294_304_Fac_r7-8_2015 Kopie_294_304_Fac_r7-8_2015 08.07.15 11:55 Seite 294 Diagnostik von Hochbegabungen Letizia Gauck, Giselle Reimann 294 reportpsychologie ‹40› 7/8|2015 WOGE Wie sie erfasst und von psychischen Auffälligkeiten unterschieden werden können 294_304_Fac_r7-8_2015 Kopie_294_304_Fac_r7-8_2015 08.07.15 11:55 Seite 295 r e p o r t fachwissenschaftlicherteil Im Folgenden soll geschildert werden, was bei der Diagnostik von Hochbegabungen zu beachten ist. Im Anschluss wird darauf eingegangen, wie Merkmale zum Beispiel einer Unterforderung von psychischen Auffälligkeiten unterschieden werden können. In der Bevölkerung, unter anderem unter den Lehrkräften (Baudson & Preckel, 2013), ist das Bild des verhaltensauffälligen Hochbegabten noch immer weit verbreitet, obwohl die Forschung gezeigt hat, dass Hochbegabte nicht verhaltensauffälliger sind als durchschnittlich Begabte (u.a. Rost & Czeschlik, 1994). Dennoch gibt es vielfältige Beratungsanliegen, wenn sich Menschen in Zusammenhang mit einer vermuteten Hochbegabung an eine Beratungsstelle wenden, wie anhand des folgenden Fallbeispiels sukzessiv verdeutlicht wird. reportpsychologie ‹40› 7/8|2015 Joel ist zum Zeitpunkt der ersten Vorstellung im Zentrum für Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie (ZEPP) an der Universität Basel acht Jahre alt. Die Eltern berichten, Joel sei schon früh durch seinen großen Wortschatz aufgefallen. Er habe mit vier Jahren ohne nennenswerte Unterstützung lesen gelernt. Nach anfänglicher Euphorie in der ersten Klasse sei er allerdings durch störendes Verhalten und Unaufmerksamkeit aufgefallen. Die Eltern fragen sich, ob ihr Kind hochbegabt und daher im Unterricht unterfordert sein könnte. Was bedeutet Hochbegabung? Eine allgemeingültige Definition von »Hochbegabung« oder »Intelligenz« gibt es nicht. Beides sind Konstrukte, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelt haben, um Verhalten zu erklären (Preckel & Vock, 2013). Von der gewählten Definition und damit auch von der zugrunde gelegten Theorie hängen das diagnostische Vorgehen und die Wahl der Verfahren ab (Heller, 2004). Wird Hochbegabung als besonders hohe Ausprägung auf einer einzigen Fähigkeitsdimension (beispielsweise Intelligenz) gesehen, so liegt die Wahl eines einzelnen Testverfahrens zur Erfassung dieser Begabungsform nahe. Dieser Ansatz birgt die Gefahr, dass hohe Begabungen in anderen Bereichen übersehen werden. Wird hingegen davon ausgegangen, dass eine Hochbegabung sich in verschiedenen Bereichen zeigen kann, beispielsweise auch in der kristallinen Intelligenz oder in der Kreativität, so geht man von einem mehrdimensionalen Begabungsbegriff aus (z.B. Heller, 2006). Schließlich kann man intellektuelle Hochbegabungen auch als Resultat einer guten Passung zwischen kindlichem Potenzial und fördernder Umwelt sehen (z.B. Ziegler, 2005). Für die Diagnostik ist es entscheidend, ob unter Begabung eher ein Potenzial oder eine (herausragende) Leistung verstanden wird. Wenn Hochbegabung mit hoher Leistung gleichgesetzt wird, entsprechen sich Begabungs- und Leistungsentwicklungsmodelle. Generell ist unumstritten, dass für die Umsetzung von Potenzial und Leistung viele Faktoren zusammenkommen müssen. Bei Joel wurde von einem mehrdimensionalen Begabungsbegriff im Sinne eines hohen Potenzials in verschiedenen Begabungsbereichen ausgegangen, da die Schilderungen der Eltern vermuten lassen, dass er Begabungen in der Sprache, beim logischen Denkvermögen und in der Musik aufweisen könnte. Bezüglich der Leistungsentwicklung ist Joels auffälliges Verhalten ein Hinweis darauf, dass die momentanen schulischen Anforderungen stark abweichen von seinen Bedürfnissen. Auf der Basis des gewählten Begabungs- und/oder Leistungsentwicklungsmodells sowie der zu beurteilenden Fragestellungen können die diagnostischen Verfahren ausgewählt werden. Bei der Entscheidung für Testverfahren müssen einige hochbegabungsspezifische Faktoren berücksichtigt werden. Spezifische Schwierigkeiten bei der Diagnostik von Hochbegabungen Mit wenigen Ausnahmen (siehe unten) sind die meisten Testverfahren nicht explizit für die Diagnostik von Hochbegabungen entwickelt worden. Für Hochbegabte bedeutet dies, dass sie je nach Testverfahren zu wenige Aufgaben vorfinden, die für sie schwierig sind. Deswegen ist es mit den meisten Intelligenztests kaum möglich, im weit überdurchschnittlichen Bereich differenzierte Potenzialeinschätzungen vorzunehmen; dies wird als Deckeneffekt bezeichnet. Sind die Aufgaben viel zu einfach, verlieren viele Testpersonen die Motivation, werden unkonzentriert und machen unter Umständen bei für sie einfachen Aufgaben Fehler. Auch Personen, die in einzelnen Bereichen große Stärken, in anderen jedoch Schwächen haben (man spricht von einem heterogenen Profil), können möglicherweise in Tests ihr Potenzial nicht zeigen. Dies gilt zum Beispiel für Personen mit Aufmerksamkeitsproblemen, für Personen, die Schwierigkeiten mit der Feinmotorik haben, und für Personen mit Deutsch als Zweitsprache (u.a. Stoeger, Ziegler & Martzog, 2008). Ist eine solche Problematik bereits vor der Testung bekannt, sollte dies bei der Wahl der Testverfahren berücksichtigt werden, zum Beispiel indem nonverbale Tests eingesetzt werden. Generell sollten in der Diagnostik intellektueller Begabungen zwei Intelligenztests mit aktuellen Normen eingesetzt werden (siehe Westhoff et al., 2004), darunter nach Möglichkeit ein mehrdimensionales Verfahren, um verschiedene Begabungsbereiche differenziert beurteilen zu können. Messinstrumente Grundsätzlich sollte einer Intelligenztestung immer eine konkrete Fragestellung vorangehen (Preckel & Vock, 2013), welche die Wahl der Messinstrumente 295 294_304_Fac_r7-8_2015 Kopie_294_304_Fac_r7-8_2015 08.07.15 11:55 Seite 296 Seit 2013 leitet Letizia Gauck das Zentrum für Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie (ZEPP) der Uni Basel. Parallel zu ihrer Doktorarbeit über Verhaltensauffälligkeiten bei Hochbegabten absolvierte sie eine Weiterbildung zur Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie). Sie arbeitete zunächst an der Begabungspsychologischen Beratungsstelle der Universität München. Dr. Giselle Reimann Dr. phil. Giselle Reimann hat als Entwicklungspsychologin promoviert und arbeitet am Zentrum für Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie (ZEPP) der Universität Basel. Sie ist Co-Autorin der »Intelligence and Development Scales – Preschool (IDS-P)«. Kontakt Dr. Letizia Gauck Dr. Giselle Reimann Zentrum für Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie (ZEPP) Universität Basel Missionsstraße 62 4055 Basel Schweiz E letizia.gauck@ unibas.ch E giselle.reimann@ unibas.ch beeinflusst. Es gibt Intelligenztests, die spezifisch für die Diagnostik von Hochbegabungen konzipiert wurden. Die Münchner Hochbegabungstestbatterie (MHBT, Heller & Perleth, 2007a, 2007b) beispielsweise entstand im Rahmen der Münchner Hochbegabungsstudie und wurde ursprünglich zu Forschungszwecken entwickelt. Ein weiterer Intelligenztest, der speziell für Hochbegabte entwickelt wurde, also ausreichend viele anspruchsvolle Aufgaben und eine spezifische Normierung für dieses Zielgruppe aufweist, liegt mit dem Berliner Intelligenzstruktur-Test für Jugendliche vor (BIS-HB, Jäger et al., 2006). Mit Hilfe des BIS-HB können sehr zuverlässig verschiedene Dimensionen der Intelligenz in Anlehnung an das aktuellste Intelligenzmodell gemessen werden; allerdings gibt es nur Normen für 12- bis 18-jährige. Adaptive Tests wie beispielsweise das Adaptive Intelligenz Diagnostikum (AID-3, Kubinger & Holocher-Ertl, 2014) erlauben es, die Zusammenstellung der Aufgaben während der Durchführung an das Potenzial der Testperson anzupassen. Damit muss die Testperson weniger Aufgaben lösen, die zu einfach sind, und ist entsprechend motivierter. Durch das Vorliegen schwieriger Aufgaben besteht eine höhere Messgenauigkeit im oberen Leistungsbereich. Um den Schwierigkeitsgrad der Testaufgaben zu erhöhen, werden manchmal in der Diagnostik von Hochbegabungen Testinstrumente verwendet, die für ältere Personengruppen entwickelt und an solchen normiert wurden. Bei einem solchen »above level testing« (für einen Überblick siehe Warne, 2012) sind Deckeneffekte weniger wahrscheinlich, da der Testperson genügend schwierige Aufgaben vorgelegt werden können, allerdings beschränken sich die bisherigen wissenschaftlichen Nachweise zur Gültigkeit dieses Vorgehens auf wenige Testverfahren, und zur Interpretation der Resultate liegen nicht genügend abgesicherte Erkenntnisse vor. Sinnvoll können Tests höherer Altersstufen eingesetzt werden, wenn das Überspringen einer Klassenstufe geplant wird und erhoben werden soll, welche Inhalte eine Schülerin oder ein Schüler bereits beherrscht beziehungsweise wie das Fähigkeitsniveau im Vergleich zur höheren Klassenstufe einzuschätzen ist. Wenn neben intellektuellen Fähigkeiten andere Entwicklungsbereiche erfasst werden, ist eine umfassendere Aussage zu den Förderbedürfnissen möglich. Hierzu bieten sich die Intelligence and Development Scales an (IDS, Grob, Meyer & Hagmann, 2009) respektive bei jüngeren Kindern die Intelligence and Development Scales – Preschool (IDS-P, Grob, Reimann, Gut & Frischknecht, 2013), welche Intelligenz, Psychomotorik, sozialemotionale Kompetenz, Mathematik, Sprache und Leistungsmotivation messen. Für die Diagnostik von Joels Potenzial wurden zwei Intelligenztests ausgewählt, um eine zuverlässige Gesamtaussage treffen zu können. Zunächst wurde der Grundintelligenztest Skala 2 (CFT 20-R, Weiß, 2006) durchgeführt, um seine 296 nonverbale Intelligenz zu messen. Da bei Joel eine Stärke im sprachlichen Bereich vermutet wurde, kam zusätzlich der Wechsler-Intelligenztest für Kinder (WISC-IV; Petermann & Petermann, 2007) zum Einsatz. Alternative Methoden der Diagnostik Die im vorherigen Kapitel vorgestellten Messinstrumente erlauben eine Einschätzung des intellektuellen Potenzials. An dieser Form der Diagnostik, der Statusdiagnostik, wurde kritisiert, dass Informationen über Zeitverläufe unberücksichtigt bleiben. Bei einer Prozessdiagnostik wird stattdessen untersucht, wie gut eine Person auf ein Training reagiert und wie groß die Lerneffekte sind. Studien zeigen, dass (intellektuell) hochbegabte Kinder schneller lernen (Calero, Belen & Robles, 2011). Diese Methode könnte vor allem denjenigen Personen zugutekommen, die ihr Potenzial in einer einmaligen Testung nicht zeigen können. In eine ähnliche Richtung zielt das Konzept der Response to Intervention (RtI). Hierbei durchlaufen die Schüler Interventionsprogramme, wobei je nach Lernerfolg die Intervention angepasst wird. Bisher wird dieses Konzept vor allem dazu verwendet, Schwächen in einem Bereich anzugehen. Verschiedentlich wurde aber erkannt, dass damit auch hohe Begabungen festgestellt werden können, besonders dann, wenn sie in Kombination mit einer Schwäche vorkommen (McCallum et al., 2013). Gespräche und weitere Informationsquellen Ein zentraler Bestandteil jeder Begabungsdiagnostik sind Gespräche, zum Beispiel mit dem betreffenden Kind, seiner Familie und/oder der Lehrkraft. Die Wahl der Gesprächspartner sowie die Inhalte werden bestimmt durch das Beratungsanliegen. Es kann zudem sinnvoll sein, andere Informationsquellen wie zum Beispiel Talentportfolios einzubeziehen. Auch Informationen über die schulische Leistungen (zum Beispiel Schulnoten, standardisierte Schulleistungstests) werden häufig eingeholt, um Kinder und Jugendliche zu erkennen, die ihr hohes intellektuelles Potenzial nicht angemessen in schulische Leistung übersetzen können, die also schulische Minderleister oder Underachiever sind. Im Elterngespräch wird deutlich, dass Joel schon früh durch eine schnelle Auffassungsgabe und einen großen Wortschatz auffiel. Bereits vor der Einschulung habe er ohne viel Hilfe lesen gelernt. Joel selbst gibt an, dass er gar nicht gerne zur Schule gehe. Auf einer Skala von »1« (überhaupt keine Herausforderung) bis »10« (schwer, manchmal nicht lösbar) schätzt er seine Schulaufgaben ein zwischen »3« in Mathematik und Sport und »1« (in allen anderen Fächern). Die Klassenlehrerin reportpsychologie ‹40› 7/8|2015 Autorinnen Dr. Letizia Gauck 294_304_Fac_r7-8_2015 Kopie_294_304_Fac_r7-8_2015 08.07.15 11:55 Seite 298 Testdurchführung und Auswertung Bei der Testdurchführung ist darauf zu achten, wie hoch der Leistungsanspruch der Testperson ist beziehungsweise wie sie mit Fehlern umgeht. Viele Menschen gehen von einem stabilen Hochbegabungskonzept aus (Dweck, 2006) und sehen Fehler als Beweise dafür, dass keine Hochbegabung vorliegen könne (nach dem Motto: Wer hochbegabt ist, macht keine Fehler bzw. muss nicht nachfragen). Diese Einstellung kann zu Vermeidungsverhalten und Testangst führen. Bei Antworten wie »Ich weiß nicht« sollte darum im Zweifelsfall nachgefragt werden. Personen, die nur umfassende, absolut korrekte Antworten geben wollen, brauchen manchmal vor allem für die Bearbeitung offener Aufgabenstellungen länger (z.B. im Bereich Wortschatz). Nur wenn der oder die Testdurchführende einfühlsam auf die potenziell hochbegabten Personen eingeht, kann die Motivation aufrechterhalten und das tatsächliche Potenzial aufgedeckt werden. Dabei gilt es stets, die Abweichungen von den vorgegebenen Testdurchführungsinstruktionen so minimal wie möglich zu halten; genaue Testzeitvorgaben sind unbedingt einzuhalten. Die Auswertung der Ergebnisse kann, wie oben bereits beschrieben, ein heterogenes Profil hervorbringen, zum Beispiel im Wechsler-Intelligenztest für Kinder (WISCIV; Petermann & Petermann, 2007): Hier schneiden hochbegabte Kinder und Jugendliche in den ersten beiden Indizes »Sprachverständnis« und »Wahrnehmungsgebundenes logisches Denken« oft so viel besser ab als in den letzten beiden Indizes »Arbeitsgedächtnis« und »Verarbeitungsgeschwindigkeit«, dass Daseking, Petermann und Waldmann (2008) bei einer Diskrepanz von 23 Punkten und mehr von der Interpretation des Gesamtintelligenzquotienten (IQ) abraten. Stattdessen empfehlen die Autoren die Berechnung eines Allgemeinen Fähigkeitsindexes (AFI), der nur die beiden ersten Indizes berücksichtigt. Rowe und Mitarbeitende (2014) weisen ebenfalls darauf hin, dass bei intellektuell Hochbegabten der Gesamt-IQ nicht interpretiert werden sollte, da die Indexwerte zu stark variieren, sie sprechen sich allerdings für die Interpretation der einzelnen Indexwerte aus. Interpretation der Ergebnisse Wichtig ist, dass bei der Interpretation des IQ stärker auf das Konfidenzintervall und weniger auf den exakten Testwert geachtet wird, um der Messungenauigkeit des Testverfahrens Rechnung zu tragen. Grundsätzlich ist es ein willkürlicher Entscheid, ob als Kriterium für intellektuelle Hochbegabung ein IQ von 125, 130 oder 140 298 festgelegt wird. Solche Cut-offs sind für Forschungszwecke sehr hilfreich, wenn es darum geht, Gruppen von Individuen möglichst klar voneinander zu unterscheiden. In der Praxis sind sie meist weniger nützlich, beispielsweise wenn es um die Auswahl zu Förderprogrammen geht. Hier sollte statt einer starken Gewichtung eines Cut-offs mehr darauf geachtet werden, dass das Programm zum Anforderungsprofil beziehungsweise den Auswahlkriterien passt. Rückmeldung von Ergebnissen Die Intelligenztestung mit Joel ergab im CFT 20-R einen Intelligenzquotienten (IQ) von 137 (Konfidenzintervall: 131–142). Da sich keine signifikanten Unterschiede in den Indexwerten des WISC-IV zeigten, wurde auf eine Berechnung des AFI verzichtet. Im WISC-IV erreichte Joel einen Gesamtwert (G-IQ) von 132 (Konfidenzintervall: 126–136). Diese Ergebnisse standen im Einklang mit den Informationen aus der Anamnese. Den Eltern wurde erklärt, dass Joel mit diesen Ergebnissen zu den zwei Prozent Testbesten gehört. Es wurden mehrere Fördermaßnahmen besprochen, und in Absprache mit der Lehrerin wurde gemeinsam entschieden, dass Joel nach den Sommerferien die zweite Klasse überspringen sollte. Nach einem zweiwöchigen Schnuppern in der höheren Klasse wechselte Joel schließlich definitiv in die dritte Klasse. In der Kommunikation mit Eltern und Kindern respektive Jugendlichen empfiehlt es sich, mit dem Etikett »Hochbegabung« vorsichtig umzugehen, da dies zu einem stabilen Intelligenzkonzept (Dweck, 2006) beitragen und zu einer verminderten Anstrengungsbereitschaft führen kann. Es ist wichtig zu betonen, dass eine hohe Begabung nicht automatisch zu herausragenden Leistungen führt. Wenn das Kind bei der Rückmeldung anwesend ist, sollten keine Zahlen genannt, sondern die Ergebnisse in verbaler Form vermittelt werden. Häufig sind von Seiten der Eltern Ängste vor einer Etikettierung ihres Kindes im Raum, welche die Umsetzung von Maßnahmen behindern können, beispielsweise weil Eltern aus Furcht vor möglichen negativen Konsequenzen die Lehrpersonen über die Testergebnisse nicht informieren. Es ist wichtig, diese Ängste anzusprechen, gegebenenfalls zu relativieren oder gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Aus der Diagnostik sollten konkrete Maßnahmen abgeleitet werden, die für Eltern und Lehrpersonen umsetzbar sind. Eine ausführliche Schilderung der verschiedenen schulischen Fördermaßnahmen findet sich in Arnold und Preckel (2015), für eine Zusammenfassung von Wirksamkeitsstudien sei auf Vock, Preckel und Holling (2007) verwiesen. reportpsychologie ‹40› 7/8|2015 beschreibt Joel als aktives Kind, das alles wissen wolle und schnell in die Rolle des »Klassenclowns« verfalle, wenn es ihm nicht schnell genug gehe. Enge Freundschaften habe Joel in der Klasse nicht. Er habe große Schwierigkeiten mit der Arbeitsorganisation. Seine Schulleistungen sind gut bis sehr gut. 294_304_Fac_r7-8_2015 Kopie_294_304_Fac_r7-8_2015 08.07.15 11:55 Seite 300 Bei Joel hatte das Überspringen der zweiten Klasse kurzfristig eine Entspannung zur Folge. Nun ist er in der vierten Klasse und wird wieder am ZEPP vorstellig: Die Eltern berichten, dass die Situation zu eskalieren drohe. Sie befürchten, dass bei Joel eine Verhaltensauffälligkeit vorliegen könnte, da von der Schule so viele negative Rückmeldungen kommen. Hochbegabt und/oder psychisch auffällig? Anders als unter anderem Lehrer oft annehmen (Baudson & Preckel, 2013), sind hochbegabte Kinder psychisch nicht mehr, aber auch nicht weniger auffällig als durchschnittlich begabte Kinder (Rost & Czeschlik, 1994; Rost & Hanses, 1994). Allerdings haben die Auffälligkeiten hochbegabter Kinder möglicherweise andere Ursachen als die Auffälligkeiten durchschnittlich begabter Kinder: Nur bei hochbegabten Kindern hängt die Schuleinstellung mit der Verhaltensauffälligkeit zusammen, das heißt, je weniger gerne hochbegabte Kinder in die Schule gehen, desto mehr Verhaltensauffälligkeiten zeigen sie (Gauck & Trommsdorff, 2009). Verhaltensauffälligkeiten bei Hochbegabten gibt es also genauso häufig wie bei durchschnittlich Begabten. Problematisch ist dabei, dass manchmal beides – die Begabung und die Auffälligkeit – schwer zu erkennen ist: Hochbegabte können zum Beispiel eine Teilleistungsstörung mit ihrer hohen Begabung lange kompensieren. Dann fällt oft erst im Gymnasium auf, dass das Kind unter einer Aufmerksamkeitsstörung oder einer Dyslexie leidet. Die Anstrengungen, die diese Kinder für eine »nur« durchschnittliche Leistung erbringen müssen, werden vom Umfeld nicht gesehen (Assouline, Nicpon & Whiteman, 2010; Berninger & Abbott, 2013); Oft heißt es: »Du könntest doch viel mehr, wenn du nur wolltest.« Die späte Identifikation der Störung kann sozial-emotionale Schwierigkeiten wie einen niedrigen Selbstwert oder depressive Verstimmungen zur Folge haben (u.a. Dole, 2000). Da die Hochbegabten mit psychischer Störung oder Teilleistungsschwäche ihr Potenzial in Tests und in der Schule nicht in vollem Ausmaß zeigen können, wird auf der anderen Seite die hohe Begabung meist nicht erkannt (Baum, Cooper & Neu, 2001; Frazier, Demaree & Youngstrom, 2004). Lehrpersonen orientierten 300 sich in der Begabungseinschätzung stark an der gezeigten Leistung und vermuten bei auffälligen Kindern eher eine psychische Störung als eine Unterforderung oder eine Kombination von Hochbegabung und psychischer Störung (Hanses & Rost, 1998; Hartnett, Nelson & Rinn 2004). Zappelig und unaufmerksam: Aufmerksamkeitsgestört oder unterfordert? Die Klassenlehrerin beschreibt Joel als Kind, das nicht warten könne, kaum Empathie zeige und keine Freunde in der Klasse habe – er sei »wie ein Einzelplanet«. Sein Arbeitsplatz sei ein einziges Chaos, das Schriftbild »fürchterlich«. Die Eltern bestätigen, dass Joel viel Aufmerksamkeit brauche; sie beobachten aber auch, dass er sich bei Interesse über längere Zeit konzentrieren könne. Die Merkmale von Unterforderung und die Symptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-(Hyperaktivitäts-)Störung AD(H)S überlappen sich stark: Gelangweilte, unterforderte Kinder können sehr unruhig, unaufmerksam und impulsiv wirken (American Psychiatric Association, 2000). Webb und Mitarbeiter (2005; 2015) zählen Merkmale auf, die bei der Differenzialdiagnostik helfen; gegen eine AD(H)S-Diagnose sprechen demnach folgende Beobachtungen: a) Die Probleme treten nur in der Schule auf (siehe auch Lind & Silverman, 1994). b) Das hyperaktive Verhalten ist nicht ziellos. c) Das Kind hat mehr Aktivitäten als Kinder mit ADHS-Diagnose, bei denen es sich 45 Minuten auf eine Tätigkeit konzentrieren kann (ausgenommen stark stimulierende Tätigkeiten wie Fernsehen und Computerspiele; Lovecky, 1994). d) Zwischenrufe sind meistens richtig (Lovecky, 1994). e) Das Kind kann eine Aufgabe schnell wieder aufnehmen nach Ablenkung. Hochbegabte, die an einer AD(H)S leiden, profitieren von vielen Interventionen, die für durchschnittlich begabte Menschen mit AD(H)S entwickelt wurden: Zentral ist einerseits eine umsichtige Gestaltung der Umgebung im Sinne einer Reizreduktion und Strukturierung. Eine persönliche Ansprache, eindeutige Aufforderungen und Visualisierungen zum Beispiel von Regeln werden daher oft als hilfreich empfunden. Die Gestaltung der Konsequenzen für ein Verhalten (Aufmerksamkeit, Belohnungen) ist eine wirksame Intervention, entscheidend dabei ist aber die gute Beziehung zum Kind. Bei hochbegabten Kindern mit AD(H)S ist zudem wesentlich, dass das Anforderungsniveau zum Beispiel im Unterricht oder in einer Psychotherapie der Begabung angemessen ist: Wichtig ist, darauf zu »achten, was die Kinder tun können, und nicht darauf, was sie nicht tun können« (Freeman, 2004, S. 189). Bei Joel tritt das unaufmerksame Verhalten fast ausschließlich bei Routineaufgaben in der Schule oder bei Hausaufgaben mit starkem Wiederholungscharakter auf. reportpsychologie ‹40› 7/8|2015 Stabilität von Ergebnissen Intelligenzquotienten weisen im Allgemeinen eine sehr hohe Stabilität auf (u.a. Schneider, Niklas & Schmiedeler, 2014). Trotzdem können sich Resultate bei einem einzelnen Individuum erheblich verändern. Wird bei einer Person eine extrem hohe Intelligenz festgestellt, so wird sie bei einer zweiten Testung mit größerer Wahrscheinlichkeit einen etwas niedrigeren IQ erzielen. Man spricht von einer Regression zur Mitte: Wenn bei einer ersten Messung ein extremer Wert auftritt, so ist die Wahrscheinlichkeit, bei einer zweiten Messung einen Wert zur erhalten, der näher am Mittelwert liegt, sehr viel größer als die Wahrscheinlichkeit, einen noch extremeren Wert zu erhalten, weil letzterer in der Grundpopulation viel seltener vorkommt. 294_304_Fac_r7-8_2015 Kopie_294_304_Fac_r7-8_2015 08.07.15 11:55 Seite 302 »Wie ein Einzelplanet«: autistisch oder einfach nur herausgefordert, ein passendes Gegenüber zu finden? Die Diagnostik von Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) unterliegt derzeit einem grundlegenden Wandel (DSM5). Nur in Europa wird noch vom Asperger-Syndrom gesprochen (ICD-10, F84.5; Dilling et al., 1994) als einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung, die sich auszeichnet durch eine Beeinträchtigung der gegenseitigen sozialen Interaktion, ein Repertoire eingeschränkter, stereotyper, sich wiederholender Interessen und Aktivitäten sowie das Fehlen einer allgemeinen Entwicklungsverzögerung. Hochbegabte Menschen haben es nicht immer leicht, Freunde zu finden, wenn ihnen der intellektuelle Austausch auf Augenhöhe wichtig ist. Von manchen hochbegabten Kindern wird berichtet, dass sie in Kindergarten und Schule soziale Schwierigkeiten haben, weil sie mit ihren verbalen Konfliktlösungsstrategien nicht ernst genommen werden und weil sie zum Teil andere Interessen verfolgen – während sich im Durchschnitt die Interessen hochbegabter Kinder wenig unterscheiden von denjenigen durchschnittlich Begabter (Pruisken, 2004). Webb und Mitarbeiter (2005) haben Merkmale gesammelt, die gegen das Vorliegen einer ASS sprechen. Ein begabtes Kind (oder Jugendlicher) ist demnach vermutlich nicht autistisch, wenn es a) in der Regel mit Veränderungen umgehen kann, b) mit anderen Begabten unauffällig im Sozialkontakt ist, seine Scheu mit zunehmender Vertrautheit verliert und empathisch reagiert, c) meist angemessene Emotionen zeigt, d) Metaphern meist sogar früher als Gleichaltrige versteht und e) einen kreativen Umgang mit den spezifischen Interessen zeigt. Die Eltern berichteten, dass Joel zwar lieber vorausplane, sich aber auf Veränderungen einstellen könne. Er zeigte keine ausgeprägten speziellen Interessen und keine repetitiven Verhaltensweisen. In seinem Wortwitz und seinem Verständnis 302 für Metaphern stehe er Erwachsenen nicht nach. Auf diesem Hintergrund wird keine Diagnose aus dem autistischen Formenkreis gestellt. Allerdings weist Joel vor allem im Kontakt mit Gleichaltrigen soziale Defizite auf. Es fällt ihm schwer, sich in Gleichaltrige hineinzuversetzen. Er zeigt aus Sicht der Lehrperson und der Eltern wenig Rücksicht. Hierbei muss bedacht werden, dass Joel über eine enorm schnelle Auffassungsgabe und bereits profundes Wissen verfügt. Da die Lehrperson keine Ressourcen hat, auf seine Bedürfnisse einzugehen, ist Joel im Unterricht oft gezwungen zu warten. So gesehen verlangt ihm die Schulsituation sehr viel Selbstkontrolle ab. Ähnlich den hochbegabten Kindern mit AD(H)S profitieren auch hochbegabte Kinder mit ASS von den Hilfen, die für durchschnittlich begabte Kinder mit ASS entwickelt wurden. Knorr (2010) zählt unter anderem geeignete Rahmenbedingungen und feste Strukturen auf, eine möglichst eindeutige, von Metaphern freie Sprache, das Erklären der (impliziten) sozialen Regeln und das Nachbesprechen von sozialen Situationen, wenn möglich mit Hilfe von Visualisierungen wie Comics. Entscheidend ist aber auch für die hochbegabten Kinder mit ASS ein adäquates Anforderungsniveau. Nachdenklich/In sich gekehrt und/oder betroffen von einer (existenzialistischen) Depression? Was für alle psychischen Störungen gilt, trifft auch für Depressionen zu: Hochbegabte leiden nicht häufiger an Depressionen. Etwa zehn Prozent aller Kinder und Jugendlichen sind in ihrer Entwicklung einmal davon betroffen (Cross, 2008; Mueller, 2009). Es gibt Hinweise darauf, dass Hochbegabte die Depression verstecken (Jackson & Peterson, 2003), aber dies ist nicht begabungsspezifisch. Es wird vermutet, dass Hochbegabte spezifische Risikofaktoren für eine Depression aufweisen, darunter Perfektionismus oder eine asynchrone Entwicklung, das heißt das Auseinanderklaffen mehrerer Entwicklungsbereiche (z.B. der kognitiven und der emotionalen Entwicklung). Manche Forscher nehmen an, Hochbegabte neigten eher zu der sogenannten existenzialistischen Depression, einem Leiden an der Welt durch große Reflektiertheit, ohne dass diese Kinder über ausreichende emotionale Coping-Strategien im Umgang mit zum Beispiel damit verbundener Angst oder Trauer verfügten (für einen Überblick siehe Neihart, 2002). Dagegen wurde gehalten, dass Hochbegabung einen Schutzfaktor in der Entwicklung darstellen könnte. Keine dieser Vermutungen konnte bislang wissenschaftlich bestätigt werden (u.a. Mueller, 2009). Eher um eine Depression im Sinne einer psychischen Erkrankung handelt es sich, wenn folgende Merkmale zutreffen: reportpsychologie ‹40› 7/8|2015 Gegen eine AD(H)S-Diagnose spricht zudem, dass Joel kurz nach dem Klassensprung für einige Monate keine Auffälligkeiten zeigte. Wird Joel herausgefordert, kann er sich über mehrere Stunden sehr gut konzentrieren, zum Beispiel bei Aufführungen seines Orchesters. Aber die Lehrerin bringt noch einen anderen Verdacht zur Sprache: Sorgen machen ihr v.a. die sozialen Auffälligkeiten. Sie fragt sich, ob Joel an einem Asperger-Syndrom leiden könnte. Joel zeige wenig Empathie und »rede andere in Grund und Boden«. Die Eltern berichten, dass er schon immer sehr geräuschempfindlich gewesen sei und er oft ablehnend bei spontanen Ideen reagiere, zum Beispiel für Ausflüge. 294_304_Fac_r7-8_2015 Kopie_294_304_Fac_r7-8_2015 08.07.15 11:55 Seite 303 r e p o r t fachwissenschaftlicherteil a) Stark ausgeprägte Symptomatik b) Starkes Leiden unter dem eigenen Zustand c) Ein Gefühl innerer Leere oder Gefühllosigkeit d) Eine deutliche Verhaltensveränderung (z.B. Interessenverlust, sozialer Rückzug), die nicht entwicklungspsychologisch erklärt werden kann (z.B. im Rahmen veränderter Interessen bei beginnender Pubertät) e) Vorhandensein körperlicher Symptome (z.B. frühmorgendliches Erwachen, Appetitlosigkeit oder starke Gewichtszu- oder -abnahme) f) Deutlich eingeschränkte Lebensfreude bis hin zu suizidalen Äusserungen Hochbegabten depressiven Kindern und Jugendlichen helfen oft die gleichen Interventionen wie durchschnittlich begabten. Auch hier ist ein adäquates Anforderungsniveau wichtig, damit auch Hochbegabte wirkliche Erfolgserlebnisse haben können und ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln können – niemand ist stolz auf Leistungen, die ihm oder ihr in den Schoss gefallen sind. Für Joel wurde ein Maßnahmenpaket geplant, das Schule und Familie einbezog. In der Schule konnte Joel an einem klassenübergreifenden Projekt für eine Schülerzeitung teilnehmen (während des Unterrichts). Im Gegenzug wurden Joel übende Wiederholungen von Inhalten erlassen, die er bereits beherrschte. In der Schule und zu Hause wurden klare Regeln festgesetzt, um Joel darin zu unterstützen, seine Rolle besser wahrzunehmen. Ihm wurden unter anderem häusliche Pflichten übertragen. In der Einzelberatung wurde mit Joel anhand spezifischer Situationen besprochen, wie sein Verhalten auf andere wirkt und wie er stattdessen reagieren kann, um mehr positive Aufmerksamkeit von der Klassenlehrerin und den Mitschülerinnen und Mitschülern zu erhalten. Dies wurde mit Hilfe von Rollenspielen eingeübt. reportpsychologie ‹40› 7/8|2015 Z U S A M M E N F A S S U N G Stimmt es, dass hochbegabte Kinder und Jugendliche introvertierter, emotional weniger stabil und sozial weniger verträglich sind als ihre durchschnittlich begabten Altersgenossen? Ein solches Bild von Hochbegabungen scheinen zumindest viele Lehrpersonen zu haben (Baudson & Preckel, 2013). Die Forschung zeigt allerdings, dass Hochbegabte nicht mehr und nicht weniger verhaltensauffällig als durchschnittlich begabte Kinder und Jugendliche sind (Rost & Czeschlik, 1994; Rost & Hanses, 1994). Wenn allerdings eine Kombination von intellektueller Hochbegabung und psychischer Auffälligkeit vorliegt, wird diese oft nicht oder erst sehr spät erkannt, was fatale Folgen unter anderem für den Selbstwert der Kinder und Jugendlichen haben kann. Grundlegend in der Diagnostik von Hochbegabungen (und Verhaltensauffälligkeiten) ist die aufmerksame und informierte Beobachtung: Was braucht ein Kind/ein Jugendlicher? Um Teufelskreise zu vermeiden, ist es wichtig, den Fokus darauf zu setzen, was der junge Mensch kann, und ihn entsprechend zu fördern (u.a. Bianco, 2005). Dazu gehört auch, dem Kind/dem Jugendlichen zu kommunizieren, dass man hohe (aber realistische) Erwartungen an es/ihn hat (Neumeister, Yssel & Burney, 2013). Dole (2000) betont: »Erfolgreiche doppelt auffällige Kinder hatten mindestens eine Person in ihrem Leben, die sie bedingungslos akzeptiert hat.« (S. 95, eigene Übersetzung) Auch darin unterscheiden sich hochbegabte Kinder und Jugendliche also nicht von ihren durchschnittlich begabten Peers. Allen Erfolgsgeschichten doppelt auffälliger Kinder und Jugendlicher gemeinsam war eine hohe Individualisierung der Intervention. Auch zum Beispiel Überspringen kann eine gute Möglichkeit sein, solange die Maßnahme sorgfältig geplant, das Kind oder der Jugendliche sorgfältig begleitet und die Maßnahme gemeinsam reflektiert, evaluiert und gegebenenfalls angepasst wird (u.a. Assouline & Whiteman, 2011; Gallagher & Gallagher, 2002). Ali, ein hochbegabter zwölfjähriger Junge, bei dem eine Aufmerksamkeits-DefizitStörung festgestellt wurde, fasste das für ihn Hilfreichste so zusammen: »Der coolste Spruch kam von Julia (einer Klassenkameradin): Du siehst normal aus, du bist normal, du bist eben normal so.« A B S T R A C T Are gifted children and adolescents really more introverted, emotionally less stable and socially less agreeable than their peers with average intelligence? This seems to be what many teachers believe (Baudson & Preckel, 2013). Research however indicates that gifted individuals are just as likely as individuals with average intelligence to suffer from psychological difficulties (Rost & Czeschlik, 1994; Rost & Hanses, 1994). A combination of intellectual giftedness and a psychological disorder is however very hard to detect and often remains undiagnosed, which can have a detrimental impact on these individual’s self-esteem. 303 294_304_Fac_r7-8_2015 Kopie_294_304_Fac_r7-8_2015 08.07.15 11:55 Seite 304 L I T E R A T U R American Psychiatric Association (2000). Diagnostic and statistical manual of mental disorders (4th Text Rev.). Washington, DC: Author. Arnold, D. & Preckel, F. (2015). Hochbegabte Kinder klug begleiten: Ein Handbuch für Eltern (2. Aufl.). Weinheim/Basel: Beltz. Assouline, S., Nicpon M. F. & Whiteman, C. (2010). Cognitive and psychosocial characteristics of gifted students with written language disability. Gifted Child Quarterly, 54, 102-115. Assouline, S. G. & Whiteman, C. S. (2011). Twice-exceptionality: Implications for school psychologists in the Post–IDEA 2004 era. Journal of Applied School Psychology, 27, 380-402. Baudson, T. G. & Preckel, F. (2013). 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