Thromboseprophylaxe als Supportive Care bei

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Thromboseprophylaxe als Supportive Care bei
Tumorpatienten
E. HILLER, MEDIZINISCHE KLINIK III, KLINIKUM GROSSHADERN, MÜNCHEN
Das Thromboserisiko von Tumorpatienten
wird durch eine Vielzahl von Risikofaktoren
bestimmt. Pathophysiologisch beruht die
erhöhte Thromboseneigung von Tumorpatienten unter anderem auf Gefäßalterationen, auf Veränderungen der Blutströmung
(Stase) und auf einer Hyperkoagulabilität
durch eine Aktivierung der Gerinnungskaskade. Die genannten Veränderungen entsprechen der Virchow´schen Trias. Was die
Hyperkoagulabilität anbelangt, kommt es bei
Tumorpatienten zu charakteristischen tumorbedingten Veränderungen des Hämostasesystems (Tab. 1), welche für die Thrombophilie bzw. erhöhte Thromboseneigung verantwortlich sind [Übersicht bei 9].
Tabelle 1: Mögliche Mechanismen der Aktivierung
des Hämostasesystems bei malignen Erkrankungen
• Interaktion zwischen Plättchen- und
Malignomzellen
• Interaktion zwischen Endothel- und
Malignomzellen
• Faktor-XII-Aktivierung
• Freisetzung von Gewebsthromboplastin
gastrointestinalen Tumoren mit einer Inzidenz
um 18% [16]. Die Zahl der Thrombosen, die
auf dem Sektionstisch entdeckt werden, ist
bei Tumorpatienten sehr viel höher und liegt
im Bereich von 50%. Dies zeigt, dass viele
Thrombosen bei Tumorpatienten gar nicht
entdeckt werden, oder aber auch, dass tiefe
Venenthrombosen und Lungenembolien
präfinal überhaupt erst entstehen.
Trotz der häufig nachweisbaren Veränderungen einer Reihe von Hämostasefaktoren gibt
es keine eindeutigen Parameter, die das Risiko
einer bevorstehenden tiefen Venenthrombose
oder Lungenembolie voraussagen lassen.
Entsprechende Studien bei Tumorpatienten
mit modernen Aktivierungsmarkern erbrachten unbefriedigende Ergebnisse von niedriger
Sensitivität und Spezifität [7, 12]. Da es nicht
möglich ist, auf Grund von Hämostaseparametern eine Voraussage zu treffen, welche
Krebspatienten mit großer Wahrscheinlichkeit
eine Thrombose erleiden, sollte bei Tumorpatienten mit bestimmten Risikokonstellationen generell eine Thromboseprophylaxe
betrieben werden. Die Risikokonstellationen
sind nachfolgend beschrieben.
• Direkte Faktor-X-Aktivierung
• Freisetzung fibrinolytischer und
antifibrinolytischer Substanzen
• Stimulierung des Makrophagen/
Monozytensystems
Die Inzidenz von
Thrombosen bei malignen Tumoren liegt
nach Angaben von verschiedenen Autoren in
der Größenordnung
von 15%.
18
Darüber hinaus kann der Tumor selbst durch
Kompression von großen venösen Gefäßen
die Entstehung von Thrombosen begünstigen. Innerhalb des ersten Jahres nach Diagnose einer „idiopathischen“ tiefen Venenthrombose oder Lungenembolie besteht für
die betroffenen Patienten ein deutlich erhöhtes Malignomrisiko [1, 17]. Die Inzidenz von
Thrombosen bei malignen Tumoren liegt nach
Angaben von verschiedenen Autoren in der
Größenordnung von 15%; die Inzidenz von
Thrombosen bei Bronchialkarzinomen beträgt
etwa 28%, gefolgt von Thrombosen bei den
Operative Eingriffe bei
Tumorpatienten
Operative Eingriffe und die dadurch bedingte
Immobilisation der Patienten stellen per se ein
deutlich erhöhtes Thromboserisiko dar und
sind unbestrittene Indikationen für eine medikamentöse Thromboseprophylaxe. Nach einer
Analyse des American College of Chest Physicians entwickeln Krebspatienten ohne Thromboseprophylaxe in 40 bis 80% der Fälle eine
Thrombose der Unterschenkelvenen und in
10 bis 20% eine proximale Venenthrombose
[3]. Für tödliche Lungenembolien ohne Thromboseprophylaxe bei Krebspatienten werden
Zahlen zwischen 1 und 5% angegeben.
Die hohen Thromboseraten bei operativen
Eingriffen von Tumorpatienten unterstreichen
die Notwendigkeit, obligat eine peri- und
postoperative medikamentöse Thromboseprophylaxe vorzuschreiben. Medikamente der
Wahl sind die niedermolekularen Heparine
(NMH), die nicht nur eine bessere voraussagbare Bioverfügbarkeit gegenüber unfraktioniertem Heparin (UFH) aufweisen, sondern
auch durch die längere Halbwertszeit von
praktischer Bedeutung sind. Da davon auszugehen ist, dass bei Tumorpatienten das
Thromboserisiko gegenüber Patienten ohne
Neoplasie bei vergleichbaren Eingriffen das
Zweifache beträgt, muss jeder Tumorpatient
als Hochrisikopatient angesehen werden. Dies
wird auch durch eine Studie unterstrichen, in
der die Wirksamkeit des NMH Dalteparin in
zwei unterschiedlichen Dosierungen, nämlich
2.500 bzw. 5.000 Anti-Xa-Einheiten, verglichen wurde [2]. Bei den Krebspatienten
betrug die Thromboembolierate 14,9% bei
einer Dosierung von 2.500 Einheiten versus
8,5% bei einer Dosierung von 5.000 Einheiten. Die höhere Dosierung des Dalteparins
führte nicht zu einem erhöhten Blutungsrisiko.
Bei sehr großen operativen Eingriffen wie
Tumorresektionen am Becken oder an den
Extremitäten besteht ein besonders hohes
Thromboserisiko; in solchen Fällen muss
daher vorgeschlagen werden, die für die
Hochrisikogruppe empfohlene NMH-Dosierung noch um etwa 50% zu überschreiten.
Somit wäre eine NMH-Dosierung von morgens 5.000 Anti-Xa-Einheiten und abends
2.500 Anti-Xa-Einheiten, z.B. Dalteparin,
erforderlich. Was die Dauer der HeparinProphylaxe bei chirurgischen Patienten anbelangt, wäre in Analogie zu großen orthopädischen Operationen (Hüft-, Knieprothese) zu
empfehlen, die Behandlung auf drei bis vier
Wochen auszudehnen. Zahlen aus Therapiestudien liegen zu dieser Fragestellung allerdings nicht vor.
Chemo- und Hormontherapie
Die hohen Thromboseraten bei operativen
Eine Vielzahl von Risikofaktoren führt bei
Tumorpatienten zu einem Zustand der Hyperkoagulabilität. Eine wichtige Rolle spielen
hierbei auch die Behandlungen mit zytostatischen Chemotherapeutika (Einzelsubstanzen
wie auch Kombinationen von Einzelsubstanzen), Hormonen, antihormonell wirksamen
Substanzen, die Strahlentherapie und die
Verabreichung von Wachstumsfaktoren. Das
Thromboserisiko nach Krebstherapie hängt
unter anderem auch von Interaktionen der
verabreichten Substanzen, vom Gewebetyp
und Stadium des Tumors und auch von anderen Risikofaktoren wie Alter, Operation und
Immobilisation ab.
Eingriffen von Tumor-
Die meisten Studien, die sich mit thromboembolischen Komplikationen unter Chemotherapie befassen, wurden mit MammakarzinomPatientinnen durchgeführt. Eine Untersuchung mit prä- und postmenopausalen
Patientinnen im Stadium II eines Mammakarzinoms, die entweder über zwölf oder 26
Wochen eine Polychemotherapie erhalten
hatten, ergab eine Gesamtthromboserate von
6,8% [10]. Die zusätzliche Gabe von Tamoxifen erhöhte offensichtlich die Thromboserate,
während die alleinige Einnahme von Tamoxifen nur bei 1,4% der Patientinnen zur tiefen
Venenthrombose führte [15].
Medikamente der Wahl
patienten unterstreichen die Notwendigkeit, obligat eine periund postoperative
medikamentöse
Thromboseprophylaxe
vorzuschreiben.
sind die niedermolekularen Heparine.
Die Thrombosen ereignen sich allerdings nur
während der Zeit der Chemotherapie und/oder Antiöstrogentherapie; nach Beendigung
der Therapie kommt es zu einer raschen
Reduktion der Thromboseraten. Bei Patientinnen im Stadium IV eines Mammakarzinoms
(metastasiertes Stadium) lag die Thromboserate unter Polychemotherapie bei 17% [6].
Sicher gibt es auch für andere metastasierte
Karzinome ähnlich hohe Thromboembolieraten wie beim Mammakarzinom; aus
Studien der Literatur liegen jedoch bisher
19
E. HILLER
wenig klare Zahlen vor. Bei Patientinnen mit
Ovarialkarzinom, die postoperativ chemotherapiert wurden, kam es in 17% der Fälle zu
einer Thromboembolie [19]. Interessant ist
eine Studie mit 311 Patientinnen mit Mammakarzinom im Stadium IV, die randomisiert
entweder mit sehr niedrig dosiertem Warfarin
(„very low-dose Warfarin“) oder mit einer
Plazebosubstanz behandelt wurden [11]. Die
Warfarin-Dosierung betrug 1 mg über sechs
Wochen, wobei eine durchschnittliche INR
von 1,5 (Schwankungen zwischen 1,3 und
1,9) angestrebt wurde. Thromboembolien
erlitten sieben Patientinnen in der Plazebogruppe, hingegen nur eine Patientin in der
Verumgruppe (p = 0,03). Das entspricht einer
relativen Risikoreduktion von 85%. Zu größeren Blutungen kam es bei zwei Patientinnen
in der Plazebogruppe und einer Patientin in
der Warfarin-Gruppe. Vergleichbare
Untersuchungen für andere Tumorentitäten
liegen allerdings nicht vor.
Unter diesen Umständen kann zum jetzigen
Zeitpunkt eine generelle
medikamentöse
Thromboseprophylaxe
nach Einleitung einer
Chemotherapie und
hormonellen Therapiemaßnahme nicht empfohlen werden.
20
Die Zahlen thromboembolischer Komplikationen unter Chemotherapie wie auch unter
Hormon- bzw. Antiöstrogentherapie liegen
deutlich niedriger als die entsprechenden
Zahlen nach operativen Eingriffen. Hinzu
kommt, dass der operative Eingriff in der
Regel einen Tag lang dauert und die nachfolgende Thromboembolieprophylaxe somit zeitlich begrenzt werden kann; die Chemo- oder
Hormontherapien erstrecken sich dagegen
über Wochen und Monate. Unter diesen
Umständen kann zum jetzigen Zeitpunkt eine
generelle medikamentöse Thromboseprophylaxe nach Einleitung einer Chemotherapie
und hormonellen Therapiemaßnahme nicht
empfohlen werden. Letztendlich sollte am
Einzelfall entschieden werden, ob bei einem
Patienten ein deutlich erhöhtes Thromboserisiko (z. B. Thrombose während vorangegangener Chemotherapie, spontane Thrombose,
zusätzliche Thrombophilie, Immobilisation)
vorliegt und daher auch eine längerfristige
Prophylaxe mit NMH über die Dauer der
Chemotherapie oder Hormontherapie durchgeführt werden sollte.
Strahlentherapie
Zur Thromboseinzidenz während und nach
Strahlentherapie gibt es außer einer älteren
Untersuchung, in der niedrig dosiertes UFH
zur Prophylaxe eingesetzt wurde [18], keine
publizierten größeren Studien. Grundsätzlich
muss empfohlen werden, Patienten mit
tumorösen Prozessen des kleinen Beckens
(Uteruskarzinom, Ovarialkarzinom, Sarkome,
Rektumkarzinom), die sich einer palliativen
Strahlentherapie unterziehen, prophylaktisch
mit NMH zu behandeln. Diese Patienten sind
insbesondere dann thromboemboliegefährdet, wenn der Tumor zur Kompression der
abführenden großen Beckenvenen führt oder
eine Immobilisation der Patienten vorliegt.
Portsysteme
Nach DE CICCO et al. sind subklinische
Veränderungen bei Portsystemen wesentlich
häufiger als klinisch apparente Komplikationen [5]. Untersuchungen seiner Arbeitsgruppe ergaben, dass in 60 bis 70% der Fälle
Fibrinablagerungen an der Spitze des
Portkatheters nachweisbar waren, während
klinisch manifeste Thrombosen nur in 5 bis
10% der Fälle auftraten. Die Determinanten
der Thromboseentstehung bei Portkathetern
sind das Kathetermaterial und der Durchmesser, die Kathetersysteme, die Liegedauer
sowie der Punktionsort und die Katheterlage.
Offensichtlich kommt es links häufiger als
rechts zu Katheterthrombosen.
Oft wird zur Portpflege das regelmäßige
Spülen sowie eine „Heparinplombe“ empfohlen; der Wert dieser Maßnahmen ist
jedoch durch Studien nicht gesichert. Hingegen scheint die Blutabnahme aus dem
Portreservoir das Thromboserisiko zu vergrößern. Falls die Blutentnahme unentbehrlich
ist, sollten mindestens 20 ml Spüllösung
nachfolgend in das Portsystem eingegeben
werden. Hochwertige Ports aus Titan sind
vorteilhafter als „preiswerte“ Ports aus
Kunststoff. Was den zentralvenösen Katheter
anbelangt, ist heute unumstritten, dass eine
Thromboseprophylaxe sinnvoll ist – sei es
durch die kontinuierliche intravenöse Gabe
von Heparin oder die prophylaktische Gabe
eines NMHs 1 x täglich. Nach einer Studie
von MONREAL et al. führte die Gabe von
2.500 Anti-Xa-Einheiten Dalteparin im
Vergleich zu Plazebo zu einem deutlichen
Vorteil in der Verumgruppe, so dass die
Studie abgebrochen werden musste [13].
Tabelle 2: Indikationen zu einer medikamentösen
Hingegen scheint die
Thromboseprophylaxe bei Portsystemen
Blutabnahme aus dem
Was die Portsysteme anbelangt, gibt es derzeit noch keine Ergebnisse aus randomisierten prospektiven Studien. In vielen Fällen
bleibt ein Port- wie auch ein HickmanKatheter bei vielen Patienten monatelang, in
Einzelfällen auch ein bis zwei Jahre lang,
ohne Thromboseprophylaxe offen. Die tägliche Heparin-Spritze würde die Patienten
beeinträchtigen und auch erhebliche Kosten
verursachen. Auf der anderen Seite ist es für
Patienten schmerzhaft und traumatisch, ein
thrombosiertes Portsystem operativ entfernen
und gegebenenfalls auf der kontralateralen
Seite ein neues Portsystem anlegen zu lassen.
Unter diesen Umständen kann derzeit nur
eine auf Erfahrung, aber nicht auf Studien
basierende Empfehlung gegeben werden, in
welchen Fällen eine medikamentöse Thromboseprophylaxe bei Portsystemen erforderlich
ist (Tab. 2).
Medikamente der Wahl sind hierbei NMH. Da
in diesen Fällen NMH über längere Zeiträume
gegeben wird, wäre es auch interessant, ob
dadurch möglicherweise das Überleben der
Patienten verlängert wird. Wie wir aus retrospektiven Analysen wissen, scheinen NMH
gegenüber UFH bei Tumorpatienten zu einer
Lebensverlängerung zu führen [8]. Dies wird
derzeit in mehreren randomisierten Studien
untersucht.
Portreservoir das
• Fortgeschrittene Krebsleiden mit hoher
Tumorlast
Thromboserisiko zu
vergrößern.
• Induktion einer Chemotherapie
• Venentoxische Medikamente wie z.B.
Carbamazepin (DTIC)
• Erhöhte Plättchenzahl
• Infektionen und Sepsis
• Thrombosierung eines Portsystems zu
früherem Zeitpunkt
• Zustand nach Wiedereröffnung eines
Portsystems (durch Lyse)
• Hereditäre Thrombophilie
In vielen Fällen bleibt
ein Port- wie auch ein
Hickman-Katheter bei
vielen Patienten monatelang, in Einzelfällen
auch ein bis zwei Jahre
lang, ohne Thromboseprophylaxe offen.
Sekundäre
Thromboseprophylaxe
Grundsätzlich können auch bei Tumorpatienten im Anschluss an akute thromboembolische Ereignisse orale Antikoagulanzien (z.B.
Phenprocoumon, Warfarin) eingesetzt werden. Dies gilt für alle Situationen, in denen
kein erhöhtes Blutungsrisiko zu erwarten ist,
z.B. nach kurativ durchgeführter Therapie,
nach Vollremission, aber auch im Stadium
der Metastasierung wie beispielsweise bei
Knochenmetastasen. Nun gibt es jedoch in
der Onkologie und Hämatologie Situationen,
in denen mit einem deutlich erhöhten
Blutungsrisiko zu rechnen ist.
21
E. HILLER
In den genannten
Situationen müssen die
Patienten individuell,
je nach Blutungsrisiko,
mit niedrig dosiertem
Heparin oder noch besser mit NMH behandelt
werden.
NMH stellen daher die
Alternative der Wahl
bei Tumorpatienten dar,
die aus Gründen des
Blutungsrisikos nicht
mit oralen Antikoagulanzien behandelt werden können.
So besteht z.B. bei einem exophytisch wachsenden intestinalen Tumor (Magenkarzinom,
Darmkarzinom) oder bei einem Blasenkarzinom ein deutlich erhöhtes Blutungsrisiko, das eine orale Antikoagulanzientherapie ausschließt. Eine orale Antikoagulanzientherapie ist auch dann kontraindiziert,
wenn chemotherapeutisch oder durch die
Grundkrankheit bedingt eine Thrombozytopenie vorliegt. Schließlich ist eine orale
Antikoagulation bei einer diffusen fortschreitenden Lebermetastasierung höchst problematisch; darüber hinaus muss man in solchen
Fällen von einer beschränkten Lebenserwartung ausgehen.
In den genannten Situationen müssen die
Patienten individuell, je nach Blutungsrisiko,
mit niedrig dosiertem Heparin oder noch besser mit NMH behandelt werden, wobei die
Medikamente eher in einer prophylaktischen
als in einer therapeutischen Dosierung eingesetzt werden sollten. Die Behandlung mit
NMH hat den Vorteil, dass das Medikament
nur einmal täglich injiziert werden muss, die
Bioverfügbarkeit besser und die Inzidenz
Heparin-induzierter Thrombozytopenien deutlich niedriger ist als unter UFH. Patienten mit
den beschriebenen Problemen können über
Wochen oder gegebenenfalls auch über
Monate mit NMH behandelt werden. In einigen Studien, in denen die Wirksamkeit von
Cumarin-Derivaten mit der von längerfristig
gegebenem, niedrig dosiertem NMH verglichen wurde, war die Rezidivrate nahezu
identisch, jedoch die Blutungsrate bei den
Heparin-behandelten Patienten deutlich niedriger.
PINI et al. verglichen in ihrer Studie Enoxaparin mit Warfarin über den Zeitraum von drei
Monaten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, eine
Rezidivthrombose zu verhüten [14]. Initial
bekamen die 187 Studienpatienten die volle
therapeutische Dosis von UFH über zehn
22
Tage. Nachfolgend wurde randomisiert eine
Gruppe mit 1 x täglich 40 mg Enoxaparin s.c.
behandelt; die andere Gruppe erhielt
Warfarin (Ziel-INR 2,0 – 3,5). Die mittlere INR
lag bei 2,7. Nach der dreimonatigen
Behandlungszeit kam es bei sechs der NMHPatienten und bei vier der Warfarin-Patienten
zu einem Thromboserezidiv. Blutungen hatten
vier der Enoxaparin-, aber zwölf der WarfarinPatienten.
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ähnliche Studie durch [4]. Nach initialer
Therapie mit UFH in therapeutischer Dosierung über zehn Tage wurden 107 Patienten
in einer offenen prospektiven Studie in zwei
Behandlungsarme randomisiert. Während die
eine Hälfte der Patienten 5.000 Anti-XaEinheiten des NMH Dalteparin erhielt, wurde
die andere Hälfte standardmäßig mit Warfarin
behandelt. Zu Rezidiven kam es in der NMHGruppe bei drei Patienten und in der Warfarin-Gruppe bei einem Patienten. Blutungen
traten bei keinem der NMH-behandelten
Patienten und bei fünf Patienten in der
Warfarin-Gruppe auf. Sowohl die Studie von
PINI als auch die von DAS zeigen also, dass
nach kurzfristig therapeutischer Heparinisierung niedrig dosiertes NMH einer therapeutisch wirksamen oralen Antikoagulanzientherapie nahezu ebenbürtig ist. Eine subkutane sekundäre Thromboseprophylaxe mit NMH
kann bei gegebener Indikation über Wochen
oder sogar Jahre durchgeführt werden: So
wurden beispielsweise in einer Studie vier
Patienten mit ausgedehnten tumorbedingten
Thrombosen über 5, 6, 26 und 27 Monate
mit 2 x täglich 30 mg Enoxaparin subkutan
behandelt, ohne dass es im Behandlungszeitraum zu einem Rezidiv gekommen wäre
[20]. NMH stellen daher die Alternative der
Wahl bei Tumorpatienten dar, die aus
Gründen des Blutungsrisikos nicht mit oralen
Antikoagulanzien behandelt werden können.
Prof. Dr. med. E. Hiller
Medizinische Klinik III
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D – 81377 München
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