Immer weniger Bauern dank mehr Agrarfreihandel

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Immer weniger Bauern dank
mehr Agrarfreihandel
Prof. Dr. Mathias Binswanger
Buch zum Thema erschienen im Januar 2009
Übersicht
1. Warum finden Ökonomen Freihandel gut?
Das Argument der komparativen Vorteile
2. Warum verlangt Freihandel stets Bauernopfer?
Die landwirtschaftliche Tretmühle
3. Beispiel Milchmarkt
4. Warum erhalten wir die Landwirtschaft mit
Subventionen?
5. Agrarfreihandelsabkommen: Gewinner und
Verlier
Warum finden Ökonomen Freihandel gut?
Das Argument der komparativen Vorteile
David Ricardo (1817)
Ein Anwalt und seine
Sekretärin
Freihandel und Landwirtschaft:
Komparativer Nachteil in den Industrieländern
Opportunitätskosten:
• Wertschöpfung in der Landwirtschaft um 30’000
CHF pro Beschäftigten im Jahr, während es in
Pharmaindustrie und Bankenwesen über
300’000 CHF sind.
• In vielen Regionen enorme Bodenpreise, wenn
Land als Bauland verwendet werden kann.
Warum verlangt Freihandel stets
Bauernopfer?
Die landwirtschaftliche Tretmühle
Willard Cochrane
Farm Prices: Myth and Reality (1958)
Landwirtschaft in der modernen Wirtschaft:
Zwei grundlegende Probleme
1. Wachstumsmöglichkeiten in der Landwirtschaft
sind beschränkt
2. Bauern verkaufen ihre Produkte nicht an
Endverbraucher sondern an Lebensmittelverarbeiter. Dort treffen viele kleine Anbieter
homogener Produkte (Bauern) auf eine
inelastische Nachfrage weniger grosser
Nachfrager (Lebensmittelverarbeiter)
Inelastische Nachfrage für Nahrungsmittel
Preis
Angebot an
Nahrungsmitteln
p1
PR 1
p2
PR 2
Nachfrage nach Nahrungsmitteln
x1x2
Menge an Nahrungsmitteln
Konsumenten
Nachfragemacht in der ökonomischen Theorie
Monopson:
ein einziger Nachfrager dominiert den Markt
Oligopson:
wenige, grosse Nachfrager dominieren den Markt
In diesen Fällen kann der Marktpreis durch die
Nachfrager beeinflusst werden und wird dadurch zu
einer strategischen Variable. Im allgemeinen resultiert
ein geringerer Preis im Vergleich zu einem Markt mit
vielen Nachfragern und der Monopsonist (bzw. die
Oligsoponisten) erzielt einen höheren Gewinn auf
Kosten der Anbieter.
Zu diesem Thema fand im Jahre 2003 ein Hearing beim Senat in
den USA statt: „Monopsony Issues in Agriculture: Buying Power of
Processors in Our Nation‘s Agricultural Markets“
Milchmarkt
als Beispiel
Produktdiversifizierung am Beispiel Milch
Milchsortiment des Bauern:
• Rohmilch
Le Shop-Milchsortiment:
• Drinks
• Frischmilch
• UHT Milch
• Sojamilch, Reismilch
• Kondensmilch
• Milch - lactosefrei
Anzahl Produkte
1
39
5
15
11
1
1
Warum erhalten wir die
Landwirtschaft mit Subventionen?
•Versorgungssicherheit
•Ernährungssouveränität
•Gesunde Ernährung
•Erhaltung der Kulturlandschaft
•Ökologie
Diese Aspekte werden von der Theorie der
komparativen Vorteile vernachlässigt
Subventionen der Landwirtschaft landen zu
einem grossen Teil bei:
• vorgelagerten Betrieben
(hoher Vorleistungsanteil)
• nachgelagerten Betrieben
(inelastische Nachfrage, Nachfragemacht)
Einkommen der Bauern steigt trotz
steigenden Subventionen nicht an.
Warum brauchen wir
Agrarfreihandelsabkommen?
Die Argumentation des Bundesrates
Anstieg des Konsumentennutzens
durch tiefere Lebensmittelpreise?
• Preise für Lebensmittel werden tatsächlich
sinken
• Konsumentennutzen steigt dadurch nur
wenig, da Anteil der Nahrungsmittelausgaben
an den Verbrauchsausgaben der Haushalte
relativ gering ist. Dieser ist trotz den höheren
Preisen in der Schweiz etwa gleich hoch wie
in andern EU-Ländern.
• Konsumentennutzen geht aber auch verloren,
da die lokale Versorgung mit gesunden
Nahrungsmitteln nicht mehr funktionieren
wird. Konsumenten wollen nicht nur möglichst
billige Nahrungsmittel.
Neue Exportchancen durch
Freihandel?
• Ja, aber nicht für Bauern, sondern für
Lebensmittelhersteller, die jetzt mit billigen
ausländischen Rohprodukten, „hochwertige
Schweizer Lebensmittel“ herstellen können.
(Swissness)!
• Insgesamt sind Exporte von Lebensmitteln
nicht von grosser Bedeutung für die
Wirtschaft der Schweiz
Ausfuhren:
Kaffee: 1537 Mio. Fr.
Schokolade: 750 Mio. Fr.
Fazit Agrarfreihandel:
• Wenige Gewinner und viele Verlierer(in der
Schweiz).
• Gewinner: Bauern in andern Ländern,
Lebensmittelverarbeiter der zweiten Stufe
(Schokolade, Teigwaren) Agribusiness,
Nahrungsmittelmultis (Nestlé), Detail- und
Grosshändler
• Verlierer: Schweizer Bauern,
Lebensmittelverarbeiter der ersten Stufe
(Molkereien, Mühlen), und letztendlich auch
Konsumenten
Freihandel und Landwirtschaft:
Komparativer Nachteil in den Industrieländern
• Nach dem Argument der komparativen Vorteile
müsste man die Landwirtschaft in den meisten
Industrieländern aufgeben (Ausnahmen:
Australien, Neuseeland). Die Opportunitätskosten sind viel zu hoch.
• Nur mit massiven Subventionen und
Grenzschutz lässt sich die Landwirtschaft in
Industrieländern aufrecht erhalten. Das gilt in
noch viel stärkerem Ausmass für Länder mit
einem hohen Anteil von kleinflächigen
Bergbauernbetrieben wie der Schweiz.
• Ohne Grenzschutz müssen die Subventionen
nochmals massiv verstärkt werden, wenn
Landwirtschaft aufrecht erhalten werden soll.
Die Zukunft der Landwirtschaft mit Freihandel
Es bleiben noch drei Arten von „Bauern“:
1. Bauern in Schaulandwirtschaftsbetrieben, die
wie Alphornbläser und Jodlerinnen zum
touristischen Image der Schweiz als Heidiland
beitragen und einige Nischenprodukte
herstellen.
2. Staatlich angestellte Landschaftsgärtner, die
nichts mehr anbauen.
3. Ein paar hocheffiziente, professionell
gemanagte Grossbetriebe im Mittelland (z.B.
Schweinezucht und Schweinemast).
Freie Märkte führen nicht zu
befreiten Bauern
sondern zur Befreiung ganzer
Regionen von ihren Bauern
Mögliche Massnahmen zur Verbesserung der
Situation der Bauern
 Zerschlagung der Nachfragemacht aufgrund des
Kartellgesetzes?
 Countervailing Power z.B. durch Bildung eines
Verkaufs-Pools
 Rückgewinnung eines Teiles der Wertschöpfung
(Marktspanne) durch das Angebot von diversifizieren
Produkten von den Bauern selbst (Verkauf vom Hof,
Vertragslandwirtschaft, Wochenmärkte,
Internetverkauf, Verkauf über Supermärkte wie z.B.
„aus der Region für die Region“)
Countervailing Power
Probleme bei der Rückgewinnung der
Wertschöpfung
1. Wie informiert man die Konsumenten?
2. Wie kommen die Produkte zum Konsumenten?
3. Was tun gegen Mental Accounting der
Konsumenten?
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