Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Referenten: Robert Jantke Stefanie Ritscher Seminar: Testen und Entscheiden Frau Prof. Dr. Franke WiSe 07/08 Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Gliederung 1. Einleitung 2. Epidemiologie 3. Diagnostische Verfahren 4. Persönlichkeitstypologien 5. Persönlichkeit und Therapie Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie • Klassifikation nach ICD-10 F 10.1 Schädlicher Gebrauch von Alkohol Kriterium: Schädigung der psychischen und physischen Gesundheit F 10.2 Abhängigkeitssyndrom Kriterien (3 von 6 müssen erfüllt sein): 1. Starker Wunsch nach Konsum 5. Vernachlässigung anderer 2. Verminderte Kontrollfähigkeit Vergnügungen oder Interessen 3. Körperliches Entzugssyndrom zugunsten des Konsums 4. Nachweis einer Toleranzentwicklung 6. Anhaltender Konsum trotz Schädigung Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie • Prävalenz Deutschland 12-Monatsprävalenz (Alkoholmissbrauch oder –abhängigkeit): 6.8% Männer / 1.3% Frauen / 4.1% gesamt (Jacobi, Klose & Wittchen, 2004) Lebenszeitprävalenz: 6.0% Männer / 1.5% Frauen 3.8% Alkoholabhängigkeit (Meyer et al., 2000) 4,5% Alkoholmissbrauch (Meyer et al., 2000) • Kosten insgesamt 24,4 Mrd. € (1.16% des BIP, ca. 296 € p. P.) (Konnopka & König, 2007) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie • Komorbidität Schneider et al., 2001 (n=556): - 6 Monatsprävalenz für eine komorbide Achse I-Störung lag bei 53.1% - Affektive Störungen (24.3%), Angststörungen (42.3%) waren die am häufigsten auftretenden komorbiden Störungen bei alkoholabhängigen Probanden ESEMed-Project, 2004 (n=21425): - 22.8 % der Probanden mit diagnostiziertem Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit litten unter einer komorbiden Störung innerhalb der letzten 12 Monate (Affektive Störung oder Angststörung) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie • Diagnostik dient der Erfassung des Alkoholkonsums, der klassifikatorischen Einteilung des Störungsbildes, der Therapieplanung und -zuordnung, der individuellen Prognostik im Rahmen von Begutachtungen und dem Erfassen der Ausgangssituation, Lebenslage bzw. der sozialen Rahmenbedingungen • umfangreiche Anzahl von Testverfahren - in Abhängigkeit von der Substanz • Unterteilung in Screeningverfahren, strukturierte und standardisierte Interviews, Fragebogentests, multidimensionale Untersuchungsinstrumente (Krausz & Haasen, 2004; Singer & Teyssen, 2005) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Münchner Alkoholismustest (MALT) Autoren: Feuerlein, W., Ringer, C., Küfner, H., Antons, K. Jahr: 1999 (2., erg. Aufl.) Verlag: Beltz Test Preis: 49 € Formen: Einzeltest, Computergestützte Version im HTS Einsatzbereich: ab 18 Jahren Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Münchner Alkoholismustest (MALT) – Allgemein • Anwendung im Rahmen der klinischen Diagnostik, epidemiologische Studien und gutachtliche Zwecke • erfasst die Einstellung zum Trinken, alkoholbedingte psychische und soziale Beeinträchtigungen und somatische Störungen • Ziel ist die Grobdiagnostik von Alkoholismus (Feuerlein et al., 1999) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Münchner Alkoholismustest (MALT) – Aufbau • Selbst- und Fremdbeurteilungsform (MALT-S, MALT-F) mit insgesamt 31 Items MALT-S • 3 Skalen, 24 Items Skala 1: Trinkverhalten bzw. Einstellung zum Trinken Skala 2: Alkoholbedingte psychische und soziale Beeinträchtigungen Skala 3: Somatische Störungen (Feuerlein et al., 1999) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Münchner Alkoholismustest (MALT) – Aufbau MALT-F • 3 Items die medizinische Daten erfassen (Symptome von Alkoholfolgekrankheiten) • 2 Items über den Alkoholkonsum, 1 Item über den Blutalkoholspiegel, 1 fremdanamnestisches Item (Feuerlein et al., 1999) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Münchner Alkoholismustest (MALT) – Anwendung • Aufsummieren der mit „trifft zu“ beantworteten Items bei beiden Testformen • Wert des MALT-F wird mit 4 multipliziert • Gesamtwert ergibt sich durch Summation der Werte des MALT-S und des multiplizierten Wertes des MALT-F • Punktwertbereich (0-52) wird in drei Kategorien unterteilt (unauffällig 0-5, Verdacht auf Alkoholismus bzw. Alkoholgefährdung 6-10, Alkoholismus 11-52) (Feuerlein et al., 1999) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Münchner Alkoholismustest (MALT) – Testgütekriterien Objektivität • Durchführungs- und Auswertungsobjektivität sind gegeben Reliabilität • aufgrund der beiden Testformen ergibt sich keine einheitliche Methode zur Bestimmung der Reliabilität • Halbierungsreliabilität / interne Konsistenz: MALT-S von r = .94 • keine Angaben über Reliabilität des MALT-F (Feuerlein et al., 1999) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Münchner Alkoholismustest (MALT) – Testgütekriterien Validität • hohe inhaltliche Validität durch Gewinnen der Items an Patientenpopulationen und durch Entnahme ausgewählter Items aus Alkoholismusfragebögen • übereinstimmende Sensitivität im Vergleich mit Experten (Allgemeinärzte und Internisten) (Feuerlein et al., 1999) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Lübecker Alkoholabhängigkeits und –missbrauchs-Screening-Test (LAST) Autoren: Rumpf, H.-J., Hapke, U., John, U. Jahr: 2001 Verlag: Hogrefe Preis: 46 € Formen: Einzel- und Gruppentest, Computergestützte Version im HTS Einsatzbereich: ab 18 Jahren Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie LAST – Allgemein • basiert auf dem Itempool des Michigan Alcoholism Screening Test (MAST; Selzer, 1971) und des CAGE (Mayfield, McLeod & Hall, 1974) • Siebtest zur Erfassung von Personen mit Alkoholabhängigkeit oder Alkoholmissbrauch • speziell für die Anwendung in der medizinischen Basisversorgung (Rumpf et al., 2001) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie LAST – Aufbau • 7 Items / dichotome Antwortskala (ja/nein) Bsp. „Sind Sie immer in der Lage, Ihren Alkoholkonsum zu beenden, wenn Sie das wollen?“ „Waren Sie einmal in einem Krankenhaus wegen Ihres Alkoholkonsums?“ (Rumpf et al., 2001) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie LAST – Anwendung • Dauer ca. 2 – 5 min • LAST kann vom Patienten allein oder auch in mündlicher Befragung durchgeführt werden • Ja-Antworten der Fragen 2 – 7 und Nein-Antwort der Frage 1 werden mit 1 Pkt bewertet Æ Summation ergibt den LAST-Gesamtwert (Rumpf et al., 2001) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie LAST – Testgütekriterien Objektivität • Durchführungs- und Auswertungsobjektivität sind gegeben Reliabilität • interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) zwischen α = .81 und α = .69 (Rumpf et al., 2001) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie LAST – Testgütekriterien Validität • hohe Inhaltsvalidität durch Generation der Items aus dem Itempool des MAST und CAGE • die im Vergleich mit anderen Screeningverfahren erzielte hohe Sensitivität (r = .82) und Spezifität (r = .91) sprechen für eine hohe konvergente Validität (Rumpf et al., 2001) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Trierer Alkoholismusinventar (TAI) Autoren: Funke, W., Funke, K., Klein, M. & Scheller, R. Jahr: 1987 Verlag: Hogrefe Preis: 64 € Formen: Einzel- und Gruppentest, Computergestützte Version im HTS Einsatzbereich: ab 18 Jahren Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Trierer Alkoholismusinventar (TAI) - Allgemein • basiert auf dem Alcohol Use Inventory (AUI; Wanberg, Horn & Foster, 1977, zitiert nach Funke et al. 1987, S. 3) • erfasst spezifische Erlebens- und Verhaltensmuster alkhoholabhängiger Probanden in den letzten 6 Monaten • Ziel ist die Erhebung relevanter Daten für die Planung therapeutischer Interventionen (Funke et al., 1987) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Trierer Alkoholismusinventar (TAI) - Aufbau • 7 Skalen / 90 Items – vierstufige Ratingskala (4=„oft“ bis 1=„nie“) TAI 1: Verlust der Verhaltenskontrolle und negative Gefühle nach dem Trinken (24) TAI 2: Soziale Aspekte des Trinkens (13) TAI 3: Süchtiges, andauerndes Trinken (12) TAI 4: Positive Trinkmotive (17) TAI 5: Psychoperzeptuelle Konsequenzen und Versuch der Selbstbehandlung von physiologischen Begleiterscheinungen (11) TAI 6: Partnerprobleme wegen Trinken (6) TAI 7: Trinken wegen Partnerproblemen (7) (Funke et al., 1987) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Trierer Alkoholismusinventar (TAI) – Anwendung • Dauer ca. 30 min • Berechnung der Summenrohwerte der einzelnen Items (z. B. 4 Pkt. für „oft“), • Skalenrohwerte ergeben sich durch Summation der Rohwerte (können mit den Standardwerten (Prozentrang, T- und Stanine-Wert) in den Normtabellen („Gesamt“, „Männlich“, „Weiblich“ ) verglichen werden) (Funke et al., 1987) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Trierer Alkoholismusinventar (TAI) – Testgütekriterien Objektivität • Durchführungs- und Auswertungsobjektivität sind gewährleistet Reliabilität • interne Konsistenz (Cronbachs Alpha): zwischen α = .91 (TAI 1) und α = .70 (TAI 7) • Retest-Reliabilität: n=39, nach 3 Tagen, zwischen rtt = .85 (TAI 6) und rtt = .92 (TAI 2) n=102, nach 14 Tagen, zwischen rtt = .80 (TAI 4) und rtt = .89 (TAI 2) n=42, nach 8 Wochen, zwischen rtt = .30 (TAI 5) und rtt = .84 (TAI 4) (Funke et al., 1987) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Trierer Alkoholismusinventar (TAI) – Testgütekriterien Validität • geringe Interkorrelationen der TAI-Skalen verschiedener unabhängiger Stichproben sprechen für die Stabilität des Verfahrens • Untersuchungen mit Persönlichkeitstests (FPI) und klinischen Verfahren (MMPI) • Korrelationen mit ausgewählten somatischen Kennwerten (z. B. Gamma-GT, Gewicht) • Untersuchungen mit der GABS (Göttinger Abhängigkeitsskala; Jacobi et al., 1987) ergeben Hinweise auf die konvergente Validität (Funke et al., 1987) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Beurteilung der vorgestellten Verfahren TAI MALT LAST + hohe Sensitivität und Spezifität + sehr ökonomisch + umfangreiches Testverfahren + einfache Anwendung + Fremdbeurteilung durch Arzt möglich + ökonomisches Verfahren - wenig Relevanz im Bereich der Suchtforschung (-) Selbstbeurteilungsbogen - ungeeignet zur Differential- Reliabilität nur unzureichend geprüft diagnostik - wenig Validitätsstudien - als Screening-Instrument zu umfangreich - keine Differenzierung zwischen Missbr. u. Abh. Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Persönlichkeitsfragebögen im Suchtbereich • derzeit existieren keine spezifischen Persönlichkeitsfragebögen für alkoholabhängige Patienten • Einsatz von Persönlichkeitstests im Rahmen der Suchtforschung, um u. a. spezifische Indikationen für therapeutische Interventionen abzuleiten (Bsp. gezielte Rückfallprophylaxe) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Ergebnisse ausgewählter Studien Autoren Verfahren Ergebnisse Basiaux et al., 2001 TCI Bottlender & Soyka, 2005 NEO-FFI Rückfällige alkoholabhängige Patienten (12 Monate nach Therapieende) erzielten signifikant höhere Werte auf der N-Skala und niedrigere Werte auf der G-Skala als abstinente Patienten Ruiz et al., 2003 NEO-PI-R Hohe Werte auf der Neurotizismus- und niedrige Werte auf der Gewissenhaftigkeitsskala sind assoziiert mit erhöhtem Konsum Sher et al., 2000 TPQ, EPQ Alkoholabhängige Probanden erzielten hohe Werte auf der Novelty Seeking-Skala des TPQ und hohe Werte auf der Neurotizismusund Psychotizismus-Skala des EPQ Weijers et al., 2003 TCI, NEO-FFI Alkoholabhängige Patienten erzielten höhere Werte auf der Novelty Seeking-Skala und geringere Werte auf der SelfDirectedness-Skala als die Kontrollgruppe Alkoholabhängige Frauen erzielten höhere Werte auf der N-Skala des NEO-FFI und der Harm Avoidance-Skala des TCI als alkoholabhängige Männer Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Typologie nach Jellinek (1960) Typ Alphatyp Betatyp Gammatyp Deltatyp Epsilontyp Trinkertyp Problem-, ErleichterungsKonflikttrinker Gelegenheitstrinker Süchtiger Trinker Spiegeltrinker Rauscharmer, kontinuierlicher Alkoholkonsum Episodischer Trinker Abhängigkeit psychische Abhängigkeit weder psychische noch körperliche Abhängigkeit zuerst psychische, dann körperliche Abhängigkeit Physische Abhängigkeit Physische Abhängigkeit Kontrollverlust kein Kontrollverlust kein Kontrollverlust Kontrollverlust mit Phasen der Abstinenz Keine Abstinenz, kein Kontrollverlust Kontrollverlust, jedoch Fähigkeit zur Abstinenz Singer, M.V.& Teyssen, S. (2005) Typologie nach Cloninger (1981,1987) Typ I Typ II beide Geschlechter später Beginn (nach dem 25. Lebensjahr) geringe Kriminalität abhängig von Umweltfaktoren milder Verlauf des Alkoholabusus auf männliches Geschlecht begrenzt früher Beginn (vor dem 25. Lebensjahr) hohe Kriminalität genetisch schwerer Verlauf des Alkoholabusus hohe reward dependence (Belohnungsabhängigkeit) niedrige reward dependence (Belohnungsabhängigkeit) hohe harm avoidance (Schadensvermeidung) niedrige harm avoidance (Schadensvermeidung) niedriges sensation seeking (Neuheitssuche) hohes sensation seeking (Neuheitssuche) viele Abhängige mit antisozialer Persönlichkeit Basiaux, P. et.al. 2001, Stelmack 2006 Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Schuckit (1985) Primäre Alkoholismus Sekundäre Alkoholismus Alkoholabhängigkeit vor Auftreten anderer psychischer Störungen Zuerst tritt psychische Erkrankung auf und später Alkoholabhängigkeit Wichtige Untergruppe sind Personen mit antisozialer Persönlichkeitsstörung Singer, M.V.& Teyssen, S. (2005) Dahlke, B. (2004) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Typologie nach Babor (1992) Singer, M.V.& Teyssen, S. (2005) Studienvorstellung Persönlichkeitstypen und Persönlichkeitsstörungen bei stationär behandelten Alkoholabhängigen Autoren: Becker, P. & Quinten, C. (2003) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Fragestellungen 1. a) b) c) Überprüfung bestehende Hypothesen: Alkoholabhängige sind sich in ihrer Persönlichkeit sehr ähnlich (Homogenitäts- Annahme) Alkoholabhängige bilden eine heterogene Patientengruppe. Sie haben unterschiedliche Persönlichkeiten und repräsentieren ein ganzes Spektrum an Persönlichkeitseigenschaften wie der Rest der Bevölkerung Alkoholabhängige bilden keine homogene Gruppe. Es gibt eine kleine Gruppe von Subgruppen. Die charakteristischen Profile sind bei Alkoholabhängigen häufiger anzutreffen als bei Kontrollpersonen. 2. Wie viele und welche Alkoholabhängigkeitspersönlichkeiten lassen sich finden? 3. Zeigen sich unterschiedliche Häufigkeiten bestimmter Persönlichkeitsstörungen unter den Alkoholabhängigkeitstypen? Stichprobe Kategorie Klinische Gruppe N=151 Kontrollgruppe Allgemeinbevölkerung N=199 Geschlecht Männer N= 95 Frauen N= 56 Männer N=122 Frauen N=77 Gesamt N=199 Alter 21-69 Jahre (M=44.95, SD=9.3) 20-65 Jahre (M=39.7; SD=14.3) Beziehungsstatus ledig N=35 (23.2%) verheiratet N=54 (35.8%) verwitwet N=7 (4.6%) geschieden/getrennt N=54 (35.8%) ohne Angaben N=1 (0,7%) gute Entsprechung wurde angestrebt Schulbildung kein 10. Klasseabschluss N=64 (42.4%) Real oder Handelsabschluss N=46 (30.5%) Höhere Bildungsabschlüsse N=41 (27%) gute Entsprechung wurde angestrebt Berufsgruppen leitende oder nichtleitende Angestellte N=74 (49%) Facharbeiter& Handwerker N=20 (13.2%) arbeitslos N=45 (29.8%) gute Entsprechung wurde angestrebt (Becker, P., Quinten, C. 2003) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Diagnostische Verfahren 1. TIPI- Version 1 (Becker, P. 2003) 2. Strukturiertes Klinisches Interview für DSM IV Achse II (Wittchen, H.U, Zaudig, M., Frydrich, T.1997) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie TIPI Version 1 – Autor: Becker, Peter (Erscheinungsjahr 1999) • 4 Globalskalen (Neurotizismus / geringe seelische Gesundheit, Extraversion / Offenheit, Unverträglichkeit, Gewissenhaftigkeit / Kontrolliertheit) • 42 Primärskalen + 3 Skalen • 486 Items Reliabilität: Cronbachs Alpha α = .70 - .91 Validität: lt. Autor befriedigende Ergebnisse Becker, P. & Quinten, C. (2003) Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Einsatz der diagnostischen Verfahren • Persönlichkeitsdiagnostik - TIPI- Version 1 - Anwendung=> nach Abschluss der Entgiftung, während der ersten zehn Tage nach Klinikaufnahme - Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen bei Alkoholabhängigen - Strukturiertes Klinisches Interview für DSM IV Achse II - Durchführung=> zwischen erster und dritter Woche nach Klinikaufnahme Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Fragestellung und Ergebnisse 1. Unterscheiden sich behandelnde Alkoholabhängige von der Kontrollgruppe (aus allgemeinen Bevölkerung)? • Testverfahren T-Test • Ja, Alkoholabhängige unterscheiden sich von der Kontrollgruppe in der Hälfte der der TIPI Skalen signifikant voneinander • Mit Hilfe einer hierarchischen Regressionsanalyse konnten 14 TIPI Skalen gefunden werden, die beide Gruppen voneinander abgrenzen Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie 2. Wie viele und welche Alkoholabhängigkeitspersönlichkeiten lassen sich finden? Testverfahren: hierarchische Clusteranalyse nach Ward + Nicht- hierarchischen logistische Regressionsanalyse Auswertungsschritte Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Typ 1 Charakteristik • Beziehungsprobleme, • starke Abhängigkeit vom Partner, • ängstlich an Partner klammern Therapieempfehlung • Beziehungsproblematik • bearbeiten, • auf Persönlichkeitsstörungen eingehen Negative Gefühlszustände beseitigen Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Typ 2 Charakteristik • Impulsiv, • risikobereit, • rücksichtlos, • erhöhter Erlebnishunger (sensation seeking) Therapieempfehlung • Suche nach alternativen Formen der Befriedigung des stark ausgeprägten Erlebnishungers Herbeiführung positiver emotionaler Zustände Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Typ 3 Charakteristik • stark verhaltenskontrolliert, • gewissenhaft, • zwanghaft, • Gehemmt Therapieempfehlung • Mögliche Selbst- und – Fremdüberforderung bearbeiten, • Alternative Formen der Spannungsbewältigung suchen Negative Gefühlszustände beseitigen Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Typ 4 Charakteristik • stark persönlichkeitsgestört • geringe Sinnerfülltheit • erhöhte Neigung zu selbstverletzendem und suizidalen Verhalten Therapieempfehlung • vorliegende Persönlichkeitsstörung behandeln • intensive, lange Therapie Negative Gefühlszustände beseitigen 3. Zeigen sich unterschiedliche Häufigkeiten bestimmter Persönlichkeitsstörungen unter den Alkoholabhängigkeitstypen? Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie Einschränkungen der Studie • Querschnittsstudie=> Sind Persönlichkeitseigenschaften Bedingung oder Folge der Alkoholabhängigkeit? • An der Untersuchung nahmen nur stationär behandelte Patienten teil=> Generalisierbarkeit nicht möglich • Es gab 40 alkoholabhängige Personen, die keinen der vier Cluster zugeordnet werden konnten und die mit Hilfe logistischer Regressionsanalysen fälschlicherweise der Kontrollgruppe zugeordnet wurden • Weitere Studien sind notwendig, um die ermittelten Typen spezifisch für Alkoholabhängige, aber auch für andere klinische Gruppen bestätigt werden können Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur in der Suchttherapie für alkoholabhängige Patienten Epidemiologie – Diagnostische Verfahren – Persönlichkeitstypologien - Therapie • spezifische Persönlichkeitsmerkmale von alkoholabhängigen Patienten (z. B. emotionale Labilität, Impulsivität) stellen besondere Anforderungen an den Therapeuten und das therapeutische Vorgehen (z. B. Entwicklung von Fähigkeiten zur Affektdifferenzierung und –tolerierung, Aufbau alternativer Erlebens- und Verhaltensweisen) • Nicht-Berücksichtigung der Persönlichkeit des Betroffenen kann zu einer Minderung des Therapieerfolgs führen • möglichst Einbeziehung der Angehörigen, um längerfristige Therapieerfolge zu ermöglichen (Gölz, 1999) Literatur Ball, S. A.(2006). Personality Traits, Disorders and Substance Abuse. In: R. M. Stelmack (Eds.), On the psychobiology of personality (pp. 202-222). Elsevier Ltd. Becker, P., (2003). Trierer Integriertes Persönlichkeitsinventar. Göttingen: Hogrefe. Becker, P.& Quinten, C. (2003). Persönlichkeitstypen und Persönlichkeitsstörungen bei stationär behandelten Alkoholabhängigen. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie,32(2),104-116. Basiaux, P. et.al. (2001). Temperament and Character Inventory (TCI) Personality Profile and Sub- Typing in Alcoholic Patients: A controlled Study. Alcohol and Alcoholism, 36(6), 584-587. Bottlender, M. & Soyka, M. (2005). Impact of different personality dimensions (NEO FiveFactorInventory) on the outcome of alcohol-dependent patients 6 and 12 months after treatment. Psychiatry Research, 136, 61-67. Dahlke, B. (2004). Persönlichkeit als Risikofaktor? Zum Einfluss der Persönlichkeit auf das Suchtverhalten bei Personen mit Alkoholabhängigkeit. Neu-Ulm. Dissertation. Dilling, H., Mombour, W. & Schmidt, M. H. (Hrsg.) (2000). Internationale Klassifikation psychischer Störungen - ICD 10 Kapitel V (F). Klinisch-diagnostische Leitlinien. (4. Aufl.). Bern: Hans Huber. Literatur Feuerlein, W., Küfner, H., Ringer, C. & Antons-Volmerg, K. (1999). Münchner Alkoholismustest (MALT) (2. Aufl.) Göttingen: Beltz Test GmbH. Funke, W., Funke, J., Klein, M. & Scheller, R. (1987). Trierer Alkoholismusinventar (TAI). 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