Psychopharmaka und Depression

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Psychopharmaka und Depression
Peter Fischer
Psychiatrische Abteilung
Donauspital
Wien
18. Sommerakademie für ApothekerInnen, 27.6.2014
Contribution (%) by different diseases* to
disability adjusted life-years worldwide
2005
2
Prince M et al, Lancet 2007;370:859-877
Major Depressive Disorder
Belmaker RH, Agam G
NEJM 2008; 358: 55-68
Diagnose: Syndrom über mind. 2 Wochen
Störung von Arbeit u/o Familie
17% Lebenszeit-Inzidenz (♀ 20%; ♂ 12%)
Unterschiedliche Verläufe (uni-, bipolar; ..)
Hohe Wahrscheinlichkeit von Rezidiven
Sehr heterogenes Therapieansprechen
Depressive Episode im ICD-10
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Gedrückte Stimmung
Interessensverlust (Freudlosigkeit)
Antriebsminderung bzw. Ermüdbarkeit
Konzentrationsminderung,
vermindertes Selbstwertgefühl,
Schuldgefühle,
pessimistische Zukunftsperspektiven,
Suizidalität,
Schlafstörungen,
Appetitstörung
Depressive Episode (DSM-IV)
major depression 5-9 Symptome, minor depression 2-4
subsyndromale depression 2 - 7 Symptome
•
•
•
•
•
•
Depressive
Verstimmung
Freudlosigkeit/
Interesselosigkeit
Gewichtsab(zu)nahme
Schlaflosigkeit, ..
Apathie oder Agitiertheit
Antriebsmangel
1. oder 2. für major depression
und minor depression obligat
„subsyndromale depression“
ohne 1. oder 2.
• Schuldgefühle oder
Gefühle der Wertlosigkeit
• Konzentrationsstörung od.
Entscheidungsschwäche
• Todesgedanken, Suizidvorstellungen, SMV
Anxiety and depression in the
VITA population (1925; n=606)
%
80
70
60
50
40
Angst
30
20
10
0
nicht
subsyndr. minor dep major dep
depressiv
Somatische Symptome bei Depression
« Larvierte (maskierte) Depression »
In Summe bestehen bei 70 % der Patienten mit Depression
körperliche Symptome, welche die Diagnose erschweren
 Kollaps, Orthostase
 Kreuzschmerzen
 Schwäche, Schwindel
 Gelenksschmerzen
 Verstopfung, Durchfall
 Bauchschmerzen
 Übelkeit, Brechreiz
 Kopfschmerzen
Simon GE et al. An international study of the relation
between somatic symptoms and depression.
N Engl J Med 1999;341(18):1329-35.
Anxiety and depression in the
VITA population (n=606)
%
80
70
60
50
40
Angst
30
20
10
0
nicht
subsyndr. minor dep major dep
depressiv
Suizidalität
•
•
•
•
60 % depressiver Patienten mit Suizidgedanken
15 % depressiver Patienten mit SMVs
60 % aller SMVs durch depressive Patienten
Risikofaktoren: Anamnese, Alkohol, Drogen, FA,
Einsamkeit, innere Unruhe, Lebensalter
• Das präsuizidale Syndrom nach Ringel:
– Konkrete Suizidgedanken, Suizidvorbereitungen
– Wendung der Aggression gegen sich selbst
– Einengungen: situativ, sozial, dynamisch, Wertewelt
Suizidraten in Österreich
Etzersdorfer & Fischer, Int J Geriatr Psychiat 1993
140
120
100
Suizidrate / 80
100 000
60
Männer
Frauen
40
20
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Lebensalter in Jahren
2004 verübten in Österreich 1418 Menschen (345 Frauen, 1073 Männer) Suizid
Symptome der Depression
• Es gibt viele typische, aber keine obligaten
Symptome des Depression: auch die
Traurigkeit ist kein obligates Symptom !
Schulte (1965) „Nicht traurig sein können“
• DSM-IV: Symptom 1 oder 2 + 3,4,5,6,7,8,9;
in Summe mindestens 5 Symptome erlaubt
die Diagnose einer „Major Depression“
227 mögliche verschiedene Syndrome
bei wenigstens 4 Symptomen (minor depression)
gäbe es 318 mögliche verschiedene Syndrome !!!
Continuum of severity of depression
Psychotic depression
Psychiatric in-patients
Severe depression
Moderate depression
Psychiatrists
Neurologists
Mild depression
Other specialists
General practitioner
Minor depression
Psychotherapy
Subsyndromal depression
Psychology
.....
Normal sadness
Individuelle Syndrome
• Individuelle PatientInnen haben bei ähnlich
schwerer Depression in der Regel ähnliche
Symptome (z.B. Schlaf-, Appetitstörung, …)
• Dies scheint beim individuellen Patienten
auch unabhängig vom aktuellen Auslöser
der Depression zu sein
• Spezifische Auslöser führen hingegen interindividuell nicht zu ähnlichen Syndromen
• Es gibt psychopathologisch zahlreiche
unterschiedlich depressive Menschen, aber
gibt es unterschiedliche Depressionen ?
Denkfehler !
• Psychogenese der Depression: also wirkt
Psychotherapie; also wirken biologische
Therapien (Psychopharmaka, EKT) nicht
• Somatogenese der Depression: also wirkt
Psychotherapie nicht; also wirken
biologische Therapien
• Depression ohne Auslöser: „endogen“
• Depression mit Auslösern: nicht „endogen“
Lösungen des Klassifikationsdilemmas
bei Depressionen
• Die Klassifikationsdebatte verebbt seit Einführung
der Antidepressiva und seit dem Aufkommen
zahlreicher Belege der „Stresshypothese“
• CRF, Cortisol, DST, Genetik, Tiermodelle,
• „final common pathway“ Akiskal, 1975
• „endogene“ = „reaktive (psychogene)“ Depression
• Dimensionale statt kategoriale Diagnostik
• Dimensionen: 1) Schwere der Depression
2) Dauer der Depression
• Therapieresistente Depression: TRD
Ursachengefüge der
Depression
ENDOGENITÄT
Genetik
EXOGENITÄT
funktionell
strukturell
SOMA
SOMA
- - - - - - - - - - - - - - - - Depressive Symptome - - - - - - - - - - - - - - - - - - PSYCHE
PSYCHE
Psychische
Altlasten
Psychosoziales
Milieu
REAKTIVITÄT
Life Events
„Verluste“
Therapie der Depressionen
Psychotherapie und
Psychopharmaka
Therapie der Depression
• Psychotherapie wirkt gut, aber es gibt
Non-responder (schwere, wahnhafte Depr)
• Pharmakotherapie wirkt, aber es gibt Nonresponder (leichte D., bipolare D., Dauer?)
• Kombination Pharmako- & Psychotherapie
• Phasenprophylaxe mittels Pharmaka wirkt
• Phasenprophylaxe mittels Psychotherapie
wirkt und sollte immer angestrebt werden !
Behandlung der Depressionen im Zeitverlauf
Theoretische Stadien antidepressiver Pharmakotherapie
Stimmung
Euthym
Depressiv
« Remission »
« Recovery »
Ansprechen
Rückfall
Akuttherapie
1-2-3 Monate
Neue Phase
Erhaltungstherapie Phasenprophylaxe
6 – 9 Monate
jahrelang
Adaptiert nach Kupfer
Was ist ein Antidepressivum
AD
• Chemisch definierte Substanz, die bei Patienten
mit schwerer Depression nach mindestens 2wöchiger Therapie (Wirklatenz) die Depression
im Vergleich zu Placebo signifikant bessert.
• Daher sind Benzodiazepine keine Antidepressiva
• Erstes AD: 50 % gute Response nach 4 Wochen
• 80 % gute Response nach 2 – 3 Monaten der
Therapie mit AD nach korrekter Therapie mit ADa
(Wechsel, Kombination, Augmentation)
• Es gibt „therapieresistente Depression“
Das ideale Antidepressivum
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Hohe Effektivität
Schnell eintretende Wirkung
Gute Verträglichkeit
Geringe Toxizität (Überdosierung)
Anwendbarkeit bei Komorbidität
Einfache Einnahme
Keine Medikamenteninteraktionen
Möglichkeit der Langzeiteinnahme
Niedere Kosten
Antidepressiva
Die Qual der Wahl
•
•
•
•
•
•
•
Nebenwirkungsprofil
Komorbiditäten
Erfahrungen beim individuellen Patienten
Erfahrungen bei dessen Verwandten
Erfahrungen des behandelnden Arztes
Pharmakologische Wechselwirkungen
Evidence Based Medicine
Transmitterbezogene
Nebenwirkungen der Antidepressiva
• ACh: Mundtrockenheit, Sehstörungen, Harnverh.,
Glaukomanfall, Obstipation, Tachykardie,
Arrhythmien, Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit
• NA: Hypertonie, Orthostatische Hypotension
(Stürze), Sedierung, Obstipation, Harnverhalten
• 5-HT: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Völlegefühl,
Nervosität, Schwindel, Libidoverlust
• Histamin: Sedierung, Appetitsteigerung
Evolution of antidepressant drugs
1
H1
ACh
TCA
5-HT
SSRI
NA
5-HT
1. Bessere Verträglichkeit moderner Antidepressiva
2. Fast gleichwertige Effektivität moderner Antidepressiva
3. Auch moderne Antidepressiva haben Nebenwirkungen!!
Antidepressiva wirken an
serotonergen und/oder noradrenergen Neuronen
5HT1A
aR
5HT
Neuron
2
1
R
aR
T
5HT
NA
aR
2
Rezeptor
Autorezeptor
Transporter
Serotonin
Noradrenalin
5HT
5HT1D
aR
R1
R2
R3
T5HT
NA
aR
2
2
aR
NA
Neuron
NA
Neuron
TNA
Hirnstamm
5HT1A
5HT1D
5HT2A
5HT2C
5HT3
......
Hirnrinde
R1
1
R2
2
R3
b
Metaanalysen zur Wirkstärke
verschiedener Antidepressiva
• Insgesamt wenig Unterschiede (Ausnahmen:
Moclobemid, Trazodon, Johanniskraut, Reboxetin,
Bupropion, Agomelatin)
• Maprotilin war das relativ stärkste p.zyklische AD
• SSRIs sind wahrscheinlich TCAs und dualen AD
(SNRI) bezüglich der Wirkstärke leicht unterlegen
• „Primum est nil nocere“
• Es gibt keine bewiesenen psychopathologischen
Prädiktoren, welche Substanzklasse bei welchem
individuellen Patienten besser wirkt
• Zukunftsmusik: Genetik vor Wahl des AD ?
SNRIs
Venlafaxin, Duloxetin, Milnacipran
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Hohe Effektivität (Remission !)
Individuelle Effektivität
Schnell eintretende Wirkung
Dosis-Wirkungs-Effekt
Gute Verträglichkeit
Geringe Toxizität (Überdosierung)
Anwendbarkeit bei Komorbidität
Einfache Einnahme
Keine Medikamenteninteraktionen
Möglichkeit der Langzeiteinnahme
Niedere Kosten
JA
NEIN
NEIN
JA
??
JA
??
??
??
JA
NEIN
Verkaufte Packungen Antidepressiva in Österreich
2010: 6.065.400
Substance
Brand
% Units
Escitalopram
Cipralex
16,9
Citalopram
Total
15,9
Trazodon
Trittico
12,6
Sertralin
Total
12,1
Venlafaxin
Total
8,4
Mirtazapin
Generic
6,7
Paroxetin
Total
6,6
Duloxetin
Cymbalta
5,7
Fluoxetin
Total
5,0
Amitryptilin
Saroten
3,7
Bupropion
Wellbutrin
1,7
Milnacipran
Ixel
1,0
Mianserin
Tolvon
0,8
Maprotilin
Ludiomil
0,4
Clomipramin
Anafranil
0,4
Reboxetin
Edronax
0,2
Tianeptin
Stablon
0,1
Fluvoxamin
Floxyfral
0,1
Moclobemid
Aurorix
0,1
Agomelatin
Valdoxan
0,1
Therapieresistente Depression
Therapiestrategien
1.
2.
3.
4.
4.
5.
6.
Optimierung der laufenden Behandlung
Umstellungsstrategien
Kombinationsstrategien
Augmentationsstrategien (Li, T3, SGA, ..)
Schlafentzugstherapie (SET)
Lichttherapie (BLT)
Heilkrampftherapie (EKT)
Pseudotherapieresistenz bei
antidepressiver Therapie
•
•
•
•
Zu nieder dosiert
Zu kurz verabreicht
Nur ähnliche Substanzen verabreicht
Non-Adherence (Plasmaspiegel)
wegen
– Nebenwirkungen
40 %
– Arzt-Patientenbeziehung
30 %
– Vorurteile gegen Medikamente 20 %
Benzodiazepine und
Depression
• Benzodiazepine bessern unmittelbar viele
Symptome der Depression
• Benzodiazepine helfen bei Suizidalität !
• Benzodiazepine bessern mittel- und
langfristig Depressionen sicherlich nicht
• Chronische Benzodiazepingaben fördern
bei manchen Menschen Depression
• Benzodiazepine sollten nur zeitlich
befristet eingesetzt werden
Antipsychotika und Depression
• First Generation Antipsychotics FGAs
(Haldol, ..) fördern Depressionen
• Second Generation Antipsychotics SGAs
bessern Depressionen (Olanzapin,
Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon, …)
• SGAs wirken phasenprophylaktisch bei
bipolaren (manisch-depressiven) Patienten
• SGAs bessern einzelne Symptome der
Depression (Schlafstörungen, Wahn,
Gedankenkreisen, innere Unruhe, …)
Phasenprophylaktika und
Depression
• Monotherapie mit Lithium oder Lamotrigin
bessert Depressionen nicht ausreichend
• Lithium-Augmentation bessert bipolare
und unipolare Depressionen
• Lamotrigin-Augmentation bessert bipolare
Depressionen
• Valproat, Carbamazepin ohne Wirkung
• Pregabalin ??? (off-label use)
Antidepressivum und/oder Psychotherapie in
der Rückfallprophylaxe der Depressionen > 60
Reynolds et al, JAMA 1999;281:39-45
•
•
•
•
187 über 60jährige mit rez.depressiver Störung ohne Wahn
Akuttherapie mit Antidepressivum + Psychotherapie (1/7d)
Erhaltungstherapie (4 Monate) mit AD + PT (1/14d)
Rückfallprophylaxe 4 Gruppen (randomisiert, doppelblind)
•
•
•
•
n=22 Antidepressivum + Psychotherapie (1/28d) AD + PT
n=24 Antidepressivum + Gespräch
AD
n=21 Placebo + Psychotherapie (1/28d)
PT
n=29 Placebo + Gespräch
Placebo
Antidepressivum und/oder Psychotherapie in
der Rückfallsprophylaxe der Depressionen >60
Reynolds et al, JAMA 1999;281:39-45
90
80
70
60
50
40
30
% Patienten nach 3
Jahren phasenfrei
20
10
0
AD + PT
AD
PT
Placebo
Symptome bei Depressionen
Gestörtes Wohlbefinden
• Larvierte (maskierte) Depression (Leidesdorf,
1865; Kraepelin 1883; Pilcz 1904; Walcher,
1969; Kielholz, 1973; Pöldinger, 1984; ..)
• Häufigste Ursache der fehlenden Diagnose:
–
–
–
–
–
–
Schwäche, Müdigkeit, „chronic fatigue“
Kopfschmerzen, besonders Spannungskopfschmerz
Übelkeit, besonders morgendliche Übelkeit
Verstopfung, Durchfall
Rückenschmerzen, Gliederschmerzen
Kreislaufbeschwerden, morgendlicher Kollaps
Somatische Symptome bei Depression
« Larvierte (maskierte) Depression »
In Summe bestehen bei 70 % der Patienten mit Depression
körperliche Symptome, welche die Diagnose erschweren
 Kollaps, Orthostase
 Kreuzschmerzen
 Schwäche, Schwindel
 Gelenksschmerzen
 Verstopfung, Durchfall
 Bauchschmerzen
 Übelkeit, Brechreiz
 Kopfschmerzen
Simon GE et al. An international study of the relation
between somatic symptoms and depression.
N Engl J Med 1999;341(18):1329-35.
Affektive Symptome
bei Depression
•
•
•
•
•
•
•
•
Gestörtes Wohlbefinden
Depressive Verstimmung
Freudlosigkeit
Interesselosigkeit
Verminderte affektive Resonanz
Lustlosigkeit
Verlust der Liebesfähigkeit
Herabsetzung des Selbstgefühls
Psychomotorische Symptome
bei Depression
•
•
•
•
•
Antriebsmangel, Handlungsschwäche
Herabgesetzter Elan vital
Entscheidungsschwäche
Psychomotorik gehemmt bis zum Stupor
Psychomotorik gesteigert (agitierte Depr)
Körperliche (vegetative) Symptome
bei Depression
•
•
•
•
•
•
•
•
Schlafstörungen
Appetitstörungen
Konzentrationsstörungen
Innere Unruhe
Angst (ungerichtet, gerichtet)
Tagesschwankungen
Regelanomalien
Schmerzen
„Bewusste“ Symptome bei
Depression
•
•
•
•
•
•
•
Negative Zukunftserwartungen
Grübeln
Hoffnungslosigkeit
Hilflosigkeit
Negatives Selbstwertgefühl, Selbstvorwürfe
Selbstbeschimpfungen, Schuldgefühle
Wahn (Schuldwahn, hypochondrischer Wahn,
nihilistischer Wahn, Verarmungs-, Verfolgungs-)
• Todessehnsucht, Suizidgedanken,
Suizidhandlungen
Häufigkeit der Depressionen
• Starke Unterschiede zwischen verschiedenen
Ländern und Kulturen
• Stichtagsprävalenz in der westlichen Welt: 10 %
• Die Lebenszeitprävalenz in der westlichen Welt
steigt seit 1945 stetig und beträgt zur Zeit 18 %
• Nur jeder 4. erstmals depressive Patient erleidet
keine weitere Depression mehr
• Depressionen treten meist wiederholt auf
Risikofaktoren der Depressionen
• Verlusterlebnisse
• Chronischer Stress (Konflikte, Beruf, Familie,
Armut ..)
• Positive Familienanamnese
• Einsamkeit
• Psychiatrische Komorbiditäten:
–
–
–
–
–
Angststörungen
Suchterkrankungen
Posttraumatische Belastungsstörung
Persönlichkeitsstörungen
……..
• Behindernde, schmerzende, chronische, ..
Krankheiten
Behandlung der Depressionen im Zeitverlauf
Theoretische Stadien antidepressiver Pharmakotherapie
Stimmung
Euthym
Depressiv
« Remission »
« Recovery »
Ansprechen
Rückfall
Akuttherapie
1-2-3 Monate
Neue Phase
Erhaltungstherapie Phasenprophylaxe
6 – 9 Monate
jahrelang
Adaptiert nach Kupfer
Psychotherapie bei
Depressionen
• Kognitive Psychotherapie
• Interpersonale Psychotherapie
• Tiefenpsychologische Verfahren
•
•
•
•
Systemische Familientherapie
Personenzentrierte Psychotherapie
Katathym Imaginative Psychotherapie
..........................
DISKUSSIONSFOLIEN
Der (Die) narzisstisch Depressive
Solche Menschen sind liebessüchtig; obwohl sie selbst nicht
gut imstande sind, aktiv zu lieben, haben sie das starke
Bedürfnis, selbst (passiv) geliebt zu werden. Patienten, die auf
Liebesenttäuschungen mit schwerer Depression reagieren, sind
häufig Patienten, denen ein Liebesverhältnis vor allem auch
eine große narzisstische Befriedigung gebracht hat
(Narzistische Persönlichkeit, Borderline-Persönlichkeit). Mit
dem Anderen verlieren sie ihre gesamte Existenz. Nach jedem
Verlust versuchen sie sofort einen Ersatz für den verlorenen
Partner zu finden, indem sie sich sofort nach jemand anders
umsehen oder unmäßig essen, Alkohol trinken etc. Wie dem
hilflosen Säugling ist es ihnen nicht möglich, ihre enorme Wut
auszuleben, weil sie von jeglicher Zuwendung abhängig sind.
Sie richten daher die Wut eher nach innen und gegen sich
selbst.
Risiko 1. Depression nach
„Life Event“ bei alten Menschen
Murphy et al, Br J Psychiat 1982
• Gesund + soziale Kontakte +
+ keine finanziellen Probleme
25 %
• Gesund + Einsamkeit +
+ keine finanziellen Probleme
50 %
• Schwerwiegende körperliche KH +
+ finanzielle Probleme
80 %
Neurobiologie der
Depressionen
Stressmodell (Cortison, Neurogenese, BDNF,
...)
Mangel an Serotonin, Noradrenalin, Dopamin
Glutamat, GABA, ACh,
Immunologie, Schilddrüse, Biorhythmen, ...
Psychologische Modelle der
Depressionen
• „Erlernte Hilflosigkeit“ nach Seligmann
• „Psychisches Gleichgewicht“ nach Lewinsohn
• „Kognitives Modell“ nach Beck
– Kognitive Triade:
• Negatives Selbstbild
• Erfahrungen negativ interpretieren
• Negative Zukunftserwartungen
– Depressive Schemata
– 6 Kognitive Fehler
Recurrent Brief Depression RBD
Angst 1990
Psychological Medicine 1982;12:279-289
• Are we entering an age of melancholy?
Depressive illnesses in a prospective
epidemiological study over 25 years:
the Lundby Study, Sweden.
• Hagnell O, Lanke J, Rorsman B, Ojesjö L.
• Zwischen 1947 und 1972 stetiger Anstieg
der Depressionsinzidenzen in Lundby, S
Achsensyndrom der Depression
•
•
•
•
•
•
•
Phasenhaft auftretende Störung von 1. 2. oder 3.
1. Befinden
2. Antrieb
3. Affizierbarkeit
Biorhythmusstörung: A und B
A. Schlafstörungen
B. Tagesschwankungen
Prämorbide Persönlichkeit
endogenomorph Depressiver
• Tellenbach (1976) Typus melancholicus:
Perfektions- und Ordentlichkeitsideal mit
Aggressionshemmung, übergroßem
Harmoniebedürfnis, Rückzugsverhalten und
Selbstwertproblemen („bei hoher sozialer
Akzeptanz meist unerkannter neurotischer
Leidensdruck“
• Über-Ich Depression (Abraham 1911, Freud, 1917
Rado, 1928; Bibring, 1952; Jacobson, 1971;
Klerman, 1979; Benedetti 1981; Mentzos, 1995; ..)
Verwirrendes
• Ist depressives Erleben Folge eines primär
körperlichen Geschehens? Oder führen
Konflikte zu psychischen (bewußten,
unbewußten) Spannungen und in Folge zu
Reaktionen, die depressionsfördernd sind
bzw. immer depressiver machen, ..? Sinn?
• Biologische Psychiater treten oft für die
CBT der Depression ein, deren
Grundannahme ist, Depression nicht als
primär körperliches Geschehen zu sehen.
Spezielle psychogene Depressionen
• Erschöpfungsdepression (~ burn-out ?)
Kraepelin, Bonhoeffer, Kielholz, ..
• Entlastungsdepression (Schulte 1951)
• Entwurzelungsdepression
• Existentielle Depression (Wertverlustdepression)
• Postpartale Depression
• Klimakterische Depression
• Involutionsdepression
• Narzisstische -,
• Neurotische - , ...
• Über-Ich Depression
Was muss eine Theorie der
Depression erklären A ?
•
•
•
•
•
•
•
•
Symptome, Syndrome
Dauer der Syndrome
Häufige Wiederkehr
Spontanbesserung der meisten Syndrome
Auslöser
Warum trotz Auslöser keine Depression
Risikogruppen, „risk factors“
Warum es keine verschiedenen D. gibt
Was muss eine Theorie der
Depression erklären B ?
•
•
•
•
•
•
Wirkung verschiedener Psychotherapien
Wirkung von Lithium
Wirkung der EKT
Wirkung der Benzodiazepine BZ
Wirkung der Antidepressiva AD
Wirkung der atypischen Antipsychotika
– Quetiapin, Olanzapin, Aripiprazol
• Rückfall bei zu frühem Absetzen der ADa
Der Begriff „Depression“
in der Psychiatrie
•
•
•
•
•
•
Depressionen als Oberbegriff
Depression als Symptom
Depression als Syndrom
Depression als Störung
Depression als Krankheit
Depressionen als Krankheitsgruppe
VITA: Depression
zwischen dem 75. und 80. Lebensjahr
Mossaheb N et al, J Clin Psychiatry, 2009
80 Jahre
48
77,5 Jahre
20,9
56,6
75 Jahre
15
77,9
0%
20%
40%
keine Depression
Klinisch bedeutsame Depression
31
28,5
5,6
60%
16,5
80%
Vorstadien zur Depression
100%
Major Depressive Disorder
Belmaker RH, Agam G
NEJM 2008; 358: 55-68
?
„Depression is related to the normal
emotions of sadness and bereavement,
but it does not remit when the external
causes of these emotions dissipates,
?
and it is disproportionate to their cause.“
Depression und Kontext: A
• Depression liegt vor, wenn es entweder
keinen Auslöser gibt oder dieser
unverhältnismäßig scheint in Bezug auf
Schwere, Dauer und Behinderung
• Patienten erzählen die „life-events“; sie
suchen nach einer Erklärung (Sinn) ihres
Zustands (reversed causality)
• Die Kausalität „life-event → depression“ ist
eine subjektive Entscheidung des Klinikers
der eine Erklärung des Zustands sucht
Depression und Kontext: B
• > 95% der Depressiven berichten life-event
• Warum werden so viele Menschen trotz
massiver life-events gar nicht depressiv ?
• Depression selbst verursacht life events
(Scheidung, Jobverlust, Krebsverdacht, ..)
• Ansprechen einer Depression auf Psychooder Pharmakotherapie hängt nicht davon
ab, ob es life-events bzw. einen nachvollziehbaren Grund der Depression gab !
Qualität der Depression
• „Es gibt qualitative Unterschiede zwischen
verschiedenen Depressionen“ konnte
mittels Taxometrie widerlegt werden
• Es gibt ein Kontinuum bezüglich der
Schwere einer Depression (Schwellen !!)
• Diagnostizieren wir die Störung/ Krankheit
Depression zu leicht oder zu schwer
• Diagnoseunterschiede im DSM-IV, ICD-10
Die kognitive Theorie der Depression
• Depression ist eine kognitive Störung, bei
der das bewusste Denken einseitig,
willkürlich, selektiv und negativ ist
• Diese Schemata werden durch belastende
Situationen aktiviert
• Veränderungen der automatisierten
Gedanken, Einstellungen und
Überzeugungssysteme ist möglich
„Kognitives Modell“ nach Beck
• Kognitive Triade:
negatives Selbstbild des Patienten
Erfahrungen werden negativ interpretiert
negative Zukunftserwartungen
• Depressive Schemata:
• Die 6 Kognitiven Fehler:
„Kognitives Modell“ nach Beck
• Kognitive Triade
• Depressive Schemata:
•
•
•
•
•
•
•
Man (ich) muss immer Erfolg haben
Man (ich) muss von allen Menschen akzeptiert werden
Wer einen Fehler macht, ist unfähig
Wer anderer Meinung ist, lehnt mich ab
Ich kann ohne eine bestimmte Person nicht leben
Mein Wert hängt davon ab, was andere von mir denken
Es ist egal was ich mache, es wird nichts helfen
• 6 Kognitive Fehler
•
•
•
•
•
•
Willkürliche Schlussfolgerungen ohne Beweise
Wahrnehmungsdetail beweist gesamte Erfahrung
Übergeneralisierung
Maximierung oder Minimierung
Personalisierung
Dichotomes Denken
Einteilungen der Depressionen
• Alle nosologischen und ätiologischen
Einteilungen der Depressionen widerlegbar
• Versuche, die Überlappungen zu benennen:
endoreaktive Dysthymie (Weitbrecht, 1952)
endoneurotische Depression (Hole, 1984)
• Versuche, die Situation zu benennen, wie:
Wochenbettdepression, Schwangerschafts-,
klimakterische D., Erschöpfungs-, Burn-Out,
Entwurzelungs-, Entlastungs-, existentielle
D., melancholische D., Involutions-D.
post-stroke depression, vascular depression
Nosologische Einteilung der
Depressionen (historisch)
• Einteilung
nach Zustandsbild
nach Genese (Ätiologie)
nach Verlauf
• Ätiologisch unterschieden fast alle Schulen
1. somatogene Depressionen
primäre=organische, sekundäre=symptomatische Depress.
2. endogene Depressionen
monopolare, bipolare = zyklische Depressionen
3. psychogene Depressionen
• Weitbrecht (1957): fehlende Spezifität
psychopathologischer Syndrome der Depression
Wirkungen der alten
Antidepressiva
NA ACh 5-HT
H
Alte (anticholinerge) Antidepressiva
trizyklische AD
z.B. Saroten, Sinequan, Tofranil, Nortrilen, ......
trizyklische eher serotonerge (SRI) AD
Anafranil
trizyklische AD mit DA Reuptake Hemmung
Xerenal, Harmomed (+Diazepam)
tetrazyklisches noradrenerges (NRI) AD
Ludiomil
alte wenig anticholinerge AD: Tolvon
Trittico
+++
+++
++
++(+)
+(+)
+++
+++
+
+++
+++
++
+
+++
+++
-
++
++
+
+
+
++
++
-
Wirkungen der modernen
Antidepressiva
NA
ACh
5-HT
H
-
+++
-
-
++
-
+
+
+++
-
(+)
-
-
++
-
-
+++
+++
-
-
Moderne Antidepressiva
Selektive Serotonin Wiederaufnahme Hemmer
SSRIs: Floxyfral, Fluctine, Fluoxetine, Fluxil, Mutan,
Seroxat, Ennos, Seropram, Tresleen, Gladem
reversible MAO-A Hemmer
++
Aurorix
Noradrenerges, Serotoninrezeptoren blockierendes AD ++
Remeron
Serotonin Wiederaufnahme Verstärker (netto 5-HT )
Stablon
Serotonin Wiederaufnahme Hemmer und
Serotoninrezeptoren blockierendes AD
Dutonin
Noradrenerger und serotonerger
Wiederaufnahmehemmer („Duale Antidepressiva“)
Efectin
+(+)
Ixel
+++
Selektiver noradrenerger Wiederaufnahmehemmer
+++
Edronax
Gibt es in therapeutischer Sicht
unterschiedliche Depressionen ?
•
•
•
•
•
•
•
•
Schulddepression
Fordernde Depression
Anaklitische Depression
Selbstzerstörerische Depression
Leere Depression – innerlich unruhige D.
Stuporöse Depression, agitierte Depression
Depression mit psychotischen Symptomen
Bipolare Depression
S. Freud: Trauer und Melancholie
• Cave: einzelne psychogene Depressionen
• bei einzelnen Personen mit Disposition,
kann aus Trauer Depression werden
• Trauer nicht krankhaft; ab wann wird
Trauer zu Depression und damit krankhaft
• Trauer nur deshalb nicht als krank zu
bezeichnen, weil wir sie erklären können
• Melancholie ist Trauer + Störung des
Selbstgefühls
S. Freud: Trauer und Melancholie
• Trauerarbeit: Libido wird in innerer Arbeit
aus dem Ich abgezogen; das Ich befreit
• Bei der Trauer ist der Verlust bewußt
• Bei der Melancholie ist Verlust unbewußt
• Bei der Trauer ist die Welt arm geworden,
bei der Melancholie ist es das Ich selbst
• Ein Teil des Ichs werten einen anderen
Teil des Ichs kritisch: Gewissen
• Oder gibt es toxische Verarmung am Ich ?
Depressiogenic medication as an
aetiological factor in major depression
Dhondt T et al, IJGP 1999;14:875-881
• 195 gerontopsychiatrisch stationäre
Patienten mit „major depression“
• Pat. mit erster depressiver Episode
nahmen depressiogene Medikation
(etwa 120 Med.) 2,44 mal häufiger als
Patienten, die schon früher an
Depressionen gelitten hatten
• Pat. mit depressiogener Medikation
nahmen insgesamt mehr als doppelt so
viele Medikamente !
Repräsentative QuerschnittUntersuchungen zur medikamentös
„verursachten“ Depression
• Patten SB, 2001; n = 2542. Keinerlei
statistische Assoziationen zwischen
Beta-Blockern, ACE-hemmern, .. und
Depression
deutlicher Zusammenhang: Cortison
• Patten SB, 2000; n=73402. Deutliche
statistische Assoziation zwischen
Cortison-therapie und Depression (MD):
Risiko x 3
Gliederung des Vortrags
• Was ist Depression ?
– Schwere einer Depression
– Multifaktorielle Entstehung
• Therapie der Depression
– Psychotherapie
– Antidepressiva
• Benzodiazepine und Depression
• Antipsychotika und Depression
• Phasenprophylaktika und Depression
Depressiogenic medication as an
aetiological factor in major depression
Dhondt T et al, IJGP 1999;14:875-881
• 195 gerontopsychiatrisch stationäre
Patienten mit „major depression“
• Pat. mit erster depressiver Episode
nahmen depressiogene Medikation
(etwa 120 Med.) 2,44 mal häufiger als
Patienten, die schon früher an
Depressionen gelitten hatten
• Pat. mit depressiogener Medikation
nahmen insgesamt mehr als doppelt so
viele Medikamente !
Repräsentative QuerschnittUntersuchungen zur medikamentös
„verursachten“ Depression
• Patten SB, 2001; n = 2542. Keinerlei
statistische Assoziationen zwischen
Beta-Blockern, ACE-hemmern, .. und
Depression
deutlicher Zusammenhang: Cortison
• Patten SB, 2000; n=73402. Deutliche
statistische Assoziation zwischen
Cortison-therapie und Depression (MD):
Risiko x 3
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