AUF STAND Aufstand von Mely Kiyak URAUFFÜHRUNG / AUFTRAGSWERK KOPRODUKTION MIT DEM MAXIM GORKI THEATER BERLIN Bênav Mehmet Yılmaz Im Video mehmet ateŞçi, Bassam ChaAbo, mehmet yilmaz; Sandor & Sir Henry Regie Bühne & Kostüm Dramaturgie Regieassistenz András Dömötör Moïra Gilliéron Daniel Richter, Jan Linders Teresa Büchsel Premiere KARLSRUHE 27.6.14 STUDIO Premiere BERLIN November 14 Studio R Aufführungsdauer 1 ¼ Stunden, keine Pause Aufführungsrechte bei der Autorin Dank an Sibel Atasayi, Mehmet Ateşçi, Lisa Däßler, Susanne Husse vom n.b.k. Berlin, Christine Müller, Cleo Niemeyer, Erika Szabó, Deniz Utlu, Aysel Yollu Staatstheater Karlsruhe Technische Direktion Harald Faßlrinner, Ralf Haslinger Technische Leitung Maik Fröhlich Bühne/Licht/Ton Tobias Becker, Ernst Hollemeyer, Sebastian Huber, Mike Krause-Bergmann, Stephan Mauritz, Max Mörmann, Peter Peregovitz, Urban Schmelzle Leiter der Beleuchtung Stefan Woinke Leiter der Tonabteilung Stefan Raebel Leiter der Requisite Wolfgang Feger Requisite Clemens Widmann Werkstättenleiter Guido Schneitz Malsaalvorstand Dieter Moser Theaterplastiker Ladislaus Zaban Schreinerei Rouven Bitsch Schlosserei Mario Weimar Polster- und Dekoabteilung Ute Wienberg Kostümdirektorin Doris Hersmann Gewandmeister/in Herren Petra Annette Schreiber, Robert Harter Gewandmeisterinnen Damen Tatjana Graf, Karin Wörner, Annette Gropp Waffenmeisterei Michael Paolone, Harald Heusinger Schuhmacherei Thomas Mahler, Barbara Kistner Modisterei Diana Ferrara, Jeanette Hardy Chefmaskenbildner Raimund Ostertag Maske Kathleen Hehne Impressum Herausgeber BADISCHES STAATSTHEATER Karlsruhe Generalintendant Peter Spuhler Verwaltungsdirektor Michael Obermeier Schauspieldirektor Jan Linders Redaktion Daniel Richter, Jan Linders Titelfoto Esra Rotthoff Portraitfotos Felix Grünschloß, Arne Schmitt Konzept Double Standards Berlin www.doublestandards.net Gestaltung Kristina Pernesch Druck medialogik GmbH Programm Nr. 195 Staatstheater Karlsruhe 2013/14 www.staatstheater.karlsruhe.de www.gorki.de Erinnern ist Aufstand „Wir leben in einem Land, in dem mich deine Polizei und dein Militär und deine Fernsehsender und deine Zeitung als Feind betrachteten. Und du das einfach so geglaubt hast. Jetzt wo ihr selber rebelliert, weil ihr die Schnauze voll habt von diesen ganzen Schweinereien, die um euch herum passieren, kommt ihr und sagt: ‚Ist das keine Schweinerei, wie sie mit uns umgehen?’ Jetzt, wo ihr merkt, dass die Zeitungen Scheißdreck verbreiten, kommt ihr und fragt: ,Sind diese Medien kein Skandal?’ Nein! Das sind keine Schweinereien, das ist kein Skandal! Das lief doch immer schon so.“ Was im Frühjahr 2013 als friedlicher Protest der türkischen Bevölkerung gegen die Bebauungspläne des Gezi-Parks am zentralen Taksim-Platz im europäischen Teil von Istanbul begann, als Protest verschiedenster Gruppen gegen Gentrifizierung, Turbokapitalismus und Massenkonsum, entwickelte sich binnen weniger Wochen zu einem der schärfsten Konflikte zwischen türkischer Staatsmacht und Bevölkerung. Ende Mai 2013 eskalierte die Situation: Die Polizei ging mehrfach unter Einsatz von Wasserwerfern, Knüppeln und Tränengas gegen die Demonstranten vor. Die Proteste weiteten sich auf andere Städte der Türkei aus, auch wenn die inländischen Medien die Ereignisse zu überspielen versuchten. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen, die mehrere tausend Verletzte und mehrere Todesopfer zur Folge hatten. Mely Kiyak befand sich auf einer sechsmonatigen Reise durch die Türkei und wurde zur Augenzeugin der Unruhen. Sie suchte Antworten auf die Fragen, weshalb und wofür die Menschen im Land den Aufstand probten. Ihr scharfsinniger Blick richtete sich auf einen historischen und nationalen Gesamtzusammenhang, der in scheinbar peripheren Problemen die großen ethnischen, konfessionellen und kulturellen Konfliktlinien aufspürt, die ihren Nachhall bis in die Gegenwart finden. Ihre Reise ging von Istanbul aus in das südostanatolische, überwiegend von Kurden bewohnte Diyarbakir. Dessen Geschichte ist verbunden mit Pogromen an Armeniern, Aramäern, Juden, Jesiden, Aleviten und sunnitischen Muslimen. In Aufstand beschreibt Mely Kiyak den persönlichen Aufstand eines fiktiven kurdischen Künstlers aus Diyarbakir, der im Brotberuf als Lehrer im türkischen Staatsdienst Geografie und Geschichte unterrichtet und sich in seiner übrigen Zeit gesellschaftskritischer Kunst widmet. Als Video-PerformanceKünstler ist er mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes nach Berlin eingeladen, um dort seine Arbeiten zu präsentieren. Aus der Distanz der westeuropäischen Metropole reflektiert er sein Leben in der Türkei. Der Künstler ist zunächst nur Beobachter, doch eines Tages probt er den Aufstand: gegen die Nachbarn, die Künstlerkollegen, den Galeristen. Jenseits medial vorgefertigter Bilder von Tränengas-Wolken, aufmarschierenden Polizisten, Menschen mit Gasmasken und „StandingMan“-Performances begibt sich Mely Kiyak auf eine Spurensuche nach dem persönlichen Motiv des Aufstands der Menschen. Mely Kiyak Autorin Mely Kiyak, geboren 1976 im niedersächsischen Sullingen, ist Publizistin. Sie veröffentlicht in zahlreichen überregionalen Zeitungen und Rundfunkanstalten, darunter DIE ZEIT, FAZ, Deutschlandradio Kultur. Zuletzt erschienen Briefe an die Nation und andere Ungereimtheiten und der Roman Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an. Im Sommer 2013 bereiste sie die Türkei. Ihr Reisejournal Istanbul Notizen ist auf deutsch und türkisch erhältlich im neu gegründeten Berliner ebook Verlag Shelff. In Diyarbakir eröffnet sie im Sommer 2014 mit der Künstlerin Hito Steyerl eine temporäre Galerie. Aufstand ist ihr erstes Theaterstück. Mehmet Yılmaz Schauspieler Mehmet Yılmaz, geboren 1970 in Lauffen am Neckar, studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Saarbrücken und spielte am Schauspiel Stuttgart, an den Staatstheatern Nürnberg, Mainz und Saarbrücken sowie dem HAU Berlin. Am Ballhaus Naunynstraße spielte er u. a. in Jenseits – Bist du schwul oder bist du Türke? und in Lö Bal Almanya. Für Film- und Fernsehproduktionen arbeitete er mit Roland Emmerich, Kevin Spacey und Fatih Akin zusammen. Seit der Spielzeit 2013/14 ist er Mitglied des GorkiEnsembles. Dort ist er in Nurkan Erpulats Inszenierungen Der Kirschgarten von Anton Tschechow und Kinder der Sonne von Maxim Gorki zu sehen. András Dömötör Regie András Dömötör, geboren 1978 in Ungarn, ist Regisseur und Schauspiellehrer an der Theaterakademie in Budapest. Er ist besonders an zeitgenössischen Stücken und Themen und an der Rolle, die das Theater in der Gesellschaft spielt, interessiert. Seine wichtigsten Regiearbeiten: Sirenengesang von Péter Nádas, Die Pest von Albert Camus, Märtyrer von Marius von Mayenburg und Trusteeship, eine theatralische „Seifenoper“, die am Katona József Theater jeden Monat in einer neuen Folge erschien. Am Gorki Studio R inszenierte er Notizen zu Hurenkinder Schusterjungen von Marianna Salzmann. Moïra Gilliéron Bühne & Kostüm Moïra Gilliéron, geboren 1989 in der Schweiz, studierte Szenografie an der Zürcher Hochschule der Künste und an der Akademie der Bildenden Künste Wien. Sie assistierte am Schauspielhaus Zürich, unter anderem bei Ricarda Beilharz, Stéphane Laimé und Lola Arias / Rimini Protokoll. 2013 wurde ihr Projekt Mein Enkel 2072 von Gilliéron / Koch / Wey an den Treibstoff Theatertagen Basel gezeigt. Seit 2013/14 ist sie Bühnenbildassistentin am Maxim Gorki Theater Berlin. Dort war sie für die Ausstattung von Sybille Bergs Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen, Regie Sebastian Nübling, und Marianna Salzmanns Notizen zu Hurenkinder Schusterjungen verantwortlich.