2 - das Lebenshaus

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WissensWert
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2010
INFOBRIEF FÜR BETROFFENE MIT SELTENEN SOLIDEN TUMOREN: GIST, SARKOME, NIERENKREBS
Orale Target-Therapien:
„Compliance“ benötigt „Therapie-Kooperation“!
Damit moderne orale Target-Therapien wirken können, ist unter
anderem die regelmäßige Einnahme entscheidend. Das heißt:
Patienten müssen compliant - also therapietreu, sein. Doch
Compliance beinhaltet nicht nur das „Denken“ an die tägliche
Einnahme der Tabletten oder Kapseln. Compliance - bei den
oralen Target-Therapien - bedeutet weit mehr: Sie erfordert
auch ein professionelles Therapie- und Nebenwirkungsmanagement durch das Behandlungsteam.
Leider erleben es Patienten, Patientenorganisationen und führende Experten immer
häufiger, dass die lebenswichtigen onkologischen Target-Therapien mal eben nur
rezeptiert werden: Ohne Auf klärung, Nebenwirkungsmanagement und regelmäßiges
Monitoring. Das dies dann öfters zu „individuellen Therapieauslegungen“ oder sogar
„Drug-Hoildays“ bei Patienten führt ist
nicht verwunderlich. WissensWert sprach
mit Markus Wartenberg, dem Vereinssprecher von „Das Lebenshaus e.V.“ über die
Problematik und Lösungsansätze. Im Resumee heißt die Lösung: Problembewusstsein
plus Therapie-Kooperation.
in Form von Tabletten oder Kapseln ver­
abreicht und können so ganz bequem zu
Hause eingenommen werden. Dies ist
einerseits eine tolle Neuerung, denn
Patienten können so relativ schnell wieder
ihrem gewohnten Leben im familiären
Umfeld nachgehen. Andererseits erfordert
diese Art der oralen Behandlung - in Eigenregie zu Hause - die Mitverantwortung des
Patienten. Das Stichwort hier heißt also:
Compliance = Therapietreue!
WissensWert (WW): Das Thema „Compliance“ erhält in der Onkologie einen immer
höheren Stellenwert. Warum ist das so?
Markus Wartenberg: Ich möchte einmal
ganz bewusst versuchen, dies nicht medizinisch oder wissenschaftlich zu beschreiben,
sondern möglichst einfach – für jeden verständlich. Früher dachte man einmal, es
gäbe DAS Wundermedikament gegen
Krebs, welches man „nur“ erfinden müsse.
Doch in den letzten Jahren hat man die
deutlichen Unterschiede vieler Krebsarten
auf „molekularer Ebene“ viel besser verstanden. Bei etlichen Tumoren, weiß man
inzwischen, was „falsch“ läuft und warum
es zu unkontrolliertem Zellwachstum
kommt. Zum Teil kann man die Lokalisationen, wo etwas „falsch“ läuft, genau adressieren, bzw. man weiß sogar genau, wie der
Zielpunkt aussieht, den man mit einer Therapie treffen muss, damit das Tumorwachstum zumindest gestoppt wird. So hat man
inzwischen Medikamente entwickelt, die in
bestimmte Tumorzellen eindringen, sich
Markus Wartenberg: Durch die Entwicklung der hoch wirksamen „Target-Therapien“ hat sich in den vergangenen Jahren in
der Onkologie Vieles verändert. Früher gab
es im Wesentlichen die Chirurgie, die
Bestrahlung, medikamentöse Therapien
wie Immuntherapie oder Chemotherapie
per Infusion. Diese Behandlungen wurden
ausschließlich in der Klinik oder teilweise
ambulant in onkologischen Praxen durchgeführt. Der Patient stand z.B. bei der
Chemotherapie in permanentem Kontakt
mit seinem Arzt und dem Behandlungsteam. Die Verantwortung für die korrekte
Durchführung der Therapie lag ausschließlich beim Arzt. Die heutigen, zielgerichteten Target-Therapien werden dagegen meist
WW: Können Sie kurz erläutern, was
mit Target-Therapien gemeint ist und was
Compliance damit zu tun hat?
Inhalt
n Therapie-Kooperation
1
n Informed Consent
5
n Regionale LH-Foren 2010
8
n Was ist was – Onkologie?
9
n DKK2010
10
n Begehbare Organ-Modelle
10
n Jahrestreffen Schweiz
11
n LOGIST
15
n Sunitinib-Therapie
16
n Wer Mut zeigt, macht Mut! 18
n Sarkom-Wissen Teil 2
19
n Lungenmetastasen bei Sarkomen
n Sarkom-Tour Essen 2010
21
23
n Patientengruppe „sos-desmoid“
24
n Aktion „Mehr Zeit gewinnen“26
n „Gesprächszeit Nierenkrebs“ 27
n In Ihrer Nähe
28
n Medikamentöse Optionen
31
n Die CHANGE-Studie
35
n Die SWITCH-Studie
36
n Erlebniswochenende „Beziehungswaise?"
37
n Patienten-Rechte
38
n Rudern gegen Krebs
40
n Experten– persönlich
41
n Das Lebenshaus - persönlich 42
n Impressum
43
n Termine März & April
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WissensWert
zielgerichtet – wie „Schlüssel in Schlösser“
passgenau einsetzen – und dadurch (indirekt) die Tumorzellen dauerhaft abschalten.
Inzwischen gibt es sogar Medikamente, die
nicht nur für ein Target (Ziel) entwickelt
worden sind – sondern mehrere Zielpunkte
gleichzeitig angreifen. Wie bereits erläutert,
werden die meisten Target-Therapien oral
und als Dauertherapien angewendet. Das
heißt: Um das Tumorwachstum zu stoppen,
kommt es darauf an, dass die richtige
(…vom Arzt verordnete…) Tablette oder
Kapsel - zum richtigen Zeitpunkt, in der
richtigen Art und Weise und in der vorgegebenen Dosierung – regelmäßig eingenommen wird. Auf unser Beispiel bezogen:
Der Patient muss durch permanente Einnahme dafür sorgen, dass immer genügend
„Schlüssel“ im Körper sind, damit die
Tumorzellen abgeschaltet werden können.
Nimmt er sein Medikament gar nicht oder
nur unregelmäßig ein, sind keine oder viel
zu wenige „Schlüssel“ im Körper und der
Tumor bzw. die Metastasen wachsen weiter.
Durch seine Compliance, also Therapie­
treue hat der Patient eine Mitverantwortung
aber auch eine positive Einf lussmöglichkeit
auf den Erfolg der Therapie.
WW: Was können die Folgen von
Non-Compliance sein?
Markus Wartenberg: Wie bereits mit unserem
„Schlüssel-Beispiel“ erläutert: Ist nicht ausreichend oder dauerhaft Wirkstoff im Körper vorhanden, wachsen die Tumoren und/
oder Metastasen weiter. Das heißt ganz klar:
Es kommt zu Rezidiven bzw. zur Progression, also dem Fortschreiten der Erkrankung. In der Verlaufskontrolle/Bildgebung
entsteht dann beim behandelnden Arzt der
Eindruck, dass die eingesetzten Medikamente nicht ansprechen oder nicht mehr
ausreichend wirken. In der Regel führt dies
dann zu einem vorzeitigen und eigentlich
unnötigen Therapiewechsel. Bei vielen
Tumorerkrankungen haben wir nur wenige
wirksame Medikamente zur Verfügung.
Daher ist es wichtig, dass jede dieser Therapien optimal gemanagt und möglichst lange
– bei möglichst guter Lebensqualität des
Patienten - eingesetzt wird. Weitere Folgen
einer Non-Compliance können unter
Umständen häufigere Arztbesuche, längere
Behandlungszeiten und zusätzliche Klinik­
aufenthalte sein. Also sicherlich nichts, was
sich ein Betroffener wünschen würde. Und:
Wie Sie wissen, diskutieren wir hoch
aktuell über die Kosten unseres Gesundheitssystems. Die geringe Therapietreue von
Patienten führt zu zusätzlichen Kosten für
unser Gesundheitssystem von mehreren
Milliarden Euro pro Jahr. Auch dies ist
sicherlich nicht im Sinne von Patienten,
Ärzten, der Industrie und unserer gesamten
Volkswirtschaft.
WW: Welche Erfahrungen haben Sie bisher
mit Non-Compliance gemacht? Woran kann
es liegen, dass Patienten sich nicht an die
verordnete Medikation halten?
Markus Wartenberg: Gründe, welche die
Compliance beeinf lussen, kann es im Alltag
viele geben. Dies kann von „einfach mal
vergessen“ gehen - bis zur bewussten NichtEinnahme der Therapie oder zur Einnahme, kurz vor der nächsten KontrollUntersuchung. Im Wesentlichen haben wir
es im Alltag – neben eventueller „Vergesslichkeit“ - mit folgenden Gründen zu tun:
n Fehlende, falsche oder unverständliche
Information. Wird ein Patient nicht
richtig über die Erkrankung, die
Therapie, deren Nutzen/Notwendigkeit,
etc. aufgeklärt, wird er auch nicht
verstehen, warum er sich so strikt an den
Therapieplan halten soll.
n Nebenwirkungen: Verglichen mit einer
Immuntherapie oder einer klassischen
Chemotherapien, sind die Target-Therapien im Allgemeinen relativ gut verträglich. Trotzdem kann es zu Nebenwirkungen kommen. Haben Betroffene damit zu kämpfen, kann die Lebensqualität
extrem darunter leiden. Häufig werden
dann die Tabletten einfach nicht ein­
genommen oder zur Minderung der
unerwünschten Effekte pf lanzliche oder
alternative Heilmethoden in Eigenregie
– also ohne vorherige Absprache mit
dem Arzt, eingesetzt. Auch dies kann
die Wirksamkeit der Therapie eventuell
vermindern. Daher raten wir immer
zum ausführlichen Gespräch mit dem
behandelnden Arzt oder Onkologen.
n Psychologische Faktoren: Häufig ist es
so, dass sich Patienten unter Target-Therapien sehr gut fühlen. Diese Tatsache
und die „einfache“ Medikamenteneinnahme zu Hause können zu einer „Verharmlosung“ der Erkrankung führen.
Denn wer sich gut fühlt und gut aussieht, kann ja gar nicht so krank sein oder? Tabletten werden daher schon mal
weg gelassen oder nur unregelmäßig
eingenommen. Ein schwerwiegender
Trugschluss. Wieder andere Patienten
nehmen die verordneten Medikamente
nicht oder nur unregelmäßig ein, weil
sie sich erst durch das Medikament oder
die Nebenwirkungen an die eigentliche
Erkrankung erinnert fühlen.
Seit Kurzem werden die oralen Target-Therapien auch zur adjuvanten – vorsorglichen
- Therapie eingesetzt. Das heißt: Der Pati-
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Nachfolgend finden Patienten und Ärzte Hilfen für das
Therapie- und Nebenwirkungsmanagement:
Target-Therapien: Fragen sind die Antwort!
Was Patienten von ihren Ärzten wissen möchten (und sollten):
n Warum nehme ich diese Therapie - was ist Ziel der Therapie?
n Wie wirkt diese Therapie?
n Wie lange muss ich die Therapie nehmen?
n Wie lange (wie erfolgreich) profitieren Patienten von dieser Therapie?
n Wann – in welcher Form soll ich die Tabletten/Kapseln einnehmen?
(Dauer oder Zyklus, Dosierung, Tageszeit, vor/zu/nach Mahlzeiten, mit/ohne viel Flüssigkeit,
was wenn eine Tablette/Kapsel vergessen? etc.)
n Was passiert, wenn ich die Therapie nicht regelmäßig einnehme?
n Wie wird das Ansprechen der Therapie beurteilt - was erfolgt also wann/wie oft zur Verlaufkontrolle?
n Welche Nebenwirkungen (kurz Newi) treten unter Therapie am Häufigsten auf?
n Gibt es bzgl. bestimmter Newi Vorsorge-Möglichkeiten (Prophylaxe)?
n Was, wenn ich Newi habe? An wen hier in der Praxis/Klinik kann ich mich (auch vor dem
nächsten Termin) wenden?
n Gibt es Newi, die ich selbst kaum merke, die aber regelmäßig durch den Arzt/durch
Laborwerte kontrolliert werden müssen? (Blutdruck, Schilddrüse, Blutzucker, Fettstoffwechsel,
Blutwerte, ??? etc.)
n Gibt es eine Übersicht/Liste mit Newi und was man dagegen tun kann?
n Sind Wechselwirkungen (Interaktionen) mit anderen Medikamenten oder Alltagsprodukten
(Johanniskraut, Grapefruit, etc.) bekannt? Was muss ich (bei meiner speziellen
Co-Erkrankung ???…) persönlich hierbei beachten? Wenn man mir irgendein anderes
Medikament verschreiben will, sollte ich den betreffenden Arzt auf meine Target-Therapie
hinweisen?
n Wie sieht es mit oralen – komplementären Stoffen wie z.B. aus der Homöopathie aus?
Kann man so etwas nehmen – und wenn ja, was ist zu beachten?
n Gibt es Lebenseinschränkungen unter der Therapie? Was kann, darf, sollte ich (besonders)
tun - was nicht? Ernährung, Alkohol, Kaffee, Bewegung, Sport, Sauna, Reisen, Sonne,
Sexualität, etc.?
n Kann man unter dieser Therapie eine Grippe-Impfung durchführen lassen?
n Wichtig für jüngere Patienten/Innen (mit Kinderwunsch): Kann/darf ich unter Therapie
schwanger werden bzw. zeugen?
n Unter vielen Target-Therapien kann es zu Stimmungsschwankungen kommen. Gilt das auch
für diese Therapie?
n Gibt es Info-/Begleitmaterial (z.B. Patienten-/Therapie-Tagebuch) für meine Therapie?
ent wurde erfolgreich operiert, ist eigentlich tumorfrei und soll nun eine Therapie
als Prophylaxe – also zur Vorsorge – nehmen, damit die Tumorerkrankung nicht
wieder zurückkommt. Auch hier kann es
ein psychologischer Faktor sein, eine Therapie über einen langen Zeitraum einzusetzen, obwohl man sich ja „gesund“ fühlt und
kein „erfassbarer“ Tumor vorhanden ist.
WW: Sie sprachen von Therapie-Management, Aufklärung und das Gespräch mit dem
Arzt. Das heißt: Compliance begrenzt sich
nicht nur darauf, dass der Patient sein Medikament richtig und regelmäßig einnimmt?
Markus Wartenberg: Ja, das ist absolut richtig! Leider erleben wir als Patientenorganisationen es immer öfter, dass die Verantwortung ausschließlich hin zum Patienten
geschoben wird. Immer häufiger finden
keine Auf klärungsgespräche durch die
behandelnden Ärzte statt, Medikamente
werden - in wenigen Minuten - lediglich
„rezeptiert“ und das Therapiemanagement
findet nicht oder kaum statt. Die Folge:
Betroffene sind mit ihren Fragen, den Therapien und deren Folgen alleine gelassen!
WW: Worin liegt dieses mangelhafte
Therapiemanagement begründet?
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Das Lebenshaus
Markus Wartenberg: Dies hat – wie immer
im Leben – sehr viele unterschiedliche
Gründe: Mangelndes Problembewusstsein
z.B. Es ist absolut wichtig, dass sich Mediziner, Pf legepersonal und Patienten eines
ganz deutlich vor Augen führen: Es handelt
sich um onkologische – fast immer lebensbedrohliche Erkrankungen – die hier behandelt werden. Und nur, weil die Therapie
in oraler Form verabreicht wird – ist die Erkrankung nicht weniger schlimm. Also völlig egal, ob eine Krebserkrankung mit
Chirurgie, Bestrahlung, Chemo oder oralen
Target-Therapien behandelt wird: Es geht
in der Regel ums Überleben und um einen
150prozentigen Einsatz für die jeweilige
Therapie. Weiter werden genannt:
n Alltägliche Gründe, wie z.B. Zeitdruck
in Praxis oder Klinik.
n Mangelhafte Vergütungssätze für
Auf klärung und Management dieser
Therapien.
n Fehlenden Versorgungsstrukturen im
Bereich der Pf lege wie z.B. die
Entlastung des Arztes durch ausgebildete
Onkologie- oder Therapie-Schwestern.
n Und nicht zuletzt fehlende Qualifikation
bei den Ärzten. Leider dürfen auch
Mediziner diese Therapien rezeptieren,
die bezüglich bestimmter Erkrankungen,
oraler Target-Therapien und Nebenwirkungsmanagement kaum oder keine
Ahnung haben. Sie würden es kaum
glauben, was wir in diesen 8 Jahren in
der Patientenorganisation erlebt haben:
Alles - vom perfekten, vorbildlichen
Therapiemanagement bis hin zu
Verhaltensweisen, für die man durchaus
Begriffe wie unterlassene Hilfeleistung,
Körperverletzung oder Kunstfehler
verwenden könnte.
WW: Sie erwähnten gerade noch einmal
Nebenwirkungsmanagement. Wie hängt das
mit der Compliance zusammen und was
erwarten Sie hier vom Arzt?
Markus Wartenberg: Ein ganz zentraler
Punkt des Therapiemanagements ist das
Nebenwirkungsmanagement! Auch wenn
die Target-Therapien insgesamt verträglicher sind als viele Chemotherapien,
kommt es doch häufig zu Nebenwirkungen. Nicht behandelte Nebenwir
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WissensWert
kungen können einerseits eine enorme Auswirkung auf die „Motivation zur Therapie“
haben und anderseits für die Lebensqualität
des Patienten von enormer Bedeutung sein.
Wenn also Patienten keine Informationen
erhalten, wie sie bestimmten Nebenwirkungen vorbeugen können oder diese lindern können, ist der nächste Schritt nicht
weit: Betroffene lassen einzelne Tabletten
weg, entwickeln ihre eigenen Therapieschemata oder gönnen sich sogar „Drug
Holidays“ – also eine „Auszeit“ von den
Medikamenten, um Nebenwirkungen
abzumildern und die Lebensqualität zu
erhalten. Aus Untersuchungen wissen wir,
dass nur 7 von 10 Ärzten ihre „Target-Patienten“ aktiv nach Nebenwirkungen fragen
– und etliche Patienten trauen sich oft nicht
diese offen bei ihren Ärzten anzusprechen.
Arzt und Patient haben beide - gleichermaßen - eine Teilverantwortung für eine erfolgreiche Therapie. Das heißt: Spricht der
behandelnde Arzt also den Punkt „Nebenwirkungen“ nicht von sich aus an, sollten
Patienten die Initiative ergreifen und
Probleme selbst thematisieren. Kein Patient
sollte unter vermeidbaren Nebenwirkungen
leiden müssen oder glauben er könne seinen
Arzt nicht damit „behelligen“.
WW: Wo sehen Sie also – als Resumee –
den Lösungsansatz für eine bessere
Compliance bei oralen Target-Therapien?
Markus Wartenberg: Zunächst geht es – wie
bereits erläutert – um das „Problembewusstsein“ bei Industrie, Fachgesellschaften,
Ärzten, Pf legepersonal, onkologischer
REHA und Patienten/Patientenorganisationen. Völlig unabhängig von einer bestimmten Erkrankung oder einer bestimmten Therapie, müssen alle erkennen, dass
wir mit der Compliance bei den oralen
Target-Therapien eine gemeinsame Aufgabe
haben, die Lösungen in allen Bereichen erfordert. Die Therapietreue des Patienten ist
hierbei nur ein Faktor. Genauso wichtig
sind verbesserte Bedingungen in den Strukturen, bei der Ausbildung und beim Therapie- und Nebenwirkungsmanagement
durch das Behandlungsteam. Ein wichtiger
Faktor des Therapieerfolges – die Compliance – hängt vom Therapie- und Nebenwirkungsmanagement ab und somit von der
Qualität der Information und der Arzt-Patienten-Kommunikation. Daher fordern wir
im Sinne der „Target-Patienten“, dass sich
alle beteiligten Gruppen gemeinsam stärker
– durch bessere Auf klärung, Kommunikation und Unterstützung – um die Optimierung des Managements bei den oralen Target-Therapien kümmern. Glücklicherweise,
sehen wir hierzu erste gute Ansätze und
Aktivitäten dies zu lösen.
WW: Was möchten Sie zum Abschluss
Ärzten und Patienten noch mit auf den Weg
geben?
Markus Wartenberg: Dies ist eigentlich ganz
einfach – Therapietreue bei den oralen
Target-Therapien erfordert die „TherapieKooperation“ zwischen Arzt und Patient.
Bei einer Krebsbehandlung sollten Arzt und
Patient immer an einem Strang ziehen und
beide aktiv an einem guten Gelingen
„arbeiten“.
An die „Adresse“ der Ärzte bzw. des Behandlungsteams: Die oralen Target-Therapien erfordern Expertise, Erfahrung und
Engagement in Form eines kontinuierlichen
und professionellen Therapie- und Nebenwirkungsmanagements sowie eine offene
Kommunikation mit den Patienten. Sollte
ein Arzt dies nicht leisten wollen oder können – sollte er schlichtweg keine Patienten
mit diesen Therapien behandeln. Aus Erfahrung wissen wir: Es gibt doch etliche
Mediziner, die dies sehr gerne und hoch
professionell tun.
An die „Adresse“ der Patienten: Die
oralen Target-Therapien erfordern ein
Höchstmaß an Therapietreue – also regelmäßige und richtige Einnahme. Ihr Arzt
hat täglich viele Patienten zu behandeln und
kann speziell Ihre Situation nicht erahnen.
Daher: Sollten Sie Fragen, Wünsche,
Bedenken, Probleme, Nebenwirkungen
haben – sprechen Sie offen mit Ihrem Arzt
darüber – ja fordern Sie ihn. Es geht um
Ihre Interessen – um Ihr Leben, bei welchem Sie die Verantwortung auch für die
Therapie nicht einfach abgeben sollten.
WW: Vielen Dank Herr Wartenberg – für
dieses Interview.
Tipps für Ärzte - zum Nebenwirkungs-Management.
Aus der Praxis für die Praxis (und die Klinik).
n
Aufklären: Generell das Thema Nebenwirkungen (kurz = Newi) ansprechen > Beruhigung
>Zuversicht
n Die häufigsten Nebenwirkungen erläutern! Wichtig auch beachten: Newi, die sich nicht
in Symptomen zeigen: (Blutdruck, Schilddrüse, Blutzucker, Fettstoffwechsel, Laborwerte, etc.)
n Schon früh mögliche „Prophylaxe-Möglichkeiten“ aufzeigen (Evtl. hilft schon ein etwas
anderer Einnahme-Rhythmus?)
n Gegenmaßnahmen beherrschen! Möglicherweise schulmedizinisch und komplementär
/naturheilkundlich…
n WICHTIG: Newi keinesfalls als Bagatelle/„ist alles Psyche“ abtun!!! Es gibt Unterschiede
in der Wahrnehmung zw. Arzt und Patient bzgl. der Bedeutung von Newi und dem damit
verbundenen Verlust von Lebensqualität.
n Patienten aktiv nach Newi fragen. Auch durchaus unbequeme Themen ansprechen: Sexualität!
(Es gibt Target-Therapien, die können Hautreizungen oder Erektionsstörungen erzeugen!)
n Aufforderung an den Patienten: Falls Newi / Auffälligkeiten - nicht erst bis zum nächsten
Termin in ein paar Wochen warten: Anrufen >>> Termin machen!
n Aktives Abfragen von Nebenwirkungen während der Sprechstunde!
n Ermunterung des Patienten – Rückmeldung zu geben, welche Gegenmaßnahme z.B.
gut (…oder weniger gut…) geholfen hat.
n Aufforderung an den Patienten: Komplementäre Therapien/Naturheilkunde/etc.
unbedingt mit dem Arzt besprechen.
n Falls extreme Nebenwirkungen auftreten – bevor Therapie-Stopp:
• Kurzfristige Pause
• Dosis erst einmal verringern und dann wieder sukzessive steigern
• Ggfls. Plasmaspiegel-Bestimmung durchführen lassen
• Kontakt zu einem mit der Indikation/Therapie sehr erfahrenen Zentrum
(z.B. Anbieter von Klinischen Studien)
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Das Lebenshaus
Informierte Einwilligung bei Klinischen Studien:
Eine Patientenperspektive
Eine Krebsdiagnose oder ein Krebsrezidiv versetzt Patienten
und ihre Angehörigen oft in eine emotionale Achterbahnfahrt.
Mitten in einer Talfahrt lebenswichtige Entscheidungen über
Therapieoptionen zu treffen ist ohnehin schon schwierig
genug. Zudem ist gerade bei onkologischen Erkrankungen oft
eine Therapieentscheidung innerhalb weniger Tage erforderlich, um eine weitere Progression der Erkrankung zu vermeiden.
Stellt sich dazu noch die Frage der Teilnahme an einer
klinischen Studie, steht das Dreieck um Arzt, Patient und
Angehörige vor einer kommunikativen Belastungsprobe.
Der Ansatzpunkt zur Durchführung
klinischer Studien ist in der ganzen Welt
sehr ähnlich, besonders wenn es sich um internationale Multicenter-Studien handelt.
Patienten mit potentiell lebensgefährlichen
Krankheiten wie Krebs suchen nach der
wirksamsten existierenden Behandlungs­
methode.
Risiko-Nutzenabwägung aus
Patientensicht
Patienten entscheiden sich aus den unterschiedlichsten Gründen zur Teilnahme an
klinischen Studien: In manchen Fällen versprechen alle bereits zugelassenen Therapien
keinen Behandlungserfolg mehr, so dass
eine experimentelle Therapie als letzte
erfolgsversprechende Option dient. Andere
suchen nach einer Gelegenheit, innovativere oder nebenwirkungsärmere Behandlungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen
zu können. Patienten in Therapieoptimierungsstudien, bei denen oft zugelassene
Medikamente in neuen Darreichungsformen oder Kombinationen geprüft werden, setzen oft darauf, in einer Studie eine
intensivere medizinische Verlaufskontrolle
oder ein verbessertes Ansprechen gegenüber
der etablierten Standardtherapie zu erhalten. Und manche Patienten handeln sogar
aus altruistischen Gründen: der Verbesserung von Behandlungsmethoden für künftige Patienten durch die Teilnahme an einer
Studie.
Allen Beweggründen gemein ist das erforderliche Abwägen von potentiellem Nutzen
und Risiko – für Arzt und Patient. Von Sei-
ten der Patienten besteht in der Risikoabwägung einer Studie dringender Kommunikationsbedarf. Zu den Fragen, die sich
Krebspatienten in Abwägung einer Studienteilnahme stellen, zählen:
n Welche existierenden klinischen Studien
kommen überhaupt in Frage? Wo finde
ich Informationen über diese Studien?
n Was ist der erwartete Vorteil und das
erwartete Risiko der Studie, im
Vergleich zu zugelassenen Alternativen?
Sind bereits Ergebnisse aus früheren
Studien bekannt?
n Welche Nebenwirkungen sind zu
erwarten? Sind diese stärker als die der
Standardtherapie?
n Wie wird die Lebensqualität während
der Studie beeinf lusst? Welche Therapien, Untersuchungen bzw. Tests müssen
durchgeführt werden? Ist die Behandlung schmerzhafter oder aufwändiger als
die Standardtherapie?
n Bleibt die Studienmedikation auch nach
Studienende im Falle eines medizinischen Vorteils weiter verfügbar?
n Wurde die Studie von unabhängiger
Seite überprüft und genehmigt?
Wer garantiert für die Sicherheit?
n Wer ist der behandelnde Arzt, und
welche Erfahrung hat er mit der
Erkrankung des Patienten?
n Wer finanziert die Studie? Stehen
medizinische Gründe im Vordergrund?
n Welche Verpf lichtungen übernimmt der
Patient? Was kostet die Behandlung, und
werden alle Kosten gedeckt? Falls das
Studienzentrum weiter entfernt ist als
der aktuell behandelnde Arzt, gibt es
die Möglichkeit der Übernahme von
Reisekosten?
n Darf der Patient die Studie auch nach
anfänglichem Einverständnis wieder
verlassen?
n Gibt es andere Patienten, die diese
Studienmedikation erhalten haben, die
der potentielle Teilnehmer vor der
Entscheidung befragen könnte? Wer gibt
eine von Ärzten und Unternehmen
unabhängige Meinung zu dieser Studie?
Der Informed Consent – und
die Realität
Die angemessene Klärung der genannten
Fragen ist meist essentiell dafür, Verunsicherungen abzubauen und eine Entscheidung
für oder gegen eine Studie zu treffen. Die
allgemeine Risikoaversion führt bei unvollständiger Information in der Regel sonst
eher zur Ablehnung des Unbekannten.
Das Gesundheitssystem bietet Ärzten jedoch
wenig finanzielle Anreize und zeitliche
Spielräume für eine ausführliche Beratung
der Patienten. Obwohl eine ausführlichere
Erstberatung oft Folgegespräche und Ver­
unsicherung auf Patientenseite vermeiden
könnte, ist ein lediglich 15-bis 30-minütiges
Beratungsgespräch oftmals die Regel. Es ist
offensichtlich, dass in einem solchen Zeitrahmen nur ein Teil der essentiellen Fragen
einer Krebsdiagnose bzw. des Rückfalls
geklärt werden können – und für eine
Studienauf klärung dabei nur wenig Raum
bleibt. Verständnisprobleme werden durch
die medizinische Sprachbarriere weiter
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WissensWert
verstärkt. Zusätzlich gibt es in der Bevölkerung ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Studien, das weiter dadurch genährt
wird, dass in Deutschland Fachinformationen, Studien und Studienergebnisse nicht
veröffentlicht oder hinter "DocCheck"Passwörtern vor Patienten versteckt werden.
Studien können nur stattfinden, wenn
Patienten daran teilnehmen, weil sie sich
ausreichend informiert und sicher aufge­
hoben fühlen. Vor allem aus Sicherheits­
erwägungen wurde daher das Konstrukt der
rechtlich wirksamen Einwilligung nach
erfolgter Auf klärung geschaffen: Der
"Informed Consent", die informierte
Patienteneinwilligung. Darin wurde das nahezu Unmögliche versucht: Die Patientenauf klärung über Nutzen und Risiken einer
klinischen Studie mit der aus medizinischer,
wirtschaftlicher und juristischer Sicht
erforderlichen Absicherung des Studiendurchführenden zu kombinieren.
Der "Informed Consent" hat sich daher zu
einer für alle Seiten problematischen Formalie entwickelt. Sicherheitsinformationen
und Fachausdrücke sind für Patienten
schwer verdaulich. Die Duplikation von
Aussagen zu Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen tragen nicht wirklich zur
Verbesserung von Patientensicherheit und
Patientenverständnis bei. Im Alltag führt
dies dazu, dass Patienten den Einwilligungsbogen ungelesen unterschreiben, sich
die Informationen über Dritte zugänglich
machen – oder sich aus mangelndem Sicherheitsgefühl gegen eine Studie entscheiden.
n
n
n
n
stellt wird, könnte das Verständnis derjenigen verbessern, die von einem
„Zwölfseiter“ überfordert sind.
Auch das Verfassen des umfangreichen
Dokuments – etwas überzeichnet, in der
Sprache eines Zwölfjährigen, – in
kurzen und konkreten Sätzen, kann das
Wesentliche ohne Verlust an Inhaltstiefe
vermitteln.
Studiendesign, Art und Ablauf der
Verlaufskontrolle, Blutentnahmen, Verwendung von Gewebeproben, Biologie
der Erkrankung, Vertraulichkeit und
Patientenrechte sollten strukturiert voneinander getrennt werden.
Die Nutzung von Grafiken und Symbolen kann stark zum Verständnis
beitragen; eventuell kann ein Design­
student bei der Auf bereitung des Dokuments vor der Freigabe unterstützen.
Fachausdrücke sollten zuerst in Deutsch,
ergänzt eventuell um den medizinischen
Terminus, genannt werden – und nicht
umgekehrt. Ein Fachwörterlexikon am
Ende des Textes kann eine hervorragende Ergänzung sein.
Einfache Maßnahmen können
Aufklärung verbessern
Informierte Patientengruppen
als Mittler
Dabei birgt eine durchdachte Patienteninformation und -auf klärung, die in Zusammenarbeit mit Patientengruppen erstellt und
durchgeführt wird, große Chancen für eine
wesentlich bessere Akzeptanz, weniger
Verunsicherung und steigende Teilnahmen
an Studien. Diese könnte durch einfache
Maßnahmen verbessert werden. Einige
Beispiele:
n Eine einseitige Zusammenfassung der
Studie, die als „verdaulicher Einseiter“
zum legal erforderlichen "Informed
Consent Dokument“ zusätzlich bereitge-
Unabhängig davon darf nicht vergessen
werden, dass ein gutes "Informed Consent"
Dokument und das ärztliche Auf klärungsgespräch zwar bedeutende Bausteine, aber
nur Teil einer wirksamen Patienteninformation für eine Studie sind. Im onkologischen Alltag haben besonders Patientenvertreter und Pf legekräfte ebenfalls eine
sehr bedeutende Rolle, die Fragen des
Krebspatienten und von dessen Angehörigen nach der Erstauf klärung durch den
Arzt aufzunehmen, zu sortieren und in
einen patientenverständlichen Kontext zu
setzen. Sie helfen dabei, die vom Arzt erhaltenen Informationen zu interpretieren, zu
verstehen, und offene Fragen für das nächste
Arztgespräch zu priorisieren. Das Gespräch
mit anderen Patienten in ähnlicher Situation
oder mit Studienerfahrung kann zudem dabei unterstützen, weniger rational begründete Vorbehalte zu relativieren.
Die Hilfe zur Selbsthilfe kann jedoch nur
zielgerichtet und effektiv sein, wenn Patientenvertreter selbst Zugang zu Fachinformationen haben und entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten erhalten. Die aktuelle
deutsche Gesetzeslage, Fachinformationen
medizinischem Fachpersonal vorzubehalten,
ist dabei sehr kontraproduktiv. Sie sorgt für
Unterversorgung, Verunsicherung und
Fehlinformation bei denen, die oftmals ähnlich nah am Patienten sind wie mancher
Arzt. Das Vorenthalten von Fachinformation verstärkt zudem Ausweichbewegungen
zu Anbietern wie Google als globalem Informationsvermittler. Auch wenn die Quellen und die Qualität der Information im
freien Internet oft schwerer identifizierbar
sind, sind Patienten und Patientenvertreter
leider aufgrund der deutschen Gesetzeslage,
der "ummauerten Höfe", auf Suchmaschinen
und ausländische Angebote angewiesen.
Vorbilder für Patienten­
information: Die EMA und
Schweden
Als Internet-Vorbild dient dabei sogar die
Europäische Zulassungsbehörde (http://
www.ema.europa.eu), die der Öffentlichkeit, anders als das BfArM, Produkt- und
Fachinformationen über zentral zugelassene
Präparate in deutscher Sprache, sowie die
wissenschaftliche Bewertung samt Studienergebnissen in englischer Sprache, bereitstellt1. In diesem Zusammenhang ist es in-
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teressant zu erwähnen, dass die European
Medicines Agency Patientengruppen wie
ECPC bereits seit Jahren in die Überarbeitung von Produktinformationen und
Packungsbeilagen in Bezug auf Verständlichkeit einbindet.
Auch Schweden stellt umfassende Patienteninformationen über Medikamente und
Studien über sein Medizinportal "FASS.se"
in Laiensprache und Fachsprache bereit.2
Das Portal wird in einer öffentlich-privaten
Partnerschaft zwischen den Regulierern
und der Industrie betrieben. Schweden hat
bereits eine langjährige Tradition einer offenen Informationspolitik auch über
verschreibungspf lichtige Medikamente und
gibt bereits seit 1983 den sogenannten
"Patient-Fass" heraus, einem gedruckten
Verzeichnis aller im Land zugelassenen
Medikamente. Mit der Verbreitung des
Internets wurde die Bereitstellung hochqualitativer und geprüfter Informationen
an alle Bürger strategisch ausgebaut: Fass.se
stellt der Öffentlichkeit neben den Fach­
informationen, der Packungsbeilage und
dem Ärztekompendium auch Abbildungen
von Packungen und Blistern, Preise, Erstattungsfähigkeit, und Informationen über
zugehörige Studien bereit. Weiterhin
können Besucher Patienteninformationen
in Blindenschrift anfordern, oder sich per
SMS informieren lassen, wenn sich Informationen eines Produkts ändern. Das Portal verzeichnet rund 4 Millionen Zugriffe
pro Monat, und 90% aller Besucher attestierten Zufriedenheit mit dem Umfang der
Informationen. Die von Politikern und
Ärzten geäußerten Vorbehalte, dass Patienteninformationen über verschreibungspf lichtige Medikamente und Studienergebnisse zu erhöhten Arzneimittelausgaben,
zu mehr statt weniger Verunsicherung auf
Patientenseite, oder zu ärztlicher Mehr­
arbeit in der Patientenauf klärung führten,
oder dass Informationen in öffentlich-privaten Partnerschaften mit der Industrie nicht
"neutral" bereitgestellt werden könnten,
konnte mit dem schwedischen "Fass.se" im
europäischen Vergleich widerlegt werden.
2
Das Lebenshaus
für die Teilnahme an onkologischen
Studien zu gewinnen, dienlich sein.
Über den Autor:
Jan Geißler ist selbst seit 2001
Leukämiepatient. Er nahm nach
Diagnosestellung in Mannheim
an einer klinischen Studie mit
zwei experimentellen Medikamenten teil. Da damals kaum Informationen über neue Leukämietherapien in deutscher Sprache verfügbar waren, begann er,
diese zu übersetzen und auf der
neu geschaffenen Plattform
Leukämie-Online (www.leukaemie-online.de) anderen Mitpatienten bereitzustellen. Heute ist die Webseite
eine der meistfrequentierten
deutschen Webseiten zum
Thema Leukämie. Weiterhin
gründete Jan Geißler mit anderen Patientenvertretern im Jahr
2007 das "CML Advocates Network" (www.cmladvocates.net).
Das Netzwerk, das heute 44
Leukämie-Patientenorganisationen von allen Kontinenten verbindet, dient Patientenvertretern
zum aktiven Informations- und
Erfahrungsaustausch sowie zur
Koordination gemeinsamer
Initiativen.
Jan Geißler war Mitgründer der
europäischen KrebspatientenKoalition ECPC (European Cancer
Patient Coalition, ECPC, http://
www.ecpc-online.org) im Jahr
2003 und ist seit 2008 Geschäftsführer. Die gemeinnützige ECPC
vertritt rund 300 Krebspatientenorganisationen in 41 Ländern.
Der informierte Patient –
essentiell für Studien
Aufgeklärte und informierte Patienten sind
ein wichtiger Baustein in der Gesundheitsversorgung, erhöhen die Effektivität, die
Sicherheit und Therapietreue in lebenswichtigen Krebstherapien, aber auch den
Fortschritt der Forschung. Gut informierte
Patientengruppen können dabei helfen, die
Arzt-Patienten-Kommunikation effektiver
zu gestalten und auch die Bereitschaft, an
Studien teilzunehmen, zu erhöhen.
Eine enge Kooperation von Klinikern,
Patientengruppen, Pf legern und Behörden
auf inhaltlicher und politischer Ebene ist
essentiell für die Vermeidung von Über­
regulierung – und im speziellen Fall der
Studien letztendlich ein Garant für
verständliche Patienteninformation und
"informierte Einwilligung".
All dies mildert zudem die Achterbahnfahrt
des Einzelnen – und dürfte auch dem dringenden Ziel, mehr informierte Patienten
1
European Medicines Agency Website,
http://www.ema.europa.eu
‡"Human Medicines" ‡ "EPARs" ‡
"A-Z Listing"
2 http://www.fass.se/
2010
2
WissensWert
Foren in Eschborn und Essen:
Es sind noch Plätze frei!
In 2010 veranstaltet Das Lebenshaus e.V.
noch in zwei Regionen Deutschlands
weitere Lebenshaus-Foren für Patienten mit
den Diagnosen GIST, Sarkom oder Nierenkrebs: Die Foren MITTE - Ende Juni in
Eschborn bei Frankfurt sowie die Foren
WEST - Mitte Juli in Essen.
Auch bei diesen Veranstaltungen haben
Patienten und Begleiter (Angehörige) die
Möglichkeit medizinische Vorträge erfahrener Ärzte zu hören: Aktuell, kompetent
und verständlich.
Fragen Sie die Experten zu unterschiedlichen Themen und individuellen Aspekten
Ihrer Erkrankung.
Kommen Sie in Kontakt mit anderen Patienten und nutzen Sie so die Gelegenheit
zum Erfahrungsaustausch.
Referenten bei GIST/Sarkomen
u. a.:
PD Dr. S. Bauer, PD Dr. B. Kasper, Prof.
Dr. C. Langer, PD Dr. G. Mechtersheimer,
Dr. C. Pöttgen, Dr. T. Reis, Prof. Dr. H.-J.
Schütte, Prof. Dr. M. Schwarzbach,
PD Dr. G. Täger, Prof. Dr. E. Wardelmann
Referenten bei Nierenkrebs
u. a.:
PD Dr. B. Brehmer, Prof. Dr. E. Jäger,
PD Dr. J. Jones, Dr. T. Gauler,
Prof. Dr. A. Häcker, Dr. F. Overkamp,
Prof. Dr. S. Störkel
Es sind noch Plätze frei!
Nehmen Sie Ihre Chance wahr und
kommen Sie nach Eschborn oder Essen. Die
medizinischen Experten, Referenten und
Mitarbeiter des Lebenshauses freuen sich auf
Ihre Teilnahme. Natürlich können auch
weiterhin Patienten aus der Schweiz und aus
Österreich sowie interessierte Mediziner an
den Veranstaltungen teilnehmen.
Uhrzeit bei allen regionale Foren jeweils 11:00 Uhr bis 17:15 Uhr:
G
EINLADUN
Die ersten regionalen Lebenshaus-Foren 2010 im März in Berlin
und Korntal (bei Stuttgart) waren insgesamt recht gut besucht
und auch für die regionalen Foren NORD - Ende April in
Hannover liegen bereits viele Anmeldungen vor.
Organisation
für Patienten
mit
Seltenen Soli
den Tumoren:
GIST, Sarkome
, Nierenkrebs
2010
Regionale Lebe
für Patienten nshaus-Foren
und Begleiter
n GIST
n Sarkome
n Nierenkr
ebs
Tagesveranstal
tungen 2010
ww w.daslebe
nshaus.org
Regionale Foren MITTE –
Eschborn bei Frankfurt/Main
n
24.06.2010 GIST-Forum
n 25.06.2010 Sarkom-Forum
n 25.06.2010 Nierenkrebs-Forum
Veranstaltungsort:
Mercure Frankfurt Eschborn Ost
Helfmann-Park 6, D-65760 Eschborn
www.mercure-frankfurt-eschborn-ost.com
Telefon: +49(0)6196-901-0
Regionale Foren WEST – Essen
n
15.07.2010 GIST-Forum
Sarkom-Forum
n 16.07.2010 Nierenkrebs-Forum
Veranstaltungsort:
Hotel Bredeney
Theodor-Althoff-Straße 5, D-45133 Essen
www.hotelbredeney.de
Telefon: +49(0)201-7690
n 16.07.2010
Die genauen Programme der regionalen
Foren entnehmen Sie bitte auf unserer
Homepage www.daslebenshaus.org.
Für jede der 15 Veranstaltungen stehen
jeweils max. 50 Plätze zur Verfügung.
Daher melden Sie sich bitte sehr zeitnah an,
entweder telefonisch unter 06032-9492881
oder per Mail an [email protected]
Wir freuen uns darauf,
Sie vielleicht noch in einer der
beiden Regionen begrüßen zu
können!
2010
2
Das Lebenshaus
WAS IST WAS – in der Medizin/Onkologie?
Tumor-Staging
Stadienbestimmung oder „Staging“ (englisch) bezeichnet in der Onkologie den Teil
der Diagnostik, der der Feststellung des
Ausbreitungsgrades eines bösartigen Tumors dient. Sie wird zur Basis für die Entscheidung, zu welcher Therapie dem Patienten geraten wird.
Die Mediziner in Deutschland nutzen zur
Stadien-Beschreibung solider Tumoren die
TNM-Klassifikation. Diese beinhaltet die
Tumorgröße, Ausbreitung, Fernmetastasen
und den Differenzierungsgrad. Aufgrund
der detaillierten Einteilung des Tumors
kann dann die Therapiestrategie festgelegt
und Aussagen über Verlauf und Heilungschancen getroffen werden.
Die TNM-Klassifikation basiert auf statistischen Untersuchungen, die Aussagen über
das voraussichtliche Verhalten von Tumor­
erkrankungen zulassen (z.B., dass sich ab
einer bestimmten Größe eines Tumors die
Krankheitsprognose verschlechtert).
Die Abkürzung TNM steht für
T = Tumor – Beschreibung von Verhalten,
Ausdehnung und Eindringtiefe des Primärtumors
N = Nodi (Lymphknoten) – Beschreibung
des Zustands der Lymphknoten bzw. das
Fehlen oder Vorhandensein von regionären
Lymphknotenmetastasen
M = Metastasen – Beschreibung der
Metastasenbildung und -ausbreitung
R-Stadien – Beschreibung der im Körper
verbliebenen Tumorreste nach der
Operation (R=Residualgewebe)
Bei GIST gibt es im Gegensatz zu einigen
anderen Krebserkrankungen keine offizielle
Klassifizierung. Es gibt aber folgende
Bezeichnungen für die einzelnen Erkrankungsstadien:
• Kleine, submuköse GIST (unter der
Schleimhaut gelegen)
• Lokal begrenzter, operabler Primärtumor
• Inoperabler GIST und/oder
• Metastasierter GIST
(auch fortgeschrittener GIST) mit einzelnen Fernmetastasen oder umfangreicher
Metastasierung
• Lokalrezidiv oder lokaler Progress
(Progression): Fortschreiten der Erkrankung am, Ort des Primärtumors oder an
einzelnen Metastasen oder Bildung neuer
Metastasen
• Systemischer Progress (Progression):
Ganzheitliches Fortschreiten der
Erkrankung
Metastasen
(griech. meta - weg; stáse - Ort,
Stelle; die lat. Bez. ist filia - Tochter)
Als Metastasen werden Absiedelungen
(Tochterzellen) eines Tumors in entferntem
Gewebe bezeichnet. Krebszellen lösen sich
aus dem Primärtumor und gelangen über
Lymphf lüssigkeit oder Blut an andere
Stellen im Körper. Je nach Weg heißen sie
dann hämatogene (Blut) oder lymphogene
(Lymphe) Metastasen.
Metastasen unterscheiden sich jedoch nicht
nur durch den Weg, auf welchem sie sich
verbreiten, sondern auch nach dem Ort, wo
sie letztendlich entstehen:
• Lokale Metastasen entstehen in der
nahen Umgebung des Ursprungstumors.
• Regionäre Metastasen entstehen in
den Lymphknoten, die im Lymphabf lussgebiet nahe beim Tumor liegen.
• Fernmetastasen bilden sich in anderen
entfernten Organen oder Körpergeweben.
Bei GIST sind die häufigsten Metastasen in
der Leber und im Bauchraum zu finden.
Das Nierenzellkarzinom hingegen metastasiert am häufigsten in die Lungen, Lymphknoten, die Leber und das Skelett.
Da das Feld der Sarkome eine Vielzahl an
verschiedenen Krankheitsbildern beinhaltet,
ist auch die Art der Metastasierung sehr
vielfältig. Bei Weichteilsarkomen erfolgt sie
beispielsweise hauptsächlich über den Blutkreislauf (hämatogene Dissemination). Der
typische Absiedelungsort für die meisten
Weichteilsarkome ist daher auch die Lunge.
Seltener finden sich Lymphknotenmetastasen. Manche Sarkome haben sehr spezifische Metastasierungswege. Sarkome des
Magen-Darm-Trakts metastasieren oftmals
in die Leber, das myxoide Liposarkom ist
eine der seltenen Krebsarten, welches Metastasen im Fettgewebe bildet. Das KlarzellSarkom hingegen tendiert zur Infiltration
der Knochen.
Lebermetastase
2010
2
WissensWert
Das Lebenshaus
Wir waren für Sie auf dem DKK 2010
„Anschauungs-Material für Patienten“: Dr. M. Beier vor einem begehbaren Modell
der Niere mit Tumor auf dem 29. Deutschen Krebskongress in der Messe Berlin.
Der Deutsche Krebskongress, kurz DKK, findet alle zwei Jahre in
Berlin statt – dieses Jahr vom 24. bis 27. Februar. Mit rund
12.000 Teilnehmern unterschiedlichster Bereiche stellt er nicht
nur eine medizinische Informations- und Austauschplattform
dar, sondern ist auch Diskussionsforum für Gesundheitspolitische Themen.
Mit rund 12.000 Teilnehmern aus Medizin,
Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit
unterstreicht der Deutsche Krebskongress
seine Bedeutung als das größte und wichtigste onkologisches Forum im deutsch­
sprachigen Raum. An vier Tagen haben fast
9.000 Experten nicht nur die aktuellsten
Strategien bei der Tumorbehandlung diskutiert, sondern vor allem spürbar den Schulterschluss bei der Zukunftssicherung geübt.
Der DKK gilt als das bundesweit größte
Forum für onkologische Fort- und Weiterbildung: Nahezu jede Krebsform findet sich
hier in Vortragsreihen wieder und auch die
seltenen Tumoren - wie Nierenkrebs, GIST,
Sarkome – finden hier ein Podium. Querschnittsthemen wie „Moderne Bildgebung
in der Onkologie“, „Aktuelle Entwicklungen in der Radioonkologie“ oder
„Thera­gnostiks“ waren im Programmstrang
„Allgemeine Onkologie“ vertreten.
Gleichzeitig bildet der DKK den Treffpunkt
für die zahlreichen AGs der Krebsgesellschaft, die den Rahmen zur Diskussion
klinisch relevanter aktueller Forschungs­
ergebnisse und deren Umsetzung in die
Praxis nutzen.
10
Neben den medizinischen Inhalten war der
Nationale Krebsplan und Gesundheitspolitik eines der zentralen Themen des dies­
jährigen DKK. Bundesgesundheitsminister
Rösler betonte auf dem auf dem Krebskongress nochmals, dass es in Deutschland
keine Abstufung, Rangfolge oder Rationierung geben dürfe.
Quelle: Grußworte von Prof. med. Schmiegel, Kongresspräsident und Pressemitteilung der deutschen
Krebsgesellschaft zum DKK 2010.
Das Lebenshaus e.V. war für den Bereich
GIST und Sarkome vertreten durch Markus Wartenberg (im Bild während
einer Präsentation) und für den Bereich
Nierenkrebs durch Dr. Marion Beier.
„Man muss
begreifen, um zu
verstehen“.
Die Begehbaren und Überdimensionalen Organ-Modelle
in Berlin zum DKK 2010.
„Man muss begreifen, um zu verstehen“ Dieser Satz begleitete mich während meines
ganzen Studiums, denn es war einer der
Lieblingssätze meines damaligen Institutsleiters“ so Dr. Marion Beier, Bereichsleiterin Nierenkrebs.
Diese Erkenntnis wird heute genutzt und in
der Erklärung von Krankheiten werden
neue Wege – im wahrsten Sinne des Wortes
„beschritten“: Überdimensionale und
begehbare Modelle von Prostata, Pankreas,
Niere, Darm und Wirbelsäule machen
theoretische, geschriebene Informationen
begreif bar. Die Modelle ermöglichen eine
einmalige Darstellung von Auf bau und
Funktionsweise des menschlichen Körpers.
Sie geben Informationen zu Ursachen und
Wirkungsweisen von Erkrankungen sowie
zu Therapiekonzepten. Durch die Möglichkeit der haptischen Erfahrung lassen sich
komplexe Strukturen und schwer verständliche medizinische Vorgänge im Körper
veranschaulichen.
Dies konnten auch die über 3.000 Besucher
des Krebsaktionstages in Berlin am 28. Februar im Anschluss an den deutschen Krebskongress erleben. Vielleicht begegnet Ihnen
ja auch einmal so ein Modell – und Sie können verstehen, warum das „begreifen“ so
hilfreich beim verstehen ist.
+ TICKER + TICKER +
Erstmals in 2010:
Ausschreibung eines GISTPreises für die Schweiz!
Der Verein zur Unterstützung von
Betroffenen mit GIST – „GISTGruppe Schweiz“, unterstützt alle
Bemühungen zur optimalen
Therapie der GIST. Zur Förderung
setzt er einen jährlichen Preis für
besondere Verdienste aus. Diese
Auszeichnung wird an Personen
oder Organisationen in der Schweiz
verliehen, die sich für dieses Ziel
einsetzen. Die eingereichten
Arbeiten können Vorträge, Papers,
Podiumsdis­kussionen, wissenschaftlich oder gesellschaftlich relevante
Projekte etc. sein.
Das Preisgeld beträgt CHF 10.000,(ca. 7.000,- EUR) und kann gegebenenfalls. auch auf wenige Preis­
träger aufgeteilt werden.
Gestiftet wird der Preis aus dem
Nachlass von Dr. Ulrich Schnorf,
Gründer der GIST-Gruppe Schweiz.
Arbeiten und Anträge können in
Deutsch oder Englisch schriftlich bis
zum 31. August 2010 eingereicht
werden bei:
GIST-Gruppe Schweiz
Helga Meier Schnorf
Sterenweg 7
CH-6300 Zug
Tel. 041 710 80 58
Fax. 041 710 80 78
Mail: [email protected]
www.gastrointestinale-stroma­
tumoren.com
Eine Jury, bestehend aus Fachleuten
entscheidet frei über die Vergabe
des Preises.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
2010
GIST
2
WissensWert
Jahrestreffen der „Schwyzer“ GISTPatienten am 23. April 2010 in Zürich.
Zum 7. Mal trafen sie die Mitglieder der GIST-Gruppe Schweiz
am 23. April 2010 zu ihrem nationalen Jahrestreffen in Zürich.
Inzwischen schon bewährt, fand die Veranstaltung wieder im
Restaurant „Au Premier“ im Bahnhof Zürich statt und über 80
Patienten, Begleiter (Angehörige), Mediziner, Mitarbeiter forschender Pharma-Unternehmen und „GIST-Aktive“ des Vereins
waren in diesem Jahr gekommen.
Vordere Reihe (von links nach rechts): Anna Costato (Leiterin der italienischen GISTPatientengruppe. Ehepaar Claudia und Martin Wettstein. Hintere Reihe (links) Jürg Forster (Patientenkontakt der reg. GIST-Gruppe Ostschweiz) – (rechts) Prof. Dr. Urs
Metzger. Prof. Metzger ist Chefarzt der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie
sowie medizinischer Direktor des Stadtspitals Triemli, Zürich. Mitglied des Royal College
of Surgeons of England, des Vorstands der Schweiz. Past-Präsident der Schweizerischen
Gesellschaft für Viszeralchirurgie.
Pünktlich um 10:00 Uhr begrüßte der Moderator der Tagesveranstaltung – Markus
Wartenberg (Vereinssprecher Das Lebenshaus e.V.) im Namen der „GIST-Gruppe
Schweiz“ Gäste und Teilnehmer. Auch für
ihn war es inzwischen die siebte Veranstaltung in der Schweiz und er betonte in
seiner Eröffnung, dass er jedes Jahr mit
großer Begeisterung und Verbundenheit
nach Zürich komme. Er begrüßte besonders
zum diesjährigen Treffen:
• Anna Costato, die Gründerin und
Leiterin der italienischen GIST-Gruppe
• Aus Frankreich: Bertrand de la Comble
• Candy Heberlein: Präsidentin der
Stiftung zur Förderung der Knochenmarktransplantation in der Schweiz
• Ärzte der vier Kliniken mit GISTKompetenz in der Schweiz
• Die bewährten Simultan-Übersetzer
„Deutsch-Französisch“ Susanne Blach
und Jaime Calvé sowie für die Technik
Alois Imfeld von der Firma Bluetrac
• Vertreter der pharmazeutischen Firmen
Novartis, Pfizer, Bayer und Bristol
Meyers Squibb
• Das Team des GIST-Gruppe Schweiz
rund um Helga Meier und Martin
Wettstein
Die Verantwortlichen der GIST-Gruppe
Schweiz hatten – gemeinsam mit den
med.-wiss. Beiräten Prof. Dr. Urs Metzger
(Zürich) und Dr. Michael Montemurro
(Lausanne), auch in diesem Jahr wieder ein
aktuelles, interessantes und für Betroffene
sehr praxisnahes Programm zusammengestellt.
11
2 2010
WissensWert
wodurch er entsteht, was idealerweise
zur Bestätigung eines Progresses abgeklärt werden muss und welche weiteren
therapeutischen Optionen derzeit zur
Verfügung stehen. „Nicht selten erleben
wir es, dass ein Progress diagnostiziert
wird – der nach Einholung einer Zweitmeinung gar keiner ist. Oft liegt es an
einer Fehlinterpretation der Bildgebung
durch weniger erfahrene Radiologen.
Verlässt sich der Onkologe dann nur auf
den schriftlichen Bericht und schaut sich
die Bilder nicht selber an, kommt es
schnell zur Diagnose Progress und damit
zur Änderung der eigentlich erfolgreich
laufenden Therapie mit Imatinib, Sunitinib oder anderen,“ so Wartenberg.
dingten Bluthochdruck, der durch blutdrucksenkende Mittel behandelt werden
muss. Zwischen den wesentlichen Tyrosinkinase-Inhibitoren und diversen kardiovaskulären Medikamenten kann es zu
Wechselwirkungen (Interaktionen)
kommen. Diese Wechselwirkungen hat
das Team von Dr. Nicolas Widmer und
Frau Haouala erforscht und in einer
Übersicht zusammengefasst. Die aktuelle
Tabelle finden Sie zum Herunterladen
unter: www.gastrointestinale-stromatumoren.com GIST > Informationen für
Patienten und Ärzte > Download PDFDokument „Cardiovascular drug interactions with tyrosine kinase inhibitors”
n
Dr. Michael Montemurro ist Leitender
Oberarzt am Krebszentrum des CHUV
Lausanne und Mitglied des medizinischwissenschaftlichen Beirates des Lebenshauses. Er gehört der kleinen Gruppe der
Experten der Sarkom- und GIST-Gruppe
der Europäischen Gesellschaft für
medizinische Onkologie (ESMO) an.
n
n
12
Vor 10 Jahren bedeutete die Diagnose
„metastasierter GIST“ noch eine durchschnittliche Überlebenszeit von etwa
12 Monaten. Heute – nach 10 Jahren
Imatinib und weiteren Therapien mit
Tyrosinkinase-Inhibitoren hat sich diese
Prognose dramatisch verändert. Inzwischen gibt es etliche Patienten mit metastasierter Erkrankung, die seit 10 Jahren
stabil mit der Diagnose GIST leben. Und
in kaum einer anderen seltenen Tumor­
erkrankung hat sich im Bereich der Forschung und des klinischen Managements
so viel getan wie bei GIST. „Wo wir bei
GIST im Jahr 2010 stehen, was wir
wissen und wo uns noch wichtige Antworten fehlen?“ – das war Gegenstand
des ersten Vortrages von Dr. Michael
Montemurro aus Lausanne.
Den zweiten Vortrag des Tages hielt
Lebenshaus-Vereinssprecher Markus
Wartenberg zum Thema „Progress:
Was tun beim Fortschreiten der Erkrankung?“ Er zeigte noch einmal auf, was
ein Progress ist, wie er definiert wird,
Amina Haouala kommt vom CHUV in
Lausanne. Sie ist Pharmazeutin, studierte
von 2001-2006 in Lausanne und in Genf.
Seit 2007 PhD-Student im Labor für
Klinische Pharmakologie im CHUV. Ihre
Doktor-Arbeit hat den Titel: "Targeting
anticancer therapy, clinical and preclinical
approaches".
Den vierten Vortrag mit dem Titel
„Leben und Überleben am Limit.“ hielt
Prof. Dr. Oswald Oelz, einer in der
Schweiz sehr bekannter Mediziner und
Bergsteiger. Prof. Oelz zeigte in seinem
Motivationsvortrag eindruckvolle Bilder
seiner zahlreichen und spektakulären
Bergbesteigungen in aller Welt. Rhetorisch geschickt, verglich er das Problem
„einen solchen Berg zu bezwingen“ mit
dem Weg durch eine Krebsdiagnose.
Dieses „Problem“ zu überwinden, habe
enorm viel mit Vorbereitung, Strategie,
der passenden Ausrüstung, dem richtigen
Team, mentaler Einstellung, Willen und
Durchhaltekraft zu tun. Der Vortrag von
Prof. Oelz beeindruckte etliche Teilnehmer und sorgte auch noch für Gesprächsstoff in der anschließenden Mittagspause.
(Weitere Informationen über Prof. Oelz
finden Sie in der Info-Box.)
n
n
Die dritte Präsentation hielt Amina
Haouala, Pharmazeutin aus Lausanne
über die Wechselwirkungen von Tyrosin­
kinase-Hemmern mit kardiovaskulären
Medikamenten. Die Diagnose GIST tritt
häufig im höheren Lebensalter auf – im
Durchschnitt sind die Patienten 60 Jahre
alt. Öfters haben Patienten diesen Alters
Vorerkrankungen am Herz-/Kreislaufssystem und nehmen dagegen „kardiovas­
kuläre“ Medikamente. Oder Patienten
unter Sunitinib- oder Sorafenib-Therapie haben als Nebenwirkung therapiebe-
Nach der Mittagspause folgte dann der
Vortrag von Monica Fliedner zum
Thema Therapietreue/Compliance:
„Warum ist Therapietreue wichtig?
Warum fällt es schwer, Tabletten regelmäßig einzunehmen? Welche Aufgaben
sollten Ärzte, Pf legefachpersonen und
Patienten in der Therapie-Kooperation
erfüllen?“ Auch die anschließende Diskussion brachte etliche nützliche PraxisErfahrungen von Patienten und Begleitern. Eine interessante Aussage eines Betroffenen war sinngemäß: „Ich betrachte
meine GIST-Therapie – meine Tabletten
- als gute Freunde, als Lebensretter –
2010
Monica Fliedner ist Pflegeexpertin für
Onkologie am Inselspital in Bern wo sie
seit etwa acht Jahren arbeitet. Sie hat
einen Master of Science von der Universität Cardiff (Wales). Mit Compliance/Adherence setzt sie sich
bereits seit 10 Jahren auseinander.
denen ich täglich gerne begegne.“
Weitere Informationen zu diesem
Thema finden Sie im Leitartikel dieser
Ausgabe – Interview mit dem Vereinssprecher Markus Wartenberg.
n
Den letzten Vortrag des Tages hielt Dr.
Mark Anliker aus St. Gallen mit dem
Titel: „Von selten bis häufig: Hautreaktionen unter Tyrosinkinase-Inhibitoren
(TKIs).“ Patienten die TKI erhalten,
reagieren in der Mehrheit mit Hautreaktionen. Die Reaktionen sind nicht
gefährlich, aber hinderlich, juckend und
manchmal auffällig. Grund ist das vermehrte Vorkommen von Tyrosinkinase
in der verhornenden Haut, Warzen und
Schleimhaut. Rechtzeitige Auf klärung,
Prophylaxe, Pf lege und Behandlung sind
daher notwendig.
Zum Abschluss der Vortragrunde, dankte
Markus Wartenberg allen Referenten des
Tages für ihre hervorragenden Beiträge,
welche - wie immer – honorarfrei erfolgten. Der Dank ging auch an die „GISTAktiven“ des Vereines – besonders an Helga
Meier-Schnorf – für die hervorragende
Organisation des Tages sowie die anwesenden Vertreter der Pharma-Unternehmen
Bayer, Novartis und Pfizer für die finanzielle Unterstützung ganz nach dem Motto
„Fördern, ohne zu fordern!“.
Direkt im Anschluss - gegen 15:45 Uhr begann dann die 1. Mitgliederversammlung
des formal neu gegründeten Vereines
„GIST-Gruppe Schweiz“. Zunächst erläuterte Prof. Dr. Urs Metzger noch einmal die
Hintergründe der Vereinsgründung. Dem
im März 2009 leider verstorbenen Gründer
der Schweizer GIST-Gruppe - Dr. Ulrich
Schnorf - war es sehr wichtig, dass seine
Auf bauarbeit der GIST-Gruppe Schweiz als
formaler Verein fortgeführt wird. Prof.
Metzger versprach dies seinem langjährigen
Freund Ulrich und war somit federführend
bei der offiziellen Gründung des Vereins
zur Unterstützung von Betroffenen mit
GIST (GIST-Gruppe Schweiz) am
14. Januar 2010 in Zug.
Prof. Metzger erläuterte die wesentlichen
Schritte zur Gründung sowie zwei neue
wichtige Projekte, die das Vereins-Team für
die nächsten Monate gestartet hat:
• Ausschreibung eines „GIST-Preises“ für
die Schweiz! (Siehe GIST-Ticker Seite 11)
• Dokumentarfilm über die Situation von
Betroffenen mit seltenen Krebsdiagnosen
am Beispiel GIST.
Dr. Mark Anliker, seit 2004 Aufbau und
Leitung der Dermatologie/Allergologie am Kantonspital St. Gallen mit Schwerpunkt auch auf MedikamentenReaktionen. Da St. Gallen ein großes
Onkologie-Zentrum hat, sieht man dort die Nebenwirkungen von Medikamenten
(auch Target-Therapien) bereits in der
Frühphase.
2
GIST
Dr. Michael Montemurro und Helga MeierSchnorf – Koordinatorin der GIST-Gruppe
Schweiz.
Er übergab dann an den ersten Präsidenten
der GIST-Gruppe Schweiz Herrn Martin
Wettstein. Martin Wettstein, selbst GISTPatient, begrüßte im Namen des Gründungsvorstandes alle Anwesenden und
bedankte sich für das Vertrauen in seine
Person zur Leitung der GIST-Gruppe
Schweiz. Er stellte sich und seine Erkrankungsgeschichte kurz vor und bat alle
Schweizer GIST-Patienten um ihre
Unterstützung des Vereines. Dies könne
z.B. erfolgen –
• durch das Kommunizieren von Erfahrungen, Beiträgen, Wünschen, Fragen
und Problemen an das Vereins-Team,
• durch persönliche Mitarbeit im Verein
und/oder durch Mitgliedschaft als aktives
Mitglied oder als Gönner (Förderer) des
Vereines.
Er ermunterte die Anwesenden auch, Ihre
Informations-/Themenwünsche für das
nächste Jahrestreffen der GIST-Gruppe
Schweiz einzusenden: Der Termin für das
8. Patiententreffen steht bereits fest:
8. April 2011 – wieder in Zürich im
Restaurant Au Premier.
Eventuell reservieren Sie sich schon einmal
diesen Termin in Ihrem Kalender?
Martin Wettstein de erste Präsident der GIST-Gruppe Schweiz bei seiner
Antrittsrede
13
2 2010
WissensWert
INFO
Vortrag von Prof. Dr.
Oswald Oelz „Leben und
Überleben am Limit.“
GIST-GRUPPE SCHWEIZ
Die GIST-Gruppe Schweiz:
Präsident:
Martin Wettstein
Med.-wiss. Beirat:
Prof. Dr. Oswald Oelz ist Bergsteiger und Mediziner (Innere Medizin). Geboren 1943 in Vorarlberg,
Medizinstudium in Innsbruck, von 1991 bis 2006 Chefarzt, Med.
Klinik, Triemli-Spital Zürich.
Oswald Oelz hat sich seit den
Siebzigerjahren als Bergsteiger,
Expeditionsarzt und Höhenmediziner einen Namen gemacht. Anspruchsvollste Gipfel und
schwierigste Routen auf der
ganzen Welt zieren sein Tourenbuch: Durchsteigung vieler
großer Alpenwände, Erstbe­
gehungen in den Alpen, Alaska,
Jordanien, und Oman, zahlreiche
Expeditionen mit Schwerpunkt in
Nepal, dritter Bergsteiger auf den
„Seven Summits“, den jeweils
höchsten Gipfeln der sieben Kontinente. Heute ist er noch immer leidenschaftlicher Bergsteiger und daneben Bergbauer/Schafzüchter,
freier Autor, Vortragsredner und
Ratgeber für medizinische Fragestellungen. Er wohnt in einem
Bauernhaus aus dem Jahre 1760
am Bachtel im Zürcher Oberland.
Quelle/Foto: 2003 in Jordanien –
Website www.osswald-oelz.ch
14
Prof. Dr. Urs Metzger
Dr. Michael Montemurro
Regionale Gruppenleiter:
Romandie: Herbert Blatter
Nordwestschweiz: Matthias Merki
Zentralschweiz: Urs Notter
Ostschweiz: Jürg Forster
Web-Master:
Vito Mediavilla
Vereinssitz und Koordination:
GIST-Gruppe Schweiz
Helga Meier Schnorf
Sterenweg 7
CH-6300 Zug
Tel. 041 710 80 58
Fax. 041 710 80 78
Mail: [email protected]
www.gastrointestinale-stromatumoren.com
Bankverbindung / Spendenkonto:
Konto Nr: 1100-2536.899
GIST-Gruppe Schweiz,
Zürcher Kantonalbank, 8001 Zürich
IBAN CH90 0070 0110 0025 3689 9
Mitglied bei:
Das Lebenshaus e.V. - Deutschland
www.daslebenshaus.org
Life Raft Group USA
www.liferaftgroup.org
Sarcoma Patients EuroNet e.V.
www.sarcoma-patients.eu
Global GIST-Network
www.globalgist.net
2010
2
GIST
LOGIST: Neue Registerstudie für Patienten
mit lokalisiertem GIST
In den nächsten Wochen geht in 30 – 40 Zentren deutschlandweit LOGIST unter der wissenschaftlichen Leitung von Priv.-Doz.
Dr. Peter Reichardt, Sarkomzentrum Berlin-Brandenburg an den
Start. Es handelt sich um eine „Nicht-interventionelle Registerstudie zur Beobachtung von Patienten mit Gastrointestinalen
Stromatumoren (GIST) nach einer R0/R1 Resektion – mit oder
ohne adjuvante Imatinib-Therapie - “A Local Observational GIST
register“ – LOGIST“.
In den nächsten zwei Jahren können in
Deutschland 400 Patienten in LOGIST eingeschlossen werden. Die Beobachtungszeit
beträgt zwei Jahre. Ziel der Untersuchung
ist die klinische Praxis beim Management
von lokalisierten GIST. - Wie und von welchen Ärzten werden Patienten nach ihrer
GIST-Operation behandelt? Wie steht es
mit einer möglichen adjuvanten Behandlung? Wie erfolgen die Kontrolluntersuchungen?
Wer kann an LOGIST teilnehmen?
Alle Patienten, bei denen innerhalb der
letzten 12 Monate ein GIST komplett (R0/
R1 Resektion) entfernt wurde. Patienten,
die vor ihrer GIST-Operation bereits Imatinib (Glivec®) eingenommen haben oder bei
denen eine metastasierte Erkrankung vorliegt, können nicht an LOGIST teilnehmen.
Wie funktioniert LOGIST?
Nachdem Sie – als Patient - Ihr Einverständnis gegeben haben, wird Ihr behandelnder Arzt gewisse Daten zu Ihrer Erkrankung in anonymisierter Form in das
LOGIST-Register eingeben. In den folgenden zwei Jahren wird er Ihre Daten
halbjährlich aktualisieren. Da LOGIST die
klinische Routine untersucht, gibt es keinen vorgeschriebenen Visitenplan. Die
Arztbesuche und Kontrolluntersuchungen
erfolgen nach Ermessen des behandelnden
Arztes.
Derzeit gibt es noch immer viele Fragen zur
Behandlungsstrategie bei lokalisiertem
GIST. Die Ergebnisse von LOGIST können
beitragen, die Behandlungsqualität entscheidend zu verbessern. Bitte sprechen Sie
Ihren behandelnden Arzt an, wenn Sie an
LOGIST teilnehmen möchten.
Für weitere Fragen steht wie immer
Das Lebenshaus e.V. zur Verfügung!
15
2 2010
WissensWert
Überblick: Der Multikinase-Inhibitor
Sunitinib bei GIST.
Trotz der guten Wirksamkeit der Imatinib Erstlinien-Therapie bei
metastasiertem-inoperablem GIST, sind Progressionen (= Fortschreiten der Erkrankung) bei einem Teil der Patienten zu
beobachten. Für diese Betroffenen steht seit Juli 2006 eine
zugelassene Zweitlinien-Therapie zur Verfügung: Sunitinib
(Handelsname Sutent) ist für viele ein zweiter wichtiger
Meilenstein der Hoffnung auf ihrem Weg im Kampf gegen GIST.
Sunitinib ist zugelassen für die Behandlung von Patienten mit
fortgeschrittenen und / oder metastasierten GIST nach Versagen
oder Unverträglichkeit einer Erstlinientherapie mit Imatinib.
Wirkmechanismus
Bei dem in Hartkapseln verfügbaren Multikinase-Hemmer Sunitinib handelt es sich
um ein kleines Molekül, das mehrere Signalwege gleichzeitig blockiert, die sowohl
für das Tumorzellwachstum als auch für die
Tumorangiogenese (Gefäßentstehung) entscheidend sind. Sunitinib hemmt durch
kompetitive Blockade der ATP-Bindungstelle spezifisch die Tyrosinkinasen der
PDGF (platelet-derived growth factor)Rezeptoren-a und -ß, der VEGF (vascular
endothelial growth factor)-Rezeptoren
1, 2 und 3, des c-KIT-Rezeptors, des
FLT(fetal liver tyrosine kinase)-Rezeptors
3, des CSF1 (colony stimulating factor)Rezeptors und des RET (rearranged during
transfection)-Rezeptors. Durch die Fähigkeit, mehrere Rezeptor-Tyrosinkinasen
spezifisch zu hemmen, weist Sunitinib
sowohl eine direkte als auch eine indirekte
Antitumoraktivität auf.
Dosierung
Die empfohlene Dosis von Sunitinib, auf
Basis der Studien, beträgt 50mg einmal täglich für vier aufeinander folgende Wochen,
gefolgt von einer zweiwöchigen Therapiepause (4/2-Schema), so dass ein kompletter
Behandlungszyklus sechs Wochen umfasst.
In der klinischen Praxis wird Sunitinib
jedoch inzwischen häufig durchgehend –
mit ähnlich guter Wirksamkeit - in einer
Dosierung von 37,5mg verabreicht. Das
wichtigste Ziel solcher Zweitlinien-Therapien ist es, die Erkrankung möglichst lange
aufzuhalten – bei akzeptabler Lebensquali16
tät für den Patienten. Daher setzen erfahrene GIST-Experten Sunitinib manchmal
auch – je nach Erkrankungssituation und
auftretenenden Nebenwirkungen in patienten-spezifischen Dosierungsschemata ein.
Ansprechen
In einer Phase-I/II-Studie wurden zunächst
97 GIST-Betroffene mit Sunitinib behandelt. Es zeigte sich eine Ansprechrate von
8% und eine Krankheitsstabilisierung über
mindestens 6 Monate bei weiteren 37%.
Die mediane Zeit bis zur Progression lag bei
7,9 Monaten und das mediane Gesamtüberleben bei 19,8 Monaten.
Auf bauend auf diese Ergebnisse wurde eine
internationale Phase-III-Studie durchgeführt, bei der eine Randomisation zwischen
Sunitinib und Placebo erfolgte. 312 Patien­
ten wurden in die Studie eingeschlossen,
die nach der ersten geplanten Zwischenanalyse aufgrund der signifikanten Überlegenheit von Sunitinib vorzeitig geschlossen
wurde. Bei Patienten mit Imatinib-resistentem GIST stand Sunitinib in Zusammenhang mit einer deutlichen Verbesserung der
medianen Zeit bis zum Fortschreiten der
Erkrankung (27.3 vs. 6.4 Wochen) und
einem deutlich höheren Gesamtüberleben.
Die Sunitinib-Behandlung erzeugte ein
partielles (teilweises) Ansprechen bei
14 Patienten (6.8%) und eine stabile
Erkrankung (22 Wochen oder mehr) bei
36 Patienten (17.4%). Im Vergleich dazu
wurde unter Placebo kein partielles Ansprechen erreicht und eine stabile Erkrankung
bei nur 2 Patienten (1.9%).
Patienten mit einer GIST Primär-Mutation
in Exon 9 (schwarz) oder ohne Mutationsnachweis = WT = Wildtyp (blau) profitieren länger von der Sunitinib-Therapie –
hier bis zum Fortschreiten der Erkrankung
(Time To Progression bzw. Progression
Free Survival)
Wie Forscher, medizinische Experten und
Patienten inzwischen gelernt haben: GIST
sind nicht gleich GIST und Statistiken sind
eben nur „Zahlengebilde“. Patiententen
profitieren oft sehr unterschiedlich von
solchen medikamentösen Therapien. So gibt
es bei Sunitinib Patienten, die nur wenige
Wochen von der Therapie profitiert haben
– bei anderen sind die Tumoren unter Sunitinib weit mehr als zwei Jahren kontrolliert.
Nebenwirkungen
Insgesamt sind Nebenwirkungen der
Schweregrade 1-2 unter der Behandlung
mit Sunitinib häufig, sie erreichen aber selten den Schweregrad 3-4. Die häufigsten
unerwünschten Wirkungen, die jeweils bei
über 50% der Patienten auftreten, sind Fatigue (Müdigkeit), Durchfall, Übelkeit und
Erbrechen sowie Bauchschmerzen. Die
meisten dieser und anderer Nebenwirkungen sind Betroffenen bereits von der
Therapie mit Imatinib bekannt. Neue
Nebenwirkungen im klinischen Alltag
unter Sunitinib sind:
n Eine Schilddrüsenunterfunktion tritt bei
einem Teil der Patienten auf. Diese ist
häufig behandlungsbedürftig, was durch
eine Schilddrüsenhormonsubstitution in
Tablettenform sehr einfach möglich ist.
Da eine unbehandelte Schilddrüsenunter­
funktion lebensgefährlich werden kann,
ist hier eine sorgfältige Überwachung
erforderlich!
n In bis zu 40% der Fälle kommt es zu
Entzündungen der Schleimhäute.
n Eine besonders problematische Neben-
2010
Forschungscode:
SU 11248
Wirkstoff:
Sunitinib-malate
Produktname:
Sutent®
Hersteller:
Pfizer
Zulassung:
Juli 2006 (GIST und RCC) als Zweitlinien-Therapie, Frühjahr 2007 als
Erstlinien-Therapie bei Nierenkrebs
Gruppe:
Target-Therapien
Darreichung:
Oral (als Kapsel) – Zyklustherapie – 6 Wochen (4 Wochen Therapie
– 2 Wochen Pause)= 12,5mg, 25mg und 50mg HartgelatineKapseln
Standarddosierung:
50mg/Tag für 4 Wochen (Zulassung)
INFO
Sonstige Dosierungen: 37,5mg/Tag durchgehend (Klinische Praxis)
Art:
Tyrosinkinase-Inhibitor – Multitarget = Signaltransduktionshemmer
Hemmung:
KIT, PDGFR, VEGF, FLT, RET, CSF
wirkung ist das Hand-Fuß-Syndrom, das
bei etwa 20% der Patienten eintritt.
n Therapiebedingter Bluthochdruck, der
in bis zu 20% der Fälle vorkommt, kann
gelegentlich Schweregrad 3 erreichen.
wirkungen, Medikamente bei anderen
Erkrankungen, Notfallmedikation etc.) mit
Ihrem Arzt besprechen, inwieweit diese
zusammen mit Imatinib oder Sunitinib
genommen werden können.
Wie Sie evtl. bei unseren Artikel zum
Thema Therapie-Kooperation in diesem
Heft gelesen haben: Wichtig sind Kooperation und Kommunikation zwischen Arzt
und Patient beim Thema NebenwirkungsManagement.
Therapieprinzipien
Wechselwirkungen
Wirkstoffe wie Sunitinib und Imatinib werden in der Leber durch bestimmte Enzymsysteme (Isoenzym CYP3A4 der Cytochrom P450 Familie) abgebaut und sind
Inhibitoren (Hemmer) anderer Enzymsysteme. Das heißt, dass es auch bei Sunitinib –
bei gleichzeitiger Einnhame mit bestimmten anderen Wirkstoffen / Substanzen
(Gruppen) zu Wechselwirkungen (Inter­
aktionen) kommen kann. Dabei kann
sowohl der Wirkspiegel des GIST-Medikaments, als auch der Wirkspiegel des Begleitmedikaments erhöht oder verringert werden. Sollten Patienten bereits Medikamente
gegen andere (z.B. frühere) Erkrankungen
bekommen, wäre bei Neubeginn einer
Imatinib- oder Sunitinib-Therapie zu
prüfen, inwieweit sich die Substanzen vertragen oder man gegebenenfalls Medikamente für die frühere Erkrankung wechseln
sollte. Wichtig auch: Patienten sollten
grundsätzlich neue Medikamente (Begleit/ Ko-Medikation, Behandlung von Neben-
GIST
2
Zahlen, Daten, Fakten zu Sunitinib / Sutent® :
n
Für die Therapie operabler GIST stellt
die Operation – mit dem Ziel der Tumor­
freiheit – nach wie vor den „GoldStandard“ dar.
n Bei lokal fortgeschrittenen oder metastasierten GIST stellt die Behandlung mit
Imatinib in einer Dosierung von
400mg/Tag die Therapie der ersten
Wahl (Firstline) dar. Der Einsatz von
neoadjuvanten und adjuvanten systemischen Therapien mit Imatinib ist derzeit noch Gegenstand von klinischen
Prüfungen.
n Im Falle einer Progression wird
zwischen lokalem und systemischem
Progress unterschieden. Eine Dosiser­
höhung auf 800mg Imatinib/Tag ist in
beiden Fällen – laut bisheriger Studienlage – indiziert. Davon profitieren laut
Studien etwa 1/3 der Patienten.
n Sunitinib ist – laut Studienbasis – die
Therapie der Wahl bei einer Progression
unter 800mg Imatinib oder bei
Imatinib-Unverträglichkeit.
Angiogenese und
Wachstumsfaktor VEGF:
Als Angiogenese (griech. = Gefäßentstehung) bezeichnet man das Wachstum von kleinen Blutgefäßen (Kapillaren), überwiegend durch Sprossung
aus einem vorgebildeten Kapillar­
system. Es handelt sich um einen sehr
komplexen Prozess, bei dem die zur
Bildung der Gefäßwände notwendigen Zellen u. a. durch den Wachstumsfaktor VEGF (Vascular Endothelial
Growth Factor) aktiviert werden. Die
Angiogenese ist bei Krebs von erheblicher biologischer und medizinischer
Bedeutung. Solide Tumoren sind abhängig von einem mitwachsenden Kapillarnetz, das den Tumor mit Sauer­
stoff und Nährstoffen versorgt. Je
größer der Tumor wird, desto größer
wird die Zahl der Blutgefäße, um die
Tumorzellen zu versorgen. GIST können ständig neue Blutgefäße bilden,
so dass es durchaus zu Tumorgrößen
von über 30cm Durchmesser kommen
kann. Diese unnormale Angiogenese
der Tumoren wird durch eine Signal­
übermittlung der Tumorzellen an das
normale Umfeld gefördert. Hierbei
entsenden die Tumorzellen ein Eiweiß,
den Wachstumsfaktor VEGF (Vascular
Endothelial Growth Factor), welcher
das Wachstum bestimmter Zellen stimuliert, um neue Gefäße zu bilden.
Eine Methode zur Verhinderung der
Gefäßneubildung bei Tumoren heißt
Antiangiogenese. Da der Tumor ohne
neue Blutgefäße nicht weiter wachsen
kann, versucht man nun mit Wirkstoffen in Form von Angiogenese-Hemmern die Gefäßneubildung zu verhindern. Hierbei wird die Signalüber-
tragung der GIST-Zellen an die
VEGF-Rezeptoren der künftigen, die
Gefäße bildenden Zellen gestört. Diese Strategie ist z.B. Teil des Behandlungskonzeptes mit dem Multikinase-Inhibitor Sunitinib.
17
2 2010
WissensWert
Wer Mut zeigt, macht Mut!
Jeden Tag nutzen und auch genießen
(U., 60, GIST seit 2004, alles stabil)
Die Tage bis zur OP
Am 22. Dezember 2004 trafen wir uns mit
Freunden in einem Restaurant. Mitten im
Nachtessen war mir heiß, kalter Schweiß an
Stirn und Armen. Weil ich mich gar nicht
gut fühlte, brachen wir das Essen ab. Zuhause verbrachte ich eine ruhige Nacht. Am
nächsten Morgen: Teerstuhl!
Also rasch zum Hausarzt meiner Partnerin,
er war näher als meiner. Dieser meldete
mich im Spital zur Untersuchung an. Hier
wurde je eine Magen- und Darmspiegelung
gemacht, die Lunge geröntgt und der Bauch
mit Ultraschall untersucht. Ernste Gesichter
der Ärzte, am Mittag teilte mir der Arzt der
Notfall-Station mit: „Sie haben einen sehr
großen Tumor, es kommt jetzt viel auf Sie
zu! Sie müssen hierbleiben und werden über
die Weihnachtstage – es war der 24. Dezem­
ber! – auf die Operation vorbereitet, sie
wird am 27. vorgenommen.“
Ein Schock! Habe zwar vorher etwas geahnt
nach den diversen Untersuchungen, aber
Krebs! Viele Gedanken schießen durch den
Kopf: Warum? Warum ich? Was wird jetzt
gemacht? Wie geht’s weiter? Aber auch:
Gut, dass offen informiert wird.
Nach ihrer Arbeit informierte ich auch
meine langjährige Partnerin, die mir bis
heute eine wichtige Stütze ist.
Am 25. und 26. Dezember waren wir lange
zusammen. Wir versuchten die Situation zu
verarbeiten, waren traurig, aber auch zuversichtlich. Vor der OP gab es noch Formalitäten zu erledigen, ich schrieb auch ein
neues Testament.
Die Operation verlief gut. Als ich aus der
Narkose aufwachte, konnte ich die ersten
Sekunden nicht sprechen, sah aber meine
Brigitte am Bett sitzen. Ich zwinkerte ihr
zu, wir mussten lächeln (wir haben es auch
sonst oft lustig)!
Der Chefchirurg und das ganze Team
leisteten ganze Arbeit: Tumor raus, ca.
15 cm Dünndarm weg, Blase genäht
(Verwachsungen).
18
Vorwärtsschauen, Hoffen auf
Imatinib, erster Kontakt mit
dem Lebenshaus
Nun ist also mein blinder Passagier draußen, mein Weihnachtsgeschenk (der Humor
kam wieder). Langsam kam ich zu Kräften:
aufstehen, mit den Schläuchen und dem
Gestell gehen. Nach einigen Tagen das erste
leichte Essen: welche Freude!
Dann die Infos des Onkologen: „Sie haben
einen seltenen Krebs, einen gastrointestinalen Stromatumor, kurz GIST. Es gibt ein
neuartiges Medikament, Wirkstoff Imatinib, sie müssen es lebenslang nehmen. Sie
haben mehrere Metastasen in der Leber.
Imatinib kann diese blockieren, es gibt
erträgliche Nebenwirkungen.“
Freunde schauten im Internet nach und
brachten mir Unterlagen, auch über Das
Lebenshaus. Nach 18 Tagen Spital durfte
ich nach Hause, es ging weiter aufwärts und
im Frühling 2005 besuchte ich bereits das
Jahrestreffen der GIST-Gruppe Schweiz des
Lebenshauses in Zürich mit vielen guten
Infos und Vorträgen.
Die Vorgeschichte
In den Monaten vor der Operation musste
ich den damaligen Hausarzt mehrmals aufsuchen:
• Oft Völlegefühl, Aufstoßen, Blähungen
• Oft dringendes Wasserlassen
• Trockener Husten ohne Erkältung
• 1 Mal Ischias ausstrahlend in ein Bein
• Kleiner Schmerz unter dem Nabel
• Unregelmäßiger Stuhlgang
Diese Symptome wurden mehr oder weniger behandelt, verschwanden z.T. wieder.
Ein Zusammenhang wurde aber nicht
erkannt, auf meinen Wunsch wurde Anfang
Januar 2005 eine Darmspiegelung vereinbart. Dazu kam es aber nicht, ich wurde ja
am 27. Dezember 2004 notfallmäßig operiert. Bei der Dickdarmspiegelung wäre
aber der Tumor am Dünndarm nicht sichtbar gewesen, wohl aber bei einem „Bauchdrücken“ oder Ultraschall, was erst im
Spital passierte.
Es hätte also bis zur OP besser laufen können, der Tumor wäre kleiner gewesen, kein
Durchbruch in den Dünndarm, eventuell
weniger Metastasen. Danach hat es aber
sehr gut geklappt – Dank an die Chirurgen,
Pathologen und Onkologen!
Und heute?
Ich bin stabil unter 400 mg Imatinib, die
Nebenwirkungen sind erträglich, es geht
mir gut. Die Metastasen „schlafen fest“ seit
fünf Jahren. Alle vier Monate wird ein CT
gemacht, kürzlich auch ein PET-CT. Ich
bin in guten Händen bei der Onkologin im
Spital, in dem ich operiert wurde.
Schon früh habe ich nicht gehadert, sondern mein Unglück akzeptiert und freue
mich an meinem Glück (auch dank Imatinib). Meine Partnerin (seit 24 Jahren) und
ich leben bewusst und optimistisch. Wir
sind aktiv, interessiert, freuen uns an der
Natur und haben einen guten Freundeskreis. Sie hat ihr Pensum auf 50% reduziert
und ich habe mein Geschäft schon vor der
Krankheit verpachtet.
Was wir aufgeschoben hatten, wird jetzt
vorgezogen, wir reisen z.B. viel:
• Musikreise auf der Donau
• Hurtigruten Norwegen
• Städtereisen
• Velowochen auf Mallorca
• Kanada und West-USA
• Antarktis-„Expedition“
• Ostsee-Schiffsreise
• Jazz auf der Rhone
Wir genießen das Jetzt, haben noch viele
Pläne und behalten den Humor, so ist das
Leben leichter. Auch an den kleinen Dingen
des Lebens freuen wir uns!
U. N.
Der Autor
Name: Alter: Beruf: Hobbies: Motto:
GIST seit: Im Lebenshaus:
U. N.
60 Jahre
Ingenieur
Natur, Reisen,
Sport und Musik
Realistischer Optimist
Dezember 2004
Imatinib 400mg
Leiter Regionalgruppe
Schweiz
+ TICKER + TICKER +
Sarkom-Expertise für den
Großraum Rhein-Main.
Das Klinikum Frankfurt Höchst hat seit
Januar 2010 mit
Prof. Dr. Matthias
Schwarzbach (Jahrgang 1966) einen
neuen Chefarzt für
die Klinik für Chirurgie gefunden, der
auch alle drei großen Bereiche der
Chirurgie (Thorax-, Viszeral- und
Gefäßchirurgie) ver­treten kann.
Besonderes Interesse besteht bei Professor Schwarzbach an der inter­
disziplinären und multimodalen
Behandlung von Sarkom­patienten.
Mit großem Engagement arbeitet er
derzeit mit seinem Team am Aufbau
eines Sarkomzentrums Frankfurt,
welches eng mit Kooperationspartnern wie z. B. dem UCT (Universitäres
Centrum für Tumorerkrankungen) der
Uni Frankfurt (Prof. Dr. Hubert Serve)
oder Universitätsmedizin Mannheim
Chirurgische Klinik (Prof. Dr. Peter
Hohenberger) zusammenarbeitet.
Mehr Informationen unter:
www.klinikumfrankfurt.de
Qualifizierte Informationen
über Sarkome in Englisch.
Einer der internationalen Kooperationspartner des Lebenshauses ist „The
Liddy Shriver Sarcoma Initiative“ mit
Sitz in Ossining, New York, USA. Die
Organisation war von Bruce und
Beverly Shriver gegründet worden,
nachdem sie ihre Tochter Liddy mit
der Diagnose Ewing-Sarkom verloren
hatten. Für Sarkom-Patienten im
deutsch-sprachigen Raum mit guten
Englisch-Kenntnissen kann die Website der Liddy Shriver Sarcoma Initiative sehr hilfreich sein.
Website: www.sarcomahelp.org
Weitere Informationen in englischer
Sprache findet man unter:
www.sarcoma-uk.org
www.macmillan.org.uk
www.cancer.gov/cancertopics/ types
/soft-tissue-sarcoma
www.sarctrials.org
www.clinicaltrials.gov
2010
SARKOME
2
WissensWert
Sarkom-Wissen Teil 2:
Wie häufig sind Sarkome, wo treten sie
auf und was sind die Ursachen/Auslöser?
Im Sarkom-Register des Memorial Sloan-Kettering Cancer
Centers in New York wurden in den Jahren 1982 bis 2000 etwa
4.500 Sarkom-Fälle erfasst und ausgewertet. Nach dieser
Statistik treten Sarkome bei Männer und Frauen ca. gleich oft
auf. Grundsätzlich scheinen Sarkome in allen Altersgruppen
vorzukommen. Weichgewebesarkome treten jedoch häufiger
bei Patienten über 40 Jahren auf – wobei Weichgewebesarkome bei Kindern extrem selten sind. Bei der Gruppe Kinder
bilden wiederum die jüngeren Kinder- hier vor allem mit der
Diagnose Rabdomyosarkom die größte Gruppe.
Genau anders herum verhält es sich bei den
Knochensarkomen: Hier sind verhältnismäßig mehr Kinder betroffen als Erwachsene.
Osteosarkome z.B. treten häufiger im
Jugendalter auf und Ewing Sarkome finden
man vermehrt in der Gruppe der 5 bis
9-Jährigen und in der Gruppe der 20 bis
30-Jährigen. Chondrosarkom ist die Diagnose bei Knochentumoren, die am meisten
bei Erwachsenen auftritt – dann meist in
der Altersgruppe der 50 bis 60-Jährigen.
Häufigkeit
Wie bereits beschrieben, wird die Inzidenz
(Neuerkrankungsrate) bei den Weichgewebesarkomen in Europa auf durchschnittlich
4 bis 5 pro 100.000 Einwohner pro Jahr
geschätzt. Das hieße ca. 4.000 – 5.000 neue
Betroffene in Deutschland. Im Vergleich zu
den häufigen Krebserkrankungen wie z.B.
Brustkrebs mit 57.230 Neuerkrankungen/
Jahr oder Prostatakrebs mit 58.570 Neuerkrankungen/Jahr (Schätzungen RobertKoch-Institut 2004) sind die Weichgewebetumoren als selten einzustufen. Dies ist auch
der Grund, warum Sie unter „Rare
Diseases“ laufen und den Status der
„Orphan Diseases“ haben.
Leider gibt es derzeit für Deutschland keine
aktuellen und wirklich genaue Zahlen bzgl.
Neuerkrankungsrate bei Weichgewebetumoren sowie die Häufigkeitsverteilung auf
einzelne Subtypen.
Vergleicht man die Zahlen, die über Jahre
immer wieder in der Literatur veröffentlicht
wurden - mit neueren Daten aus der franzö­
sischen Region Rhone-Alpes - so kann
man vermuten, dass Sarkome weit häufiger
vorkommen als ursprünglich angenommen.
Frankreich ist geografisch in 10 „onkologische Regionen“ – sogenannte CANCEROPOLE aufgeteilt. Die Region
„Rhones-Alpes“ umfasst ca. 5,7 Mio. Einwohner - dies entspricht etwa 10% der
Bevölkerung Frankreichs. In dieser Region
wurde – auf Veranlassung des EU-geförderten Netzwerkes CONTICANET (www.
conticanet.eu) – eine prospektive Datenerhebung bzgl. Sarkom-Erkrankungen durchgeführt. (Prospektiv bedeutet vorausschauend. Das Gegenteil hierzu ist retrospektiv
= zurückschauend. Bei Studien spricht man
von prospektiv, wenn erst ab dem Zeitpunkt der konkreten Fragestellung Material
für die Untersuchung erhoben wird.)
Aufgrund der bisherigen Daten aus der
Literatur erwartete man die Erfassung von
etwa 150 Sarkomen in dieser Region.
Tatsächlich aber fand man 512 Patienten mit
Sarkomen. Auf Deutschland hochgerechnet
würde dies eine Zahl von ca. 7.500 neuen
Sarkom-Fällen pro Jahr bedeuten – statt der
derzeit geschätzten 4000 – 5.000 Neuerkrankungen.
Lokalisation
Sarkome kennen keine Grenzen! Das heißt:
Sie können überall im Körper diagnostiziert
werden. Weichgewebetumoren treten –
grob eingeteilt - zu ca. 40% an den Beinen
und Füßen, zu ca. 15% am Hals/Nacken zu
19
2010
2
WissensWert
ca. 15% an den Armen sowie zu ca. 30 %
am Körperstamm bzw. im Brustkorb oder
Bauchraum auf. Jedoch sind je nach Patientengruppe und Register auch etwas abweichende Zahlen zu finden. In der bereits zitierten Auswertung des Sarkom-Registers
von Memorial Sloan-Kettering Cancer
Center New York lassen sich folgende Zahlen – nach Körperregionen – finden:
GESAMT
Torso/Rumpf
Obere Extremitäten (Arme)
Retroperitonal (hinter Bauchfell),
abdominal*1 (Bauch)
Magen-Darm-Trakt
Untere Extremitäten (Beine)
Andere
*1Das
10%
13%
15%
18%
32%
12%
Abdomen ist der Bereich des Rumpfes
wird die in der DNA gespeicherte Information verändert und dadurch können einzelne
Merkmale verändert werden. Einfach erklärt: Durch Einf lussfaktoren/Auslöser, die
man in meisten Fällen nicht kennt, kommt
es zur Veränderung des Erbgutes in einer
Zelle. Diese Veränderung führt dazu, dass
das Zellwachstum außer Kontrolle gerät,
Zellen – ohne natürlichen Stopp – unkon­
trolliert wachsen und sich zu Zellverbänden
(Gewebewucherungen/Tumoren/Sarkome)
entwickeln.
Viele Krebserkrankungen – so auch etliche
Sarkome – treten erst im Alter auf. Dies hat
mit dem natürlichen Alterungsprozess des
Körpers zu tun. Das heißt: Je älter man
wird, desto weniger widerstandsfähig wird
der Körper, bestimmte „Reparatur-Mecha-
nismen“ funktionieren evtl. schlechter als in
jungen Jahren. Prozesse, die man inzwischen unter anderem kennt sind:
• Änderungen der biochemischen
Zusammensetzung der Gewebe im Alter
• Progressiver Verlust der physiologischen
Leistungsfähigkeit
• Reduzierte Fähigkeit auf Umwelteinf lüsse zu reagieren
• Erhöhte Verwundbarkeit - Anfälligkeit
für Krankheiten
• Funktionelle Immunantwort sinkt mit
zunehmendem Alter
• Reduzierte T-Zell Antwort auf externe
Einf lüsse (T-Zellen sind eine für die
Immunabwehr wichtige Gruppe von
Blutzellen)
• Ansteigende Infektionsrate
zwischen Brustkorb und Becken
Ursachen
Die Auslöser, also die Entstehungsgründe
für Weichgewebesarkome sind bisher weitgehend ungeklärt. Der Kontakt mit einigen
Industriegiften wurde vor einigen Jahren als
mögliche Ursache für Sarkome genannt,
allerdings konnte ein sicherer Beweis dafür
letztlich nicht gefunden werden. Mutmaßliche Risikofaktoren scheinen die verstärkte
Einwirkung von Polyvinylchlorid ("PVC")
oder Asbest zu sein.
Nach vorangegangener Strahlentherapie
können selten einmal Sarkome im Bereich
der bestrahlten Körperregion beobachtet
werden. Außerdem werden Sarkome bei
bestimmten angeborenen Gen-Defekten
beobachtet, die dann häufig zur Ausbildung
verschiedener Tumoren führen. Diese
„Syndrome“ sind aber sehr selten und
machen nur einen verschwindend geringen
Anteil der Sarkome aus. Das heißt, dass
nahezu die meisten Sarkome „spontan“ auftreten; ein konkreter Auslöser lässt sich in
den allermeisten Fällen nicht finden.
Die Ursache vieler Sarkome sind sogenannte „somatische Mutationen“. Eine
Mutation (v. lat. mutatio „Veränderung“) ist
eine Veränderung des Erbgutes eines Organismus durch Veränderung der Abfolge der
Nukleinbasen oder durch Veränderung der
Chromosomenzahl. Durch eine Mutation
20
BEISPIEL
GIST: Ursache für die Entstehung
des Sarkoms GIST (Gastrointestinale Stromatumoren) z.B. ist ein
fehlerhaftes Gen, das zu einer
Veränderung eines Signalempfängers (Rezeptor-Proteins) an
der Oberfläche bestimmter Zellen führt. Die meisten GIST be­
inhalten somatisch (sporadische)
Mutationen im KIT-Gen. Der
Großteil aller GIST-Patienten hat
ihre zur Krankheit führende Mutation also nicht von ihren Eltern
geerbt. Stattdessen entwickelten
sie irgendwann in ihrem Leben
(wodurch auch immer) eine einleitende Veränderung im KITGen. Diese Veränderung setzte
einen Ablauf von Ereignissen in
Gang, aus welchen sich irgendwann GIST entwickelte. Im Falle
des Defektes bei GIST ist ein Enzym – die so genannte Tyrosin­
kinase – dauerhaft aktiv und
lässt sich nicht mehr „abschalten“. Dadurch kommt es zu
einem unkontrollierten Zellwachs­
tum: Ein GIST entsteht, benachbartes Gewebe wird zerstört.
INFO
Etwa 23% aller Krebserkrankungen werden derzeit als „selten“ – als „rare cancer“ bezeichnet. Dies sind für Deutschland
jedes Jahr immerhin ca. 100.000
neue Patienten mit der Neudiagnose einer seltenen Krebserkrankung. Teilweise sind Krebsarten
mit nur 50 Neuerkrankungen pro
Jahr dabei. Leider gibt es in
Deutschland weder ein
Deutsches Krebsregister, welches
hierfür die Daten erfasst noch
namhafte Organisationen, welche Informations- und Hilfsangebote für Betroffene bereitstellen.
So irren viele Patienten und ihre
Familien monatelang durch das
Gesundheitssystem auf der Suche
nach adäquater Behandlung. Oft
entscheiden Zufälle, der Austausch mit anderen Patienten in
Online-Foren wie dem Krebskompass oder der Kontakt zu engagierten Patientenorganisationen darüber, ob ein Patient mit
einem „rare cancer“ von einem
erfahrenen Spezialisten behandelt wird.
2010
2
SARKOME
Lungenmetastasen bei Sarkomen: Welchen Stellenwert hat
die operative Lungenmetastasektomie?
Die “Lungenmetastasektomie“ ist die operative Entfernung von Tochtergeschwülsten
eines bösartigen Tumors aus der Lunge. Sie
kann diagnostisch oder therapeutisch
durchgeführt werden, je nach Therapieziel.
Die Eröffnung des Brustkorbes ist dabei
unvermeidlich und setzt eine Vollnarkose
voraus. Ziel ist dabei, entweder durch komplette Tumorentfernung eine Heilung zu
erzielen, lokal den Tumoranteil in der
Lunge zu kontrollieren, d.h. seine Ausbreitung zu verhindern, oder durch Gewebegewinnung den Tumor pathologisch zu charakterisieren, um eine zielgerichtete Hormon- oder Chemotherapie zu ermöglichen.
1. Indikationsstellung zur
Lungenmetastasektomie
Die Frage, ob die Entfernung von Lungenmetastasen für einen Patienten, bei dem ein
maligner Tumor hämatogen (über den
Blutweg) gestreut hat, von Vorteil sein
könnte, wurde in einer großen Multicenter-Studie untersucht und 1997 veröffentlicht. Darin wurden die Daten von 5206
Patienten ausgewertet, die von 1945 – 1995
wegen Lungenmetastasen operiert worden
sind. An dieser Datenerhebung haben
Kliniken aus Europa, USA und Canada
teilgenommen. Die Auswertung erbrachte
wichtige Hinweise über die Verteilung von
Tumorarten und darüber, welche Patienten
besonders von einer Operation profitieren
könnten:
In 43% handelte es sich um epitheliale
Tumoren (kolorektale Karzinome, Nierenzellkarzinome, Hals-Nasen-Ohren Karzinome und andere), in 42% um Sarkome
und in 15% um Keimzelltumoren und
andere. Zu fast 50% hatten die Patienten
singuläre Metastasen, zur anderen Hälfte
2 oder mehr Metastasen (max. 154). Patienten mit Sarkomen und Melanomen
entwickelten am häufigsten (>60%) Metastasenrezidive, Patienten mit Keimzelltumoren mit 26% am seltensten.
Auf Basis der errechneten Überlebenszeiten
nach Lungenmetastasektomie wurden prognostische Gruppen von I – IV eingeteilt.
Wesentlichste Einf lussfaktoren waren die
Metastasenzahl, die „krankheitsfreie Zeit“
(KFZ) nach Entfernung des Primärtumors
und die Vollständigkeit der Metastasen­
entfernung.
Gruppe
Gruppe
Gruppe
Gruppe
I: komplett resektabel,
KFZ > 36 Monate und
singuläre Metastase
II: komplett resektabel,
KFZ < 36 Monate oder
multiple Metastasen
III:komplett resektabel,
KFZ < 36 Monate und
multiple Metastasen
IV:nicht komplett resektabel
Patienten in der Gruppe I hatten am besten
von der Operation profitiert (am längsten
überlebt), Patienten in der Gruppe IV haben
nicht von dem Eingriff profitiert und sind zu
Unrecht das Operationsrisiko eingegangen.
2. Prognosefaktoren
In zahlreichen weiteren kleinen Studien mit
Fallzahlen zwischen 20 und 200 Patienten
wurden weitere Prognosefaktoren ermittelt.
Günstige Faktoren sind demnach: weniger
als 3 Metastasen, eine lange krankheitsfreie
Zeit, eine Komplettentfernung aller Tumorknoten, erfolgreiche Rezidivoperationen,
Tumornekrose nach Chemotherapie (z.B.
bei kindlichen Osteosarkomen) und ein
niedriges Tumorgrading (niedriger Aggressivitätsgrad).
Ungünstige Faktoren wären das Vorliegen
eines Morbus Recklinghausen, eines
Ewing-Sarkomes und einer krankheitsfreien
Zeit < 1 Jahr nach Entfernung des Primärtumors.
Unter Berücksichtigung der bisher genannten Faktoren, der Begleiterkrankungen und
der bereits eingesetzten Therapien entscheiden Ärzte eines Sarkom-Zentrums interdis-
ziplinär für jeden Patienten, ob eine Metastasektomie für einen konkreten Patienten
von Vorteil sein könnte oder eher nicht und
sprechen dann eine Empfehlung aus.
3. Technik der
Metastasektomie
Nach der Entscheidung für eine Lungenmetastasektomie bestehen für den Operateur
die Fragen: Operiere ich offen oder videoassistiert? Welche Technik der Resektion
wende ich an? Zur ersten Frage gibt es beginnend 1993 bis heute - zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, die zeigen: Die im
Computertomogramm erwartete Metastasenzahl stimmt mit der bei der Operation
gefundenen Anzahl nur in 60-80% überein.
Des Weiteren hat sich gezeigt, dass nach
video-assistierter Thoraxchirurgie (VATC)
in der offenen Kontrolle in 30-40% der
Fälle noch Knoten in der Lunge gefunden
wurden, die ohne direkte Abtasten über­
sehen worden wären. Es steht für uns daher
außer Frage, dass eine konsequente Lungenmetastasektomie offen durchgeführt werden
muss, mit der Möglichkeit der Lungenpalpation (Betastung). Zur rein diagnostischen
Entfernung eines von vielen Knoten in der
Lunge ist die VATC die Methode der Wahl.
Die zweite Frage nach der anzuwendenden
Technik - kann nur der Lungenchirurg
nach örtlichen Gegebenheiten entscheiden.
Zur Verfügung steht die Anwendung von
Klammernahtgeräten, die Klemmenresektion, die Anwendung des Elektrokauters
und die Laserresektion. Die beiden Letztgenannten bieten insbesondere die Möglichkeit der gewebesparenden Operation. Mit
dem Laser kann der Chirurg an der Metastase entlang schneiden. Es bleibt ein 5mm
Saum karbonisierten Lungengewebes
zurück, in dem auch einzelne Tumorzellen
verbrannt sind. Bei Tumoren, die zu Ausbreitung in den Lymphspalten neigen, wäre
allerdings die Entfernung einer anatomischen Lungeneinheit (Segment oder
Lungenlappen) anzuraten.
21
2010
2
WissensWert
Stellenwert der Therapie
Primäre Operation
Primäre Chemotherapie
n Solitärmetastase
KFZ
n Low grade Sarkome
n Keine wirksame
Therapiealternative
n Gute Lungenfunktion
n R0-resektabel
Zunehmend
n Lange
Abnehmend
n Disseminierte
Metastasierung
synchrones Auftreten
n High grade Sarkome
n Potente Chemotherapeutika
n Eingeschränkte Lungenfunktion
n Nicht resektabel
Darstellung des Stellenwertes der Operation (rot) und der Chemotherapie (blau) in
Abhängigkeit von Prognosefaktoren und Leistungsfähigkeit des Patienten
4. Besonderheiten von
Sarkom-Metastasen
Die Lunge ist in der Regel erster Manifestationsort (Absiedlungsort) von SarkomMetastasen. Diese kommen häufiger vor, als
eine lokoregionäre Lymphknoten-Metastasierung des Primärtumors. Vom Primärtumor abgelöste einzelne Tumorzellen oder
Zellaggregate werden über den Blutweg in
die Lunge geschwemmt und verbleiben hier
in den Kapillaren und wachsen zu Metastasen heran. Je länger nach der Entfernung des
Primärtumors keine, oder nur wenige
Metastasen in der Lunge aufgetreten sind
(siehe KFZ), desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass auch keine einzelnen
Tumorzellen in der Lunge mehr vorhanden
sind, die noch zu Metastasen auswachsen
könnten. Tumorzellen von Weichteilen oder
Knochen (Sarkome) finden in der luftgefüll­
ten, schwammartigen Struktur der Lunge
ganz andere Wachstumsbedingungen vor,
als in ihrem Herkunftsgewebe. Dort sind
Knochenlamellen, Faszien, Bänder, Muskeln
und Kapseln natürliche Barrieren, die vom
Tumor oft respektiert werden. Die Mitentfernung einer geschlossenen Grenzschicht
sichert hier die vollständige Tumorresektion. Nicht so in der Lunge. Hier liegen
keine, oder nur leicht zu überwindende
anatomische Barrieren vor. In einer eigenen
Untersuchung haben wir verschiedene
Wachstumsmuster von Sarkom-Metastasen
in der Lunge untersucht. Gehäuft wurde das
Wachstum entlang von Bronchien und Blutgefäßen beobachtet, eine fingerförmige
Ausbreitung in den Wänden der Lungenbläschen und das Auftreten zahlreicher
22
Satellitenherde um die eigentliche Metastase herum. Diese Wuchseigenschaften
werden im Rahmen wissenschaftlicher
Projekte bei uns weiter untersucht und
Konsequenzen z.B. für die Operationstechnik erarbeitet. Sie könnten jedoch erklären,
warum bei Sarkom-Metastasen in der
Lunge überdurchschnittlich häufig mit
Rezidivmetastasen in der Lunge gerechnet
werden muss. Bis auf weiteres gilt es, bei
Operation von Sarkom-Metastasen besonders sorgfältig auf einen ausreichend großen
Sicherheitsabstand im Lungengewebe zu
achten.
5. Operation von Rezidivmetastasen?
In zahlreichen kleineren Verlaufsstudien
wurde die erneute Resektion von Rezidivmetastasen als prognostisch günstiger Faktor identifiziert. Das heißt, wiederholt aufgetretene Lungenmetastasen können immer
noch mit der Chance auf Heilung entfernt
werden. Durch die wiederholte Herstellung
der lokalen Tumorkontrolle in der Lunge
mittels Resektion kann also das Gesamt­
überleben verbessert werden. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn eine wirksame
Chemotherapie nicht zur Verfügung steht.
Lungenmetastase eines Leiomyosarkoms
mit Satellitenherden
2010
6. Zusammenfassung
Die operative Entfernung von Sarkom-Metastasen aus der Lunge ist eine Behandlungsmethode zur lokalen Tumorkontrolle mit der
Chance auf Heilung. Besonders groß ist diese Chance bei den Patienten, die singuläre
Metastasen haben, die eine lange krankheitsfreie Zeit nach Entfernung des Primärtumors haben, deren Tumor einen niedrigen
Aggressivitätsgrad aufweist und die komplett
entfernt werden konnten. Für welchen Patienten die primäre Operation von Lungenmetastasen eine Option sein kann, und für
welche eher eine Chemotherapie geeignet
ist, muss interdisziplinär von Fall zu Fall, am
besten in einem spezialisierten SarkomZentrum besprochen werden. Auch Kombinationen der o. g. Therapien können durchgeführt werden.
Für die Operation erscheint die Keilresektion mit Elektrokauter oder mit dem Laser
oder eine anatomische Segment- oder Lappenresektion besonders geeignet. Dabei
müssen bei der Wahl des Sicherheitsabstandes die besonderen Wuchseigenschaften von
Sarkom-Metastasen in der Lunge berücksichtigt werden. Die Entfernung von Rezidivmetastasen hat einen positiven Einf luss
auf den Krankheitsverlauf, sofern eine Komplettresektion möglich ist.
Autor:
Dr. Stefan Welter
Allgemein- und Thoraxchirurg
Oberarzt der Abteilung Thoraxchirurgie
Ruhrlandklinik Essen
Tüschener Weg 40
D-45239 Essen
Tel. 0201/433-01, 433-4012
[email protected]
2
SARKOME
Mit machen. Mit bewegen. Mit aufklären.
5. Sarkom-Tour am 17. Juli in Essen…
Bereits seit 2006 führen das Westdeutsche Tumorzentrum in Essen
(PD Dr. Sebastian Bauer und PD
Dr. Georg Täger) gemeinsam mit
dem Verein Das Lebenshaus e.V.
eine „Sarkom-Fahrrad-Tour“
durch. An den bisher vier Touren
nahmen insgesamt über 150 Personen teil. Auch in 2010 möchten
wir sehr gerne diese Tradition
fortführen und laden daher zur
5. Sarkom-Tour in Essen ein.
5. Essener
Sarkom-Tour 2010
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Am Tag ionale
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-West 2
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in Esse
Die amerikanische „Liddy Shriver Sarkom
Initiative“ organisiert jährlich im Juli eine
internationale Wohltätigkeits-Fahrradtour.
Die Essener Tour ist die „Satelliten-Tour“
für Deutschland. Mitmachen kann selbstverständlich jeder mit Spaß an Bewegung.
Ziel ist neben einer verbesserten Wahrnehmung und Auf klärung über die seltene
Erkrankung die Vernetzung von Betroffenen und medizinischen Fachkräften in
einem informellen Rahmen. Webseite:
www.sarcomahelp.org/team_sarcoma.html
Teilnahmebedingungen:
Fahrrad und Kondition für etwa 3 Stunden
lockeres gemütliches Fahrradfahren (mit
Pausen)
Alternativ für „Nicht-Radfahrer“:
Gemeinsamer Spaziergang durch den
Essener Gruga-Park.
Die Veranstaltung in Essen wird aus zwei
wesentlichen Teilen bestehen:
n Gegen 14:00 Uhr geht es auf eine ca.
3 stündige gemütliche Fahrradtour (mit
Pausen) rund um den Baldeneysee. Teilnehmer die nicht Rad fahren möchten
oder (z.B. aus gesundheitlichen Gründen) nicht können, machen einen gemeinsamen längeren Spaziergang durch
den Essener Gruga-Park.
Ausklang:
Vor der Chirurgie, Virchowstraße – ab ca.
17.00 Uhr
n
Im Anschluss – gegen 17:00 Uhr – findet
ein gemütliches Picknick (Grillen) mit
allen Teilnehmern am Tumorzentrum
statt. Während der gesamten Veranstaltung ist ein zwangloser Austausch
zwischen Patienten, Begleitern, Ärzten,
Pharma-Mitarbeitern und LH-Vertretern
möglich.
Treffpunkt/Datum/Uhrzeit:
Samstag, 17. Juli 2010 um 14.00 Uhr
vor der Chirurgie, Virchowstraße,
D-45147 Essen
Teilnahmegebühr:
10 € pro Person
Anmeldeschluss:
Bitte bis 5. Juli 2010 per Email
Weitere Informationen:
www.tour.sarkomtherapie.de oder
www.lh-sarkome.org
Organisation:
Interdisziplinäres Sarkom-Zentrum Essen Dres. Bauer/Grabellus/Pöttgen/Täger
[email protected]
Das Lebenshaus e.V. - Sarkome Kai Pilgermann
[email protected]
23
2010
2
WissensWert
Kurzporträt der Patientengruppe
„sos-desmoid“
Der gemeinnützige Verein sos-desmoid hat sich am
21. November 2009 in Mannheim gegründet. Der Vereinsgründung voraus ging ein Projekt, in dem Herr Professor Dr. med.
Peter Hohenberger (Onkologe) vom Universitätsklinikum
Mannheim und Frau Dr. Anja Herrmann (Psychologin, bis
Mai 2009 an der Freien Universität Berlin) gemeinsam mit
Psychologiestudentinnen und der Medizinstudentin Lena
Sehmisch Desmoid-Patienten kontaktieren. In einem ersten
Gründungsreffen wurden die Wünsche und Ziele von Betroffenen und Ihren Angehörigen herausgearbeitet, ein Internetauftritt entworfen, medizinische Informationen bereitgestellt
sowie die europäische Zusammenarbeit von Betroffenen­
organisationen initiiert.
Als Vorstandsvorsitzende wurde Frau
Christina Baumgarten von den Mitgliedern
gewählt. Ihre Stellvertreter sind Frau Sandra
Brandt (Kassenwart) und Herr Rudi Engelhart (Schriftführer). Als Projektkoordinatorin und zur psychologischen Unterstützung
steht dem Verein sos-desmoid weiterhin
Frau Martina Wandhoff zur Verfügung.
In diesem Rahmen wird die Kooperation
mit der Uniklinik Mannheim und Frau
Dr. Anja Herrmann fortgesetzt. Frau
Baumgarten engagiert sich darüber hinaus
mit Markus Wartenberg vom Lebenshaus
für eine europaweite Vernetzung von
Sarkom-Patienten in Sarcoma Patients
EuroNet e.V. (SPAEN)
Ziele des Vereins sos-desmoid:
Wir möchten
• Ansprechpartner für Patienten und
Angehörige sein
• Kontakte zwischen Betroffenen
ermöglichen
• Den Austausch und die Zusammenarbeit
mit medizinischen Experten fördern und
bahnen
• Informationen zur Erkrankung in
Kooperation mit Ärzten erarbeiten und
Patienten zugänglich machen
• Nationale und internationale Kontakte zu
anderen Patientenorganisationen herstellen, wie z.B. zu unserer französischen
Partnerorganisation SOS DESMOIDE
• In der Öffentlichkeit auf die Erkrankung
aufmerksam machen
24
Geplante Aktivitäten:
• Auf bau regionaler Patientengruppen
• Erkundung der Bedürfnisse unserer
Patientinnen/Patienten und deren
Angehörigen durch Patientengespräche
und die Zusendung von Fragebögen
• Organisation von Patiententreffen mit
Experten
• Bereitstellung von medizinischen
Informationen in Form von Flyern,
Broschüren und auf unserer Homepage
www.sos-desmoid.de
• In der Öffentlichkeit über die
Erkrankung informieren
• Kooperationen mit Ärzten, Psychologen
und Physiotherapeuten auf- und ausbauen
• Internationale Kontakte zu anderen
Experten und Patientenorganisationen
auf- und ausbauen
Die Homepage unter www.sos-desmoid.de
Termin mit der Presse: Prof. Dr. Peter
Hohenberger, PD Dr. Bernd Kasper,
Christina Baumgarten, Sandra Brandt
E-Mail Kontakt:
Martina Wandhoff (Projektkoordinatorin)
[email protected]
Christina Baumgarten
(Vorstandsvorsitzende)
[email protected]
Sandra Brandt
(1. stellvertretende Vorsitzende)
[email protected]
Rudi Engelhart
(2.stellvertretende Vorsitzende)
[email protected]
Telefonkontakt:
0621-383 24 47
Verbindung über das Sekretariat
Prof. Dr. med. Peter Hohenberger
Wir freuen uns auf Ihr Interesse, Ihre
Ideen, Vorschläge und Wünsche!
Der Vereinsvorstand
2010
2
SARKOME
bietet eine gute Heilungschance, geht aber
mit relativ hohen Nebenwirkungen einher.
Gründungsveranstaltung im November 2009 (von rechts nach links): Prof. Dr. Peter
Hohenberger (Onkologe), Christina Baumgarten (Vorsitzende sos-desmoid), Lena
Sehmisch (Studentin der Medizin), Martina Wandhoff (Projektkoordinatorin), Sandra
Brandt (Kassenwartin). Im Hintergrund: Rudi Engelhart (Schriftführer)
Ein Desmoid:
Was ist das?
Desmoide, auch aggressive Fibromatose
genannt, gehören zu den Weichteiltumoren.
Sie wachsen ausgehend von den bindegewebigen Umhüllungen der Muskeln oder im
Bauchraum an den zum Darm führenden
Geweben (Mesenterium).
Desmoide sind 'semi-maligne Tumore'. Das
bedeutet: Sie besitzen Eigenschaften sowohl
von gutartigen als auch von bösartigen
Tumoren. Anders als bösartige Krebserkrankungen bilden sie keine Metastasen
(Tochtergeschwülste) in anderen Körper­
teilen, sondern bleiben auf den Körper­
bereich beschränkt, in dem sie aufgetreten
sind. Dort wachsen Desmoide allerdings in
das sie umgebende Gewebe ein und können
dadurch zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen.
Desmoide kommen in jedem Lebensalter
vor. Besonders häufig sind allerdings junge
Frauen zwischen 28-31 Jahren betroffen.
Wie sieht der
Krankheitsverlauf aus?
Desmoide können je nach Größe, Ort des
Auftretens und Wachstumsgeschwindigkeit
sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe
aufweisen. So gehören die meisten Desmoide zu den langsam wachsenden Tumoren, es gibt aber auch einige Desmoide, die
schnell und aggressiv wachsen können.
Desmoide haben eine große Tendenz, nach
zunächst erfolgreicher Therapie ein erneutes Wachstum zu zeigen. Die Rate der Desmoide, bei denen dies der Fall ist (Rezidivrate), wird in der medizinischen Fachliteratur mit ungefähr 40 von 100 angegeben. Sie
variiert zwischen den einzelnen Behandlungsmöglichkeiten. Diese hohe Rezidivrate ist eine der größten Herausforderungen
in der Therapie der Desmoide.
Wie können Desmoide
behandelt werden?
Es stehen für die Behandlung von Desmo­
iden unterschiedliche Möglichkeiten zur
Verfügung.
Operation:
Für viele Desmoide ist die Operation die
Therapie der Wahl. Sie ist eine gute und
häufig angewandte Behandlungsmethode.
Es sollte aber nicht 'um jeden Preis' operiert
werden. Eine Operation sollte nur zum
Einsatz kommen, wenn eine komplette
Entfernung des Tumors möglich ist und die
ästhetischen und funktionellen Folgen der
Operation angemessen sind.
Bestrahlung:
Die Bestrahlung stellt eine Behandlungs­
alternative für Desmoide dar, die nicht operiert werden können. Außerdem kann sie
als zusätzliche Behandlung nach der OP
angewandt werden, wenn mikroskopische
Tumorreste im Körper verblieben sind. Sie
Medikamentöse Therapien:
Es gibt verschiedene Medikamente, die in
der Behandlung eingesetzt werden können.
Hierzu gehören antihormonelle (z. B. Tamoxifen) und entzündungshemmende Medikamente (z.B. Sulindac/Indometacin). Ihre
Wirksamkeit ist nicht so hoch wie diejenige
von Operation und Bestrahlung, aber auch
die Nebenwirkungen sind nicht so ausgeprägt. Sie bieten eine gute Behandlungsalternative für Desmoide, die im Bauchraum
liegen, langsam wachsen oder nicht operiert
werden können. Weitere medikamentöse
Behandlungen, die bei Desmoiden eingesetzt werden, sind die Chemotherapie
(häufig bei Kindern eingesetzt), und der
Wirkstoff Imatinib (Glivec®) dessen Wirkung auf Desmoide zur Zeit eingehender
erforscht wird.
Abwartende Beobachtung:
Kleine Desmoide, die langsam wachsen
oder sehr große Desmoide, die eine große,
beeinträchtigende Operation nötig machen
würden, werden in bestimmten Fällen auch
ohne Behandlung engmaschig kontrolliert.
Empfehlung:
Desmoide gehören mit ca. 200 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland zu den seltenen Erkrankungen. Dies ist der Grund,
warum die Erforschung der möglichen Behandlungsoptionen bisher nicht zufriedenstellend abgeschlossen ist. Es ist daher in jedem Fall empfehlenswert, die Behandlung
von einem Experten durchführen zu lassen,
der viel Erfahrung mit der Therapie von
Desmoiden hat. Außerdem empfiehlt es sich
durchaus, auch eine zweite Meinung von
einem weiteren Spezialisten einzuholen,
denn auch die Experten können Patienten
aufgrund ihrer Erfahrung manchmal unterschiedliche Vorschläge machen.
Verantwortlich für die Texte:
Herr Priv. Doz. Dr. Bernd Kasper
(Universitätsklinikum Mannheim),
Frau Lena Sehmisch und Frau Christina
Baumgarten
25
2010
2
WissensWert
+ TICKER + TICKER +
Selbsthilfegruppe Nierenkrebs
Heilbronn-Franken
Auch in der Region um Heilbronn ist
bald niemand mehr allein mit Nierenkrebs. „Ich überschlage mich im
Augenblick mit Ideen und Aktivitäten“ so der Leiter der zukünftigen
Selbsthilfegruppe, Karl-Heinz F. Bei
Interesse, können Sie sich bereits
jetzt unter
[email protected]
melden oder auch einfach in Ihrem
Lebenshaus anrufen! Mehr dazu im
nächsten WissensWert.
Mehr Zeit gewinnen für Patienten mit Nierenkrebs
Welt-Nieren-Tag: Pfizer-Mitarbeiter machen
mit außergewöhnlicher Aktion unter dem
Motto „Mehr Zeit gewinnen – für Patienten
mit Nierenkrebs“ am Potsdamer Platz auf die
Erkrankung aufmerksam.
Klinischer Krebsregister
Die Etablierung von klinischen Krebsregistern ist ein wichtiges Anliegen
der Deutschen Krebsgesellschaft.
"Hier werden wir Behandlungsergebnisse dokumentieren, um in Zukunft
nach weiteren Verbesserungen für
die Patienten suchen zu können.“ so
Prof. Dr. med. Schmiegel, Kongresspräsident des DKK 2010. Mehr dazu
im nächsten WissensWert.
IQUO – ein Weg zur Qualitätssicherung
Auch die niedergelassenen UroOnkologen haben ein hohes Inter­
esse, Betroffene auf höchstem
Niveau zu behandeln und gründeten
2008 den „Interessenverband zur
Qualitätssicherung der Arbeit niedergelassener Uro-Onkolgen in Deutschland e.V.“. „Das Wohl der Patienten
und die Qualität der Behandlung stehen dabei im Mittelpunkt“, so der
1. Vorsitzenden Dr. Götz Geiges,
mit dem wir uns für Sie in Berlin
getroffen haben. Mehr in einem der
nächsten WissensWert.
Lungenmetastasen
Im Sarkomteil dieses WissensWert
finden Sie auf Seite 21 einen
ausführlichen Artikel zu Lungen­
metastasen, der auch für Sie
interessant sein könnte.
26
Am 11. März 2010, dem Welt-Nieren-Tag,
klingelte um 12.30 Uhr auf dem Potsdamer
Platz in Berlin ein aus Menschen gebildeter
Wecker. Damit machten über 180 Mitarbeiter des forschenden Arzneimittelherstellers
Pfizer Deutschland in ihrer Mittagspause
auf das Thema Nierenkrebs aufmerksam.
Im Mittelpunkt der Aktion „Mehr Zeit
gewinnen – für Patienten mit Nierenkrebs“
stand der symbolisch mit der „lebenden
Uhr“ dargestellte Faktor Zeit. „Nierenkrebs
ist eine Erkrankung, bei der eine rechtzeitige Diagnose lebensrettend sein kann. Im
fortgeschrittenen Stadium ist – trotz enormer therapeutischer Fortschritte in den
letzten Jahren – Heilung in der Regel nicht
mehr möglich. Dann geht es bei der Behand­
lung darum, für die Patienten wertvolle
Lebenszeit bei möglichst hoher Lebens­
qualität zu gewinnen.“ so Dr. Tobias Eichhorn, Leiter der Onkologie, Pfizer.
Unterstützt wurde die Aktion vor Ort von
Ihrem Lebenshaus e.V. Nierenkrebs.
Die Veranstaltung war gleichzeitig der Auftakt für eine Spendenaktion zugunsten des
neuen Nierenkrebs Projektes „Gesprächszeit
Nierenkrebs“ des Lebenshauses, zu dem
Sie in diesem WissensWert mehr erfahren
können.
2010
2
NIERENKREBS
„Gesprächszeit Nierenkrebs“: Patienten-Workshops
zur Verbesserung des Arzt-Patienten-Dialoges.
Effektive Arzt-Patienten-Gespräche sind entscheidend für das
Miteinander im Behandlungsprozess und den Erfolg einer Therapie. Der Kommunikations-Workshop „Gesprächszeit Nierenkrebs“
möchte Sie als Nierenkrebs Betroffene in eintägigen, praxisorientierten Seminaren „fit machen“ für eine bessere Arzt-PatientenKommunikation. Noch ist es ein Pilot-Projekt –
Sie können uns aber bei der Realisierung helfen!
Dem Dialog bei Krebs kommt eine enorme
Bedeutung zu: Für das Vertrauensverhältnis
Arzt-Patient allgemein – sowie für das Verständnis und die Akzeptanz einer Therapie.
Zusätzlich stellt eine gute Kommunikation
mit dem Behandler eine wichtige Basis für
den Erfolg der therapeutischen Schritte dar.
Wenn wir Sie als Betroffene fragen, wie Sie
sich Ihr Gespräch mit dem Arzt wünschen,
bekommen wir meist dieselben Antworten:
„In einem guten Gespräch hört der Arzt
aufmerksam zu, er unterbindet Störungen,
versichert sich, dass ich als Patient alles verstanden hab. Zusätzlich, versorgt er mich
mit schriftlichem Material und ermuntert
mich aktiv dazu, Fragen zu stellen.“ Dabei
ist oft nicht die Länge der Gespräche, sondern deren Qualität von Bedeutung. Die
Realität sieht (leider) oft anders aus. Die
Zeit ist knapp und Ärzte informieren nicht
ausreichend. Patienten und Ärzte erleben
gleichermaßen, dass gerade die Gesprächszeit im Klinikalltag eine entscheidende
Rolle spielt. Meist kann man an der „Zeitschraube“ jedoch nur wenig drehen – wohl
aber am „Qualitätsrad“: Von Seiten der
Patienten und von Seiten der Behandler…
„Gesprächszeit Nierenkrebs!“
soll eintägige Trainings-Seminare für
Patienten bieten, um das Arzt-PatientenGespräch als Patient angenehmer, selbst­
bewusster, qualitativer und ergebnisorientierter zu führen. Ein Pilot-Projekt soll
noch 2010 stattfinden.
n In einem ersten - allgemeinen Teil lernen und erleben Sie viel Hilfreiches,
um die Gesprächszeit mit dem Arzt optimaler erleben zu können: Grundsätzliches, Erfahrungen, Rechte, Patientenordner, Tipps, Checklisten und Vieles
mehr. Gleichzeitig veranschaulicht das
Seminar aber auch die Seite und die
Schwierigkeiten des Arztes – als Mensch
in der „Rolle“ des Behandlers und im
klinischen Umfeld.
n In einem zweiten Teil, geht es um die
spezifische Kommunikation zum Thema
Nierenkrebs wie z.B.: Wann sollte man
welche Fragen stellen? Welche Rolle
übernehmen Arzt und Patient in der
Therapie-Kooperation? Was hat
Therapie-Treue (Compliance) mit dem
Arzt und was mit dem Patienten zu tun?
Was sind Aufgaben des Arztes – was
sollte man einfordern? Was sind die
Aufgaben des Betroffenen - was sollte er
im Therapie-Verlauf den Arzt fragen was sollte er ihm mitteilen? Wie
kommuniziert man mit dem Arzt über
Nebenwirkungen?
Haben Sie Interesse selbst Teilnehmer
bei „Gesprächszeit Nierenkrebs“ zu
werden?
Sobald der Termin und Ort für das erste
Pilot-Projekt feststeht, informieren wir Sie
hier im WissensWert. Zusätzlich freuen wir
uns bereits im Vorfeld, die Namen derer zu
sammeln, die Interesse hätten prinzipiell an
„Gesprächszeit Nierenkrebs“ teilzunehmen.
Melden Sie sich einfach bei uns. Wir werden Ihnen dann nähere Informationen zukommen lassen und Sie auf dem Laufenden
halten.
Auf Facebook eintragen und das neue
Projekt unterstützen
Für jeden Fan, der sich in Facebook für das
neue Projekt findet spendet das forschende
Pharmaunternehmen (Pfizer) für dessen
Umsetzung! Über 500 Personen haben sich
bisher bereits auf Facebook eingetragen.
Ein erstes Pilot-Projekt kann also fast starten! Tragen auch Sie sich ein und bringen
Sie uns der Umsetzung einen Schritt näher.
Und so funktioniert’s:
Wenn Sie das Projekt
„Gesprächszeit Nierenkrebs“ unterstützen
möchten, dann
n Gehen Sie auf http://www.facebook.
com/zeit.gewinnen und werden Sie Fan
(zeitlich begrenzt bis Ende Mai!)
Vielen Dank!
27
2010
2
WissensWert
Das Lebenshaus In Ihrer Nähe:
Berlin, Korntal-Münchingen
und Homburg!
„Herzlich Willkommen“ konnten Sie in diesem Jahr bereits
dreimal hören: Die Lebenshaus-Nierenkrebs Tournee 2010 hat
erfolgreich mit Foren in Berlin und Ulm gestartet und auch an
einem Patienten-Informationsabend in Homburg durften wir
viele Betroffene begrüßen.
Nach den zwei nationalen – jeweils 2tägigen Nierenkrebs-Foren in den Jahren
2008 und 2009 haben wir das Konzept der
Nierenkrebs-Foren in diesem Jahr etwas
verändert. „Wir kommen zu Ihnen in die
Region“, so das
Motto der diesjährigen Veranstaltungen! Was gleich geblieben ist, sind die
Grundgedanken der
Veranstaltung: „Zuverlässige Informationen sind für das
Gelingen eines Vorhabens unbedingt nötig“
meinte einst Christoph Kolumbus – dies gilt
nicht nur für die Entdeckung neuer Kontinente, sondern auch für den Umgang mit
einer seltenen Erkrankung wie Nierenkrebs.
Genaue Kenntnisse über Nierenkrebs, Therapieoptionen, Chancen und Risiken, Basiswissen zu klinischen Studien, Austausch mit
anderen Patienten: Dies und vieles mehr
dient Ihnen als Orientierungshilfe und unterstützt Sie dabei, Entscheidungen bewuss-
ter und damit besser zu treffen. Als aufgeklärter Patient nimmt das Gefühl „des Ausgeliefertseine“ ab und schafft Raum für
Initiative und eine aktive Bewältigung der
Erkrankung.
Begonnen haben wir
unsere Foren-Tour
durch Deutschland in
Berlin am 12.März, darauf folgte am 19.März
das Forum in KorntalMünchingen und eine
Woche später, am 24.
März waren wir für Sie
in Homburg mit einem regionalen Patienteninformationsabend Vorort.
„Solche Tage geben mir
Energie und Kraft,
dass ich immer noch
auf dem richtigen Weg
bin.“
28
Insgesamt durften wir auf diesen ersten drei
Veranstaltungen in 2010 rund 100 Betroffene oder Angehörige begrüßen. Darunter
viele neue Gesichter , aber auch „alte Hasen“, die schon auf den Foren der vergangenen Jahre mit dabei waren. Einige Patienten kannten sich bereits unter einander,
andere nutzten den Anlass, um sich kennen
zu lernen. Dazu kamen führende Nierenkrebs-Mediziner aus der Region – allesamt
ehrenamtlich. Sie vermittelten mit hervorragenden Präsentationen und in verständ­
lichen Worten medizinische Informationen
und Forschungsergebnisse aus den Bereichen Diagnostik/Pathologie, Chirurgie
und Onkologie – aktuell und anschaulich.
In der gemeinsamen Runde präsentierten
die Experten was interdisziplinäre Zusammenarbeit bedeutet und gingen individuell
auf Ihre persönlichen Fragen ein. Inhaltliche Abrundung fanden die Veranstaltungen durch Informationen zu klinischen
Studien bzw. zu regionalen Patienten­
gruppen.
„Es ist einfach schön zu sehen, wie die einzelnen Veranstaltungen durch Sie alle leben
- denn neben der reinen Informationsvermittlung zählen auch der Erfahrungsaustausch untereinander und das enorme emotionale Erlebnis, mit einer solchen Erkrankung nicht alleine zu sein“, so die Bereichsleiterin Nierenkrebs Dr. Marion Beier, die
bei allen Veranstaltungen die Moderation
und das ein oder andere Thema übernahm.
Und so wird jedes einzelnes Forum einzigartig - obwohl Programm und Themen
gleich sind, wird jede Veranstaltung geprägt
durch die Persönlichkeit der Anwesenden.
Wohl eine der schönsten Aussagen einer
Betroffenen, die das Lebenshaus immer
wieder durch Ihre Erfahrungen unterstützt:
„Ich glaube ich bin langsam ein Fan vom
Lebenshausforum“!
Ganz besonders freuen wir uns darüber,
dass sich aus dem, im Anschluss an das Forum in Korntal-Münchingen entwickelten,
Gedanken eine Patientengruppe zu gründen, ein fester Vorsatz wurde und die Tat
folgte: Bald wird es auch im Einzugsgebiet
Heilbronn eine SHG Nierenkrebs geben.
Mehr dazu im nächsten WissensWert.
Im Namen des gesamten LebenshausVorstandes und aller Teilnehmer,
möchten wir uns noch einmal ganz
herzlich für die Zeit und das Engagement aller Referenten bedanken.
2010
In Berlin durften wir als
Experten begrüßen:
Prof. Jan Roigas, Chefarzt der Klinik für
Urologie am Vivantes Klinikum am Urban
und am Friedrichshain, …
… PD. Dr. Manfred Johannsen, der nach
langer Zeit an der Charité Anfang dieses
Jahres eine Urologische Facharztpraxis in
Berlin eröffnet hat …
In Korntal-Münchingen (bei
Stuttgart) nahmen uns auf die
Informationsreise mit:
Dr. Sabine Siegert, Pathologin an der
Ludwig-Maximilians-Universität München
2
NIERENKREBS
Homburg: Der PatientenInformations­abend stand unter
der „Schirmherrschaft“ von:
Dr. Carsten Ohlmann, Oberarzt an der
Klinik für Urologie und Kinderurologie des
Uniklinikums Saarland. Er wurde unterstützt durch seine Kollegen
… Dr. med. Michael Staehler, Oberarzt der
Klinik und Poliklinik für Urologie an der
Ludwig-Maximilians-Universität München
Dr. Jörn Kamradt, leitender Oberarzt an der Klinik für Urologie und Kinderuro­logie des Uniklinikums Saarland
… PD Dr. Thomas Steiner, bis vor kurzem
Oberarzt an der Klinik für Urologie des
Uniklinikums Jena und – als aktuelle
Information an dieser Stelle jetzt Oberarzt
an der Klinik für Urologie am HELIOS
Klinikum Erfurt …
… und PD Dr. Steffen Weikert, Oberarzt an
der Klinik für Urologie an der Charité
… und Prof. Dr. med. Ulrich Humke,
Ärztlicher Direktor der Urologischen Klinik
am Katharinenhospital, Klinikum Stuttgart
Dr. Frank Becker, Oberarzt an der Klinik
für Urologie und Kinderurologie des
Uniklinikums Saarland
29
2010
2
WissensWert
Einige Stimmen zu den Veranstaltungen…
„…ich war sehr froh,
dass ich beim Forum anwesend
sein konnte.
Hoch interessant, informativ
und sehr professionell.“
"... neben den medizinischen
Informationen war auch das
menschliche Miteinander sehr
wertvoll für mich - es muss
wirklich niemand allein sein mit
Nierenkrebs."
30
„…auch auf diesem Wege
nochmals herzlichen
Glückwunsch und Dank zum
hervorragenden Forum am
letzten Freitag in KorntalMünchingen.“
"... eine sehr gelunge
Veranstaltung, aus der ich sehr
viel für mich mitnehmen
konnte. Vielen Dank dafür."
2010
Aktuelle medikamentöse Optionen
bei Nierenkrebs
Was sind eigentlich „Target-Therapien“? Wie funktionieren Sie?
Welches sind die zugelassenen Standard-Therapien beim Nierenzellkarzinom? Diese und ähnliche Fragen erreichen uns im
Lebenshaus fast täglich. In der folgenden Übersicht möchten
wir Ihnen Antworten geben.
In der Behandlung des Nierenzellkarzinoms
hat in den vergangenen Jahren eine Art
Revolution stattgefunden - vor allem seit
2006 mehrere Vertreter einer neuen medikamentösen Wirkstoff-Ära zugelassen wurden. „Die sogenannten Target-Therapien
greifen „adressiert“ in die Signalwege des
Tumorstoffwechsels ein und wirken deshalb
gezielt gegen das Tumorgewebe. Von den
inzwischen fünf Wirkstoffen Bevacizumab,
Everolimus, Sorafenib, Sunitinib und Temsirolimus profitieren bereits viele Tausend
Patienten und die intensive Forschung weltweit, bedeutet für viele Betroffene und ihre
Familien noch mehr Hoffnung.“ so der
Nierenkrebs-Experte Prof. Dr. Jan Roigas
aus Berlin.
Immuntherapie und Immun­
chemotherapie: Heute noch
Standard?
Bis vor wenigen Jahren galt die Immunbzw. Immunchemotherapie als Standard­
behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms. Das Nierenzellkarzinom gilt als
so genannter immunabhängiger Tumor: Es
wird vermutet, dass eine Stimulierung des
Immunsystems daher eine gewisse Wirksamkeit beim Nierenzellkarzinom haben
dürfte. Zudem wurde festgestellt, dass
Spontanremissionen beim Nierenzellkarzinom – wenn auch immer noch sehr selten –
etwas häufiger auftraten als bei anderen
Krebserkrankungen.
Aufgrund der neuen Optionen mit den
Target-Therapien, die sich für einen Großteil der Patienten als wirkungsvoller und als
verträglicher herausgestellt haben, hat sich
die Therapielandschaft bei dieser Erkrankung innerhalb der letzten Jahre maßgeblich verändert. Diese Veränderungen brin-
gen es mit sich, die Immuntherapie zu
hinterfragen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Immuntherapie zwar sehr
nebenwirkungsreich ist, in einigen Fällen
jedoch zu langfristigen Krankheitsrück­
gängen führen kann. Aufgrund dieser zwar
eher seltenen, dann aber sehr guten Ergebnisse hat die Therapieform in Einzelfällen
nach wie vor eine Berechtigung, so die
Meinung einiger Experten.
Target Therapien: Zielgerichteter Angriff auf Krebszellen…
„Gezieltes Angreifen“ das steckt hinter dem
Begriff „Target-Therapien“. Den Substanzen dieses Therapieansatzes ist gemein, dass
Sie gezielt bestimmte für den Tumor typi­
sche bzw. gestörte Signalwege blockieren:
Bindet ein Wachstumsfaktor an einen Rezeptor an der Zelloberf läche, wird dadurch
ein Signal ausgelöst, das über eine lange
Signalkaskade an den Zellkern weiterge­
geben wird und dort die Zellteilung bzw.
Vermehrung hervorruft. Dabei spielt eine
bestimmte Proteinklasse (= Eiweiße) eine
besondere Rolle, die so genannten Tyrosinkinasen. Sie sorgen dafür, dass das aufgenommene Signal vom Zelläußeren ins
Zell­innere weitergeleitet wird. So gelangt
der Zellteilungsimpuls schließlich an den
Zellkern.
2
NIERENKREBS
Beim Nierenzellkarzinom sind die Signalkaskaden gestört – es kommt zur Tumor­
entstehung bzw. zum -wachstum. Beim
klarzelligen Nierenzellkarzinom konnte
beispielsweise gezeigt werden, dass insbesondere die Wachstumsfaktoren VEGF
(Vascular Endothelial Growth Factor, zuständig für Gefäßneubildung), TGF (Transforming Growth Factor) und PDGF (Platelet-Derived Growth Factor) eine große
Rolle bei dieser Störung spielen.
Diese Wachstumsfaktoren führen auf zweierlei Art zu einer Beeinf lussung des Tumors
bzw. seiner Metastasierung:
n Zum einen wirken Sie in der Krebszelle
selbst (Tumorwachstum, Tumorproliferation)
n Zum anderen bewirken Sie, dass der
Tumor Blutgefäße „anlocken“ kann,
wodurch er die für sein Wachstum notwendige Blutversorgung erreicht. Die
Neubildung von Tumorblutgefäßen wird
als Neoangiogenese bezeichnet und hat
beim Nierenzellkarzinom einen besonders hohen Einf luss auf das Tumorwachstum.
Zielgerichtete Krebs­
therapien basieren auf dem
Wissen um die Ursache
einer Erkrankung. Ist der
Grund für die Erkrankung
bekannt, kann ein
Medikament entwickelt
werden, das diese
Ursache gezielt angreift.
In der Entwicklung der „Target-Therapien“
verfolgt man nun den Ansatz, diese Kaskaden entweder zu unterbrechen oder ihr
Zustandekommen von vornherein zu unterbinden, um damit eine Hemmung der
Bildung bzw. des Wachsens von Tumoren
zu erreichen. Dabei können diese Schalter
an verschiedenen Stellen ansetzen (unterschiedliche Wirkmechanismen) und sowohl
auf die Tumorzellen selbst wie auch auf die
Angiogenese wirken.
31
2010
2
WissensWert
Die molekulare Therapie richtet sich gegen…
▫
▫
…mehrere Zielzellen
n Krebszellen
n Gefäßzellen
Direkte Wirkung auf Tumorzellen
…mehrere Botenstoffe
▫ n VEGF / VEGF-Rezeptor
▫ n PDGF / PDGF-Rezeptor
FGF
VEGF
PDGF
Ang-1
Pericythen
Endothelzellen
Die Target-Therapien richten sich
gegen
…verschiedene Botenstoffe
(VEGF, PDGF,…)
…mehrere Zielzellen (Krebszellen Tumorproliferation, Gefäßzellen Neoangiogenese)
…und können verschiedene
Wirk­mechanismen nutzen (VEGFBlockierung, TKIs,
mTOR-Inhibitoren)
Ein Ziel (Target) kann an unterschiedlichen Stellen angegriffen werden –
Wirkmechanismen
Eine Unterbrechung des Ablaufs von der
Produktion von Wachstumsfaktoren bis
zum Signal, das an den Zellkern gesendet
wird, kann an verschiedenen Stellen vor­
genommen werden. Folgende Ansätze sind
denkbar bzw. werden bereits genutzt:
32
Indirekte Wirkung
auf die Blutgefäße
1.Die Wachstumsfaktoren werden gebunden, bevor sie die Rezeptoren erreichen
und ein Wachstumssignal auslösen können. Dies ist der Ansatz, der mit Bevacizumab, einem Antikörper gegen VEGF,
verfolgt wird.
2.Der Rezeptor an der Zelloberf läche, an
den der Wachstumsfaktor bindet, um ein
Signal an den Zellkern weiterzuleiten,
wird blockiert, damit der Wachstums­
faktor nicht mehr binden kann.
3.Bindet ein Wachstumsfaktor an den entsprechenden Rezeptor an der Zelloberf läche, wird eine Kette von Signalen
(Signalkaskade) im Inneren der Zelle in
Gang gesetzt, die das Signal an den Zellkern weiterleitet. Diese Weiterleitung
bzw. die Ingang-Setzung der Signalkaskade wird unterbunden, indem der
Rezeptoranteil, der ins Zellinnere reicht
(Tyrosinkinase), gehemmt wird. Die
Signalkaskade kann nicht gestartet werden. Auf diesem Prinzip basieren die
Tyrosinkinase bzw. Multi-Kinase Inhibitoren (kurz TKIs) Sunitinib und – unter
anderem – auch Sorafenib.
4.Die Signalkaskade innerhalb der Zelle
wird an einer Stelle unterbrochen – das
Signal gelangt nicht an den Zellkern und
die Zellteilung kommt nicht zustande.
Dieses Prinzip wird bei den sogenannten
mTOR-Inhibitoren genutzt. mTOR ist
ein wichtiges Protein in einer Signalkaskade innerhalb der Zelle. Die Signale, die
über diesen Weg an den Zellkern weitergeleitet werden, können Entstehung und
Fortschreiten eines Tumors fördern. Wird
diese Signalübertragung durch Hemmung von mTOR unterbrochen, kann
das Tumorwachstum unterbunden werden. So funktionieren Temsirolimus
(Torisel®) und Everolimus (Afinitor ®).
Manche Substanzen haben mehrere Wirkmechanismen: Sogenannte Multi-TargetInhibitoren wie Sorafenib und Sunitinib
blockieren mehrere Rezeptortypen (VEGF,
PDGF u.a.). Sorafenib hemmt zusätzlich die
Proteinkinase Raf (Serin/ThreoninKinasen der Raf-Familie).
Bisher wurden diese Ansätze schwerpunktmäßig beim klarzelligen Nierenzellkarzinom untersucht, da hier die molekularen
Mechanismen der Tumorentstehung und
des -wachstums in Ansätzen bekannt sind.
Welche der Therapien letztendlich bei wem
eingesetzt wird, hängt von verschiedenen
Parametern ab:
n Effektivität in der Erst-Linie (Daten der
Studien, Remission, Stabilisierung,
Progressionsfreies Überleben, Gesamt­
überleben…)
n Sequenz (die Reihenfolge in der die
Therapien verabreicht werden können
basiert maßgeblich auf den Zulassungstexten bzw. den vorliegenden Leitlinien)
n Den Nebenwirkungen (zu erwartende,
bekannte, Prognosefaktoren, Comorbiditäten…)
n Der bei Ihnen vorliegenden Histologie
des Tumors (Klarzellig oder nicht-klarzellig, Ductus Bellini, Sarcomatoid…)
n Und nicht zuletzt natürlich der Zulassung (Zulassungstext, Daten aus Phase
III oder II-Studien…)
2010
NIERENKREBS
Bevacizumab (B)
VEGF
2
Wirkmechanismen der Target-Therapien
Everolimus (E)
Sorafenib (SO)
Sunitinib (SU)
Temsirolimus (T)
VEGF-Rezeptor
PDGF-Rezeptor
PDGF
TK
Target-Therapien:
mTor
Gefässneubildung und (Tumor-)Zellwachstum und Metastasierung
Die Suche nach gezielter
Behandlung geht weiter…
Derzeit sind in Deutschland fünf Vertreter
der Target-Therapien zugelassen, die Sie im
Folgenden auch kurz (in alphabetischer
Reihenfolge) beschrieben finden.
Everolimus, Temsirolimus, Sorafenib, Sunitinib, Bevazizumab – und was dann? ist die
Frage, die sich nicht nur Mediziner stellen
„Es sind noch genug „mus“, „ib’s“ und
„mab’s“ in der Pipeline“ so Dr. Michael
Staehler, Nierenkrebs-Experte aus München. Tatsächlich wird basierend auf den
heutigen Erkenntnissen immer weiter nach
Wirkstoffen gesucht und derzeit werden
verschiedene Substanzen auf Ihre Wirksamkeit und Sicherheit zur Behandlung des
fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms geprüft oder stehen kurz vor der Zulassung. In
der Gruppe der Multi- oder TyrosinkinaseInhibitoren sind hier die in der Prüfung
befindlichen Substanzen Axitinib und
Pazopanib zu nennen. Weitere sind das
Gefitinib, Lapatinib und der TKI258. Bei
der Gruppe der außerhalb der Zelle angreifenden Schaltern (dazu gehört beispielsweise der zugelassene VEGF-Antagonist
Bevacizumab), werden die Substanzen
Panitumumab, Cetuximab und Erlotinib
untersucht. Und weitere andere sind ebenfalls in der Entwicklung.
Nierenzellkarzinoms als alleinige Therapie
zugelassen. Damit war es das erste Zytokin,
das für diese Erkrankung die Zulassung
erhielt. Interferon-alpha ist in der Kombination mit Vinblastin (Chemotherapeutikum) seit 1997 in Deutschland für die Behandlung von Patienten mit metastasiertem
Nierenzellkarzinom zugelassen.
Wirkungsweise: Bei der Immuntherapie
soll durch die Stimulation des Immunsystems die Zerstörung des Tumors herbeigeführt werden. Hierbei werden die Wirkstoffe Interleukin-2 (IL-2, Handelsname
Proleukin®) und/oder Interferon-alpha
(Handelsname Roferon A®) eingesetzt.
Beides sind Botenstoffe des Immunsystems
(Zytokine), welche die Abwehrzellen
(T-Zellen) direkt aktivieren. Zusätzlich
wird häufig das Chemotherapeutikum
5-Fluorouracil (5-FU) kombiniert, das
einen synergistischen Effekt mit Interferonalpha besitzt.
Auf das Ansprechen der Immuntherapie
haben der Gewebetyp des Nierenzellkarzinoms, das Allgemeinbefinden und der Ort
der Metastasen einen wesentlichen Einf luss.
Die Immuntherapie sollte heutzutage –
insbesondere in Hinblick auf gute, zugelassene medikamentöse Therapieoptionen –
nur bei ausgewählten Patienten zum Einsatz
kommen.
Immuntherapie:
Interleukin-2 (IL-2; Proleukin®) und /
oder Interferon-alpha (Roferon A®)
Zulassung: Interleukin-2 wurde 1989 erstmals zur Therapie des metastasierten
anderen Medikamenten unterschiedlich
sein. In Deutschland ist das so genannte
Dreifach-Schema (auch Atzpodien-Schema)
üblich, bei welchem Interferon-alpha, Interleukin-2 und Chemotherapie (5-FU)
zum Einsatz kommen.
Behandlung: In der Zytokin-Therapie gibt
es keine einheitliche Behandlung. Je nach
Klinik, Voraussetzung des Patienten und
Land, in dem behandelt wird, können die
Dosierung und die Kombination mit
Bevacizumab (Avastin®)
Zulassung: Bevacizumab wurde im Dezem­
ber 2007 von der europäischen Gesundheitsbehörde EMEA für die ErstlinienTherapie des metastasierten Nierenzell­
karzinoms in Kombination mit Interferonalpha zugelassen.
Wirkungsweise: Bevacizumab (Handelsname Avastin®) ist ein so genannter monoklonaler Antikörper der Firma Roche, der
die Gefäßbildung hemmt und damit das
Tumorwachstum und die Verbreitung der
Tumorzellen im Körper unterbindet. Das
Medikament richtet sich gezielt gegen den
Wachstumsfaktor VEGF (Vascular endothelial Growth Factor), indem es diesen bindet
noch bevor er den Rezeptor erreichen
kann. Damit wir das Wachstumssignal unterbunden - der Tumor hungert regelrecht
aus.
Behandlung: Beim Nierenzellkarzinom
wird der Wirkstoff in Kombination mit Interferon-alpha verabreicht. Der Antikörper
selbst wird alle 14 Tage in einer Dosierung
von 10mg/kg als Kurzinfusion verabreicht.
Interferon-alpha wird dreimal wöchentlich
mit einer empfohlenen Dosis von 9 Mio. IE
gegeben. Derzeit wird in einer Studie die
Höhe der Interferon-alpha Dosis auf die
Wirksamkeit untersucht.
Everolismus (Afinitor ®)
Zulassung: Everolimus ist seit August 2009
zur Behandlung von Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom zugelassen, bei
denen es während oder nach einer gegen
VEGF gerichteten Therapie (Tyrosin-/
Multikinase-Inhibitoren) zu einer Krankheitsprogression kommt. Der Wirkstoff
kann somit als Zweit- oder auch Dritt­
linien-Therapie eingesetzt werden.
33
2010
2
WissensWert
Wirkungsweise: Der Wirkstoff Everolimus
(Handelsname Afinitor ®) der Firma
Novartis Pharma hemmt gezielt mTOR, in
dem er im Körper mit einem im Zellinnern
vorhandenen Protein einen Komplex bildet,
der wiederum an mTOR bindet. Durch die
Blockierung des Zellwachstum-Schlüsselproteins mTOR wird bei diesem Ansatz
neben der Hemmung der Neubildung von
Blutgefäßen rund um den Tumor (AntiAngiogenese) auch eine Anti-TumorWirkung erzielt.
Behandlung: Everolimus steht in Tablettenform zur Verfügung. Die empfohlene Dosis
beträgt 10mg einmal täglich.
Sorafenib (Nexavar®)
Zulassung: Sorafenib ist seit Juli 2006 in
Deutschland zur Behandlung von Patienten
mit metastasiertem Nierenzellkarzinom
nach Versagen einer Therapie mit Zytokinen (Immun- oder Immunchemotherapie)
bzw. für Patienten, für die eine ZytokinTherapie nicht infrage kommt, zugelassen.
Wirkungsweise: Der Wirkstoff Sorafenib
(Handelsname Nexavar ®) der Firma Bayer
Healthcare beeinf lusst mehrere Signalproteine gleichzeitig und wird als MultikinaseInhibitor bezeichnet. Der Wirkstoff blockiert u.a. die Tyrosinkinasen VEGFR und
PDGFR, aber auch wichtige Proteine bei
der Signalweiterleitung innerhalb der
Krebszellen, die so genannten Serin/Threonin-Kinasen der Raf-Familie. Durch die
Hemmung dieser in den Wachstumsprozess
der Zelle involvierten Proteine wird der
Tumor von verschiedenen Seiten angegriffen und sein Wachstum gehemmt. Somit
unterbindet Sorafenib einerseits die Zell­
teilung (Proliferation) der Tumorzellen,
andererseits unterbricht es aber auch die
Blutversorgung des Tumors und hungert
ihn damit aus.
Behandlung: Die empfohlene Dosis, des als
Tablette eingenommenen Medikaments
beträgt laut Zulassung 2x täglich 400mg –
also insgesamt täglich 800mg.
34
Sunitinib (Sutent®)
Zulassung: Sunitinib wurde im Juli 2006
zur so genannten Zweitlinien-Therapie des
fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms nach
Versagen einer Therapie mit Zytokinen
zugelassen. Im Januar 2007 erfolgte die
Zulassung zur Behandlung für Patienten
mit metastasiertem Nierenzellkarzinom als
Erstlinien-Therapie.
Wirkungsweise: Der Wirkstoff Sunitinib
(Handelsname Sutent ®) der Firma Pfizer
Pharma blockiert mehrere in der Signalvermittlung wichtige Tyrosinkinase-Rezeptoren und wird daher als Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor bezeichnet. Spezifisch gehemmt werden der PDGF-Rezeptor, der
VEGF-Rezeptor sowie weitere Rezeptoren.
Dadurch blockiert der Wirkstoff gleichzeitig mehrere Signalwege, die sowohl für das
Tumorzellwachstum als auch für die Tumorangiogenese (Gefäßentstehung) entscheidend sind und weist sowohl eine direkte als
auch eine indirekte Antitumoraktivität auf.
Behandlung: Die empfohlene Dosis von
Sunitinib beträgt 50mg einmal täglich für
vier aufeinander folgende Wochen, gefolgt
von einer zweiwöchigen Therapiepause
(4/2-Schema), so dass ein kompletter Behandlungszyklus sechs Wochen umfasst.
Temsirolimus (Torisel®)
Zulassung: Temsirolimus wurde im November 2007 für die Erstlinien-Therapie
des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms
bei Patienten mit mindestens drei von sechs
prognostischen Risikofaktoren zugelassen.
Wirkungsweise: Der Wirkstoff Temsirolimus (Handelsname Torisel®) der Firma Pfizer Pharma (ursprünglich bei Zulassung
Wyeth Pharma) ist ein Vertreter der mTOR
Inhibitoren, der einen Vorteil bezüglich des
Überlebens im Vergleich zur früheren Standardtherapie Interferon-alpha bei Patienten
mit einem schlechten Risikoprofil zeigen
konnte. Neben der gezielten und effizienten
Hemmung von mTOR (durch Bildung
eines Komplexes mit einem Protein im Zell­
inneren) und damit des Tumorwachstums,
scheint der Wirkstoff auch die Apoptose,
also den programmierten Zelltod zu
fördern. Daraus schließt man einen Einf luss
auf zelltodregulierende Faktoren.
Behandlung: Die empfohlene Dosis beträgt
25mg einmal pro Woche in einer 30- bis
60-minütigen Infusion.
INFO
Die Therapien werden in der Regel in einer bestimmten Reihenfolge verabreicht, (Erst­
linien-, Zweitlinien- oder Dritt­
linien-Therapie basierend auf der
Zulassung) – man spricht von einer Sequenztherapie. Es wird
auch der Ansatz diskutiert, ob
durch eine Kombination der Therapien, deren Wirkung verstärkt werden kann. Mehr dazu erfahren Sie In einem
der nächsten Ausgaben des
WissensWert. INFO
Auch wenn die Target-Therapien
präziser und weniger toxisch als
die klassischen Chemotherapeutika sind, kann es unter Einnahme zu Nebenwirkungen
kommen. Bitte sprechen Sie mit
Ihrem Arzt über bei Ihnen auftretende Nebenwirkungen – Vorbeugung oder Behandlung kann
Ihnen nicht nur direkte Erleichterung verschaffen sondern kann
u.U. die Therapie-Effizienz bzw.
mögliche Behandlungsdauer wesentlich beeinflussen.
2010
2
NIERENKREBS
Therapien im Praxistest:
CHANGE – Eine Beobachtungsstudie
zum Einsatz von Everolimus in der Routine
Wie verhält sich eine Therapie in der normalen Routine?
Wie ist die Lebensqualität unter Therapie? Ist Therapietreue ein
Problem? Auch nach erfolgreicher Zulassung einer Therapie
stellen sich noch viele Fragen, die im Rahmen von Anwendungsbeobachtungs-Studien beantwortet werden können. Eine
solche nicht-interventionelle Studie ist die CHANGE Studie, die
den Einsatz von Everolimus in der Praxisroutine untersucht.
Gemäß Definition1) sind Anwendungsbeobachtungen „Untersuchungen, die dazu
bestimmt sind, Erkenntnisse bei der Anwendung zugelassener oder registrierter
Arzneimittel zu sammeln“. Die nicht-interventionellen Studien zeigen dabei ein reales
Abbild des Behandlungsalltages und diese
Erkenntnisse können für die Sicherheit und
Lebensqualität von Patienten wichtige
Informationen liefern.
Eine aktuelle nicht-interventionelle Anwendungsbeobachtung ist die sogenannte
CHANGE-Studie. Die CHANGE-Studie
(Charakterisierung von Afinitor ® Nach Gezielter Ersttherapie) dient der Untersuchung
der Therapie mit Everolimus in der täglichen Praxis.
Der Wirkstoff Everolimus ist zugelassen für
die Zweitlinien-Therapie bei Patienten mit
fortgeschrittenem oder metastasiertem
Nierenzellkarzinom, wenn die Erkrankung
während oder nach einer Therapie mit
einem Tyrosinkinaseinhibitor (z.B. Sunitinib oder Sorafenib) nicht zum Stillstand gekommen ist. Das Medikament ist seit Herbst
2009 unter dem Handelsnamen Afinitor ®
im Praxiseinsatz.
Ziel der CHANGE-Studie ist nun die Bestimmung der Therapieeffizienz sowie der
Lebensqualität unter Behandlung und der
Therapietreue. Zudem soll die Studie Einblicke liefern in den Verlauf der Therapieentscheidung und der Patientenversorgung
der teilnehmenden Studienzentren.
Relevant ist diese Studie für Patienten mit
fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom bei
denen, aus gegebenem Anlass, eine Therapie mit Everolimus begonnen werden soll.
Die Therapie erfolgt im Rahmen der Studie
entsprechend der Praxisroutine und den
Empfehlungen der Fachinformation. Sie
richtet sich ausschließlich nach medizinischtherapeutischen Notwendigkeiten. Da es
sich bei CHANGE um eine Beobachtungsstudie handelt, erfolgt „lediglich“ eine ausführliche Dokumentation und „Überwachung“ der Therapie: Die teilnehmenden
Patienten werden für die gesamte Behandlungsdauer mit Everolimus beobachtet und
in regelmäßigen Abständen werden, neben
der Basisdokumentation, weitere Informationen zum Beispiel zur Lebensqualität oder
medikamentösen Begleittherapien erhoben.
Patienten werden an bundesweit verteilten
Zentren seit Oktober 2009 in die Studie
aufgenommen. Ärztlicher Leiter der Studie
ist Prof. Dr. L. Bergmann von der Medizinischen Klinik II, Klinikum der JohannWolfgang-Goethe Universität, Frankfurt.
Weitere beteiligte Studienzentren können
hier im Lebenshaus erfragt werden.
Wir haben für Sie die Angaben der Studie
zusammengefasst, dieser kurze Überblick
erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ob Sie als Betroffene(r) für diese
Studie infrage kommen, sollten Sie zunächst
mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen.
Bitte beachten Sie auch, dass letztendlich
nur der Prüfarzt eines Studienzentrums
nach einer eingehenden Untersuchung feststellen kann, ob ein Patient an einer Studie
teilnehmen kann.
1) § 67 Abs. 6 AMG
CHANGE
Charakterisierung von Afinitor® Nach Gezielter Ersttherapie:
Einsatz von Everolimus in der Praxisroutine nach TKI-Versagen.
Status:
Studie ist aktiv / offen (Beginn: Oktober 2009)
Patienten:
360
Studienarme
(Dosierung):
Nicht-interventionelle Studie, d.h. Therapie mit Everolimus
erfolgt entsprechend der Praxisroutine und den Empfehlungen
der Fachinformation und richtet sich ausschließlich nach
medizinisch-therapeutischen Notwendigkeiten.
Kriterien:
Keine Einschränkung bei vorliegender Indikation zur
Behandlung mit Everolimus, keine Einschränkungen hinsichtlich der Art der vorliegenden Metastasen
Studienleiter:
Prof. Lothar Bergmann, Klinikum der J.W. Goethe Universität,
Med. Klinik III, Tumorzentrum Rhein-Main, Frankfurt
Durchführung:
120 Zentren.
Kontakt für Anfragen:
Nähere Informationen zu den beteiligten Zentren und
Ansprechpartnern erhalten Sie gerne im Lebenshaus.
35
2010
2
WissensWert
NIERENKREBS
Die SWITCH-Studie:
Sequenz-Therapien in der Erstlinie
Eine randomisierte, sequentielle, offene Studie der Phase III
zur Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit von Sorafenib
gefolgt von Sunitinib, im Vergleich zu Sunitinib gefolgt von
Sorafenib, in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen/
metastasierten Nierenzellkarzinoms.
In den letzten Jahren konnten mit der Zulassung neuer wirksamer Substanzen bereits
wichtige Erfolge in der Behandlung des
Nierenzellkarzinoms erzielt werden. Ein
wesentliches Maß für den Therapieerfolg ist
die Zeit, in der die Tumorerkrankung nicht
voranschreitet, die so genannte progressions­
freie Zeit – diese Zeit zu verlängern ist ein
wichtiges Ziel jeder Krebstherapie. Um dies
zu erreichen, werden die vorhandenen Therapien aufeinanderfolgend – also in Sequenz
– eingesetzt, wobei die Zulassung der einzelnen vorhandenen Therapien die Reihenfolge weitgehend festgelegt.
Die Wirkstoffe Sorafenib (Nexavar ©) und
Sunitinib (Sutent ©) – beide aus der Klasse
der Tyrosinkinasehemmer - werden bereits
zur Behandlung des fortgeschrittenen oder
metastasierten Nierenzellkarzinoms eingesetzt und verlängern die Überlebenszeiten
bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom. Basierend auf den Ergebnissen der Zulassungsstudien und der dadurch
resultierenden Zulassung wird dabei
• Sunitinib zur Erstbehandlung,
• Sorafenib nach Versagen bzw. Unverträglichkeit der Behandlung mit Interferonalpha bzw. Interleukin-2 – also in der
Zweitlinie – eingesetzt. (vgl. dieser WissensWert „Aktuelle medikamentöse Behandlungen bei fortgeschrittenem Nierenkrebs“).
In der SWITCH Studie wird die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Sorafenib gefolgt von Sunitinib versus Sunitinib gefolgt
von Sorafenib in der Erstlinienbehandlung
von Patienten mit fortgeschrittenem oder
metastasiertem Nierenzellkarzinom überprüft. Prinzipiell geeignet ist die Studie für
Patienten mit metastasiertem oder fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom (alle Histologie-Typen) mit mindestens einer mess36
baren Tumorläsion, die bisher noch keine
systemische Therapie erhalten haben.
Studienteilnehmer erhalten zuerst entweder
Sorafenib oder Sunitinib (randomisiert).
Kommt es unter der Therapie zu einer
Krankheitsprogression oder Unverträglichkeit erfolgt nach einem zwei- bis höchstens
vierwöchigen therapiefreien Intervall der
Wechsel - „SWITCH“ - zum anderen
Wirkstoff. Bestimmt wird in dieser Studie,
wie lange das progressionsfreie Überleben
über die Erst- und Zweitlinientherapie ist,
die progressionsfreien Zeiten in den einzelnen Studienabschnitten sowie das Gesamtü-
berleben. Weitere Parameter sind die Sicherheit und Verträglichkeit der beiden Tyrosinkinase-Inhibitoren.
Die Studie findet an über 70 bundesweit
verteilten Zentren seit Februar 2009 statt.
Geleitet wird die Studie von Prof. Dr.
Maurice-Stephan Michel, Klinikdirektor
der Urologischen Klinik des UniversitätsKlinikum Mannheims. Weitere beteiligte
Studienzentren können hier im Lebenshaus
erfragt werden.
Wir haben für Sie die Angaben der Studie
zusammengefasst, dieser kurze Überblick erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit (Ausschlusskriterien sind z.B. nicht dargestellt). Ob Sie als Betroffene(r) für diese
Studie infrage kommen, sollten Sie zunächst
mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen.
Letztendlich kann nur der Prüfarzt eines Studienzentrums nach einer eingehenden Untersuchung feststellen, ob ein Patient an dieser Studie teilnehmen kann.
SWITCH
Vergleich der Sequenz Sorafenib gefolgt von Sunitinib gegenüber Sunitinib
gefolgt von Sorafenib als Erstlinientherapie bei Patienten mit lokal
fortgeschrittenem oder metastasiertem Nierenzellkarzinom.
Status:
Studie ist aktiv/offen (Beginn: 31. Januar 2009, voraussichtliches Ende
Winter 2012)
Patienten:
540
Protokoll-ID:
NCT00732914, Eudra-CT 2008-005011-18
Studienarme:
Behandlung, randomisiert, unverblindet, aktiv kontrolliert,
2 Studienarme:
- Sunitinib (bis zum Progress) gefolgt von Sorafenib
- Sorafenib (bis zum Progress) gefolgt von Sunitinb
Dosierung:
Sunitinib: 50mg oral einmal täglich vier Wochen, dann 2 Wochen Pause
Sorafenib: 400 mg oral zweimal täglich
Kriterien:
Patienten mit metastasiertem oder fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom
die keine Zytokin-Therapie erhalten können und für die die
Studienmedikation die Erstlinien Therapie ist. Alle Histologien, Läsion im
Weichgewebe nach RECIST Kriterien. ECOG Performance Status 0 oder 1,
MSKCC prognostic score: niedriges oder mittleres Risiko, Erfüllung
bestimmter Laborwerte
Bitte fragen Sie bezüglich der Ausschlusskriterien Ihren behandelnden
Arzt,
Studienleiter:
Prof. Dr. Maurice-Stephan Michel, Urologische Klinik der
Universitätsmedizin Mannheim
Durchführung:
Über 70 Zentren bundesweit
Website:
Jeweilige Klinik-Seite; z.B. Infos auf http://www.umm.de/2251.0
Kontakt
für Anfragen:
Bitte sprechen Sie zunächst mit Ihrem behandelnden Arzt!
Frau Dr. Hiller, Mi-Fr. 8:30 Uhr bis 12:30 Uhr, 0621-3834953
Frau Zendler, 0621-3834973
2010
2
ERKRANKUNG & LEBEN
Das Lebenshaus e.V. Praxis-Seminare:
Das Erlebniswochenende
„Beziehungswaise?“
Öffnen Sie Ihre persönliche „BeziehungsWissens-Tür“ und erleben Sie, was es alles
Spannendes hinter Ihrer Tür zu verstehen,
zu spüren und zu erkennen gibt!
Datum: Sa. 26. Juni 2010
von 14:00 bis 19 Uhr
und
So. 27. Juni 2010
von 9:00 bis 15 Uhr
Ort:
D-35415 Pohlheim/
Hessen (bei Giessen)
(Übernachtungsadressen
werden gerne zur
Verfügung gestellt.)
Teilnehmerzahl:
Min 6 - max.
10 Teilnehmer/innen
(Notwendig, um jedem
Teilnehmer zu ermöglichen,
intensiv an den persön
lichen Themen zu arbeiten.)
Teilnehmer:
Jedermann bzw. -frau:
Patienten aller Indikationen,
Begleiter, Familienmit
glieder, Freunde, medizi
nische Fachkräfte (Seminar
ziele/-inhalte sind nicht
erkrankungsspezifisch.)
Von der ersten Sekunde an wird unser
Leben durch Beziehungen geprägt– die
Beziehung zu anderen Menschen, zu sich
selber (Seele, Geist, Körper), zur Umwelt
und auch zu Gegenständlichem. Das Leben
in unserer persönlichen „Beziehungsmatrix“
(Beziehungen zueinander) kann bereichern
oder auch zu einer Belastung werden. Die
Bereicherung bef lügelt – die Belastung
blockiert, raubt unsere Lebensenergie –
kann sogar krank machen. Unser internes
„Sabotageprogramm“ lässt uns im Außen
nach Gründen für unser Unwohlsein
suchen und nach schnell umsetzbaren aber
meistens oberf lächlichen Lösungen. Wir
delegieren die Eigenverantwortung und
vermeiden so dem Ursprung unseres
Lebensthemas zu begegnen. All das Wissen,
was wir benötigen, liegt in uns, aber wir
haben es im Laufe der Zeit „verwaisen“
lassen, uns selbst die Türe zu diesem
Wissen verschlossen.
Das Erlebniswochenende unter dem Motto
„Beziehungswaise?“ kann wie ein Schlüsseldienst sein! Durch unterschiedliche Methoden aus dem Coaching und der Energieund Aufstellungsarbeit nach Martin Brune
können Sie Ihre innersten Türen öffnen,
Blockaden ausfindig machen, Erleichterung
spüren und Erkenntnisse zu Ihren Beziehungsthemen sammeln. Eine klare Zielfindung hilft diese Erkenntnisse in umsetzbare
Taten zu verwandeln.
Inhalte:
n Wie sieht meine „Beziehungsmatrix“
aus – welche Beziehungen sorgen für
mein Wohlbefinden bzw. mein Unwohlsein (rauben Lebensenergie)?
● Beziehung zum eigenen Ich
(Einheit aus Seele, Geist und Körper)
● Beziehung zum Körper
(Gesundheit/Krankheit)
● Beziehung zu anderen Menschen
(Familienmitgliedern, Kollegen,
Nachbarn, Ärzten…)
● Beziehung zur Umwelt
● Beziehung zu Gegenständlichem u.a.
n Was lösen diese Beziehungen in mir aus?
n Naturbild oder bildhafte Darstellung
von drei „Beziehungs-Energie-Saugern“
n Energiereise zum lösen von Blockaden
in Bezug auf die „Beziehungs-EnergieSauger“
n Wissen und Erkenntnisse zur Typenlehre: Warum ticken wir Menschen unterschiedlich? Wie kann ich meinen
Umgang mit anderen Menschen wie z.B.
Familienangehörigen, Ärzten, Behörden­
angestellten, andere Patienten…) stressfreier und effektiver gestalten?
Was kann ich tun, um verstanden zu
werden – am andere zu verstehen?
n Zielfindung
n Aufspüren von Blockaden, die bei der
Zielerreichung hinderlich sein können
n Energiereise zum Lösen dieser
Blockaden
n Naturbild bzw. bildhafte Darstellung
anpassen
n Abschlusszeremonie
Seminarziel:
n Bewusster und entspannter Umgang mit
Menschen im persönlichen Umfeld.
n Lösen von Energieblockaden und damit
verbunden leichterer Umgang mit der
aktuellen Lebenssituation.
n Bewusst werden der „Beziehungs-Energie-Sauger“ und deren spürbare Wirkung auf das Wohlbefinden.
n Umwandeln von Erkenntnissen in konkrete und erreichbare Ziele. (Damit eine
Nachhaltigkeit der Erfahrungen besteht!)
Teilnahmebeitrag:
€ 135,-- und € 10,-- Verpf legungspauschale
pro Person
Leiter/in:
Andrea Schumann. Sie dürfte Manchen
noch gut als Mitarbeiterin des Lebenshauses
im Bereich GIST in Erinnerung sein.
Aufgrund eines Auslandaufenthaltes musste
Frau Schumann die Arbeit im Lebenshaus
aufgeben. In der Zwischenzeit ist sie Mutter
und arbeitet freiberuf lich als Coach für
lösungsorientierte Psychologie und
Energieseherin:
www.lebenslustandreaschumann.de
Anmeldung:
Direkt bei Andrea Schumann – bitte bis
spätestens 18. Juni 2010
unter Telefon 06035-189428
37
2010
2
WissensWert
Patienten-Rechte: Antworten, die Ihnen
weiterhelfen können.
„Patientinnen und Patienten sollen von Betroffenen zu Beteiligten werden", so Ulla Schmidt, ehemalige Bundesgesundheits­
ministerin. Ein schöner Gedanke, doch das ist nur möglich,
wenn Patienten über Ihre Rechte aufgeklärt sind. In der Realität
ist dies meist nicht so und viele Betroffene sind unsicher, wenn
es darum geht, was Patienten nun dürfen und was nicht.
Wir haben für Sie Antworten – auf immer wieder kehrende
Fragen an Das Lebenshaus e.V. – zusammengestellt.
Von wem darf ich mich eigentlich
behandeln lassen?
Sie als Patient haben grundsätzlich das
Recht, Ihren Arzt und auch Ihr Krankenhaus frei zu wählen. Gerade bei seltenen
Tumorarten – wie GIST, Sarkomen oder
Nierenkrebs, ist es extrem wichtig einen
Experten mit den drei „E’s“ zu finden:
Expertise – Erfahrung – Engagement!
Denn: Die richtige Diagnose und eine
qualifizierte Behandlung zum frühestmöglichen Zeitpunkt, kann für den Krankheitsverlauf und die weitere Prognose essentiell
sein.
Was viele nicht wissen: Patienten können
Ihren Arzt und auch das Krankenhaus jederzeit wechseln. Der bisher behandelnde
Arzt ist dann dazu verpf lichtet Ihre Krankenakte an den Arzt/das Krankenaus Ihrer
Wahl weiter zu leiten. Für gesetzlich krankenversicherte Patienten gelten die freie
Arztwahl und ein Arztwechsel jedoch nur
im Rahmen der mit einer KrankenkassenZulassung tätigen Vertragsärzte. Im Zweifelsfall sollten Sie sich im Vorfeld informieren, ob der Arzt Ihrer Wahl für alle
Krankenkassen zugelassen ist und Ihre
Versicherung die Kosten einer Behandlung
übernimmt.
Zusätzlich gilt die so genannte „Quartalsbindung“, nach der gesetzlich versicherte
Patienten, für die Dauer des laufenden
Quartals, an den ausgesuchten Arzt gebunden sind, das heißt, die freie Arztwahl ist
insofern ebenfalls eingeschränkt. Die Quartalsbindung kann im Ausnahmefall jedoch
aufgehoben werden. Ein Ausnahmefall ist
38
beispielsweise dann gegeben, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient
nachhaltig belastet ist. Beginnt ein neues
Quartal erlischt auch automatisch die
„Quartalsbindung“.
Habe ich als Krebs-Patient ein Recht
auf eine Zweitmeinung und wo kann
ich diese bekommen?
Jeder Patient hat das Recht auf eine Zweitmeinung (2nd Opinion) – also eine ausführliche Beratung und eine eingehende Untersuchung bei einem anderen Arzt/Experten,
um die Diagnose und die ihm vorgeschlagene Therapie zu hinterfragen. Es kann
z.B. vorkommen, dass Sie in Fragen rund
um Ihre Erkrankung einmal nicht derselben
Meinung sind wie Ihr Arzt oder Ihnen
Zweifel auf kommen, ob der besprochene
Behandlungsweg für Sie der richtige ist. In
diesem Fall sollten Sie nicht zögern, dies
mit Ihrem behandelnden Arzt zu besprechen und einen weiteren Experten auf­
suchen. Häufig wird die Möglichkeit auf
eine zweite Meinung nicht genutzt, da
Patienten Angst haben, Ihr derzeitiger
Behandler würde dies nicht verstehen und
Ihnen „Böse“ sein. Ein Gedanke, von dem
Sie sich schnell verabschieden sollten, denn
schließlich geht es um Ihr Leben. Ein guter
Arzt wird Ihren Wunsch respektieren und
Ihnen gegebenenfalls bei der Wahl eines
weiteren Experten behilf lich sein. Viele von
Ihnen wissen: Auch Das Lebenshaus e.V.
kann Ihnen gerne erfahrene Ärzte und
Behandlungszentren nennen.
Übrigens: Ihr bisheriger Arzt ist gesetzlich
dazu verpf lichtet, alle Behandlungsunterlagen an den mitbehandelnden Arzt zu übermitteln. Die Kosten für eine „Zweitmeinung“ werden von den Krankenkassen
übernommen.
Kann ich selbst mitbestimmen, wie
ich behandelt werde?
„Mein Arzt hat gesagt, ab morgen muss ich
diese Tabletten nehmen!“ Wie oft erleben
wir es im Lebenshaus, dass Patienten ihre
Verantwortung an der Praxis- oder Kliniktür abgegeben haben und der Meinung
sind, dass alles, was der Arzt sagt richtig ist
und so unweigerlich umgesetzt werden
muss. Sie als Patient haben das Recht da­
rüber zu entscheiden, welche Art der Behandlung Sie wählen. Ärzte können Ihnen
lediglich den medizinisch besten Weg
vorschlagen. Welche Therapie Sie dann
wählen, liegt bei Ihnen. Haben Sie also den
Mut Fragen zu stellen, Gedanken, Zweifel
und Wünsche mit Ihrem Arzt zu besprechen. Und hierbei ist wichtig: Je mehr Sie
über Ihre Erkrankung und deren Behandlungsalternativen wissen, umso besser können Sie Therapieempfehlungen bewerten
bzw. mitgestalten. Nutzen Sie daher die
Informationsmöglichkeiten, die Ihnen
angeboten werden und bauen Sie ein
Mindestmaß an Wissen auf.
Habe ich ein Recht auf die neueste
Behandlung und modernste Arzneimittel?
Grundsätzlich ja! Wie bereits erwähnt,
entscheiden Sie über die Art Ihrer Behandlung. Dabei sollten Sie gemeinsam mit
Ihrem Arzt besprechen, welche Therapien
aus medizinischer Sicht Optionen darstellen
ist und dann selbst entscheiden, ob Sie diesen vorgeschlagenen Weg gehen möchten.
Leider werden gerade relativ neue Therapien manchmal nicht von den gesetzlichen
Krankenkassen übernommen. Daher gilt es
sich im Vorfeld über eventuelle Kosten zu
informieren. Besprechen Sie mögliche Kosten einer „neuen“ Therapie mit Ihrem Arzt
an und/oder fragen Sie dazu am besten Ihre
Krankenversicherung. Dies gilt auch für
Patienten mit privater Krankenversicherung: Nicht dass Sie womöglich Rechnungen an Ärzte oder Kliniken bezahlen
2010
und im Prozess der Rückerstattung nichts
oder nur einen geringen Teil erstattet bekommen.
In Deutschland werden rund neun Milliarden Euro pro Jahr für komplementär- und
alternativ-medizinische Verfahren ausgegeben. Nur etwa 40% davon erstatten die
Krankenkassen. Besonders Krebspatienten
werden häufig völlig überteuerte Therapien
angeboten, die nie in Studien beweisen
mussten, dass sie wirklich helfen. Und oft
weiß niemand, ob bestimmte Stoffe, Therapien oder „Wundermittelchen“ Ihnen nicht
sogar schaden können. Daher sollten Sie
auch solche medizinischen Verfahren vertrauensvoll mit Ihrem Arzt besprechen.
Gleiches gilt auch für ergänzende „schulmedizinische“ Verfahren oder Therapieangebote im Ausland: Derartige Maßnahmen
sollten immer im „Gesamtkontext“ ihrer
Erkrankung beurteilt werden. Hinzu kommen Expertise des Durchführenden, erreichbare Nutzen und mögliche Kosten, die
Ihnen entstehen können.
Bei verschreibungspf lichtigen Medikamenten im Bereich Onkologie, gibt es folgende
gängige Wege um eine Therapie zu erhalten:
1.Verordnung/Rezept. Das Medikament ist
für Ihre Erkrankung zugelassen, wird
vom Arzt verschrieben und von Ihrer
Krankenkasse bezahlt.
2.Off Label Use. Als Off-Label-Einsatz bezeichnet man den therapeutischen Einsatz
von Medikamenten außerhalb der Erkrankung oder der Personengruppe, für
die sie zugelassen sind. (Grundsätzlich
kann jedes Medikament vom Arzt „off
label“ eingesetzt werden, er muss den
Patienten jedoch umfangreicher auf klären und trägt das Haftungsrisiko für die
Therapie.) Off-Label-Verordnungen in
der Onkologie werden in aller Regel bei
den Krankenkassen beantragt und wenn
genehmigt – auch erstattet. Die Genehmigung erfolgt in der Regel nur auf Basis
von gültigen Leitlinien, anerkannten
Empfehlungen oder wissenschaftlicher
Literatur (validen Daten).
3.Klinische Studien. Patienten zahlen in
der Regel kein Geld, um an einer klinischen Studie teilzunehmen und erhalten das untersuchte Arzneimittel kosten-
los. Sie können zudem eventuell sogar
andere Ausgaben wie Park- und Reisegebühren erstattet bekommen. Gesetzliche
und private Krankenversicherungen decken Kosten im Zusammenhang mit einer klinischen Studie meistens nicht ab.
Sie sollten daher mit dem jeweiligen
Studienarzt vor Studienbeginn einfach
klären, dass alle Kosten abgedeckt sind.
Die Teilnahme an klinischen Studien im
europäischen Ausland ist nicht unmöglich
– aber unter Umständen mit Kosten
verbunden. Dies ist vorher unbedingt mit
dem Studienzentrum, der Krankenkasse
und ggf ls. dem pharmazeutischen Unternehmen abzuklären.
Muss mein Arzt Beratungen
und medizinische Behandlungen
dokumentieren?
Die wichtigsten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen (z. B. Diagnoseuntersuchungen, Befunde, Medikation, ärztliche Hinweise für die Behandlung, Abweichung von einer Standardbehandlung) und
Verlaufsdaten (z.B. Auf klärung bzw. der
Verzicht auf eine Auf klärung durch den
Patienten, Operationsbericht, Narkoseproto­
koll, Besonderheiten im Behandlungsverlauf ) müssen vom Arzt in schriftlicher Form
in der Krankenakte festgehalten werden.
Dabei genügt eine Aufzeichnung in Stichworten, sofern diese für die mit- oder nachbehandelnden Ärzte verständlich sind.
Wichtig ist, dass diese Dokumentation von
Unbefugten nicht eingesehen werden darf!
Kann der Patient in die Behandlungsunterlagen einsehen?
Natürlich darf der Patient seine Behandlungsunterlagen einsehen. Wenn Sie es
wünschen, können Sie also jederzeit (auf
Ihre Kosten) Kopien oder Ausdrucke von
Ihren Unterlagen fertigen lassen. Dies empfiehlt sich z.B. wenn ein Arzt-Wechsel bevorsteht oder Sie Ihre persönliche Krankenakte auf den aktuellen Stand bringen möchten. Generell ist es immer zu empfehlen, einen „Patientenordner“ mit allen relevanten
Papieren/Informationen bezüglich Ihrer Erkrankung anzulegen. Hier können Befunde,
OP-Berichte und alle weiteren Informationen bequem abgelegt werden.
2
ERKRANKUNG & LEBEN
Welche Fristen gelten für die
Aufbewahrung der Dokumentation?
Grundsätzlich ist die Patientenakte 10 Jahre
nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren. Die Fristen zur Auf bewahrung
gelten auch nach einer Praxisaufgabe oder
Praxisübernahme unverändert weiter. Leider hat die Erfahrung gezeigt, dass gerade
im „Chaos“ eines Praxis-/Klinikumzugs
oder eines Arztwechsels Patientendaten verloren gehen können. Auch deshalb ist es
ratsam, Kopien aller wichtigen Dokumente
in einem persönlichen „Patientenordner“
zu Hause zu sammeln.
In der Apotheke wurden mir
Re-Importe meiner Medikamente
angeboten.
Worum handelt es sich hier?
Re-Importe sind produzierte Original-Medikamente, die für den ausländischen Markt
bestimmt sind. Da die Medikamentenpreise
im Ausland häufig niedriger sind, werden
diese Medikamente von Arzneimittel-Importeuern dort gekauft und nach Deutschland importiert. In Bezug auf Zusammensetzung und Wirkung sind Re-Importe
identisch mit den entsprechenden OriginalPräparaten. Lediglich der Umkarton eines
Re-Import-Arzneimittels kann anders aussehen und auch fremdsprachige Bezeichnungen enthalten. Jedoch: Ein aktueller,
deutschsprachiger Beipackzettel muss in
jedem Fall enthalten sein.
Da Re-Importe in der Regel etwas preisgünstiger sind als die Originalpräparate,
wird es von Apothekern und Krankenkassen gern gesehen, wenn Patienten auf diese
zurückgreifen. In Apotheken werden ReImporte daher häufig als Alternative angeboten. Zusatzfrage: Kann ich auf mein
deutsches Originalprodukt bestehen? Wie
bereits erwähnt, sind Re-Importe in ihrer
Zusammensetzung und Wirkung identisch
zu den Original-Produkten und werden
meist sogar in denselben Fabriken hergestellt. Möchten Sie trotzdem nicht auf das
deutsche Original-Präparat verzichten, sollten Sie dies ganz offen mit Ihrem Apotheker besprechen. Sicherlich kommt er Ihren
Wünschen gerne nach.
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2010
2
WissensWert
ERKRANKUNG & LEBEN
Rudern gegen Krebs:
Benefizregatta nun auch in Frankfurt
Am 16. Mai um 10 Uhr ist es soweit: Die „Stiftung Leben mit
Krebs“ startet in Kooperation mit der Frankfurter Rudergesellschaft „Germania“ die 1. Benefiz-Regatta in Frankfurt. Unter
dem Motto „Rudern gegen Krebs” messen sich dabei ViererBoote auf der 500 Meter langen Rennstrecke der „Mainarena“
zwischen Untermainbrücke und Hohlbeinsteg. Die Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernimmt der hessische Gesundheitsminister Jürgen Banzer.
40
„Rudern gegen Krebs“ ist eine BenefizVeranstaltung die von der „Stiftung Leben
mit Krebs“ bereits seit mehreren Jahren
durchgeführt wird. „Begonnen hat alles vor
sechs Jahren in Mainz. Da haben wir die
Aktion zum ersten Mal durchgeführt“, so
Klaus Schrott, Sprecher des Vorstandes der
„Stiftung Leben mit Krebs“. „Seitdem gab
es jährlich eine Benefizregatta in Mainz.
Aufgrund des großen Erfolges haben wir
uns dann dazu entschlossen, die „Rennen“
auch bundesweit durchzuführen“, erklärt
Schrott weiter. Weitere Ruderregatten finden in diesem Jahr in Berlin, Mainz, Kiel,
Mannheim, Hamburg, Neuruppin und
Erlangen mit der gleichen Zielsetzung statt.
Die Erlöse aus der Frankfurter Regatta sind
zum Teil der Firma MLP und der ElseKröner-Fresenius-Stiftung zu verdanken
und werden zum weiteren Ausbau und zur
Durchführung des Sportprogramms für
Krebspatienten im Rahmen des Projektes
„Sport und Krebs“ zur Verfügung gestellt.
eingeschränkten körperlichen Leistungs­
fähigkeit leiden. Aktuelle Untersuchungs­
ergebnisse haben nun gezeigt, dass gerade
eine regelmäßige sportliche Betätigung die
subjektiven und objektiven Belastungen der
Erkrankung und auch der Therapie reduzieren kann. Sport kann günstige Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf haben
und ist oft ein gutes Mittel, um Krebspatienten Kraft und Selbstvertrauen zu geben.
Den Grundstein für die Initiative „Sport
und Krebs“ legte Prof. Dr. Elke Jäger von
der Krebsforschung Rhein-Main e.V.. Die
Chefärztin der Klinik für Onkologie am
Krankenhaus Nordwest in Frankfurt am
Main, die auch im Vorstand des medizinisch-wissenschaftlichen Beirates des Lebenshauses Nierenkrebs sitzt, ist gleichzeitig
Mitbegründerin der Stiftung „Leben mir
Krebs“. Sie weiß ganz genau, wie verzweifelt viele Menschen auf die Diagnose Krebs
reagieren, wie mutlos die Worte „Sie haben
Krebs!“ machen können. Zudem kann sie
jeden Tag beobachten, dass viele Patienten
mit einer Tumorerkrankung unter einer
Doch das Sportprogramm kostet Geld. Die
Frankfurter Regatta wird zum Teil durch
die Else Kröner-Fresenius-Stiftung und die
Firma MLP unterstützt. Um weitere Mittel
in die Kassen zu bekommen, hatte Prof. Dr.
Jäger eine erfolgreiche Idee: Rudern für
den guten Zweck! „Nur wenn alle ein
Team bilden, kommt man voran, ist man
stark und effektiv. Das ist beim Rudern
nicht anders als bei der Krebstherapie, wo
unterschiedliche Berufsdisziplinen zusammen arbeiten müssen“, erklärt Frau Prof.
Dr. Jäger, die selbst leidenschaftliche Ruderin ist und sich im Sommer vier Mal
wöchentlich ins Boot setzt.
Genau aus diesem Grund entwickelten Prof.
Dr. Elke Jäger und Prof. Dr. Dr. Winfried
Banzer von der Sportmedizin der GoetheUniversität in Frankfurt ein Sportprogramm, das den Schwerpunkt auf ein moderates Ausdauertraining für Krebspatienten
setzt. Walking, Joggen, Langlauf, Radfahren
oder Rudern sind einige der Möglichkeiten
des Trainings, das die Patienten unter ärztlicher Kontrolle in Anspruch nehmen können. Mehr als 600 Personen haben bisher an
dem Sportprogramm teilgenommen.
Krebs gibt es allerdings auch anderswo,
nicht überall sind die Versorgungsmöglichkeiten so gut wie in Deutschland. Im Zusammenhang mit einem internationalen
Kooperationsprojekt zwischen der Stiftung
Leben mit Krebs und der äthiopischen Stiftung Cancer Care Ethiopia ist die Frankfurter Regatta auch einem Hilfsprojekt gewidmet, welches die Versorgung onkologischer
Patienten in Äthiopien verbessern wird.
Derzeit gibt es nur ein Krankenhaus mit
18 Betten, ausgebildete Ärzte und Medikamente fehlen weitgehend. Erste Maßnahmen sind der Ausbau eines Patientenheims,
der Erwerb eines Fahrzeugs zum Patiententransport und die Bereitstellung von Aus­
bildungsstipendien für äthiopische Ärzte in
Frankfurt. Nähere Informationen werden
vor Ort durch die äthiopischen Gäste und
Mitglieder der äthiopischen Kirchen­
gemeinden in Frankfurt vermittelt.
Auch wenn Sie nicht aktiv mit rudern können, bittet die „Stiftung Leben mit Krebs“
herzlich um Ihre Unterstützung: Kommen
Sie als Zuschauer zur Regatta am 16. Mai
um 10 Uhr an den Main und feuern Sie die
Teams tatkräftig an.
Weitere Informationen
und Ansprechpartner:
Stiftung Leben mit Krebs
Prof. Dr. med. Elke Jäger
Wilhelmstraße 14
65185 Wiesbaden
Tel. 0611-360 80 23
E-Mail: [email protected]
Homepage: www.rudern-gegen-krebs.de
2010
Das Lebenshaus
2
WissensWert
Experten – persönlich:
Prof. Dr. Hans Heinzer
Wie sind Sie zum Lebenshaus
gekommen?
Durch einen Kontakt über einen meiner
Kollegen.
Warum ist Ihnen die Arbeit
im Lebenshaus wichtig?
Das Lebenshaus ist stets bemüht betroffene
Patienten umfassend zu informieren und
aufzuklären. Dies unterstütze ich sehr
gerne.
Auf einen Blick:
Verraten Sie uns Ihre Hobbies?
An erster Stelle steht natürlich meine
Familie. Außerdem mache ich sehr gerne
Sport und bin HSV-Fan.
Haben Sie einen Buch-Tipp für uns?
„Drachenläufer“ von Khaled Hosseini
Gibt es einen Lieblingsfilm?
Zuletzt war ich von „Slumdog Millionär“
sehr beeindruckt.
Verraten Sie uns Ihre Leibspeise?
Ich esse sehr gerne italienische Küche
Wie lautet Ihr Lebensmotto/
Wünsche?
Was vorstellbar ist, ist auch machbar
(A. Einstein).
Prof. Dr. Heinzer ist Mitglied im
medzinisch-wissenschaftlichen Beirat des
Lebenshauses Nierenkrebs in Deutschland.
Weitere Mitglieder sind:
Prof. Dr. med. Elke Jäger,
Frankfurt (Vorstand) – Onkologin
Prof. Dr. med. Jan Roigas,
Berlin (Vorstand) – Urologe
PD Dr. med. Bernhard Brehmer,
Aachen – Urologe
Dr. med. Viktor Grünwald,
Hannover – Onkologe
Prof. Dr. med. Hans Heinzer,
Hamburg – Urologe
Dr. med. Michael Staehler,
München – Urologe
PD Dr. med. Thomas Steiner ,
Jena - Urologe
Prof. Dr. med. Stephan Störkel,
Wuppertal – Pathologe
Name: Prof. Dr. Hans Heinzer
Wohnort: Hamburg
Alter/Geburtstag: 47
Beruf: Urologe
Derzeitige Position: Chefarzt der
Martini-Klinik am UKE
Schwerpunkte: Meine Schwerpunkte liegen im Bereich
Prostata-Krebs und
Nierenzellkarzinom
Kontakt: Martini-Klinik
am Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf
Martinistrasse 52
D-20246 Hamburg
www.martini-klinik.de
Diese Experten werden wir Ihnen nach und
nach in den kommenden Ausgaben des
WissensWert vorstellen.
41
2010
2
WissensWert
Das Lebenshaus – persönlich:
Stefanie Seite
Welche Aufgaben übernimmst Du
im LH?
Auf dem GIST-Forum 2007 in Fulda sprach
mich Karin Pelzing an, ob ich nicht Lust
hätte, Sie in der Gruppe zu unterstützen.
Dieses Angebot nahm ich an. Nach dem
schmerzlichen Tod von Karin habe ich die
Aufgabe des Patientenkontaktes der SHG
Rhein-Ruhr übernommen. So möchte ich,
andere Patienten unterstützen, Ihnen eine
Möglichkeit zum Austausch geben und mit
Rat und Tat zur Seite stehen.
Warum engagierst du Dich im LH?
Nachdem ich von meiner Erkrankung erfahren hatte, habe ich im Internet nach Informationen über GIST gesucht und bin so
über die Website des Lebenshauses gestolpert. Nach längerem zögern habe ich Kontakt mit Karin Pelzing aufgenommen und
mich überzeugen lassen, am nächsten Treffen teilzunehmen. Dort habe ich mich sofort gut aufgehoben gefühlt. Ich hatte das
erste Mal nach der Diagnose das Gefühl,
dass man mich versteht. Mir hat sehr gut
gefallen, dass ich Informationen und Erfahrungen austauschen konnte. Nun möchte
ich dazu beitragen, dass andere Erkrankte
ebenso wieder Halt in ihrem Leben finden
können.
Was machst du außer Deinem
Engagement im LH sonst noch?
Ich habe eine Ausbildung zur Groß- und
Außenhandelskauffrau gemacht und arbeite
seitdem in meinem Ausbildungsbetrieb
(Großhandel für Künstlermaterialien) als
kaufm. Angestellte im Bereich Einkauf.
Mein größtes Hobby ist das Handball spielen. Angefangen habe ich damit im Alter
von 7 Jahren. Jedoch in meiner Jugendzeit
noch viele Dinge zusätzlich ausprobiert und
dadurch mit dem Handball aufgehört.
Durch viele Zufälle aber vor einigen Jahren
wieder mit viel Leidenschaft angefangen.
Meine Position ist das Tor.
42
Dieser Mannschaftssport hat mir nach meiner Diagnose oft geholfen und mir einen
Ansporn gegeben wieder in mein „altes“
Leben zurück zu finden. In meiner zusätzlichen Freizeit lese ich gerne, treffe mich
mit Freunden, höre Musik (vorzugsweise
Rock & Pop) und gehe gerne ins Kino.
Hast Du ein Lieblingsbuch?
Ein spezielles Lieblingsbuch gibt es nicht.
Lese von Romanen über Krimis fast alles.
Gibt es einen Lieblingsfilm?
Auch da bin ich vielseitig. Von Dirty
Dancing, über Disney-Filme bis hin zu
Komödien alles dabei.
Verrätst Du uns Deine Leibspeise?
Nudeln in fast allen Variationen und Eis
zum Nachtisch.
Wie lautet Dein Lebensmotto?
„Träume nicht Dein Leben, sondern lebe
Deinen Traum.“
Auf einen Blick :
Name: Stefanie Seite
Wohnort: Witten
Alter/Geburtstag: 25.03.1978
Seit wann im LH:Oktober 2005
Erkrankung: Meine GIST-Diagnose war eine Zufallsdiagnose,
die ich im Juli 2005 bekam. Zu diesem Zeitpunkt war ich 27 Jahre alt. Der Tumor befand
sich am Dünndarm und wurde erfolgreich entfernt. Durch eine
hohe Mitosen-Anzahl und einer
Tumorgröße von 7cm, wurde ich
als Hochrisikopatientin eingestuft. Es wurde mir daraufhin die adjuvante EORTC-Studie vorgeschlagen. An dieser konnte ich
teilnehmen und habe für einen
Zeitraum von 2 Jahren (Okt. 2005 – Okt. 2007) 400mg/Tag Imatinib genommen.
Seit Okt. 2008 nehme ich kein
Imatinib mehr und bin seitdem
tumorfrei.
2010
2
Das Lebenshaus
Impressum
Founding-Menber of
„Unabhängig, fachkundig und engagiert!“
Die Organisation Für Patienten Mit Seltenen Soliden Tumoren:
Das Lebenshaus e.V.
n Betroffene informieren
n Interessen vertreten
n Behandlung optimieren
n Forschung unterstützen
n Hoffnung geben
Das Lebenshaus e.V. Seltene Solide Tumoren:
GIST • Sarkome • Nierenkrebs
International
Kidney Cancer
Coalition
Hotline 0700-4884-0700
[email protected]
www.daslebenshaus.org
„Das Lebenshaus e.V.“ ist die Organisation
für Patienten mit bestimmten seltenen
soliden Tumoren wie GIST, Sarkome und
Nierenkrebs, Angehörige und medizinische
Fachkräfte. Die wesentlichen Aufgaben­
bereiche des Lebenshauses sind:
n Betroffene informieren
n Interessen vertreten
n Behandlung optimieren
n Forschung unterstützen
n Hoffnung geben
Der Verein arbeitet professionell mit medizinischen Fachkräften, der forschenden
Pharmaindustrie und anderen Patienten­
organisationen weltweit zusammen, um das
Bestmögliche für die Betroffenen und ihre
Familien in den jeweiligen Indikationen zu
erreichen. Das Lebenshaus ist eine gemeinnütziger Non-Profit Verein, ohne Einf lussnahme Dritter. Er finanziert sich durch
Fördermitgliedschaften, Privatspenden,
Firmenspenden, Sponsoring, Benefiz­
aktivitäten sowie Mitarbeit in
EU-geförderten Projekten.
Status: Gemeinnütziger Verein, gegründet
am 24. Juni 2003 (14 Gründungsmitglieder),
eingetragen unter VR 1152 im Vereins­
register des Amtsgerichts Friedberg/Hessen.
Vereinsorgane: Betroffenen-Vorstand,
Mitgliederversammlung, Vereinssprecher,
angestellte Mitarbeiter sowie zwei mediz.wiss. Beiräte führender Experten in den
jeweiligen Indikationen.
Spenden-/Bankkonto: Commerzbank
Bad Nauheim - BLZ 513 800 40 Konto: 01 30 52 07 00
Bitte geben Sie bei Spenden Ihre komplette
Adresse auf dem Überweisungsträger an,
damit wir Ihnen eine Spendenbescheinigung für Ihre Steuerunterlagen zusenden
können. Vielen Dank!
Vereinsadresse:
Das Lebenshaus e.V. Patientenorganisation
Usa-Strasse 1, D-61231 Bad Nauheim
GIST/Sarkome: Tel.: + 49 (0) 700 4884 0700
Nierenkrebs: Tel.: + 49 (0) 700 5885 0700
Telefax: + 49 (0) 6032-9492-885
Website: www.daslebenshaus.org
Zentrale Email: [email protected]
Dieser Infobrief „WissensWert“ ist ein
kostenloses Informationsangebot des gemeinnützigen Vereins Das Lebenshaus e.V.
(V.i.S.d.P. Markus Wartenberg,
Dr. Marion Beier, Karin Kastrati)
Ausgabe 2 = Anfang Mai 2010 –
Auf lage 3.000 Ex.
Disclaimer / Haftungsausschluss
ACHTUNG! Wir sind Patienten,
Angehörige, Redakteure und freiwillige
Mitarbeiter – keine Ärzte! Die Informationen dieses Infobriefes dürfen auf keinen
Fall als Ersatz für professionelle Beratung
oder Behandlung durch ausgebildete und
anerkannte Ärzte angesehen werden.
Der Inhalt kann und darf nicht verwendet
werden, um eigenständig Diagnosen zu
stellen oder Behandlungen zu beginnen.
Wir haben versucht, diesen Infobrief mit
größtmöglicher Sorgfalt zu erstellen – dennoch sind Irrtümer und Änderungen
möglich. Das ist menschlich! Hierfür übernehmen Herausgeber, Vorstand, Vereinssprecher, Redakteure, Beiräte, FremdAutoren und Gestalter keine Haftung.
Sollten Sie Irrtümer und Änderungen
finden, bitte machen Sie die Redaktion
unmittelbar darauf aufmerksam:
[email protected]
Vielen Dank!
43
2010
2
WissensWert
Das Lebenshaus
Die wichtigsten Termine im Überblick
Das Lebenshaus e.V. Terminkalender: Mai und Juni
MAI
Datum
Ort
Veranstaltung
04.05.2010
Birmingham
SPAEN Training Sarkome
05.05.2010
Hannover
Reg. GIST-Gruppe Hannover
05.05.2010 – 07.05.2010
Birmingham
23. EMSOS Konferenz (Sarkome)
08.05.2010
Frankfurt
Sarkom-Fortbildung Kliniken Höchst
11.05.2010
Köln
Reg. GIST-Gruppe Köln-Bonn
12.05.2010
München
Reg. NIER-SGH "Treffpunkt Nierenkrebs München"
15.05.2010 – 17.05.2010
Eschborn
IKCC Steering Committee Meeting
19.05.2010
Experten-Telefon
Prof. Dr. Steiner
04.06.2010 – 08.08.2010
Chicago
ASCO-Meeting 2010 (www.asco.org)
04.06.2010
München
RARECARE Arbeitsmeeting
07.06.2010
Lübeck
Reg. GIST-Gruppe Lübeck
07.06.2010
München
Reg. GIST-Gruppe München
10.06.2010
Berlin
Reg. GIST-Gruppe Berlin
10.06.2010
Mannheim
DGKPM-Kongress
15.06.2010 – 16.06.2010
Brüssel
Research Advisory Board
17.06.2010 – 20.06.2010
Wien
8th New Horizons Global GIST Summit
23.06.2010
Bochum
Reg. GIST-Gruppe Rhein-Ruhr
23.06.2010
München
Reg. NIER-SGH "Treffpunkt Nierenkrebs München"
24.06.2010
Bad Nauheim
8. Geburtstag Das LH
24.06.2010
Eschborn
LH GIST-Forum MITTE
25.06.2010
Eschborn
LH Sarkom-Forum MITTE
25.06.2010
Eschborn
LH-Nierenkrebs-Forum MITTE
JUNI
Unterstützen Sie Ihr Lebenshaus
und unsere gemeinsame Arbeit durch eine Spende!
n Betroffene informieren
n Interessen vertreten
n Behandlung optimieren
n Forschung unterstützen
n Hoffnung geben
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Dresdner Bank
Bad Nauheim
BLZ: 513 800 40
Konto: 0130520700
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