorisierung von Ingroup und Outgroup zeigten, wären dies die Vorboten einer neuen globalen Konfliktlinie. Ganz ähnlich wäre nach diesem Identitäts-Ansatz bei der Fragestellung vorzugehen, unter welchen Bedingungen sich eine europäische kollektive Identität herausbildet (vgl. Viehoff/Segers 1999). Wenn bei der Wahrnehmung der internationalen Politik nicht die deutsche, sondern die europäische Außenpolitik die entscheidende Rolle spielt, also Europa als die Ingroup erscheint, in der Mitglied zu sein einen wichtigen Teil der sozialen Identität der Einzelnen darstellt, wird sich auch eine stärkere kollektive europäische Identität ausbilden. Erscheint Europa dagegen in der massenmedialen Darstellung als ein Zusammenschluß von Staaten, die jeweils eifersüchtig darauf bedacht sind, ihre eigenen Interessen in Europa so gut es geht durchzusetzen, ist die Kategorisierung der Wahrnehmung entlang einzelstaatlicher Grenzen vorprogrammiert, wodurch die "nationalen" kollektiven Identitäten gestärkt werden. Steht jedoch das gemeinsame europäische Ziel und die Unterscheidung zwischen Europa und anderen Weltregionen im Mittelpunkt der Wahrnehmung europäischer Politik, ist die Kategorisierung der Wahrnehmung eine andere, so daß mit der sozialen Identität an der "Gruppenmitgliedschaft" in Europa partizipiert wird (vgl. Weller 1997b). Nur wenn die Einzelstaaten und ihre Repräsentantinnen und tanten bei der massenmedialen Darstellung europäischer Politik zugunsten europäischer Einigkeit und der damit entstehenden Differenzen mit außereuropäischen Staaten und Regionen in den Hintergrund treten, wird sich eine starke europäische kollektive Identität ausbilden. 26 Ein drittes Anwendungsbeispiel des Identitäts-Ansatzes entstammt dem Politikfeld Menschenrechte: Im Menschenrechtsdiskurs der vergangenen zehn Jahre können wir erkennen, daß am ehesten in Asien eine Unterscheidung bzw. Kategorisierung große Aufmerksamkeit erzielte, die identitätstiftenden Charakter hatte: Asiatische Werte stehen dabei westlichen Werten gegenüber - wobei letztere mit einem universalistischen Anspruch auftreten, was die kollektive Identitätsbildung derer unterstützt, die sich bedroht fühlen und in eine Verteidigungsposition gebracht werden. Dieser Konflikt bringt fast zwangsläufig dominierende Kategorisierungen der internationalen Politik hervor, schon deshalb, weil Konflikte in der Regel mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als Kooperation oder Integration. Schon allein der Begriff "Asien-Krise" verdeutlicht, wie leicht eine Kategorisierung über den Kontext, in dem sie entstanden ist, hinauswächst und damit auch die Wahrnehmung anderer Politikfelder bestimmt. Auf diesem Hintergrund sind inzwischen mehrere Forschungsprojekte angelaufen, die sich alle der grundlegenden Frage nach der Asiatisierung Asiens zuwenden. Dabei geht es vornehmlich darum, den Einfluß von Selbst- und Fremdwahrnehmungen im Sinne kollektiver Identitäten auf das politische Handeln von Regierungen und Gesellschaften zu untersuchen (vgl. Timmermann 1999). Dem oben vorgestellten Identitäts-Ansatz folgend lassen sich übereinstimmende Selbstwahrnehmungen als kollektive Identitäten konzeptualisieren, die dann Einfluß auf politisches Handeln gewinnen, wenn es sich um starke kollektive Identitäten handelt. Die Fragestellung nach dem Einfluß kollektiver Identitäten auf das politische Handeln im Politikfeld Menschenrechte setzt also zunächst voraus zu identifizieren, wo sich im Menschenrechtsbereich starke kollektive Identitäten gebildet haben,27 denn erst dann kann etwas gesagt werden über die Bedeutung der Variable "kollektive Identität" für die Ausbildung staatlich-gesellschaftlicher Positionen im 27 Es kann kaum oft genug darauf hingewiesen werden, daß kollektive Identitäten sowohl situations- als auch kontextabhängig sind und daher aus ihrer Existenz zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem spezifischen Bereich kein Automatismus im Hinblick auf andere Zusammenhänge folgt. Gleichwohl kann es durchaus erhebliche Wirkungen kollektiver Identitäten über ihren prioritären Kontext hinaus geben, die 27 Menschenrechts-Bereich und den Einfluß kollektiver Identitäten auf die Menschenrechts-Politik. Hieran wird die Prozeßhaftigkeit und die wechselseitige Konstitution von Akteuren und Strukturen in der internationalen Politik deutlich: Die Formulierung einer abweichenden Menschenrechts-Position durch asiatische Regierungsvertreter brachte eine bestimmte Struktur der internationalen Politik im Menschenrechts-Bereich hervor, die zur Bildung kollektiver Identitäten und damit zur veränderten Handlungsfähigkeit von Akteuren führte, was sich wiederum in der Struktur - sowohl in der materiellen ("Asienkrise") als auch in der ideellen ("Asiatische Werte") niederschlägt. Um dies verstehen zu können, muß aber - wie es in einem am Institut für Asienkunde in Hamburg angesiedelten Projekt geschieht,28 die Erfassung der Positionen und Identitäten völlig unabhängig von der Analyse des politischen Handelns vorgenommen werden. Nur auf diese Weise kann die Hypothese überprüft werden, daß starke kollektive Identitäten im Menschenrechtsbereich Einfluß auf politisches Handeln ausüben (vgl. dazu ausführlicher Weller 2000c). Diese drei Beispiele für politisch bedeutsame kollektive Identitäten, die in starkem Maße die internationale Politik beeinflussen könnten - sowohl in erwünschter (Europa) als auch in unerwünschter (globale Konfliktlinie) Weise wie etwa auch der am Beginn erwähnte Kosovo-Krieg - machen die zentrale Rolle kollektiver Identitäten in der Weltgesellschaft deutlich. Weil am Übergang vom 20. ins 21. Jahrhundert nicht mehr allein nationale kollektive Identitäten, sondern auch transnationale, regionale oder funktionalen kollektive Identitäten bedeutsam werden, muß auch die Analyse mit einem differenzierteren Instrumentarium vorgenommen werden als es die Untersuchungen nationaler Identität anleitete. Durch den Rückgriff auf sozialpsychologische Theorien wurde im vorliegenden Beitrag ein solcher IdentitätsAnsatz entwickelt und am Ende an einigen Beispielen aktueller Fragestellungen plausibilisiert. Es sind jedoch nicht nur die aktuellen Konflikte und Kriege, die von den Internationalen Beziehungen die Analyse der ihnen zugrundeliegenden kollektiven Identitäten erfordern, es ist auch die normative Perspektive einer Friedensforschung, jedoch vornehmlich von konkurrierenden Kategorisierungen und Identitäten abhängig sind. 28 Ausführlichere Informationen zu diesem Projekt siehe: http://www.human-rightspolitics-and-east-asia.de/index.html; 28.8.2000. 28 die nach der Entstehung und dem Wandel kollektiver Identitäten fragen muß, wenn sie die Bedingungen für den friedlichen Austrag von Konflikten erforschen will. Literatur Adler, Emanuel 1997: Seizing the Middle Ground: Constructivism in World Politics, in: European Journal of International Relations 3: 3, 319-363. 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