ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Kooperation - die Ökologie des Sozialverhaltens Konkurrenz Erhöhung der Fitness auf Kosten der Artgenossen Kooperation Erhöhung der eigenen Fitness und der des Kooperationspartners p p Warum sind nicht alle Tiere sozial? Ökologische Bedingungen: Fitnesskosten des Zusammenlebens sind höher als der daraus gezogene Nutzen ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Wodurch können die Fitnesskosten erhöht werden ? zusätzlicher Wettbewerb um Nahrung und andere Ressourcen Stö Störung der d Fortpflanzung F t fl durch d h Konkurrenten K k t erhöhte Anfälligkeit gegenüber Brutparasitismus („Kuckuckseier“) Stress, Krankheiten, Parasiten Infantizid, Ovizid IIm Prinzip P i i läßt läß sich i h unter den d meisten i ökologischen ök l i h RahmenR h bedingungen feststellen, dass die Evolution einer solitären Lebensweise begünstigt ist. ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Blaukiemen-Sonnenbarsch Lepomis macrochirus sozial + 50-100 %% bauen ihre Nester Seite an Seite - Nachbarn oder nicht nistende Artgenossen fressen befruchtete Eier - Störungen bei der Partnerwerbung und beim Ablaichen durch Satelliten- %% - Eier-zerstörende Pilze können sich leicht von Nest zu Nest ausbreiten Gemeiner Sonnenbarsch Lepomis gibbosus solitär + Besitzen kräftige Kiefer; damit können sie eierliebende Schnecken einfach auffressen und sogar eierfressende Katzenwelse vertreiben ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Tierverbände (Sozietäten) individualisierte Verbände Tierstaaten Planktonschwärme Wanderheuschrecken Fischschwärme Vogelzug Tiere kennen sich Rangordnung Territorialität Termiten Bienen Wespen Ameisen N kt ll Nacktmulle = offene Verbände = halboffene Verbände = geschlossene Verbände anonyme Verbände ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Kooperation im Sozialverband • Vogeleltern V l lt • Insektenstaat • Rangkämpfe bei Primatenmännchen • Signalsprünge bei Thomsongazellen („stotting“) Warum kooperiert ein Tier, wenn es doch eigentlich seine eigene Fitness maximieren und diejenige der Konkurrenten minimieren sollte? Tiere kooperieren 1. mit Verwandten indirekte Weitergabe ihrer eigenen Gene ((Verwandtenselektion,, kin selection)) 2. weil ihre Interessen übereinstimmen (Prinzip des beiderseitigen Vorteils) 3. weil sie vom Kooperationspartner getäuscht werden (Manipulation) ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Eltern diploider Tierarten tragen jeweils 50% zum Erbgut eines Nachkommen bei. Eltern und Nachkommen: Brüder und Schwestern: Großeltern, Enkel, Halbgeschwister: Vettern und Cousinen: r = 0.5 r = 0.5 r = 0.25 r = 0.125 Verwandtschaftskoeffizient r r ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gen eines Individuums durch Abstammung als identische Kopie in einem anderen Individuum vorliegt. Altruismus = „Selbstlosigkeit“ oder uneigennütziges Verhalten bringt anderen Tieren einen Nutzen, während es für das ausführende Tier mit Kosten verbunden ist. Gesamtfitness G tfit („inclusive ( i l i fitness“) fit “) hängt hä t vom eigenen i FortpflanzungsF t fl erfolg (direkte F.) und dem der näheren Verwandtschaft ab (indirekte F.). ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Graufischer (Ceryle rudis) primäre Helfer: %% helfen Eltern sekundäre Helfer: %% unterstützen fremde Paare Aufschieber: %% setzen eine Brutsaison aus ETHOLOGIE Roland Gerstmeier ETHOLOGIE Roland Gerstmeier ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Rückkehrrate im 2. Jahr: p primärer Helfer sekundärer Helfer Aufschieber 54% 74% 70% w = 0.54 w = 0.74 w = 0.70 w = Überlebenswahrscheinlichkeit vom 1. zum 2. Jahr Partnerfindungs-Wahrscheinlichkeit im 2. Jahr (p): primärer Helfer sekundärer Helfer Aufschieber 60% 91% 33% p = 0.60 p = 0.91 p = 0.33 0 33 Berechnung der Fitness (f) im 2. Jahr: n x r x w x p = f2 primärer Helfer 2.5 x 0.5 x 0.54 x 0.60 = 0.41 sekundärer Helfer 2.5 x 0.5 x 0.74 x 0.91 = 0.84 Aufschieber 2.5 x 0.5 x 0.70 x 0.33 = 0.29 n = Nachwuchs brütender Vögel ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Berechnung der Fitness (f) im 1. Jahr: j x r = f1 f1 + f2 = Gesamt-f primärer Helfer 1.8 x 0.32 = 0.58 0.58 + 0.41 = 0.99 sekundärer Helfer 1.3 x 0.00 = 0 0.00 + 0.84 = 0.84 Aufschieber 0.0 x 0.00 = 0 0.00 + 0.29 = 0.29 j = zusätzlich erzeugter Nachwuchs durch Helfer 3 Schlussfolgerungen: 1. Altruistisches Verhalten primärer Helfer erhöht Fortpflanzungserfolg der Eltern + zusätzliche ät li h Geschwister G h i t genetischer ti h G Gewinn i bzw. b höhere höh Gesamtfitness G tfit 2. Gesamtfitness sekundärer Helfer liegt gar nicht so schlecht; ihre Chancen für eine eigene Fortpflanzung steigen im 2. Jahr 3. Untätigkeit („Aufschieber“) im 1. Jahr bringt den geringsten Ertrag aller möglichen Optionen ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Prinzip des beiderseitigen Vorteils (Kooperation) Paarpartner sind genetisch an den gemeinsamen Nachkommen zu 50% beteiligt. Kooperatives Jagen: Löwen Afrikanische Wildhunde, Hyänen Wölfe Mensch Kaffernbüffel Gnu, Zebra Elch Mammut ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Vaterschaft ungleichmäßig verteilt! Größere Koalitionen nur wenige Vaterschaften bei untergeordneten %% Koalitionen >4: %% i.d.R. Brüder Rangniedere erzielen nur eine indirekte Fitness ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Süd-Zwergichneumon (Helogale parvula) Ordnung Carnivora Fam Viverridae Fam. (Schleichkatzen) U.fam. Herpestinae (M (Mungos) ) = Ost-Zwergichneumon (Helogale hirtula) ETHOLOGIE Roland Gerstmeier 3 Strategien spiegeln die durch direkte und indirekte Fitnesskomponenten beeinflusste Kosten-Nutzen-Gleichgewichte wider. 1. Warum helfen nicht verwandte Tiere? " Tiere werden nach 5 Jahren von den ältesten subdominanten Tieren ersetzt "-Tiere a) Hilfeleistung hält Gruppe u. Territorium intakt b) vom Helfer aufgezogene Jungtiere werden Unterstützung leisten, wenn dieser sich selbst fortpflanzt c)) Außenseiter A ß it könnte kö t vertrieben t i b werden, d da d das d "-Paar P keinen k i Vorteil V t il von ihm ih hat h t Helferverhalten ist langfristige Investition für den eigenen Fortpflanzungserfolg 2 Subdominante Zuchttiere 2. Älteren && wird manchmal die Fortpflanzung gewährt, damit diese nicht aus der Gruppe abwandern 3. Pseudoträchtigkeit Junge Helfer Helfer-& & werden manchmal scheinträchtig (keine Junge) laktieren und säugen die Jungen des "-Paares. Sie sind mit "-Paar nahe verwandt indirekte Fitness ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Reziproker Altruismus (Reziprozität) Hilfe- Helfer Nutznießer leistung Gefahr: Betrüger ! Handelt ein bestimmter Teil einer Population nach der „tit for tat“Strategie erzielen diese Tiere einen größeren Fitnessgewinn als Strategie, Betrüger evolutionsstabile Strategie Beispiele: Brutkolonien von Vögeln, Primatengesellschaften Hirundo pyrrhonota Cercopithecus aethiops ETHOLOGIE Roland Gerstmeier 3. Manipulationen Manipulationshypothese: Verhalten, das von der Seite eines D Donors wie i Alt Altruismus i aussieht, i ht iistt iin Wi Wirklichkeit kli hk it d durch h eine i Manipulation des Empfängers zustandegekommen ( Vögeln) g ) = „„Kuckuckseier“ (bei (zwischen 2 Arten oder innerhalb einer Art) z.B. Schmarotzerhummel (Psithyrus) Hummeln (Bombus) ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Nacktmull (Heterocephalus glaber) Ordnung Rodentia U.ordn. Hystricognathi (Stachelschweinverwandte) Fam Bathyergidae (Sandgräber) Fam. -12 cm, haarlos, rosafarben, walzenförmig, Ohrmuscheln fehlen fast völlig, Augen winzig, kräftige Schneidezähne ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Kolonie: durchschnittlich 80 Tiere,, aber auch bis 300 1 ♀ dominant → pflanzt sich alleine fort; Begattung von bis zu 3 ♂♂ andere Tiere reproduzieren sich nicht 2 Typen: Größere Arbeiter → im Nest Kleine Arbeiter → graben Erdhöhlen, suchen Futter ausgesprochen xenophob (fremdenfeindlich) Wurf: 12 - 28 Jungtiere g Zusammenhalt offensichtlich über stressähnliches Verhalten stirbt die Königin → das am schnellsten in Geschlechtsreife gelangende Weibchen wird zur neuen Königin ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Graumull (Cryptomys) Ökologische Rahmenbedingungen: überlebenswichtiges, aber aufwendiges Gangsystem → Überleben in ariden Gebieten nur in sozialer Zusammenarbeit möglich ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Schöne Feiertage Nächste Vorlesung am 14. Januar 2009