Pressemappe Paul Watzlawick Ehrenring 2010

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Was also ist die Zeit
für
Dr. Rüdiger Safranski
Medieninformation / WIEN 11.05.2010
Paul Watzlawick Ehrenring geht an
Rüdiger Safranski
Deutscher Kulturwissenschafter erhält Auszeichnung
der Wiener Ärztekammer
Rüdiger Safranski, Kulturwissenschafter, Autor von Bestsellern über Goethe, Schiller,
Nietzsche und die Deutsche Romantik, Moderator des „Philosophischen Quartetts“ und
herausragender Essayist, wird mit dem „Paul Watzlawick Ehrenring“ 2010 der Wiener
Ärztekammer ausgezeichnet: am 11.5. im Rahmen einer Wiener Vorlesung im
Kuppelsaal der Technischen Universität Wien.
Der Paul Watzlawick Ehrenring, eine Hommage an den großen österreichischen
Kommunikationswissenschafter und Psychoanalytiker, zählt mittlerweile zu den
bedeutendsten Wissenschafts-Awards des Landes. Initiator ist die Ärztekammer für
Wien unter dem Präsidenten Dr. Walter Dorner, Vorsitzender der hochrangig besetzten
Jury ist Dr. Erhard Busek, Präsident des Europäischen Forum Alpbachs: „Mit dem Paul
Watzlawick Ehrenring zeichnen wir internationale renommierte Kultur-und
Geisteswissenschafter aus, die im Sinne Watzlawicks den interdisziplinären Dialog in
den Wissenschafter befruchten und neuen Denk-und Erkenntnismodellen in die
Humanwissenschafter hineinbringen. Rüdiger Safranski ist ein würdiger Preisträger“.
Den ersten Ehrenring, der jährlich vergeben wird, erhielt der Soziologe und Philosoph
Peter L.Berger, ein Jahr später wurde die Kulturanthropologin Aleida Assmann für
ihre Arbeiten auf dem Gebiet der kollektiven Erinnerungskultur ausgezeichnet, dritter
Preisträger ist Rüdiger Safranski, der aktuell an einem neuen Buch über Zeit und
Entschleunigung schreibt und Passagen daraus auch im Rahmen seiner Wiener
Vorlesung „Was also ist die Zeit“ zitieren wird.
Zitat: „Im beschleunigten Gesellschaftssystem wird nicht nur die äußere Natur
verbraucht, sondern auch die innere Natur des Menschen: die Anpassung an die
gesellschaftliche Betriebsgeschwindigkeit beeinträchtigt den Zeitrhythmus des
Einzelnen, seine Eigenzeit. Die mediale Reizflut überwältigt das psychische
Immunsystem und erzeugt dadurch Abstumpfung oder Hysterie. Der flexible und der
beschleunigte Mensch erweist sich als überforderter Mensch.“
Safranski ist Aufklärer, Vermittler und wirft neue Blicke auf bekannte und teilweise
widersprüchlich rezeptierte Persönlichkeiten, deutet vorurteilbeladene Epochen wie die
Deutsche Romantik neu und versteht es hervorragend stets Bezüge zum Jetzt und zu
aktuellen Ereignissen herzustellen. „Er ist Diagnostiker und Seelenforscher zugleich
und geht wie ein vorbildlicher Arzt vor, kommentiert Dr. Walter Dorner, Initiator des
Ehrenringes.
Safranski wurde 1945 in Deutschland geboren, studierte in Frankfurt und Berlin, war
als wissenschaftlicher Assistent und in der Pädagogik tätig, bevor er sich als freier
Sachbuchautor selbständig machte: Heute zählt er zu den populärsten und gleichzeitig
qualitativ besten Kulturwissenschaftern mit hoher literarischer Begabung und
stilsicherer Klarheit.
Medieninformation / WIEN 11.05.2010
Seine Beziehung zu Paul Watzlawick ist profund: Ähnlich wie der
Kommunikationswissenschafter dekonstruiert Safranski um Bilder neu wieder
herzustellen, Dunkles zu erhellen und Synchronitäten deutlich zu machen.
Die Übergabe des Ehrenringes erfolgte am 11.5. in der TU Wien durch den
Präsidenten der Wiener Ärztekammer Dr. Walter Dorner und den Wiener Kulturstadtrat
Dr. Andreas Mailath-Pokorny.
Paul Watzlawick steht für eine aufgeklärte, der permanenten Kommunikation
verpflichteten Gesellschaft. Sein Topos des „Man kann nicht nicht kommunizieren“
ist in einer globalisierten Welt, in der Sprachen aufeinander prallen, unterschiedliche
kulturelle Verständnisse auf engstem Raum zusammen treffen und in „real Time“
nahezu babylonisch integriert werden, richtiger denn je. Man darf nicht aufhören zu
kommunizieren. Paul Watzlawick war Kommunikator, Analytiker und gleichzeitig reich
an Humor und Selbstironie.
Rüdiger Safranski versteht, wie auch Paul Watzlawick, die Gesellschaft als interaktiven
dynamischen Prozess, als ein ständiges Pendeln der Menschen zwischen Staunen
und Lernen, um letztendlich mündig zu werden und sich selbst kritische Urteile zu
bilden.
Ich bin froh, dass der Paul Watzlawick Ehrenring der Wiener Ärztekammer jene
Wissenschaftsdisziplin auszeichnet, die in der heutigen, allzu sehr von
Naturwissenschaften und sogenannten brauchbaren und verwertbaren Forschung
geprägten Zeit, Unschärfen, Vermutungen und Denken als eigene Qualität vertritt. Und
sich gegen das ausschließlich Nutzbringende stemmt.
Die Laudatorin Dr. Marianne Gruber, merkt in Ihrem Essay „Von der Erotik des
Denkens“ an: Wahrscheinlich müßte man bei dem Versuch, Rüdiger Safranski gerecht
zu werden Zeile für Zeile Rüdiger Safranski zitieren, was zu einer etwas
ungewöhnliche Reproduktion seiner Bücher führte, denn klarer und einsichtiger ließen
sich die angesprochenen Fragen und Probleme ja doch nicht benennen und
besprechen, als es von ihm gesagt wurde, um sich der nach Peter Altenberg
nächstfolgenden Genialität in die Arme zu werfen, dem Glauben an die Genialität des
anderen.
Der Ehrenring wurde von der Meisterklasse Paolo Piva entworfen, erinnert an die
Möbiusschleife. Er wird jedes Jahr neu, spezifisch für den Preisträger gefertigt und
besitzt hohen symbolischen Charakter.
Er ist eine Hommage an einen der bedeutendsten österreichischen
Geisteswissenschafter des 20. Jahrhunderts, der stets versucht hat in seinem
Humanismus Disziplinen übergreifend zu denken und zu handeln: „Der interdisziplinäre
Aspekt“ so Dr. Hubert Christian Ehalt, stellvertretender Jury-Vorsitzender „zeichnet
Watzlawick auch vor vielen anderen aus. Es tut gut, dass sich Österreich zumindest
einmal jährlich dieses großen Geistes erinnert.
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Über Rüdiger Safranski
Träger des Paul Watzlawick Ehrenringes der
Ärztekammer für Wien 2010.
„Der romantische Geist ist vielgestalt, musikalisch, versuchend und verführerisch, er
leitet die Freude der Zukunft und der Vergangenheit, die Überraschungen im
Alltäglichen, die Extreme, das Unbewußte, den Traum, den Wahnsinn, die Labyrinthe
der Reflexion. Der romantische Geist bleibt sich nicht gleich, ist verwandelnd und
widersprüchlich, sehnsüchtig und zynisch. Der alte Goethe sagte, das Romantische ist
das Kranke. Aber auch er mochte nicht darauf verzichten.
Was Rüdiger Safranski im Jahre 2007 bei Hanser veröffentlichten Buch „Romantik –
eine deutsche Affäre“ beschreibt, trifft in Teilen auch auf seine Person zu. Der 1945 bei
Württemberg geborene Literaturwissenschafter und Philosoph ist einer der
renommiertesten, meistgelesenen und meistausgezeichneten Sachbuchautoren der
Gegenwart und auch dem TV-Publikum durch die gemeinsam mit Peter Sloterdijk
moderierte Sendung „Das philosophische Quartett“ bekannt.
Mit seinem Buch über die Romantik hat Safranski ebensoviel zu einer Neudeutung
einer Epoche beigetragen wie er mit seiner Friedrich Nietzsche - Biographie (Friedrich
Nietzsche, Biographie seines Denkens) eine neue Epoche der Rezeption eines der
umstrittensten Denker des 19. Und 20. Jahrhunderts eingeleitet hat .
Schon in seinem ersten, weit verbreiteten und gelesenen Buch über Martin Heidegger
(Heidegger und seine Zeit) hat er versucht, jenen Themenkreis, der ihn am stärksten
beschäftigt – deutsche Romantik, deutscher Idealismus, Auseinandersetzung zwischen
Freiheit und dem Bösen – in neuem Stil und einer bislang kaum gewohnten
thematischen Distanz zu erfassen.
Safranski studierte ab 1965 Philosophie, Germanistik sowie Geschichte und
Kunstgeschichte an den Universitäten Frankfurt und Berlin. In Frankfurt kam er mit der
Frankfurter Schule und Theodor W. Adorno persönlich in Kontakt, der ihn offensichtlich
bewegte, eine wissenschaftliche Laufbahn anzustreben.
Safranski war in den Siebziger Jahren wissenschaftlicher Assistent im Fachbereich
Germanistik an der Freien Universität Berlin und promovierte mit einer Arbeit über
„Studien zur Entwicklung der Arbeiterliteratur in der Bundesrepublik“ und wurde
anschließend Redakteur der „Berliner Hefte“ sowie Dozent in der Erwachsenenbildung.
1987, drei Jahre nachdem Erscheinen seiner ersten Biographie (E.T.A. Hoffmann Das Leben eines skeptischen Phantasten), die ein erstaunlicher Erfolg war und sich
zehntausendfach verkaufte, ließ sich Safranski als freier Schriftsteller, zunächst in
Berlin, nieder.
Heute lebt er „pendelnd“ zwischen München und Berlin, ist Mitglied der renommierten
Deutschen Akademie der Sprache und Dichtung in Darmstadt, die alljährlich den
Büchner-Preis vergibt und einer der meistgelesenen Sachbuchautoren im deutschen
Sprachraum.
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Bereits mit seiner E.T.A. Hoffmann-Biographie bewies Safranski die bis heute kaum
erreichte Meisterschaft, analytisches Sachbuch und literarisches Essay, faktische
Darstellung und aufklärerische Interpretation miteinander im Einklang zu bringen und
dabei so verständlich und spannend zu erzählen, dass man seine Bücher durchaus in
die Nähe von Belletristik rücken kann.
2004 erschien seine vieldiskutierte und gelesene Friedrich Schiller Biographie, die ein
Bestseller wie schon das Nietzsche-Buch wurde und in dem Safranski den Versuch
unternahm, nicht nur ein umfassendes Bild des deutschen Idealismus zu zeichnen,
sondern auch die stringenten Bezüge zum Heute und zur Geschichte des 20.
Jahrhunderts herzustellen: „Der Glaube an den Fortschritt und die Folgen: Die
Katastrophe des Dritten Reiches wurzelt in der Unfähigkeit der Deutschen, das
Politische ohne Pathos zu denken“.
Die Kritik lobte die „fesselnde Sachlichkeit“ des Wagnisses von Safranski, Schiller
„gerade dieses Pathos zu entkleiden, jenes „Zentralgestirn des deutschen
Geisteslebens. Alle sind auf der Bühne versammelt; Novalis, Hölderlin, Schelling, die
Brüder Schlegel, Fichte, der junge Högele, Tieck, Brentano“.
In der FAZ stand zu lesen, dass Safranski „ den verpönten Idealismus entschieden und
programmatisch in den Mittelpunkt seiner Darstellung rückte“. „Nichts“, so die FAZ
„verbleibt im Status des Schlagwortes oder Allgemeinplatzes“.
Safranski setzte seine „Schiller-Biographie“ im Buch über „Goethe und Schiller,
Geschichte einer Freundschaft“ fest und räumte manches Vorurteil aus, das von einer
Feindschaft handelt oder einer abschätzigen Haltung Goethes zu Schiller.
Romantik – Idealismus – deutsche Identität und deutsche Tragik in der Geschichte:
Das alles thematisiert Safranski in seinen Werken immer wieder: von der Nähe
Heideggers zu den Nationalsozialisten, der Vereinnahmung Nietzsches durch die
Nazis und der Renaissance, romantischen Irrationalismus ebenfalls durch die
Hitlerpropaganda.
Safranski agiert als empathischer Aufklärer, der mit hohem Sachverstand versucht,
Ideologien zu entlarven, Ideengeschichte in größere Zusammenhänge zu bringen und
gleichermaßen das Denken der Personen, die dahinterstehen zu röntgenisieren. Nicht
ohne Grund heißt sein Nietzsche-Buch „Nietzsche- Biographie seines Denkens.“
Nicht die Lebensgeschichte des Philosophen wird vorrangig und chronologisch
geschildert, sondern die Geschichte und Veränderung seines Denkens:“ Eines
Denkens das essentiell ist, weil es um die Gestaltung des eigenen Lebens geht, das
experimentell ist, weil darin die ganze Erkenntnis-und Moraltradition
liegt……………….“
Safranski stellt, als gelernter Essayist, Philosoph und Kunstkritiker, stets Bezüge zum
Geistesleben her, lässt Zusammenhänge erkennen, die vielen bis dahin unbekannt
waren und vermittelt damit ein Gesichtsbild, das ihn als aufrechten Pädagogen und
Aufklärer auszeichnet, mit hoher literarischer Begabung.
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„Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles
Ansehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen
unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es „.
Dieser Satz von Novalis könnte ebenso gut wie seine Umkehrung von Rüdiger
Safranski sein.
Die Publikationen:
Im Carl Hanser Verlag sind erschienen
1984 E.T.A.Hoffmann. Das Leben eines skeptischen Phantasten
1987 Schopenhauer und die wilden Jahre der Philosophie
1990 Wieviel Wahrheit braucht der Mensch? Über das Denkbare und das
Lebbare
1994 Ein Meister aus Deutschland. Heidegger und seine Zeit
1997 Das Böse oder Das Drama der Freiheit
2000 Nietzsche. Biographie seines Denkens
2003 Wieviel Globalisierung verträgt der Mensch?
2004 Friedrich Schiller oder Die Erfindung des Deutschen Idealismus. Biographie
2007 Romantik. Eine deutsche Affäre
2009 Goethe und Schiller. Geschichte einer Freundschaft
Die Vita in Kürze:
Daten, Fakten, Jahreszahlen:
1945
in Rottweil geboren
1965
Beginn des Studiums der Germanistik, Philosophie, Geschichte und
Kunstgeschichte
1976
Dissertation in Germanistik und Philosophie
1972-77
Wissenschaftlicher Assistent am Fachbereich Germanistik
der Freien Universität Berlin
1977-84
Dozent in der Erwachsenenbildung
bis 1981
Mitherausgeber und Redakteur der kulturpolitischen Zeitschrift Berliner
Hefte, in der er Aufsätze zu Literatur, Politik und Philosophie veröffentlichte
seit 1985
Tätigkeit als freier Autor
Rüdiger Safranski ist zusammen mit Peter Sloterdijk Gastgeber des „Philosophischen
Quartetts“ im ZDF.
Der Autor lebt im Schwarzwald.
Die Werke von Rüdiger Safranski sind bislang in 26 Sprachen übersetzt.
Medieninformation / WIEN 11.05.2010
Von der Erotik des Denkens
Dr. Marianne Gruber über Rüdiger Safranski
anläßlich des Paul Watzlawick Ehrenringes 2010
Es hätte schneien sollen, aber es regnete. Die Stadt war grau und wenig einladend, als
Rüdiger Safranski im Dezember 1997 nach Wien kam, um sein Buch Das Böse mit
dem Untertitel Ein Drama der Freiheit in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur
vorzustellen. 1997 war Konrad Lorenz‘ Schrift Das sogenannte Böse noch nicht völlig
vergessen, was auf dem Weg vom Hotel zum Veranstaltungsort die etwas naive Frage
stellen ließ, ob man das Buch unter anderem als eine Antwort auf Konrad Lorenz
verstehen könne.
Das kann man, lautete die einsilbige Antwort. Die Einsilbigkeit hielt bis zum Beginn der
Veranstaltung an. Danach war alles anders.
Im Publikum saßen kaum Philosophen und Literaturwissenschaftler. Die gekommen
waren, wollten sich verführen lassen oder waren schon Verführte durch
Safranskilektüre und wollten nun den Autor persönlich kennen lernen. Dem Vortrag
folgte eine angeregte Diskussion, die jenes Glitzern in den Augen der Zuhörer
aufblitzen ließ, das sich nur einstellt, wenn man sich beflügelt fühlt und Denken zum
erotischen Erlebnis wird. Einer der Zuhörer sagte anschließend beim zwangslosen
Ausklingen Lassen des Abends: Das Bestechende sei für ihn die Sprache, wie klar das
Gedachte in ihr auftrete. Er schlug sein mitgebrachtes, auf vielen Seiten
angestrichenes Exemplar des vorgestellten Buches auf und las als Beispiel jenen Satz
aus dem Kapitel über Hiob vor, der für ihn das Hiobproblem auf den Punkt gebracht
hatte: “Hiob verzweifelt an Gott – doch ohne am ihm zu zweifeln.“
Über Konrad Lorenz und seine Darstellung des Bösen als Mißverstehen eines
arterhaltenden Aggressionstriebs, als Mißverstehen der und unserer Natur im
Gegensatz zu Safrankis Darstellung des Bösen als ein Drama, das sich unserer
Freiheit verdankt und als Risiko, das Freiheit beinhaltet, wurde nicht diskutiert, wohl
aber über das Böse und die Freiheit, es zu tun oder auch zu unterlassen.
Freiheit – ein schwer wiegender und schwieriger Begriff, den einzelne Philosophen zur
Konvention erklärt haben, die aufrecht erhalten werden muß, um Verfassungen, die
Menschenrechtsproklamation, den Glauben an die Notwendigkeit demokratischer
Verhältnisse nicht ad absurdum zu führen und nicht auch Verantwortung zur Worthülse
zu erklären, was heißt: um uns straffähig zu machen. Ein Standpunkt, den Safranski in
einem anderen Zusammenhang mit „da benützt einer seine Freiheit im Kopf, um sich
seine Freiheit wegzudenken“ kommentierte.
Keine Frage: Wir müssen die Welt, in der wir leben, die Eindrücke, die wir empfangen,
die Ereignisse, die wir beobachten oder in die wir verwickelt sind, interpretieren, um
uns wenigstens irgendwie zurechtzufinden. Alles Leben ist Interpretation. In ihr liegen
unsere Chancen und unsere Irrtümer begründet: Wir müssen denken, um leben zu
können, auch wenn es ein bescheidenes Denken sein sollte. Stünde dem Zwang und
der Anstrengung, die das Denken mehr oder weniger – je nach Übung darin - erfordert,
nicht Eros zur Seite, wäre es einzig, von Notwendigkeit erzwungen, farblos, grau wie
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das verregnete Wien an jenem Dezembertag. Nichts von dem Sich-Verschwenden,
Sich-Vergeuden des Denkens wäre spürbar, nichts von einer der wesentlichen
Triebfedern kultureller Evolution. Das ist der Schritt weiter, zu dem Eros verführt, zu
den Abenteuern, die das Denken birgt, der Lust, die es bereit hält. Wir bedürfen dieser
Verführung, also der Philosophie, die eine Verführung schlechthin ist, um sie der
Indoktrination und dem Meinen entgegenzusetzen. „Philosophische Gedanken und
Leidenschaften müssen zirkulieren und die abgezirkelten Departements der
Öffentlichkeit überfluten“, sagt Safranski und tritt in seinen Büchern, Diskussionen allem Reden über den Tod des Eros zum Trotz - als Verführer auf, um jenen
Verführern entgegen zu treten, deren Wirkung sich der Ablenkung vom Denken
verdankt.
Es ist gleichgültig, welches Buch oder welchen Essay Sie von Rüdiger Safranski lesen:
Er, der Adorno-Schüler, für den das Böse in der Philosophie das Sinnabweisende und
Sinnlose ist, scheint nichts anderes im Kopf zu haben als Abenteuer und die Lust
daran, andere an diesen Abenteuern teilhaben zu lassen. Unmöglich, ein Werk vom
Umfang des seinen in Kürze zu würdigen. Um diese Fülle zu bewältigen müßte man
wenigstens ein Buch von 900, 1000 Seiten schreiben, vielleicht auch zwei oder drei
solcher Bücher.
Da ist der große Block der Biographien: über E.T.A. Hoffman, Schopenhauer,
Heidegger, Schiller, Zeitbiographien über den Deutschen Idealismus, die Romantik, die
Biographie einer Freundschaft: Goethe und Schiller, die völlig neue Sichtweisen auf
Personen, Werke und Epochen eröffnen und in manchem auf den zweiten Block
hinweisen, der Bücher und Essays zu Problemen umfaßt, die so manche von uns
beschäftigen und alle betreffen. Philosophieren bedeutet nicht, sich ohne
Bodenberührung über das hinwegzuhanteln, was man an menschlichen
Grundbedingungen erahnt und an Problemen sieht. Wie viel Wahrheit braucht der
Mensch? Oder: Wie viel Globalisierung verträgt der Mensch? Globalisierung, von der
es für einige nicht genug geben kann, nicht genug für jene, die das Sagen, also Macht
haben, während jene, die unter dem Gesagten leben, ohne etwas zu sagen zu haben,
die Globalisierung beklagen.
Dem Aufklärer, der vorführt, was das Denken vermag, obwohl bedrängt von
Informationsflut, Boulevard und Müdigkeit in den Köpfen vieler, dem Zurechtrücker,
dem Denk-Auswegweiser, dem hoffnungslos Altmodischen und hoffnungsfrei Morgigen
ist schwer gerecht zu werden; dem Fallenaufdecker, wenn er zum Beispiel das
Konsequenzgebot, das zu erfüllen immerhin den Ruf von Charakterstärke einträgt, aufs
Korn nimmt. „Das Leben verarmt, wenn man unter dem Konsequenzgebot nur das zu
denken wagt, was man glaubt leben zu können. Das Leben wird verwüstet, wenn man
unter dem Konsequenzgebot um jeden Preis, auch um den der Zerstörung, etwas
leben will, bloß weil man es gedacht hat“; der davon ausgehend die Verbindung zum
Dilemma jener deutschen Generäle herstellt, die auf die Nachricht von Hitlers Tod
warteten, um endlich aktiv zu werden, ebenso wie zu jeder Form des Terrorismus.
Ganz selbstverständlich und für jedermann einsichtig tauchen in seinen Schriften
Wörter auf, die ihren Sinn verloren zu haben scheinen, denen Sinn abgesprochen
wurde oder die man als Irrtum abgetan hat. Freiheit zum Beispiel, Heimat oder
Metaphysik.
„Metaphysik gibt es, weil die ‚Physik’ des Lebens Schmerz, Angst und Tod bereithält.
...Metaphysik findet in einer fremden, bedrängenden Welt Geborgenheit, indem sie sich
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einer ‚eigentlichen’ Welt vergewissert. Metaphysik will die quälende, verwirrende
Unverständlichkeit der Welt verstehbar machen, indem sie das Denken auffordert,
einen Schritt weiter zu gehen, als die menschlichen Sinne es wollen. Die Metaphysik
lehrt die verängstigten Menschen, ihren Augen und Ohren, die wenig Erfreuliches
vermelden, nicht zu trauen. Sie gibt ihnen dafür ein ‚geistiges Auge’ und ein „geistiges
Ohr’. Mit ihnen soll man eine Welt entdecken, in der man Heimatrecht hat.“
Wahrscheinlich müßte man bei dem Versuch, Rüdiger Safranski gerecht zu werden
Zeile für Zeile Rüdiger Safranski zitieren, was zu einer etwas ungewöhnliche
Reproduktion seiner Bücher führte, denn klarer und einsichtiger ließen sich die
angesprochenen Fragen und Probleme ja doch nicht benennen und besprechen, als es
von ihm gesagt wurde, um sich der nach Peter Altenberg nächstfolgenden Genialität in
die Arme zu werfen, dem Glauben an die Genialität des anderen.
Zurück zu jenem Mann aus dem Publikum im Dezember 1997, für den das
Bestechende die Sprache Safranskis war. Er dachte an den einen der beiden Urstoffe
Parmenides’: das ätherische, lichte, leichte Element des überall gleichen Feuers. Und
er nannte die Sprache, weit entfernt von Parmenides, schön.
Vielleicht hatte er Safranskis Vorwort zu einer Textauswahl Nietzsches im Kopf, diese
Stelle: „Kein Zweifel: in seinen besten Augenblicken gelingt Nietzsches eine
spielerische Leichtigkeit der Sprache und des Gedankens, eine Beschwingtheit, die,
auch unter schwerer Gedankenfracht zu tanzen versteht, eine Heiterkeit ‚trotzt allem’,
eine Mischung aus Ekstase und Heiterkeit.“
Schönheit ist ein Begriff, in dem man sich leicht verirrt und Rüdiger Safranski
verwendet ihn auch nicht, aber er lenkt auf ihn hin nicht nur in dieser Stelle. Wie immer
man sie beschreiben möchte – sie vermag dem Denken die größtmögliche Freiheit
einzuräumen und das Gedachte fühlen zu lassen. „Die Philosophie solle“, sagte er
einmal in einem Interview, „mehr auf den Sprachleib achten. Schlecht geschrieben ist
auch schlecht gedacht“. Das hebt er an Nietzsche hervor: das Zusammenspiel von gut
geschrieben und gut gedacht und beschreibt indirekt, was er selber tut.
Im Schlußkapitel des Buches Wie viel Globalisierung erträgt der Mensch wird das Bild
des Verirrtseins evoziert, das Verirrtsein in Verhältnisse, die „unübersichtlich, also
waldartig sind“. Drei Möglichkeiten stünden offen: „nach den Ursprüngen zu suchen“,
wobei die Gefahr besteht, „sich nach rückwärts und innen zu verirren“. Oder:
„Geradeaus marschieren, um dort anzukommen, wo man meint hinzugehören:
Wachstum und Fortschritt: Die Gefahr dabei: sich nach vorwärts oder außen zu
verirren... Die dritte Möglichkeit: Sich am Ort gegenwärtiger Verirrung niederzulassen
und, unbekümmert um Ursprung und Ziel, eine Lichtung zu schlagen. Lichtung: das
lebbare Provisorium, das Wohnen in der Verirrung, der Triumph des Anfangenkönnens
an Ort und Stelle, hier und jetzt, eine freie Stelle mit Blick zum überwölbenden Himmel,
umringt vom Wald der Zivilisation, der aber auf Abstand gehalten ist“.
Das ist ein in die Sprache gebrachtes Bild und die Sprache bewegt sich in einem
Rhythmus, der Sinnträger ist, sie wiegt das Erschreckende des Verirrtseins ohne
Aussicht auf einen Pfad, der nur ein weitgehend vorgezeichneter sein könnte, - ein
Widerspruch zu unserer Möglichkeit der Freiheit - aus Denken und Gefühl.
Medieninformation / WIEN 11.05.2010
Nochmals: „Lichtung: das lebbare Provisorium, das Wohnen in der Verirrung, der
Triumph des Anfangenkönnens an Ort und Stelle, hier und jetzt, eine freie Stelle mit
Blick zum überwölbenden Himmel...“
Drei Kapitel vorher findet sich in dem oben genannten Buch eine überraschende
Überschrift: Das Individuum und sein Immunsystem. Assoziationen schlagen bisweilen
Purzelbäume. Vor mehr als 30 Jahren arbeiteten Victor Maturana und Francesco
Varela über selfteaching systems. Sie wählten unser Immunsystem als
Untersuchungsgegenstand. Es zeichnet sich durch Veränderbarkeit, die Fähigkeit
andere zu verändern und der Fähigkeit zu permanentem Dialog aus, Varela sprach
tatsächlich von Dialog. Eine neue Zelle in diesem System verläßt ihre Geburtsstätte
vielleicht neugierig, gewiß lernfähig und ganz gewiß weitgehend unwissend. Alles, was
sie zu leisten vermag, erlernt sich im ständigen Gespräche mit anderen, älteren Zellen.
Lernen will heißen: Veränderung der Oberflächenstruktur. Sie tritt auch mit dem
Fremden, dem Andersartigen in ein Gespräch ein, wird dadurch verändert und
verändert den Diskussionspartner, der so das von ihm ausgehende Gefährdende
verliert. Er ist ein anderer geworden, auch das Immunsystem ist ein anderes
geworden.
Die Analogie mag erlaubt sein: In gewisser Weise sind wir ein selfteaching system.
können fragen, uns selbst befragen, müssen es tun. Wir sind Lernende auch an uns
selbst und an anderen. Was Francesco Varels in seinem Vortrag betonte, war dies:
Der größtmögliche Erfolg des Immunsystems, mit dem Fremden, dem Bedrohlichen
zurecht zu kommen, entspringt der Langsamkeit der Begegnung.
Langsamkeit, die Entschleunigung der Zeit ist eines der Themen Rüdiger Safranskis.
Im November 2009 war Mensch und Zeit Titel einer Vorlesungsreihe.
Was aber ist die Zeit? Albert Einstein bezeichnete sie, ebenso wie den Raum in einem
Brief an die Prinzessin Bonaparte als bloße Anschauungsform, allerdings als eine,
ohne die wir nicht auskommen. Das ist nicht der gegenwärtige Stand in der Physik. Die
Materie schaffe sich Raum, Zeit hingegen scheint weiterhin lediglich als physikalische
Meßgröße auf. Als physikalische Meßgröße ist sie bei dem Versuch, eine Lichtung ins
Dickicht zu schlagen, uninteressant. Während wir diese Lichtung schlagen, geht es um
unsere eigene Zeit. Was aber ist unsere Zeit? Nicht die Zeit, die man von einer Uhr
ablesen kann. Oft genug bedeutet der Blick auf den Chronometer, daß wir keine Zeit
mehr haben. Den Uhren hetzen wir hinterher, während uns Beschleunigung vor sich
her treibt. Diese „Zeiten“ machen atemlos. Für beide ist unsere Eigenzeit zu langsam.
Das war einmal. Was tun? Mitte des 19. Jahrhunderts, heißt es, habe ein
Paradigmenwechsel vom historischen zum naturwissenschaftlichen Weltbild
stattgefunden. In der angesprochenen Vortragsreihe wird deutlich, daß Rüdiger
Safranski einen weiteren Paradigmenwechsel voranzutreiben sucht, den zum
humanistischen Weltbild einerseits als Schritt zurück und gleichzeitig als Schritt
vorwärts in eine mögliche, der Gegenwart in diesem Punkt unähnliche Zukunft.
Wir werden sehen.
Philosophie mache die Welt geräumiger, hat er in einem der zahlreichen Interviews
gesagt, zu denen man ihn eingeladen hat. Der Satz beinhaltet ein Versprechen - das
auf eine geräumigere Welt. Keine Frage: Er löst es ein. Er schafft Raum, einen
Denkraum, den man fühlen kann. Für unser Leben aber bedeutet Raum zu haben auch
Zeit zu haben. In Variation zu einer Briefstelle Hegels an seine Verlobte, in der er
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schreibt: „Es gibt in Wahrheit nur eine Liebe, von der deine und meine Gefühle ein Pol
sind“, könnte es heißen: Es gibt in Wahrheit nur ein Denken, von dem das Denken des
Autors, des Sprechenden und des Lesenden wie Hörenden nur jeweils ein Pol sind.
Dazwischen entsteht Raum, der Eigenzeit hervorbringen mag.
Verehrter Herr Safranski, ihr langjähriger Freund Cees Nooteboom hat sie als
Optimisten beschrieben. Er kennt Sie gut und darum ist ihm Glauben zu schenken. Es
muß so sein, denn Sie schreiben. Es muß so sein, auch wenn Sie über Verirrungen,
Wirrungen, Bedrängnisse schreiben, auch wenn Sie eine sehr selbständige und
vehement eingeforderte Einsamkeit benennen: „Kommen wir ... vom Globalen zurück
auf den Menschen als Individuum in seiner begrenzten Lebenswelt und Lebenszeit.
Dort muß jeder sein Verhältnis zwischen dem Denkbaren und Lebbaren selbst
bestimmen...“
Bleibt die Frage, was diesen Optimismus speist.
Leonard Bernstein schreibt in seinem Buch Musik - die offene Frage über Gustav
Mahler angesichts des dreifachen Todes, den Mahler vor Augen hat, den der Kinder,
der Tonalität und der „faustischen Kultur“: „Wenn nun Mahler all das wußte – und seine
Botschaft ist so klar – wie stellen wir es an, die wir es auch wissen, weiterzuleben? ...
Wir stehen jetzt Aug’ in Aug’ mit der ... letzten Zweideutigkeit, dem menschlichen
Unternehmungsgeist... - Wir mögen glauben, daß alles vergänglich ist, sogar, daß es
vorüber ist: dennoch glauben wir an eine Zukunft. Wir glauben.“ – Vielleicht ist das der
Weg, Zeit wieder zu finden „als den offenen Horizont schöpferischer Freiheit“. Vielleicht
ist das die Quelle Ihres Optimismus, eines Optimismus „trotz allem“: die
Leidenschaftlichkeit, mit der Sie nachdenken und schreiben.
Der Paul Watzlawick Ehrenring wurde Ihnen für die Klarheit der Sprache und des
Denkens, für das Eröffnen neuer Zugänge zu alten neuen Fragen und alten
zukünftigen Fragen zuerkannt. Vor allem aber für die gelungene Verführung Ihrer
Leserschaft, für Ihre unermüdliche Provokation zum Denken als den anderen Pol, ohne
den der Ausgangspunkt ins Leere ginge, das Feuer erlösche.
Es paßt, daß diese Initiative von einer Ärztekammer ausgeht, nicht nur Paul
Watzlawicks wegen. In dem Gestrüpp von zirkulierenden Gedankensplittern, im
Schwindel rotierender Zeit bedeutet Klarheit eine Therapie an den Verwirrungen der
Zeit.
Eros, der Provokateur hat, mit Ihnen Glück gehabt.
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Ein Humanist und poetischer Aufklärer
Dr. Walter Dorner, Präsident der Ärztekammer Wien
über Rüdiger Safranski
Als Präsident der Wiener Ärztekammer und Mitinitiator des Paul Watzlawick
Ehrenringes freue ich mich besonders, dass heuer Rüdiger Safranski ausgezeichnet
wird.
Er erinnert mich persönlich – ich habe mehrere seiner Bücher gelesen – an einen Arzt,
der diagnostiziert, seziert und mit unendlicher Genauigkeit und Empathie Spuren
entdeckt und aufdeckt.
Safranski geht es nie um vordergründig Biographisches sondern um Strukturen des
Denkens, um das Aufspüren und Erklären von Widersprüchlichkeiten, Spannungen.
Letztlich beschäftigt er sich mit Menschen in extremen Zuständen, gleichgültig ob es
sich um den Inbegriff des Idealisten, Friedrich Schiller, handelt oder um Friedrich
Nietzsche, dessen Denken er in seiner Evolution und in seiner Konsequenz
nachvollzieht, oder um die Phantasie eines E.T.A. Hoffmanns dessen scheinbare
Widersprüchlichkeiten er ebenso in Zusammenhänge bringt, wie den gesamten Kreis
um Friedrich Schiller.
Der Vergleich mit dem Arzt ist deswegen plausibel, weil auch ein guter Arzt bei aller
Detailkenntnis und Detailinformation Zusammenhänge herstellen muss, um sich ein
Bild des Patienten zu verschaffen, das mehr ist als nur Abbild von technischen
Diagnosen.
Es geht stets um Sinneszusammenhänge, um die Erhaltung einer Zeit, einer
Persönlichkeit, einer Strömung. Wenn Safranski über die Romantik schreibt, ist dies
fesselnd wie eine romantische Erzählung selbst, wenn er die Facetten der
Freundschaft zwischen Goethe und Schiller bloßlegt, dann spricht aus ihm der große
Humanist der mit außerordentlicher Behutsamkeit zwischenmenschliche Zwischentöne
hörbar macht und gleichzeitig die ganz konkreten Ziele und gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen mit reflektiert.
Diese Fähigkeit, Fakten nicht nur zu schildern, sondern sie gewissermaßen literarisch
in einen Erzählfluss einzubinden, ist mit ein Geheimnis der ungemeinen Popularität, die
seine Bücher genießen.
Safranski zieht auch stets Bezüge zur heutigen Zeit oder zur unmittelbaren
Zeitgeschichte, wenn er Parallelen zwischen der Romantik und dem
Nationalsozialismus herstellt, allerdings nicht banal und vordergründig, sondern im
Wissen um die Komplexität der geistesgeschichtlichen Tradition Deutschlands.
Safranski umkreist wiederkehrende Themen, möchte man meinen. Den Idealismus, die
Romantik, die Diskrepanz zwischen dem Bösen, Dunklen, Irrationalem und dem
Hellen, Rationalen. Er vermittelt, wie wesentlich diese Themen und Phänomene der
Geschichte des 20 Jahrhundert, mit beeinflusst haben.
Medieninformation / WIEN 11.05.2010
Wie Paul Watzlawick, zu dessen Ehren wir den Ring ja gestiftet haben, geht es ihm um
eine Synchronizität zwischen dem Darzustellenden und dem Dargestellten. Er zeigt
nicht Abbilder sondern kreiert neue Bilder und Eindrücke, die für sich Erkenntnisse
sind, ohne dass sie die Vorlage des Originals verließen. Er entwickelt Menschen über
die er schreibt, gewissermaßen neu, und stellt sie dem Leser vor.
Als Entwurf, Vorschlag, als Einladung zum Diskurs. Als Aufforderung sich einzulassen.
Das ist das schönste, was man einem Leser abverlangen kann.
Dafür möchte ich danken.
Dr. Walter Dorner
Präsident der Ärztekammer für Wien
Medieninformation / WIEN 11.05.2010
Die Wiener Ärztekammer und der
Paul Watzlawick-Ehrenring 2010
Seine "Anleitung zum Unglücklichsein" ist bis heute ein Bestseller, mit "Wie wirklich ist
die Wirklichkeit?" hat er die psychologisch-psychoanalytische Debatte in den USA neu
belebt und gleichzeitig die moderne Semiotik mitbegründet: Paul Watzlawick ist Ende
März 2007 gestorben. Die Wiener Ärztekammer ehrt den großen Wissenschafter und
vergibt seit April 2008 jährlich den nach ihm benannten "Paul Watzlawick Ehrenring"
an Persönlichkeiten, die sich für den Diskurs zwischen den wissenschaftlichen
Disziplinen sowie die Humanisierung der Welt einsetzen und auch dementsprechende
Publikationen veröffentlicht haben.
"Rehumanisierung der Medizin und Fokussierung auf das Gespräch, sowohl mit den
Patienten als auch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Disziplinen, ist das Motto
der Ärztekammer", so deren Präsident Dr. Walter Dorner, der auch auf die
"besonderen ethischen Komponenten im Werk von Paul Watzlawick" hinweist und
dessen "strukturell positive Einstellung zum produktiven Dialog" hervorhebt.
Für Dr. Dorner ist der "Paul Watzlawick Ehrenring" ein Appell an die österreichische
Wirtschaft und Politik: "Wir müssen in Zukunft alles tun, damit große Denker und
Forscher in Österreich selbst die Voraussetzungen finden, um hier erfolgreich tätig zu
sein. Wir brauchen die Intelligenz im Lande, um im globalen Wissensbewerb
erfolgreich zu bleiben."
Ausgewählt wird der/die PreisträgerIn durch eine prominent besetzte Jury, deren
Vorsitzender der ehemalige österreichische Vizekanzler und Gründer des Wiener
Journals Dr. Erhard Busek ist.
Begleitend dazu findet eine Vortragsreihe zur Zukunft der Kommunikation und Sprache
stattfinden, international besetzt und bewusst disziplinenübergreifend. "Sprache und
Diskurs sind in komplex organisierten
Gesellschaften wesentlich – sie verschaffen Zugang zu Wissen und neuen
Erkenntnissen und verhindern irrational ausbrechende Konflikte", so Dorner, der "eine
neue Rolle des Arztes in der Gesellschaft von morgen" diskutieren will und dies auch
als Kernthema der Ärztekammer für die nächsten Jahre sieht.
Medieninformation / WIEN 11.05.2010
Über Paul Watzlawick
Paul Watzlawick, gebürtiger Villacher, bis knapp vor seinem Tod noch als
Wissenschafter an der US-Universität in Palo Alto tätig, zählt zu den wichtigsten
Denkern des 20. Jahrhunderts - als Philosoph, Psychoanalytiker,
Sprachwissenschafter und praktizierender Therapeut, der stets interdisziplinär handelte
und dachte und dem es, wie kaum einem anderem seit Sigmund Freud, gelang,
komplexe Sachverhalte nicht nur literarisch beeindruckend einfach, sondern auch
ironisch witzig zu formulieren.
Die Juroren 2010
Die Jury zur Auswahl des Preisträgers/Preisträgerin des „Paul Watzlawick
Ehrenringes“ 2010, welchen die Ärztekammer für Wien vergibt, besteht aus
nachstehenden Persönlichkeiten:
Dr. Erhard Busek – Jury-Vorsitzender
Univ. Prof. Dr. Christian Hubert Ehalt
Prof. Dr. Leo W. Chini
Univ.Prof. Dr. Rudolf Taschner
Michael Kerbler
Mag. Rudolf Mitlöhner
Univ. Prof. Dr. Ulrich Körtner
Prof. Dr. Ruth Wodak
Dr. Gabriele Zuna-Kratky
Univ.Prof. Dr. Georg Stingl
Univ. Prof. Dr. Peter Kampits
Armin Thurnher
Dr. Marianne Gruber
Medieninformation / WIEN 11.05.2010
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