Programmheft - spielzeit 13/14

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MENDELSSOHN
BARTHOLDY
SUK
5. SINFONIEKONZERT
13/14
Wir machen darauf aufmerksam, dass Ton- und/oder Bildaufnahmen unserer
Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind.
Zuwiderhandlungen sind nach dem Urheberrechtsgesetz strafbar.
Mendelssohn Bartholdy Suk
5. SINFONIEKONZERT
Felix Mendelssohn Bartholdy Violinkonzert e-Moll op. 64
(1809 – 1847)
I. Allegro molto appassionato
II. Andante
III. Allegretto non troppo – Allegro molto vivace
27’
– Pause –
Josef Suk (1874 – 1935)
Sinfonie c-Moll „Asrael” op. 27
Dem Andenken Antonín Dvořáks
und seiner Tochter, meiner Gattin Ottilie
I.
II.
III.
IV.
V.
Andante sostenuto
Andante
Vivace
Adagio
Adagio e maestoso
Chloë Hanslip Violine
Tomáš Hanus Dirigent
BADISCHE STAATSKAPELLE
9.3.14 11.00 GROSSES HAUS
10.3.14 20.00 GROSSES HAUS
Dauer ca. 2 Stunden, Einführung jeweils 45 Minuten vor Beginn
60’
ENGELS-
MUSIK
Ohne einschneidende persönliche Erlebnisse des jeweiligen Komponisten sähe
die Gestalt der beiden Werke des heutigen
Konzerts völlig anders aus; Mendelssohns
Violinkonzert e-Moll gäbe es womöglich
gar nicht. Beide Male markiert der Tod
eines nahestehenden Menschen den entscheidenden Impuls für das Werk. Beim
Begräbnis seines Vaters im November
1835 traf Felix Mendelssohn Bartholdy den
Geiger Ferdinand David wieder, der als
Waisenkind in seiner Familie aufgewachsen war. Erst wenige Monate zuvor war
Mendelssohn der Berufung nach Leipzig
zum Leiter der Gewandhauskonzerte gefolgt, wohin er nun David als Konzertmeister holte. Einige Jahre später versprach er
ihm ein Solokonzert, das dann bis 1844 auf
sich warten ließ, aber seitdem weltweit die
Konzertsäle füllt. Der tschechische Komponist Josef Suk widmete sich 1904 nach dem
Tod seines Lehrers und Schwiegervaters
Antonín Dvořák einer Sinfonie, als seine
Frau Otilie, genannt Otilka, mit gerade ein2
mal 27 Jahren starb. So wurde Suks große
Sinfonie zu einem doppelten Requiem, dem
er den Namen Asrael gab. Als Engel ist
diese Figur in verschiedenen Religionen zu
finden, im Islam führt er die gestorbenen
Seelen zu Gott.
Musikalisch verbinden die beiden Werke
die Solo-Violine und das Changieren der
Tonarten zwischen Dur und Moll. Innerhalb
des Rahmens dreier Sätze in e-Moll, C-Dur
und E-Dur verschleiert Mendelssohn immer
wieder die harmonischen Richtungen. Suks
Asrael beginnt in düsterem c-Moll und
verhallt in stillem C-Dur. „Weißt du, was ich
durchmachen musste, bis ich dieses letzte
C-Dur erreichte?“, schrieb der Komponist
nach der Vollendung einem Freund. Suk
meinte hier sicherlich die komplexen inhaltlichen Prozesse seiner Sinfonie, bildet
das finale C-Dur doch einen Ausdruck des
innigen Friedens. Vergleiche zu Ludwig
van Beethovens Fünfter Sinfonie, die den
Beinamen „Schicksalssinfonie“ erhielt, und
Felix Mendelssohn Bartholdy
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Johannes Brahms‘ Erster Sinfonie, die beide dem Verlauf von c-Moll zu C-Dur folgen,
liegen nahe. Derartig inhaltlich aufgeladen
ist Mendelssohns Andante in C-Dur sicher
nicht zu sehen; eine friedvolle Stimmung
liegt dem Satz dennoch zugrunde, die an
Christian Friedrich Daniel Schubarts 1784
getroffene Beschreibung eines „ganz
rein[en]“ Charakters dieser Tonart erinnert.
Felix Mendelssohn Bartholdy
Violinkonzert e-Moll op. 64
Mag die Tonartencharakterisierung des
Schriftstellers und Musikers Schubart
zutreffen, an anderen Stellen seines Violinkonzerts weicht Mendelssohn ganz offensichtlich von der Konvention ab. Er verzichtet auf die orchestrale Einleitung zu Beginn
des Konzerts und lässt die Solostimme
bereits ab dem zweiten Takt das elegisch
anmutende Thema exponieren. Die Kadenz
der Solo-Violine steht nicht – wie bis dato
üblich – zwischen der Reprise und der Coda
im ersten Satz, sondern als Höhepunkt
der Durchführung vor der Reprise. Zudem
schreibt Mendelssohn „Cadenza ad libitum“ in die Partitur – wohl kaum ein Solist
wird auf die Kadenz verzichten wollen, von
der Komposition her wäre es aber möglich.
Schließlich gehen die drei Sätze ineinander
über und stellen so einen geschlossenen
Zusammenhang her. Am Ende des ersten
Satzes klingt der Ton h des Fagotts in das
folgende Andante hinüber, das erst nach
Modulationen die Haupttonart C-Dur erreicht. Vor dem dritten Satz fügt Mendelssohn sogar ein überleitendes Allegretto non
troppo ein, ehe das abschließende RondoThema vorgestellt wird.
Der lange Gärungsprozess des Werks
mag diese Neuerungen in einen Rahmen
gebracht haben, der das Publikum bei der
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Uraufführung am 13. März 1845 unter der
Leitung des dänischen Komponisten Niels
Wilhelm Gade im Leipziger Gewandhaus
nicht verschreckte. Außerdem hatte Mendelssohn die Anmerkungen seines Solisten
sehr beachtet und in intensiver Korrespondenz mit dem Verlag Breitkopf & Härtel
deren Berücksichtigung im Erstdruck verfolgt. Der Geiger Ferdinand David versprach
dem Komponisten nach der Fertigstellung,
„es so einzuüben, dass sich die Engel im
Himmel freuen sollen.“
Die beiden vertrauten sich seit der Kindheit.
Nach dem frühen Tod von Ferdinands Eltern
übernahm Felix’ Vater, Abraham Mendelssohn, der Sohn des Philosophen Moses
Mendelssohn, die Vormundschaft. Komponist und Geiger wuchsen im selben Haus
auf und erprobten schon bei Mendelssohns
frühreifen Werken die Kooperation. Der
Gedanke an ein Solokonzert verwundert
daher nicht, zumal die beiden in Leipzig
zusammenarbeiteten, als Mendelssohn
1838 in einem Brief schrieb: „Ich hab mirs
die Zeit über hier ausgedacht, dass es doch
eigentlich gar zu schön ist, dass wir beide
zusammengekommen sind [...] als ich aber
weiter dachte, fand ich heraus, dass es
doch nicht viel solche Musiker giebt, wie
Du bist und dass ich mir am Ende doch
keinen zweiten ausdenken könnte, mit
dem ich so einig wäre in der Kunst [...] an
dessen Thun und Treiben ich solch innige
Freude haben könnte, wie an dem Deinigen.
Ich möchte Dir wohl auch ein Violinkonzert
machen für nächsten Winter; eins in e-moll
steckt mir im Kopfe; dessen Anfang mir
keine Ruhe lässt.“
Der nächste Winter verging ohne Violinkonzert, im folgenden Sommer verkündete
Mendelssohn die „allergrößte Lust“ auf
diese Komposition: „Ein paar gutgelaunte
Tage, so bringe ich Dir etwas der Art mit.“
Den Grund für den abermaligen Aufschub
um mehrere Jahre nahm der Komponist
gleich vorweg, der Schatten von Beethovens epochalem Violinkonzert D-Dur mag
eine Rolle gespielt haben: „Aber leicht ist
die Aufgabe freilich nicht; brillant willst Du’s
haben, und wie fängt unsereins das an?
Das ganze erste Solo soll aus dem hohen
E bestehen.“ Diese Idee wurde nicht realisiert, das hohe E ist erst am Höhepunkt der
Durchführung zu hören, dem das gesamte
Orchester mit Tremoli und Trillern im Fortissimo antwortet.
Umso wirkungsvoller klingt dann das innige
erste Thema des Andante, das nur von zarten Streichern begleitet wird. Erst allmählich mischen sich Holzbläser und schließlich Blechbläser und Pauke dazu. Wie eines
von Mendelssohns Liedern ohne Worte
singt die Solo-Violine eine mollgefärbte
Melodie. Pittoresk mutet dann der Finalsatz
an, immer wieder erinnern die Figuren der
Holzbläser an die SommernachtstraumMusik, die ihm das Attribut der „Elfenmusik“ einbrachte. Solche Wörter trafen nach
Mendelssohns Einschätzung wohl kaum
den Kern der Musik. In einem Brief an
Marc-André Souchay beschäftigte sich der
Komponist 1842 mit der Frage nach Musik
und Sprache: „Es wird so viel über Musik
gesprochen und so wenig gesagt. Ich glaube überhaupt, die Worte reichen nicht hin
dazu, und fände ich, dass sie hinreichten,
so würde ich am Ende gar keine Musik
mehr machen. Die Leute beklagen sich gewöhnlich, die Musik sei so vieldeutig; es sei
so zweifelhaft, was sie sich dabei zu denken hätten, und die Worte verstände doch
ein jeder. Mir geht es gerade umgekehrt.
[...] Das, was mir eine Musik ausspricht,
die ich liebe, sind mir nicht zu unbestimmte
Gedanken, sondern zu bestimmte.“
Josef Suk
Sinfonie c-Moll „Asrael” op. 27
Sein kompositorisches Handwerk erlernte
der 1874 im böhmischen Křečovice geborene Josef Suk bei keinem geringerem
als Antonín Dvořák, der 1891 die Professur für Komposition und Instrumentation
am Prager Konservatorium übernommen
hatte. Obwohl Dvořák als launisch und
wechselhaft in seinen Beurteilungen beschrieben wird, bekam Suk von ihm die
entscheidenden Impulse für sein Schaffen.
Künstlerische Originalität war ein wichtiges Kriterium, wie aus Suks Erinnerung an
Dvořáks Worte im Unterricht hervorgeht:
„Etwas Ähnliches habe ich schon gehört;
suchen Sie und denken Sie nach“. Suk
beendete sein Studium 1892 mit der Dramatischen Ouvertüre op. 4 und prägte in den
folgenden Jahren seinen eigenen Stil, was
mit der Beschäftigung mit der Musik Gustav Mahlers, Richard Strauss’ und Claude
Debussys einherging. Die Suite Pohádka
aus der Bühnenmusik zu Julius Zeyers
Schauspiel Radúz und Mahulena (1897/98),
deren Liebesmelodie in der Symphonischen
Dichtung Praga (1904) wiederkehrt, die
Fantasie g-Moll für Violine und Orchester
und das Fantastische Scherzo für großes
Orchester zeugen von Suks artifizieller Polyphonie, seiner komplexen Harmonik und
Ausdrucksvielfalt, die das Fantastische,
Tänzerische, Humorvolle und Lyrische einschließt. Außerdem machte sich Suk als
jahrelanger Geiger im berühmten Böhmischen Streichquartett einen Namen.
Der Lehrer Dvořák war zu einem Freund
geworden, dessen Tochter Otilie, die auf
die im Tschechischen übliche Endung
hörte und Otilka genannt wurde, Suk 1898
heiratete, exakt am Tag der Silberhochzeit Dvořáks und seiner Frau. 1904 und im
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darauffolgenden Jahr verlor Suk zunächst
den Schwiegervater und dann die Gattin,
die mit 27 Jahren einem Herzleiden erlag.
„Ein solcher Schlag vernichtet den Menschen entweder oder treibt alle Kraft an
die Oberfläche, die in ihm ruht. Mich schien
das Erste zu treffen, aber die Musik rettete
mich“, erinnerte sich Suk später. Er führte
die Arbeit an seinem sinfonischen Unternehmen fort, womit er Dvořák gedenken
wollte. Drei Sätze waren komponiert, ein
vierter und ein Finalsatz entworfen. Nach
Otilkas Tod verwarf er diese Entwürfe und
schrieb zwei neue Sätze.
Die Sinfonie beginnt in der Stille. Im ersten
und zweiten Takt erklingen lediglich je einmal der Ton c, geschlagen von der Pauke
und gezupft vom Kontrabass. Die tiefen
Instrumente Bassklarinette, Bratsche, Violoncello und Kontrabass stellen ein Motiv
vor, das schon in den nächsten Takten
abgewandelt wird, durch die Instrumente
wandert und zu einer Art Keimzelle der
Sinfonie wird. Suk lässt das Orchester bis
zu einem ersten Höhepunkt anschwellen,
von dem nur ein Paukenwirbel übrigbleibt,
der in einem Crescendo von Pianissimo zum
dreifachen Forte die Aufmerksamkeit herausfordert. Hätte die kleine Trommel gewirbelt, käme im Zirkus nun das atemraubende
Kunststück; hier war es die dunkle Pauke,
die das bedeutendste Motiv der Sinfonie
ankündigt: Unisono im Fortissimo spielen
die Streicher das sogenannte Schicksalsmotiv, das die Bläser mit kurzen Einwürfen
bestätigen. Aus der Keimzelle des Anfangs
stammend, wird es sich durch das gesamte
Werk ziehen und in verschiedenen Instrumenten und Ausdrucksweisen auftauchen.
In der Mitte des ersten Satzes lässt Suk ein
weiteres Mal aufhorchen: „Perdendosi“
und „morendo“ – zwei häufige Vortragsbezeichnungen in der Partitur – verliert sich
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die Musik in der Stille, um eine weitere
Besonderheit anzukündigen. „Sempre molto tranquillo“ und „espressivo“ erhebt sich
die zarte Melodie des Englischhorns – eine
Verneigung des Komponisten vor seinem
Lehrer und Schwiegervater? In dessen
Neunter Sinfonie ist eine der bekanntesten
Stellen für dieses eigenwillig entrückt klingende Instrument zu hören. Begleitet vom
Fagott verhallt der Klang des Englischhorns,
schnellen die hohen Streicher in einer
Skala nach oben und machen Platz für
das erneut auftauchende Schicksalsmotiv,
diesmal „misterioso“ von der Tuba gespielt,
nur begleitet vom umgekehrten Motiv der
tremolierenden Geigen. Etwas später kehrt
das Motiv wieder, diesmal fortissimo vom
gesamten Orchester gespielt. Und am Ende
des Satzes verstärkt Suk dieses Motiv
durch hämmernde Schläge der großen
Trommel. Doch nicht in aufwühlender Lautstärke endet dieser Satz, vielmehr verklingt
die Musik erneut „perdendosi“ – übrig
bleibt ein leeres C als Paukenwirbel und
gestrichener Ton der Celli und Kontrabässe,
fast wie im Anfang.
Der zweite Satz wird vom ausgehaltenen hohen Orgelpunkt auf dem Ton des
dominiert. Suk war der Eindruck eines
durchgehenden Legato sehr wichtig, weshalb er in der Partitur den Musikern sogar
vorschreibt, auf keinen Fall gleichzeitig zu
atmen, um den kontinuierlichen Klang nicht
zu unterbrechen. Die gedämpften Geigen
spielen quasi ein übermäßiges Seufzermotiv und tragen so zum insgesamt klagenden
Charakter dieses Satzes bei.
Lebhaft beginnt der dritte Satz, dessen
tänzerische Elemente aber eher auf der
Stelle treten als sich wirklich zu bewegen,
spukhaft ist die Atmosphäre. Wieder lässt
Suk in der Mitte des Satzes die Musik sich
Josef Suk
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verlieren, mehrere Generalpausen folgen
aufeinander. Die neu etablierte Tonart
H-Dur hält genau eine halbe Note an und
rutscht dann in die parallele Tonart g-Moll.
Wie schon im ersten Satz beansprucht Suk
mit dieser perdendosi-Stelle die Aufmerksamkeit besonders: Die Solo-Violine tritt
hervor, aber nicht als Teufelsgeiger, wie
es in diesem Zusammenhang zu vermuten
wäre, sondern „er tröstet, er beschwichtigt,
er umschmeichelt – auf einmal befinden wir
uns in der Stimmung aus Radúz und Mahulena, schreibt der Musikwissenschaftler
Eckhardt van den Hoogen. Dieses Liebesdrama führt in die Katastrophe, denn kurze
Zeit später ist das Todesmotiv aus Suks
Schauspielmusik zu hören. Verstanden werden kann es aus sich heraus: Die gedämpften Hörner spielen hintereinander eine aufsteigende und fallende übermäßige Quarte,
jenes Tritonus-Intervall, das als „diabolus
in musica“ jahrhundertelang von den Komponisten nur an sehr expliziten Stellen des
Schreckens eingesetzt wurde. Kaum ein
Zweifel, dass Suk hier den Schmerz über
Dvořáks Tod in Noten gesetzt hat.
Für die tschechische Bevölkerung erhielt
diese Tonfolge später eine besondere
Bedeutung, wie Hans-Klaus Jungheinrich
erklärt: „Diese Melodie war 1937 mehrfach
vom Prager Rundfunk auch als Trauermusik
für den verstorbenen [ersten Staatspräsidenten] Tomáš G. Masaryk ausgestrahlt
worden und wurde in den Jahren der Okkupation als eine Chiffre des nationalkulturellen tschechischen Widerstandes allgemein
verstanden.“ In Suks Sinfonie beginnt nun
ein gespenstischer Totentanz, in dem die
Schläge der großen Trommel wiederkehren.
Der Satz endet in lautem c-Moll, darauf soll
laut Partitur eine lange Pause folgen, als
wolle der Komponist nach den drei Sätzen
im Gedenken Dvořáks eine Zäsur setzen.
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Die beiden letzten Sätze, die Suk nach
Otilies Tod neu schrieb, beginnen mit einer
leidenschaftlichen Streicherpassage in As,
jene Tonart, in der sich bei Richard Wagner
Tristan und Isolde im zweiten Akt ihre Liebe
in der ewigen Nacht, bestimmt aber nicht
im Diesseits versichern. Die Solo-Violine
bekommt auch im vierten Satz ausgedehnte
Passagen, die van den Hoogen mit folgender Frage betrachtet: „Könnte Suk selbst
zum Asrael dieser großen Tragödie geworden sein oder sich als solcher verstanden
haben? Er, der da sieht, wie um ihn her
geliebte Menschen sterben, und der selbst
nichts anderes tun kann als sie zur Ruhe
zu betten – sollte das die (zumindest zeitweilige) Rolle gewesen sein, die er glaubte
spielen zu müssen?“
Mit markanten Paukenschlägen beginnt der
fünfte Satz, die melodisch an das Todesmotiv angelehnt sind, das die Pauke wenige
Takte später fortissimo wiederholt. Klang
der Tod im dritten Satz noch gedämpft in
den Hörnern, pocht er nun lautstark. Zu
einem wahrhaften Höllenritt wird der folgende Satz, jaulend die Solo-Klarinette,
donnernd Pauke und Große Trommel. Doch
dann wird das Schicksalsmotiv besänftigt
und in zartem C-Dur von den Blechbläsern
vorgetragen, friedlich endet die Sinfonie.
Ohne große Verklärungsgeste, wie sie Richard Strauss geschrieben hätte, eher in
sich ruhend. In einem Frieden, wie er am
Ende von Dvořáks Oper Rusalka zu hören
ist, wenn die Bläser das Jägermotiv, mit
dem die triebhafte Welt des Prinzen die verletzliche Seejungfrau im ersten Akt eroberte, im choralartigen Ton vortragen wird. Der
erlittene Schmerz ist nicht vergessen, doch
ein Engel hat ihn aus dem Körper gelöst.
Olaf A. Schmitt
Josef Suk mit Ehefrau Otilie
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Chloë Hanslip
VIOLINE
Chloë Hanslip, geboren 1987, gab bereits
2002 ihr Debüt bei den BBC Proms, das
USA Debüt folgte ein Jahr später. Seit
dieser Zeit ist sie gern gesehener Gast in
den internationalen großen Häusern, u. a.
in der Royal Festival Hall und der Wigmore
Hall, dem Musikverein Wien, der Laeizhalle
Hamburg, dem Pariser Louvre, der Carnegie
Hall in New York oder der Eremitage in St.
Petersburg. Als Solistin spielte sie mit dem
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Philharmonia Orchestra, dem
Royal Philharmonic Orchestra, dem City of
Birmingham Symphony, dem London Philharmonic sowie den Symphonieorchestern in
Detroit, Houston, Singapur und Tokio. Sie hat
bereits mit Dirigenten wie Mariss Jansons,
Sir Andrew Davis, Charles Dutoit, Leonard
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Slatkin, Michail Jurowski oder Jeffrey Tate
musiziert. Ihre erste CD bei Hyperion mit
den Vieuxtemps Violinkonzerten erschien
2012 und wurde von der Kritik hochgelobt,
die Aufnahme mit Bruchs Violinkonzert und
dem London Symphony Orchestra wurde
mit dem Echo Klassik in der Kategorie „Best
Newcomer“ und „Young British Classical
Performer“ belohnt. Als begeisterte Kammermusikerin arbeitet Hanslip regelmässig
u. a. mit Steven Isserlis und Gerhard Schultz.
In dieser Saison ist sie Kuratorin der International Chamber Music in Leeds, wo sie eine
Serie Amerikanischer Musik einführt. Sie
studierte bei Zakhar Bron und arbeitete mit
Christian Tetzlaff, Robert Masters, Ida Haendel und Salvatore Accardo. Chloë Hanslip
spielt eine 1737 Guarneri del Gesù.
Tomáš Hanus
Dirigent
Der 1970 geborene Tscheche Tomáš Hanus studierte bei Jiří Bĕlohlávek an der
Janáček-Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Brünn. Nach seinem Gewinn
des Dirigentenwettbewerbs von Kattowitz
1999 startete er eine beeindruckende internationale Karriere. Seit seinem Debüt
am Nationaltheater Prag im Jahr 2001 ist er
regelmäßig dort zu Gast, 2007 – 2009 war
er Musikdirektor des Nationaltheaters in
seiner Heimatstadt Brünn. Weitere Opernengagements führten und führen ihn u. a.
mehrfach an die polnische und finnische
Nationaloper, an die Opéra national de
Paris und an die Dresdner Semperoper.
Mehrfach war er zu Gast an der Bayerischen Staatsoper, wo er neben Akademiekonzerten die Premieren von Dvóřaks
Rusalka sowie Humperdincks Hänsel und
Gretel leitete. Am Theater Basel dirigierte
er die Uraufführung von Lorenzo Scartazzinis Der Sandmann, gastierte an der
Deutschen Oper Berlin sowie an die Opera
de Lyon, jeweils mit Janáčeks Schlauem
Füchslein. Auch im Konzertbereich ist
Tomáš Hanus sehr erfolgreich, hier leitete
er neben anderen das Prager Rundfunkorchester, das BBC Symphony Orchestra, die
Tschechische Philharmonie, das Pariser
Ensemble Intercontemporain, die Camerata
Salzburg und das Staatsorchester Stuttgart. Zukünftige Engagements führen an die
Königliche Dänische Oper, das Gran Teatre
del Liceu in Barcelona, das Teatro Real
Madrid sowie zu Konzerten mit dem Russischen Nationalorchester.
11
die
badische
staatskapelle
Als sechstältestes Orchester der Welt kann
die BADISCHE STAATSKAPELLE auf eine
überaus reiche und gleichzeitig gegenwärtige Tradition zurückblicken. 1662 als
Hofkapelle des damals noch in Durlach residierenden badischen Fürstenhofes gegründet, entwickelte sich aus dieser Keimzelle
ein Klangkörper mit großer nationaler und
internationaler Ausstrahlung. Berühmte
Hofkapellmeister wie Franz Danzi, Hermann
Levi, Otto Dessoff und Felix Mottl leiteten
zahlreiche Ur- und Erstaufführungen, z. B.
von Hector Berlioz, Johannes Brahms und
Béla Bartók, und machten Karlsruhe zu
einem der Zentren des Musiklebens. Neben
Brahms standen Richard Wagner und
Richard Strauss gleich mehrfach am Pult
der Hofkapelle; Niccolò Paganini, Clara
Schumann und viele andere herausragende Solisten waren gern gehörte Gäste.
Hermann Levi führte 1856 die regelmäßigen
Abonnementkonzerte ein, die bis heute als
Sinfoniekonzerte der BADISCHEN STAATSKAPELLE weiterleben.
Allen Rückschlägen durch Kriege und
Finanznöten zum Trotz konnte die Tradition des Orchesters bewahrt werden.
Generalmusikdirektoren wie Joseph Keil12
berth, Christof Prick, Günther Neuhold
und Kazushi Ono führten das Orchester in
die Neuzeit, ohne die Säulen des Repertoires zu vernachlässigen. Regelmäßig
fanden sich zeitgenössische Werke auf
dem Programm; Komponisten wie Werner
Egk, Wolfgang Fortner oder Michael
Tippett standen sogar selbst vor dem
Orchester, um ihre Werke aufzuführen.
Die große Flexibilität der BADISCHEN
STAATSKAPELLE zeigt sich auch heute
noch in der kompletten Spannweite zwischen Repertoirepflege und der Präsentation zukunftsweisender Zeitgenossen,
exemplarisch hierfür der Name Wolfgang
Rihm. Der seit 2008 amtierende Generalmusikdirektor Justin Brown steht ganz
besonders für die Pflege der Werke
Wagners, Berlioz’, Verdis und Strauss’
sowie für einen abwechslungsreichen
Konzertspielplan, der vom Deutschen
Musikverleger-Verband als „Bestes
Konzertprogramm 2012/13“ ausgezeichnet
wurde. Auch nach dem 350-jährigen Jubiläum 2012 präsentiert sich die BADISCHE
STAATSKAPELLE – auf der reichen Aufführungstradition aufbauend – als lebendiges und leistungsfähiges Ensemble.
besetzung
1. Violine
Janos Ecseghy
Yin Li
Lutz Bartberger
Rosemarie SimmendingerKàtai
Susanne Ingwersen
Thomas Schröckert
Werner Mayerle
Ayu Ideue
Judith Sauer
Bettina Knauer
Claudia Schmidt
Yana Luzman
Sandra Huber
Clara Bergius-Bühl*
2. Violine
Annelie Groth
Km. Toni Reichl
Gregor Anger
Km. Uwe Warné
Andrea Böhler
Christoph Wiebelitz
Diana Drechsler
Dominik Schneider
Steffen Hamm
Tamara Polakovičová
Moritz von Bülow
Jefferson Schoepflin*
Viola
Michael Fenton
Christoph Klein
Anna Pelczer
Joachim Steinmann
Ortrun Riecke-Wieck
Sibylle Langmaack
Akiko Sato
Nicholas Clifford
Emilia Renner
Stefanie Bühler
Violoncello
Thomas Gieron
Johann Ludwig
Km. Norbert Ginthör
Wolfgang Kursawe
Alisa Bock
Hanna Gieron
Iftach Czitron
Akiko Hasegawa
Kontrabass
Km. Joachim Fleck
Xiaoyin Feng
Monika Kinzler
Karl Walter Jackl
Roland Funk
Christoph Epremian
Harfe
Claudia Karsch*
Flöte
Georg Kapp
Km. Rosemarie Moser
Jihae Lee
Horn
Susanna Wich-Weißsteiner
Frank Bechtel
Km. Thomas Crome
Km. Jürgen Danker
Trompete
Wolfram Lauel
Km. Peter Heckle
Ulrich Warratz
Posaune
Sandor Szabo
Lennart Fries
Holger Schinko
Tuba
Dirk Hirthe
Pauke & Schlagzeug
Helge Daferner
Hans-Joachim Göhler
Raoul Nies
Oboe
Kai Bantelmann
Nobuhisa Arai
Km. Ilona Steinheimer
Klarinette
Günter Schraml*
Claudia Sautter*
Leonie Gerlach
Fagott
Km. Oscar Bohórquez
Martin Drescher
Ulrike Bertram
Km. = Kammermusiker/in
* Gast der STAATSKAPELLE
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14
15
bildnachweise
UMSCHLAG
S. 3
S. 7
S. 9
S. 10
S. 11
S. 14, 15
Marc Ealovega
Gemälde von Theodor
Hildebrandt
akg-images
Unbekannte Fotografie
Marc Ealovega
IMG Artists
Uli Deck
TEXTNACHWEISE
S. 2 – 8
Originalbeitrag von
Olaf A. Schmitt
Sollten wir Rechteinhaber übersehen
haben, bitten wir um Nachricht.
WIR DANKEN
Eventfloristik für die Blumen
STAATSTHEATER KARLSRUHE
Saison 2013/14
Programmheft Nr. 172
www.staatstheater.karlsruhe.de
impressum
Herausgeber
BADISCHES STAATSTHEATER
Karlsruhe
Generalintendant
Peter Spuhler
VERWALTUNGSDIREKTOR
Michael Obermeier
Chefdramaturg
Bernd Feuchtner
ORCHESTERDIREKTOR &
KONZERTDRAMATURG
Axel Schlicksupp
REDAKTION
Axel Schlicksupp
KONZEPT
DOUBLE STANDARDS Berlin
www.doublestandards.net
GESTALTUNG
Kristina Pernesch
DRUCK
medialogik GmbH, Karlsruhe
Unser Abonnementbüro berät Sie gerne!
Ab 10,00 bzw. 5,00 Euro PRO Konzert
16
ABONNEMENTBÜRO
T 0721 3557 323
F 0721 3557 346
[email protected]
DIE nächsten
Konzerte
3. Kammerkonzert
6. SINFONIEKonzert
Das ein ungarische Kammerkonzert mit GMD
Justin Brown präsentiert Musik von Béla
Bartók und Zoltán Kodály, die sich von Volksliedern und Folklore inspirieren ließen. Das
Programm kulminiert in der brillanten und
vielfarbigen Sonate für zwei Klaviere und
Schlagzeug mit spannenden Gegenüberstellungen von Rhythmik und Melodik.
Dreifache Frauen-Power: Bridget Kibbey
spielt das Harfenkonzert der kanadischen
Komponistin Vivian Fung, kombiniert mit dem
impressionistisch-perlenden Concertino der
Französin Germaine Tailleferre. Das Konzert unter dem stellv. GMD Johannes Willig
schließt mit Schumanns beschwingter Frühlingssinfonie.
Jochen Weidner Klarinette Janos Ecseghy
Violine Thomas Gieron Violoncello Raimund
Schmitz & Malte Rettberg Schlagzeug Justin
Brown & John Parr Klavier
Bridget Kibbey Harfe Johannes Willig Dirigent
Zoltán Kodály Sonatina für Violoncello und
Klavier & Duo für Violine und Violoncello Béla
Bartók Kontraste für Klarinette, Violine und Klavier& Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug
23.3. 11.00 KLEINES HAUS
Anschließend Brunch im MITTLEREN FOYER
3. KINDERKonzert – PROF.
FLORESTAN & MAESTRO 6+
EUSEBIUS PACKEN AUS:
FRANZ SCHUBERT
Werke von Franz Schubert
Wenn der Erlkönig und die Schöne Müllerin
ein Unvollendete(s) Impromptu tanzen und
dann auf Winterreise gehen – dann kann es
nur um Schubert gehen. Prof. Florestan und
Maestro Eusebius spüren wieder spannende
Begebenheiten und wunderbare Musik auf.
Toru Takemitsu Spirit Garden Germaine Tailleferre Concertino für Harfe & Orchester Vivian
Fung Harfenkonzert EUR. ERSTAUFFÜHRUNG
Robert Schumann Sinfonie Nr. 1 „Frühling“
30.3. 11.00 & 31.3. 20.00 GROSSES HAUS
7. SINFONIEKonzert
Johann Sebastian Bach / Anton Webern Ricercata aus „Das musikalische Opfer“ Arnold
Schönberg Ein Überlebender aus Warschau
Alban Berg Drei Stücke für Orchester op. 6
Henryk Górecki Sinfonie der Klagelieder
Ein Konzert zu den EUROPÄISCHEN KULTURTAGEN 2014 – FRIEDEN UND KRIEG: Bergs
Drei Orchesterstücke waren ein Vorhall des
1. Weltkrieges. Der kurz nach Ende des 2.
Weltkriegs erschossene Weber orchestrierte
Bachs Ricercata.Schönbergs aufwühlendem
Überlebenden aus Warschau folgt die tröstliche Sinfonie des Polen Henryk Górecki.
Christian Firmbach als Professor Florestan
Ulrich Wagner als Maestro Eusebius
Ks. Barbara Dobrzanska Sopran Renatus
Meszar Sprecher Ulrich Wagner Choreinstudierung Justin Brown Dirigent BADISCHER
STAATSOPERNCHOR & EXTRACHOR
23.3. 11.00 & 15.00 GROSSES HAUS
18.5. 11.00 & 19.5. 20.00 GROSSES HAUS
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