Die Zahlen e und π sind irrational. Eva Gressung 2. Februar 2017 1 1 Die Zahl e ist irrational Zu Beginn dieses Abschnitts definieren wir die Eulersche Zahl e und zeigen anschließend, dass e irrational ist. Definition 1. Die Eulersche Zahl e ist als Grenzwert der unendlichen Reihe ∞ X1 1 1 1 1 e = + + + + ... = 0! 1! 2! 3! i! i=0 definiert. Bemerkung. Die Konvergenz dieser Reihe folgt mit Hilfe des Quotientenkriteriums, da 1 1 ak+1 (k+1)! ak = 1 = k + 1 < 1 k! für k ≥ 2 gilt. Nun wird bewiesen, dass e irrational ist. Wir wissen, dass e nach Definition größer als 0 ist, und nehmen nun an, dass e rational ist, d.h. es gibt Zahlen a, b ∈ N mit e = ab und im Folgenden seien a, b so gewählt. Proposition 2. Die Zahl b X 1 x = b! e − n! n=0 ! ist eine ganze Zahl. Beweis. Es gilt ! b X 1 x = b! e − n! n=0 a 1 1 1 = b! −1−1− − − ... − b 2 2·3 b! = a(b − 1)! − b! − b! − b(b − 1) · . . . · 3 − b(b − 1) · . . . · 4 − . . . − 1, sodass x als Summe von Produkten ganzer Zahlen selbst eine ganze Zahl ist. 2 Proposition 3. Es gilt x = b! ∞ X 1 . n! n=b+1 Beweis. Es gilt b X 1 x = b! e − n! n=0 ! ∞ b X X 1 1 = b! − n! n=0 n! n=0 = b! ! ∞ X 1 . n! n=b+1 Satz 4. Die Zahl e ist irrational. Beweis. Wir nehmen an, die Zahl e sei rational, d.h. es gibt a, b ∈ N mit e = ab . Wir wissen, dass ∞ X q qn = 1−q n=1 für |q| < 1 gilt, und somit ist ∞ X 1 x = b! n! n=b+1 1 1 1 + + + ... b + 1 (b + 1)(b + 2) (b + 1)(b + 2)(b + 3) 1 1 1 ≤ + + + ... 2 b + 1 (b + 1) (b + 1)3 ∞ X 1 = (b + 1)n n=1 = = 1 b+1 1− 1 = , b 1 b+1 sodass 0 < x ≤ 1b gilt. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sei b ≥ 2, da a = 2a ist. Somit folgt abschließend b 2b 0<x≤ 1 <1 2 und, da x ∈ Z nach Proposition 2 gilt, führt dies zu einem Widerspruch. Damit lässt sich e nicht als ab für a, b ∈ N schreiben und e ist somit irrational. 3 2 Die Zahl π ist irrational. Zu Beginn dieses Abschnitts definieren wir die Zahl π und zeigen anschließend durch einen Widerspruchsbeweis, dass π irrational ist. Definition 5. Wir definieren π als die kleinste positive Nullstelle der Sinusfunktion. Um zu zeigen, dass π irrational ist, definieren wir zunächst eine Funktion f und leiten zu dieser Hilfsergebnisse her. Definition 6. Seien a, b, n ∈ N. Wir definieren f : 0, ab → R durch f (x) = 1 (x (a − bx))n . n! Proposition 7. Es gilt n 1 X n n (−1) an−m bm xn+m , f (x) = m n! m=0 wobei n n! = m m!(n − m)! ist. Beweis. Wir wissen, dass n X n n−m (a − bx) = a (−1)m bm xm m m=0 n ist und somit 1 n x (a − bx)n n! n 1 n X n n−m = x a (−1)m bm xm n! m=0 m n 1 X m n (−1) an−m bm xn+m = m n! m=0 f (x) = gilt. Proposition 8. Es gilt f (k) (0) = 0 für k < n und k > 2n und f (k) (0) ist eine ganze Zahl für k = n, . . . , 2n. Beweis. Da f ein Polynom ist, besitzt die Funktion eine Taylorentwicklung um 0, die für jedes x ∈ R konvergiert. Es gilt f (x) = ∞ X f (k) (0) k=0 k! 4 xk . Der Vergleich mit der Darstellung n X 1 m n f (x) = an−m bm xn+m (−1) m n! m=0 zeigt, dass alle Summanden für k < n und k > 2n verschwinden, sodass f (k) (0) = 0 für k < n und k > 2n gilt. Für k = n, . . . , 2n gilt für die Summanden n f (k) (0) 1 k−n a2n−k bk−n = (−1) k−n k! n! und somit f (k) (0) = (−1) n a2n−k bk−n . n! k − n k−n k! k! Da k > n gilt, ist n! eine ganze Zahl. Da auch die anderen Faktoren ganze (k) Zahlen sind, ist f (0) eine ganze Zahl für k = n, . . . , 2n. (k) a Proposition 9. Es gilt f = (−1)k f (k) (0) für k = 0, 1, . . ., sodass b f (k) ab eine ganze Zahl ist. Beweis. Die Funktion x 7→ x(a − bx), deren Graph eine nach unten geöffnete Parabel ist, hat ihre Nullstellen bei x = 0 und x = ab , sodass ihr a sind. Dies gilt somit auch für Symmetriepunkt und Maximum bei x = 2b 1 n f (x) = n! (x(a − bx)) , sodass a a f +t =f −t 2b 2b für t ∈ 0, ab gilt. Wir leiten nun nach t ab und erhalten a a f (k) + t = (−1)k f (k) −t 2b 2b für k = 0, 1, . . . sowie f für t = a 2b (k) a b = (−1)k f (k) (0) und k = 0, 1, . . .. Proposition 10. Es gilt Z 0< a b f (x)sin(x)dx < 1 0 für ausreichend großes n, falls sin(x) > 0 für x ∈ 0, ab ist. Beweis. Die Funktion f nimmt an der Stelle x = a f (x) ≤ f 2b 2 n 1 a = n! 4b a für x ∈ 0, b gilt. 5 a 2b ihr Maximum an, sodass Nun ist f (x) > 0 und somit f (x)sin(x) > 0 für x ∈ 0, ab . Da n a a2 →0 bn! 4b für n → ∞ gilt, ist Z a b 0< f (x)sin(x)dx n Z a b 1 a2 ≤ 1dx n! 4b 0 n a a2 = bn! 4b <1 0 für ausreichend großes n. Wir definieren nun eine weitere Hilfsfunktion F , leiten eine weitere Proposition her und zeigen abschließend durch einen Widerspruchsbeweis, dass π irrational ist. Definition. Wir definieren F : 0, ab → R durch F (x) = f (x) − f 00 (x) + f (4) (x) − . . . + (−1)n f (2n) (x). Proposition 11. Es gilt F 00 (x) + F (x) = f (x) sowie d (F 0 (x)sin(x) − F (x)cos(x)) = f (x)sin(x) dx für alle x ∈ 0, ab . Beweis. Da f ein Polynom vom Grad 2n ist, gilt f (2n+2) (x) = 0 für x ∈ 0, ab und somit F 00 (x) = f 00 (x) − f (4) (x) + f (6) (x) − . . . + (−1)n f (2n) (x) + (−1)n+1 f (2n+2) (x) = −F (x) + f (x) sowie f (x) = F 00 (x) + F (x) für x ∈ 0, ab . Damit folgt d (F 0 (x)sin(x) − F (x)cos(x)) dx = F 00 (x)sin(x) + F 0 (x)cos(x) − F 0 (x)cos(x) + F (x)sin(x) = (F 00 (x) + F (x))sin(x) = f (x)sin(x) für x ∈ 0, ab . 6 Satz 12. Die Zahl π ist irrational. Beweis. Wir nehmen an, die Zahl π sei rational, d.h. es gibt a, b ∈ N mit π = ab . Es ist Z π f (x)sin(x)dx 0 Z π d = (F 0 (x)sin(x) − F (x)cos(x))dx dx 0 π = [F 0 (x)sin(x) − F (x)cos(x)]0 = F (π) − F (0) und mit Proposition 8 und 9 folgt Z π f (x)sin(x)dx ∈ Z. 0 Da nach Proposition 10 die Ungleichung Z π f (x)sin(x)dx < 1 0< 0 gilt und dies zu einem Widerspruch führt, ist die Zahl π irrational. 7