Quelle: bmp von Gerda Kneifel Weltweit und kulturübergreifend leiden zweibis dreimal mehr Mädchen unter Depressionen als Jungen. Unterschiedliche biologische Faktoren wie auch die unterschiedliche Sozialisation der Kinder spielen dabei eine Rolle. Minutiös genau hat Peter Z. (Name geändert) den Ablauf seiner letzten Tage im Internet veröffentlicht. Bis zu dem Eintrag „7:07 Uhr Schuss“ konnte die ganze Welt mitlesen, wie er seinen Selbstmordplan in die Tat umsetzte. „Achtzig Prozent aller Selbstmorde werden angekündigt“, weiß Prof. Klaus Fröhlich-Gildhoff von der Evangelischen Fachhochschule Freiburg, Hochschule für Soziale Arbeit, Diakonie und Religionspädagogik, doch in den meisten Fällen nehmen Eltern, Freunde, Lehrer und Ärzte die Warnzeichen nicht wahr beziehungsweise nicht ernst. Mädchen sind häufiger betroffen Zwar sinken die Selbstmordraten unter Kindern und Jugendlichen, doch nimmt die Zahl der Selbstmordversuche zu. Die Bremer Jugendstudie, die zwischen 1995 und 2000 durchgeführt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass Angst und depressive Störungen zu den häufigsten Störungen bei Jugendlichen gehören. Fast jeder fünfte Jugendliche berichtete von Angststörungen, 18 Prozent gaben an, irgendwann in ihrem Leben unter depressiven Störungen gelitten zu haben. Amerikanische Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass zwei bis drei Prozent aller Kinder und etwa jeder zehnte Jugendliche unter Depressionen leiden [1]. Expansive psychische Störungen wie Aggressionen und ADHS haben bei Kindern und Jugendlichen deutlich zugenommen. Strittig ist jedoch, ob auch die nach innen gerichteten, so genannten introversiven Störungen zunehmen. Ein Grund für die Unsicherheit ist sicher auch die Tatsache, dass depressive Kinder und Jugendliche nicht störend auffallen, sondern sich vielmehr zurückziehen. Entsprechend spät begann die pädiatrische Fachwelt, sich mit dieser Krankheit auseinanderzusetzen. Als erwiesen gilt jedoch, dass depressive Störungen mit steigendem Alter zunehmen. Klar ist auch, dass vor der Pubertät etwa gleich viele Jungen und Mädchen an Depressionen leiden, sich danach die Häufigkeit jedoch zu Ungunsten der Mädchen verschiebt. Es leiden weltweit und kulturübergreifend zwei- bis dreimal mehr Mädchen unter Depressionen als Jungen. Neben den unterschiedlichen biologischen Faktoren liegt „ein Grund hierfür in der unterschiedlichen Sozialisation der Kinder“, erläutert Fröhlich-Gildhoff. „Jungen bewahren sich eher das Gefühl, Einfluss auf ihren Körper zu haben und leben ihre Gefühle eher expansiv aus, was sich in Aggressionen und erhöhtem Risikoverhalten Depression ausdrücken kann.“ Bei Mädchen treten in den Schuldgefühle und Gefühle der Hoffnungsloletzten Jahren gehäuft Depressionen in Zusam- sigkeit („ist doch alles egal“). Die Symptomatik menhang mit Essstörungen auf. gleicht sich damit der Psychopathologie depressiver Erwachsener an. Dazu zählen auch reizbare, depressive Verstimmungen, reduziertes InteDie Symptome sind altersabhängig resse und wenig Freude an Aktivitäten jeder Art, Depressionen insbesondere bei Kindern sind Appetitstörungen, Hemmungen und psychomoschwer zu diagnostizieren, weil die klassische torische Unruhe, Müdigkeit, Energieverlust, verSymptomatik der Erwachsenen bei jungen Men- mindertes oder vermehrtes Schlafbedürfnis, ein schen selten in ihrer Reinform auftritt. Hinzu Gefühl der Hilflosigkeit und reduzierte Denkkommt, dass zumindest Kleinkinder ihre und Konzentrationsfähigkeit. Beschwerden nicht äußern können. Sogar schon Mit der verstärkten psychischen AusforSäuglinge, dessen sind sich die Experten erst seit mung der Depression bei Jugendlichen steigen einigen Jahren bewusst, können „den Blues“ be- auch die Zahlen der Psychosen, Persönlichkeitskommen. Das allerdings setzt voraus, dass sie störungen oder Angst- und Suchtstörungen stark vernachlässigt, gequält oder inadäquat be- deutlich an. Selbstverletzungen und suizidale handelt werden. Es treten Trink- und Gedeih- Krisen sowie manisch-depressive Störungen störungen auf und die Kinder reagieren häufig treten ebenfalls häufiger auf. nicht altersgemäß auf Trennung oder Kontakt. „Solche Kinder wirken dann oft zurückgezogen, Es gibt viele Auslöser übermäßig ruhig bis apathisch“, weiß Dr. Hellmuth Braun-Scharm, Chefarzt der Abteilung Bei der Ätiologie einer Depression spielen soKinder- und Jugendpsychiatrie und Psychothe- wohl soziale als auch biologische Faktoren eine rapie der Virngrund-Klinik in Ellwangen. Rolle. Kinder, deren Eltern unter AngststörunVergleichbare Symptome können allerdings gen oder Depressionen leiden, zählen zur auch durch organische Erkrankungen hervorge- Hochrisikogruppe für ähnliche andauernde und rufen werden, die zunächst ausgeschlossen wer- rezidivierende Störungen [2]. Treffen Kinder mit einer genetischen Vorbelastung auf ungünstige den müssen. Die Symptome einer Depression verändern äußere Umstände, entwickeln sie dann nicht selsich mit steigendem Alter [s. Tab. S. 12]. Länger ten eine besondere Vulnerabilität [3]. Solche anhaltende depressive Verstimmungen, die de- Umstände sind einschneidende negative Lenen Erwachsener gleichen, können bereits im bensveränderungen wie Schul- oder WohnungsKindergartenalter auftreten. Diese Symptome, wechsel, Verlust eines Elternteils oder von die sich beispielsweise in Spielunlust, schneller Freunden sowie Scheidung der Eltern. Auch Entmutigung, erhöhter Ängstlichkeit, Tempera- anhaltende Einflüsse, die sich negativ auf das mentsausbrüchen und Schlafstörungen manifes- Familienklima auswirken, oder Probleme im tieren, sind jedoch seltener im Vergleich zu den schulischen Leistungsbereich zählen dazu. so genannten „maskierten“ Depressionen, bei Häufig besitzen depressive Kinder und Judenen körperliche Symptome die psychischen gendliche mangelhaft ausgeprägte soziale Symptome verdecken. Bei Vorschulkindern tre- Fertigkeiten und nur geringe soziale Konten häufiger Beschwerden auf wie Kopf- oder takte zu Gleichaltrigen. Auch inadäquate WahrBauchweh, Übelkeit, Schwindelanfälle und nehmungsmuster begünstigen die EntwickRückenschmerzen. Auch Nabelkoliken und an- lung einer emotionalen Störung. Nach dem dere gastrointestinale Leiden können Zeichen Depressionsmodell von Beck löst eine so gefür eine verdeckte Depression sein. „Man muss nannte negative kognitive Triade depressive aber auch wissen, dass ein großer Teil der ängst- Stimmungen aus. Die Triade geht von drei kolich-depressiven Störungen im Kindesalter pas- gnitiven Mustern aus, nach denen die Patienten sagerer Natur ist“, so Braun-Scharm, und sich sich selbst, ihre Zukunft und ihre Erfahrungen nur bei einem kleineren Teil andauernde oder re- verzerrt betrachten. Sowohl das Selbstbild als zidivierende Störungen aus dem affektiven auch die eigenen Zukunftserwartungen sowie Erfahrungen und Neigungen werden negativ inBereich entwickeln. Je älter die Kinder werden, desto mehr treten terpretiert. Das wiederum führt zu automatisch die somatischen Beschwerden in den Hinter- ablaufenden Gedanken(-ketten) mit extrem kritigrund und verstärken sich psychologische scher Selbstwahrnehmung. Dass depressive Symptome wie mangelndes Selbstbewusstsein, Symptome im Kindes- und Jugendalter die 11 Nach dem Depressionsmodell von Beck löst eine negative kognitive Triade – Patienten sehen sich selbst, ihre Zukunft und ihre Erfahrungen verzerrt – depressive Stimmungen aus. Bei „maskierten“ Depressionen verdecken körperliche die psychischen Symptome. So reagieren Vorschulkinder häufiger mit Beschwerden wie Kopf- oder Bauchweh, Übelkeit, Schwindelanfällen und Rückenschmerzen. Depression 12 Wahrnehmung verändern, eine negative kognitive Triade in Gang setzen und rezidivierende Depressionen hervorrufen können, wurde kürzlich beschrieben [4]. Antidepressiva in der Diskussion Die persönliche Disposition, eine Depression zu entwickeln, steht im Zusammenhang mit Störungen des Hirnstoffwechsels, insbesondere des Stoffwechsels der Neurotransmitter. Serotonin beziehungsweise ein Mangel an diesem Botenstoff nimmt bei der Erklärung der Depression eine Schlüsselrolle ein. Unter Stress nimmt die Konzentration des Stoffes im Gehirn ab, so dass depressive Symptome entstehen können. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind daher neben Trizyklika die derzeit am häufigsten verwendeten Antidepressiva. Allerdings gibt es für SSRI für die Indikation Depression in Deutschland keine pädiatrische Zulassung, die Medikamente müssen also off-label verschrieben werden. SSRI haben gegenüber den seit längerem angewandten Trizyklika zwar den Vorteil, dass sie deutlich weniger Nebenwirkungen aufweisen, doch gibt es widersprüchliche Daten zu ihren Wirkungen und Nebenwirkungen. „Für Fluoxe- Altersabhängige Symptome depressiver Störungen bei Kindern und Jugendlichen nach den Leitlinien der DGJKP im Kleinkindalter (1-3 Jahre) ◊ ◊ ◊ ◊ ◊ ◊ wirkt traurig ausdrucksarmes Gesicht erhöhte Irritabilität gestörtes Essverhalten Schlafstörungen selbststimulierendes Verhalten: Jactatio capitis, exzessives Daumenlutschen ◊ genitale Manipulation (Spielonanie) ◊ auffälliges Spielverhalten, reduzierte Kreativität und Ausdauer ◊ Spielunlust ◊ mangelnde Phantasie im Vorschulalter (3-6 Jahre) ◊ ◊ ◊ ◊ ◊ ◊ ◊ ◊ trauriger Gesichtsausdruck verminderte Gestik und Mimik leicht irritierbar und äußerst stimmungslabil mangelnde Fähigkeit, sich zu freuen introvertiertes, aber auch aggressives Verhalten vermindertes Interesse an motorischen Aktivitäten Essstörungen bis zu Gewichtsverlust/-zunahme Schlafstörungen, Alpträume, Ein- und Durchschlafstörungen bei Schulkindern ◊ ◊ ◊ ◊ verbale Berichte über Traurigkeit suizidale Gedanken Befürchtungen, dass Eltern nicht genügend Beachtung schenken Schulleistungsstörungen im Pubertäts- und Jugendalter ◊ ◊ ◊ ◊ ◊ ◊ vermindertes Selbstvertrauen Apathie, Angst, Konzentrationsmangel Leistungsstörungen zirkadiane Schwankungen des Befindens psychosomatische Störungen Kriterien der depressiven Episode Kinderärzte als Lotsen Depression Niedergelassene Kinder- und Hausärzte sind bei der Diagnose und Behandlung von depressiven Störungen die „erste Anlaufstelle. Sie müssen Kinder mit körperlichen Beschwerden und unklarer Diagnostik gezielt beobachten“, erläutert Prof. Gerd Lehmkuhl, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitätsklinik Köln, denn je früher die Behandlung einsetzt, desto bessere Heilungschancen bestehen. Quelle: helen/ PhotoCase.com tin bestätigen Studien für 8- bis 17-Jährige einen positiven Behandlungserfolg, aber für andere SSRI kam es zu keinen einheitlichen Ergebnissen oder es ließ sich kein eindeutiger positiver oder negativer Effekt nachweisen“, erklärt Prof. Jörg M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Uniklinikums Ulm. „Für die SSRI Paroxetin und Venlafaxin fand sich sogar eine erhöhte Suizidalität“, konkretisiert der Vorsitzende der Kommission Pharmakologie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP), „so dass derzeit abgesehen von Fluoxetin keine eindeutigen Empfehlungen für die Medikation kindlicher Depressionen ausgesprochen werden können.“ Denn auch die älteren Trizyklika sind wegen der starken Nebenwirkungen trotz pädiatrischer Zulassung nicht uneingeschränkt zu empfehlen. Aktivierungssymptome wie gesteigerte Aggressivität, Unruhe oder veränderter Schlafrhythmus sind seit längerem bekannt und nicht zuletzt ist auch ihre antidepressive Wirkung bei Kindern und Jugendlichen umstritten. „Für Trizyklika ließ sich in Metaanalysen keine Effizienz bei der Behandlung der Depression im Kindesalter nachweisen. Nur noch in Deutschland werden diese alten Medikamente wohl aufgrund der Budgetierung so häufig verschrieben“, erklärt der Ulmer Chefarzt. Bezüglich der SSRI sprach die britische Zulassungsbehörde MHRA zumindest für Paroxetin bereits eine Kontraindikation aus, die Behörde der Vereinigten Staaten (FDA) empfiehlt, Paroxetin bei depressiven Kindern und Jugendlichen nicht einzusetzen. Am 25. April dieses Jahres sprach schließlich die Europäische Zulassungsbehörde EMEA eine Warnung vor der Anwendung von SSRI und kombinierten Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SNRI) bei Kindern und Jugendlichen aus. Aufgrund der unsicheren pädiatrischen Datenlage für sämtliche Antidepressiva spricht sich die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie dafür aus, bereits begonnene Behandlungen mit SSRI fortzuführen, sofern gute Erfolge damit erzielt werden. Bei nur geringen positiven Effekten „empfiehlt sich ein langsames Ausschleichen unter gezielter Beobachtung. In jedem Fall aber müssen Aufklärungsgespräche mit den Patienten und deren Angehörigen geführt werden, in denen die Abwägung von Nutzen und Risiko im Mittelpunkt steht“, heißt es bei der DGKJP. 13 Mit Hilfe von Fragebögen können die Störungen bei Kindern und Jugendlichen klassifiziert werden. Geeignet sind DISYPS-KJ (Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten ICD 10 beziehungsweise dem amerikanischen Diagnostischen und Statistischen Handbuch Psychischer Störungen DSM IV) sowie DIKJ (DepressionsInventar für Kinder und Jugendliche, Selbstbeurteilungsbogen). „Die Diagnostik sollte aber in jedem Fall mehrere Informationsquellen berücksichtigen“, betont Fröhlich-Gildhoff. Das bedeutet, dass das Kind selbst sowie mehrere Interaktionspartner des Kindes befragt werden sollten. In der Praxis ist das allerdings nicht einfach. „Gerade Kinderärzte stehen unter relativ hohem Zeitdruck und die Untersuchung bei Appetitlosigkeit und Unlust wird natürlich zunächst einmal auf körperlicher Ebene angesetzt. Die Alltagssituation ist wenig geeignet für eine tiefergehende Befassung mit seelischen Problemen“, ergänzt der Freiburger Professor. Der medikamentösen Behandlung durch Haus- und Kinderärzte sollte eine Überweisung zu einem Kinder- und Jugendtherapeuten vorgezogen werden, doch auch das ist nicht immer einfach. Zwar hat sich die Lage in den letzten Jahren gebessert, aber „es gibt noch immer einen Trizyklika sind wegen der starken Nebenwirkungen trotz pädiatrischer Zulassung nicht uneingeschränkt zu empfehlen. Obendrein ließ sich in Metaanalysen keine Effizienz bei der Behandlung der Depression im Kindesalter nachweisen. SSRI haben gegenüber den seit längerem angewandten Trizyklika zwar den Vorteil, dass sie deutlich weniger Nebenwirkungen aufweisen, doch gibt es widersprüchliche Daten zu ihren Wirkungen und Nebenwirkungen. Depression 14 deutlichen Mangel an niedergelassenen Kinderund Jugendpsychotherapeuten, ein halbes Jahr Wartezeit ist die Regel“, moniert FröhlichGildhoff. Ganz eng kann es werden, wenn man Spezialisten für eine bestimmte Therapieform sucht. „In Lübeck haben wir letztlich zwei niedergelassene Verhaltenstherapeuten für Kinder und Jugendliche“, nennt Dr. Jan Hendrik Puls als Beispiel, denn gerade die Verhaltenstherapie hat einen sehr guten Ruf bei der Behandlung depressiver junger Menschen. Puls ist Sprecher des Lübecker Arbeitskreises Depression bei Kindern und Jugendlichen, der sich vor einem Jahr aus dem in Nürnberg gegründeten Bündnis gegen Depression e.V. herausgebildet hat. Was bringen Präventionsprogramme? Womöglich wird es in Zukunft eine ganz neue Form von Antidepressiva geben. Neue Studien zur Funktion des Corticotropin-Releasing-Hormons ließen die Hoffnung auf neue Medikamente aufkommen, die frühzeitig auf die Stressantwort einwirken und damit sehr viel gezielter als bisherige Pharmaka angewendet werden könnten. Nemeroff CB et al.: The neurobiology of depression: inroads to treatment and new drug discovery. J Clin Psychiatry 2005; 66 Suppl.7: 5-13 „Wir gehen in die Kindertagesstätten, um den Störungsgrad bei den Kindern zu erfassen. Wir müssen die Kitas mit ins Boot holen, das ist die einzige Chance, die wir haben, denn dort ist die Bereitschaft der Erzieherinnen und Eltern, auf Frühsymptome besonders zu achten und zu reagieren, noch groß. Dort erzielen wir mit relativ wenigen Mitteln gute Erfolge.“ Inwieweit die schulbasierte Prävention Erfolge verbuchen kann, damit beschäftigte sich unter anderem Patrick Pössel von der Universität Tübingen. Mit LISA-T, einem Programm für Jugendliche, ging Pössel mit seinen Kollegen in Schulen und trainierte Schüler im kognitiven und im sozialen Bereich. Sofort nach Beendigung des Programms evaluierte die Tübinger Arbeitsgruppe anhand von Fragebögen die Effektivität des Trainings. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen beurteilten das Programm positiv und es zeigte sich zudem eine geschlechtsspezifische Veränderung in den sozialen Netzwerken der Teilnehmer. Die Jungen erweiterten ihre sozialen Kontakte und die Mädchen nutzten sie häufiger bei Problemen. Es wäre zu wünschen, dass in Zukunft bundesweit ausreichend Präventionsprogramme und Therapiekapazitäten geschaffen werden, die ein Schicksal wie das von Peter Z. verhindern können. Der Arbeitskreis hat sich die Sensibilisierung von Fachkreisen und der Öffentlichkeit zum Ziel gesetzt. Er bietet Schulungen für Erzieher, Lehrer sowie für niedergelassene Kinder- und Hausärzte an, in denen über Frühwarnzeichen, Symptome und Fallbeispiele informiert und in Rollenspielen das Gespräch mit den betroffenen Familien geübt wird. „Wir haben bereits rund 170 Lehrer in Lübeck fortgebildet“, erzählt Puls nicht ohne Stolz. „Im Herbst starten wir die zweite Kampagne mit Vorträgen.“ Um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen, planen die Lü- Literatur: becker weitere Aktionen wie einen Plakatwett1. Depression Research Fact Sheet des Nationalen bewerb, der Jugendliche motivieren soll, zum Institute of Mental Health: Thema „Depression: Krise und Bewältigung“ www.nimh.nih.gov/publicat/depresfact.cfm Plakate zu entwerfen. In Planung ist auch ein 2. Williamson DE et al.: A genetic epidemiologic perMusikwettbewerb. Zudem „haben wir kindliche spective on comorbidity of depression and anxiety. Depressionen am Tag der Gesundheitsforschung Child Adolesc Psychiatr Clin N Am. 2005 Oct; 14[4]: ins Gespräch gebracht“, erklärt Puls. 707-26 FREUNDE-Workshop heißt eine Fortbildung 3. Nemeroff CB et al.: The neurobiology of depression: der Universität Münster, die sich an Therapeuinroads to treatment and new drug discovery. J Clin ten oder Pädagogen wendet, die ebenfalls mit Psychiatry. 2005; 66 Suppl 7: 5-13 Schulkindern arbeiten. „In Münster und Umge4. Timbremont B et al.: Brief report: A longitudinal inbung wird das Programm regelmäßig angebovestigation of the relation between negative cognitive ten“, erzählt Prof. Cecilia Essau, die von Münstriad and depressive symptoms in youth. J Adolesc. ter zur Roehampton University gewechselt ist. 2005 Sep 13; Epub ahead of print Die Teilnehmer reisen aus ganz Deutschland an, 5. Keiko-Beratung: www.keiko-beratung.de denn noch gibt es nur wenige vergleichbare Initiativen auf regionaler Basis. Termine für die Weiterbildung finden Ärzte auf der Homepage Weiterführende Informationen: der Keiko-Beratung – Keiko nennt sich das Psychologische Institut für Forschung und Be- • Leitlinien der AWMF zu depressiven Störungen www.uni-duesseldorf.de/AWMF/II/028-005.htm ratung im Bereich Schule und Gesundheit in • Bündnis gegen Depression e.V. Bremen [5]. www.kompetenznetz-depression.de Auch die Evangelische Fachhochschule Freiburg ist aktiv. Prof. Fröhlich-Gildhoff berichtet • Termine für FREUNDE-Workshops www.keiko-beratung.de von dem Freiburger Präventionsprogramm: