1. Ökonomisches Denken: Erste Ideen

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1. Ökonomisches Denken: Erste Ideen
Aufgabe 1
Welche Rolle spielt Knappheit in einer Volkswirtschaft? Wodurch entsteht sie, und welche ökonomischen
Folgen hat sie?
Lösung
Ohne Knappheit wäre es unnötig, sich mit Wirtschaftswissenschaften zu beschäftigen,
denn das Ziel dieser Disziplin ist es, aus knappen Mitteln das Beste zu machen.
Knappheit entsteht dann, wenn die Nachfrage nach Gütern, Dienstleistungen oder
sonstigen Dingen größer ist als das dazugehörige Angebot. Dinge, nach denen keine
Nachfrage besteht, sind auch nicht knapp.
Eine unmittelbare Folge von Knappheit ist die Knappheitsrente: Bei jedem
Tauschgeschäft fällt stets ein Vorteil für alle daran Beteiligten an, eine so genannte
Rente (es muss ein Vorteil für alle am Tausch Beteiligten vorhanden sein, sonst
würden sie ja nicht tauschen). Dabei geht dieser Vorteil die Rente, zu einem größeren
Teil an denjenigen, der im Besitz des knappen Gutes ist, er eignet sich diese Rente an.
Warum ist klar: Wer das knappe Gut besitzt, das Gut, das alle wollen, hat Macht und
kann Geschäfte (einen Tausch) zu seinem Vorteil gestalten.
Aufgabe 2
Erläutern Sie das ökonomische Prinzip.
Lösung
Das ökonomische Prinzip fordert, ein Maximum an Effizienz zu erreichen und das
Verhältnis von Ergebnis zum Aufwand zu optimieren. Das Prinzip gibt es in zwei
Ausprägungen: Entweder man versucht mit möglichst wenig Aufwand ein gegebenes
Ziel erreichen (Minimalprinzip) oder man versucht mit einem gegebenen Aufwand den
größtmöglichen Ertrag zu erreichen (Maximalprinzip).
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Aufgabe 3
Politiker schlagen immer wieder vor, eine allgemeine Dienstpflicht einzuführen, bei der alle Jugendlichen –
also auch die Frauen – einen einjährigen Zwangsdienst ableisten sollen. Was halten Sie aus ökonomischer
Sicht von diesem Vorschlag?
Lösung
Mit Blick auf die Opportunitätskosten einer solchen Maßnahme ist dieser Vorschlag
negativ zu beurteilen: Jeder, der diesen Dienst leistet, verzichtet darauf, ein Jahr lang
mit einer anderen Tätigkeit Geld zu verdienen – damit entpuppt sich die Dienstpflicht
für ihn als teurer Spaß. Die Dienstpflichtigen bezahlen Ihren Wehrdienst mit einem
Jahreseinkommen, das sie ansonsten in ihrem angestammten Beruf erwirtschaftet
hätten. Auch für die Volkswirtschaft als Ganzes wird das teuer: sie verzichtet auf die
Leistungen welche die Wehrpflichtigen erbracht hätten, wenn Sie nicht der Fahne
gedient hätten. Die Opportunitätskosten dieser Maßnahme sind also immens. Wer
verstanden hat, dass die Wehrpflicht teuer ist, versteht sofort, warum die Dienstpflicht
noch teurer ist: Neben den jungen Männern werden nun auch die jungen Frauen
zwangsweise zum Dienst herangezogen, das verdoppelt die Opportunitätskosten der
Wehrpflicht.
Aufgabe 4
In der Presse wird das Verhalten der Banken scharf kritisiert, die ihren Angestellten zu hohe Boni zahlen und
gefordert, dass die Politik eingreifen muss. Welche grundsätzlichen Möglichkeiten hat die Politik, das
Verhalten der Banken zu beeinflussen?
Lösung
Apelle: Die Politik kann natürlich an die Banken appellieren, ihr Verhalten zu ändern –
über die Wirksamkeit dieser Maßnahme muss man nicht weiter nachdenken. Gutes
Zureden ist zwar billig, hilft aber in der Regel wenig.
Ge- und Verbote: Hier macht die Politik den Banken direkte Vorschriften, wie sie ihre
Angestellten entlohnen dürfen. Das ist sicherlich effektiv in dem Sinne, dass man
sofort das Gehaltsniveau erreichen würde, das man für angemessen hält – man legt
einfach gesetzlich die Höhe der Gehälter fest. Allerdings wird dieser Zwang erstens zu
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Ausweichreaktionen führen (man zahlt zwar weniger Gehalt, legt aber bei anderen
Gelegenheiten mehr Geld drauf), zweitens ist diese Politik insofern nicht effizient, als
sie alle Banken zum gleichen Gehaltsniveau zwingt – wenn eine Bank besonders guten
Mitarbeitern (die es vielleicht wirklich verdient haben) dennoch mehr zahlen will,
kann sie das nicht, während andere Banken durchaus mit den niedrigeren Gehältern
leben könnten. Hier werden alle Banken über den gleichen Kamm geschert – das kann
nicht sonderlich effizient sein.
Anreize: Steuern beispielsweise beeinflussen das Verhalten der Banken im Sinne der
Politik, lassen aber den Banken, denen hohe Gehälter für besonders wichtige
Mitarbeiter wichtig sind, aber die Freiheit, sich zu entscheiden.
Aufgabe 5
Nennen und erläutern Sie die wichtigsten Elemente von Märkten.
Lösung
Spezialisierung: jeder spezialisiert sich auf das, was er am besten kann; man betreibt
also Arbeitsteilung.
Freiheit: um die Vorteile der Arbeitsteilung zu nutzen, muss man tauschen können:
Man spezialisiert sich auf die Herstellung eines Gutes, das man dann gegen andere
Güter, die man benötigt, eintauscht. Dazu braucht man Vertragsfreiheit (ich darf meine
Güter tauschen, mit wem ich will und zu welchem Preis ich will); Koalitionsfreiheit;
Freiheit der Berufswahl (ich darf selbst entscheiden, worauf ich mich spezialisiere).
Verteilung: Die Verteilung der Spezialisierungsgewinne richtet sich nach den
Knappheitsverhältnissen und den daraus resultierenden Machtverhältnissen. Wer sich
auf etwas spezialisiert, was knapp ist, hat dementsprechend ein höheres Einkommen.
Einkommen werden in Märkten also nur danach bezahlt, wie hoch der Beitrag einer
Leistung zur Beseitigung von Knappheit ist.
Anreize: Ich tausche nur, wenn ich auch die Vorteile aus diesem Tausch selbst
genießen kann und die Vorteile aus dem Tausch die Mühen der Produktion
überwiegen. Diesen Anreiz garantiert Eigentum (Art. 14 GG)
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Aufgabe 6
Welche Rolle spielt Freiheit in einem marktwirtschaftlichen System? Und wo muss der Staat eingreifen, um
zu verhindern, dass die Freiheit Einzelner zu negativen Ergebnissen führt?
Lösung
Freiheit ist zum einen für viele Menschen ein eigener Wert – der Mensch soll so wenig
als möglich unter Zwängen leiden. Das ist ein wohl anerkannter Grundsatz, den man
aber nicht teilen muss – Freiheit ist also eine Norm.
Viele Freiheiten sind aber auch nötig, damit ein Markt funktionieren kann: Freiheit der
Berufswahl, Freiheit im Abschluss von Verträgen, Freiheit, Vereinigungen zu bilden –
ohne diese Freiheiten funktionieren Märkte nicht (wieso?). Eingreifen muss der Staat
allerdings dort, wo ein Mensch seine Freiheit zu Lasten der Freiheit anderer Menschen
auslebt – oft ein heikler Balanceakt. Ein Mensch, der im alleinigen Besitz eines
überlebenswichtigen Gutes ist, muss wohl im Sinne der Freiheit der anderen
hinnehmen, dass man seine Freiheiten einschränkt. In weniger eindeutigen Fällen wie
diesem geht es dann darum, die Einschränkung der Freiheit des einzelnen gegen die
Freiheit der anderen abzuwägen.
Aufgabe 7
Welche Möglichkeiten sehen Sie, einen Arzt zu bezahlen und welche Folgen hat die jeweilige
Entlohnungsform?
Lösung
Festgehalt: Der Arzt tut so wenig wie möglich; mit möglicherweise entsprechenden
Folgen für Ihre Gesundheit.
Jede Leistung wird einzeln bezahlt: Der Arzt wird alles verschreiben und untersuchen;
mit entsprechenden Folgen für die Kosten der Behandlung.
Erfolgsabhängig (der Arzt wird bezahlt, wenn Sie gesund werden): Grundsätzlich gut,
allerdings bleibt die Frage, wie stark ist der Erfolg vom Arzt abhängig und nicht dem
Zufall geschuldet, und es besteht die Gefahr, dass der Arzt die kurzfristige Gesundheit
herstellt auf Kosten langfristiger Folgen. Zudem wird sich in einigen Fällen nicht ohne
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weiteres feststellen lassen, wann ein Mensch wieder gesund ist; was also macht man
bei unheilbaren Krankheiten oder Folgeschäden (vermeidbar oder unvermeidbar)?)
Aufgabe 8
Queen-Gitarrist Brian May hat im vergangenen Jahr sein Studium der Astrophysik wieder aufgenommen
und seinen Doktortitel gemacht. Würdigen Sie diese Entscheidung aus ökonomischer Perspektive.
Lösung
Eine gute Entscheidung mit Blick auf die Opportunitätskosten: Als er mit Queen viel
Geld verdiente; wären die Opportunitätskosten des Studiums (die Einnahmen aus dem
Musikgeschäft) sehr hoch gewesen; jetzt, gegen Ende seiner Laufbahn, sinken diese;
zumal er nun so reich ist, dass der Grenznutzen seines Einkommens sinkt (2.
Gossensches Gesetz) und andere Sachen wichtiger werden; beispielsweise der
Doktortitel. Die Opportunitätskosten des Doktortitels sind also zum Ende seiner
Laufbahn deutlich gesunken.
Aufgabe 9
In welchen Bereichen besteht Bedarf an staatlichen Eingriffen in Märkte? Nennen Sie Beispiele.
Lösung
-
Schutz vor übermäßigen Machtpositionen. Hier geht es darum, für genügend
Konkurrenz auf dem Markt zu sorgen und Machtpositionen Einzelner zu verhindern,
die zu Ausbeutung und politischer Macht führen könnten. Beispiele dafür sind
Unternehmen, die im Besitz wichtiger Ressourcen oder Patente sind; die den Zugang
zu bestimmten Märkten kontrollieren. Microsoft wird oft al Standardbeispiel genannt,
aber auch Google dürfte mittlerweile eine übermäßige Machtposition haben;
möglicherweise auch Facebook.
-
Schutz Schwächerer. Der Schutz vor übermäßiger Marktmacht muss auch darauf
abstellen, Schwächere zu schützen. Knappheit darf nicht zu Ausbeutung oder
Missbrauch führen. Ein Beispiel können Vermieter sein, wenn es Wohnraumknappheit
gibt, oder Arbeitgeber, wenn sie die einzige Beschäftigungsalternative in einer Region
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darstellen. Allerdings machen diese Beispiele deutlich, dass die einzig sinnvolle
Politik in solchen Fällen darin besteht, Alternativen zu schaffen: Wenn die Mieter oder
Arbeitnehmer Ausweichmöglichkeiten haben, besteht für die Vermieter und
Arbeitgeber keine Möglichkeiten zur Ausbeutung mehr. Die Antwort kann also nicht
lauten, den Vermietern Vorschriften zu machen, sondern für mehr Wohnraum zu
sorgen.
-
Konsumentenschutz. Hier geht es darum, Konsumenten zu schützen, beispielsweise
bei Informationsasymmetrien (der Anbieter weiß Dinge, die der Konsument nicht
weiß), bei unverantwortlichem, irrationalem Verhalten (beispielsweise Drogensucht).
-
Schutz Dritter. Hier geht es darum, Geschäfte auf dem Markt zu Lasten Dritter zu
verhindern. Das wichtigste Beispiel hierfür ist der Umweltschutz.
Aufgabe 10
Sie tragen sich mit dem Gedanken, ein Geschäft zu eröffnen. Den jährlichen Verdienst schätzen Sie auf
60.000 Euro; ihr derzeitiges Gehalt liegt bei 70.000 Euro.
a) Wie hoch sind Ihre Opportunitätskosten? Sollten Sie das Geschäft eröffnen?
b) Suchen Sie nach weiteren Gründen, das Geschäft dennoch zu eröffnen. Begründen Sie Ihre
Entscheidung mit den Opportunitätskosten.
c) Sollten Sie das Geschäft eröffnen, wenn Ihr derzeitiges Gehalt 50.000 Euro beträgt?
Lösung
a) Ihre Opportunitätskosten betragen 70.000 Euro, das ist der Ertrag der nächstbesten
Alternative, auf die Sie verzichten müssten. Klarer Fall: Aus Perspektive der
Opportunitätskosten sollten Sie das Geschäft nicht eröffnen.
b) Aber Halt, das war jetzt nur der Verdienst im alten Job, das ist aber vielleicht nicht
alles:
Vielleicht
bietet
Ihnen
das
neue
Geschäft
mehr
Raum
zur
Selbstverwirklichung, Sie werden Ihren Chef los, Sie sind Ihr eigener Herr – das
alles spricht dafür, das Geschäft zu eröffnen. Das ist aber kein Widerspruch zur
Idee der Opportunitätskosten: Die hier genannten Vorteile sind das, was man
nicht-monetäre Vorteile des Geschäfts nennen kann, das ist letztlich auch ein
Bestandteil des jährlichen Verdienstes, auch wenn er nicht in Euro ausgezahlt
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wird. Wenn die Summe dieser Vorteile für Sie mehr wert ist als 10.000 Euro, dann
sollten Sie das Geschäft eröffnen.
c) Ja und nein: Betrachtet man nur das monetäre Einkommen, dann sind jetzt die
Opportunitätskosten Ihres jetzigen Jobs niedriger als die Erträge aus dem Geschäft.
Aber auch hier sollte man die nicht-monetären Vorteile berücksichtigen: Vielleicht
schätzen Sie an Ihrem jetzigen Job die Sicherheit, während das Geschäft unsicher
ist, der aktuelle Job bietet ein gutes Arbeitsklima – alles Faktoren, die in die
Entscheidung natürlich mit einfließen. Wenn Ihnen die aktuellen nicht-monetären
Vorteile Ihres aktuellen Jobs mehr als 10.000 Euro wert sind, dann sollten Sie das
Geschäft nicht gründen.
Aufgabe 11
Sie sind der Inhaber eines Unternehmens, das seine Mitarbeiter viel auf Reisen schickt, um Kunden zu
binden. Ein stetes Ärgernis ist dabei die Abrechnung der Spesen der Mitarbeiter – Ihre Buchhaltung beklagt,
dass viel zu viele Spesen abgerechnet werden. Mit welchen Methoden könnte man die Mitarbeiter dazu
bringen, sorgfältiger mit dem Spesenkonto umzugehen?
Lösung
a) Möglichkeit Nummer eins besteht darin, den Mitarbeitern einen festen Betrag
anzuweisen – mehr dürfen sie dann für Spesen nicht ausgeben. Klingt gut, ist
aber unflexibel: Wenn die Reise eigentlich billiger wäre, hat der Mitarbeiter
keinen Anreiz, Geld zu sparen, wenn es doch unverschuldet etwas teurer wird,
kann er das nicht bezahlen.
b) Möglichkeit Nummer zwei: man beteiligt den Mitarbeiter an den
Einsparungen. Wenn er mit seinem Spesenkonto unter einem bestimmten
Betrag bleibt, bekommt er eine Prämie. Klingt auch gut, führt aber dazu, dass
der Mitarbeiter seine Kunden zu McDonalds einladen wird, um sich die Prämie
zu sichern – egal, ob das die Kunden mögen oder nicht. Schlecht für die
Geschäftsabschlüsse.
c) Besser wäre es, den Mitarbeiter am Erfolg zu beteiligen: Wenn das
Unternehmen hohe Gewinne macht, dann bekommt er eine Erfolgsbeteiligung.
Das führt dazu, dass er die Kunden angemessen bewirten wird, um den
Vertragsabschluss nicht zu gefährden, zugleich wird er aber auch nicht über
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die Stränge schlagen, weil hohe Spesenrechnungen den Gewinn des
Unternehmens – und damit die Prämie – schmälern. Der Haken an dieser
Lösung: Sie wird vermutlich nur in kleinen Unternehmen oder eng
abgegrenzten Bereichen eines Unternehmens funktionieren (warum?).
2. Ökonomisches Denken: Erste Ideen
Aufgabe 12
Erläutern Sie die verschiedenen Aufgaben, die wir bei der Organisation einer Volkswirtschaft zu erledigen
sind. Wie werden diese Aufgaben a) von Zentralverwaltungswirtschaften (Planwirtschaften) und b)
Marktwirtschaften gelöst? Welche Probleme haben die beiden Lösungsansätze?
Lösung
a) Planwirtschaft
Der Staat bestimmt, was
Steuerungsfunktion
Welche
Güter
sollen produziert werden soll
produziert werden?
Wünsche der Bürger werden
nicht
hinreichend
berücksichtigt
Der Staat legt auch fest, wie
Allokation
Wer stellt die Produktion und womit produziert werden
mit welchen Mitteln und wie soll
her?
Das führt nicht zwangsläufig
zur
kostengünstigsten
Produktion
Der
Staat
entscheidet
Verteilung
Wie wird die Produktion darüber, was wie verteilt
entlohnt; an wen wird sie wird.
verteilt
Politisch
attraktiv,
aber
Anreize zu Leistung entfallen
dadurch
b) Marktwirtschaft
Die Konsumenten bestimmen,
was produziert werden soll,
indem
sie
Ihre
Zahlungsbereitschaft über die
Preise anzeigen.
Die Unternehmen entscheiden
anhand der Preise, was sie
produzieren und wie. Hohe
Anreize zur kostengünstigen
Produktion.
Die Einkommen und Erträge
aus der Arbeit und dem
Handel werden nur nach
Leistung verteilt.
Der Markt kennt keine soziale
Gerechtigkeit, es wird nur
streng nach Leistung entlohnt;
Bedürfnisse werden nicht
berücksichtigt
Staat entscheidet, wann und Anreiz auf Gewinne beflügelt
Anpassung
Wie passen sich die wie ein Unternehmen sich Forscherdrang
und
den
Unternehmen an veränderte anpasst.
Willen,
sich
an
eine
Wünsche
oder Erfolgt Anpassung richtig wandelnde Welt anzupassen.
Produktionsbedingungen
und rechtzeitig?
Wer sich nicht anpasst,
an?
verdient nichts.
Problem:
Strukturwandel;
Unternehmen müssen sich
immer wieder neu ausrichten,
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Keine
Anreize
zu
Innovationsfunktion
Wie werden Erfindungen Innovationen; eher Anreize,
und Innovationen stimuliert diese zu unterlassen, wenn
durch
Innovationen
die
Plananforderungen steigen
Private Macht existiert nicht;
Kontrolle
Wie werden wirtschaftliche politische Macht wird nicht
und
politische
Macht kontrolliert
kontrolliert?
Arbeitnehmer immer wieder
neue
Techniken
und
Fertigkeiten lernen
Gewinne geben Anreiz zu
Innovationen.
Aber durch bahnbrechende
Erfindungen
können
Machtpositionen entstehen.
Staatliche
Macht
wird
teilweise durch wirtschaftliche
Freiheit begrenzt.
Wirtschaftliche Macht kann
entstehen,
aktive
Wettbewerbspolitik nötig.
Tabelle 1 Planwirtschaft versus Marktwirtschaft
Aufgabe 13
Warum sagen Ökonomen immer, dass staatliche Stellen nicht sparsam mit Geld umgehen? Welche Anreize
könnte man setzen, damit Staatsbedienstete sorgfältiger mit dem ihnen anvertrauten Geld umgehen?
Lösung
Da das Geld, das die Beamten ausgeben, nicht ihres ist, sind die Anreize zu einer
sparsamen Verwendung gering. Hinzu kommt, dass sie das Geld in der Regel nicht für
sich ausgeben, sondern für Dritte, das fördert die Anreize nicht gerade. Wie kann man
die Anreize verbessern? Da gäbe es: eine Beteiligung bei sparsamer Mittelverwendung
am eingesparten Betrag; Prämien für Verbesserungs- und Einsparvorschläge; Strafen
bei nachgewiesener Verschwendung. Wenn Sie ein wenig darüber erfahren wollen,
wie leichtfertig der Staat bisweilen mit Ihren Steuern umgeht, dann schauen Sie
einmal hier: http://schwarzbuch10.steuerzahler.de/start.php
Aufgabe 14
Welche Funktionen erfüllt der Preis in einer Marktwirtschaft?
Lösung
Es sind vor allem die Preise, die Märkte funktionsfähig machen: Sie erfüllen insgesamt vier
wichtige Funktionen:
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-
Signalfunktion: Der Preis zeigt die Knappheit eines Gutes und damit die Intensität
der Bedürfnisse der Konsumenten an. Je mehr sich die Konsumenten etwas wünschen,
umso höher ist ihre Zahlungsbereitschaft, umso höher ist der Preis, den sie bereit sind,
zu zahlen.
-
Anreizfunktion: Preise setzen für die Produzenten Anreize, das zu produzieren, was
die Konsumenten wollen. Und je dringender sich die Konsumenten etwas wünschen,
umso höher ist ihre Zahlungsbereitschaft, umso höher ist der Preis, umso höher ist der
Anreiz für die Produzenten, genau das zu produzieren.
-
Lenkungsfunktion: Der Preis sorgt dafür, dass dort produziert wird, wo der höchste
Ertrag zu erwarten ist. Ändern sich die Preise, so passt sich das Angebot an.
-
Marktausgleichsfunktion: Der Preis sorgt für einen Ausgleich von Angebot und
Nachfrage am Markt; er ändert sich solange ein Angebots- oder Nachfrageüberschuss
existiert. Ist die Nachfrage größer (geringer) als das Angebot, so zeigt dies der
steigende (sinkende) Preis an, der zu steigendem (sinkendem) Angebot führt.
Aufgabe 15
Warum sinkt (steigt) die Nachfrage bei steigenden (sinkenden) Preisen? Gibt es auch Fälle, in denen das
nicht der Fall ist?
Lösung
Zwei Effekte sind dafür verantwortlich: Der Einkommenseffekt besagt, dass mit
sinkenden Preisen die Kaufkraft des Einkommens zunimmt. Klarer Fall: wenn ein
Produkt billiger wird, dann kann man mit dem gleichen Einkommen mehr davon
kaufen. Das muss aber nicht zwingend mehr von dem Produkt sein, das billiger
geworden ist (wenn die Nachfrage nach diesem Produkt preisunelastisch ist, wird man
trotz Preissenkung nicht mehr nachfragen). Effekt Nummer zwei ist der
Substitutionseffekt: Wird ein Gut billiger, dann kauft man eventuell mehr davon und
verzichtet auf ein anderes Gut. Also: Wird Bier billiger, trinkt man mehr Bier und
weniger Wein. Auch hier gilt: Das wird nicht der Fall sein, wenn die Nachfrage nach
dem Gut preisunelastisch ist.
Theoretisch möglich, wenngleich schwer vorstellbar ist es, dass mit steigendem Preis
die Nachfrage steigt, beispielsweise, weil man mit einem teuren Gut angeben will
(Markenkleidung o.ä.). Das könnte auch erklären, warum teure Modefirmen keine
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Billig-Edition anbieten – weil das den teuren Markennamen ruinieren könnte. Und
dann gibt es noch die Möglichkeit, dass mit steigenden Preisen von Wertpapieren
deren Nachfrage steigt, weil man weitere Preissteigerungen erwartet. Dann kauft man
in Erwartung steigender Preise (Kurse) dieser Wertpapiere in der Hoffnung, diese
dann mit Gewinn weiter zu verkaufen.
Aufgabe 16
Erläutern Sie den Unterschied zwischen einer endogenen und einer exogenen Variable. Suchen Sie Beispiele
für das einfache Angebots-Nachfrage-Modell.
Lösung
Eine endogene Variable ist durch das Modell bestimmt, im Angebots-NachfrageModell sind das der Preis und die verkaufte Menge. Steigt der Preis, so sinkt (steigt)
die Nachfrage (das Angebot) – dieser Zusammenhang wird durch das Modell erklärt.
Eine exogene Variable wird nicht durch das Modell erklärt, ändert sich diese, so ändert
sich auch das Modell. Ändert sich beispielsweise das Wetter, so ändert sich die
Nachfrage nach Eis, das wird durch das Modell nicht mehr erklärt; jetzt muss man das
Modell anpassen (indem man die Nachfragekurve verschiebt).
Aufgabe 17
Ein Freund hält Ihnen entgegen, dass das fundamentale Gesetz der Nachfrage nicht stimme – obwohl nach
der Wiedervereinigung die Preise für Gebrauchtwagen gestiegen seien, sei die Nachfrage nach Gebrauchten
ebenfalls gestiegen. Was antworten Sie?
Lösung
Ein klassischer Fall der Verwechslung von Ursache und Wirkung: Nach dem
Mauerfall ist zunächst einmal die Nachfrage gestiegen, weil viele Ostedeutsche nun
einen Wagen wollten. Das war eine Veränderung einer exogenen Variablen, die
Nachfragekurve verschiebt sich daraufhin nach außen, die Preise steigen. Das Gesetz
der Nachfrage gilt nur bei konstanten Umweltbedingungen, also ceteris paribus, wenn
es eben keinen Mauerfall gibt. Das Gesetz der Nachfrage stellt also eine Bewegung
auf der Nachfragekurve dar (steigt der Preis, sinkt die Nachfrage), Ihr Freund hat aber
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die Nachfragekurve verschoben, also die ceteris-paribus-Regel verletzt. Zuerst war
also der Anstieg der Nachfrage da, daraufhin sind die Preise gestiegen.
Aufgabe 18
Suchen Sie Erklärungen dafür, wie es zu einem Ingenieursmangel kommen kann.
Lösung
Hier könnte es sich um den klassischen Schweinezyklus handeln: Wenn ein
Überangebot an Ingenieuren besteht, werden viele Studienanfänger vor einem
Ingenieursstudium zurückschrecken, weil sie Arbeitslosigkeit fürchten. Das macht sich
mit einer Verzögerung (die in etwa die Länge der Ausbildung dauert) auf dem
Arbeitsmarkt bemerkbar – es fehlen nun zu viele Studienanfänger. Eine weitere
Möglichkeit kann darin bestehen, dass der Ingenieursberuf zu schlecht bezahlt wird –
deshalb werden entsprechend talentierte Studenten auf andere Fächer ausweichen, die
besser bezahlt werden (beispielsweise in die Finanzbranche gehen). Auch dann könnte
sich dieser Mangel erst mit einer gewissen Verzögerung bemerkbar machen, die durch
die Länge der Studiendauer entsteht.
Eine andere Erklärung wäre es allerdings, auf einen strukturellen Mangel an
Ingenieuren zu verweisen – zu wenig junge Leute wollen dieses Fach studieren, es gibt
zu wenig Nachwuchs. Das wäre dann eher ein struktureller Mangel, der zu steigenden
Gehältern in der Branche führen sollte und damit höhere Anreize für dieses Studium
gibt (zugleich dürften damit die Anreize steigen, aus einem fremden Land
einzuwandern).
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Aufgabe 19
Obwohl in den vergangenen Jahrzehnten die Nachfrage nach Rohstoffen beständig gestiegen ist, sind die
Preise für die meisten Rohstoffe auf lange Sicht preisbereinigt kaum gestiegen oder sogar gesunken. Suchen
Sie nach einer Erklärung; verwenden Sie dazu das Angebots-Nachfrage-Diagramm.
Lösung
Ein Anstieg der Nachfrage bedeutet, dass sich die Nachfragekurve nach rechts
verschiebt (von N nach N`) – was tendenziell den Preis erhöht. Allerdings sind
zugleich auch die technischen Möglichkeiten zur Förderung von Rohstoffen und
Ausbeutung von Rohstoffvorkommen immer besser geworden – es ist immer billiger
geworden, Rohstoffe zu fördern. Das wiederum hat die Angebotskurve nach unten
verschoben (von A nach A`), was tendenziell preissenkend wirkt. Verschiebt sich –
wie in der untenstehenden Abbildung angenommen – die Angebotskurve stärker als
die Nachfragekurve, so kann es unter dem Strich dazu kommen, dass der Preis sinkt.
Allerdings kann man nicht auf Ewigkeit auf diesen Effekt bauen; der technische
Fortschritt (der die Ausbeutung von Rohstoffen billiger macht) ist nicht garantiert
(zudem werden die Rohstoffvorkommen immer schwerer zugänglich, weil man zuerst
diejenigen abbaut, die leicht zu fördern sind), und die Industrialisierung Chinas und
Indiens wird die Nachfragekurve weiter nach rechts verschieben.
Prei
s
N
N‘
A
A‘
Menge
Abbildung 1 Sinkende Rohstoffpreise trotz steigender Nachfrage
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Aufgabe 20
Was passiert mit den Preisen für Hotels in Italien und Spanien, wenn für Deutschland ein Rekordsommer
angekündigt wird?
Lösung
Man kann unterstellen, dass Urlaub in Deutschland und in Italien bis zu einem
gewissen Grad substitutive Güter sind – je attraktiver Urlaub in Deutschland durch das
warme Wetter wird, um so mehr verschiebt sich die Nachfrage nach italienischen
Hotels hin zu deutschen Hotels. Die Nachfragekurve nach italienischen (deutschen)
Hotels verschiebt sich nach links (rechts), die Preise italienischer (deutscher) Hotels
sinken (steigen). Dieser Prozess setzt sich solange fort, bis die gesunkene (gestiegene)
Attraktivität italienischer (deutscher) Hotels sich in den neuen Preisen wieder findet.
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3. Der ökonomische Werkzeugkasten: Elastizitäten,
Konsumenten- und Produzentenrente
Aufgabe 21
Suchen Sie nach Gütern mit
a) Sehr hoher Preiselastizität
b) Sehr geringer Preiselastizität
c)
Sehr hoher Einkommenselastizität
d) Sehr niedriger Einkommenselastizität
Begründen Sie Ihre Wahl
Lösung
a) Viele Luxusgüter werden eine hohe Nachfrageelastizität aufweisen – Luxus ist
das erste, worauf man verzichten kann. Also: Schmuck, teure Autos, Yachten.
b) Güter des täglichen Bedarfs, die sich nur schwer durch andere Güter ersetzen
lassen, dürften eher eine geringe Nachfrageelastizität aufweisen. Benzin ist
dafür ein gutes Beispiel. Viele Menschen tun sich auch schwer, auf Alkohol
oder Tabak zu verzichten, das hat schon Suchtcharakter, dementsprechend
gering dürfte die Nachfrageelastizität sein.
c) Das dürfte ebenfalls für die Luxusgüter gelten
d) Hier geht es um die Notwendigkeiten des Lebens: Margarine, Brot, Reis –
solche Lebensmittel werden erst langsam mit steigendem Einkommen durch
andere Lebensmittel (Weißbrot, Butter, Fleisch) ersetzt.
Aufgabe 22
Eine Investmentgesellschaft macht Reklame für eine Investmentidee: Man solle in Aktien von Unternehmen
investieren, die Luxusartikel herstellen. Mit welchen Argumenten vertreten sie diese Idee? Welche Gefahr hat
diese Investmentidee?
Lösung
Dazu ein Auszug aus der Reklamebroschüre: „Luxusgüterindustrie profitiert davon,
dass Vermögende weltweit immer reicher werden. Steigende Einkommen generieren
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wachsende Nachfrage nach Luxusgütern (hohe Einkommenselastizität)“. Das ist auf
den Punkt gebracht: Steigen weltweit die Einkommen, so steigt die Nachfrage nach
Gütern mit hoher Einkommenselastizität; also steigen auch die Umsätze der
Unternehmen, die diese Güter herstellen. Die Gefahr liegt natürlich darin, dass diese
Einkommen auch schwanken: Gibt es eine Wirtschaftskrise und die Einkommen
sinken, dann sinkt auch dementsprechend wieder die Nachfrage nach diesen Gütern. In
der Broschüre der Investmentgesellschaft heißt das so: „Nachfrage nach Luxusgütern
ist zyklisch“.
Aufgabe 23
Ist die Preiselastizität des Angebots üblicherweise auf kurze oder auf lange Sicht größer? Erläutern Sie ihre
Antwort.
Lösung
Auf lange Sicht dürfte die Preiselastizität des Angebots größer werden. das liegt daran,
dass es möglich ist, langfristig seine Produktion umzustellen, also mehr oder weniger
zu produzieren. Kurzfristig sind solche Reaktionen schwieriger, auf kurze Frist wird
also ein Anbieter wenige Möglichkeiten haben, sein Angebot zu steigern oder zu
reduzieren (er kann natürlich Überstunden oder Kurzarbeit ansetzen oder die
Maschinen länger bzw. kürzer laufen lassen). Auf lange Frist sieht das anders aus, da
es langfristig mehr Möglichkeiten gibt, die Produktion umzustellen (z.B. Kapazitäten
stilllegen, Arbeiter entlassen, zur Erhöhung des Angebot neue Maschinen kaufen,
Arbeiter einstellen).
Aufgabe 24
Vervollständigen Sie folgende Tabelle:
Preis
Nachfrage
12
30
13
20
15
15
17
10
Einführung VWL
Preiselastizität der Nachfrage
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19
8
25
3
Tabelle 2 Elastizitäten
Lösungstabelle:
Preis
Nachfrage prozentuale Änderung Preis prozentuale Änderung Menge Preiselastizität
12
30
13
20
(13-12)/ ((13+12)/2) *100= 8
(20-30)/(30+20)/2*100= -40
-5
15
15
(15-13)/(15+13)/2*100= 14,28
(15-20)/(15+20)/2*100= -28,57
-2
17
10
(17-15)/(17+15)/2*100= 12,5
(10-15)/(10+15)/2*100= -40
-3,2
19
8
(19-17)/(19+17)/2*100= 11,11
(8-10)/(8+10)/2*100= -22,22
-2
25
3
(25-19)/(25+19)/2*100= 27,27
Tabelle 3 Lösung zu Tabelle 2
(3-8)/(3+8)/2*100= -90,90
-3,333333333
Aufgabe 25
Wie unterscheiden sich – ökonomisch gesehen – Alkohol und Zigaretten von harten Drogen? Wie beurteilen
sie die Tatsache, dass Alkohol und Zigaretten legal sind, harte Drogen hingegen illegal?
Lösung
Der ökonomisch entscheidende Unterschied ist die Preiselastizität der Nachfrage –
diese ist bei Alkohol und Zigaretten höher als bei harten Drogen, wo sie mehr oder
weniger komplett unelastisch ist. Die unelastische Nachfrage ist auch der
entscheidende Punkt, warum man hier ein staatliches Eingreifen befürworten kann:
Wer eine vollständig unelastische Nachfrage hat, der ist nicht mehr frei in seinen
Entscheidungen und deswegen leicht ausbeutbar. Wer allerdings gegen staatliche
Eingriffe ist, kann auch argumentieren, dass ja auch die Nachfrage nach anderen
Gütern – Brot, Wasser – mehr oder weniger unelastisch ist. Nach dieser Auffassung
würde es reichen, wenn nur genügend Auswahl an Angebot zur Verfügung steht – bei
Wettbewerb kann ein einzelner Anbieter seine Kunden nicht ausbeuten. Bliebe noch
das Argument von der Gesundheitsschädlichkeit – auch hier muss man vorsichtig
argumentieren: Auch Alkohol und Zigaretten sind extrem gesundheitsschädlich, viele
der Elendserscheinungen bei harten Drogen sind nicht den Drogen selbst, sondern
ihrer Illegalität geschuldet. Beim letzten Argument wird es normativ: Wie weit darf
oder muss der Staat seine Bürger davor bewahren, sich selbst Schaden zuzufügen?
Einführung VWL
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Aufgabe 26
Empirische Studien deuten darauf hin, dass die Preiselastizität von Zigaretten geringer ist als die von
Marihuana. Was schließen Sie daraus, was müsste die politische Konsequenz sein?
Lösung
Stimmt diese Einschätzung, so muss man aus ökonomischer Sicht konstatieren, dass
Zigaretten härtere Drogen sind als Marihuana. Das ließe sich dann nur recht schwer in
Einklang bringen mit der Tatsache, dass Zigaretten legal sind, während Marihuana
illegal
ist. Zumindest
ökonomisch bestehen die größeren Gefahren beim
Zigarettenrauchen, Rauchern fällt es offenbar schwerer, auf eine Zigarette zu
verzichten als Kiffern, auf ihren Joint zu verzichten. Bliebe noch das Argument des
Rausches: Rechtfertigt die Tatsache, dass man von Zigaretten nicht high wird, dass
man diese legal belässt? Und was ist dann aber mit Alkohol? Zumindest das
Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der deutsche Bürger ein Recht auf
Rausch hat. Na denn mal Prost.
Aufgabe 27
Welche Möglichkeiten gibt es, um gegen den Konsum von Zigaretten vorzugehen und wie bewerten Sie diese
Möglichkeiten aus ökonomischer Sicht?
Lösung
Da wären zunächst Verbote – man könnte das Rauchen komplett verbieten. Das würde
zu Ausweichbewegungen in die Illegalität führen, die umso größer wären, je
unelastischer die Nachfrage nach Zigaretten ist – und die ist recht unelastisch. Die
Erfahrungen der Amerikaner mit der Prohibition (dem totalen Verbot von Alkohol)
zeigen, dass das nicht gut funktioniert, am Ende der Prohibition hatte man statt
nüchterner Bürger kriminelle Organisationen (die Mafia), die von diesem Verbot recht
gut lebten. Die Prohibition hat das organisierte Verbrechen belebt. Nicht zuletzt ist das
auch eine normative Frage: Darf oder soll der Staat seinen Bürgern vorschreiben, ob
sie rauchen dürfen oder nicht?
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Dann wäre da die Aufklärungspolitik: Ist diese erfolgreich, so verschiebt sich die
Nachfragekurve langfristig nach links, der Konsum von Zigaretten sinkt. Über den
Erfolg dieser Maßnahme entscheidet jetzt wieder die Elastizität der Nachfrage – je
elastischer die Nachfrage, um so mehr geht der Preis aufgrund der gesunkenen
Nachfrage zurück, was rauchen dann wieder attraktiver macht und den Erfolg der
Aufklärungspolitik untergräbt.
Bleiben noch die Steuern: Man verschiebt die Nachfragekurve nach unten (oder die
Angebotskurve nach oben) und reduziert auf diesem Weg die Nachfrage. Das
funktioniert um so besser, je elastischer die Nachfrage ist; je unelastischer sie ist,
umso mehr steigen nur die Steuereinnahmen, wären die Menschen weiter rauchen
(oder Schmuggelware rauchen).
Aufgabe 28
Welche Rolle spielt die Angebotselastizität bei Kampagnen gegen das Rauchen?
Lösung
Eine Kampagne gegen das Rauchen verschiebt – wenn sie funktioniert – die
Nachfragekurve nach links (von N auf N`), das senkt den Preis und die konsumierte
Menge (Im Ausgangsgleichgewicht sind das m0 und p0). Jetzt ist die Steigung der
Angebotskurve (und damit auch die Angebotselastizität) entscheidend: Je elastischer
das Angebot ist (je flacher die Angebotskurve), umso mehr wird der Rückgang der
Nachfrage dazu führen, dass Anbieter aus dem Markt ausscheiden – die konsumierte
Menge an Zigaretten sinkt damit tatsächlich (blaue Angebotskurve, P1 und m1).
Anders hingegen ist das bei einem eher unelastischem Angebot (rote Angebotskurve),
m2 und p2: In diesem Fall wird der Rückgang der Nachfrage mit einer Reduktion des
Preises beantwortet (weil das Angebot unelastisch ist, nehmen die Produzenten den
Rückgang des Preises in Kauf), und je mehr der Preis fällt, um so mehr wird der
Erfolg der Kampagne gefährdet, weil der sinkende Preis wieder mehr Raucher anlockt.
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Preis
N´
A‘
A
p0
p1
p2
N
m0
Menge
m1 m2
Abbildung 2 Die Rolle der Angebotselastizität bei einer Nichtraucherkampagne
Aufgabe 29
Erläutern Sie, wie die Preiselastizität der Nachfrage für Benzin auf kurze und auf lange Frist sich
unterscheiden. Welches Vorzeichen hat die Kreuzpreiselastizität zwischen Benzin und Autos? Welche
langfristigen Folgen könnte ein Anstieg des Benzinpreises haben?
Lösung
Auf kurze Frist dürfte die Nachfrage recht unelastisch sein, weil die Menschen nach
wie vor zur Arbeit fahren müssen, ihre gewohnten Wege fahren müssen etc.
Langfristig allerdings werden viele Menschen ihre Lebensgewohnheiten umstellen, auf
Bahn oder Fahrrad oder Fahrgemeinschaften umsteigen, so dass die Nachfrage dann
deutlicher zurückgehen wird – langfristig ist die Nachfrage nach Benzin
preiselastischer als auf kurze Frist.
Eine bemerkenswerte Studie hat die langfristigen Folgen eines Anstiegs des realen
Benzinpreises um 10 Prozent untersucht. Die Ergebnisse:
a. kurzfristig (ein Jahr) fällt das Verkehrsaufkommen um ein Prozent, langfristig
sinkt es um drei Prozent (fünf Jahre)
b. der Benzinverbrauch fällt kurzfristig um 2,5 Prozent, längerfristig um sechs
Prozent
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c. die Verbrauchseffizienz steigt innerhalb eines Jahres um 1,5 Prozent,
langfristig um vier Prozent.
d. Die Anzahl der Fahrzeuge sinkt um weniger als ein Prozent auf ein Jahr;
langfristig um 2,5 Prozent. Die Kreuzpreiselastizität zwischen Benzin und
Autos ist also negativ.
Quelle: Phil Goodwin, Joyce Dargay and Mark Hanly: Elasticities of Road Traffic and Fuel
Consumption with Respect to Price and Income: A Review, Transport Reviews, Vol. 24, No. 3, 275–292,
May 2004
Aufgabe 30
Untersuchen Sie die folgenden Maßnahmen auf dem Markt für Zigaretten und Tabak:
a) Eine Aufklärungskampagne über die Gefahren des Rauchens
b) Spezielle Beihilfen für die Tabakbauern in der Europäischen Union (diese gab es
tatsächlich bis 2010)
c) Nach Ablauf einer Übergangsfrist werden ab 2010 die Subventionen für Tabakbauern
in Höhe von knapp einer Milliarde Euro im Jahr, vollständig von der
Tabakproduktion entkoppelt.
Lösung
a) Ist die Kampagne erfolgreich, so verschiebt sich die Nachfragekurve nach links;
die insgesamt konsumierte Menge sinkt; allerdings sinkt auch der Preis, was – je
nach Steigung der beiden Kurven dazu führt, dass Rauchen wieder attraktiver
wird.
b) Diese Beihilfen führen dazu, dass sich die Angebotskurve nach unten verschiebt –
zu jedem Preis sind die Anbieter nun in der Lage, mehr anzubieten. Folge: Der
Preis sinkt, die konsumierte Menge steigt. Das passt nicht wirklich zu den
Absichten der Anti-Raucher-Kampagne.
c) Letzteres haben offenbar auch die verantwortlichen Politiker gemerkt, weswegen
sie das Programm dann umgestellt haben auf direkte Einkommensbeihilfen. Die
Angebotskurve verschiebt sich damit wieder nach oben; der Preis steigt, die
konsumierte Menge sinkt. Dazu die damalige Verbraucherministerin: "Das
entspricht unserem gesundheitspolitischen Ziel, den Nikotin-Missbrauch zu
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bekämpfen". Genau so ist es. Bleibt nur noch die Frage, warum man den
Tabakbauern einfach so Geld zuschiebt, das der Steuerzahler blechen muss.
Aufgabe 31
Erklären Sie folgende Begriffe und grenzen Sie diese gegeneinander ab: Zahlungsbereitschaft,
Konsumentenrente und Nachfragekurve.
Lösung
Die Zahlungsbereitschaft ist die Fläche unter der Nachfragekurve; das, was der
Konsument insgesamt bereit ist, für ein Produkt zu zahlen. Die Konsumentenrente ist
die Differenz zwischen der Zahlungsbereitschaft und dem Preis, den der Konsument
bezahlt; das ist die Fläche zwischen dem Preis und der Nachfragekurve. Die
Nachfragekurve zeigt die Zahlungsbereitschaft aller Konsumenten, geordnet nach der
Höhe ihrer Zahlungsbereitschaft (die höchste Zahlungsbereitschaft ist links).
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4. Anwendungen: Mindestlöhne, Höchstmieten und Jeans 2.
Wahl
Aufgabe 32
Die große Koalition hat sich dafür ausgesprochen, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen: jede
Finanztransaktion soll, ähnlich einer Mehrwertsteuer, mit einer Steuer belegt werden. Ziel der Steuer ist es
laut Koalition, die Finanzmärkte an den Kosten der vergangenen Finanzkrise zu beteiligen. Untersuchen Sie
die Folgen dieser Steuer mit Hilfe eines Angebot- Nachfrage-Diagramms und des Konzeptes der
Konsumenten- und Produzentenrente. Wer trägt die Last dieser Steuer? Welche Rolle spielt dabei die
Elastizität der Nachfrage und des Angebots? Gelingt es, die Banken zur Kasse zu bitten?
Untenstehende Grafik zeigt den Sachverhalt: Im Ausgangsgleichgewicht ohne Steuer gilt der
Preis p, zu dem die Menge m0 umgesetzt wird. Die Konsumentenrente beträgt B+C+E; die
Produzentenrente A+D+F.
Die Steuer verschiebt die Angebotskurve nach oben (um den Betrag des Steuersatzes); jetzt
entstehen zwei Preise: Der Bruttopreis pb, den die Konsumenten zahlen müssen und der
Nettopreis pn, den die Produzenten erhalten, die Differenz entspricht genau dem Steuersatz
und geht an den Fiskus. Die Konsumentenrente sinkt um B+C auf E; die Produzentenrente
sinkt um A+D auf F. B+A sind das Steueraufkommen, wobei die Konsumenten B an Steuern
zahlen, die Produzenten A. C+D repräsentiert den Wohlfahrtsverlust dieser Steuer, das sind
die Konsumenten, die nun keine Bankdienstleistungen mehr in Anspruch nehmen, weil es
ihnen zu teuer ist (Fläche C); Fläche D sind alle Banken, die nun aus dem Geschäft
ausscheiden, weil es sich nicht mehr für sie lohnt. Ergebnis: Einen Teil der Steuer werden die
Konsumenten
tragen
(Fläche
B),
und
einige
Konsumenten
werden
nun
keine
Bankdienstleistungen mehr nachfragen. Damit kann man nicht mehr ohne weiteres sagen,
dass man die Banken an den Kosten der Krisenbewältigung beteiligt; zumindest einen Teil
werden die Konsumenten tragen (nämlich B).
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Abbildung 3 Eine Steuer auf Bankdienstleistungen
Noch schlimmer werden diese Überlegungen, wenn man sich klar macht, dass wir alle
Bankdienstleistungen benötigen – dann wird die Nachfragekurve nämlich steiler, weil die
Nachfrage unelastisch wird. Nehmen wir einmal an, die Nachfrage ist komplett unelastisch,
die Nachfragekurve also eine Senkrechte. In der Ausgangslage ohne Steuern gilt dann der
Preis p, zu dem die Menge m0 umgesetzt wird. Die Produzentenrente ist die blaue Fläche A,
die Konsumentenrente ist die gesamte Fläche oberhalb des Preises p; begrenzt durch die
Nachfragekurve. Erhebt der Staat nun eine Steuer, so schlagen die Produzenten diese einfach
auf den ursprünglichen Preis drauf, ihr Nettopreis ist gleich dem alten Preis, ihre
Produzentenrente verändert sich nicht. Die Konsumenten hingegen zahlen jetzt den höheren
Bruttopreis, verlieren die gelbe Fläche B, konsumieren aber nach wie vor die gleiche Menge
an Bankdienstleistungen. Die Steuer ist komplett auf die Kunden überwälzt worden; sie
zahlen die Zeche der Bankenkrise. Ein unangenehmes Ergebnis: Je unelastischer die
Nachfrage nach Bankdienstleistungen, um so mehr tragen die Kunden der Bank die Last der
Steuer, die eigentlich die Banken bestrafen soll. Wer hingegen ohne Girokonto, private
Altersvorsorge und andere Finanzdienstleistungen auskommt, kann sich dieser Steuer
entziehen. (Wie viele werden das wohl sein?)
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Abbildung 4 Unelastische Nachfrage nach Bankdienstleistungen
Aufgabe 33
Höchstmieten werden oft als Ausweg aus der Wohnungskrise genannt, da sie – so die Idee – dafür sorgen,
dass jeder Mieter eine bezahlbare Wohnung erhält. Nehmen Sie kritisch Stellung zu dieser These.
Untersuchen Sie mit Hilfe der Konsumenten- und Produzentenrente die Folgen einer Höchstmiete für die
Gesamtwohlfahrt einer Volkswirtschaft und die Wohlfahrt der Mieter und der Vermieter.
Lösung
Der Höchstpreis ist nur wirksam, wenn er unterhalb des Gleichgewichtspreises p* angesetzt
wird –oberhalb ist er wirkungslos (warum?). Die Nachfrage steigt auf m2, das Angebot sinkt
auf m1; das Resultat ist ein Nachfrageüberhang. Dieser wird zu Schwarzmärkten und
Zahlungen unter der Hand führen – man bezahlt dem Vermieter offiziell die Höchstmiete, und
dann schwarz, unter der Hand einen Aufpreis.
Die Produzenten verlieren von ihrer Rente die Flächen A und C: A geht an die Konsumenten,
die trotz des gesunkenen Angebotes noch die Produkte zum Höchstpreis erwerben können –
sie bekommen das gleiche Produkt jetzt billiger (das ist die Menge m1). Diejenigen
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Produzenten, die nun nicht produzieren, weil ihnen die Miete zu gering ist, verlieren die
Fläche C. (m0 minus m1 Menschen bieten nun keine Wohnung mehr an)
Die Konsumenten gewinnen A hinzu (das ist die ehemalige Produzentenrente, die an die
Konsumenten umverteilt wird – wer immer noch eine Wohnung hat, bekommt diese jetzt
billiger, nämlich zur Höchstmiete) und verlieren B (das sind die Konsumenten, die nun keine
Wohnung mehr bekommen und deswegen ihre Konsumentenrente verlieren).
Der Nettowohlfahrtsverlust beträgt damit B+C – Höchstpreise sind wohlfahrtsschädlich.
Hinzu kommt, dass diese Maßnahme nicht unbedingt zielsicher ist, nämlich dann nicht, wenn
auch wohlhabende Menschen in den Genuss einer Wohnung zur Höchstmiete kommen. (Wem
vermieten Sie bei Wohnungsknappheit lieber – dem wohlhabenden Beamten oder dem
Studenten mit wenig Geld?)
p
A
N
B
p*
A
A
C
Höchstpreis
m1
m0
m2
Abbildung 5 Höchstmieten und ihre Folgen
Aufgabe 34
Als im vergangenen Jahr die Lebensmittelpreise anstiegen, haben einige Staaten Exportbeschränkungen
erlassen – den exportierenden Unternehmen im Inland wurde untersagt, Lebensmittel ins Ausland zu
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exportieren. Stellen Sie die Konsequenzen einer solchen Maßnahme im Angebots- Nachfragediagramm dar.
Welche Folgen hat das für die Konsumenten- und Produzentenrente?
Lösung
Dazu nehmen wir in der Ausgangslage an, dass die einheimischen Produzenten einen Teil
ihrer Produktion ins Ausland exportieren. Das bedeutet, dass der Preis p1 im Inland gilt; zu
diesem Preis produzieren die Unternehmen die Menge m3, die inländischen Konsumenten
konsumieren die Menge m1; die Different m3 minus m1 exportieren die Unternehmen ins
Ausland. Die Konsumentenrente ist dann die Fläche E (Fläche zwischen Preis p1 und
Nachfragekurve), die Produzentenrente besteht aus den Flächen A+B+C (Fläche zwischen
Preis p1 und der Angebotskurve).
Abbildung 6 Exportbeschränkungen
Jetzt verbietet der Staat den Unternehmen, Produkte ins Ausland zu exportieren. Was
passiert? Die Produzenten werden nur noch so viel produzieren, wie sie im Inland absetzen
können, und das ist die Menge m2, die sie dann zum Preis p2 im Inland absetzen können. Die
neue Konsumentenrente besteht aus den Flächen E+C; die Konsumenten gewinnen also C
dazu – sie können nun mehr Produkte zu einem geringeren Preis kaufen. Die Produzenten
verlieren die Flächen C + B, da sie nun weniger Produkte zu einem niedrigerem Preis
absetzen. Die Fläche C ist eine Umverteilung von Rente von den Produzenten an die
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Konsumenten, die Fläche B ist ein reiner Wohlfahrtsverlust, weil die Produzenten nun
weniger produzieren. Die Exportbeschränkungen helfen also zwar den Konsumenten, schaden
aber den Produzenten, und das sind im Falle der Entwicklungsländer oftmals keine
Großkonzerne, sondern eher Kleinbauern. Und die Regierung macht sich bei den
Konsumenten auf Kosten der Produzenten beliebt.
Aufgabe 35
Angesichts der steigenden Preise für Energie und Benzin werden Stimmen laut, die Höchstpreise für diese
Produkte fordern. Stellen Sie in einem einfachen Angebots-Nachfrage-Diagramm die Folgen einer solchen
Politik dar – wann sind solche Höchstpreise wirksam und welche Folgen haben Sie am Markt? Untersuchen
Sie unter Verwendung des Konzepts der Konsumenten- und Produzentenrente die Folgen dieser Politik für
die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt.
Lösung
p
A
N
B
p*
A
A
C
Höchstpreis
m1
m0
m2
Abbildung 7 Höchstpreise für Energie
Der Höchstpreis ist nur wirksam, wenn er unterhalb des Gleichgewichtspreises p* angesetzt
wird –oberhalb ist er wirkungslos. Die Nachfrage steigt auf m2, das Angebot sinkt auf m1;
das Resultat ist ein Nachfrageüberhang. Dieser wird zu Schwarzmärkten und Zahlungen unter
der Hand führen. Die Konsumenten gewinnen A und verlieren B: A geht an die
Konsumenten, die trotz des gesunkenen Angebotes noch Benzin zum Höchstpreis erwerben
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können – sie bekommen das gleiche Produkt jetzt billiger. Diejenigen Konsumenten, die nicht
mehr zum Zuge kommen, verlieren allerdings die Konsumentenrente B.
Die Produzenten verlieren A (das ist die Produzentenrente, die an die Konsumenten
umverteilt wird) und C (das ist der Verlust an Produzentenrente aufgrund gesunkener
Produktion); der Nettowohlfahrtsverlust beträgt damit B+C.
Aufgabe 36
Der ehemalige Vorsitzende der SPD, Kurt Beck, hat einen Höchstlohn für Manager vorgeschlagen.
Analysieren Sie diesen Vorschlag im Hinblick auf seine Folgen für den Markt für Manager und die
Wohlfahrt auf diesem Markt.
Lösung
Auch das ist ein einfacher Höchstpreis – das funktioniert also wie im Falle der Höchstmieten
und der Höchstpreise für Benzin; der Preis ist der Arbeitslohn, die Anbieter sind die Manager,
die ihre eigene Arbeitskraft anbieten, die Nachfrager die Unternehmen, die Manager suchen.
Abgesehen von den Wohlfahrtsverlusten werden Managertalente Deutschland den Rücken
kehren, und die Unternehmen werden ihre Manager auf Umwegen höher entlohnen, um diese
Höchstlohnregelung zu unterlaufen.
Aufgabe 37
Um Jugendliche vor dem Alkoholismus zu bewahren, wurde eine Steuer auf alkoholische Mischgetränke, so
genannte Alcopops eingeführt. Analysieren Sie diese Steuer. Wer trägt die Last der Steuer?
Lösung
Das ist eine ganz normale Steuer, wie wir sie bereits kennen gelernt haben: Auf die alte
Angebotskurve A wird nun der Steuersatz t draufgeschlagen, weswegen sich die
Angebotskurve nach A` verschiebt. Wir kriegen ein neues Marktgleichgewicht zum Preis PB
(das ist der Bruttopreis inklusive Steuern) und der verkauften Menge m1. Das alte
Gleichgewicht war die Menge M0 zum Preis p.
Die alte Konsumentenrente war die Flächen E+B+C, die Neue Konsumentenrente ist nur noch
E. B ist der Verlust der Konsumentenrente für alle Jugendlichen, die nach wie vor Alcopops
konsumieren, aber dafür nun einen höheren Preis bezahlen; C ist der Verlust an
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Konsumentenrente, den alle Jugendlichen hinnehmen müssen, die aufgrund des gestiegenen
Preises nun keine Alcopops mehr trinken.
Abbildung 8 Eine Steuer auf Alcopops
Die alte Produzentenrente ist die Fläche A+D+F, die neue Produzentenrente ist die Fläche F,
da die Produzenten ja nur den Nettopreis Pn bekommen, die Differenz zwischen dem Bruttound dem Nettopreis geht ja als Steuer an den Staat. D ist der Teil der Produzentenrente, auf
den alle Anbieter verzichten, die nun keine Alcopops mehr herstellen, weil der Preis, den sie
erhalten (der Nettopreis), ihnen zu gering ist. A ist der Teil der Produzentenrente, auf den alle
Produzenten verzichten, die nach wie vor Alcopops verkaufen, aber einen geringeren Preis
mehr bekommen; A ist der Teil der Produzentenrente, der als Steuer an den Fiskus geht. C+D
sind der Nettowohlfahrtsverlust dieser Steuer.
Was passiert? Ganz einfach: die Nachfrage dürfte sehr elastisch sein (die Nachfragekurve also
recht flach), weil die Jugendlichen einfach keine Alcopops mehr kaufen, sondern sich ihre
eigenen Alcopops mischen werden. Das macht diese Steuer recht unergiebig und wenig
wirksam, die Unternehmen werden dabei am meisten draufzahlen.
Aufgabe 38
Zur Steuerung der Konjunktur hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr eine Abwrackprämie
beschlossen; wer sein altes Auto verschrottete, bekam beim Kauf des neuen Autos eine Subvention.
Analysieren Sie die Folgen dieser Maßnahme für Konsumenten- und Produzentenrente; wie verändert sich
die Gesamtwohlfahrt?
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Lösung
Das funktioniert wie bei der Steuer – nur anders herum. Also: In der Ausgangslage gibt es
keine Subvention, zum Preis p werden m0 Autos verkauft. Nun bekommt jeder Bürger beim
Kauf eines neuen Autos (und wenn er zugleich sein altes Auto verschrottet) vom Staat 2500
Euro – das verschiebt die Nachfragekurve um genau diesen Betrag (S=2500) von N nach N`.
Wie man sieht, kommt ein neuer Preis Pb zustande, das Angebot steigt, es werden nun m1
Autos verkauft. Pb ist allerdings der Bruttopreis, also der Preis inklusive der Subvention; die
Konsumenten zahlen tatsächlich aus eigener Tasche nur Pn, die Produzenten aber bekommen
den Preis Pb also Nettopreis plus Abwrackprämie.
Abbildung 9 Die Abwrackprämie
Die Konsumentenrente steigt um das Feld A, zum einen, weil einige Konsumenten nun
weniger für ihr Auto bezahlen müssen und nun noch weitere Konsumenten hinzukommen, die
zuvor kein Auto gekauft haben (Vorsicht: der Nutzen den die Bürger aus dem Auto beziehen,
bestimmt sich nach wie vor über die alte Nachfragefunktion; die verschobene
Nachfragefunktion kommt ja nur dadurch zustande, indem der Staat dieses Produkt für die
Kunden künstlich billiger macht). Die Produzentenrente steigt um die Fläche B, weil die
Produzenten nun mehr Autos herstellen und dafür einen höheren Preis bekommen.
Konsumenten und Produzenten gewinnen also beide an Rente hinzu. Damit ist auch klar, dass
ein Teil der Abwrackprämie in den Taschen der Automobilhersteller landet, weil diese
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aufgrund der gestiegenen Nachfrage die Preise erhöhen. Wer sich dabei mehr von diesem
Kuchen in die Tasche steckt, hängt von den Steigungen der beiden Kurven nach, also den
Elastizitäten des Angebots und der Nachfrage.
Doch das ist nicht das Ende – die Subvention muss ja auch finanziert werden, und das macht
der Staat, indem er Steuern erhebt. Die Kosten der Subvention kann man in der Abbildung
zeigen, das ist die Menge der verkauften Autos m1, multipliziert mit der Höhe der
Abwrackprämie (Bruttopreis, den die Verkäufer bekommen, minus Nettopreis, den die
Kunden zahlen); das ist das Rechteck, das sich aus den Flächen A, B und C zusammensetzt.
Damit ist klar, dass der Zuwachs der Konsumenten- und Produzentenrente kein
Wohlfahrtsgewinn ist, sondern nur eine Umverteilung von Wohlfahrt von den Steuerzahlern
zu den Käufern und Verkäufern der Autos. Und nicht nur das: Die Flächen A und B sind also
Steuergelder, die umverteilt werden, aber die Fläche C sind auch Steuergelder, die aber weder
den Konsumenten noch den Produzenten zugutekommen – das ist ein echter
Wohlfahrtsverlust. Der lässt sich auch recht einfach erklären: Auf der Strecke zwischen m0
und m1 stellen wir Autos her, deren Herstellkosten (dargestellt durch die Höhe der
Angebotskurve) über dem Nutzen liegen, den diese Autos den Käufern stiften (das ist die
Höhe der Nachfragefunktion, da diese ja die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten
repräsentiert). Mit anderen Worten: Wir stellen m1 minus m0 Autos her, deren Nutzen für die
Konsumenten geringer ist als die Herstellkosten. Und wenn man etwas herstellt, das mehr
kostet, als es den Käufern wert ist, dann ist das ein Wohlfahrtsverlust, das ist die Fläche C.
wir verwenden also Steuergelder, damit sich Menschen ein Auto kaufen, das sie sich zum
Marktpreis nie kaufen würden, weil es ihnen das nicht wert ist.
Aufgabe 39
Warum gibt es Kinotage und Jeans zweiter Wahl? Argumentieren Sie unter Zuhilfenahme des Konzepts der
Konsumenten- und Produzentenrente grafisch und verbal.
Lösung
Hierbei handelt es sich um Preisdiskriminierung: Man trennt den Markt, indem man aus
einem Produkt zwei (scheinbar) verschiedene Produkte macht und so die unterschiedliche
Zahlungsbereitschaft der Konsumenten ausnutzen kann.
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p
N
A
A
pt
B
C
pb
E
D
qM
q
Abbildung 10 Kinotage und Jeans zweiter Wahl
Man verlangt nun zwei Preise; einen hohen Preis pt (für Jeans erster Wahl und Kino an den
Wochenenden) und einen niedrigen Preis pb (für Jeans zweiter Wahl und Kinotage), und
macht damit aus Konsumentenrente Produzentenrente:
Alte KR: A+B+C
Neue KR: A+C; die Konsumenten mit hoher Zahlunsgbereitschaft zahlen pt (kaufen erste
Wahl oder gehen am Wochenende ins Kino) und verlieren dadurch B an Konsumentenrente;
die Sparbrötchen gehen an den Kinotagen ins Kino oder kaufen zweite Wahl und zahlen
weiterhin pb. Und behalten ihre Konsumentenrente C.
Alte PR: D+E. Neue PR: D+E+ B; die Produzenten verkaufen jetzt die erste Wahl (die KinoSamstage)
zum
hohen
Preis
und
können
damit
den
Konsumenten
mit
hoher
Zahlungsbereitschaft das Rechteck B an Konsumentenrente entreißen; die Sparbrötchen
bekommen weiterhin das Produkt zum billigen Preis, allerdings zweite Wahl respektive an
Kinotagen.
Aufgabe 40
In der Zeitung lesen Sie folgende Meldung: „Hollywood boykottiert Indonesien: Da die Regierung in Jakarta
neue Steuern auf den Filmverleih erhebt, liefern die US-Studios kaum neue Filme. Statt "Harry Potter" oder
"Fluch der Karibik" müssen die Kinogänger mit indonesischen Billigfilmen Vorlieb nehmen.“ Erklären Sie,
was hier passiert.
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Lösung
Die Angebotskurve wird durch die neue Steuer nach oben verschoben, das führt zu steigenden
Preisen und sinkender konsumierter Menge. Die Tatsache, dass die inländischen Anbieter
diese Filme nun nicht mehr anbieten, deutet darauf hin, dass die Nachfrage sehr elastisch ist –
das führt dann zu einem starken Rückgang der auf dem Markt gehandelten Menge. Die
Produzenten der amerikanischen Filme tragen damit die Hauptlast der Steuer, weil sie auf
einen großen Teil ihrer Produzentenrente verzichten müssen. Offenbar sind die Indonesier
nicht so heiß auf amerikanische Filme: Wäre das der Fall, dann wäre ihre Nachfrage sehr
unelastisch, das würde dazu führen, dass sie anstandslos die Steuer tragen und die Menge der
konsumierten Filme kaum zurück geht. Oder aber die Steuer ist unverschämt hoch, dass auch
unelastische Nachfrage das nicht mehr rettet.
Aufgabe 41
In der Süddeutschen Zeitung vom 9.06.2001 lesen Sie unter der Überschrift „Und die Gewerbesteuer bleibt“
folgendes: „Hinzu kommt, dass die Gegner (der Gewerbesteuer, H.B.) in eineinhalb Jahrzehnten kein
einziges Alternativmodell präsentieren konnten, bei dem nicht ein Teil der Steuerlast, die heute allein bei der
Wirtschaft liegt, auf die Bürger verschoben wird“. Der Verfasser des Kommentars unterstellt also, dass die
Gewerbesteuer alleine von den Unternehmen getragen wird. Nehmen Sie dazu Stellung.
Lösung
Das ist eine recht unrealistische Vorstellung: Die Unternehmen werden versuchen, die Last
der Gewerbesteuer auf die Käufer Ihrer Produkte zu überwälzen, und je mehr ihnen das
gelingt, umso mehr werden die Kunden die Last der Gewerbesteuer tragen. Die Grafik dazu
kennen Sie hinlänglich: Die Gewerbesteuer verschiebt die Angebotskurve nach oben, es
entsteht ein Bruttopreis (inklusive der Gewerbesteuer), den die Konsumenten zahlen sowie
ein Nettopreis (den die Unternehmen einbehalten), und jetzt kommt es auf die Steigung der
Kurven an, wer die größere Last dieser Steuer tatsächlich trägt. Je unelastische die Nachfrage
(das Angebot) ist, umso mehr werden die Kunden der Unternehmen (die Unternehmen) die
Gewerbesteuer tragen. Der Verfasser des Artikels unterliegt vermutlich der Illusion, dass die
Unternehmen die Steuer tragen, weil sie diese direkt zahlen. Würde das stimmen, dann würde
der Tankwart auch für uns die Mineralölsteuer zahlen.
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5. So funktionieren Unternehmen
Aufgabe 42
Erläutern Sie kurz das Ertragsgesetz. Beschreiben Sie dazu eine typische Produktionsfunktion und erläutern
Sie deren Verlauf. Erläutern Sie, warum diese Kurve so verläuft.
Lösung
Das Ertragsgesetz erklärt den Zusammenhang zwischen der Menge der Produktionsfaktoren
und dem daraus resultierenden Produktionsertrag; beschrieben wird dieser Zusammenhang
durch die Produktionsfunktion. Dabei unterstellt man, dass zunächst bei geringen Mengen von
Produktionsfaktoren die Grenzerträge steigen; d.h. jede weitere zusätzliche Einheit eines
Produktionsfaktors führt zu einem überproportionalen Anstieg der Ertragsmenge. Also: Wenn
ein Sack Dünger die Ernte um eine Tonne steigert und zwei Sack Dünger die Ernte um zwei
Tonnen, dann führt ein dritter Sack Dünger zu einem Anstieg der Ernte um mehr als eine
Tonne, beispielsweise um zwei Tonnen. Ein zusätzlicher Sack Dünger hat also die Ernte um
mehr gesteigert als der zuvor zusätzlich eingesetzte Sack. Der Zuwachs an Ertrag steigt also
mit steigender Menge von Produktionsfaktoren. Die Steigung der Produktionsfunktion ist also
zunächst positiv, d.h. sie wird mit zunehmendem Einsatz des Produktionsfaktors steiler.
Ab einem bestimmten Punkt sinken aber die Grenzerträge, d.h. beispielsweise, dass der vierte
Sack Dünger die Ernte nur noch um eine Tonne steigert; der Zuwachs an Ernte durch einen
weiteren Sack sinkt also. Aber Vorsicht: Die Ernte steigt insgesamt immer noch, nur die
Zuwachsraten sinken wieder. Die Steigung der Produktionsfunktion sinkt dann wieder, wird
zunehmend flacher.
Zusammengenommen ergibt das die klassische Produktionsfunktion nach dem Ertragsgesetz:
Zunächst steigende, dann sinkende Grenzerträge.
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Aufgabe 43
Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen Produktionsfunktion und Kostenfunktion.
Lösung
Die Kostenfunktion wird aus der Produktionsfunktion abgeleitet. Die Produktionsfunktion
fragt danach, welchen Ertrag man mit einer vorgegebenen Menge an Produktionsfaktoren
erzielen kann. Damit ist die Menge der Produktionsfaktoren die frei wählbare Variable,
deswegen steht sie auf der waagrechten Achse. Die Kostenfunktion fragt hingegen nach den
Kosten, die entstehen, wenn man einen bestimmten Ertrag möchte. Hier ist der Ertrag frei
wählbar, weswegen er nun auf der horizontalen Achse steht (bei der Produktionsfunktion steht
er auf der vertikalen Achse). Der Zusammenhang zwischen den Kosten und der Menge der
Produktionsfaktoren in der Produktionsfunktion ist einfach: Die Kosten sind die Menge der
eingesetzten Produktionsfaktoren, multipliziert mit ihrem Preis. Dieser Wert steht bei der
Kostenfunktion auf der vertikalen Achse. Also: Um von der Produktionsfunktion zur
Kostenfunktion zu kommen, wandert der Ertrag von der vertikalen Achse auf die horizontale
Achse, und die Produktionsfaktoren werden mit ihrem Preis multipliziert und wandern von
der horizontalen Achse auf die vertikale Achse – und schon ist aus der Produktionsfunktion
eine Kostenfunktion geworden.
Aufgabe 44
Nennen und erläutern Sie die verschiedenen Kostenarten und erläutern Sie den Verlauf der
Grenzkostenkurve und der Durchschnittskostenkurve.
Lösung
Die Fixkosten sind die Kosten die immer anfallen, unabhängig davon, wie viel das
Unternehmen produziert. Bei einem Zeitungsunternehmen beispielsweise sind das die Kosten
für die Druckmaschinen – die fallen stets an, egal, wie hoch die gedruckte Auflage ist.
Langfristig allerdings können auch diese Kosten sich verändern: Wenn die Zeitung ihre
Auflage erhöht und kann diese Auflage nicht mehr mit Hilfe der bisherigen Druckmaschinen
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drucken, dann muss eine weitere Maschine her – damit werden die Maschinenkosten
sprungfix, wie man das nennt.
Die variablen Kosten hängen direkt von der Produktion. Das sind beispielsweise die direkten
Bestandteile des Produktes; bei einem Zeitungsunternehmen steigen die Kosten für Papier
immer, wenn die produzierte Auflage steigt. Die Summe aus variablen und fixen Kosten sind
die Gesamtkosten.
Dann gibt es noch die Durchschnittskosten das sind die Kosten je produzierter Einheit, also
die gesamten Kosten (also fixe Kosten plus variable Kosten) dividiert durch die Anzahl der
produzierten Stücke.
Die Grenzkosten sind die zusätzlichen Kosten die anfallen, wenn Sie eine weitere Einheit
herstellen. Also: Sie haben bisher eine Million Zeitungen gedruckt, das hat sagen wir eine
Million Euro gekostet. Jetzt drucken Sie eine Million und eine Zeitungen, und die Kosten
steigen auf eine Million und 60 Cents – dann betragen die Grenzkosten dieser Zeitung 60
Cents.
Aufgabe 45
In Ihrem Betrieb stellen Sie jeden Tag sechs Tische her, in einem einfachen Produktionszusammenhang: für
jeden Tisch benötigen Sie vier Meter Holz, sonst nichts. (Ihre Arbeitskraft setzen Sie mit Null an, Nägel
brauchen Sie keine, da der Tisch mit Holzkeilen zusammengehalten wird)
a) Zeichnen Sie die Produktionsfunktion. Welche Besonderheit hat sie, verglichen mit
Produktionsfunktionen, die dem Ertragsgesetz unterliegen? Bestimmen Sie
Grenzertrag und Durchschnittsertrag.
b) Zeichnen Sie die Kostenfunktion. Nehmen Sie dazu an, dass ein Meter Holz drei Euro
kostet. Bestimmen Sie Grenzkosten und Durchschnittskosten.
c) Wenn Sie mehr als sechs Tische am Tag herstellen, benötigen Sie allerdings einen
Gehilfen, dem Sie 30 Euro pro Tag zahlen müssen. Bestimmen Sie Grenzkosten und
Durchschnittskosten. Was passiert mit der Kostenfunktion aus Aufgabe b)?
a)
Die Produktionsfunktion ist das, was man linear nennt: die Grenzerträge sind konstant, jeder
weitere Meter Holz erbringt einen viertel Tisch. Die Produktionsfunktion ist eine Gerade. Das
Grenzprodukt ist dann ein viertel Tisch je Meter Holz; der Durchschnittsertrag ist ebenfalls
konstant, er beträgt ein viertel (pro Meter Holz stellen wir ein viertel Tisch her).
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7
6
Tische
5
4
3
2
1
0
0
5
10
15
20
25
30
Holz
Abbildung 11 Eine lineare Produktionsfunktion
Im Gegensatz zu Produktionsfunktionen, die dem Ertragsgesetz unterliegen, sind hier also
Grenzertrag und Durchschnittsertrag konstant.
b)
Wenn die Grenzerträge konstant sind, dann sind es auch die Grenzkosten, auch die
Kostenfunktion ist eine Gerade. Die Grenzkosten betragen jetzt 12 Euro; jeder weitere Tisch
verursacht zusätzliche Kosten von drei Euro mal vier Meter Holz, macht zwölf Euro. Die
Durchschnittskosten sind nun ebenfalls konstant, sie betragen ebenfalls 12 Euro (jeder Tisch
kostet im Durchschnitt in der Herstellung 12 Euro.
Kosten
80
70
60
50
40
30
20
10
0
0
1
2
3
4
5
6
7
Tische
Abbildung 12 Die Kostenfunktion zu Abbildung 11
c)
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Ab den sechsten Tisch weist die Kostenfunktion nun einen Knick auf – das sind die
zusätzlichen 30 Euro, die Sie dem Gehilfen zahlen müssen. Allerdings ist dieser Knick nur an
dieser Stelle, ab dem siebten Tisch hat die Kurve wieder die gleiche Steigung, die
Grenzkosten pro Tag betragen nun wieder 12 Euro. Wenn Sie statt sieben Tischen nun acht
Tische pro Tag herstellen, dann entstehen Ihnen nur die zusätzlichen Kosten für das Holz, den
Gehilfen haben Sie ja für diesen Tag schon bezahlt.
Kosten
160
140
120
100
80
60
40
20
0
0
2
4
6
8
10
Tische
Abbildung 13 Sprungfixe Kosten
Die Durchschnittskosten allerdings verändern sich: ab den siebten Stück verändern sie sich
jetzt, sie steigen zunächst sprunghaft an, sinken dann im weiteren Verlauf wieder (hier findet
eine Fixkostendegression statt – ob der Gehilfe nun einen Tische oder vier Tische mit
herstellt, verändert nicht die Personalkosten, das führt zu sinkenden Durchschnittskosten).
Man nennt diese Form der Kosten auch sprungfixe Kosten; so etwas gibt es beispielsweise bei
Tageszeitungen: ab einer gewissen Auflagenzahl benötigt man weitere Druckkapazitäten, mit
denen man dann wieder eine Weile auskommt; die (Durchschnittskosten steigen sprunghaft an
und sinken danach wieder mit weiter steigender Auflage.
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Durchschnittskosten
17
16
15
14
13
12
11
10
0
2
4
6
8
10
Tische
Abbildung 14 Durchschnittskosten und sprungfixe Kosten
Aufgabe 46
Sie haben aus der Beobachtung Ihrer vergangenen Semester einen klaren Zusammenhang ermittelt zwischen
Ihrem Lernaufwand und der Note, die Sie mit diesem Lernaufwand erzielen und diesen Zusammenhang in
der untenstehenden Tabelle festgehalten.
a) zeichnen Sie die Produktionsfunktion
b) Unterliegt ihre Produktion guter Noten dem Ertragsgesetz? Begründen Sie Ihre
Antwort.
Lernstunden
Note
0
6
5
5
7
4
8
3
11
2
15
1
Tabelle 4 Lernaufwand und Notenertrag
Lösung
a) So sieht die Produktionsfunktion aus:
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Lernaufwand
0
2
4
6
8
10
12
14
16
0
1
Note
2
3
4
5
6
7
Abbildung 15 Lernaufwand und Notenertrag als Produktionsfunktion
Man muss nur an einer Stelle aufpassen: Die absoluten Werte der Noten selbst verwirren –
eine Eins ist natürlich als Ergebnis des Produktionsprozesses mehr als eine sechs oder eine
fünf, lassen Sie sich also nicht von den Zahlen verwirren, eine bessere Note ist ein höherer
Ertrag.
b) Die Produktionsfunktion hat in der Tat die klassische Form: Steigende Grenzerträge zu
Beginn (wer statt 5 Stunden 7 Stunden lernt, verbesserte sich um eine Note, lernt man noch
eine Stunde zusätzlich, dann verbessert man sich nochmals um eine Note); gegen Ende sinken
die Grenzerträge aber wieder (wer statt 8 Stunden 11 Stunden lernt, verbessert sich von einer
drei auf eine zwei; doch um auf eine Eins zu kommen, muss man nun noch einmal 4 Stunden
zulegen). Warum ist klar: Um von einer fünf auf eine vier zu kommen, ist wenig zusätzlicher
Aufwand nötig – ein paar Definitionen gelernt, etwas mehr mit der Materie beschäftigen, und
schon verbessert man sich. Genau das sind steigende Grenzerträge. Ganz oben wird es dann
schon enger: Es ist wesentlich leichter, von einer 5 auf eine 4 zu kommen, als von einer 2 auf
eine Eins, im letzteren Fall ist schon mehr Aufwand nötig; hier sinken die Grenzerträge des
Lernens wieder.
Aufgabe 47
Welche Möglichkeiten kennen Sie, um Manager zu entlohnen? Welche Vor- und Nachteile haben die
verschiedenen Lohnformen?
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Lösung
Das ist im Grunde genommen so ähnlich wie das Taxifahrerproblem, die Lösungen dafür
kennen Sie bereits:
Festgehalt. Das sorgt für ein sorgenfreies Leben des Managers, man muss befürchten, dass er
sich dann nicht sonderlich anstrengen wird.
Dann gibt es den Shareholder value: Die Entlohnung des Managers orientiert sich am Wert
des Unternehmens; je mehr Gewinne das Unternehmen macht, um so wertvoller wird es, und
an diesem Wert des Unternehmens – gemessen an seinem Aktienkurs – orientiert sich dann
die Entlohnung des Managers. Die Idee ist grundsätzlich richtig, aber der Teufel steckt wie so
oft im Detail:
-
-
da wäre die Definition von Erfolg: ab welchem Aktienkurs war der Manager denn
erfolgreich? In vielen Fällen haben Manager viel zu geringe Kurszuwächse als Erfolg
definiert und sich dann dafür belohnt. Es kommt hinzu, dass der Aktienkurs ja auch
ohne Zutun des Managers steigen kann – er wird aber dafür belohnt
dann ist die Frage, welchen Zeitraum man als Erfolgsmaßstab nimmt. In vielen Fällen
haben Manager recht kurze Zeiträume als Maßstab angelegt, dann den Aktienkurs
kurzfristig nach oben getrieben und kassiert. Das ist nicht im Sinne des Erfinders.
Also: über welchen Zeitraum muss der Aktienkurs steigen? Zu kurz – die Manager
kassieren zu viel und zu schnell. Zu lang – der Anreiz für die Manager entfällt.
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6. So funktioniert das Angebot
Aufgabe 48
Erläutern Sie die Gewinnmaximierung eines Unternehmens bei vollkommenem Wettbewerb (im Polypol).
Lösung
Das Unternehmen stellt ein klassisches Marginalkalkül an: Es fragt sich, ob die Kosten einer
zusätzlich produzierten Einheit geringer sind als der damit verbundene zusätzliche Erlös –
solange das der Fall ist, wird es die Produktion steigern. Solange die zusätzlichen Erlöse der
nächsten produzierten Einheit (die Grenzerlöse) größer sind als die mit der Produktion dieses
Stückes verbundenen zusätzlichen Kosten (die Grenzkosten), wird das Unternehmen die
Produktion und seinen Gewinn steigern. Liegen hingegen die Grenzkosten über den
Grenzerlösen, so wird das Unternehmen die Produktion reduzieren. Das Gewinnmaximum
liegt dort, wo die Grenzerlöse gleich den Grenzkosten sind. Da der Grenzerlös im Falle
vollkommener Konkurrenz stets gleich dem Preis ist – es sind so viele Unternehmen am
Markt, dass das einzelne Unternehmen keinen Einfluss auf den Preis hat, egal, wie viel es
produziert; zugleich sind die Produkte absolut identisch (homogen), so dass es keine
Möglichkeit gibt, den Verkauf durch Marketing oder Produktvariationen zu steigern.
Aufgabe 49
Im Internet finden Sie folgendes Angebot: Abonnieren Sie eine Zeitschrift für ein Jahr, so kostet das 49,90
Euro, zugleich aber bekommen Sie beim Abschluss der Barprämie 40 Euro geschenkt. Auch andere
Zeitschriften locken mit Prämien – Radios, Tankgutscheine –, die oftmals so viel wert sind wie das Ganze
Jahresabonnement. Nach einem Jahr können Sie unverbindlich kündigen, so dass Sie unter dem Strich einen
guten Fang gemacht haben. Was ist die produktionstechnische Begründung für diese scheinbar teure
Strategie der Zeitschriften?
Lösung
Zwei Argumente für diese Strategie haben nicht mit der Produktionstechnik zu tun: Argument
Nummer eins ist die Behäbigkeit der Leute, die Verlage hoffen, dass die Leute das
Abonnement nach einem Jahr nicht abbestellen oder vergessen, es abzubestellen. Nummer
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zwei: Je mehr Leser man hat, desto attraktiver wird die Zeitschrift für die Unternehmen, die in
der Zeitschrift inserieren.
Aber was ist mit der produktionstechnischen Seite? Der entscheidende Grund, der diese
Strategie möglich macht, sind die hohen Fixkosten: Der Druck, die Redaktion – das alles
muss man bezahlen, egal, ob man nun 100 oder 10.000 Exemplare seiner Zeitschrift verkauft.
Mit anderen Worten: Die Grenzkosten einer weiteren verkauften Zeitschrift sind extrem
gering (etwas Druckerschwärze, das Papier und der Transport), so dass man weitere
Exemplare zu geringen Preisen verkaufen kann; und jedes weitere verkaufte Exemplar senkt
dann noch die Durchschnittskosten. Kurzum – es kostet fast nichts, ein paar Exemplare zu
verschenken, was einige Verlage denn auch zur Genüge tun, auch wenn sie das nicht gerne
offen zugeben.
Aufgabe 50
Gegeben ist folgende Kostenfunktion für ein Unternehmen, das sich in vollkommener Konkurrenz befindet:
Ertrag
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Kosten
13
17
20
22
23
25
28
32
37
43
Tabelle 5 Eine Kostenfunktion bei vollkommener Konkurrenz
Bestimmen Sie die Angebotsfunktion. Ab welchem Punkt wird das Unternehmen überhaupt anbieten? Zeigen
Sie Ihre Lösung grafisch.
Lösung
Da im vollkommenen Wettbewerb die Preis-Grenzkosten-Regel gilt, müssen wir zunächst die
Grenzkosten bestimmen. Ebenfalls bestimmen müssen wir die Durchschnittskosten, da das
Betriebsminimum, also der Punkt, ab dem ein Anbieter bei vollkommenen Wettbewerb das
Angebot beginnt, im Durchschnittskostenminimum liegt, also dort, wo sich Grenzkostenkurve
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und Angebotskurve schneiden. Also brauchen wir zunächst folgende Arbeitstabelle, bei der
wir der Einfachheit halber gleich den Gewinn mit ausweisen:
Menge
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Kosten
13
17
20
22
23
25
28
32
37
43
Durchschnittskosten Grenzkosten
13
13
8,5
4
6,666666667
3
5,5
2
4,6
1
4,166666667
2
4
3
4
4
4,111111111
5
4,3
6
Gewinn
0
-9
-11
-14
-18
-13
-7
0
8
17
Tabelle 6 Lösungstabelle zu Aufgabe 50
Der Gewinn ergibt sich wie folgt: produzierte Menge mal dem Preis (der ja gleich den
Grenzkosten sein muss) minus der Gesamtkosten. Also bei sieben Stück beispielsweise: (7
Stück * 3 Euro) minus 28 macht minus 7. Aus der Tabelle können wir dann rasch die
Grafiken entwickeln:
14
13,00
13
Grenzkosten, Durchschnittskosten
12
10
Durchschnittskosten
Grenzkosten
8,50
8
6,67
6
5,50
4
4
3
2
2
6
4,60 4,00 4
4,17
3
2
1
5
4,30
4,11
0
0
2
4
6
8
10
12
Ertrag
Damit sind wir auch schon fertig: bei einer Ausbringungsmenge von 8 sind die Grenzkosten
gleich den Durchschnittskosten, hier liegt das Betriebsminimum, ab diesem Punkt beginnt die
Angebotskurve (in der Tat zeigt uns die Berechnung des Gewinns in der Tabelle, dass bei
jedem Preis vor diesem Punkt der Gewinn negativ ist. Die Angebotskurve ist nun also der
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aufsteigende Ast der Grenzkostenkurve, beginnend ab dem Stückkostenminimum, also ab der
Menge von 8 Stück.
Aufgabe 51
Erläutern Sie die Preisbildung im Monopol. Zeigen Sie mit Hilfe von Konsumenten- und Produzentenrente,
welche Folgen ein Monopol für Produzenten, Konsumenten und Gesamtwohlfahrt hat.
Lösung
Es gilt nach wie vor Grenzkosten gleich Grenzerlöse für die Gewinnmaximierung, nur mit
dem Unterschied, dass der Preis nun nicht mehr konstant ist, sondern sich mit steigender
Produktionsmenge ändert – da der Monopolist der einzige Anbieter ist, steigt das
Gesamtangebot am Markt, wenn er sein Angebot erhöht, und dieses Mehrangebot wird er nur
los, wenn er den Preis senkt. Wir zeichnen nun also in die Grafik die Grenzerlöskurve ein, die
anzeigt, dass der Grenzerlös mit steigender Menge fällt, und bestimmen den Schnittpunkt
zwischen Grenzerlöskurve und Grenzkostenkurve – bei dieser produzierten Menge sind die
Grenzkosten gleich dem Grenzerlös. Nun geht man von dieser Menge hoch auf die
Nachfragekurve und erhält den zugehörigen Preis, den man dazu verlangen kann.
Abbildung 16 Preisbildung im Monopol
Die Folgen für die Wohlfahrt zeigen sich, wenn man die Produzenten- und Konsumentenrente
im Monopol mit derjenigen bei vollkommenem Wettbewerb vergleicht.
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Dazu muss man das obige Schaubild nur ein wenig umdeuten: Die Nachfragekurve bleibt die
Nachfragekurve, bei vollkommenen Wettbewerb aber würde sich das Angebot durch den
Schnittpunkt von Nachfragekurve und Angebotskurve bestimmen, und wir wissen, dass bei
vollkommenen Wettbewerb die Angebotskurve gleich dem aufsteigenden Ast der
Grenzkostenkurve ist. Preis und Menge im Gleichgewicht bestimmen sich dann durch den
Schnittpunkt der Nachfragekurve und der Angebotskurve (also der Grenzkostenkurve), die
Konsumentenrente beträgt A+B + C, die Produzentenrente D+ E.
Im Monopol beträgt die Konsumentenrente A; die Konsumenten verlieren also B + C. B ist
der Teil der Rente, der wegen des höheren Preises an den Monopolisten geht; C sind alle jene
Konsumenten, die ihre Rente verlieren, weil das Produkt ihnen nun zu teuer geworden ist und
sie es gar nicht mehr konsumieren. Die neue Produzentenrente beträgt B + D; die Produzenten
gewinnen also B dazu (das ist der Teil der Rente, den sie den Konsumenten wegen des
höheren Preises abknöpfen können), verlieren aber E (das ist der Teil der Produzentenrente,
den sie verlieren, weil sie jetzt statt der Menge MW nur noch die Menge MM herstellen; der
Teil der Produzentenrente, den sie mit der Herstellung der größeren Menge erzielt haben, geht
natürlich verloren). C und E sind der Nettowohlfahrtsverlust, der dann entsteht, wenn aus
vollkommenem Wettbewerb ein Monopol wird.
Abbildung 17 Wohlfahrtseffekte des Monopols
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Aufgabe 52
Wovon hängt die Höhe des Wohlfahrtsverlustes im Monopol ab?
Lösung
Schaut man auf Abbildung 17, so wird klar, dass die Höhe des Wohlfahrtsverlustes C + E von
der Steigung der Angebots- und Nachfragekurve abhängt. Die Nachfragekurve ist umso
flacher, je elastischer die Nachfrage ist, und umso kleiner wird der Wohlfahrtsverlust, umso
kleiner wird auch der Wohlfahrtsverlust der Konsumenten. Warum ist klar: Je elastischer die
Nachfrage ist, um so eher werden die Konsumenten eine Preissteigerung mit einem Rückgang
der Nachfrage beantworten – umso weniger kann der Monopolist den Preis auch erhöhen. Im
Extremfall bei vollkommen elastischer Nachfrage – jede kleinste Preissteigerung beantworten
die Konsumenten mit Kaufstreik – kann der Monopolist seinen Preis gar nicht erhöhen,
eigentlich ist er dann auch kein Monopolist mehr, sondern befindet sich im vollkommenen
Wettbewerb.
Auf der Angebotsseite gilt: Je unelastischer das Angebot ist – je steiler also die
Angebotskurve – umso geringer wird der Wohlfahrtsverlust, weil der Produzent sein Angebot
nicht genügend verändern kann. Dazu untenstehende Grafik:
Abbildung 18 Wohlfahrtseffekte des Monopols bei unelastischem Angebot
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Wenn statt der normalen Grenzkostenfunktion GK eine vollkommen unelastische
Grenzkostenfunktion (GK unelastisch) existiert, das Angebot also vollkommen unelastisch
wäre, dann würde bei vollkommenem Wettbewerb nun PM und MM als Gleichgewicht
zustande kommen; wie im Monopol. A wäre dann die Konsumentenrente, B + D die
Produzentenrente – wie im Monopol. Jetzt gibt es keinen Wohlfahrtsverlust, weil die
Produktionsmenge nicht
durch die Marktform, sondern durch
andere
Umstände
(Produktionsumstände, Knappheit) begrenzt ist.
Aufgabe 53
Erläutern Sie, was Ökonomen unter einem natürlichen Monopol verstehen. Wodurch entsteht es? Nennen
Sie zwei Beispiele für natürliche Monopole. Wie geht die Wettbewerbspolitik damit um?
Lösung
Natürliche Monopole entstehen durch zu hohe Fixkosten – je höher der Kostenblock
ist, der unabhängig von der Ausbringungsmenge entsteht, umso lohnender wird es, die
Produktion auszuweiten, da bei steigender Produktion die durchschnittlichen Kosten je
Stück sinken. Beispiele dafür sind die Telekommunikation, die Eisenbahn oder die
Energiebranche, also vor allem leitungsgebundene Industrien. Wettbewerbspolitisch
lässt sich mit diesem Problem umgehen, indem man einen Wettbewerb um das Netz
zulässt; so wie man es beispielsweise in der Telekommunikationsbranche macht: Der
Besitzer des Netzes muss anderen Anbietern gegen Entgelt seine Leitungskapazitäten
zur Verfügung stellen.
Aufgabe 54
Ihnen
gehört
die
einzige
Eisdiele
im
Ort,
doch
Sie
werden
von
einem
Konkurrenten
bedroht. Sie können im Falle eines Eintrittes des Konkurrenten ihre Preise senken – dann sinken Ihre
Gewinne von 200 vor Eintritt des Konkurrenten auf 70. Oder Sie fordern gemeinsam mit dem neuen
Konkurrenten einen hohen Preis – ihre Gewinne sinken dann auf 100, da Sie diese nun teilen müssen. Bleibt
ihr Konkurrent dem Markt fern, so sind seine Gewinne Null. Im Falle eines Preiskampfes macht er Verluste
von 10; im Falle eines weiterhin hohen Preises macht er Gewinne in Höhe von 20. Bleibt er dem Markt fern
und Sie senken die Preise dennoch, so betragen Ihre Gewinne 130. Ist die Drohung eines Preiskampfes
glaubwürdig? Wird dieser den Markteintritt wagen?
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Lösung
Die Drohung eines Preiskriegs ist nicht glaubwürdig, da „hoher Preis“ eine dominante
Strategie ist, wie Sie in der untenstehenden Tabelle sehen. Handelt es sich um ein
einmaliges Spiel, so wird Ihr Konkurrent den Eintritt wagen. Aber: rechnen Sie mit
weiteren potentiellen Konkurrenten, so könnte sich ein kurzfristiger Preiskrieg
langfristig lohnen – mit einer Reputation als unnachgiebiger Preiskrieger können Sie
Ihr Monopol dauerhaft verteidigen. Jetzt wird das Spiel also als wiederholtes Spiel mit
einer unbekannten Anzahl an Wiederholungen aufgefasst (man weiß ja nicht, wie viele
weitere Spieler einen Markteintritt erwägen), und nun sind viele Ergebnisse möglich.
Gelingt es Ihnen, allen potentiellen Wettbewerbern klar zu machen, dass Sie jeden
Markteintritt mit einer Kampfpreisstrategie beantworten werden, dann halten Sie diese
auf Distanz – also könnte es sich lohnen, ein oder zwei mal „Preiskampf“ als Strategie
zu spielen. Aber: Haben Sie auch die Mittel, diese Drohung durchzuhalten und wissen
das potentielle Konkurrenten? Wenn Ihre Konkurrenten ausrechnen können, dass Ihre
Mittel nicht ausreichen, um diese Strategie durchzuhalten, so werden sie doch in den
Markt eintreten.
Tabelle 7 Der Krieg der Eisdielen
Aufgabe 55
Sie sind Teilnehmer einer Quizshow; vor der letzten Frage liegen Sie einen Punkt vor Ihrem Mitspieler. Die
letzte Frage, die der Moderator stellt, lautet: „Wie heißt die Hauptstadt der Bundesrepublik?“. Ihr
Mitwettbewerber antwortet zuerst, er antwortet „Mainz“. Bevor der Moderator aber die richtige Lösung
nennt, müssen Sie ebenfalls Ihre Antwort abgeben – wie sollte diese lauten?
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Lösung
Natürlich wissen wir alle, wie die Hauptstadt der Bundesrepublik heißt – doch
spieltheoretisch betrachtet sollten Sie ebenfalls „Mainz“ antworten. Warum ist klar:
Liegt Ihr Konkurrent falsch, dann bekommt er keinen Punkt, Sie auch nicht – und Sie
gewinnen das Quiz. Aber wer weiß? Vielleicht ist gestern Nacht etwas passiert, was
Sie verpasst haben, vielleicht ist es eine trickreiche Scherzfrage – warum ein Risiko
eingehen? Wenn Ihr Konkurrent nämlich doch richtig liegt, dann bekommt er einen
Punkt, Sie aber auch, und Sie gewinnen ebenfalls. Ihr Mitspieler hat einen first-moverdisadvantage, wenn Sie seine Strategie kopieren, gewinnen Sie auf jeden Fall.
Aufgabe 56
Das Spiel Schere, Stein, Papier, auch Schnick, Schnack, Schnuck genannt, funktioniert wie folgt: Zwei
Spieler zeigen auf Kommando beide eine (mit den Fingern geformte) Figur, eine der beiden Figuren schlägt
jeweils die andere. Dabei gibt es drei Figuren: Schere, Stein und Papier. Die Schere gewinnt gegen das
Papier, das Papier gewinnt gegen den Stein, und der Stein gewinnt gegen die Schere. Entscheiden sich beide
Spieler für dasselbe Symbol, wird das Spiel als Unentschieden gewertet und wiederholt. Zeichnen Sie
Spielmatrix zu diesem Spiel und überlegen Sie, welche Strategie Sie wählen sollten.
Lösung
Die Spielmatrix besteht jetzt aus drei Zeilen und Spalten, sonst ändert sich nichts. Wer
verliert, macht 0 Punkte, der Gewinner bekommt einen Punkt. Also sieht die Matrix so aus:
Stein
Schere
Papier
Stein
0, 0
1, 0
0, 1
Schere
0, 1
0, 0
1, 0
Papier
1, 0
0, 1
0, 0
Tabelle 8 Schnick, Schnack, Schnuck
Wie Sie sehen, gibt es keine dominante Strategie und auch kein eindeutiges Gleichgewicht.
Spielt der Spaltenspieler „Stein“, so sollte der Zeilenspieler „Papier“ spielen; spielt der
Spaltenspieler „Schere“, so sollte der Zeilenspieler „Stein“ spielen, und spielt der
Spaltenspieler „Papier“, so sollte der Zeilenspieler „Schere“ spielen. Die gleichen
Überlegungen gelten auch für den Spaltenspieler, so dass es kein eindeutiges Gleichgewicht
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gibt. Eigentlich logisch: Gäbe es ein solches Gleichgewicht, würde das Spiel ja nicht mehr
funktionieren. Also spielen Sie besser eine gemischte Strategie: Zu jeweils 33 Prozent spielen
Sie zufällig eine der drei Figuren und machen es Ihrem Mitspieler dadurch unmöglich,
vorauszuahnen, welche Figur Sie wählen werden. Sobald Sie aber ein Muster in der Wahl
Ihrer Figuren erkennen lassen, und Ihr Mitspieler dieses Muster erkennt, kann er
dementsprechend seine Figur wählen und wird Sie dann schlagen. (schwerer wird das Spiel,
wenn noch „Echse“ und „Spock“ hinzukommen wie in der TV-Serie „The Big Bang Theory“)
Aufgabe 57
Sie treffen die Frau (oder den Mann) Ihrer Träume, es funkt direkt, Sie verstehen sich – doch leider sind Sie
beide zu feige, nach der Telefonnummer zu fragen, als Sie sich trennen müssen. Aber immerhin: Sie haben
sich darüber unterhalten, was Sie am Samstag machen. Sie wollen ins Kino, Ihr Gegenüber in einen
angesagten Underground-Schuppen. Wie verhalten Sie sich?
Lösung
Ein delikates spieltheoretisches Problem, schauen wir uns einmal die Lage an (Sie sind der
Zeilenspieler). Wenn Sie ins Kino gehen, und Ihr(e) Angebetete(r) auch, dann gewinnen Sie
doppelt: Sie gehen ins Kino (was sie ja wollten, und Ihr(e) Angebetete(r) ist auch da – ein
doppelter Gewinn, deswegen bekommen Sie zwei Punkte). Ihr(e) Angebetete(r) gewinnt zwar
in diesem Fall auch – weil er (sie) Sie sieht, muss aber dafür in Kauf nehmen, dass er (sie) auf
seine (ihre) Lieblingswochenend-Beschäftigung verzichten muss, deswegen gibt es nur einen
Punkt. Gehen Sie aber in den Underground-Schuppen, er (sie) aber ins Kino, verlieren Sie
beide, macht für beide einen Minuspunkt. Für Ihr Gegenüber stellt sich die Situation genau so
dar, nur mit umgekehrten Örtlichkeiten.
Kino
Underground-Schuppen
Kino
Underground-Schuppen
2, 1
-1,-1
-1, -1
1,2
Tabelle 9 Der Krieg der Geschlechter
Wenn Sie nun nachschauen, stellen Sie fest, dass es zwei Gleichgewichte gibt, nämlich (Kino,
Kino) und (Underground-Schuppen, Underground-Schuppen) – wir wissen aber ohne weitere
Informationen nicht, welches Gleichgewicht zustande kommen wird. Ein echtes
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Koordinationsproblem. Eine mögliche Lösung sind Konventionen: In den westlichen
Gesellschaften gilt nach wie vor, dass der Herr der Dame die Tür aufhält, den Platz anbietet,
also der Kavalier ist (na ja, zumindest war das einmal so), also kann die Dame darauf
vertrauen, dass der Herr dorthin gehen wird, wo sie hingeht – andernfalls wäre er kein
Kavalier und kennt nicht die wichtigsten Konventionen, und so einen will man sich nicht nach
Hause holen, oder?
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7. Kartelle, Halsabschneider und Firmenkäufer: Dem Wettbewerb auf die
Beine helfen
Aufgabe 58
Warum ist Marktmacht ein Problem in einer Marktwirtschaft?
Lösung
Die Allokationsfunktion funktioniert nur noch eingeschränkt: Zwar hat der Monopolist (oder
das marktmächtige Unternehmen) immer noch Interesse daran, möglichst kostengünstig zu
produzieren, doch ohne die Konkurrenz, die ihn bedroht, wird es nicht mehr so dringend, so
effizient und günstig wie möglich zu sein. Im Zweifelsfall reicht man die Kosten des
Schlendrians einfach an die Kunden weiter, die ja nicht auf andere Anbieter ausweichen
können.
Die Verteilungsfunktion des Marktes wird durch Marktmacht verzerrt: Das Einkommen des
Monopolisten oder marktmächtigen Unternehmens beruht dann (unter Umständen) nicht mehr
auf Leistung und Verdienst, sondern auf Macht.
Die Anpassungsfunktion und die Innovationsfunktion des Marktes werden bei Marktmacht
tendenziell ausgehebelt: Wer den Markt beherrscht, muss sich nicht um Innovationen,
Verbesserungen oder Kundenwünsche kümmern – zum Nachteil aller Konsumenten. Die
Ruhmeshalle der Wirtschaftsgeschichte ist voll von ehemaligen Großunternehmen, die
aufgrund ihrer eigenen Arroganz und Überheblichkeit neue Trends in ihrem Geschäft
verschlafen haben und untergegangen sind.
Die Kontrollfunktion versagt bei zu großer Marktmacht – das kann zum gesellschaftlichen
und politischen Problem werden. Ein Unternehmen, das zu groß und mächtig ist, kann der
Politik seine Wünsche diktieren. Und droht ein solches Unternehmen zu scheitern, dann muss
die Politik möglicherweise eingreifen – wie kompliziert das ist, hat die Bankenkrise des
Jahres 2007 und die Debatte um Banken, die zu groß sind, um unterzugehen, gezeigt.
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Aufgabe 59
Nennen und erläutern Sie die drei Strategien, mit deren Hilfe Unternehmen den Wettbewerb stören oder
gefährden. Geben und erläutern Sie jeweils ein Beispiel zu jeder dieser Strategien. Welche Probleme hat der
Gesetzgeber, wenn er diese Strategien bekämpfen will?
Lösung
Verhandlungsstrategien: Kartelle oder Absprachen; Unternehmen sprechen sich
untereinander ab, um den Wettbewerb zu beschränken. Das können sowohl Verträge
(Kartelle)
oder
auch
abgestimmtes
Verhalten
sein.
Das
Problem
der
Wettbewerbspolitik besteht darin, erstens Absprachen nachzuweisen und es zweitens
zu spontan-solidarischen Verhalten abzugrenzen.
Behinderungsstrategien: Unternehmen missbrauchen Ihre Marktmacht, indem sie
Konkurrenten in ihren Wettbewerbsmöglichkeiten beeinträchtigen (beispielsweise
Kampfpreisstrategien) oder vor- und nachgelagerte Wirtschaftsstufen ausbeuten
(Boykott, Lieferverweigerung, Preisdiskriminierung, Kopplungsbindungen). Das
Problem der Wettbewerbspolitik besteht darin, dass man erstens Marktmacht
feststellen muss (welches ist der relevante Markt, ab welchen Marktanteilen herrscht
Marktmacht) und zweitens gefragt werden muss, ob missbräuchliches Verhalten
vorliegt oder aber ein Unternehmen nur berechtigte wirtschaftliche Interessen
wahrnimmt.
Konzentration: Konzentration von Marktmacht kann auch durch internes und externes
Wachstum entstehen; man kauft andere Unternehmen (oder fusioniert) oder wächst so
stark, dass man marktbeherrschend wird. Auch hier besteht das Problem darin
festzulegen, welches der relevante Markt ist und ab welcher Schwelle man von einem
marktbeherrschenden Unternehmen sprechen kann.
Aufgabe 60
Wann funktioniert ein Kartell nicht? Was können die Kartellbehörden tun, um die Instabilität von Kartellen
zu fördern?
Lösung
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Tabelle 10 zeigt, dass Kartelle instabil werden, wenn „billig“ zu einer dominanten Strategie
wird – dann hat man immer einen Anreiz, das Kartell zu betrügen.
Eral.
Asso
teuer
teuer
billig
billig
10, 10
5, 20
20, 5
7, 7
Tabelle 10 Instabile Kartelle
Allerdings ist so ein Kartell ein wiederholtes Spiel, weswegen sich die Ergebnisse ändern
können:
Hat
man
einmal
die
Reputation
aufgebaut,
dass
man
sich
an
die
Kartellvereinbarungen halten wird, kann das Kartell zustande kommen. Die Kartellbehörden
können aber die Instabilität der Kartelle fördern, indem sie den Unternehmen, die als erste
gestehen, Straffreiheit oder –reduktion zusichern (Bonusregelung). Das ändert die
Auszahlungen in Tabelle 10. Ein Bestandteil der Auszahlungen in dieser Tabelle ist ja das
Risiko, von den Kartellbehörden erwischt zu werden und eine Strafe aufgebrummt zu
bekommen. Bietet das Kartellamt nun eine Bonusregelung an, so passieren in den
Auszahlungen zwei Dinge: Das Risiko, aufzufliegen, steigt, weil die Bonusregelung ja die
Anreize steigert, zu gestehen. Also wird es für jedes Unternehmen attraktiver, zu gestehen,
das macht es für jedes Unternehmen unattraktiver, sich auf ein Kartell einzulassen.
Aufgabe 61
Immer vor den Ferien oder Feiertagen steigen die Benzinpreise gleichzeitig an den deutschen Tankstellen –
warum kann das Kartellamt keine Geldbußen wegen illegaler Absprachen verhängen? Was kann das
Kartellamt stattdessen tun?
Lösung
Ein Bußgeld kann das Bundeskartellamt nur verhängen, wenn sich Kartellabsprachen oder ein
Missbrauch von Marktmacht beweisen lassen. Das Bundeskartellamt hat die Preissetzung an
den Tankstellen ausführlich untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es für
Preisabsprachen keine Belege gibt. Damit kann es keine Bußgelder wegen illegaler
Absprachen verhängen.
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Das Problem am Benzinmarkt ist die Marktstruktur: Fünf große Mineralölkonzerne
beherrschen den Tankstellenmarkt, das führt dazu, dass die Tankstellen ihre Preise parallel
ändern – ändert eine Tankstelle ihre Preise, so zieht die andere gleich nach. In der Tat haben
die Mineralölkonzerne alle Tankstellenbetreiber verpflichtet, täglich die Preise ihrer
Nachbartankstellen an die Konzernzentrale zu melden. Und nicht nur das: Die Preise an den
Kennzeichnungstafeln und Zapfsäulen der Tankstellen werden von der Konzernzentrale
gesteuert, nicht vor Ort von den Tankstellen. Damit können die Mineralölkonzerne in
kürzester Zeit ihre Preise an die der Wettbewerber anpassen – kartellrechtlich ist das nicht zu
beanstanden.
Das Kartellamt kann nun versuchen, wegen Machtmissbrauch gegen die Konzerne
vorzugehen, oder aber man versucht, mehr Wettbewerb zu schaffen, indem man mehr freie
Tankstellen fördert (oder zumindest eine weitere Konzentration der Branche zu verhindern).
Dazu der Präsident des Bundeskartellamtes: „Aufgrund unserer Erkenntnisse werden wir eine
weitere Konzentration der Tankstellenmärkte verhindern und darauf achten, dass die
Oligopolisten ihre Marktmacht nicht missbräuchlich ausnutzen“.
(Lesen Sie dazu auch:
http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Stellungnahmen/110526_FAQ_end
g.pdf)
Aufgabe 62
Die Unternehmen Kraft Foods Deutschland AG, Bremen, die Unilever Deutschland Holding AG, Hamburg,
und die Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG, Bielefeld haben sich über mehrere Jahre in einem
regelmäßig stattfindenden Gesprächskreis getroffen. Hochrangige Vertriebsmitarbeiter haben sich in diesem
Rahmen gegenseitig über den Stand und den Verlauf von Verhandlungen ihres Unternehmens mit
verschiedenen großen Einzelhändlern informiert. Für einige der betroffenen Produktbereiche tauschten sich
einige der Teilnehmer auch über beabsichtigte Preiserhöhungen gegenüber dem Einzelhandel aus. Würdigen
Sie diese Tatsache aus wettbewerbsrechtlicher Perspektive.
Lösung
Das
lassen
wir
das
Bundeskartellamt
für
uns
erledigen:
vgl.
http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/aktuelles/presse/2011_03_17.php.
Das Bundeskartellamt hat Geldbußen in Höhe von 38 Millionen Euro gegen drei der
Unternehmen wegen des unzulässigen Austauschs über wettbewerbsrelevante Informationen
verhängt. “Bestimmte Arten des Informationsaustauschs zwischen Wettbewerbern sind
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kartellrechtlich
unzulässig.
Der
Wettbewerb
wird
durch
solche
Verhaltensweisen
beeinträchtigt, auch wenn es sich nicht um klassische Hardcore-Absprachen über Preise,
Gebiete, Kunden oder Quoten handelt.“, erklärt dazu der Präsident des Bundeskartellamtes.
Ein Unternehmen - Mars GmbH, Viersen – bekam allerdings keine Geldstrafe, weil Mars von
der Bonusregelung profitierte, Mars hatte einen Kronzeugenantrag gestellt.
Aufgabe 63
Vier Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen haben jahrelang ihre Verkaufsanteile untereinander
abgesprochen. Die Unternehmen meldeten ihre Auftragseingänge an einen Wirtschaftsprüfer, der Listen
erstellte, auf deren Basis Quoten vereinbart wurden; diese wurden bei regelmäßigen Treffen am Züricher
Flughafen überprüft. Darüber hinaus haben die Unternehmen ihre Angebotspreise abgesprochen.
Würdigen Sie diesen Tatbestand wettbewerbsrechtlich.
Lösung
Auch
das
hat
das
Kartellamt
für
uns
erledigt
(http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/aktuelles/presse/2011_02_10.php):
Das
Bundeskartellamt hat heute Bußgelder in einer Gesamthöhe von 20,5 Millionen Euro wegen
illegaler Preis- und Quotenabsprachen verhängt.
Aufgabe 64
Erläutern Sie, was Ökonomen unter Netzwerkexternalitäten verstehen. Nennen Sie Beispiele für
Netzwerkgüter. Welche Probleme können Netzwerkexternalitäten aufwerfen?
Lösung
Netzwerkeffekte treten auf, wenn der Nutzen eines Gutes für den einzelnen steigt, wenn die
Anzahl der Nutzer des Gutes zunimmt. Das lässt sich am Beispiel eines Telefons erörtern:
Wenn es nur ein Telefon auf der Welt gäbe, so wäre es für seinen Besitzer ohne Wert. Kauft
nun eine weitere Person ein Telefon, so bringt der Besitz eines Apparates einen wesentlich
höheren Nutzen für beide Besitzer eines Apparates. Das ist eine Externalität. Und eine
Netzwerkexternalität bezieht sich dann auf spezielle Güter: Je mehr Personen das
Netzwerkgut besitzen, umso höher wird der Nutzen des Gutes für alle anderen Besitzer dieses
Gutes. Beispiele dafür sind Auktionsplattformen, Standards, Software, Telefone.
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Netzwerkexternalitäten können vor allem zwei Probleme aufwerfen:

Lock-in inferiorer Technologien: Nicht die beste Technologie, der beste Standard,
setzt sich möglicherweise durch, sondern derjenige, der am schnellsten am Markt war.
Und bei zu hohen Wechselkosten könnte es sein, dass man in diesem Standard
gefangen bleibt, obwohl es mittlerweile bessere Alternativen gibt (beispielsweise
Linux statt Windows)

Es bleibt nur ein Anbieter übrig, der den Markt ausbeuten kann.
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8. Leuchttürme und Umweltschutz: Ökonomisches Marktversagen
Aufgabe 65
Was ist ein öffentliches Gut; und welche Probleme treten bei öffentlichen Gütern auf? Nennen Sie zwei
Beispiele.
Lösung
Ein öffentliches Gut definiert sich durch zwei Kriterien: Nicht-Rivalität im Konsum (wenn
eine Person das Gut nutzt, so beeinträchtigt das nicht eine andere Person in der Nutzung
dieses Gutes) und Nichtausschliesbarkeit vom Konsum (man kann niemanden daran hindern,
das Gut zu konsumieren). Nur wenn beide Punkte erfüllt sind, handelt es sich um ein
öffentliches Gut. Beispiele sind Landesverteidigung, Leuchttürme, Dämme.
Das Problem bei öffentlichen Gütern ist, dass der Preismechanismus nicht mehr funktioniert,
damit ist ein privates Angebot solcher Güter kaum noch möglich (Trittbrettfahrer-Problem).
Aufgabe 66
Welche der folgenden Güter sind öffentliche Güter? Erläutern Sie Ihre Antwort.
a) Autobahn
b) Weide
c)
Konzert
d) Polizei
e)
Rundfunk
Lösung
Im Einzelnen:
a) Bei der Autobahn ist ein Ausschluss vom Konsum definitiv möglich – fahren Sie
einmal in die Schweiz. Auch Rivalität im Konsum kann vorliegen, jedenfalls dann,
wenn es zu einem Stau kommt. Damit ist die Autobahn definitiv kein öffentliches Gut.
b) Dieser Fall ist schwieriger: Wenn wir davon ausgehen, dass man die Weide mit einem
Zaun eingrenzen kann, ist ein Ausschluss vom Konsum möglich, das muss aber nicht
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immer der Fall sein. Ähnliches gilt für die Rivalität im Konsum – je nachdem, wie
viele Menschen diese Weide nutzen und wie groß diese ist, kann es zu Rivalität im
Konsum kommen.
c) Findet das Konzert in der Halle statt, ist ein Ausschluss vom Konsum möglich. Das
gilt wohl auch bei Open-Air-Konzerten, jedenfalls dann, wenn man das Gelände, auf
dem das Konzert stattfindet, gut abschirmen kann. Möglicherweise aber können
Menschen weiter weg die Musik noch hören, aber unter dem Strich ist wohl der
Ausschluss technisch möglich. Rivalität im Konsum liegt nur dann vor, wenn die
Halle überfüllt wird, aber grundsätzlich leidet mein Hörgenuss nicht, wenn auch eine
andere Person das Konzert hört.
d) Ein klassisches öffentliches Gut – man kann niemanden von der Sicherheit, welche die
Polizei verbreitet, ausschließen. Mit der Rivalität im Konsum ist das so eine Sache: Je
mehr eine Person die Polizei beschäftigt, um so weniger kann sie sich um andere
Dinge kümmern – hier kann es also schon zu Rivalität im Konsum kommen,
e) Eine oft gehörte Ansicht ist, dass Rundfunk ein öffentliches Gut sei; bisweilen wird
als Beweis dafür angeführt, dass ja in Deutschland Rundfunk kostenlos angeboten
wird oder dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ja frei sendet (aber nicht kostenlos,
Sie zahlen ja GEZ dafür). Das ist so falsch, denn entscheidend ist, dass ein Ausschluss
vom Konsum technisch ohne weiteres möglich ist – siehe Pay-TV im Ausland oder
Sky in Deutschland. Dass die privaten Fernsehsender frei senden, liegt daran, dass die
Grenzkosten jedes weiteren Zuschauers gleich Null sind (weil hier nämlich NichtRivalität im Konsum vorliegt; denken Sie an die Preis-Grenzkosten-Regel). Dennoch
ist der Konsum dieser Sender nicht kostenlos, Sie bezahlen mit Ihrer Aufmerksamkeit
für die Werbung, die diese Sender ausstrahlen.
Aufgabe 67
Auf der Konferenz von Kopenhagen versuchen die Staaten der Welt, sich auf ein Klimaschutzabkommen zu
einigen.
a.
Warum ist Umweltschutz ein Problem, das Märkte ohne staatliche Eingriffe nicht lösen können?
Erläutern Sie dazu die Idee externer Effekte
b.
Ein Lösungsvorschlag zur Lösung des Umweltproblems ist der Handel mit Verschmutzungsrechten.
Erläutern Sie diese Idee und ihre Vor- und Nachteile.
Lösung
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a) Externe Effekte sind wie folgt definiert:
1. Eine Person A schädigt eine andere Person B. Der Umweltverschmutzer schädigt
also die Umwelt (und damit seine Mitbürger).
2. Wichtig ist, dass der Schaden der zweiten Person B – wenn wir keine gesetzlichen
Maßnahmen ergreifen – vom Schädiger (Person A) nicht berücksichtigt wird. Der
Umweltverschmutzer berücksichtigt bei seinem Handeln nicht den Schaden, den er
der Umwelt und seinen Mitmenschen zufügt.
3. Zudem wird der Geschädigte – Person B – nicht vom Schädiger in irgendeiner
Weise entschädigt. Der Umweltverschmutzer zahlt nichts für die Verschmutzung
der Umwelt.
Aus dieser Konstellation folgt, dass Unternehmen oder Menschen, welche die Umwelt
verschmutzen, bei ihren Entscheidungen nicht die Kosten der Umweltverschmutzung, die
Kosten dessen, was sie Dritten antun, berücksichtigen. Also treffen sie ihre Entscheidungen
unter falschen Annahmen, was die Kosten ihrer Handlung angeht – sie vernachlässigen die
gesamtgesellschaftlichen Kosten ihres Tuns, das führt zu Wohlfahrtsverlusten.
b) Die Grundidee ist recht einfach: Man definiert zunächst eine vorgegebene Menge an
Emissionen, die man zulassen will. Dann verteilt man die Rechte an diesen
Emissionen an diejenigen Akteure, die diese Emissionen ausstoßen wollen und erlaubt
ihnen, diese Rechte untereinander zu handeln. Also: Fabrik A will mehr Emissionen
ausstoßen, also kauft sie von Fabrik B das Recht, mehr Emissionen auszustoßen; dafür
muss B dann entsprechend der verkauften Rechte seine Emissionen reduzieren. Der
Clou an dieser Lösung ist, dass sie zum einen effektiv ist (wir erreichen definitiv
genau die Menge an Emissionen, die wir zulassen wollen) und auch effizient: Wer
leicht und billig vermeiden kann, vermeidet viele Emissionen und verkauft diese,
macht also ein Geschäft damit. Wer nur mit hohen Kosten Emissionen vermeiden
kann, kauft Emissionsrechte hinzu und emittiert weiter. Der Umwelt ist es egal, wer
Emissionen vermeidet oder nicht, Hauptsache, die Gesamtmenge an Emissionen sinkt.
Die Probleme dieser Lösung sind zum einen die Frage danach, wie man die Rechte
zuteilt, dann ist es nach wie vor schwer, wie hoch man die zugelassene Menge an
Emissionen festlegen will, dann muss man sich darauf einigen, wie lange die Laufzeit
der Rechte ist (je kürzer, desto rascher kann die Politik Fehler korrigieren, je länger,
desto mehr Planungssicherheit haben die Unternehmen).
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Aufgabe 68
Die Grundidee der sogenannten Öko-Steuer lässt sich wie folgt umschreiben: Energie soll besteuert werden
mit dem Ziel die Effizienz des Energieeinsatzes zu steigern, zugleich soll diese Steuer Mehreinnahmen zur
Finanzierung der sozialen Sicherung erwirtschaften. Sehen Sie bei diesem Konzept ein Problem?
Lösung
Das Problem bei dieser Idee ist, dass sich die beiden Ziele etwas widersprechen: Wenn
die Menschen sparsamer mit Energie umgehen und weniger verbrauchen, dann sinken
die Steuereinnahmen – das aber passt nicht zu dem Ziel, mehr Einnahmen für die
Sozialversicherungen zu generieren. Man kann nur argumentieren, dass die Steuer zu
mehr Effizienz in der Energieverwendung führt, aber dann bleibt immer noch das
Problem, dass die Einnahmen dann weniger sprudeln werden.
Aufgabe 69
Ärger im Haus der Maus: Donald und Daisy sind verheiratet; Micky und Minnie ebenfalls. Die Damen haben
von ihren Gatten die Nase voll und wollen sich scheiden lassen, die Herren sind dagegen. Donald (Micky) ist
bereit, 20 (10) Taler zu zahlen, um die Scheidung zu verhindern. Daisy (Minnie) ist willens, 5 (15) Taler für
die Scheidung zu zahlen. Werden sich Donald und Daisy (Micky und Minnie) scheiden lassen, wenn die
Scheidung einvernehmlich sein muss und innereheliche Kompensationszahlungen möglich sind (Minni /
Daisy kann Micky / Donald dafür bezahlen, dass er in die Scheidung einwilligt)? Wie ändert sich das Blatt,
wenn nur ein Partner die Scheidung einreichen kann und der andere Partner ihn dafür bezahlen kann, dass
er die Scheidung zurückzieht?
Lösung
Das ist ein Fall für das Coase-Theorem, dazu verwenden wir untenstehende Tabelle 11
Ducks
Mausens
Sie zahlt für die
Scheidung
5
15
Er zahlt, um die
Scheidung
zu
verhindern
20
10
Tabelle 11 Ärger im Haus der Maus
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Schauen wir uns die beiden Familien an:
Familie Duck:
Ist eine einseitige Scheidung möglich, so stellt sich die Sache wie folgt dar: Donald zahlt bis
zu 20 Taler, um Daisy zu halten, sie willigt ein (sie wollte mindestens 5 Taler haben, also
trifft man sich irgendwo zwischen 5 und 20). Die Ducks werden nicht geschieden.
Ist bei der Scheidung beiderseitiges Einvernehmen nötig, zahlt Daisy Donald maximal 5
Taler, damit er in die Scheidung einwilligt, er lehnt ab. Die Ducks werden also nicht
geschieden.
Familie Maus:
Einseitige Scheidung : Micky zahlt bis zu 10 Taler, um Minnie zu halten, sie lehnt ab (Sie will
mindestens 15). Die Mausens werden geschieden.
Scheidung im beiderseitigen Einvernehmen: Minnie zahlt Micky 15 Taler, damit er in die
Scheidung einwilligt, er nimmt an. Die Mausens werden geschieden.
Unabhängig von der Art des Scheidungsrechtes werden also die Mausens immer geschieden,
die Ducks nie – ganz, wie man es beim Coase-Theorem erwarten würde, denn das
Scheidungsrecht verteilt lediglich die Rechte an der Ehe – bei einer einseitigen Scheidung hat
der Scheidungswillige das Recht an der Ehe, bei der einvernehmlichen Scheidung hat
derjenige das Recht, der die Scheidung verhindern will.
Aufgabe 70
Mit bisweilen ungewöhnlichen Methoden, so berichtet der Spiegel, gewinnt der Münchner Abo-Sender Sky
neue Kunden. Häufig setzt Sky nach SPIEGEL-Informationen verdeckte Ermittler ein, die zuletzt vorwiegend
samstagnachmittags in Café-Bars und kleinen Gaststätten kontrollierten, etwa ob den Gästen mit geborgter
Sky-Code-Karte eine Fernsehübertragung der Bundesliga präsentiert wird. Würdigen Sie diesen Tatbestand
ökonomisch.
Lösung
Von neuer Kundengewinnung kann da nicht die Rede sein – das Problem, das Sky hat, ist das
der Nicht-Rivalität im Konsum – wenn ein Zuschauer Sky schaut, dann beeinträchtigt das
nicht den Sky-Konsum anderer Zuschauer. Da aber Sky sein Produkt – Bundesliga live –
gegen Bezahlung verkauft, kann der Sender nicht zulassen, dass ein Zuschauer das Produkt
kauft und es dann anderen Zuschauern unentgeltlich zur Verfügung stellt – dieses Verhalten
zerstört das Geschäftsmodell des Senders. Das ist das gleiche Problem, vor dem die
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Musikindustrie steht, deren Produkt – die Musik – von den Kunden kopiert und an Dritte
weitergegeben wird. Im Falle Sky kommt erschwerend dazu, dass die Wirte der Gaststätten,
die sich die Code-Karte borgen, mit diesem geborgten (eigentlich geklauten) Produkt selbst
Geschäfte machen, sich also zulasten des Senders bereichern. Lässt Sky dieses Verhalten zu,
dann kann der Sender Insolvenz anmelden. Hier werden nicht mit merkwürdigen Methoden
Kunden gewonnen, hier wird der Diebstahl von Firmeneigentum verhindert.
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9. Rauchen, Alkohol und Umverteilung: politisches Marktversagen
Aufgabe 71
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk treibt pro Jahr mehr als 7 Milliarden Euro von den Gebührenzahlern
ein. Begründet wird dies auch mit dem Argument, dass es sich bei Rundfunk um ein meritorisches Gut
handele. Erläutern Sie, was meritorische und demeritorische Güter sind. Welche Probleme sehen Sie bei
dieser Art von Gütern?
Lösung
Meritorische (demeritorische) Güter sind Güter, von denen der Staat annimmt, dass sie von
den Bürgern zu wenig (zu viel) konsumiert werden. Meritorik ist eine politische Kategorie;
keine ökonomische Rechtfertigung; der Staat tritt als wohlmeinender Patriarch auf, der
entscheidet, was gut ist für seine Bürger. Demeritorische Güter werden besteuert; meritorische
Güter subventioniert. Probleme solcher Güter:
 wer definiert, was meritorisch / demeritorisch ist? das ist letztlich eine
normative Entscheidung, es gibt keine objektiven Rechtfertigungsgründe
 Verteilungsfragen werden ignoriert (beispielsweise bei der Rundfunkgebühr)
 Das Konzept der Meritorik bedeutet einen massiven Eingriff in die Freiheit des
Einzelnen – in seinem eigenen Interesse? Weiß der Staat besser als seine
Bürger, was gut für sie ist?
Letztlich ist dieses Konzept ein Einfallstor für interessengetriebene Klientelpolitik: wer
staatliche Unterstützung will, stellt die gesellschaftlichen Verdienste seiner Produktion in den
Vordergrund und versucht, sein Produkt zu einem förderwürdigen Tatbestand zu machen.
Aufgabe 72
Als erstes Land der Welt plante Rumänien 2011, eine Steuer auf ungesunde Lebensmittel einzuführen. Die
„Junk Food-Steuer“ soll unter anderem auf Süßigkeiten und Kekse, Snacks, Hamburger, Chips und
zuckerhaltige Getränke erhoben werden. Auch in Deutschland gibt es Rufe nach einer Steuer auf Junk-Food
und Süßigkeiten. Nehmen Sie dazu aus ökonomischer Perspektive Stellung.
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Lösung
Diese Steuer bringt einige Probleme mit sich:
 Wer entscheidet, was „Junk food“ ist, was ungesund ist? Alles, was man übermäßig
genießt, ist ungesund. Mit diesem Argument müsste man neben Süßem und Junk Food
auch Kalbshaxen und andere gutbürgerliche Küche besteuern, ebenso wie Kaffee,
Kekse, Fernbedienungen für den Fernseher oder Petersilie (die ist nämlich giftig, wenn
man große Mengen verzehrt).
 Wie mündig ist der Bürger – darf er sich auch ungesund verhalten, weil es gut
schmeckt oder Spaß macht? Ich weiß, dass ich nicht so viel Schokolade essen sollte,
weil ich dann zu dick werde, aber was, wenn ich mir dieses Zusammenhangs bewusst
bin und mir einfach sage „das ist es mir wert?“. Weiß der Staat also besser als ich, was
gut für mich ist?
 Natürlich zahlt man später vielleicht für seine Ernährungssünden, man lebt also
sozusagen heute auf Kosten des zukünftigen Seins. Aber das kann auch zu weit
führen, wenn ich mir heute alles, was ich liebe, verkneife, damit es meinem
zukünftigen Sein später besser geht. Dann lebt also sozusagen das zukünftige Sein auf
Kosten des heutigen Seins. Diese Debatte um das heutige und morgige Sein wird in
der Literatur unter dem Stichwort „Internalitäten“ geführt.
 Bleibt noch das Gesundheitsargument – fallen Menschen, die zu viel Junk Food essen,
der Krankenversicherung zur Last? Schwer zu sagen, aber eines kann man aus
ökonomischer Perspektive sagen: Wenn dem so ist, dann sollten Menschen mit
Übergewicht eben höhere Beiträge an die Krankenkasse zahlen, das stellt sicher, dass
auch nur die zahlen müssen, die wirklich zu einem Problem für die Kassen werden.
Der arme Asket, der sich dann und wann eine Schokolade oder einen Burger gönnt,
muss dann nicht dafür zahlen. Das Problem dabei ist aber offensichtlich: Warum gibt
es keine Rückerstattungen für Menschen, die gesund leben?
Aufgabe 73
Welches sind die Hauptursachen von Armut in der Bundesrepublik?
Lösung
Da gibt es insgesamt mehrere Faktoren, die man nennen kann:
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 Arbeitslosigkeit, vor allem Langzeitarbeitslosigkeit ist eine der wichtigsten Ursachen
für Armut – wer kein Einkommen hat, schliddert in die Armut.
 Scheidung: wer alleine, oder noch schlimmer: alleinerziehend – in einer Wohnung
wohnt, hat höhere Kosten als eine Familie, die alle Kosten der Lebensführung auf
mehrere Personen umlegen kann (und möglicherweise auch mehrere Einkommen hat).
Hinzu kommt, dass Zerrüttungen im Familienleben oft nicht ohne Folgen für die
Psyche und das Arbeitsleben bleiben, mit entsprechenden Folgen für das Einkommen.
 Krankheit: Wer aufgrund seiner Krankheit nicht oder nur eingeschränkt arbeiten kann,
hat ein entsprechend geringes Einkommen. Gleiches gilt auch für mangelnde
Ausbildung: Wer Schulabbrecher ist oder eine Ausbildung hat, die wenig gefragt ist
oder nur geringe Qualifikationen hat, erzielt kein hohes Einkommen.
Unter dem Strich sind es die Employability und die earnings capacity, die entscheiden. Wer
beschäftigt werden kann, verdient. Es gibt – aus welchem Grund auch immer, Pech,
Krankheit, Lebensumstände – Menschen, die keiner geregelten Arbeit nachgehen können.
Möglicherweise sind sie körperlich oder geistig krank oder aber ihre Gemütsverfassung oder
Sozialisation lassen das nicht zu. Das ist tragisch, und keine Frage, diesen Menschen wollen
wir helfen; auch wenn wir die Frage, wie wir dies tun, noch einen Moment zurückstellen
wollen. Bei der „earnings capacity“ geht es um die Einkommenserzielungsmöglichkeiten
eines Menschen. Die Fähigkeit eines Menschen, am Markt Einkommen zu erzielen, bestimmt
sich in marktwirtschaftlichen Systemen nach dem Beitrag, den seine Fähigkeiten zur
Überwindung von Knappheit leisten. Und wer keinen Beitrag zur Überwindung von
Knappheit leisten kann, hat dementsprechend kein Einkommen
Aufgabe 74
Wie kann man Armut definieren?
Lösung
Hier kann man vier Ansätze unterscheiden:
 Absolute Armut: Hier geht es um das physische Existenzminimum, ein
Minimalstandard, der zum körperlichen Überleben unabdingbar ist und Güter wie
Nahrung, Kleidung oder Unterkunft umfasst.
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 In der Bundesrepublik geht es eher um das soziokulturell Existenzminimum, also die
Möglichkeit, einen gewissen gesellschaftlich notwendigen Mindeststandard zu
gewährleisten.
 Beim relativen Armutsansatz geht es um die Frage, wie viel Wohlstand ein Mensch im
Vergleich zum Rest der Gesellschaft hat – streng genommen ist das also eher eine
Frage nach der Verteilung in einer Gesellschaft.
 Dann wäre da noch die Armut als Mangel an Verwirklichungschancen; arm ist, wer
nicht die individuellen und gesellschaftlichen Möglichkeiten hat, das Leben zu führen,
das er gerne führen möchte.
Aufgabe 75
Die Einkommensverteilung eines Landes ist durch folgende Tabelle charakterisiert:
Anteil an der
Bevölkerungsgruppe Anteil am Gesamtvermögen
0,1
0,05
0,2
0,05
0,4
0,4
0,2
0,2
0,1
0,3
Zeichnen Sie die Lorenzkurve.
Lösung
Dazu brauchen wir folgende Arbeitstabelle:
Anteil an der
Anteil am
Bevölkerungsgruppe Gesamtvermögen
0,1
0,05
0,2
0,05
0,4
0,4
0,2
0,2
0,1
0,3
kumulierte
Bevölkerungsanteile
0,1
0,3
0,7
0,9
1
kumulierte Anteile am
Gesamtvermögen
0,05
0,1
0,5
0,7
1
Daraus folgt dann folgende Lorenz-Kurve:
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Anteil am Gesamtvermögen
1,2
1
0,8
0,6
0,4
0,2
0
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
Anteil an der Gesamtbevölkerung
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10.
Die Achillesferse der Marktwirtschaft: Sozialpolitik
Aufgabe 76
Erläutern Sie kurz die wichtigsten Grundgedanken der Sozialen Marktwirtschaft.
Lösung
Die Grundidee der Sozialen Marktwirtschaft: eine reine Marktwirtschaft ist
ergänzungsbedürftig, aber auch ergänzungsfähig. Märkte sind kein Selbstläufer,
sondern brauchen ergänzende Eingriffe des Staates. Allerdings, und das ist die zweite
wichtige Botschaft der Sozialen Marktwirtschaft, dürfen diese Eingriffe des Staates
nicht die grundsätzliche Funktionsweise der Märkte zerstören.
Die Hauptaufgabe des Staates sehen die Ökonomen dabei darin, einen geeigneten
Ordnungsrahmen zu setzen, der die Kräfte des Marktes nicht lähmen, sondern nur
bändigen soll. Folgende grundsätzlichen Rahmenbedingungen muss der Staat sichern:
-
Sicherung eines funktionsfähigen Preismechanismus und die Verhinderung
von Marktmacht.
-
Stabilität des Geldes. Nur eine stabile Währung kann auch einen
funktionierenden Preismechanismus gewährleisten
-
Privateigentum und Vertragsfreiheit.
-
Übereinstimmung von Entscheidungsbefugnis und Haftung.
-
Offene Grenzen: Offene Grenzen sorgen für mehr Wettbewerb und verhindern
das Entstehen nationaler Machtpositionen oder Monopole.
-
Konstanz der Wirtschaftspolitik. Ein hektischer Wechsel der staatlichen Politik
erschwert Unternehmen ebenso wie Konsumenten die Entscheidungen darüber,
was investiert, gespart oder konsumiert werden soll.
Der Clou an diesen Prinzipien besteht darin, dass sie alleine durch die staatliche
Rahmenordnung umgesetzt werden sollen: Indem der Staat also nur die Spielregeln
vorgibt, sorgt er für ein Maximum an Wettbewerb, ohne dass dieser sich dabei selbst
zerstören könnte.
Im Falle der Mindestlöhne funktioniert diese Idee wie folgt: Statt direkt in den
Preismechanismus einzugreifen (also die Löhne zu verändern), überlässt man die
Löhne dem Marktmechanismus. Da allerdings dieser Marktmechanismus dazu führt,
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dass einige Menschen nicht genug verdienen, um zu überleben, schreitet jetzt in einem
zweiten Schritt der Staat ein und unterstützt diese Menschen direkt mit Transfers – das
ist der soziale Ausgleich, den der Markt nicht leisten kann.
Aufgabe 77
Eines der beliebten politischen Streitthemen ist immer wieder die Gesetzliche Krankenversicherung.
Erläutern Sie kurz, warum wir eine gesetzliche Krankenversicherung benötigen. Welche Probleme treten bei
einer solchen Versicherung auf?
Lösung
Warum brauchen wir eine Krankenversicherung?
-
Gesundheit ist ein lebenswichtiges Gut; wir wollen nicht, dass der Konsum dieses Gutes
vom Einkommen abhängt, beispielsweise bei unbezahlbaren Therapien
-
Minderschätzung zukünftigen Bedarfs: Man unterschätzt die zukünftigen Kosten einer
Krankheit und sorgt nicht vor. Tritt der Krankheitsfall ein, will man den Kranken
deswegen aber nicht ohne Hilfe lassen
-
„weakness of will“: man möchte gerne vorsorgen, ist aber zu schwach dafür. Tritt der
Krankheitsfall ein, will man den Kranken deswegen aber nicht ohne Hilfe lassen
-
Trittbrettfahrer spekulieren auf Hilfe des Staates – ist man krank und hat keine
Versicherung, dann wird der Staat einen schon nicht im Stich lassen, so das Kalkül. Um
das zu vermeiden, muss man jeden Bürger zu einer Mindestvorsorge zwingen
Welche Probleme treten auf?
-
moral hazard: die Existenz der Versicherung ändert das Verhalten der Versicherten,
man wird unvorsichtiger, weil man versichert ist; ist man krank, beansprucht man alle
Leistungen (Lösung: Selbstbeteiligung)
-
Informationsmängel der Versicherten: Der Patient weiß nicht, was ihm fehlt, was man
dagegen machen kann und was das kosten könnte.
-
Der Arzt kann sein Einkommen aufgrund der Unkenntnis des Patienten maximieren
(Taxifahrerproblem)
-
adverse Selektion: nur diejenigen, die eine Versicherung brauchen, schließen auch
eine ab
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Aufgabe 78
Diskutieren Sie anhand der elementaren Finanzierungsgleichung der Rentenversicherung deren Probleme
sowie mögliche Reformoptionen. Welche Vor- und Nachteile haben die einzelnen Reformvorschläge?
Lösung
Um die Probleme der Rentenversicherung zu überschauen, empfiehlt sich, auf die elementare
Gleichung Einnahmen = Ausgaben zurückzugreifen:
Anzahl der Versicherten * Lohn * Beitragssatz = Anzahl Rentner * Höhe der Rente
Daraus kann man nun die verschiedenen Reformoptionen ableiten
(a) Man kann die Zahl der Versicherten erhöhen (Erhöhung der
Lebensarbeitszeit; Einbeziehung weiterer Personenkreise in die GRV):
Das erhöht unmittelbar die Zahl der Versicherten, da die gleiche Zahl
von Versicherten nun länger arbeitet und schafft auf der linken Seite
der Gleichung zusätzliche Einnahmen. Auf der rechten Seite der
Gleichung kommt es allerdings ebenfalls zu Belastungen, weil jeder
Beitragszahler auch später ein Rentner wird. Anders allerdings bei der
Erhöhung der Lebensarbeitszeit: Hier sinkt die Zahl der Rentner
respektive der Zeitraum, in dem diese Rente beziehen. Die Maßnahme
ist also mit Blick auf die Finanzen der Rentenkasse als sehr positiv zu
beurteilen.
(b) Eine Erhöhung der Löhne oder der Beitragssätze würde die Einnahmen
erhöhen, ist aber erstens aus beschäftigungspolitischer Perspektive
nicht
wünschenswert
und
führt
eigentlich
auch
zu
höheren
Rentenansprüchen auf der rechten Seite.
(c) Kürzung der Ausgaben über eine Kürzung der Rente wäre möglich; die
Anzahl der Rentner lässt sich kaum reduzieren.
(d) Vereinfachend kann man feststellen, dass Erhöhungen auf der linken
Seite
der
Gleichung
stets
zu
Lasten
der
aktuellen
Beitragszahlergeneration gehen, während Kürzungen auf der rechten
Seite der Gleichung zu Lasten der jetzigen Rentnergeneration gehen.
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Aufgabe 79
In der Debatte um die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sind vor allem zwei Prinzipien
heiß debattiert worden: Aus dem konservativen Lager kam die Idee einer Kopfpauschale – jeder Bürger zahlt
einen einheitlichen Beitrag zur Krankenversicherung. Aus der linken politischen Ecke hingegen kam die Idee
des Bürgergeldes: Jeder Versicherte solle einen prozentualen Aufschlag auf sein Einkommen als Beitrag zur
Krankenversicherung zahlen. Diskutieren Sie die Vor- und Nachteile dieser Lösungsansätze. Welchen Ansatz
würde man in einer Sozialen Marktwirtschaft favorisieren?
Lösung
Das Bürgergeld fußt auf dem Leistungsfähigkeitsprinzip – wer viel verdient, zahlt viel; von
Äquivalenz ist hier keine Spur. Im Gegenteil muss man vermuten, dass hier sogar teilweise
die Äquivalenz auf den Kopf gestellt wird: Im Schnitt haben wohlhabendere Menschen die
bessere Gesundheit, weil sie besser leben, sich gesünder ernähren können – aus dieser
Perspektive betrachtet müssten sie eher weniger zahlen. Der Vorteil des Bürgergeldes ist der
Nachteil der Kopfpauschale: Das Bürgergeld berücksichtigt die Einkommensverhältnisse der
Bürger; wer viel verdient, zahlt mehr. Verteilungspolitisch betrachtet ist das attraktiv. Das
Problem dabei ist, dass eine höhere Belastung der Einkommen die Anreize zum Arbeiten
negativ beeinflusst – das wiederum ist der Vorteil der Kopfpauschale, die zwar
verteilungspolitisch negativ ist, aber die Anreize zum Arbeiten nicht zerstört.
In einer Sozialen Marktwirtschaft würde man zuerst den Markt walten lassen und nicht in den
Preismechanismus eingreifen. Das bedeutet, dass die Menschen ihre Prämien entsprechend
ihrem Gesundheitsrisiko zahlen – ähnlich wie bei privaten Versicherungen. Für eine
Haftpflichtversicherung zahlt der Rentner genauso viel wie der Millionär. Das Ergebnis wären
aber Menschen, die sich eine Krankenversicherung nicht leisten können, also kann man nun in
einem zweiten Schritt einen Sozialausgleich einführen: Wer seine Krankenversicherung nicht
aus eigener Kraft bezahlen kann, bekommt Zuschüsse aus der Steuerkasse. Das sorgt dafür,
dass erstens nur diejenigen Zuschüsse vom Staat bekommen, die diese wirklich benötigen,
und zweitens werden diese Zuschüsse stärker von denen getragen, die viel verdienen und
deswegen auch mehr Steuern zahlen.
Einführung VWL
Mikroökonomik
Prof. Dr. Hanno Beck
Aufgabe 80
Das Bürgergeld soll eine Pauschale sein, die der Staat an alle zahlt: Jeder Bürger, ob Frau, Mann oder
Kind, soll ohne jede Voraussetzung, und das heißt vor allem ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne
Gegenleistung, einen das soziokulturelle Existenzminimum abdeckenden Geldbetrag erhalten. Beurteilen
Sie diesen Vorschlag aus ökonomischer Perspektive.
Lösung
Hier gibt es mehrere Punkte, die man diskutieren kann:
 Man muss befürchten, dass einige Bürger aufgrund des Bürgergeldes nicht mehr
arbeiten werden oder ihre Stundenzahl reduzieren werden. Und weniger Arbeit
bedeutet weniger Sozialprodukt und damit weniger Wohlstand und weniger
Steueraufkommen, um dieses Bürgergeld zu finanzieren.
 Genau das ist die nächste Frage: Wie wird dieses Bürgergeld finanziert? Zum Teil soll
es sich aus Einsparungen im Sozialhaushalt finanzieren, das dürfte aber bescheiden
sein, jedenfalls solange man das bisherige Volumen der Sozialleistungen nicht
reduzieren will. Damit bleiben nur Steuern, die wiederum die Anreize zum Arbeiten
reduzieren. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung schätzt die Finanzierungslücke eines Bürgergeldes auf mehr als 200
Milliarden Euro.
 Ein anderes Problem ist die Freizügigkeit innerhalb der EU, also das Recht von EUBürgern, sich innerhalb der EU niederzulassen, wo sie möchten – wie könnte sich ein
solches Bürgergeld mit Blick darauf auswirken? Und wer würde nach Deutschland
kommen – Leute mit hoher Ausbildung oder eher Menschen, die aufgrund ihrer
Fähigkeiten auf kein hohes Einkommen am Arbeitsmarkt hoffen können?
 Sollen auch Reiche in den Genuss des Bürgergeldes kommen? Dieser Kritikpunkt
wird oft hervorgebracht, ist aber im Prinzip kein Problem, diesen Effekt kann man
durch das Steuersystem locker wieder einfangen. Man kann auch ein solches System
mittels der Steuersätze umverteilend darstellen.
Wer etwas mehr wissen will, kann das hier nachlesen: http://www.sachverstaendigenratwirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/download/ziffer/z324_353j07.pdf
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