Abb. 1 - Züchtungskunde

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Züchtungskunde, 83, (6) S. 426–438, 2011, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Original Article
Untersuchungen zum Futteraufnahmeverhalten von
Mastschweinen an einer elektronischen Abrufstation
unter Berücksichtigung der Rangordnung
Sonja Schamun1 und S. Hoy1
Zusammenfassung
In kontinuierlichen Verhaltensaufzeichnungen mittels Infrarot-Videotechnik über 3 × 48
Stunden zu Mastanfang, -mitte und -ende in 8 Gruppen mit insgesamt 93 Prüftieren in
einer Prüfstation wurden sämtliche agonistischen Interaktionen an einer elektronischen
Abrufstation (Verdrängung oder Behauptung des Platzes) registriert und in eine 12 × 12Matrix (im Regelfall 12 Tiere pro Bucht) eingetragen. Für jeden Probanden wurden der
Rangindex (von –1 bis +1) sowie die Rangposition (von 1 bis 12) berechnet. Für die
3 × 48 Stunden-Perioden und den gesamten Auswertungszeitraum wurden aus der Compident-Futterstation sämtliche Futterstationsbesuche, die Aufenthaltsdauer pro Besuch
und die dabei aufgenommene Futtermenge in Zuordnung zu jedem Prüftier ausgelesen
und für ranghohe (Rangpositionen 1–6) sowie rangniedere Tiere (Rangpositionen 7–12)
und die einzelnen Rangpositionen (1–12) berechnet. Ranghohe Mastschweine wiesen
weniger Stationsbesuche, eine längere Fresszeit und eine größere abgerufene Futtermenge als die rangniederen Buchtengefährten auf. Die beiden ranghöchsten Tiere der
jeweiligen Gruppen hatten mit 842 ± 262 signifikant weniger Trogbesuche im Auswertungszeitraum als rangniedere Tiere (1.140 ± 442). Dominante Tiere auf den ersten drei
Plätzen blieben länger pro Besuch am Trog (4,8 bis 5,4 min – subdominante: 3,27 min)
und nahmen tendenziell mehr Futter auf (164 bis 175 Gramm) als subdominante Buchtengefährten (105 bis 120 Gramm). Mittels der Compident-Daten kann eine Phänotypisierung des Verhaltens vorgenommen werden.
Schlüsselwörter: Mastschweine, Futteraufnahmeverhalten, Rangordnung,
Prüftagszunahme, Phänotypisierung
Summary
Investigations on feed intake behaviour of fattening pigs fed at an electronic
feeding station taking into account the rank order
All agonistic interactions at an electronic feeding station (displacements or keeping
the feeding place) were recorded in continuous behavioural observations with infrared
video technique during 3 × 48 hours at the beginning, in the middle and at the end of the
1
Institut für Tierzucht und Haustiergenetik, Fachgebiet Tierhaltung und Haltungsbiologie der
Justus-Liebig-Universität Gießen, Bismarckstr. 16, 35390 Gießen, E-Mail:
[email protected]
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Untersuchungen zum Futteraufnahmeverhalten von Mastschweinen
427
fattening period with 93 pigs in a progeny test station and registered in a 12 × 12 matrix
(normally 12 pigs in each pen). The rank index (from –1 to +1) and the rank position
(from 1 to 12 in a group with 12 pigs) were calculated for each animal. All feeding station
visits, the duration of each stay at trough and the recorded amount of feed at each visit
were downloaded from the Compident feeding station for the 3 × 48 hours periods and
the whole observation period and were calculated for pigs with high ranks (rank position
1 to 6) or low rank positions (rank position 7 to 12) and additionally for pigs with
different individual rank positions (1 to 12). Dominant fattening pigs had less feeding
station visits, a longer stay at trough and a higher feed intake compared with the subdominant group-mates. The two pigs with the highest rank position of each group had
significantly less visits at the trough (842 ± 262) in the observation period than subdominant pigs (1,140 ± 442). Dominant pigs with the first three places in the social
hierarchy of the group had a longer stay at the feeding station (4.8 to 5.4 min on average;
subdominant pigs: 3.27 min) and in tendency a higher intake of feed (164 to 175 gram)
than subdominant pen-mates (105 to 120 gram). A phenotyping of the behaviour on the
basis of the computer-supported registered data is possible.
Keywords: Fattening pig, feed intake behaviour, rank order, daily gain, phenotyping
1 Einleitung
Nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung vom 1.10.2009 (Anonym,
2009) muss gemäß § 29 bei Fütterung zur freien Aufnahme für jeweils höchstens 4 Mastschweine eine Fressstelle vorhanden sein. Diese Forderung gilt allerdings nicht für die
Fütterung mit Breifutterautomaten. Dennoch ist zu beachten, dass mit zunehmendem
Tier-Fressplatz-Verhältnis die Trogauslastung zunimmt und möglicherweise keine vollständige Chancengleichheit bezüglich des Zugangs zum Futter zwischen ranghohen und
rangniederen Tieren besteht (Schäfer, 1999; Knoop, 2007; Hoy, 2009). Generell wird
das Futteraufnahmeverhalten von Mastschweinen an elektronischen Futterstationen
durch verschiedene Faktoren, wie Genotyp, Buchtengestaltung, Besatzdichte, Gruppengröße, Futterkonsistenz u. a., beeinflusst (De Haer und Merks, 1992; De Haer und
De Vries, 1993; Young und Lawrence, 1994; Felde, 1996; Hyun et al., 1997; Hall et al.,
1999; Baumung et al., 2006). Leiber-Schotte (2009) fand, dass ranghohe Eber an einer
ACEMO-Futter-Station die Futterautomaten am Tag häufiger besuchten, die Besuche
jedoch kürzer und die Futteraufnahme geringer als bei den rangniederen Gruppengefährten waren.
Die Stationsprüfung beim Schwein erfolgt nach der Richtlinie vom 4.9.2007 (Anonym,
2007). Danach ist die Prüfung in Großgruppen mit Abruffütterung ausdrücklich zugelassen,
wobei 12 Tiere an einer elektronischen Futterstation (Tier-Fressplatz-Verhältnis 12 : 1)
gefüttert werden. Das Ziel unserer Untersuchungen bestand darin, in ausgewählten Prüfgruppen die Rangordnung der Tiere zu bestimmen und deren Einfluss auf das Futteraufnahmeverhalten zu prüfen.
2 Material und Methoden
Die Untersuchungen fanden in der Prüfstation der Zucht- und Besamungsunion Hessen eG
(ZBH) statt. In die Analysen wurden in zwei Durchgängen 93 Tiere (weiblich = 85,
männlich = 8) aus 8 Gruppen (= Buchten) einbezogen, die aus unterschiedlichen Zuchtbetrieben kamen und den Rassen Deutsche Landrasse (DL: n = 8), Pietrain (Pi: n = 4),
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Sonja Schamun und S. Hoy
und Duroc (Du: n = 2) sowie den Kreuzungen aus Pietrain (Vater) mit JSR (n = 28),
SKS (Schulze-König-Sauen: n = 7), Hypor (n = 8), Dalland (n = 4) und Danlinie (n = 32)
angehörten. Die Prüftiere wurden als Absetzferkel im Alter von 4 bis 6 Wochen mit einer
Lebendmasse zwischen 6 und 10 kg angeliefert und zunächst in den Aufzuchtabteilen
aufgestallt. Fünf Wochen danach erfolgte die Umstallung in die Mastabteile (4 Buchten
zu je 12 Plätzen pro Abteil). Die Gruppengröße schwankte in Abhängigkeit von der
Anzahl angelieferter Ferkel zwischen 10 und 12 und war – wie auch die Zusammensetzung der Gruppe bezüglich Genotypen – von uns nicht zu beeinflussen. Die Buchten
hatten einen vollperforierten Boden. Die Lüftung erfolgte über die Unterdrucklüftung, so
dass das Stallklima gezielt gestaltet werden konnte. Pro Bucht wurde eine Beschäftigungsmöglichkeit für die Tiere angeboten. Futter und Wasser (Nippeltränke) standen ad
libitum zur Verfügung. Die Fütterung erfolgte mit einer elektronischen Abruffütterung
Compident Pig Mastleistungsprüfung (Fa. Schauer). Alle Tiere hatten einen Transponder
im Ohr, so dass jedes Tier bei jedem Futterstationsbesuch erkannt und bezüglich Aufenthaltsdauer und aufgenommener Futtermenge identifiziert werden konnte. Die Durchführung der Prüfung erfolgte nach der Richtlinie für die Stationsprüfung auf Mastleistung, Schlachtkörperwert und Fleischbeschaffenheit beim Schwein vom 4.9.2007
(Anonym, 2007). Das betrifft auch das eingesetzte Futter, das im Untersuchungszeitraum den Sollwerten der Richtlinie entsprach (Schamun, 2011).
Die 8 Gruppen wurden jeweils über 48 Stunden zu Mastbeginn, Mastmitte und Mastende mittels Infrarot-Videotechnik (Rohrmann und Hoy, 2004; Elkmann und Hoy,
2008) lückenlos observiert. Als Mastbeginn wurde ein Zeitpunkt eine Woche nach der
Umstallung vom Aufzucht- in das Mastabteil definiert. Mastmitte war nach unserer Festlegung 4 Wochen später und Mastende weitere 4 Wochen danach definiert. Es wurden
sämtliche agonistischen Interaktionen am Fressplatz der Futterstation in diesen Zeiträumen erfasst und in eine Sieger-Verlierer-Matrix (12 × 12-Matrix) eingetragen. Als Sieger
wurde dabei das Schwein in der Dyade definiert, das erfolgreich ein fressendes Tier verdrängte, um selbst den Futterplatz einzunehmen, oder den Verdrängungsversuch eines
anderen Gruppengefährten abwehrte und den Fressplatz damit behauptete. Als Verlierer
wird demzufolge das jeweils verdrängte Tier oder das Schwein kategorisiert, dem es
nicht gelang, ein anderes Schwein am Fressplatz zu verdrängen. Für jedes Einzeltier lässt
sich auf der Basis der Siege und Niederlagen der Rangindex nach folgender Formel
berechnen:
( S × PS ) – ( N × PN )
RI = -----------------------------------------------(S + N) × (n – 1)
mit S = Anzahl der Siege, N = Anzahl der Niederlagen, PS = Anzahl der Partner, gegen die
gewonnen, PN = Anzahl der Partner, gegen die verloren wurde und n = Anzahl der Tiere
in der Gruppe (Hoy, 2009). Der RI kann Werte von –1 bis +1 annehmen. In absteigender
Reihung der Rangindices RI wurden für die Rangpositionen Werte von 1 für den höchsten
Rangplatz in der Gruppe bis 10, 11 oder 12 für die jeweils niedrigste Rangposition
vergeben. Als ranghohe Tiere wurden Mastschweine mit den Rangpositionen 1 bis 6 (bzw.
5 in 10er-Gruppen) und als rangniedere Tiere solche mit den Rangpositionen 7 bis 12 (bzw.
6 bis 10 oder 11 in 10er- oder 11er-Gruppen) kategorisiert. Zuvor waren die individuellen
Rangpositionen für jedes Tier aus den 6 Werten für die 6 Beobachtungstage (je 2 × 24
Stunden zu Mastbeginn, -mitte und -ende) gemittelt worden, so dass die Rangposition ein
repräsentatives Ergebnis über den gesamten Mastabschnitt darstellt (Schamun, 2011).
In der Abrufstation Compident wird jeder Besuch jedes Tieres mit Futterabruf registriert, so dass auf dieser Basis für jeden Tag, für 48 Stunden oder für den gesamten
Prüfabschnitt die Anzahl der Stationsbesuche, die mittlere Aufenthaltsdauer an der Station
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Untersuchungen zum Futteraufnahmeverhalten von Mastschweinen
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pro Futterabruf und die mittlere Futtermenge pro Besuch berechnet werden kann. Im
vorliegenden Fall erfolgte die diesbezügliche Auswertung für die 48-Stunden-Zeiträume
und für den Zeitraum von Mastbeginn bis Mastende, in dem alle Tiere der Gruppe anwesend waren. Alle Stationsbesuche mit einer „Futteraufnahme unter 3 Gramm“ wurden
als Artefakte definiert und nicht in der weiteren Auswertung berücksichtigt.
Die statistische Bearbeitung erfolgte nach Prüfung auf Normalverteilung der Zielgrößen Futterstationsbesuche, Aufenthaltsdauer und Futtermenge je Stationsbesuch
(Kolmogorov-Smirnov-Test) mittels multipler Mittelwertvergleiche (einfaktorielle ANOVA
und Student-Newman-Keuls-Test) und univariater Varianzanalyse (IBM SPSS Statistics
Version 19).
3 Ergebnisse
Die Häufigkeit agonistischer Interaktionen (Verdrängung bzw. Behauptung des Platzes
an der Futterstation) nahm im Verlauf der Mast signifikant ab. Bezogen auf alle 8 Gruppen
und den jeweils 48-stündigen Beobachtungszeitraum reduzierte sich die Zahl agonistischer Interaktionen am Fressplatz von 1.594 (8,6 pro Tier und Tag) zu Mastbeginn auf
797 (4,3 je Tier und Tag) zu Mastende. Definitionsgemäß gehen aus einer eindeutig
beendeten agonistischen Interaktion immer ein Sieger und ein Verlierer hervor. Ranghohe Tiere verzeichneten erwartungsgemäß signifikant mehr Siege als rangniedere
Buchtengefährten, wobei auch diese Siege aufwiesen – vornehmlich gegen andere rangniedere Tiere der Gruppe (Abb. 1).
Bei der Auswertung der Daten zu den Futterstationsbesuchen fiel zunächst auf, dass
innerhalb jeder Gruppe große individuelle Unterschiede bezüglich der Anzahl der Stations-
Anzahl Siege
25
p < 0,05
p < 0,05
p < 0,05
20,64
20
16,42
15
13,85
10,56
10,47
10
6,79
5
0
Mastbeginn
Mastmitte
ranghoch
n = 46
Mastende
rangniedrig
47
Abb. 1. Anzahl der Siege in 48 Stunden in Abhängigkeit vom sozialen Rang und dem Mastabschnitt
Number of wins in 48 hours in dependence on social rank and fattening period
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Sonja Schamun und S. Hoy
besuche im gesamten Auswertungszeitraum, der mittleren Dauer eines Trogaufenthaltes
und der dabei aufgenommenen Futtermenge bestanden. Die Tiere mit den wenigsten Futterstationsbesuchen hatten die signifikant längste Trogaufenthaltsdauer und die statistisch
gesichert höchste abgerufene Futtermenge im Vergleich zu den Gruppenmitgliedern, die
am häufigsten zur Futterstation kamen, am kürzesten dort verweilten und die geringste
Futterportion fraßen. Für die 93 ausgewerteten Tiere sind die Mittelwerte zu Anzahl und
Dauer der Stationsbesuche sowie zur Futtermenge in Tabelle 1 zusammengefasst. Tiere,
die vergleichsweise selten im Untersuchungszeitraum zur Futterstation kamen (741-mal),
belegten den Fressplatz für 5,66 min im Mittel und nahmen 193 g Futter pro Besuch auf,
wohingegen Gruppengefährten, die nahezu doppelt so häufig die Station zum Fressen
aufsuchten (1.324-mal), durchschnittlich 3,33 min pro Besuch dort verweilten und dabei
108 g Futter verzehrten.
Somit war es naheliegend, den Zusammenhang zwischen der Rangposition der Tiere
und ihrem Futteraufnahmeverhalten zu prüfen. Für die 48-stündigen Videoauswertungszeiträume zu Mastbeginn, Mastmitte und Mastende wurden die Mittelwerte des Futteraufnahmeverhaltens für die ranghohen und rangniederen Tiere einander gegenübergestellt. Die Anzahl der Futterstationsbesuche nahm von Mastanfang zu Mastende hin
signifikant ab. Zu allen drei Zeitpunkten wiesen ranghohe Mastschweine weniger Stationsbesuche in 48 Stunden auf als die rangniederen Buchtengefährten, wobei die Differenz
von etwa 3,5 Besuchen annähernd gleich blieb (Abb. 2).
Die Trogaufenthaltsdauer pro Besuch wurde im Verlauf der Mast länger, wobei ranghohe Tiere stets längere Fresszeiten pro Stationsbesuch (Mastbeginn: 4,73 ± 3,4 min;
Mastende 5,44 ± 3,1 min) als rangniedere Mastschweine hatten (Mastbeginn: 3,72 ±
1,4 min; Mastende 4,79 ± 1,8 min) (Abb. 3). In Verbindung mit der längeren Trogverweildauer stieg von Beginn bis zum Ende der Prüfperiode die aufgenommene Futtermenge
statistisch gesichert an. Ranghohe Prüftiere nahmen zu Mastbeginn pro Stationsbesuch
22,4 Gramm mehr Futter als rangniedere Buchtengefährten auf. Zu Mastende hin verringerte sich der Wert auf 13,9 Gramm zugunsten der Tiere mit hohem Rang (Abb. 4).
In einem zweiten Bearbeitungsschritt wurden sämtliche Futterstationsbesuche im
Auswertungszeitraum der Prüfperiode aus den Daten der Compident-Station bezüglich
Trogaufenthalt und Futtermenge für die Mastschweine mit unterschiedlicher Rangposition berechnet. Die jeweils beiden ranghöchsten Tiere in den 8 Gruppen hatten mit 852
bzw. 832 Futterstationsbesuchen im Untersuchungszeitraum eine deutlich geringere
Futteraufnahmefrequenz als die rangniedrigsten Tiere (Plätze 10 bis 12 in den jeweiligen
Tab. 1. Deskriptive Statistik zur Charakterisierung der Futterstationsbesuche der 93 ausgewerteten
Prüftiere in 8 Buchten im jeweils selben Zeitraum
Descriptive statistics to characterize the feeding station visits of the 93 observed test animals
of the 8 groups in always the same period
Anzahl der Stationsbesuche
Selten
Mittel
Häufig
Signifikanz
741
957
1.324
Dauer des Trogaufenthaltes
(min)
Aufgenommene Futtermenge
(g) pro Besuch
5,66
3,93
3,33
193
140
108
p < 0,05
p < 0,05
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Untersuchungen zum Futteraufnahmeverhalten von Mastschweinen
Anzahl Stationsbesuche in 48 h
p < 0,05
40
p < 0,05
431
p < 0,05
37,19
35
33,76
32,98
30
28,44
25,83
25
22,44
20
15
10
Mastbeginn
Mastmitte
ranghoch
Mastende
rangniedrig
n = 46
47
Abb. 2. Anzahl Futterstationsbesuche in 48 Stunden in Abhängigkeit vom sozialen Rang und dem
Mastabschnitt
Number of feeding station visits in 48 hours in dependence on social rank and fattening period
Dauer je Stationsaufenthalt in min
p > 0,05
6
p > 0,05
p > 0,05
5,44
5,05
5
4,79
4,73
4,19
4
3,72
3
2
1
0
Mastbeginn
Mastmitte
ranghoch
n = 46
Mastende
rangniedrig
47
Abb. 3. Dauer je Futterstationsbesuch (bezogen auf je 48 Stunden) bei ranghohen und rangniederen
Tieren in den Mastabschnitten
Duration of feeding station visit (in 48 hours each) in pigs with high or low rank position in the
fattening periods
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Sonja Schamun und S. Hoy
Futtermenge in Gramm
300
p > 0,05
p > 0,05
p > 0,05
244
250
230,1
200
168
145
150
108,6
100
86,2
50
0
Mastbeginn
Mastmitte
ranghoch
n = 46
Mastende
rangniedrig
47
Abb. 4. Aufgenommene Futtermenge je Stationsbesuch (bezogen auf je 48 Stunden) bei ranghohen
und rangniederen Tieren in den Mastabschnitten
Feed intake per feeding station visit (in 48 hours each) in pigs with high or low rank position in
the fattening periods
Gruppen: 1.079 bis 1.254 Besuche). Im Mittel (842 ± 262 Besuche) unterschieden sich
die beiden ranghohen Tiere damit signifikant von Tieren mit den drei letzten Plätzen in
der Gruppe (1.140 ± 442 Besuche) (Abb. 5). Mastschweine mit den Plätzen 1 bis 3 in der
Rangordnung der jeweiligen Gruppe hatten im Mittel aller Futterstationsbesuche
(= Werte in Abb. 5) mit 4,43 bis 5,10 min eine deutlich längere Trogaufenthaltsdauer als
rangniedere Tiere, wobei die 8 Tiere mit Platzziffer 5 aus diesem Trend herausfallen (im
Mittel 3,27 min mittlere Besuchsdauer) (Abb. 6). Dominante Tiere auf den vorderen drei
Plätzen nahmen pro Stationsbesuch tendenziell mehr Futter (im Durchschnitt 164 bis
175 Gramm) als subdominante Gruppengefährten (im Mittel 105 bis 120 Gramm) auf.
Auch in diesem Parameter wichen Tiere mit den Rangpositionen 5 und 4 von dieser Tendenz ab (Abb. 7).
Angesichts der sich abzeichnenden oder signifikanten Einflüsse der Rangordnung
(ranghohe versus rangniedere Tiere) bzw. der individuellen Rangposition (1 bis 12) auf
das durch die Compident-Futterstation registrierte Futteraufnahmeverhalten wären Auswirkungen auf die Leistungen der Prüftiere zu erwarten gewesen. Zwischen ranghohen
und rangniederen Mastschweinen bestanden allerdings nur geringe und nicht signifikante Unterschiede bezüglich Prüftagszunahme, täglichem Futterverbrauch und Futterverwertung (Abb. 8). Die reinrassigen Prüftiere (DL = 6,63, Pi = 5,25, Du = 1,50) und die
Hybriden mit Pietrain-Ebern als Väter (Werte zwischen 4,63 und 7,86) unterschieden
sich deutlich in den mittleren Rangplätzen, wobei die große Anzahl der Genotypen und
die geringe Stichprobengröße pro Genetik zu beachten ist, jedoch durch die Untersucher
nicht zu beeinflussen war. Der Effekt des Genotyps überlagert dabei ganz offensichtlich
die möglichen Auswirkungen des Futteraufnahmeverhaltens auf die Prüfleistung (Tab. 2).
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Untersuchungen zum Futteraufnahmeverhalten von Mastschweinen
433
Anzahl Futterstationsbesuche
y = 22,399x + 892,74
2
R = 0,4407
1400
1204
1200
1013 1033
1026
1000
1081
970
1028
1254
1088
1079
852 832
800
600
400
200
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Rangpositionen
Abb. 5. Anzahl der Stationsbesuche im Auswertungszeitraum in Abhängigkeit vom sozialen Rang
Number of feeding station visits during the observation period in dependence on social rank
Mittlere Dauer eines Stationsbesuches in min
6
y = -0,1194x + 4,892
R2 = 0,5222
5,1
4,79
5
4,43
4,64
4,09 4,26 4,05
4,16
4
4
3,27
3,2
3,4
3
2
1
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Rangpositionen
Abb. 6. Aufenthaltsdauer je Futterstationsbesuch im Auswertungszeitraum in Zuordnung zum sozialen
Rang
Duration of stay at feeding station during the observation period in relation to social rank
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434
Sonja Schamun und S. Hoy
Mittlere Futtermenge pro Stationsbesuch in Gramm
y = -4,0734x + 169,23
R2 = 0,4805
200
180
168 164
175
160
150
135
140
143 146 148 143
120
116
120
105
100
80
60
40
20
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Rangpositionen
Abb. 7. Aufgenommene Futtermenge je Stationsbesuch im Auswertungszeitraum in Zuordnung
zum sozialen Rang
Feed intake per feeding station visit during the observation period in relation to social rank
2,5
2,23
2,37
2
2
2,05
1,5
1
0,904 0,872
0,5
0
Prüftagszunahme (g)
Futterverwertung
(kg/kg)
ranghoch
n = 46
Futteraufnahme
(kg/Tag)
rangniedrig
47
Abb. 8. Tägliche Zunahme, Futterverwertung und tägliche Futteraufnahme im Prüfzeitraum bei
Schweinen mit unterschiedlicher Rangposition
Daily gain, feed conversion rate and daily feed intake during test period in pigs with different
rank position
schamun_and_hoy.fm Seite 435 Freitag, 23. September 2011 5:57 17
Untersuchungen zum Futteraufnahmeverhalten von Mastschweinen
435
Tab. 2. Mittelwerte zum Futteraufnahmeverhalten und zu den Leistungen der verschiedenen Genotypen
Means of the feed intake behaviour and of the performance of the different genotypes
Genotyp
Mittlere
Rangposition
Du
Pi × Hyp
Pi
Pi × Dan
Pi × JSR
Pi × Dall
DL
Pi × SKS
1,5
4,6
5,3
6,0
6,2
6,5
6,6
7,9
Gesamt- PrüftagsAnzahl Dauer pro Futterzunahme
Stations- Stations- menge je
futter(g)
besuche
besuch Stations- verbrauch
(min)
besuch (g) in Prüfung
(kg)
509
1.300
873
1.001
1.044
932
1.088
907
5,70
3,21
4,41
4,87
3,89
4,54
4,04
4,32
247
102
160
166
126
146
163
147
171,99
193,61
170,25
196,82
203,66
193,35
220,67
191,31
1.013
840
834
953
830
901
881
845
Futterverwertung
(kg/kg)
2,05
2,33
2,09
2,20
2,39
2,24
2,25
2,27
4 Diskussion
Die Mastschweine besuchten zu Mastanfang 35,53-mal pro Tier in 48 Stunden die Station
und blieben pro Besuch 4,21 min dort. Für die 12 Tiere der Gruppe resultierte daraus
eine Gesamtaufenthaltsdauer von 29,9 Stunden in 2 Tagen (Trogauslastung = 62,3%).
Bei Mastende betrug die Besuchshäufigkeit pro Tier 24,19-mal in 2 Tagen mit einer mittleren Dauer pro Besuch von 5,10 min (Trogauslastung = 51,5% – Schamun, 2011), was
tendenziell den Ergebnissen von Hyun und Ellis (2002) entspricht.
Im Zusammenhang mit der geringer werdenden Trogauslastung nimmt auch die Anzahl
der Verdrängungen (= Siege) im Mastverlauf ab, worauf bereits Bornett et al. (2000)
hingewiesen hatten. Die Rangzahlen für die einzelnen Tiere an den verschiedenen
Untersuchungstagen (Mastbeginn, -mitte, -ende) schwankten zwar, dennoch bestanden
positive korrelative Beziehungen (r bis 0,61), was für eine relative Konstanz der Rangordnung innerhalb der Gruppe im Verlauf der Mast spricht (Schamun, 2011). Ranghohe
Mastschweine kamen seltener zum Fressen zum Trog, blieben dann länger dort und
nahmen eine größere Futtermenge auf als rangniedere Gruppenmitglieder. Bei generell
abnehmender Tendenz der Trogbesuche im Mastverlauf blieb dieser rangordnungsbezogene Unterschied erhalten. Subdominante Tiere werden häufiger vom Trog verdrängt
und müssen öfter zur Futteraufnahme kommen, um die benötigte Futtermenge abzurufen. Dies steht im Gegensatz zu den Ergebnissen von Leiber-Schotte (2009) an Jungebern. Ranghohe Eber hatten häufigere und kürzere Stationsbesuche mit geringerer
Futteraufnahme pro Tag als die rangniederen Buchtenmitglieder gezeigt. Baumung et al.
(2006) wiesen darauf hin, dass zwischen verschiedenen Rassen (z. B. Edelschwein,
Landrasse) durchaus Unterschiede in den Futteraufnahmestrategien bestehen können.
In dieser Untersuchung waren beim Edelschwein häufige Besuche in der Futterstation
mit kurzer Verweildauer und geringer Futterverzehrsrate charakteristisch, wohingegen
Landrassetiere zu weniger Besuchen mit höherer Verweildauer tendierten. Ranghohe
Tiere haben mehr Kampferfolge (Puppe et al., 1991) und sind demnach bei der Erlangung begrenzter Ressourcen im Vorteil, so dass bei einem Tier-Fressplatz-Verhältnis von
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Sonja Schamun und S. Hoy
12 : 1 Rangposition und Futteraufnahme in Beziehung stehen sollten (Erhard und
Schouten, 2001; Bouisson et al., 2001). Dennoch ließ sich in vorliegender Auswertung
kein Zusammenhang zwischen Rangposition, Futteraufnahme und Prüftagszunahme
nachweisen. Es traten starke Unterschiede in den täglichen Zunahmen im Mittel der Genotypen (zwischen 830 und 1.013 Gramm) zutage, die jedoch angesichts der geringen
Stichprobenumfänge und der hohen Streuungen in diesem Parameter nicht zu sichern
waren. Auch die Anwendung der univariaten Varianzanalyse mit den fixen Faktoren
Rangordnung und Genotyp ergab keinen signifikanten Einfluss auf die Prüftagszunahme.
Die Zusammensetzung der Mastgruppen hinsichtlich Genotyp und Lieferbetrieb war
durch uns nicht zu beeinflussen.
Ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 12 : 1 muss nach Jungbluth et al. (2005), Troxler
und Menke (2006) und Hoy (2009) als sehr weit eingestuft werden. Es konnte in der
vorliegenden Stichprobe zwar ein Einfluss der Rangordnung auf das Futteraufnahmeverhalten, nicht aber ein solcher auf die Ergebnisse der Leistungsprüfung nachgewiesen
werden. Rangniedere Schweine fraßen zwar pro Futterstationsbesuch eine geringere
Futtermenge (zu Mastende 230 im Vergleich zu 244 g), kompensierten über die größere
Zahl an Stationsbesuchen in 48 Stunden (25,83 vs. 22,44 – vgl. Abb. 2 und Abb. 4)
diesen Nachteil und hatten tendenziell sogar eine höhere Futteraufnahme als die ranghohen Buchtengefährten. Insofern ist nach den vorliegenden Untersuchungen einzuschätzen, dass trotz signifikanter Unterschiede im Futteraufnahmeverhalten zwischen
dominanten und subdominanten Prüftieren in der Gruppe offensichtlich bezüglich der
Leistungsbewertung Chancengleichheit für alle Probanden besteht. Die Zuordnung zu
den Kategorien „ranghoch“ oder „rangniedrig“ bzw. zu den einzelnen Rangpositionen
(1 bis 12 in 12-er Gruppen) erfolgte sehr aufwändig auf der Basis von 3 × 48 Stunden
Videoaufzeichnungen (mittels Infrarot-Videotechnik), der Auszählung sämtlicher agonistischer Interaktionen (Verdrängungen bzw. Verdrängungsversuche am Fressplatz)
„jeder gegen jeden“ in einer 12 × 12 Matrix und die Berechnung der Rangindices für
jeden Probanden.
Aus methodischer Sicht bestand ein Ansatz darin, die über die Compident-Station routinemäßig erfassten Daten zur Anzahl der Futterstationsbesuche, zur Dauer des Trogaufenthaltes und zur aufgenommenen Futtermenge im Sinne einer Phänotypisierung des
Futteraufnahmeverhaltens zur Charakterisierung ranghoher und rangniederer Tiere heranzuziehen. Dabei sind die deutlichsten Unterschiede in den Zielgrößen zwischen den
Tieren auf den vorderen 2 bis 3 Rangpositionen und den Gruppenmitgliedern auf den
letzten 2–3 Rangplätzen zu erwarten. Mit der vorliegenden Untersuchung konnte diese
Arbeitshypothese zumindest bezüglich der Anzahl der Stationsbesuche im Auswertungszeitraum nachgewiesen werden (signifikante Differenzen zwischen den beiden erstplatzierten und den drei letztplatzierten Probanden aller Gruppen). Bezüglich der mittleren
Dauer eines Futterstationsbesuches und der im Mittel abgerufenen und aufgenommenen
Futtermenge deutet sich dieser Zusammenhang zumindest an. Für die Ausreißer ist offenkundig der Effekt des Genotyps verantwortlich (vgl. Tab. 2). Für die künftigen Auswertungen kann auf der Grundlage der von der Compident-Futterstation erfassten Protokolle der Futterabrufe eine Kategorisierung der jeweils 25% (n = 3 in 12-er Gruppen)
Tiere mit den wenigsten oder häufigsten Stationsbesuchen, der längsten oder kürzesten
Besuchsdauer und der größten oder kleinsten Futtermenge in „ranghoch“ und „rangniedrig“ vorgenommen werden, um die Auswirkungen auf die Prüfleistungen an einer
größeren Zahl an Tieren mit möglichst einheitlicher Genetik zu prüfen. Über diese konkrete Anwendung hinaus kann die Futterabrufstation als Methode genutzt werden, um
computergestützt ohnehin erfasste und gespeicherte Daten zur Phänotypisierung des
Verhaltens (im vorliegenden Beispiel: Futteraufnahmeverhalten, Sozialverhalten) heranzuziehen und ggf. langfristig in züchterische Entscheidungen einzubinden.
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Untersuchungen zum Futteraufnahmeverhalten von Mastschweinen
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Danksagung
Diese Untersuchungen fanden im Rahmen des Kompetenznetzes der Agrar- und Ernährungsforschung PHÄNOMICS – Verbundprojekt 2: Phänotypisierung des Verhaltens –
statt. Dem Bundesministerium für Bildung und Forschung wird sehr herzlich für die
Unterstützung gedankt. Ebenso danken wir den Mitarbeitern der Zucht- und Besamungsunion e. G. Hessen (Geschäftsführer Dr. Jens Baltissen) und des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (Dr. Helmut Otto und Reiner Männl) für die Mitarbeit.
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