2 Punkte

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Diplom-Vorprüfung im Fach Allgemeine Psychologie II
Definieren sie den Begriff “Lernen”! (2 Punkte)
1.
Wir verstehen unter "Lernen" jede relativ überdauernde Verhaltensänderung durch 1
Umwelteinflüsse, die nicht durch Krankheit, Drogen oder Ermüdung verursacht ist, aber
auch nicht durch Reifung und Entwicklung. Letzteres - die Abgrenzung von Lern- und
Umwelteinflüssen auf das Verhalten gegen solche aus Reifung und Entwicklung, also
aus genetischen Ursachen - ist oft nur schwer zu entscheiden, zumal in vielen Fällen
Erb- und Umwelteinflüsse zusammenwirken.
1
Mit relativ überdauernden Verhaltensänderungen ist gemeint, daß gelerntes Verhalten
wieder verlernt, modifiziert oder vergessen werden kann - es braucht also nicht
notwendig lebenslängliche Wirkung für den lernenden Organismus haben, aber auch
nicht so kurzfristige, daß der Organismus nur ein- oder zweimal ein anderes Verhalten
zeigt.
Meistens wird die durch Lernprozesse bewirkte Verhaltensänderung auch nicht
deterministisch, sondern als Änderung der Wahrscheinlichkeit des Verhaltens definiert.
Vielen Autoren ist die Eigenschaft der Reversibilität ein wichtiges Merkmal gelernten
Verhaltens - man muß durch einen anderen Lernprozeß auch wieder auf das alte
Verhalten zurückkommen können. Sie grenzen das "Lernen" damit von der "Prägung"
ab, die nicht reversibel ist.
2.
3.
Beschreiben sie das aus der Physiologie ableitbare Grundprinzip des Lernens! (1
Punkt)
Werden zwei Bahnungen des Zentralnervensystems gleichzeitig erregt, zwei
Schaltkreise von Neuronen, die jeder irgendeinen Input aus der Umwelt oder Output an
die Umwelt repräsentieren, so besteht die Tendenz, daß sich zwischen ihnen eine
Verbindung bahnt, die künftig bewirkt, daß die Aktivierung der einen auch die
Aktivierung des anderen zur Folge hat.
Eine solche Verbindung kann auch durch unmittelbar kortikale Reizung als Simulation
der konditionierten Reaktion erreicht werden (kortikale Konditionierung). Dabei können
die verknüpften Schaltkreise drei verschiedene Kombinationen ergeben:
Reize und Reize,
Reize und Reaktionen und
Reize, oder Reaktionen und Reaktionen.
Beschreiben Sie kurz intrazelluläre und interzelluläre Gedächtnistheorien! (2
Punkte)
Intrazelluläre Gedächtnistheorien: Hyden (1959) vermutete die Bildung spezifischer 1
Proteinmoleküle in der beteiligten Zelle während der Konsolidierung. Dadurch wird das
künftige Verhalten in ähnlicher Weise festgelegt wie durch genetische Prozesse über
die DNS-Moleküle: Wie dort die Gene über Aminosäuresequenzen den Aufbau der
Zellmembran (und damit die Abgabe und Reaktion auf Transmittersubstanzen) steuern,
so wird hier eine entsprechende Änderung des Aufbaus der Zellmembran bewirkt.
Einige Theorien nehmen sogar die Bildung inhaltsspezifischer RNS an (Ungar), hierfür
gibt es aber bisher keine gesicherten empirischen Hinweise. In all diesen Theorien wird
letzten Endes die Änderung der Wahrscheinlichkeit bestimmter synaptischer
Verbindungen angenommen. Diese dauerhaften Veränderungen des Cortex durch die
ständige Wiederholung (Reverberation) von Phasensequenzen bezeichnet man als
Konsolidierung. Die durch die Konsolidierung gebildeten Gedächtnisspuren werden als
Engramme bezeichnet. Sie bilden sich anscheinend während der Reverberationsphase 1
und breiten sich innerhalb weniger Minuten auch auf die andere Hirnhälfte aus. Dabei
werden einige Spezialisierungen von Hirnteilen vermutet: die linke Hirnhälfte für
verbales Lernen, die rechte Hirnhälfte für visuell-räumliche Koordination, frontaler
Cortex und Teile des limbischen Systems für Verkettungen, posteriorer Cortex für
Diskriminationsleistungen. Diese Lokalisationen sind aber noch sehr unsicher.
Die interzellulären Gedächtnistheorien nehmen Veränderungen zwischen den beteiligten Nervenzellen während der Konsolidierungsphase an, hauptsächlich an den
Synapsen, wahrscheinlich durch eine Erhöhung der synaptischen Potentiale durch die
wiederholte Benutzung. Eine Bestätigung dieses Vorganges ist die sog. posttetanische
Potenzierung: Eine tetanische Reizung von einer Minute Dauer mit 100 Reizen pro
Sekunde, also 6000 Reizen, führt zu einer Verdoppelung des EPSP an der Synapse; es
ist möglich, daß ähnliche Vorgänge während der Konsolidierungsphase beim Lernen
stattfinden. Gesichert ist auch, daß nicht benutzte Synapsen degenerieren.
2
1
2
4.
Was versteht man unter dem Reminiszenzphänomen und welcher Mechanismus
ist dafür verantwortlich? (2 Punkte)
Unterbricht man das Lernen für verbales Material oder eine einfache sensumotorische
(Geschicklichkeits-)Aufgabe, so setzt die Leistung nach der Unterbrechung unter Umständen auf einem höheren Niveau wieder ein, als man es vorher erreicht hatte. Man
erklärt dieses Phänomen damit, daß der Konsolidierungsprozeß während der Unterbrechung fortwirkt. Insofern entspricht dieser Effekt dem der spontanen Erholung in der
klassischen und operanten Konditionierung. Nach einer Lernpause setzt die Leistung
auf höherem Niveau wieder ein; je länger die Pause war (bis zu gewissen Grenzen),
desto größer die Steigerung. Im amerikanischen Volksmund hat sich das
Reminiszenzphänomen
in
der
Redensart
niedergeschlagen:
Wir
lernen
Schlittschuhlaufen im Sommer und Schwimmen im Winter.
2
5.
Erklären und beschreiben Sie das Phänomen der Lernübertragung (Transfer) (a:
allgemeine Beschreibung, b: Erklärung vor dem Hintergrund von
Netzwerktheorien) (2 Punkte)
Ob vorangegangene Lernprozesse eine fördernde oder eher hinderliche Auswirkung auf
nachfolgende Lernprozesse haben, hängt weitgehend davon ab, ob und wieweit bestehende Bahnungen mitverwendet werden können, oder ob sie erst unterdrückt und
gehemmt werden müssen, ehe neue aufgebaut werden können. In diesem Sinne
sprechen wir von positiver oder negativer Lernübertragung (transfer of training). Positive
Lernübertragung, also eine Förderung der nachfolgenden Lerntätigkeit, können wir
erwarten, wenn auf ähnliche Reize die gleichen Reaktionen geleistet werden sollen,
negative dagegen, wenn auf ähnliche (oder sogar die gleichen) Reize wie beim
vorangegangenen Lernen nun andere Reaktionen gezeigt werden sollen, weil dann erst
die alten Verbindungen gehemmt werden müssen. Wenn weder bei den Reizen noch
bei den geforderten Reaktionen Ähnlichkeiten zwischen der ersten und der zweiten
Lernsituation bestehen, tritt gar keine Lernübertragung auf (Osgood, 1949, 1961).
Erläutern Sie das Grundprinzip der Prägung, seine Sonderformen und seine
Beziehung zu den klassischen Lernarten ( 3 Punkte)
Die Prägung ist eine Einwirkung der Umwelt auf den Organismus, die von den meisten
Autoren gar nicht zu den Lernarten gerechnet wird, weil ihr ein wesentliches Merkmal 1
der Lernerscheinungen fehlt: die Reversibilität, die Möglichkeit, das „Gelernte“ wieder
rückgängig zu machen. Die Prägung hat vor allem Konrad Lorenz (1935, 1978) an
Vögeln beobachtet: Frisch geschlüpfte nestflüchtende Jungvögel pflegen während einer
gewissen Zeit nach dem Schlüpfen, der sog. kritischen Periode, jedem Gegenstand zu
folgen, der sich bewegt (und nach Möglichkeit auch noch rhythmische Geräusche von
sich gibt). In der Natur ist das normalerweise die Mutter; bei künstlich ausgebrüteten
Jungvögeln (oder solchen, denen man die Mutter kurz vor dem Schlüpfen weggenommen hat) kann diese Rolle aber auch ein Mensch, ein anderes Tier, ein an einem Draht
bewegter, lautsprecherbestückter Holzkasten oder sonst etwas übernehmen.
Es scheint, als ob die Genetik hier das Verhalten nicht ganz fertig programmiert hat:
Statt eines angeborenen Mutterbildes, das den Vögeln sagt, wem sie zu folgen haben,
hat die Natur sie mit einer Leerstelle ausgestattet, in die das Bild jeden beliebigen 1
Objektes hineinfallen kann, das bestimmte Mindestanforderungen erfüllt (Bewegung
und Laute), dann aber fortan darin festsitzt, als wäre es angeboren. Das gilt nicht nur für
das Verhalten der Mutter gegenüber in der Kindheit des Vogels, sondern auch später:
Wenn die männlichen Tiere, die auf etwas anderes als einen weiblichen Vogel der
eigenen Art geprägt sind, dann geschlechtsreif werden, so balzen sie nicht weibliche
Tiere der eigenen Art an, sondern wiederum die Objekte, auf die sie geprägt sind, und
versuchen sogar, mit ihnen zu kopulieren. Konrad Lorenz und seine Mitarbeiter haben
deswegen beim Schwimmen in ihrem See oft unter ihren Grau-Gantern leiden müssen,
die auf sie geprägt waren und dann versuchten, sie zu begatten, und Schutz (1964)
gelang es, auf diese Weise Homosexuelle Erpel zu erzeugen.
Als Sonderform der Prägung sind sogenannte prägungsähnliche Lernprozesse zu
erwähnen, bei denen schwer reversible Lernprozesse stattfinden. Ein Beispiel aus dem
Lernumfeld des Menschen ist der Spracherwerb. Z.B. das Lernen bestimmter Phoneme
gelingt in einer kritischen Periode besser als zu anderen Zeitpunkten, obwohl auch 1
dann, allerdings unter Mühen, Umlernprozesse möglich sind (Dialekt, Sprachspez.
Eigenheiten).
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6.
3
7.
Beschreiben und erläutern Sie die verschiedenen Formen der Reizdarbietung von
CS und UCS bei der klassischen Konditionierung (4 Punkte)
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Darbietung von CS und UCS, die jeweils Art
und Erfolg der Konditionierung bestimmen. Einmal kann der CS gleichzeitig mit dem
UCS vorgegeben werden; man spricht dann von einer simultan konditionierten
Reaktion. Bei diesem Vorgehen ist der Lernerfolg allerdings nur sehr gering, d. h.
später, wenn der CS allein auftritt, ist eigentlich gar keine konditionierte Reaktion beobachtbar. Zur Ausbildung einer sog. verzögert konditionierten Reaktion läßt man den CS
kurz vor dem UCS beginnen und frühestens mit Beginn des UCS, oft aber auch erst
während oder nach dem UCS, enden. Spurenreflexe entstehen, wenn der CS vor
Einsetzen des UCS beginnt und endet, wobei zwischen Ende des CS und Beginn des
UCS eine kurze Pause liegt. Bei der sog. Rückwärts-Konditionierung schließlich läßt
man den CS erst nach Ende des UCS einsetzen. Der Konditionierungserfolg ist sehr
gering, wenngleich sich schwache Lerneffekte haben zeigen lassen. Man wird ja kaum
damit rechnen können, daß ein Hund auf einen Ton hin Speichel absondert (also
Fleischpulver antizipiert), wenn zuvor dieser Ton immer erst erklang, nachdem er das
Fleischpulver schon erhalten hatte. Es ist vielfach nachgewiesen worden, daß die
Ausbildung von verzögert konditionierten Reaktionen und von Spurenreflexen sicherer
gelingt als die von simultan oder rückwirkend konditionierten Verhaltensweisen. Das bedeutet, daß es günstiger ist, wenn der CS dem UCS vorausgeht. Experimente zur
Konditionierung des Lidschlags oder der Herzschlagfrequenz ergaben, daß verzögert
konditionierte Reaktionen und Spurenreflexe etwa die gleiche Reaktionsstärke
aufwiesen. In anderen Versuchen zur Konditionierung der Herzschlagveränderung
erwiesen sich hingegen Spurenreflexe als schwächer, sofern mit langen CSUCSAbständen gearbeitet wurde.
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8.
Beschreiben Sie die sensorische Vorkonditionierung (a: Definition, b: ein
entscheidendes Experiment, c: das Problem) (3 Punkte)
Definition: Bei der sensorischen Vorkonditionierung werden zunächst zwei neutrale
Reize gemeinsam vorgegeben, danach läßt man einen von beiden während eines
normalen Konditionierungsversuchs zum Auslöser einer bedingten Reaktion werden
und setzt dann statt seiner den anderen Stimulus als CS ein. Gewöhnlich wird man
feststellen, daß auch dieser Reiz die konditionierte Reaktion hervorruft, obwohl er
niemals direkt mit dem UCS gekoppelt war.
Experiment: In einem Experiment von Coppock (1958) zur sensorischen
Vorkonditionierung einer galvanischen Hautreaktion wurde einer Gruppe von
Probanden (A) in 10 Vorkonditionierungsversuchen ein Ton- und ein Lichtsignal
gemeinsam dargeboten. Das gleiche geschah bei einer Kontrollgruppe (B), jedoch so,
daß keine Assoziation entstand. Eine dritte Gruppe (C) erhielt Licht und Ton in umgekehrter Reihenfolge wie die erste. In allen Gruppen wurde nun eine konditionierte galvanische Hautreaktion auf das Lichtsignal ausgebildet, welches anschließend in 5 Versuchsdurchgängen durch den Ton als CS ersetzt wurde. Die Ergebnisse: Bei den
Gruppen B und C löste das Tonsignal in den 5 Versuchsdurchgängen so gut wie keine
Reaktion aus, war also neutral. In Gruppe A jedoch war die Reaktionshäufigkeit
beträchtlich, hier hatte der Ton tatsächlich eine Auslösefunktion erhalten. Das
Bemerkenswerte an dieser Untersuchung ist, daß dieser Effekt nur nach einer
bestimmten Reihenfolge der Reizdarbietung während der Vorkonditionierung (nämlich
Ton-Licht) eintrat, nicht aber bei Paarung in umgekehrter Reihenfolge (wie in Gruppe C)
oder gänzlich fehlender Paarung (Gruppe B).
Problem: Ist aber die Vorkonditionierungsphase wirklich ein Beispiel für klassisches
Konditionieren? Bisher galt immer, daß klassisches Konditionieren stets einen UCS
voraussetzt, einen Reiz also, der zuverlässig eine deutliche, reflexartige Reaktion
auslöst. Diese Forderung scheint bei der sensorischen Vorkonditionierung nicht erfüllt.
Wie kann man dann von einer Form klassischen Konditionierens sprechen, wo doch
weder ein geeigneter UCS noch ein entsprechender UCR in Erscheinung tritt? Eine
mögliche Erklärung für diese paradoxe Situation besteht in der Annahme, daß die
vorkonditionalen Reize tatsächlich unkonditionierte Reaktionen auslösen (z. B. Orientierungsverhalten oder Aufmerksamkeit), die jedoch schwach und kaum beobachtbar oder
meßbar sind. Der Vorgang könnte sich dann folgendermaßen abspielen: Während der
Vorkonditionierung hat Rz den Charakter einer unkonditionierten Reaktion (mit der CSl
assozüert wird). Die Reaktion stellt ein Zwischenstadium dieser Assoziation dar. In der
3
normalen Konditionierungsphase wird CSZ zum Auslöser für CR. Im abschließenden
Testversuch ruft auch CSl CR hervor, nachdem er zuvor RZ ausgelöst hatte (eine
Verbindung, die durch die Vorkonditionierung entstand). Wenn diese Vorstellung richtig
ist, käme sensorische Vorkonditionierung einem Doppelexperiment gleich, in dem zwei
getrennte Assoziationen gebildet und in den Testversuchen kombiniert werden: Im Testversuch wird zunächst die erste Assoziation wirksam (CSl-Rl als Ergebnis der Vorkonditionierung), die wiederum die zweite Assoziation (RZ-CR als Ergebnis der normalen
Konditionierung) auslöst. Das Paradigma der sensorischen Vorkonditionierung macht
somit deutlich, daß klassische Konditionierung nicht prinzipiell auf massive Reaktionen
(wie die UCR) beschränkt ist, sondern daß dabei vielmehr Assoziationen zwischen
jeder Art von Reizen, gleich welcher Intensität oder biologischen Bedeutung, wirksam
werden. Daß zumindest schwache UCR zur Bildung von Assoziationen notwendig sind,
muß auch bezweifelt werden, nachdem Cousins, Zamble, Tait und Suboski (1971) eine
sensorische Vorkonditionierung sogar bei Ratten erreichten, die durch Injektion von
Curare total gelähmt und reaktionsunfähig waren. Gleich, auf welche Weise
sensorische Vorkonditionierung nun funktioniert: Solche Experimente lassen erkennen,
welche minimalen Voraussetzungen das Lernen von Assoziationen hat; es genügt die
bloße Kontiguität zweier Reize, egal, welcher Natur die dadurch ausgelösten
Reaktionen sind.
9.
Was versteht man unter vermittelnden Assoziationen (a) und geben Sie ein
Beispiel hierfür (b) ! (2 Punkte)
Für die erfolgreiche Verknüpfung von Reiz und „richtiger“ Reaktion beim verbalen und 1
motorischen Lernen, aber auch bei den anderen Lernarten, ist es wichtig, daß das neu
Gelernte mit dem bereits vorhandenen Wissen verknüpft werden kann. In der
Lerntheorie Osgoods (1953) spielen dabei die sog. vermittelnden Assoziationen
(intermediate responses) eine Rolle: Reiz und Reaktion werden nicht direkt assoziativ
miteinander verknüpft, sondern der Reiz löst zunächst eine innere, nicht direkt
beobachtbare Reaktion aus, die im Inneren des Organismus wieder als Reiz zur
Auslösung anderer ebenfalls interner Reaktionen dient, bis schließlich über eine Kette
von solchen zwischengeschalteten inneren Reiz-Reaktionsmustern die äußere,
beobachtbare Reaktion ausgelöst wird. In einem Schema: S-r1-S1-r2-S2-R (Darin
finden die mit kleinen Buchstaben bezeichneten Verknüpfungen im Inneren des
Organismus statt).
Aus dieser lerntheoretischen Grundkonzeption Osgoods ist ein praktisches 1
Erhebungsverfahren erwachsen, das in den letzten Jahrzehnten weite Verbreitung in
einer Fülle von Anwendungsgebieten erfahren hat: Das Semantische Differential
(Osgood, Suci & Tannenbaum 1957) oder „Polaritätsprofil“ (Hofstätter 1955). Damit wird
die Ähnlichkeit oder Distanz zwischen zwei Gegenständen oder Begriffen dadurch
gemessen, daß man feststellt, wieviele und wie starke “vermittelnde Assoziationen” die
beiden gemeinsam haben: Befragungspersonen stufen die zu untersuchenden Objekte
auf einer Reihe von Eigenschaftskalen ein - meistens einander gegegenübergestellten
Gegensatzpaaren. Bei jedem Eigenschaftspaar geben die Befragten für jedes zu
untersuchende Objekt an, ob (und wieweit) sie es eher mit dem linken oder mit dem
rechten „Pol“ der Eigenschaftsskala assoziieren. „Ähnlichkeit“ der beurteilten Objekte
wird dann definiert über die Ähnlichkeit der so entstandenen „Profile“, der
Verbindungslinien zwischen den Ankreuzungen auf den einzelnen Skalen. Mit den
Eigenschaftskalen als den vermittelnden Assoziationen können auf diese Weise über
ihre Konnotationen Gegenstände und Begriffe vergleichbar gemacht werden, die sich
direkt nicht vergleichen ließen, beispielsweise Begriffe wie „Liebe“ und „Vaterland“ nicht
nur untereinander, sondern auch mit dem Image eines Politikers, einer anderen Person
oder einem Warenzeichen. Das Verfahren ist daher in vielen Bereichen der
Angewandten Psychologie, von der Marktforschung bis zur Therapie, sehr beliebt
geworden, ohne daß sich die meisten Anwender seiner lerntheoretischen Hintergründe
erinnern.
2
10.
Beschreiben Sie das klassische Prismenlernexperiment zum Umlernen (a) und
erläutern Sie (b), was „umgelernt“ wurde! (2 Punkte)
2
11.
Beschreiben Sie die 2-Faktoren-Theorie von Mowrer
1
12.
13.
14.
Homöostatische und nicht-homöostatische Triebmechanismen: a) Unterscheiden
Sie zwischen diesen beiden Triebmechanismen; b) zählen Sie typische Beispiele
auf (2 Punkte)
Grossmann (1967) unterscheidet zwischen homöostatischen und nicht-homöostati- 1
schen Triebmechanismen. Nicht-homöostatische Veränderungen in der externen Umwelt sind von Lernprozessen in stärkerem Maße abhängig als homöostatische Triebe
(Harlow). Bei homöostatischen Trieben tritt Triebreduktion nur dann auf, wenn das
Verhalten des Organismus zu einem physiologischen oder biochemischen Prozeß führt,
der das Gleichgewicht des Homöostaten wieder herstellt. Nicht-homöostatische Triebe
werden durch externe Reize ausgelöst. Triebreduktion tritt in dem Ausmaß ein, in dem
die Reizquellen entfernt werden. Durch die Störung des Gleichgewichts kommen
biochemische und/oder neuronale Mechanismen in Gang, die spezifische zentrale
Regulationsprozesse stimulieren und unspezifische Aktivierungssysteme anregen
(Formatio reticularis). Das Homöostase-Prinzip hat man seinerzeit bei seiner
Entdeckung für biologisch sehr „zweckmäßig“ gehalten, als vollautomatischen
Regelkreis, der die Aufrechterhaltung eines inneren chemischen Gleichgewichts
gewährleistet.
Homöostatische Triebe sind: Hunger, Durst,
1
Beschreiben Sie den physiologischen Mechanismus des Entstehens der
Durstmotivation! (3 Punkte)
Durstempfindungen werden zu den Allgemeinempfindungen (auch: Allgemeingefühle,
Gemeingefühle) gerechnet. Sie werden durch einen (oder mehrere) adäquate Reize
ausgelöst, die nicht aus der Umwelt des Körpers, sondern aus dem Organismus selbst
stammen (Schmidt & Thews 1980). Wassermangel des Körpers kann auf verschiedene
Weise gemessen werden:
a)
am Volumen oder osmotischen Druck der Zellen,
b)
am Volumen oder osmotischen Druck des Extrazellulärraumes,
c)
an der Reduktion der Speichelsekretion.
Osmo-Rezeptoren für den Zellinnendruck liegen im Hypothalamus; für den
extrazellulären Druck haben wir Dehnungsrezeptoren in den großen Venen, und die
Trockenheit des Mund- und Rachenraumes vermitteln uns spezielle Rezeptoren in der
Mund und Rachenschleimhaut. Im Hypothalamus werden die Informationen von allen
diesen Quellen integriert.
Sowohl die Abnahme des Zeltvolumens wie die der Extrazellulärflüssigkeit lösen
Durstgefühl aus; beide bewirken außerdem eine Reduktion der Speichelsekretion.
Kommen beide zusammen, so wirken sie additiv, und es wird besonders starker
Durstempfunden. Die Speichelreduktion ist eigentlich nur ein Begleitsymptom, das aber
ebenfalls zur Empfindung beiträgt. Ein trockener Mund allein, beispielsweise durch
Rauchen, trockene Speisen oder vieles Reden, ohne echten Wassermangel des
Organismus, führt zum »falschen Durst«, der sich durch Befeuchten der
Mundschleimhautbeheben läßt, was bei echtem Durst nicht mehr hilft.
Während andere Reize bei längerer Einwirkung auf den Organismus adaptiert und dann
nicht mehr bemerkt werden, ist dieses bei Durstempfindungen nicht der Fall. Wie wir
aus Tierversuchen wissen, kann dieses nicht adaptiert werden (Schmidt & Thews 1980,
S.3391ff.). Bei der Befriedigung des Durstes gilt das Prinzip der präsorptiven Sättigung:
Die Rezeptoren im Mund antizipieren die physiologische Änderung des Salzgehaltes im
Blut, ehe das Wasser dorthin gelangt ist.
Ein Experiment von Kissileff (1973, nach Grossberg 1984, S.99) zeigt daß Organismen
auch fehlendes Feedback bei der Wasseraufnahme durch Lernprozesse ersetzen
können: Ratten konnten sich durch einen Hebeldruck eine Wasserinjektion direkt in den
Magen verschaffen. Anfangsdrückten sie den Hebel zu oft-wahrscheinlich, weil das
Feedback aus dem Mund- und Backenraum fehlte- lernten dann aber, seltener zu
drücken.
2
Beschreiben Sie die Bestimmungsgrößen der Sexualität (a: allgemein, b: den
Coolidge-Effekt) (2 Punkte)
Der Sexualtrieb steht in Zusammenhang mit der Anwesenheit von Sexualhormonen im 1
Blut: androgene Hormone (Testosteron) im männlichen und östrogene Hormone im
weiblichen Organismus. Der Trieb ist in hohem Maße von der Anwesenheit dieser
Hormone abhängig, jedoch nicht vollständig: Die Entfernung der Geschlechtsorgane
führt nicht notwendigerweise zum völligen Erlahmen des Triebes und Erlöschen des
2
3
sexuellen Verhaltens (Rückenmarksreflexe, corticale Steuerung).
Ist das Bedürfnis weitgehend von dem hormonalen inneren Zustand des Organismus‘
abhängig, so ist es der Trieb außerdem von der Anwesenheit angemessener äußerer 1
Reize. Im Tierreich gibt es vielfach angeborene Verhaltensmuster, die zu genau
festgelegten Reiz-Reaktions-Ketten führen. Ein Musterbeispiel dafür ist das
Paarungsverhalten des Stichlings, der erst sein Nest baut und dann in einem
festgelegten Ritual um das Weibchen wirbt.
Eine Besonderheit des Sexualtriebes ist der Coolidge-Effekt, ein Phänomen, zu dem bei
anderen primären Trieben noch nichts Vergleichbares beobachtet werden konnte. Man
könnte den Coolidge-Effekt auch als ein Bedürfnis nach sexueller Vielfalt bezeichnen,
wie es Symons (1979) mit Bezug auf die menschliche Sexualität tat. Gründlich erforscht
ist der Coolidge-Effekt aber erst im Tierreich; Dewsbury (1981) gab eine ausführlichere
Ubersicht. Der Effekt verdankt seinen Namen dem amerikanischen Präsidenten
Coolidge, und zwar folgender Begebenheit (Bermant (1976), S. 76-77): „One day
President arid Mrs. Coolidge were visiting a government form. Sonn after their arrival
they were taken oft an separate tours. When Mrs. Coolidge passed Ne chicken pens
she paused to ask Ne man in.charge if Ne rooster copulates more than once each day.
„Dozens of times«, was Ne reply. „Please teil that to Ne PresidentH, Mrs. Coolidge
requested. When Ne President passed Ne pens arid was told about Ne rooster, ha
asked HSame hen every time?« - „Oh, na, Mc. President, a different one each time.«
The President nodded slowly, than seid „Teil that to Mrs. Coolidge.
Dieses Bedürfnis nach „Partnerwechsel« nach dem Kopulationsakt ist im Tierreich weit
verbreitet und ist sicherlich biologisch zweckmäßig als evolutionär stabile Strategie im
Sinne Maynard Smiths (1972, Dawkins 1976), wenn es darum geht, zur Verbreitung der
Gene soviele Befruchtungen wie möglich zu erreichen möglicherweise hat es sich
deshalb im Laufe der Evolution herausbilden können.
15.
16.
Beschreiben Sie die (a) Attributionen, die nach Weiner et al., im Rahmen der
Leistungsmotivation wirksam sind; (b) legen Sie dar wie Leistungs- und
Erfolgsmotivierte attribuieren und (c) beschreiben Sie das Phänomen der
hedonistischen Verzerrung (3 Punkte)
zu a) Weiner und Mitarbeiter gehen dabei von vier »Ursachenfaktoren« aus, die 1
ihrerseits zeitstabil oder über die Zeit variabel sind, und von der Person entweder sich
selbst (internal) oder der Umwelt (external) zugeschrieben werden und sich
dementsprechend in folgendem Vierfelder-Schema darstellen lassen:
intern Extern
Stabil Begabung
Aufgabenschwierigkeit
instabil Anstrengung Zufall (Glück oder Pech)
zu b) Erfolgsmotivierte schreiben ihre Erfolge stärker der eigenen Begabung zu und
Mißerfolge eher dem Zufall zu, Mißerfolgsmotivierte dagegen umgekehrt. 1
Erfolgsmotivierte attribuieren einen Mißerfolg eher ihrer mangelnden Anstrengung als
Mißerfolgsmotivierte.
zu c) Empirische Untersuchungen zur Attributionstheorie haben zunächst gezeigt, daß
Menschen generell eher dazu neigen, Erfolge internal und Mißerfolge external zu 1
attribuieren
(Schmalt
1978)
eine
hedonistische
Verzerrung
der
Ursachenwahrnehmung, die es gestattet, ein positives Selbstwertgefühl frei von
Belastungen zu halten« (Schneider & Schmalt 1981, S.201).
Beschreiben Sie den Zeigarnik- und Ovsiankina-Effekt! (1 Punkt für die
Beschreibung der Effekte und 1 Punkt für weiterführende Gedanken hierzu)
Eine besondere Auswirkung des Nicht-Erreichens eines gesetzten Anspruchsniveaus
entdeckten zwei Schülerinnen Lewins, Blume Zeigarnik (1927) und Maria Ovsiankina
(1928). Sie führten Untersuchungen durch, bei denen Versuchspersonen beim Lösen
von Aufgaben unterbrochen wurden. Dabei stellte man fest, daß sich die
Versuchspersonen besser an die Aufgaben erinnern konnten, bei denen sie
unterbrochen wurden, als an die, die sie zu Ende führen durften (Zeigarnik-Effekt).
Außerdem neigten die Versuchspersonen dazu, die unterbrochenen Aufgaben doch
noch zu lösen, auch wenn das gar nicht mehr sinnvoll war (Ovsiankina-Effekt).
Der Zeigarnik-Effekt gilt allerdings nicht immer; zwar konnten sich die
Versuchspersonen einige Stunden besser an die unerledigten als an die erledigten
Aufgaben erinnern, doch verschwand dieser Unterschied innerhalb von 24 Stunden.
Alper (1952) entdeckte, daß der Zeigarnik-Effekt nur dann zutrifft, wenn die Aufgaben
3
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17.
18.
ohne Streß durchgeführt wurden. Fühlt sich die Versuchsperson dagegen durch die
Nicht-Vollendung der Aufgabe bedroht, so scheint sich der Zeigarnik-Effekt
umzukehren: Vollendete Aufgaben werden besser behalten als unvollendete.
McGraw & Fiala (1982) fanden, daß Vpn eher dann zu der unterbrochenen Aufgabe
zurückgingen (in 86% der Fälle), wenn sie unerwartet für ihre Tätigkeit belohnt wurden,
aber seltener (in 56% der Fälle), wenn die Belohnung vorher angekündigt war.
Der Zeigarnik-Effekt tritt aber nicht auf, wenn den Vpn durch die experimentellen
Bedingungen nahegelegt wird, daß die Unterbrechung der Arbeit eine schlechte
Leistung der Vpn bedeutet, die Vollendung dagegen eine gute. In diesen Fällen kann er
sich sogar umkehren: die Vpn erinnern die fertiggestellten Aufgaben besser als die
unterbrochenen (Rosenzweig 1943; Glixman 1945 n. Stahlberg, Osnabrügge & Frey
1985). Stahlberg, Osnabrügge & Frey (1985) interpretierten diese Befunde im Sinne
eines Selbstwertschutzes der Vpn. In die gleiche Richtung ging ein Experiment von
Pavur & Little (1981 ): Vpn, die ohnehin ein niedriges Selbstwertgefühl hatten, sollten
die Unterbrechung als Selbstwertbedrohung empfinden, solche mit stabilem positivem
Selbstwertkonzept dagegen weniger. Dementsprechend sollten die Vpn mit niedrigem
Selbstwert, die von ihnen nicht vollendeten Aufgaben selektiv schneller vergessen als
andere. Die Ergebnisse von Pavur & Little (1981) bestätigten das.
Beschreiben Sie die Notfallsfunktionstheorie nach CANNON (1 Punkt)
Wird ein im Zustand der Ruhe befindlicher Organismus plötzlich einem unerwarteten
und intensiven Reiz ausgesetzt, reagiert er mit verstärkter sympathischer Innervation,
wobei gleichzeitig Veränderungen im EEG stattfinden und verschiedene motorische
Reaktionen auftreten. Cannon (1932, 1936) hat darauf die sog. Notfallsfunktionstheorie
der Emotionen aufgebaut. Die Notfallsfunktionen werden immer mobilisiert, wenn für
Flucht- oder Verteidigungsreaktionen ungewöhnlich viel Muskelkraft benötigt wird. Die
sympathische Innervation löst die Sekretion von Adrenalin durch die Nebennieren auf,
die Freigabe von Glycogen aus der Leber und verschafft sich dadurch die Energie, die
in der Notfallsituation benötigt wird. Unter diesem Gesichtspunkt ist die mit der
sympathischen Innervation verbundene Emotion ein biologisch sinnvoller Mechanismus,
weil er in solchen Notfallsituationen effektvollere Reaktionen des Organismus
ermöglicht. Cannon nahm an, daß verschiedene Emotionen, beispielsweise solche, die
mit Kampf- und Fluchtreaktionen verbunden sind (Ärger und Furcht), auf Grundlage der
auftretenden Reaktionen nicht unterschieden werden können. Sorgfältige
Untersuchungen der Wirkung des Adrenalins auf den Kreislauf, Pulsfrequenz,
Blutzuckergehalt und Sauerstoffverbrauch lassen vermuten, daß der erhöhte
Adrenalinspiegel im Blut, der mit Furcht verbunden ist, eher reaktionsschwächende als
reaktionsstärkende Effekte haben kann (Arnold 1960).
Beschreiben Sie (a) das Grundprinzip der Konflikte, (b) einige typische
Grundmuster von Konflikten, (c) deren grafische Darstellung und (d) ein
Experiment, daß einen Konflikt beweist! (4 Punkte)
Grundprinzip: Wenn es gleichzeitig zwei oder mehr Reaktionstendenzen gibt, die 1
miteinander unvereinbar sind, so entstehen Konflikte. Konflikte rufen (unangenehme)
Spannungen hervor, die zu einem unschlüssigen und zögernden Verhalten führen
können, das oft von Zuständen der Erschöpfung begleitet wird. Konfliktforscher
unterscheiden folgende Konfliktsituationen:
Typische Grundmuster: Annäherungs-Annäherungs-Konflikt: Beispiel: Buridanischer 1
Esel, der genau in der Mitte zwischen zwei gleich großen Heuhaufen verhungert. - Im
allgemeinen werden Annäherungs-Annäherungs-Konflikte durch die Entscheidung für
eine Alternative gelöst. Vermeidungs-Vermeidungs-Konflikt. Beispiel: Ausführung oder
Verweigerung eines unangenehmen Befehls oder, moderner: Energieversorgung durch
Kernkraft oder Kohle. - Vermeidungs-Vermeidungs-Konflikte werden oft durch eine
Flucht aus der Situation gelöst. Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt (AmbivalenzKonflikt). Beispiel: Mutproben, Prüfungen. Doppelter Annäherungs-VermeidungsKonflikt.
Diagrammdarstellung: In vielen Büchern werden Konflikte bzw. Annäherungs- und
Vermeidungstendenzen in Diagrammen dargestellt. Wesentliches Merkmal dieser 1
Darstellung ist die Steigung der beiden Geraden: mit wachsender Nähe zum Ziel
steigen sowohl Annäherungs- wie auch Vermeidungstendenzen. Ein oft zitiertes Ziel in
diesem Zusammenhang ist die Prüfung für den Studenten: einerseits möchte er sie
ablegen, und je näher sie rückt, desto mehr freut er sich darauf, andererseits aber
1
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schreckt sie ihn auch, je näher, desto mehr.
Experiment: Browns (1948) Experiment verlief folgendermaßen: er ließ Ratten in
Zuggeschirren einen Gang entlanglaufen, an dessen Ende sich eine beleuchtete 1
Zielbox befand. Mit Hilfe der Zuggeschirre konnte er an zwei Punkten die Stärke der
Annäherungs- bzw. Vermeidungstendenzen messen. Brown benutzte dabei vier
verschiedene Gruppen von Ratten. Die Gruppen I und II waren hungrig und fanden im
Ziel Futter. Auf die Gruppen III und IV wartete im Ziel ein starker bzw. schwacher
elektrischer Schock. Die Darstellung im Diagramm (s. o.) erweckt den Eindruck, als
wenn auf eine Gruppe von Ratten das Ziel gleichzeitig anziehend und abstoßend wirkt.
Am Kreuzungspunkt der beiden Geraden würde dann theoretisch der Konflikt auftreten
und die Ratten würden (wenigstens zunächst) stehen bleiben. Das war aber bei
Browns‘ Experiment nicht der Fall. Keine der Ratten in dem Experiment von Brown
(1948) erlebte einen „Konflikt“. Es waren vier verschiedene Gruppen, von denen je zwei
dazu dienen, aus zwei Punkten die Steigung des Appetenz-, bzw. Aversionsgradienten
zu ermitteln. Kaufman & Miller (1949) zeigten dann, daß Ratten nach einer größeren
Anzahl von Annäherungsversuchen (mit Futter belohnt) auch nach elektrischen
Schlägen schneller zum Ziel laufen. Miller (1937, nach Miller 1959) ließ Ratten erst
lernen, einen Gang entlangzulaufen, um Futter zu erlangen, und gab ihnen dann am
Ziel einen elektrischen Schlag. Diese Tiere zeigen »offensichtliches Konfliktverhalten“
(Miller 1959, S. 204): Sie rannten los, hielten an, und wanden sich auf der Stelle vor und
zurück. Miller (1959) hielt dies für typisches Konfliktverhalten in einer Vielfalt von
Situationen: z. B. bei einem Eichhörnchen, das sich nicht traut eine Nuß von der Hand
eines Menschen zu nehmen, oder bei einem Kind das ein fremdes Tier streicheln
möchte, aber es nicht wagt.
‚ Miller (1937, 1959) erklärte dieses Verhalten im
Rahmen der Lerntheorie von Hull
(1932) durch unterschiedliche Steigungen der
Zielgradienten (Appetenz- und Aversionsgradient), für die Brown (1948) versuchteebenfalls im Rahmen der Theorie Hulls (1943)-genaue Steigungen zu ermitteln.
19.
20.
Diskutieren Sie was man unter einer „Emotion“ versteht! (a: vor dem Hintergrund des
allgemeinen Regelkreismodells, b:
Nennen Sie (a) mindestens 6 Grundemotionen und (b) definieren Sie was Grundemotionen sind! (2 Punkte)
2
Summe der erreichbaren Punkte:
45
2
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