Baustein 3

Werbung
B A U S T E I N
3
3
WIRTSCHAFTEN
IM HANDEL
HANDEL IN ÖSTERREICH
51
BAUSTEIN 3
WIRTSCHAFTEN
IM HANDEL
Inhaltsverzeichnis
3
52
Wirtschaften im Handel
3.1 Woher und wie kommt die Ware ins Regal? –
Der Einkauf – zentraler Erfolgsfaktor des Handelsbetriebes
53
3.2 „Zauberwort“ Logistik – vom Lagern und Transportieren der
Ware bis zum voll durchorganisierten Supply Chain Management
56
3.3 Marketing – für jeden das Richtige/nur das,
was der Kunde haben will, zählt
63
3.4 Werbung – wie funktioniert sie im Handel?
68
3.5 Kunden überzeugen und an die Unternehmung binden –
Verkaufsgespräch, Sales Management
71
3.6 Was bleibt vom Preis? – Kosten und Verdienstspannen im Handel
73
3.7 Umweltschutz und Handel – wie sie voneinander profitieren können
75
Literaturverzeichnis
77
HANDEL IN ÖSTERREICH
B A U S T E I N
3
3 WIRTSCHAFTEN IM HANDEL
KAPITELÜBERSICHT
■ Woher und wie kommt die Ware ins Regal?
Der Einkauf – zentraler Faktor des Handelsbetriebes
!
■ „Zauberwort“ Logistik – vom Lagern und Transportieren der Ware
bis zum voll durchorganisierten Supply Chain Management
■ Marketing – für jeden das Richtige/
nur das, was der Kunde haben will, zählt
■ Werbung – wie funktioniert sie im Handel?
■ Kunden überzeugen und an die Unternehmung binden –
Verkaufsgespräch, Sales Management
■ Was bleibt vom Preis? – Kosten- und Verdienstspannen im Handel
■ Umweltschutz und Handel – wie sie voneinander profitieren können
3.1 Woher und wie kommt die Ware ins Regal? –
Der Einkauf – zentraler Erfolgsfaktor
des Handelsbetriebes
Wie in Baustein 1 beschrieben, besteht die zentrale Aufgabe eines Handelsunternehmens darin,
von einem Hersteller produzierte Sachgüter in Kombination mit verschiedenen Dienstleistungen
an Konsumenten abzusetzen. Dies kann aber erst geschehen, wenn die Waren (und eventuell
Dienstleistungen) zu allererst einmal beschafft und mit Hilfe der Logistik physisch verfügbar gemacht wurden. Obwohl unter dem Begriff „Beschaffung“ im deutschen Sprachgebrauch oft alle
Funktionen von der Lieferantensuche bis zum Wareneingang beim Handelsunternehmen verstanden
werden, wird hier der Auffassung gefolgt, dass mit Beschaffung allein jene Prozesse gemeint sind,
welche zu einer Übereinkunft mit Lieferanten führen, während für den Abruf der Waren und das
Verfügbarmachen der Waren der Begriff „Logistik“ steht.1
Für den Handel stellt der Einkauf einen zentralen Erfolgsfaktor dar. Häufig liegen gerade in den Bereichen Einkauf und Beschaffung hohe Kostensenkungspotenziale verborgen.2
Unter dem Begriff „Einkauf“ ist „das Auswählen eines qualifizierten Lieferanten und das Festlegen
eines wettbewerbsfähigen Preises“ zu verstehen.3 Im englischsprachigen Raum wird synonym dazu
der Begriff „Sourcing“ verwendet, der zunehmend auch im deutschen Sprachgebrauch anzutreffen ist.
Bezogen auf den weltweiten, grenzenlosen Einkauf, wird dann von „Global Sourcing“ gesprochen.4
1 Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 493
2 Vgl. Grossmann 2001, S. 9
3 Vgl. Jetter 1990, S. 57
4 Vgl. Jetter 1990, S.57
HANDEL IN ÖSTERREICH
53
Bereiche des Einkaufs
Beschaffungsmarktforschung
Preis- und
Wertanalyse
Einholung und
Auswertung
von Angeboten
Lieferantenauswahl
Preisverhandlungen
Einkaufsabschlüsse
Beschaffungsverwaltung
Abbildung 1: Bereiche des Einkaufs
Die Bereiche des Einkaufs umfassen nach Schulte5 folgende Aufgaben:
■
■
■
■
■
■
■
Beschaffungsmarktforschung (zur Auswahl der Lieferanten für die benötigten Waren)
Preis- und Wertanalyse (zur Senkung der Einkaufskosten)
Einholung und Auswertung von Angeboten
Lieferantenauswahl
Preisverhandlungen
Einkaufsabschlüsse
Beschaffungsverwaltung (zB Abwicklung von Bestellungen, Erteilung von Abrufen
aus Rahmenverträgen, Durchführung von Routineaufgaben)
Unter Beschaffungsmarktforschung werden die Informationssuche, -gewinnung und -aufbereitung, die das Unternehmen mit bedarfsbezogenen Informationen über den Beschaffungsmarkt
(produktbezogene Daten, Lieferanteninformationen, Angebotsdaten, gesamtwirtschaftliche Daten
und Branchendaten, Konkurrenten am Beschaffungsmarkt, Beschaffungswege, rechtliche Rahmenbedingungen) versorgen, verstanden. Die Beschaffungsmarktforschung trägt zu einer Verbesserung der Markttransparenz, zu einer Versorgung der Entscheidungsträger mit Informationen,
zur Erschließung neuer Beschaffungsquellen, zur Ermittlung von austauschbaren Waren sowie zu einer generellen Schaffung einer Grundlage für ein optimales Beschaffungswesen bei.6
Ein wesentliches Ziel der Beschaffungsmarktforschung ist das Auffinden geeigneter Lieferanten,
welche den Bedarf im Sinne der Handelsunternehmung bestmöglich befriedigen. Dabei muss der
Einkäufer vor allem darauf achten, genaue Kenntnisse über den Lieferanten zu erlangen, Marktkenntnisse über das Umfeld des Lieferanten zu gewinnen und er sollte über die Verhandlungsführung des Lieferanten Bescheid wissen. Diese generellen Informationen über einen Lieferanten, wie
dessen Image, dessen Kapitalbasis, dessen finanzielle und technische Leistungsfähigkeit, sollten
durch spezielle Informationen über die Leistungsfähigkeit bezüglich des Beschaffungsobjekts und
des Auftragvolumens ergänzt werden, um einen Lieferanten adäquat beurteilen zu können.7
5 Vgl. Schulte 2005, S. 263f
6 Vgl. Schulte 2005, S. 266ff
7 Vgl. Schulte 2005, S. 268
54
HANDEL IN ÖSTERREICH
B A U S T E I N
3
Eine wichtige Entscheidung, welche ein Handelsunternehmen zu treffen hat, ist, ob die Ware direkt
beim Hersteller beschafft wird oder ob man sich eines zwischengeschalteten Organs (zB eines
Großhändlers) bedienen sollte. In so genannten Verbundgruppen beteiligen sich Zentralen (oft
Großhandelsunternehmen) in unterschiedlicher Weise am Beschaffungs- bzw. Einkaufsprozess
von Einzelhändlern bzw. Filialisten, entweder nur vermittelnd oder im Eigengeschäft. Eine sogenannte Bezugsquote gibt dann an, welchen Anteil der Beschaffung die Mitglieder einer Verbundgruppe über ihre Zentrale beziehen.8 Als bekanntes österreichisches Beispiel im Lebensmittelhandel
kann in diesem Zusammenhang die ZEV (Zentrale Einkaufsverbund-Organisation) genannt werden,
die über mehrere Großhandelsunternehmen zahlreiche Einzelhandelsunternehmen beliefert.
Weitere Beispiele für Verbundgruppen stellen Electronic Partner (EP) oder Red Zac im Elektrobereich sowie die Intersport-Verbundgruppe im Handel mit Sport- und Freizeitartikeln dar.
Als Ziele des Einkaufs eines Handelsunternehmens zählen neben der Kostenreduzierung auch eine
Leistungsverbesserung und die Autonomieerhaltung des eigenen Unternehmens. Als strategisches Hauptziel des Einkaufs kann allgemein gesprochen die generelle Sicherung von Erfolgspotenzialen genannt werden.9
Darüber hinaus wird für den Einkauf ein finanzieller Rahmen vorgegeben, der Limit genannt
wird. Dieser Limitplan enthält Angaben, in welchen Mengen innerhalb der einzelnen Zeitperioden
(zB Monate oder Haupt- und Nebensaison) eines in der Regel unterjährigen Planungszeitraumes
(zB Saison) Waren in den einzelnen Sortimentsgruppen eingekauft werden können. Somit ist der
Limitplan ein wichtiges Koordinationsinstrument, um die Liquidität und den Warenfluss des Handelsunternehmens zu steuern. Wichtige Faktoren zur Bestimmung des Limitplans sind die Umsatzprognose und Vorstellungen über das Ausmaß an Warenverfügbarkeit in der Verkaufsfiliale.10
Ein zentrales Kriterium bei Einkaufsverhandlungen mit den Lieferanten bilden die Konditionen.
Damit sind nicht nur die Preise von einzelnen Waren gemeint, sondern auch:
■ Rabatte (zB Mengenrabatte, Rabatte für Frühbesteller, Treuerabatte, Einführungsrabatte),
■ Lieferungsbedingungen und -klauseln (zB Regelungen zum Gefahrenübergang, zu
Bedingungen der Anlieferung, zu Vertragsstrafen oder zu Maßnahmen, die den
Abverkauf der Ware unterstützen),
■ Zahlungsbedingungen (zB Vereinbarung von Valuta und dergleichen).11
Da Handelsunternehmen einer steigenden Wettbewerbsintensität unterliegen, nützen sie zunehmend weltweite Kostenunterschiede. So steht das Global Sourcing als internationale Beschaffungsstrategie der nationalen Ausprägung, dem Local Sourcing gegenüber; denn im Einkauf galt
es schon immer, Waren auf den vorhandenen Märkten am kostensparendsten zu beschaffen. Der
Aufbau von neuen Lieferquellen in neuen geografischen Räumen ist ebenfalls eine wichtige Aufgabe des Einkäufers. So bietet Global Sourcing eine Reihe an Chancen, von Kostensenkung über
Umsatzsteigerung bis hin zu Risikosenkung und erlaubt die Ausnutzung globaler Kostenunterschiede, zB aus Gründen geringerer Arbeitskosten, längerer Maschinenlaufzeiten, niedrigerer
Steuerbelastung usw. Daneben existieren aber auch Risiken des Global Sourcing wie etwa Wechselkurs-Schwankungen, Qualitätsrisiken oder längere Beschaffungszeiten durch weitere Transportwege.12
8 Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 495
9 Vgl. Schulte 2005, S. 265f
10 Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 495f
11 Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 496
12 Vgl. Jetter 1990, S. 44 u. Schulte 2005, S. 280ff
HANDEL IN ÖSTERREICH
55
3.2 „Zauberwort“ Logistik – vom Lagern und
Transportieren der Ware bis zum voll durchorganisierten Supply Chain Management
Die Logistik ist ein Fachbereich der Betriebswirtschaft, dem in den letzten Jahren eine erhöhte Bedeutung beigemessen wurde und so in den Vordergrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen
gerückt ist. Es gehört zu den wichtigsten Anforderungen an eine Handelsunternehmung, eine
reibungslose Gestaltung des Material-, Wert- und Informationsflusses sicherzustellen und dafür
Instrumente und Maßnahmen zu schaffen, um diesen Fluss in optimaler Weise gewährleisten zu
können. Dies erfolgt mit Hilfe der Logistik.13
Eine Definition des Begriffs „Logistik“, welche die gesamte Versorgungskette einbezieht und damit
eine ganzheitliche Betrachtung darstellt lautet:
„Logistik ist die Organisation, Planung, Kontrolle und Durchführung eines Güterflusses von der
Entwicklung und vom Kauf durch die Produktion und die Distribution bis zum endgültigen Kunden
mit dem Ziel der Befriedigung der Anforderungen des Marktes bei minimalen Kosten und minimalem Kapitalaufwand“.14
SECHS R-REGEL DER LOGISTIK
In einfacher und übersichtlicher Form formuliert Jünemann die sechs Aufgaben der Logistik, welche
als „Sechs r-Regel“ leicht zu merken ist:
r
Es gilt
■ die richtige Menge
■ der richtigen Objekte (Güter, Personen, Energie, Informationen)
■ am richtigen Ort im System
■ zum richtigen Zeitpunkt
■ in der richtigen Qualität
■ zu den richtigen Kosten
bereitzustellen.15
Abbildung 2: Sechs r-Regel der Logistik
Für ein eindeutiges Begriffsverständnis ist es an dieser Stelle wichtig, zuerst die Objekte und Funktionen der Logistik zu erläutern. Als Objekte der Logistik gelten alle Materialien und Waren, dh. Fertigungsmaterialien, Hilfs- und Betriebsstoffe, Zuliefer- und Ersatzteile, Handelswaren, Halb- und
Fertigerzeugnisse sowie Reststoffe. So erfolgt eine eindeutige Abgrenzung zu anderen zu beschaffenden und bereitzustellenden Faktoren wie Anlagen, Personal und Kapital. Zu den Funktionen der
Logistik, welche generell dem Versorgungsbereich eines Unternehmens zuzuordnen sind, zählen
der Einkauf, die Lagerhaltung, der Transport, die Produktionsplanung und -steuerung sowie die
Auftragsabwicklung.16
13 Vgl. Ehrmann 2001, S. 24f
14 Vgl. Pfohl 1996, S. 13
15 Vgl. Ehrmann 2001, S. 25
16 Vgl. Schulte 2005, S. 1
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HANDEL IN ÖSTERREICH
B A U S T E I N
3
Elemente der Logistikleistung
Lieferzeit
Lieferzuverlässigkeit
Lieferqualität
Informationsfähigkeit
Lieferflexibilität
Abbildung 3: Elemente der Logistikleistung
Als Ziel jeder logistischen Aktivität gilt es den Logistikerfolg, dh. sowohl die Logistikleistung als
auch die Logistikkosten zu optimieren.
Als Elemente der Logistikleistung gelten die
■
■
■
■
■
Lieferzeit,
Lieferzuverlässigkeit,
Lieferflexibilität,
Lieferqualität und
Informationsfähigkeit.17
Die Lieferzeit ist jene Zeit, welche zwischen der Erteilung eines Auftrags durch den Kunden bis zum
Zeitpunkt des Eingangs der Ware beim Kunden liegt. Es ist für die Kunden entscheidend, dass die Lieferzeiten möglichst kurz gehalten werden, da es infolge kürzerer Lieferzeit zu den gewünschten
niedrigeren Lagerbeständen und zu einer kürzeren Disposition kommt.
Unter der Lieferzuverlässigkeit wird die Wahrscheinlichkeit verstanden, mit der die Lieferzeit
eingehalten wird. Wenn Liefertermine nicht eingehalten werden, können beim Kunden Störungen
im Betriebsablauf und in weiterer Folge hohe Kosten und/oder Umsatzrückgänge verursacht werden.
Mit der Lieferflexibilität ist die Fähigkeit eines Unternehmens erfasst, auf spezielle Kundenwünsche eingehen zu können. Ist ein Unternehmen in Bezug auf die Lieferung beim Kunden sehr flexibel, kann es zB auf gewünschte Abnahmemengen, auf besondere Lieferzeitpunkte oder auf die Art
der Verpackung sowie auf Transportvarianten schnell reagieren.
Obwohl die Lieferqualität dem Element der Lieferzuverlässigkeit sehr ähnlich ist, wird darunter die
art- und mengenmäßige Genauigkeit der Lieferung sowie der Zustand der Lieferung verstanden.
Werden dem Kunden nicht die gewünschten Waren geliefert oder wird die bestellte Menge nicht
eingehalten, kann dies sehr schnell zur Verärgerung des Kunden führen. Die ordnungsgemäße Verpackung der Ware ist in diesem Zusammenhang auch von Bedeutung, da diese zum Schutz der
Ware dient und für einen guten Zustand der Ware sorgt.
Unter der Informationsfähigkeit wird die Möglichkeit verstanden, Anfragen der Kunden sowohl
vor als auch nach der Auftragserteilung schnell und auch inhaltlich richtig beantworten zu können.
So wünschen sich Kunden beispielsweise Informationen zu Liefermöglichkeiten, zum Stand eines
Auftrages oder sie möchten bei mangelnder Auslieferung ihre Beschwerden anbringen können.18
Der Logistikleistung stehen die Logistikkosten gegenüber. Die Gegenüberstellung zwischen Logistikleistung und Logistikkosten ergibt den Logistikerfolg.
17 Vgl. Schulte 2005, S. 6ff
18 Vgl. Schulte 1999, S. 7ff
HANDEL IN ÖSTERREICH
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Zu den Logistikkosten zählen die
■
■
■
■
■
Steuerungs- und Systemkosten,
Bestandskosten,
Lagerkosten,
Transportkosten und
Handlingkosten.19
Der Anteil der Logistikkosten an den Gesamtkosten einer Unternehmung liegt im Allgemeinen
weit über zehn Prozent, was den Stellenwert und die besondere Bedeutung einer guten Logistik
verdeutlicht. Die Systemkosten stellen die Kosten der Gestaltung, Planung und Kontrolle des Materialflusses dar. Mit den Steuerungskosten werden Kosten der Teilfunktionen, wie der Disposition,
Auftragsabwicklung oder Fertigungssteuerung erfasst. Bestandskosten entstehen durch vorhandene Bestände (Finanzierung der Bestände, Versicherungen, Abwertungen und Verluste). Die Lagerkosten können in Fixkosten für das Bereithalten von Lagerraum und in variable Kosten für das Einund Auslagern unterschieden werden. Während Transportkosten die Kosten des internen und externen Werkverkehrs darstellen, werden unter den Handlingkosten alle Kosten des Handlings, des
Kommissionierens und Verpackens verstanden.20
Formen des Supply-Chain-Managements (SCM) (Versorgungsketten) gibt es letztlich, seitdem Handel betrieben wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass Einzelhändler ihre Waren beim Großhändler
oder Hersteller kauften, sie einlagerten und verkauften, wobei oft zusätzliche Distributionsorgane benötigt wurden. Spricht man heute von Supply-Chain-Management, dann ist damit aber eine andere
Qualität des Beobachtens, des Aufzeichnens, Steuerns und eine andere Menge der dafür erforderlichen Informationen gemeint.21 SCM schafft bessere Reaktionsalternativen durch die Integration von
Geschäftsprozessen und durch die Integration von Lieferanten und Distributoren zu Netzwerken.
Supply-Chain-Management stellt eine strategische, kooperationsorientierte und unternehmensübergreifende Logistikmanagementphilosophie dar, die sich zum Ziel gesetzt hat, bei allen beteiligten
Partnern zu Leistungsverbesserungen zu führen. Alle Aktivitäten des SCM sind endverbraucherorientiert, dh. der Konsument steht im Mittelpunkt aller logistischen Überlegungen.22
Während sich die Logistik früher auf die Lagerhaltung und das Transportwesen beschränkte, wird die
Supply-Chain heute ganzheitlich verstanden, als eine Querschnittsfunktion, welche die Funktionen
Beschaffung, Produktion und Absatz beinhaltet. Anders als früher wird mit der heutigen Sichtweise der Supply-Chain auch die Gestaltung der gesamten Logistikkette vom Lieferanten bis zum
Abnehmer verstanden. Die Grenzen der Logistik enden nicht mehr mit der eigenen Unternehmung, sondern der Supply-Chain liegt eine ganzheitliche Betrachtung zugrunde. Im Sinne einer
unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette handelt es sich um eine Zusammenarbeit der
im Logistikprozess beteiligten Unternehmen, wobei die einzelnen Teilnehmer am Logistikgeschehen
innerhalb der Supply-Chain auf eine Abstimmung der Güter- und Informationsflüsse aller Beteiligten abzielen.23
19 Vgl. Schulte 1999, S. 8
20 Vgl. Schulte 1999, S. 8f
21 Vgl. Hertel/Zentes/Schramm-Klein 2005, S.1
22 Vgl. Kotzab 2003, S. 15f
23 Vgl. Corsten/Gössinger 2001, S. 81ff
58
HANDEL IN ÖSTERREICH
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3
Die Ziele des Supply Chain Managements sind
■
■
■
■
■
■
■
die Orientierung am Endnutzen,
die Steigerung der Kundenzufriedenheit durch eine bedarfsgerechte Anlieferung,
eine schnellere Anpassung an die Veränderungen am Markt,
die Vermeidung von „Out of Stock“24-Situation,
die Senkung der Bestände in der gesamten Logistikkette,
die Vereinfachung des Güterflusses
und die Verkürzung der Lieferzeiten.25
Im Zuge der immer größer werdenden Informationsflut sind im Rahmen des Logistikmanagements eine Reihe an Technologien notwendig, um die unternehmensinterne und -übergreifende
Kommunikation und Information sicherzustellen. So ermöglicht ein einheitliches und eindeutiges
System an Artikelnummern und Strichcodes eine genaue und schnelle Identifikation von Produkten,
Dienstleistungen, Transporteinheiten und Standorten, eine wichtige Voraussetzung für die effizient
arbeitende Supply-Chain.
Bisher dient die Global Trade Item Number (GTIN), die vormalige Europäische Artikelnummerierung (EAN), der eindeutigen Kennzeichnung der Artikel, wodurch jedes Produkt mit einer eindeutigen Artikelnummer identifiziert werden kann. Die Global Trade Item Numbers werden
durch den Hersteller bzw. den Lieferanten als Markeninhaber vergeben. Der Strichcode (auch: Barcode) der GTIN besteht aus numerischen Zeichen, welche einem genau vorgegebenem Zeichenrahmen entsprechen.26
Die einzelnen Bestandteile der GTIN sind:
■
■
■
■
das zweistellige Länderkennzeichen (Präfix),
die Teilnehmernummer (Herstellercode), die das jeweilige Unternehmen kennzeichnet,
die individuelle Artikelnummer zur spezifischen Artikelkennzeichnung und
die Prüfziffer, die zur Überprüfung, ob die Daten korrekt gelesen wurden, dient.27
Abbildung 4 soll die einzelnen Teile der GTIN noch einmal verdeutlichen.
Global Trade Item Number
Abbildung 4: Global Trade Item Number28
24 Eine Out-of-Stock- Situation liegt vor, wenn ein Kunde das von ihm gesuchte Produkt nicht an dem Platz findet, an dem es sein sollte
(vgl. Angerer 2004, S. 3).
25 Vgl. Kotzab 2003, S. 17
26 Vgl. Glavanovits/Kotzab 2002, S. 48 u. Hertel/Zentes/Schramm-Klein 2005, S. 205
27 Vgl. Glavanovits/Kotzab 2002, S. 49 u. Hertel/Zentes/Schramm-Klein 2005, S. 206
28 Vgl. Glavanovits/Kotzab 2002, S. 49
HANDEL IN ÖSTERREICH
59
Es existieren mehrere GTIN-Varianten. Die dem Konsumenten gebräuchlichsten Formen sind der
EAN 13 – die bekannteste Artikelnummer, welche auf nahezu allen Konsumenteneinheiten zu
finden ist – und der EAN 8, die Artikelnummer, die auf kleinen Verpackungen, wie Kaugummi- oder
Zigarettenverpackungen, zu finden ist. Die grafische Umsetzung erfolgt zurzeit in Form der bekannten Strichcodes, deren Dateninhalt beim Wareneingang oder Kassiervorgang automatisch mit
dem Scanner erfasst wird.
Abbildung 5 zeigt Beispiele der beiden vertrauten GTIN Varianten, den EAN-Code 8 und den EAN 13.
Global Trade Item Number
Abbildung 5: EAN 8 und EAN 13 Strichcode29
Während die Auszeichnungsrate von Produkten mit Strichcodes mittlerweile sehr weit vorangeschritten ist, wird längst schon wieder an einer neuen Technologie gefeilt, die den Handel „revolutionieren“ soll. Während sie in anderen Bereichen längst ihre Anwendung gefunden hat (siehe Büchereien, öffentliches Verkehrsnetz, Identifikation von Personen durch „Tags“ auf Ausweisen, Eintrittskarten usw.), steht sie als angewandte Technologie im Handel noch in der Testphase (ein Beispiel
ist der „Metro-Future-Store“ in Rheinberg, Deutschland) und es ist mehr als fraglich, wann diese
Technologie gänzlich ausgereift, aber auch kostenmäßig leistbar wird, um im Handel Einzug zu halten. Radiofrequenzidentifikation (RFID-Technologie für „Radio Frequency Identification“) heißt
diese Technologie, welche im Gegensatz zu den altbewährten, auf Scanner-Technologie basierenden
Strichcode-Systemen, im Rahmen der Radiofrequenzidentifikation das Aufbringen der Informationen auf einem Transponder gewährleistet.30
Wie Abbildung 6 zeigt, bestehen RFID-Systeme aus einem Transponder (Datenspeicher) und
einem Lesegerät (Reader):
Aufbau eines RFID-Systems
Daten
RFID-Lesegerät
Transponder
Energie
Abbildung 6: Aufbau eines RFID-Systems31
29 Vgl. Glavanovits/Kotzab 2002, S. 50
30 Vgl. Hertel/Zentes/Schramm-Klein 2005, S. 207
31 Vgl. FH Aalen o. J., S. 2
60
HANDEL IN ÖSTERREICH
B A U S T E I N
3
Die Lesegeräte sind erforderlich, um die gespeicherten Informationen auf dem Chip erfassen zu
können. Um den Transponder zu aktivieren, erzeugt das Lesegerät ein elektromagnetisches Feld,
worauf dieser wiederum den Zahlencode an das Lesegerät zurücksendet.32
RFID ist somit eine Technologie zur berührungslosen und automatischen Identifikation von Objekten (im Handelskontext von Waren) über Funkerkennung (dh. kein direkter Sichtkontakt notwendig). So lassen sich Waren im Handel bzw. in der Logistik über eine kurze Distanz automatisch und
berührungslos identifizieren. Das Kernstück dieser Technologie ist der so genannte RFID-Tag, ein
programmierbarer Chip mit Miniaturantenne, welcher auf dem jeweiligen Artikel angebracht wird.
Auf dem Tag ist in der Regel eine Art Nummerncode gespeichert, welcher Informationen verschlüsselt, die in einer Datenbank hinterlegt sind. Das Lesen, Verarbeiten und eine mögliche Veränderung der Daten geschieht über ein elektromagnetisches Frequenzfeld.33
Abbildung 7 und 8 zeigen Beispiele von RFID-Tags:
RFID-Tag
Abbildung 7: RFID-Tag34
Abbildung 8: RFID-Tag zwischen der klebenden
Warenauszeichnungsetikette
Die wichtigsten Einsatzmöglichkeiten der RFID-Technologie
entlang der Supply-Chain sind folgende Bereiche:35
■ Warenlieferung am Point-of-Sale36 (in der Filiale): Durch die so genannte „Pulkerfassung“
können alle angelieferten Waren vollautomatisch registriert werden. Dazu dienen die so genannten RFID-Tags, die berührungslos über Funk gelesen werden. Die Zeit, die notwendig ist,
um mehrere Artikel gleichzeitig zu erfassen, ohne, dass eine logistische Vereinzelung in Anspruch genommen werden muss, nimmt zwar mit wachsender Anzahl an Tags zu, liegt aber im
Normalfall bei weniger als einer Sekunde. Ohne Sichtkontakt oder Umpacken der Artikel ist es
möglich, mehrere Datenträger auf einmal in einem Lesevorgang zu erfassen. Aufwendige
Zähl-, Such-, und Sortierprozesse entfallen. Zusätzlich kann ein automatischer Abgleich mit
Bestelldaten stattfinden, sowie eine Empfangsbestätigung an die Hersteller eingeleitet werden.
■ Warenausgang: Auch beim Warenausgang können die Artikel durch RFID-Tags sowohl auf
Ebene der einzelnen Verbrauchseinheiten als auch auf der Ebene gesamter Paletten automatisch erfasst werden. Das bedeutet eine ernorme Zeit- und Kostenersparnis für den Handel im
Allgemeinen und die Logistik im Speziellen. Es ergeben sich enorme Rationalisierungsvorteile.
32 Vgl. Informationsforum RFID (2006), o. S.
33 Vgl. DIHK 2005, S. 1 und Informationsforum RFID (2006), o. S.
34 Vgl. Metro Group 2005
35 Vgl. DIHK 2005, S. 4 u. Hertel/Zentes/Schramm-Klein 2005, S. 208f
36 Ort, an dem Anbieter und Nachfrager zusammentreffen (im Geschäft).
HANDEL IN ÖSTERREICH
61
■ Lagermanagement: Im Lager- und Warenflusssystem sind ohne Suchzeiten stets der aktuelle
Lagerort und die vorhandene gelagerte Artikelmenge bekannt, weil durch die technischen Eigenheiten des RFID-Systems kein Sichtkontakt mehr nötig ist. Produktengpässe werden rechtzeitig erkannt, es erfolgt eine bedarfsgerechte Nachbestellung an Waren. Andererseits werden
unnötig hohe Lagerbestände vermieden und dadurch die Lagerkosten gesenkt.
■ Point-of-Sale: Durch die RFID-Technologie am Point-of-Sale können Bestände in den Regalen
automatisch erfasst und überwacht werden. Darüber hinaus können RFID-Systeme dazu genutzt werden, dem Kunden Informationen über die einzelnen Produkte über Displays zu übermitteln oder es können ihm sogar seinen Kaufgewohnheiten entsprechend individuelle Produktvorschläge über Displays am Einkaufswagen angeboten werden. Abbildung 9 zeigt das
Bild eines persönlichen Einkaufsberaters, welcher am Einkaufswagen angebracht ist und dem
Kunden Vorschläge zum individuellen Einkauf liefert.
Persönlicher Einkaufsberater im Metro-Future-Store
Abbildung 9: Persönlicher Einkaufsberater im Metro-Future-Store Rheinberg, Deutschland.37
■ Kaufabschluss bzw. Bezahlung: Kassiervorgänge können durch RFID-Technologie wesentlich
vereinfacht werden. Alle im Einkaufswagen befindlichen Artikel werden vollautomatisch erfasst, und müssen im Vergleich zum klassischen Kassiervorgang nicht mehr einzeln gescannt
werden. Zudem können Diebstahlssicherungssysteme integriert werden.
Der größte Teil der aufgezeigten Einsatzmöglichkeiten ist noch Zukunftsvision. Es bleibt abzuwarten,
wie lange es noch dauert, bis RFID als Standardtechnologie im Handel Anwendung findet. Zurzeit
sprechen noch vergleichsweise hohe Kosten, welche für die Implementierung des gesamten RFIDSystems aufzuwenden wären, bzw. die hohen Kosten für die einzelnen RFID-Tags, sowie die hohe
Fehleranfälligkeit der Technologie gegen einen flächendeckenden Einsatz in der Handelslandschaft.
37 Vgl. Metro Group 2005
62
HANDEL IN ÖSTERREICH
B A U S T E I N
3
3.3 Marketing – für jeden das Richtige/nur das,
was der Kunde haben will, zählt
Der Absatz kann als die wichtigste Phase im betrieblichen Leistungsprozess bezeichnet werden.
Nur wenn die angebotenen Waren bzw. Dienstleistungen abgesetzt werden können, kann ein privatwirtschaftlich geführtes Handelsunternehmen nachhaltig existieren.38 Der Gestaltung der Beziehungen zu den Konsumenten kommt in der Welt von heute, in der fast alle Waren ohne große
Mühen oder lange Suche beschafft werden können, eine entscheidende Bedeutung zu.39 So kann
das Marketing zum zentralen Erfolgsfaktor eines Handelsunternehmens werden, da es zunehmend
schwieriger wird, die Bedürfnisse der Konsumenten zu erkennen.40
Eine allgemeine Definition des Begriffs „Marketing“ nach Kotler/Bliemel lautet: „Marketing ist ein Prozess im Wirtschafts- und Sozialgefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse
und Wünsche befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erzeugen, anbieten und
miteinander austauschen“.41
Lange Zeit galt Marketing als ausschließliches Anliegen der Konsumgüterindustrie, die Industrie
war der Motor von Entwicklungen. Der Begriff „Handelsmarketing“ tauchte hingegen erst Ende
der siebziger Jahre zum ersten Mal auf.42 Früher sprach man im Handel von Einkauf und Vertrieb als
die zentralen Aufgabenbereiche des Handels. Mittlerweile hat sich auch im Sprachgebrauch des
Handels der Begriff Marketing voll etabliert. Im Handelskontext bedeutet Marketing die Erklärung und
Gestaltung aller Beziehungen einer Unternehmung zu den Abnehmern der betrieblichen Leistung.
In diesem Sinne kann ein Handelsunternehmen sein Marketing über alle Aktionsparameter steuern, mit denen es das Verhalten der Konsumenten beeinflussen kann. Diese Aktionsparameter
oder absatzpolitischen Instrumente eines Handelsbetriebes können auch als Handels-MarketingMix bezeichnet werden.43 In Abbildung 10 soll der Marketing-Mix des Handels grafisch dargestellt
werden. Somit kann Marketing auch als „Planung, Durchführung und Kontrolle aller absatzpolitischen Instrumente“ definiert werden.44
Die absatzpolitischen Instrumente des Handelsbetriebs
Ware (Sortiment)
Personal
■ Sortimentsbreite und -tiefe
■ Bedienungssystem
■ Anteil der markierten Ware
■ Besondere Dienstleistung
■ Verfügbarkeit
■ Beratung
■ Dienste nach dem Verkauf
ZIELGRUPPE(N)
Standort
Werbung
■ Art der Geschäftslage
Preise und
Konditionen
Verkaufsraum
■ Höhe der Kalkulation
■ Ladengestaltung
■ Umtauschmöglichkeiten
■ Größe und Verkaufsfläche
Abbildung 10: Die absatzpolitischen Instrumente des Handelsbetriebs45
38 Vgl. Tepperberg/Gojkovic-Vojnovic/Schneider 2003, S. 135
39 Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 360
40 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 1
41 Vgl. Kotler/Bliemel 2001, S. 12
42 Vgl. Berekoven 1995, S. 58f
43 Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 360f
44 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 10
45 Vgl. Müller Hagedorn 1998, S. 361
HANDEL IN ÖSTERREICH
63
Einer Handelsunternehmung stehen die absatzpolitischen Instrumente Ware (Sortiment), Standort, Preise und Konditionen, Personal, Werbung sowie Verkaufsraum zur Verfügung, über die sie
durch zielgerichtete Aktionen seine Zielgruppe(n) bestmöglich erreichen und ansprechen soll,
denn Marketing bedeutet, wie oben erwähnt, die Bedürfnisse und Wünsche der Konsumenten zu
befriedigen.46
Das Handelssortiment kann wohl als der zentralste Leistungsbereich des Handels bezeichnet werden, als davon ausgehend eine ganze Menge anderer Leistungsbereiche bzw. absatzpolitsicher Instrumente abhängig ist. So sind sowohl der Raumbedarf, die Verkaufsraumgestaltung als auch
Preise und Konditionen abhängig von der Vielfalt (genauer: von der Breite und Tiefe) des Sortiments. Es bieten sich fast unendlich viele Möglichkeiten, die die Größe und Vielfalt des Sortiments
betreffen. Vom Monosortiment, den Kleinstsortimenten von Tankstellen, den Sortimenten der Discounter (ca. 800 Artikel), über das der Supermärkte (ca. 8.000 Artikel), der Verbrauchermärkte (ca.
20.000 Artikel) bis hin zu den Universalsortimenten der großen Waren- und Versandhäuser mit bis
zu 80.000 Artikeln existieren alle Möglichkeiten. Ein Sortiment wird durch die Dimensionen Breite und
Tiefe beschrieben. Je breiter ein Sortiment, desto mehr verschiedene Warenbereiche umfasst ein Sortiment. Je tiefer es ist, desto mehr gleichartige Artikel beinhaltet es. Umgangssprachlich spricht
man dann von einem „gut sortierten“ Handelsunternehmen.47 Unterscheidet man genauer, kann
ein Handelssortiment aber auch durch dessen Preis- und Qualitätsniveau, dessen Marken- bzw.
Handelsmarkenanteil oder dessen Verfügbarkeit gekennzeichnet sein.
Die Preispolitik eines Handelsbetriebes ist oft nur sehr schwer greifbar. Anders als ein Hersteller,
der eine Entscheidung über den Preis eines einzelnen Produkts zu treffen hat, muss ein Händler,
eine preispolitische Entscheidung quer über eine Fülle an Waren, dh. über sein gesamtes Sortiment treffen. So hat ein Handelsbetrieb auf Preise der Konkurrenten zu achten, hat laufende Preisund Sortimentsveränderungen einzubeziehen und hat die Wahl zwischen discountierenden Preislagen (Einstiegslagen), Normalpreis- oder Hochpreislagen. Es ist Aufgabe der Preispolitik, für alle von
einem Handelsunternehmen geführten Waren und Dienstleistungen einen Verkaufspreis festzulegen.
Mit dem gültigen Preis eines Produkts werden die Konditionen der Austauschbeziehungen zwischen Käufer und Verkäufer festgelegt.48
Oft spricht man im Handel vom Begriff der Wareneingangskalkulation und nicht von Preispolitik,
wenn Verkaufspreise festgelegt werden. In diesem Zusammenhang ist der Begriff Handelsspanne
von großer Bedeutung. Diese ist im Zuge der Wareneingangskalkulation zu errechnen, um ausgehend
vom Einkaufspreis den Aufpreis (die Spanne) zu errechnen, welcher dann zum Verkaufspreis führt.
Somit kann die Handelspanne als „die Differenz zwischen Einkaufs- oder Einstandspreis und Verkaufspreisen der abgesetzten Waren eines Handelsbetriebes definiert werden, mit der die Handlungskosten gedeckt und Gewinne erzielt werden sollen; dabei werden auch Warenverluste (zB
Diebstahl, Verderb) berücksichtigt“.49
46 Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 361
47 Vgl. Berekoven 1995, S. 73ff
48 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 211f
49 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 213
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3
Einen weiteren Aktionsparameter des Handelsmarketing stellt die Standortpolitik dar. Entscheidungen über den Standort von stationären Einzelhandelsunternehmen zählen im Handel zu den
zentralen Erfolgsfaktoren, denn mit dem Standort wird die Entfernung zum Kunden festgelegt.
Gleichzeitig grenzt man mit der Wahl des Standortes auch das Konkurrenzfeld ein. Die Standortwahl einer stationären Einzelhandelsunternehmung hat also weit reichende Folgen. Standorte
können entweder wohn-, konkurrenz- oder verkehrsorientiert sein. Die Standortwahl kann als gelungen angesehen werden, wenn eine Handelsunternehmung hinsichtlich der Frequenz, der
Struktur und des Kaufverhaltens der Kunden erfolgreich ist und die Standortkosten durch entsprechende Umsätze ausgeglichen bzw. übertroffen werden. Standort, Standortkosten und Leistungsangebot stehen in wechselseitiger Beziehung zueinander. So ist eine gute Lage (1a-Lage) mit
hohen Miet- oder Kaufkosten verbunden, bietet man dem Kunden aber nur ein mäßiges Angebot,
kann die Toplage allein die hohen Kosten des Standorts möglicherweise nicht ausgleichen. Umgekehrt kann eine kostengünstige Lage mit sehr attraktivem Angebot unter Umständen von den Kunden sehr gut angenommen werden. Hier gilt es die richtige Balance zwischen Standort, Standortkosten und Leistungsangebot zu finden.50
Die einzelnen Phasen der Standortplanung einer Handelsunternehmung sind:
■ Die Standortsuche,
■ die Standortbewertung, welche zunächst in Form einer groben Vorauswahl, später anhand
einer genaueren Analyse erfolgt, um die Nachfrage und Konkurrenzsituation festzustellen und
daran folgend eine Rentabilitätsrechnung durchzuführen
■ und schließlich die Inbetriebnahme des Standortes.51
Die Personalpolitik eines Handelsunternehmens ist als nächstes absatzpolitisches Instrument zu
nennen. Die Personalpolitik im Handel ist deshalb von erheblicher Relevanz, als Unternehmen zum
Ziel haben, dauerhafte Kundenbeziehungen einzugehen. Auf diesem Wege zum Aufbau einer dauerhaften Stammkundschaft kann das Verkaufspersonal in ganz entscheidendem Ausmaß mitwirken,
da es dem Kunden am nächsten ist und mit ihm kommuniziert.52
Innerhalb des Aktionsparameters Personalpolitik geht es einerseits um die Beschäftigungs-, andererseits um die Entgeltpolitik. Betrachtet man den Beschäftigungsaspekt, so geht es um die Frage,
wie viele Mitarbeiter, welche Mitarbeiter (Qualifikationen) beschäftigt werden sollen und wie
lange diese innerhalb eines Zeitraumes arbeiten sollen (Beschäftigungsausmaß). Innerhalb der
Entgeltpolitik müssen neben der Höhe der Mitarbeiterentgelte auch mögliche zusätzliche Prämien
und unterschiedliche Bezugsgrößen für die Prämien, dh. abhängig vom Umsatz oder Bruttoertrag
festgelegt werden.53
Das absatzpolitische Instrument Werbepolitik ist im Vergleich zu allen anderen Parametern noch
sehr jung. So wird im Handel (im eigentlichen Sinne nur im Einzelhandel) erst seit wenigen Jahrzehnten offensiv geworben.54 Aufgrund des verschärften Wettbewerbs im Handel – besonders im
Einzelhandel – zeigt sich die Handelswerbung im Gegensatz zur Markenartikelwerbung besonders
häufig als klassische „Schweinebauch-Werbung“55. So werben Einzelhandelsunternehmen verstärkt über vielfältige Beilagen und Anzeigen in der Tagespresse, welche Konsumenten besonders
preissensibel werden lassen, indem sie durch ständige Preisvorteile und Aktionspreise angesprochen
werden.56 Betrachtet man die Medien der Handelswerbung, so kommt der Anzeigenwerbung in Tageszeitungen die höchste Bedeutung zu. Diese hohe Bedeutung liegt in der Tatsache begründet,
dass Tageszeitungen im Einzugsgebiet einer (filialisierten) Handelsunternehmung über eine sehr
hohe Reichweite verfügen. Beilagenwerbung ist in den letzten Jahren eine sehr beliebte Form der
Handelswerbung geworden.
50 Vgl. Berekoven 1995, S. 342ff
51 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 111f
52 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 11ff
53 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 312f
54 Vgl. Berekoven 1995, S. 222
55 Es werden viele Produkte des täglichen Bedarfs (so genannte Lock-Angebote) gleichzeitig beworben, wobei vor allem der Preis als entscheidendes Differenzierungsmerkmal hervorgehoben wird. Das Ziel der „Schweinebauch-Werbung“ liegt nicht in der Ansprache von Stammkunden,
sondern eher in der Ansprache flüchtiger Betrachter.
56 Vgl. Greipl/Müller 2000, S. 448
HANDEL IN ÖSTERREICH
65
Durchschnittlich enthält eine Beilage rund acht Seiten und um die achtzig Produktangebote. Zudem sind die Gestaltungsmöglichkeiten in Form von Farbe, Qualität des Papiers und Format ein
Vorteil gegenüber den Schwarz-Weiß-Anzeigen der Tageszeitungen. Weitere Formen der Handelswerbung sind die klassische Schaufensterwerbung, Außenwerbung auf Plakaten, Lichtersäulen
oder Verkehrsmitteln, Werbung über Hörfunk und TV, Direktwerbung über Werbebriefe, Prospekte, Werbegeschenke, Muster und Proben. Neuere Formen der Handelswerbung sind Kundenkarten oder Kundenclubs57, die vor allem das Gesamtimage des Handels bewerben sollen, um den
ständigen Preiskämpfen der Handelsunternehmen entgegenzuwirken58.
Schließlich gibt es noch den Aktionsparameter der Verkaufsraumgestaltung, weil die Eindrücke
des Verkaufsraumes eines Handelsunternehmens das Einkaufsverhalten des Konsumenten wesentlich beeinflussen können. Ein Handelsunternehmen kommuniziert mit seinen Konsumenten
über seine Gestaltung des Verkaufsraumes, über die Anordnung von Waren und über die Gestaltung der Fassade des Geschäftes, sodass beim Konsumenten bestimmte Emotionen geweckt werden und so ein bestimmtes Einkaufserlebnis ausgelöst werden kann. Hat es eine Handelsunternehmung geschafft, durch seine Fassaden- und Verkaufsraumgestaltung ganz bestimmte Assoziationen beim Kunden auszulösen und in den Köpfen der Konsumenten als ganz bestimmtes Bild verankert zu bleiben, so hat das Handelsunternehmen eine eigene Corporate Identity (CI) geschaffen,
die für das Image eines jeden Unternehmens von großer Bedeutung ist.
Die Einkaufsatmosphäre soll den Seh-, Hör-, Riech- und Tastsinn des Kunden ansprechen, was
über die Gestaltung des Geschäftslokals mit Warenträgern und Dekorationsmitteln, über die farbliche Gestaltung, über Beleuchtungsmöglichkeiten, Hintergrundmusik und Düfte ermöglicht werden soll. Als weitere wichtige Größe in der Verkaufsraumgestaltung ist das Sortiment im Verkaufsraum so anzuordnen, dass dem Konsumenten das Aufsuchen der gewünschten Waren erleichtert
wird. Dies kann nach den Kriterien materielle Ähnlichkeit (zB Süßigkeiten), Verwendungsverbund (zB
„Alles für Ihr Haustier“), über die Qualitätsstufe oder Preislage erfolgen. Regal- und Flächenkapazitäten sollten den einzelnen Artikeln im Sinne von Category Management59 in der Weise zugeteilt
werden, dass gut laufende, schnell drehende Artikel (so genannte „Renner“) jenem Stockwerk
(Erdgeschoß) bzw. jenem Regalplatz (Augenhöhe) zugeteilt werden, das bzw. der die größte Aufmerksamkeit des Konsumenten erzielt.60
Nachdem im vorangegangenen Abschnitt auf die einzelnen Elemente des Handelsmarketing-Mix
eingegangen wurde, soll nachfolgend auf die verschiedenen Segmentierungsstrategien, aus denen ein Unternehmen je nach Gegebenheit des Marktes zu wählen hat, eingegangen werden. Das
Marketing einer Unternehmung kann unterschiedlich stark ausdifferenziert sein, dh. der Segmentierungsgrad kann unterschiedlich weit abgestuft sein.
Mögliche Stufen des Segmentierungsgrades sind:
■ Null-Segmentierung,
■ Segmentbildung,
■ Nischenbildung und
■ atomisierte Segmentierung.
Findet keine Segmentierung statt (Null-Segmentierung), betreibt eine Unternehmung MassenMarketing. Unter Verfolgung dieser Strategie betreibt ein Unternehmen Massenproduktion, -distribution und -absatzförderung, wodurch alle Konsumenten gleichermaßen angesprochen werden
sollen. Diese Strategie gilt heute als nicht mehr zeitgemäß.
57 Vgl. Berekoven 1995, S. 225ff
58 Vgl. Greipl/Müller 2000, S. 451
59 Category Management bedeutet die Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse als zentraler Bestandteil einer Unternehmung und fordert die Verzahnung
einer effizienten Warenversorgung mit der Sortimentsgestaltung am Point of Sale (vgl. Zentes/Swoboda 1999, S. 85).
60 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 337ff
66
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Unter Verfolgung der Strategie des Segment Marketing, welche dem Segmentierungsgrad der
Segmentbildung entspricht, werden von einer Unternehmung Unterschiede zwischen größeren
Kundengruppen (zB nach Kaufkraft, Kaufgewohnheiten, Einstellungen oder Verhaltensweisen segmentiert), wahrgenommen. Das Unternehmen möchte sich nach den Eigenschaften orientieren,
welche die Mitglieder eines Segments gemeinsam haben. Somit liegt das Segment Marketing zwischen den Extremen Massen-Marketing und Individual-Marketing. In diesem Sinne kann ein Handelsunternehmen beispielsweise einer Zielgruppe (nicht aber einer Einzelperson) ein angemessenes
Angebot aus Produkten, Kundendienst und Preisniveau machen. Durch die Möglichkeit der genaueren Anpassung der Vertriebswege und Kommunikationswege an die Zielgruppe, kann die Effektivität und Effizienz einer Unternehmung gesteigert werden.
Auf Basis des Konzeptes der Nischenbildung kann Nischen-Marketing betrieben werden. Im Rahmen
dieser Strategie hat eine Unternehmung die Aufgabe, eine näher definierte, kleinere Kundengruppe zu identifizieren, deren Wünsche und Bedürfnisse nicht bzw. nicht gut genug durch bestehende Konkurrenz-Angebote erfüllt werden.
Individual-Marketing beruht hingegen auf dem Grad atomisierter Segmentierung. Verfolgt eine
Unternehmung dieses Marketing-Konzept, so wird der Markt bis auf die kleinste Einheit, den individuellen Kunden, zerlegt. Unter dem Begriff „Mass customization“61 wird Individual-Marketing in
jüngster Zeit von vielen Unternehmen betrieben. Durch „maßgeschneiderte Massenfertigung“
wird die Möglichkeit verstanden, dem Kunden individuelle, auf ihn eigens abgestimmte Produkte
bzw. Dienstleistungen anzubieten und das in großem Umfang. Die Vorteile für den Kunden liegen im
Angebot attraktiver, maßgeschneiderter Produkte und Dienstleistungen zu niedrigeren Kosten aufgrund moderner Produktionstechnologien.62
Bevor allerdings Marketingaktivitäten durchgeführt werden können, müssen Informationen,
als wichtigstes Einsatzgut für den gesamten Marktforschungsprozess, gewonnen werden. Das
primäre Anliegen der Marktforschung ist es, Informationen über die Märkte des Unternehmens zu
gewinnen.63 Marktforschung kann als „der systematische Prozess der Gewinnung und Analyse von
Daten für Marketing-Entscheidungen“ definiert werden.“64
Marktforschung bedingt einen Problemlösungsprozess, der gedanklich in eine idealtypische Abfolge von Phasen gegliedert werden kann.
Die Phasen der Marktforschung lauten:
■
■
■
■
■
Problemformulierung (Definitionsphase)
Konzepterstellung (Designphase)
Datenerhebung (Feldphase)
Auswertung und Interpretation der Ergebnisse (Analysephase)
Transfer der Ergebnisse (Kommunikationsphase)65
In der Definitionsphase bzw. bei der Problemformulierung geht es darum, eine von einem Entscheidungsträger formulierte Fragestellung in ein Forschungsproblem umzusetzen. Das erkannte
Problem bzw. der Informationsbedarf eines Unternehmens muss also zunächst analysiert und definiert werden.66
61 maßgeschneiderte Massenfertigung
62 Vgl. Kotler/Bliemel 2001, S. 418ff
63 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 377
64 Vgl. Hüttner 1999, S. 1
65 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 387ff
66 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 391 und Berekoven/Eckert/Ellenrieder 2001, S. 22
HANDEL IN ÖSTERREICH
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In der zweiten Phase, der Designphase, soll ein detaillierter Erhebungsplan entwickelt werden, in
dem die einzelnen Schritte der Felduntersuchung (zB Kundenbefragung, Expertenbefragung, Beobachtung, etc.) und wenn möglich auch der Datenauswertung aufgezeichnet sind.67
Die darauf folgende Phase, die Feldphase bzw. die Durchführung der Untersuchung, hat die eigentliche Datenerhebung (zB Befragung) als Gegenstand. Diese Phase ist geprägt von Organisationsund Kontrollaktivitäten der Erhebungspersonen zur Sicherstellung von Qualitäts- bzw. Gütekriterien und von der „Arbeit im Feld“.
In der Analysephase vollzieht sich der Prozess der Datenauswertung. Nach Anwendung aller statistischen Verfahren, erfolgt schließlich die Interpretation der Ergebnisse.68
Letztlich werden in der Kommunikationsphase die gewonnenen und analysierten Daten den Kunden
bzw. den an der Datenerhebung interessierten Personen kommuniziert. Dazu wird in der Regel ein
Forschungsbericht erstellt als auch eine Präsentation der Ergebnisse vorgenommen.69
3.4 Werbung – wie funktioniert sie im Handel?
Sprach man früher noch von der Reklame eines Kaufmannes, so kam in den Jahren nach 1950 der
Begriff Werbung bzw. Absatzwerbung auf. Etwa ab 1980 etablierte sich dann der Begriff Kommunikationspolitik, jedoch hatte dieser Begriff weit aus mehr Bedeutung als die reine Absatzwerbung,
denn auch Begriffe wie Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit wie zB Messen), Sponsoring und
Corporate Identity (Firmenimage) umfassen diesen Begriff. Mit Werbung sind meistens nur jene
Maßnahmen kommunikativer Art gemeint, die auf Abnehmer (zB Konsumenten) gerichtet sind.70
Der Handel will durch den Einsatz von Werbung die vorhandene Nachfrage in seinem Einzugsgebiet
möglichst vollständig auf seine Unternehmung lenken. Im Gegensatz zur Industrie möchte der
Handel mehrere Produkte seiner Verkaufsstellen und nicht nur ein Produkt bzw. eine Produktfamilie
bewerben.71
Die Werbeplanung stellt als Ausgangspunkt aller werbepolitischen Maßnahmen
in der Handelsunternehmung einen Prozess dar, welcher sich in die folgenden
übergeordneten Phasen gliedern lässt: 72, 73
1. Festlegung der Werbeziele: Soll durch die Werbepolitik der in der vorangegangenen
Periode erzielte Umsatz erhöht oder gehalten werden?
2. Bestimmung der Werbeobjekte: Für welche Objekte (zB Waren, Dienstleistungen,
Handelsbetrieb als Ganzes) soll geworben werden?
3. Auswahl der Werbesubjekte: An welche Personen bzw. Personengruppen
(zB Haushalte, Autofahrer) soll sich die Werbung richten?
4. Wahl der Werbemittel: Welche Instrumente (zB Inserat, Prospekt, Fernsehspot, Rundfunkspot
usw.) sollen eingesetzt werden, um das Werbeziel zu realisieren?
5. Wahl des Werbeträgers: Welche Medien (zB Rundfunk, Fernsehen, Zeitung usw.) sollen genutzt
werden, um die Werbemittel an die Werbesubjekte am wirkungsvollsten heranzuführen?
6. Festlegung des zeitlichen Einsatzes der Werbung: Wie sollen die werbepolitischen Aktionen auf
die Umsatzperiode verteilt werden (zB gleichmäßig über ein Jahr oder nur am Anfang bzw.
Ende des Jahres)? Wie lange soll die Werbeschaltung dauern?
7. Werbebudgetplanung: Welcher Geldbetrag soll innerhalb eines gewissen Zeitraumes in die
Werbung fließen?
67 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 391
68 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 392
69 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 392
70 Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 464
71 Vgl. Barth/Hartmann/Schröder 2002, S. 232
72 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 272f
73 Vgl. Falk/Wolf 1991, S. 351f
68
HANDEL IN ÖSTERREICH
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Abbildung 11 zeigt eine Darstellung der Werbeplanung im Handelsunternehmen.
Werbeplanung im Handel
Formulierung der Werbeziele
Bestimmung der Werbeobjekte
Bestimmung des Werbebudgets
Bestimmung der Werbemittel
Auswahl der Werbeträger
Zeitliche Verteilung des Werbebudgets
zB (Weihnachten, Ostern)
Kontrolle der Werbewirkung
Abbildung 11: Werbeplanung im Handel74
Die Festlegung der Werbeziele gehört zu den zentralen Aufgaben der Werbeplanung im Handel. Ohne
die Vorgabe von Zielen können Werbeaktionen im Handel nicht zweckmäßig koordiniert werden.
Mögliche Werbeziele eines Handelsunternehmens können sein75:
■
■
■
■
■
Steigerung des Bekanntheitsgrades
Gewinn neuer Kunden
Verbesserung des Preisimages
Verbesserung des Sortimentsimages
Erhöhung der Besucher- und Kundenfrequenz
Zudem muss bestimmt werden, welche Objekte beworben werden sollen. Hierbei steht die Frage im
Mittelpunkt, ob für das Sortiment des Handelsbetriebes und/oder für den Betrieb als Ganzes geworben werden soll. Gerade bei den Großbetrieben des Einzelhandels ist es nicht möglich, für das
gesamte Sortiment zu werben (zB bei Warenhäusern mit 100.000 bis 130.000 Artikeln), deswegen beschränkt sich die Werbung auf besonders aktuelle Angebote, die sich durch ihre Attraktivität und
Preisgünstigkeit von den anderen Artikeln des Sortiments abheben soll.
74 Vgl. Falk/Wolf 1991, S. 352
75 Vgl. Müller Hagedorn 2002, S. 275
HANDEL IN ÖSTERREICH
69
Der Handel hat die Frage zu berücksichtigen, ob das Werbesubjekt, also der zu Umwerbende, einzeln
beworben werden soll (zB durch einen personalisierten Werbebrief) oder ob ganze Personengruppen (zB in einem Wohnbezirk) auf einmal angesprochen werden sollen, wie zB durch eine Anzeige
im Bezirksblatt. Die ausgewählten Werbemittel sollen bei den Umworbenen eine möglichst große
Werbewirkung erzielen.
Hierbei sollen laut der vom Werbepsychologen Lewis entwickelten AIDA-Regel die folgenden
Anforderungen in vorgegebener Reihenfolge erfüllt werden76:
Attention – Erregung der Aufmerksamkeit des Kunden
Interest – Das Interesse beim Kunden wird geweckt
Desire – Der Wunsch nach dem Produkt wird geweckt
Action – Der Kunde kauft das Produkt
Um zu werben, benötigt der Handel geeignete Werbeträger und Werbemittel. Dabei sind mit Werbeträgern jene Organe bzw. Medien gemeint, welche der Verbreitung der Werbemittel (zB Werbefernsehspots) dienen. Werbemittel sind für die Werbung geschaffene persönliche und sachliche
Gestaltungsformen von Werbebotschaften. Beispiele wären Anzeigen, das Plakat und wie bereits
genannt der Werbefernsehspot. Die Bedeutung der einzelnen Werbeträger unterscheidet sich
stark von Branche zu Branche. So wirbt zB der Lebensmitteleinzelhandel häufig mittels Anzeigenwerbung, wohingegen der Bekleidungs- und Möbeleinzelhandel häufig Prospekte einsetzt. Das für
die Werbung gewählte Werbemittel und der gewählte Werbeträger sind auch bestimmend für die
Höhe der Werbeausgaben und spielen eine wichtige Rolle bei der Planung des Werbebudgets.77
Bei dem zeitlichen Einsatz der Werbung sollten möglichst Schwerpunkte gesetzt werden. Im Einzelhandel könnten dies zB Winterschlussverkauf, Halloween, Ostern, Weihnachten, Valentinstag,
Schulbeginn etc. sein.
Mit Hilfe der Werbeerfolgskontrolle soll am Ende der Werbeerfolg des Handelsbetriebes gemessen werden. Der Werbeerfolg misst sich an der erreichten Realisierung der Werbeziele, zB Steigerung
des Umsatzes und Erhöhung der Nachfrage. Diese Ziele können ökonomische Ziele (zB Umsatz)
oder nicht ökonomische Ziele (zB erhöhtes gewecktes Interesse für eine Einkaufsstätte) sein.
76 Vgl. Weis 1998, S. 52
77 Vgl. Barth/Hartmann/Schröder 2002, S. 240f
70
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3.5 Kunden überzeugen und an die Unternehmung
binden – Verkaufsgespräch, Sales Management
Zu den prägenden Einflüssen, welche das Image eines Einzelhandelsgeschäfts besonders prägen,
zählt der Kontakt des Kunden mit dem Verkaufspersonal des Handelsbetriebes. Die Art und Weise,
wie das Verkaufspersonal eines Einzelhandelsgeschäftes dem Kunden entgegentritt, führt zu bestimmten gefühlshaften Wertungen des Geschäftes durch die Kunden. So kann es zB passieren,
dass unfreundliches und aufdringliches Verkaufspersonal das Image eines Unternehmens stark
negativ beeinflussen.78
Der persönliche Verkauf ist gekennzeichnet durch die Akquisition (Gewinnung) von Kunden. Der
persönliche Verkauf beruht auf dem unmittelbaren Kontakt zwischen Verkäufer und Käufer.79 Verkaufen ist mehr, als nur Waren absetzen. Es ist in einer vollkommenen Form die Kunst, in Menschen und Dingen das Beste zu sehen und dies auch in seinem Verhalten zum Ausdruck bringen zu
können. Es ist die Kunst der Verständigung, der Wertschätzung und Beeinflussung anderer im
gegenseitigen Vorteil.80
Es ist eine Herausforderung und zugleich Fähigkeit, seine Information dem Gesprächspartner bzw.
dem Kunden verständlich zu machen. Die richtig gewählte Kommunikation ist eine essentielle
Grundlage, um einen Kunden zum Kauf zu bewegen, jedoch ist sie auch nie ein Garant dafür, dass
der Kunde letztendlich wirklich kauft. Der Kunde muss die vom Verkäufer versandte Information
auch aufnehmen und verstehen, denn die Kommunikation zwischen Kunde und Verkäufer ist
nur dann erfolgreich, wenn der Kunde (Empfänger) die vom Verkäufer ausgesandte Nachricht auf die
gleiche Weise aufnimmt, wie der Verkäufer (Sender) sie versteht.81
Es gehört jedoch noch mehr zum erfolgreichen Verkaufen. Am besten ist das an einer alltäglichen
Situation im Handel zu verdeutlichen: Der Kunde hat nach längerer Suche genau das gefunden,
wonach er suchte, hat dann jedoch die Geschäftsstätte verlassen, weil er den Verkäufer nicht
mochte. Damit sich diese Situation nicht ein zweites Mal ereignet gilt es, die Aufmerksamkeit des
Kunden zu gewinnen und zu halten. Um dies zu bewerkstelligen sollten hierfür alle Störfaktoren
beseitigt werden. Laute Umgebungsgeräusche, persönliche Probleme, eine negative Einstellung,
sowie unpassende Manieren oder das Tragen von unpassender Kleidung wirken sich negativ auf
den Verkaufserfolg aus.82
78 Vgl. Falk/Wolf 1991, S. 194
79 Vgl. Tietz 1993, S. 418
80 Vgl. Nemeth 1996, S. 52
81 Vgl. Schimmelschmidt 2005, S. 76ff
82 Vgl. Schimmelschmidt 2005, S. 76ff
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Es verhält sich beim Verkaufen ähnlich wie bei dem Aufbau einer Freundschaft. Die guten Verkäufer
wissen, wie man eine Beziehung zum Kunden aufbaut, und setzen dies geschickt um. Im Grunde
ist es einfach: Schafft man es zB einen Kunden zum Lachen zu bringen, bringt er dem Verkäufer
Sympathie entgegen und kauft dann auch eher. Gerade Menschen, deren eigene Einstellung sehr ausgeglichen und harmonisch ist, können dies auch auf andere Personen übertragen. Verkaufsgespräche lassen sich nicht alle in ein Schema einordnen, nach welchem sie immer ablaufen, jedoch kann
man einen Modellfall einer solchen Kunden-Verkäufer-Interaktion zu konstruieren versuchen. So
könnte man ein Verkaufsgespräch in drei Phasen beschreiben (siehe Abbildung 12)83:
Phasen des Verkaufsgesprächs
Begrüßungsphase
Angebots- bzw.
Präsentationsphase
Abschluss bzw.
Endphase
Abbildung 12: Phasen des Verkaufsgesprächs84
■ Die erste Phase ist die so genannte Kontakt- bzw. Begrüßungsphase. Diese Phase dient zur
Kontaktherstellung, zum Kennen lernen und zur Schaffung einer Vertrauensbasis. Man kann
mit Sicherheit sagen, dass diese Phase zu den wichtigsten Phasen des Verkaufsgesprächs
gehört. Wer hier freundlich und begeistert agiert, hat den Kunden schon fast für sich gewonnen. Wer als Kunde nicht bereits am Anfang eines Gespräches Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft
und Freude vermittelt bekommt, der wird sich eine solche Erfahrung sicherlich kein zweites
Mal mehr antun.
■ Die zweite Phase des Verkaufsgespräches ist die Angebots- bzw. Präsentationsphase. In dieser
Phase soll der Bedarf des Kunden ermittelt und das passende Angebot für ihn präsentiert werden. Gerade in dieser Phase ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen und gut zuzuhören.
Es ist wichtig, in dieser Phase an die gefühlsmäßigen Antriebskräfte der Kunden zu denken. In
dieser Phase müssen die richtigen Fragen gestellt werden, denn sonst verfliegt auch noch die
letzte Chance, ein erfolgreiches Verkaufsgespräch führen zu können. Wer zudem auch noch
sehr gut zuhören kann, ist wieder einen großen Schritt weiter. Jetzt erst kann der Verkäufer ein
optimales Angebot machen und die entsprechenden Argumente bringen.
■ Die dritte Phase – die Abschluss- bzw. Endphase – des Verkaufsgespräches verfolgt das Ziel, die
Kaufsignale des Kunden zu erkennen, und falls nötig, Hilfen bei der Kaufentscheidung anzubieten.
Wichtig in der Abschlussphase ist, dass der Kunde sich nicht unter Druck gesetzt fühlt. Hat der
Gesprächspartner eine Entscheidung getroffen, so sollten Sie diese nochmals bekräftigen.
Ob nun der Verkauf zustande kommt oder nicht, das wichtigste Instrument des Verkäufers ist die
freundliche Verabschiedung des Kunden beim Verlassen der Geschäftsstätte. Wer bei der Verabschiedung des Kunden ihm mit Begeisterung und Freundlichkeit ein „Auf Wiedersehen“ mit auf
dem Weg gibt, der sorgt dafür, dass der Kunde ein vollendetes Einkaufserlebnis genießt. Eine bessere Art Kunden zu werben gibt es nicht.85
Verkaufsgespräche im oben angeführten Sinne finden vor allem in Fachgeschäften (mit Bedienung) statt, teilweise auch in Geschäften im Selbstbedienung; anders formuliert ist ein richtig verstandenes Verkaufsgespräch deutlich mehr als die reine Auffindung der Ware in den Regalen bzw.
die diesbezügliche Information an die Kunden.
83 Vgl. Nemeth 1996, S. 52
84 Vgl. Nemeth 1996, S. 52
85 Vgl. Nemeth 1996, S. 52
72
HANDEL IN ÖSTERREICH
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3
3.6 Was bleibt vom Preis? –
Kosten und Verdienstspannen im Handel
Im Rahmen der Preispolitik des Handels ist es notwendig, Endverbraucherpreise seiner Produkte
für den Konsumenten zu bestimmen und festzusetzen, um letztendlich durch den Verkauf der angebotenen Produkte und Dienstleistungen die anfallenden Kosten zu decken bzw. einen Gewinn
zu erzielen. So stellen zB im Lebensmitteleinzelhandel die Wareneinstandskosten mit rund 50 bis
85 % der Gesamtkosten den größten Kostenblock in dieser Branche dar.86 Die restlich anfallenden
Kosten bzw. die Handlungskosten stellen die Kosten für das Personal, für die Miete, die Werbung etc.
dar. Diese Kosten sind fixe Kosten, welche schwer einzelnen Kostenverursachern zuzuordnen sind.
Aufgrund dieser Kostenstruktur im Handel bedient man sich bei der Berechnung des Endverbraucherpreises dem Instrument der Handelsspanne.87 Der Wiederverkaufspreis des Handels basiert
stets auf den Wareneinstandskosten zuzüglich einer Handelsspanne. Die Handelsspanne dient
hierbei zur Deckung der Handlungskosten und zur Generierung eines Gewinnes.88
Die Handelsspanne wird wie folgt definiert89:
„Die Handelsspanne ist die Differenz zwischen Einkaufspreis bzw. Einstandspreis und Verkaufspreisen der abgesetzten Waren eines Handelsbetriebes, mit der die Handlungskosten gedeckt
und Gewinne erzielt werden sollen; dabei werden auch Warenverluste (zB Diebstahl, Verderb) berücksichtigt.“
In der Kalkulation setzt sich die Handelsspanne aus den Handelskosten und aus dem Gewinn
zusammen. Die Handelsspanne kann als absoluter Betrag (absolute Spanne/Betragspanne) oder
als relative Prozentzahl (relative Spanne/Prozentspanne) angegeben werden.
Die Aufgabe der Wareneingangskalkulation ist es, ausgehend vom Einkaufspreis oder Einstandspreis, jenen Aufschlag zu bestimmen, der zum Verkaufspreis führt, dies bedeutet in einer Formel
ausgedrückt90:
Einkaufspreis (EK) * (1+h) = Verkaufspreis (VK)
In dieser Formel steht die Handelsspanne h (in Prozent ausgedrückt) als Aktionsparameter der handelsbetrieblichen Preispolitik. Die Begriffe Einkaufspreis und Einstandspreis seien wie folgt definiert:
+
=
+
=
Listenpreis91 des Lieferanten
Rabatte, Skonti und sonstige Preisnachlässe
Warennebenkosten (zB Zölle, Verpackungskosten, Versicherungs- und Gefahrtragungskosten)
Einkaufspreis ➜ Basis für die Berechnung der Handelsspanne
zurechenbare Bezugskosten wie Frachten, Speditionsgebühren
Einstandspreis
Ein fiktives Zahlenbeispiel soll diese Rechnung praktisch verdeutlichen: Angenommen der österreichische Elektroeinzelhändler Leo Lang kauft beim Elektrogroßhandel Elektroserve Notebooks
ein. Der Listenpreis des Großhändlers (Lieferanten) beträgt für Leo Lang pro Computer EUR 764,99.
Leo Lang begleicht seine Rechnung innerhalb von 14 Tagen und erhält dadurch 2 % Skonto. Für
Verpackungskosten und Versicherung zahlt Leo Lang EUR 18,77 pro Notebook. Daraus ergibt sich für
Leo Lang ein Einkaufspreis von EUR 768,46. An Fracht- sowie Speditionsgebühr zahlt Herr Lang
pro Stück EUR 7,00. Daraus ergibt sich für Leo Lang ein Einstandspreis (= seine Gesamtkosten für den
Bezug eines Notebooks) von EUR 775,46.
86 Vgl. Diller 2000, S. 466
87 Vgl. Müller Hagedorn 2002, S. 211ff
88 Vgl. Diller 2000, S. 474ff
89 Vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 443f
90 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 212
91 Das in Schulbüchern dargestellte Kalkulationsschema weicht von dem hier dargestellten oft ab. So wird zB die Handelsspanne als Rohabschlag in
% des Verkaufspreises gerechnet und der Rohaufschlag (hier die Handelsspanne) vom Einstandspreis (also inklusive aller eigenen Bezugkosten).
HANDEL IN ÖSTERREICH
73
EUR
764,99
- 15,30
+ 18,77
= EUR 768,46
+
7,00
= EUR 775,46
Listenpreis des Lieferanten
2 % Skonto
Warennebenkosten (Verpackung und Versicherung)
Einkaufspreis ➜ Basis für die Berechnung der Handelsspanne
Fracht und Speditionsgebühr
Einstandspreis (Gesamtkosten)
Auf den Einkaufspreis schlägt Leo Lang noch eine 30 %ige Spanne, sodass er seine Risiken und
Kosten (Fracht-, Miet-, Personalkosten etc.) decken und einen Gewinn erzielen kann. Die Berechnung lautet, wie folgt:
Einkaufspreis EUR 768,46 * 1,30 = Verkaufspreis EUR 999,0092(exkl. USt)
Leo Lang verkauft seine Notebooks für EUR 999,00 pro Stück (ohne USt).
Beim Listenpreis des Lieferanten wird immer vom Preis ohne Umsatzsteuer ausgegangen, bei
der Handelsspanne wird der Netto-Verkaufspreis, also der Verkaufspreis (VK) ohne Umsatzsteuer
kalkuliert.93 Berücksichtigt man noch die Umsatzsteuer (20 %) beträgt der Verkaufspreis (inkl. USt)
EUR 1.198,80.
92 gerundeter Wert
93 Vgl. Müller-Hagedorn 2002, S. 213
74
HANDEL IN ÖSTERREICH
B A U S T E I N
3
3.7 Umweltschutz und Handel –
wie sie voneinander profitieren können
Die ökologischen Folgen des Wirtschaftens in unserer heutigen Gesellschaft werden in vielfältigster Form diskutiert. Hauptsächlich geht es um die Verwendung natürlicher Ressourcen sowie um
schädliche Abgase und Abfallverursachung bei den Produktions-, Distributions- und Konsumtionsprozessen. Der Markterfolg umweltfreundlicher Produkte und spektakuläre Markteinbrüche
bei Produkten mit Umweltproblemen zeigen deutlich, dass sich das wachsende Umweltbewusstsein nachhaltig in kaufkräftiger Nachfrage nach ökologischem Zusatznutzen widerspiegelt.94 Dem
Handel wurde im Vergleich zum Hersteller in dieser Diskussion lange Zeit wenig Bedeutung zugemessen. Die Hersteller wurden nämlich als Hauptverursacher für Umweltschäden verantwortlich
gemacht und der Handel erschien dabei nur als Vermittler innerhalb dieser Austauschprozesse
zwischen Konsument und Hersteller.95 Der Handel steht jedoch zwischen Konsument und Hersteller
und beeinflusst dabei deren Werthaltungen und Handlungen. In dieser Rolle wird der Handel zum
„Torwächter“ bzw. „Gate Keeper“ zwischen Hersteller und Konsument, welcher über die Quantität
und Qualität der Leistungs-, Kommunikations- und Wertströme zwischen den beiden Parteien vermittelt (siehe Abbildung 13).
Der Handel als Gate Keeper im Waren-, Informationsund Wertstrom des Marktweges
Hersteller
Informations- und Warenstrom
Handel
als
Gate Keeper
Informations- und Recyclingstrom
Konsument
Wertstrom
Abbildung 13: Der Handel als Gate Keeper im Waren-, Informations- und Wertstrom des Marktweges96
Der Handel hat großen Einfluss auf die verwendeten Stoffe, welche bei ihm über den Ladentisch
gehen und durch seine Sortimentspolitik ist er ein Stoffstrommanager, welcher den Absatz von
ökologischen Produkten wesentlich beeinflusst. Ökologieorientierte Beschaffungs- bzw. Einkaufspolitik richtet sich primär an die Lieferanten, welche nach ökologischen Kriterien ausgewählt werden.
Die Warenpräsentation der Produkte beeinflusst die Kaufentscheidung der Konsumenten, daher
werden ökologische Produkte ganz gezielt durch eine größere Zuweisung von Regalfläche gefördert. Seine Ökologieorientierung bezieht sich hier zum einen darauf, die Verpackungspolitik der
Hersteller zu beeinflussen und zum anderen auf Eigeninitiative, insbesondere im Bereich der
Transport- und Umverpackungsgestaltung.97
Der Handel kann sich bei der Umsetzung von Umweltanforderungen an verschiedenen Strategien
bedienen. Der Handel kann einerseits bei der Beschaffung seiner Produkte die Hersteller nach ökologischen Kriterien auswählen und andererseits kann er durch den Absatz seiner Produkte eine
Ökologieorientierung durchsetzen bzw. gegenüber den Konsumenten kommunizieren und sie an
die Konsumenten herantragen.98
94 Vgl. Meffert/Wagner/Backhaus 1991, S. 2
95 Vgl. Hansen 1999, S. 715
96 Vgl. Meffert/Wagner/Backhaus 1991, S. 7f
97 Vgl. Hansen 1999, S. 717f
98 Vgl. Meffert/Wagner 1991, S. 11f
HANDEL IN ÖSTERREICH
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Bei der Beschaffung seiner Produkte kann der Handel versuchen, mittels Druck bei den Herstellern
seine ökologischen Bedarfe durchzusetzen. Dies geschieht, wie bereits erwähnt, innerhalb der Beschaffungspolitik durch die Selektion der Lieferanten nach ökologischen Kriterien der Lieferanten
sowie des Produktangebots.
Der Handel hat diesbezüglich folgende Handlungsmöglichkeiten99:
■
■
■
■
■
Aufnahme von ökologischen Kriterien in die Lieferantenselektion
Ökologisch orientierte Selektion innerhalb des Produktangebots
Einflussnahme durch ökologische Richtlinien auf die Produktgestaltung und Produktion
Ökologisch orientierte Förderprogramme
Eine umweltfreundliche Sortimentsgestaltung zielt darauf ab, Produkte aufzunehmen,
die von ihrer Eigenschaft, Beschaffenheit und Verpackung umweltfreundlich sind.
■ Aufnahme von Produkten, die umweltentlastend hergestellt werden (Herstellung)
und vom Lieferanten umweltschonend angeliefert werden (Lieferung)
■ Aufnahme von Produkten, die aufgrund ihrer umweltfreundlichen Eigenschaften dem
Kunden offensiv präsentiert und durch entsprechende Informationen bzw. umweltfreundliche
Werbemittel angepriesen werden (Verkauf)
■ Ausschluss einzelner Produkte bzw. Produktgruppen mit umweltschädlichen Stoffen
Das umweltorientierte Verhalten von Unternehmen hat zahlreiche Effekte auf sonstige Aspekte
der Marketing-Politik. Handel und Industrie haben die Möglichkeit, durch ihr wirtschaftliches Handeln
neue Wertvorstellungen bei den Konsumenten zu schaffen.
Diese neuen Wertvorstellungen, die auf einem neuen ganzheitlichen Umwelt-GesundheitsVerständnis beruhen, beinhalten folgende Aspekte:
■
■
■
■
■
Den Trend zur „neuen Natürlichkeit“ bzw. „Authentizität“,
ein geschärftes Gesundheitsbewusstsein,
die Vermeidung von Ressourcen-Verschwendung,
ein Werterhaltungs- und Wiederverwendungsbestreben (Recycling),
und eine ökologisch betonte Ethik.100
Diese neuen Wertvorstellungen des Konsumenten müssen allerdings auch kommuniziert werden und
durch entsprechende kommunikative Aktivitäten unterstützt werden.101
99 Vgl. Meffert/Wagner/Backhaus 1991, S. 18f
100 Vgl. Eggert 1999, S. 114f
101 Vgl. Meffert/Wagner 1991, S. 55
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