Höhere Experimentalphysik 1 Institut für Angewandte Physik Goethe-Universität Frankfurt am Main 11. Vorlesung 03.02.2017 Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Was bisher geschah… • Kinetische Gastheorie • Grundgleichung der kinetischen Gastheorie 𝑚𝑣 2 3 = 𝑘𝑇 2 2 • Geschwindigkeitsverteilung • Mittlere freie Weglänge und mittlere Flugzeit • Transportprozesse in Gasen (innere Reibung, Wärmeleitung, Diffusion) • Wärmestrahlung Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Carnot-Prozess Eine Wärmekraftmaschine muss stets zwischen einem warmen und einem kalten Bad arbeiten. Die Umformung zwischen Wärme und Arbeit erfolgt am effizientesten über einen periodischen Kreisprozess. Tw Tk Der Kreisprozess besteht aus vier Schritten: 1. Isotherme (T=const=T0) Ausdehnung vom Anfangszustand A mit (PA, VA, TW) auf den Zustand B mit (PB, VB, TW). Dabei ist der Behälter Ideales Gas thermischen Kontakt mit dem Wärmebad TW. 2. Adiabatische (DQ=0) Ausdehnung vom Zustand B mit (PB, VB, TW) auf den Zustand C mit (PC, VC, TK). Dabei ist der Behälter thermisch isoliert, das Gas kühlt sich bei Expansion ab. Die Variablen PC, VC sind so gewählt, dass die Gastemperatur gerade Tk am Ende der Zustandsänderung erreicht. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Carnot-Prozess Eine Wärmekraftmaschine muss stets zwischen einem warmen und einem kalten Bad arbeiten. Die Umformung zwischen Wärme und Arbeit erfolgt am effizientesten über einen periodischen Kreisprozess. Tw Tk Der Kreisprozess besteht aus vier Schritten: 3. Isotherme (T=const=T0) Kompression vom Zustand C mit (PC, VC, TK) auf den Zustand D mit (PD, VD, Tk). Dabei ist der Behälter in Ideales Gas thermischen Kontakt mit dem Wärmebad Tk. 4. Adiabatische (DQ=0) Kompression vom Zustand D mit (PD, VD, Tk) auf den Zustand A mit (PA, VA, TW). Bei der adiabatischen Kompression muss sich die Temperatur erhöhen. Die Variablen PC, VC sind so gewählt, dass die Gastemperatur gerade TW am Ende der Zustandsänderung erreicht. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Carnot-Prozess P-V-Zustandsdiagramm Schritt AB (isotherme Expansion): Dabei wird aus TW die Wärmemenge DQw aufgenommen und die Arbeit DWAB abgegeben. Weil T=TW=const. ist, ist auch die innere Energie U=const. Aus dem 1. Hauptsatz und dem idealen GG folgt für jeden infinitesimalen Schritt von A B: Über den gesamten Weg integriert folgt Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Carnot-Prozess P-V-Zustandsdiagramm Schritt BC (adiabatische Expansion): Es wird Arbeit DWBC abgegeben, die aus der inneren Energie stammt (da DQ=0). Aus dem 1. Hauptsatz folgt für einen infinitesimalen Schritt: Mit für das ideale Gas (d.h. dass die innere Energie nur von der Temperatur abhängt). Nach Integration folgt: Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Carnot-Prozess P-V-Zustandsdiagramm Schritt CD (isotherme Kompression): Es wird Wärme abgegeben DQK und Arbeit DWCD aufgenommen. Analog zu AB folgt: Schritt D A (adiabatische Kompression): Es wird Arbeit DWDA aufgenommen und die innere Energie erhöht sich. Analog zu BC folgt: Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Carnot Prozess – Wirkungsgrad Das Verhältnis vom insgesamt verrichtete Arbeit W gegeben durch zur insgesamt aufgenommenen Wärmemenge DQW gibt den Wirkungsgrad an: Für h=1 würde man ein Perpetuum Mobile 2. Art vorfinden, was nach dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik verboten ist. Für die Carnot-Maschine ergibt sich nach Einsetzen von und Wegen Tw > Tk ist ƞ <1 Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Carnot Prozess – Wärmepumpe Der Carnot Prozess ist reversibel d.h. er kann auch in umgekehrter Richtung ablaufen. In diesem Fall wird dem unteren Wärmebad die Wärmemenge entzogen und in das obere Bad gebracht. Der Maschine muss dabei die äußere Arbeit –W zugeführt werden denn in einem abgeschlossenen System läuft dieser Prozess nicht spontan ab. Ein solche Maschine heißt Wärmepumpe und ihr Wirkungsgrad ist definiert durch: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Carnot-Prozess.svg Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Das Carnotsche Theorem Der Carnotsche Kreisprozess stellt die ideale Wärmekraftmaschine dar. Ihr Wirkungsgrad kann von keinem anderen Prozess überboten werden. Gedankenexperiment: Supercarnot-Wärmekraftmaschine Idee: Wärmekraftmaschine treibt eine Wärmepumpe an Die Wärmekraftmaschine arbeitet effektiver als die Wärmepumpe daher wird von der Kraftmaschine weniger Wärme aus dem oberen Bad entzogen als von der Pumpe gefördert wird. Dies führt dazu, dass in diesem abgeschlossenen System TW erhöht und TK erniedrigt werden würde, was dem 2. Hauptsatz widerspricht. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Carnot-Prozess – Entropie Es soll noch überprüft werden, ob der 2. Hauptsatz Wegen der Reversibilität des Carnot Prozesses gilt: d.h. erfüllt ist. Die Schritte BC und D A sind reversible adiabatische Zustandsänderungen und somit isentrop d.h. DSBC=DSDA=0. Es bleiben also nur die isothermen Schritte (T=const.): Wenn man einsetzt folgt in = Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Kreisprozesse Obwohl der Carnot-Prozess den idealen Wirkungsgrad hat, ist er praktisch kaum zu realisieren. In praktischen Wärmekraftmaschinen geht Entropie verloren und ihr Wirkungsgrad sinkt deutlich unter den der Carnot-Maschine. Abgesehen vom Entropieverlust ist aber auch technisch der von Carnot definierte Kreisprozess nicht zu verwirklichen ( An-und Abkopplung der Wärmebäder, thermische Isolierung) Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Die Stirlingmaschine In der Praxis durchführen lässt sich der Kreisprozess von Stirling. Die Stirling-Maschine benutzt als Arbeitsmedium ein Gas, z. B. Luft, das in einem Kreisprozess aus zwei Isothermen und zwei Isochoren periodisch expandiert und komprimiert wird. Bei der isothermen Expansion A B wird die Wärmemenge Q1 bei der Temperatur T1 zugeführt, bei der isochoren Abkühlung B C Q1 wird Q2 abgegeben, die Temperatur sinkt dabei Q4 auf T2 < T1 . Nun wird von C D isotherm komprimiert, wobei die Wärmemenge Q3 abgegeben wird und Q2 schließlich wird isochor erwärmt, wobei Q4 zugeführt wird, um die Temperatur wieder von Q3 T2 auf T1 zu erhöhen (Schritt D A). Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Die Stirlingmaschine Arbeitsweise des Einzylinder-Stirling-Motor Die Maschine besitzt einen Arbeitskolben A und den Verdrängerkolben V, in dessen Mitte sich Kupferwolle als Wärmespeicher befindet. Diese beiden sind um 90° phasenverschoben an einem gemeinsamen Schwungrad befestigt und bewegen sich zwischen einem warmen und kalten Bereich. Takt 1: Das Gas ist im warmen Volumen. Es dehnt sich bei Tw isotherm aus und schiebt dabei durch die Schlitze in Kolben V den Kolben A zurück Takt 2: Der Kolben V schiebt sich in das warme Volumen und verdrängt das Gas ins kalte. Der Speicher nimmt dabei die Wärmemange Q auf. Das Gas kühlt auf Tk ab. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Die Stirlingmaschine Takt 3: Kolben A komprimiert im kalten Volumen das Gas isotherm bei der Temperatur Tk Takt 4: Der Kolben V schiebt das Gas ins warme Volumen zurück. Beim Durchströmen des Wärmespeichers erwärmt sich das Gas wieder auf Tw da vom Speicher Q wieder abgegeben wird. Die Stirlingmaschine ist ein Beispiel für eine tatsächlich realisierbare Wärmekraftmaschine. Arbeitsweise des Einzylinder-Stirling-Motor Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Ottomotor Der Viertakt-Ottomotor geht auf die Entwicklungsarbeiten von Nicolaus August Otto in dem Jahr 1876 zurück. Er durchläuft während einer Periode im p-V-Diagramm zwei isentrope und zwei isochore Prozesse. Im Punkte 1 wird das Luft- Benzin-Gemisch angesaugt und verdichtet. Im Punkte 2 erfolgt die Zündung. Hierbei verbrennt das Kraftstoff-Luft-Gemisch so schnell, dass sich das Volumen praktisch nicht ändert. Die bei der Explosion frei werdende Wärmemenge Q1 wird dem System zugeführt, und der Druck steigt steil an bis zum Punkt 3, bis dann die Expansion isentropisch (keine Änderung der Wärmemenge) bis zum Punkt 4 erfolgt. Die Abgase werden durch Öffnen des Auslassventils abgegeben, wodurch der Druck steil absinkt, während Q2 abgegeben und der Ausgangspunkt 1 wieder erreicht wird. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Der Dieselmotor Beim Dieselprozess werden zwei isentrope, ein isobarer und ein isochorer Prozess durchlaufen. Im Punkt 1 wird die Luft angesaugt und bis zum Punkt 2 isentropisch komprimiert. Jetzt wird Dieselkraftstoff eingespritzt, der nicht explosionsartig verbrennt wie beim Otto-Motor, sondern langsamer (es gibt keine die Explosion initiierende elektrische Zündkerzenentladung!), sodass das Volumen bis zum Punkt 3 isobar expandiert, wo die Verbrennung aufhört. Das Volumen expandiert nun isentropisch bis zum Punkt 4, wo das Auslassventil öffnet und sich damit der Druck p plötzlich auf Außendruck im Punkt 1 erniedrigt. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Phasen der Materie Phase: Als Phasen bezeichnet man die möglichen Zustandsformen eines makroskopischen Systems im thermischen Gleichgewicht. Die Abhängigkeit der Phasenänderung bezüglich der betrachteten Zustandsgröße wird typischerweise in einem Phasendiagramm dargestellt. Dabei lassen sich Einphasengebiete (fest, flüssig, gasförmig) identifizieren, in denen eine einzelne Phase im thermischen Gleichgewicht vorliegt. Innerhalb dieser Einphasengebiete lassen sich der Druck p und die Temperatur T frei wählen, ohne, dass sofort ein Phasenübergang stattfindet. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Phasen der Materie Koexistenz von Flüssigkeit und Dampf Dampf Flüssigkeit • Wir betrachten eine Flüssigkeit mit angrenzendem Volumen dh. ein geschlossenes System. • Die Flüssigkeitsteilchen besitzen eine kinetische Energie ein einzelnes Teilchen genug Energie besitzt, um die Flüssigkeit zu verlassen Ausbildung eines Dampfes • Wiederum können Moleküle, die aus dem Dampfraum auf die Oberfläche auftreffen, wieder in die Flüssigkeit eintreten • Gleichgewicht besteht, wenn ebenso viele Moleküle ein- wie austreten Sättigungsdampfdruck: Flüssigkeit und Dampf im Gleichgewicht Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Phasen der Materie Koexistenz von Flüssigkeit und Dampf • Austritt aus der Flüssigkeit erfordert kinetische Energie • Temperaturerhöhung hat zur Folge, dass mehr Moleküle die Austrittsarbeit aufbringen können, die Wahrscheinlichkeit dafür gibt die Boltzmann-Verteilung • Damit lässt sich die Dampfdruckkurve darstellen als wobei EV die Verdampfungdenergie ist Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Phasen der Materie Clausius-Clapeyron-Gleichung (1): Der Kolben liegt auf der Flüssigkeitsfläche. (2): Die gesamte Flüssigkeit ist verdampft. (1)(2): Dabei wird die Arbeit pd(T)(V2 − V1) geleistet und dem Wärmereservoir die Energie Ld(T) entzogen. Nun wird der Kolben verriegelt und das kleine Gewichtsstück auf die Plattform B geschoben. Dadurch sinkt der äußere Druck um dp. Der Zylinder wird in ein Wärmebad der Temperatur T − dT gesteckt, die so bemessen ist, dass pd(T − dT) = pd − dp ist. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Phasen der Materie Clausius-Clapeyron-Gleichung (3) → (4): (4): Der Kolben wird freigegeben und der Dampf bis zum Volumen V1 kondensiert. Von der Plattform A wird ein neues Gewichtsstückchen auf den Kolben geschoben, der Zylinder wird wieder in das Wärmereservoir der Temperatur T gebracht Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Phasen der Materie Clausius-Clapeyron-Gleichung Bei jedem Zyklus wird die Arbeit dp(V2 − V1) geleistet. Dem Wärmereservoir der Temperatur T wird die Wärmemenge Q = Ld +CVdT entzogen. Mit W=Q dT/T folgt für sehr kleine CVdT Dabei ist Ld die Verdampfungswärme und p der Dampfdruck bei der Temperatur T. Hieraus ergibt sich die Clausius-Clapeyronsche Gleichung Sie gilt, wie die Ableitung zeigt, generell für Phasenumwandlungen, bei denen eine Umwandlungswärme und eine Volumenänderung auftritt. Mit ihr kann man entweder die Dampfdruckkurve berechnen für bekannetes Ld oder aber die Funktion Ld(T) aus der experimentell bestimmten Dampfdruckkurve ableiten. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Phasen der Materie • Sieden und Siedetemperatur Der Siedevorgang findet bei einer Temperatur Ts statt, bei der der Sättigungsdampfdruck gleich dem von außen auf der Flüssigkeit lastenden Luftdruck ist. Die Siedetemperatur hängt demnach vom Außendruck ab. Nur bei 1 013 mbar siedet das Wasser bei 100 ◦C, bei vermindertem Druck darunter, bei erhöhtem darüber. (Beispiel: Druckanzug für Düsenpiloten) • Verdunstung: Verdampfen einer Flüssigkeit, ohne dass der Sättigungsdampfdruck erreicht ist. Die zur Verdunstung notwendige Energie wird der Umgebung entzogen Verdunstungskälte • Luftfeuchtigkeit: Verhältnis aus tatsächlichem Dampfdruck und dem Sättigungsdampfdruck • Taupunkt: Temperatur, wo p=pd. Bei plötzlicher Temperaturerniedrigung unter diesen Punkt bildet sich Kondensat in der Luft Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Phasen der Materie Koexistenz von Festkörper und Flüssigkeit Für das Schmelzen gelten ganz ähnliche Gesetze wie für das Sieden. Nur bei der Schmelztemperatur können Festkörper und Flüssigkeit im Gleichgewicht koexistieren. Auch die Schmelztemperatur ist druckabhängig wie die Siedetemperatur, nur weniger stark. Auch hier gilt die Clausius-Clapeyronsche Gleichung Bei den meisten Stoffen ist Vfluid>Vsolid und daher muss die Schmelzdruckkurve steigen Außnahme: Wasser Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass es zwar unterkühlte Flüssigkeit, nicht aber überhitzte Kristalle gibt, d. h. nur für die Kristallisation, nicht aber für das Schmelzen ist Keimbildung erforderlich. Info: Superreines Wasser gefriert erst bei -37 °C. (Paper: Ice-nucleating bacteria control the order and dynamics of interfacial water, 2016) Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Phasen der Materie Koexistenz dreier Phasen Im p, T-Diagramm hat die Grenzlinie flüssig-gasförmig, die Dampfdruckkurve, eine viel geringere Steigung als die Grenzlinie fest-flüssig d.h. beide müssen sich irgendwo treffen. Dieser Treffpunkt heißt Tripelpunkt. Unterhalb und links von ihm gibt es keinen flüssigen Zustand mehr, sondern es geht von ihm die Sublimationskurve aus, die den unmittelbaren Übergang fest-gasförmig bezeichnet. Nach Clausius-Clapeyron hat die Sublimationskurve immer positive Steigung. Nur am Tripelpunkt können alle drei Phasen im Gleichgewicht koexistieren. In diesem Gebiet können p und T innerhalb gewisser Grenzen beliebig gewählt werden. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Gibb‘sche Phasenregel Die Phase besitzt also zwei Freiheitsgrade. Dies wird durch die Gibb’sche Phasenregel ausgedrückt: f=N–P+2 • f die Anzahl der Freiheitsgrade • N die Anzahl der Komponenten des Systems (z.B. unterschiedliche Teilchensorten) • P die Anzahl der Phasen Ebenso finden sich in einem Phasendiagramm Koexistenzkurven, in denen zwei Phasen gleichberechtigt vorliegen. Hier bestimmt die Wahl des einen Parameters p oder T den anderen, wenn man sich im (p,T)-Diagramm auf der Koexistenzlinie bewegt d.h. es gibt einen Freiheitsgrad. Existieren gleichzeitig drei Phasen (z. B. Wasser flüssig, gasförmig und fest), so verbleibt genau ein Punkt im Phasendiagramm, der Tripelpunkt, da kein Freiheitsgrad verbleibt (f=0). Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Ursache von Phasenübergängen Jedes thermodynamische System verfolgt das Ziel der Minimierung der freien Energie F=U-TS bzw. der freien Enthalpie G=U-TS+pV. Diese thermodynamischen Potentiale sind allgemein temperaturabhängig und der Minimierungsprozess verläuft entsprechend der vorherrschenden Temperatur: • Niedrige Temperatur: Die innere Energie U einer Phase bestimmt das Minimum, die Entropie S spielt eine untergeordnete Rolle. • Hohe Temperatur: Der zweite Term überwiegt und die Entropie S spielt die dominante Rolle. Man erwartet also für tiefe Temperaturen geordnete - also möglichst symmetrische - Zustände, da diese eine geringe innere Energie besitzen und für hohe Temperatur eine steigende Unordnung. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Klassifikation von Phasenübergängen nach Ehrenfest • Phasenübergang 1. Ordnung: Ist mindestens eine der ersten Ableitungen der freien Enthalpie G(T,p) nach T bzw. p unstetig, so handelt es sich um einen Phasenübergang 1. Ordnung. Beide sind beim Phasenübergang nicht stetig, sondern machen einen Sprung. Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Klassifikation von Phasenübergängen nach Ehrenfest • Phasenübergang 2. Ordnung: Bei einem Phasenübergang 2. Ordnung ist mindestens eine der zweiten Ableitungen der freien Enthalpie G unstetig. Die thermodynamische Größen sind dann: Wärmekapazität Kompressibilität Ausdehnungskoeffizient Höhere Experimentalphysik 1 IAP Goethe-Universität Frankfurt am Main Literaturverzeichnis • Mechanik der Gase, D. Richter, Springer-Verlag, 2010 • Thermodynamik, Baehr & Kabelac, Springer-Verlag, 15. Auflage • Thermodynamik kompakt, Weigand, Köhler & von Wolfersdorf, Springer Verlag • Experimentalphysik 1, W. Demtröder, Springer-Verlag, 5. Auflage, 2008 • Experimentalphysik 3, W. Demtröder, Springer-Verlag, 4. Auflage, 2010 • Physik I, K. Dransfeld, P. Kienle und G.M. Kalvius, Oldenbourg Verlag, 10. Auflage, 2005 • Kinetik der Gasreaktionen, E. Cremer und M. Pahl, Walter de Gruyter & Co. Verlag, 1961 • Grundkurs Theoretische Physik 6, W. Nolting, Springer Spektrum, 7. Auflage, 2014