Höhere Experimentalphysik 1 Institut für Angewandte Physik Goethe-Universität Frankfurt am Main 2. Vorlesung 04.11.2016 Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Was bisher geschah… • Was ist eine Punktladung und wie misst man sie? • Das elektrische Feld ist eine vektorielle Größe, die direkt proportional zu einer Kraft ist, die auf eine positive Testladung gerichtet ist. • Die Ladungen sind die Quelle des elektrischen Feldes. • Das Linienintegral des elektrostatischen Feldes über eine geschlossene Kurve ist null (oder auch das elektrische Feld ist wirbelfrei). E=0 Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Was bisher geschah… • Als elektrostatisches Potential j(r0) am Ort r0 wird der negative Wert der Arbeit bezeichnet, um eine positive Einheitsladung in einem elektrischen Feld vom Unendlichen bis nach r0 heranzuführen • Influenz: In einem Leiter findet Ladungstrennung statt und es entsteht ein elektrisches Feld, das das äußere kompensiert, sodass E=0 ist. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Erzeugung von Potentialdifferenzen Van der Graaf Generator Kelvin Generator oder „Kelvin Water Dropper“ Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Beispiele für elektrische Felder und Potentiale • Kugel E=0 Flammensonde Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Beispiele für elektrische Felder und Potentiale • Kugel im leitenden Medium: Es bildet sich eine Ladungswolke aus, die das Feld der Kugel abschirmt. Die Verteilung der negativen Ionen im Außenraum ist gegeben durch - - E=0 - - - Für hohe Temperatur lässt sich die Exponentialfunktion entwickeln zu und man erhält somit die Ladungsdichte Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Beispiele für elektrische Felder und Potentiale • Kugel im leitenden Medium: Mithilfe der eindimensionalen Poisson-Gleichung - - E=0 erhält man folgende Bestimmungsgleichung für j(x): - - - Diese Gleichung wird gelöst durch wenn für D gilt: Debye-Länge Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Bewegte Ladungen Durch die Bewegung von Ladungsträgern werden elektrische Ströme erzeugt. Der Strom I wird gemessen durch die Zahl der Ladungen dQ, die sich pro Zeit dt durch die Querschnittsfläche eines Drahtes bewegen A Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Bewegte Ladungen Die Stromdichte wird die Zahl von Ladungen bezeichnet, die pro Zeit senkrecht durch eine Einheitsfläche fließen. Wenn alle n Ladungen q pro Volumeneinheit dieselbe Geschwindigkeit v besitzen, ist Es gilt Ladungserhaltung: Die Zahl der Ladungen, die pro Zeiteinheit aus der geschlossenen Fläche herausfließen, muss gleich der Abnahme der Ladung Q im Inneren des umschlossenen Volumens sein: Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Bewegte Ladungen Mit dem Ohmschen Gesetz finden wir, dass die Driftgeschwindigkeit angelegten elektrischen Feld ist. Mikroskopische Betrachtung: proportional zum Stoßzeit, mittlere freie Flugzeit Das Ohmsche Gesetz weist also darauf hin, dass Reibungskräfte wirken! Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Elektronenleitung in Festkörpern In reinen Metallen erfolgt die Leitung durch bewegliche Elektronen, die von den an den Gitterplätzen fest gebundenen Ionen abgegeben werden. Entsprechend bestimmt die Elektronenbeweglichkeit das Leitvermögen: Temperaturabhängigkeit: Wegen der kleinen Schwingungsamplitude der Gitteratome wird beim Abkühlen die Stoßzeit und die mittlere freie Weglänge der Elektronen zunehmen. Verwendung zur Temperaturmessung! Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Elektronenleitung in Festkörpern Beispiel Natrium: ne=2,5.1028 m-3 bei T=300K ist s0=2,1.107 W-1m-1 Stosszeit: π = π0 ππ ππ π 2 = 3 β 10−14 s Mittlere freie Weglänge bei mittlerer Geschwindigkeit von π£ = π =π£βπ πΈπΉ =3.3.106 m/s: 2ππ = 100 β 10−9 m Dies entspricht etwa 100 Gitterabständen im NaKristall. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Das Amperesche Gesetz Magnete waren als Quellen des magnetischen Feldes bekannt, aber 1820 fand der französische Physiker Andre-Marie Ampere heraus, dass in Dänemark Hans Christian Oersted eine Kompassnadel durch einen in der Nähe befindlichen elektrischen Strom bewegt hat. Die Beziehung zwischen dem Strom und dem Magnetfeld B wird durch das Amperesche Gesetz beschrieben: Das Linienintegral über einen beliebigen, geschlossenen Integrationsweg C ist gleich mal dem vom Integrationsweg eingeschlossenen Strom I: Erweiterung durch Maxwell 1850 Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Gesetz von Biot-Savart Anhand der Stromverteilung kann die magnetische Feldverteilung berechnet werden. Der Beitrag dB zum Magnetfeld am Punkt P erzeugt durch einen kleinen elektrischen Strom ist gegeben durch das Biot-Savart-Gesetz: P dB r dl ist ein Element entlang des Drahtes und r ist der Vektor zwischen Anfangspunkt und zum Punkt m. Man teilt den stromführenden Draht in kurze Elemente dl und berechnet den Feldbetrag dB des Leiterelements an einer Stelle im Abstand r. Als Ausgangspunkt der Magnetostatik spielt das Biot-Savart-Gesetz dieselbe Rolle wie das Coulomb‘sche Gesetz in der Elektrostatik. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Erzeugung von Magnetfeldern Superpositionsprinzip Das Gesetz von Biot-Savart besagt, dass sich Magnetfelder aus Stromelementen aufbauen lassen, so wie sich elektrische Felder aus Punktfeldern superponieren. Für Felder und Potentiale von Ströme und Ladungen gilt also das Superpositionsprinzip. Felder und Potentiale von zwei Punktladungen http://www.elektrotechnik-fachbuch.de/img/Magnetfelder_paralleler_Leiter.gif Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Erzeugung von Magnetfeldern Windungen π z ππ΅ = π0 πΌ β ππ 4π(π§ 2 + π 2 ) π0 πΌ β ππ π0 πΌ β ππ π ππ΅π§ = β cos π = β 4π(π§ 2 + π 2 ) 4π(π§ 2 + π 2 ) π§ 2 + π 2 Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Erzeugung von Magnetfeldern Windungen und Solenoide z -a π0 ππΌπ 2 π΅π§ = 2 π0 ππΌ π΅π§ = β 2πΏ b 0 π −π ππ§ (π 2 + π§ 2 )3/2 π0 πΌπ πΏ B −π = π π2 B 0 = + π 2 + π π2 + π 2 π0 πΌπ 2πΏ Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Gaußsches Gesetz für Magnetfelder Während bei der elektrischen Form des Gaußschen Gesetz elektrische Ladungen getrennt werden können sind magnetische Pole untrennbar. Diese Untrennbarkeit hat natürlich Einwirkung auf den Verlauf des magnetischen Flusses und der Divergenz des magnetischen Feldes. Anzahl der Feldlinien durch eine geschlossene Fläche Der Gesamtfluss durch eine geschlossenen Oberfläche ist Null. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Gaußsches Gesetz für Magnetfelder Die differentielle Form des Gaußschen Gesetz für Magnetfelder erlaubt die Bestimmung der räumlichen Änderung der magnetischen Feldkomponenten und die Identifizierung von Vektorfeldern als Magnetfelder. Tendenz des Magnetfeldes mehr von einem Punkt weg als auf einen Punkt zuzufließen. Die Divergenz des magnetischen Feldes ist an jedem Punkt gleich null. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Das Magnetfeld Ein Magnetfeld macht sich dadurch bemerkbar, dass auf eine bewegte Ladung q die Lorentzkraft F wirkt, die senkrecht zur Geschwindigkeit und dem Magnetfeld steht. Die Lorentzkraft ist • ist proportional zur Geschwindigkeit und zur Ladung des Teilchens • wirkt immer senkrecht zur Geschwindigkeit des geladenen Teilchens • Wenn die Geschwindigkeit zu den Magnetfeldlinien den Winkel a bildet, ändert sich der Betrag der ablenkenden Kraft wie v β sin a Hendrik Antoon Lorentz 1853 - 1923 Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Hall-Effekt Elektrische Kraft ππΈπ» = −ππ£ π₯ π΅ Lorentz - Kraft πΈπ» = −π£ π₯ π΅ ππ» = −ππ£π΅ b Edwin Herbert Hall 1855 - 1938 Hall - Spannung Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Hall-Effekt Ladungstrennung im Magnetfeld B I Edwin Herbert Hall 1855 - 1938 I FL Verschiebung der quasifreien Elektronen gegen den Metallionenhintergrund Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Erzeugung von Magnetfeldern Helmholtz-Spulen Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Erzeugung von Magnetfeldern Helmholtz-Spulen r = 2a Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Erzeugung freier Ladungsträger • Extraktion aus einem Plasma Plasmagenerator • Glühemission • Feldemission Extraktionssystem Richardson-Gleichung Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Raumladungspotential freier Ladungsträger Für eine kontinuierliche Ladungsverteilung gilt die Poisson-Gleichung: Zur Herleitung des Chil-Langmuir Gesetzes wird die eindimensionale PoissonGleichung gelöst: Eine Randbedingung ist, dass das Potential an er Kathode ist und das Potential an der Anode . Das elektrische Feld in der Nähe der Kathode ist auch 0 bzw. Ein einzelnes Elektron, das von der Kathode emittiert wird hat die Geschwindigkeit z Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Raumladungspotential freier Ladungsträger Mit der Gleichung für v und der Definition für die Ladungsdichten r=I/v eingesetzt in eindimensionale Poisson-Gleichung folgt Nach einigen Umformungen, Integration und Umstellen erhält man schließlich das Child-Langmuir Gesetz für eine planare Diode: Nimmt man eine kreisrunde Extraktionsöffnung an, erhält man mit andere Form des Child-Langmuir-Gesetzes mit dem Aspektverhältnis S = R/d. Die Größe heißt Perveanz des Teilchenstrahls. Für eine kreisrunde Extraktionsöffnung ist z eine Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Raumladungspotential freier Ladungsträger Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Felder bewegter Ladungen am Beispiel eines Elektronenstrahls mit homogener Ladungsträgerdichte π£π§ β« π£π₯,π¦ ππ,0 · ππ΄ πΌ πΈ0 = = 2ο°ο₯0 π 2ο°ο₯0 π£π§ π Nun wird in das Laborsystem zurücktransformiert mit: 1 π΅π = − 2 π£ × πΈ π → π£π§ πΈ0 πΌ πΌπ0 π΅= 2 = = 2 π 2ππ0 π π 2ππ Ist der Betrag des B-Feldes und steht überall senkrecht auf E. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Ruhende vs. Bewegte Ladung Die Zerlegung in elektrische und magnetische Komponenten hängt vom Bewegungszustand des Beobachters ab. Ein Feld, das für einen ruhenden Beobachter rein elektrisch erscheint, kann für einen bewegten Beobachter einen zusätzlichen magnetischen Anteil haben. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Resultierende Kräfte bewegter Ladungen Aus den hergeleiteten Feldern ergeben sich die magnetische und elektrische Kraft, die auf ein Elektron wirkt: π πΌπ0 π£π§ πΉπππ = ππ£π§ π΅ = 2ππ ππΌ πΉππ = ππΈ0 = 2ππ0 π£π§ π Das Verhältnis der beiden Kräfte ergibt 2 πΉπππ π£ π§ 2 = π0 π0 π£π§ = 2 πΉππ π Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Beispiel: Bennett-Pinch ohne mit Raumladungskompensation Willard Harrison Bennett 1903 - 1987 Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Das Erdmagnetfeld schließt hochenergetische Teilchen aus dem Weltraum ein hochenergetische Protonen hochenergetische Elektronen zum Selbststudium: http://www-istp.gsfc.nasa.gov/Education/Intro.html James Alfred Van Allen 1914 - 2006 Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Unterschiede und Symmetrien zwischen elektrischen und magnetischen Feld • Beide sind proportional zur Kraft, aber im Gegensatz zum elektrischen Feld, das parallel oder antiparallel zur Kraft ist, steht das Magnetfeld senkrecht zur Kraft • Beide Felder können über die Kraft definiert werden, allerdings müssen im Fall des magnetischen Feldes Geschwindigkeit und Richtung berücksichtigt werden • Im Magnetfeld wird durch die Verschiebung der Ladung keine Arbeit verrichtet • Magnetostatische Felder werden durch Ströme hervorgerufen und nicht durch Ladungen wie bei elektrostatischen Feldern