Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg Von den Anfängen der NSDAP Entstehung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) 1920 in München • Führung: Adolf Hitler • Vorbild: Mussolinis uniformierte bewaffnete Verbände • Sturmabteilung (SA): Schutz von Parteiveranstaltungen • Schutzstaffel (SS): persönlicher Schutz des Führers • Ziel: Einschüchterung, Terrorisierung und später Vernichtung aller Gegner der Nationalsozialisten • Putschversuch in München (1923) scheitert Hitler wird zu 5 Jahren Haft verurteilt • Hitler schreibt in der Haft „Mein Kampf“ und wird bereits nach einem Jahr wieder freigelassen Der Aufstieg der NSDAP Hitler gründet nach seiner Freilassung die NSDAP neu (1925). • Die NSDAP war bis zum Ausbruch der Weltwirtschaftskrise (1929) eine unbedeutende Splitterpartei. • entsetzliche wirtschaftliche Not in Deutschland viele Menschen setzten ihre Hoffnungen auf Hitler • untere Mittelschicht • national-konservative Menschen • finanzielle Unterstützung durch Teile der Wirtschaft • 1930 werden die Nationalsozialisten zur zweitstärksten Partei im deutschen Reichstag. • Am 30. Jänner 1933 wird Adolf Hitler von Reichspräsident Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Reichstagswahlen 1928 bis 1932 Die Machtergreifung Der Führerstaat Der Weg des „gleichgeschalteten“ Staatsbürgers Vorstufen des Zweiten Weltkriegs Expansionspolitik Japans • • • • September 1931: Einmarsch in die zu China gehörende Mandschurei 1933: Austritt Japans aus dem Völkerbund Besetzung der chinesischen Provinz Dschehol enorme Erhöhung des japanischen Militärbudgets • 1931/32: 31% • 1936/37: 47% • 1937/38: 71% • 1937: japanischer Angriff auf China • 1940/41: japanischer Angriff auf die US-amerikanische Kriegsflotte in Pearl Harbour Expansionspolitik Italiens • • • • 1935/36: Annexion Abessiniens (Äthiopien) 1936: Freundschaftsvertrag „Achse Berlin-Rom“ mit Adolf Hitler 1937: Austritt Italiens aus dem Völkerbund 1939: italienischer Einmarsch in Albanien Deutschlands aggressive Außenpolitik • 1933: Austritt aus dem Völkerbund • 1935: Einführung der allgemeinen Wehrpflicht • 1936: Besetzung des entmilitarisierten Rheinlandes • fortgesetzte Appeasement-Politik („Beschwichtigung“) Großbritanniens • Oktober 1936: „Achse Berlin-Rom“ (Hitler-Mussolini) • November 1936: Antikominternpakt gg. die Sowjetunion (Antikommunistische Internationale) Das nationalsozialistische Deutschland will den Frieden aus tiefinnersten weltanschaulichen Überzeugungen (…). Was könnte ich anderes wünschen als Ruhe und Frieden? Hitler, Reichstagsrede im Mai 1935 Das Ziel der deutschen Politik sei die Sicherung und Erhaltung der Volksmasse und deren Vermehrung. Somit handle es sich um das Problem des Raumes (…). Zur Lösung der deutschen Frage könne es nur den Weg der Gewalt geben, dieser könne niemals risikolos sein (…). Hoßbachprotokolle, November 1937 Deutschlands aggressive Außenpolitik • November 1937: Hoßbachprotokolle • Hitler nannte in einer geheimen Besprechung seine ersten Kriegsziele (Österreich, Tschechoslowakei) • „Lösung der deutschen Raumfrage“ • 12. März 1938: Anschluss Österreichs • 29. Sept. 1938: Münchner Abkommen • Abtretung sudetendeutscher Gebiete an das Deutsche Reich • Einmarsch deutscher Truppen in der Tschechoslowakei „Protektorat Böhmen und Mähren“ • August 1939: Nichtangriffspakt (Hitler-Stalin-Pakt) mit Russland • Geheimes Zusatzprotokoll: • Aufteilung Polens • Ansprüche der Sowjetunion auf Bessarabien, baltische Staaten und Finnland Der Zweite Weltkrieg Krieg gegen Polen • Hitler verlangte von Polen die Rückgabe der freien Stadt Danzig und den Bau einer exterritorialen Auto- und Eisenbahn durch den „polnischen Korridor“. • Polen lehnte das aber ab 1. September 1939 • Einmarsch deutscher Truppen in Polen ohne Kriegserklärung • propagandistischer Anlass: einige Grenzzwischenfälle • Überfall deutscher SS-Männer auf den deutschen Radiosender Gleiwitz „Ab 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen!“ • Deutschland besetzte die westlichen Provinzen Polens, die Sowjetunion den vertraglich festgesetzten östlichen Teil. Anfangserfolge durch „Blitzkriege“ Der Zweite Weltkrieg Frühjahr/Sommer 1940 • Hitler besetzte Norwegen und Dänemark • Überfall auf die neutralen Staaten Belgien, Luxemburg und Niederlande • Einmarsch deutscher Truppen in Frankreich • Elsass-Lothringen musste an Deutschland abgetreten werden • Einsetzung einer deutschfreundlichen, autoritären Regierung „Vichy-Frankreich“ unter Führung von Marschall Petain • Großbritannien lehnte ein Friedensangebot Hitlers ab • tägliche Luftangriffe deutscher Kampfflugzeuge auf englische Städte • Seeblockade gegen England Herbst 1940 • Italien trat an der Seite Deutschlands in den Krieg ein • italienische Truppen marschierten in Albanien und Griechenland ein Die Wende im Zweiten Weltkrieg 1941 • • • • • • • • Deutschland besiegte die jugoslawische Armee Griechenland kapitulierte 22. Juni: Angriff auf Russland („Fall Barbarossa“) Kesselschlachten rassischer Vernichtungskrieg mehr als drei Millionen russische Kriegsgefangene Herbst 1941: Einnahme Leningrads früher Wintereinbruch Stopp des deutschen Vormarsches Sommer 1942 • deutsche Wehrmacht kam bei Stalingrad zum Stehen • die Rote Armee schloss die deutsche Wehrmacht ein Februar 1943 • Kapitulation der deutschen Armee • Wende des Krieges in Osteuropa Kriegswende – totale Niederlage Der totale Krieg 1942 • Luftangriffe der Briten und Amerikaner auf deutsche Städte • Tausende zivile Opfer Februar 1943 • Propagandaminister Joseph Goebbels: „totaler Krieg“ • Frauen, Fremdarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge werden in der Rüstungsindustrie eingesetzt Juni 1944 • • • • Landung der alliierten Truppen in der Normandie („D-Day“) Rückzug der deutschen Truppen in ganz Europa Versuch der Entwicklung von „Wunderwaffen“ (V1, V2) Befehl Hitlers zur Zerstörung aller militärischen, Verkehrs-, Nachrichten-, Industrie- und Versorgungsanlagen • Eroberung Berlins durch sowjetische Truppen • Selbstmord Hitlers im Führerbunker Nachfolger Großadmiral Dönitz • Kapitulation Deutschlands am 9. Mai 1945 Abwurf der Atombombe 6. August 1945 • erster Atombombenabwurf auf Hiroshima 9. August 1945 • zweiter Atombombenabwurf auf Nagasaki • entsetzliche Folgen Vom Antisemitismus zum Holocaust 1933-35: Die gesellschaftliche Ächtung der Juden • 1. April 1933: eintägiger organisierter Boykott der jüdischen Geschäfte • Diffamierung der Juden als „Nichtarier“ und „Volksschädlinge“ • Folge: Einschränkung der wirtschaftlichen Grundlagen der Juden 1935-38: Vom Verlust des Bürgerrechts bis zur Isolation • Nürnberger Reichsgesetze (1935): • Reichsbürgergesetz • Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre • Dissimilation: Ausgliederung der Juden als Staatsfeinde • Folge: Isolation von der nichtjüdischen Bevölkerung 1938-41: Vom Novemberpogrom bis zur Deportation • 10. November 1938: „Reichskristallnacht“ („wohlorganisierter spontaner Akt“) • kollektive Geldstrafen, Flut von Erlässen gegen Juden Vom Antisemitismus zum Holocaust Ab 1940: Ghettoisierung und Deportation • Verpflichtung zum Tragen des gelben Judensterns (Isaac, Sarah) • Zwangsghettos in Warschau und Lodz 1942-45: Von der Wannseekonferenz zur „Endlösung“ • Unter der Leitung von Adolf Eichmann und Johann Heydrich • Codewort: „Endlösung der Judenfrage“ • 20. Jänner 1942: Wannseekonferenz in Berlin: „Koordination und Systematisierung der zu ergreifenden Maßnahmen“ • medizinische Experimente • Folterung, Erschießung, Vergasung (Zyklon B) Konzentrationslager im Dritten Reich Lageplan eines Konzentrationslagers Formen des Widerstand gegen die Nazis (nach Jagschitz) Unpolitische Gegnerschaft • z.B. Unmutsäußerungen Politisch motivierte Gegnerschaft • verbotenes Abhören ausländischer Rundfunksendungen • Weitergabe unzensierter Informationen Ziviler Widerstand • Weitergabe von Flüsterwitzen und Untergrundinformationen Organisatorisch abgesicherter Widerstand • Konspiration der illegalen politischen Parteien bzw. kirchlicher Gruppen • Arbeit von EmigrantInnen im Ausland gegen das Nazi-Regime Militärischer Widerstand • Sabotage • Partisanentätigkeit in den besetzten Ländern • Widerstandshandlungen im Rahmen der deutschen Wehrmacht Widerstand gegen die Nazis Die Folgen des Krieges • • • • • • etwa 55 Millionen Tote und Vermisste viele deutsche Städte in Ruinen verwandelt Mangel an Nahrungsmitteln Deutschland wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt gemeinsame Verwaltung Berlins durch die Alliierten Kriegsverbrecherprozesse in Nürnberg (1945/46) • 12 Todesurteile, 7 lange Haftstrafen, 3 Freisprüche • NSDAP, SS, Gestapo und Sicherheitsdienst als verbrecherische Organisationen eingestuft Die „Entnazifizierung“ in Österreich 8. Mai 1945: Verbotsgesetz • Verbot aller Wehrverbände (SA, SS) • Registrierung aller ehemaligen Nationalsozialisten (Parteimitglieder und Angehörige der Wehrverbände) • Einteilung in belastete und minderbelastete Nationalsozialisten • „Sühnefolgen“: Abgaben, Beförderungshemmung, zeitweiliges Berufsverbot, fristlose Entlassung vom Arbeitsplatz Folgen • ca. 26.000 Verhaftungen oder Internierungen in einem Anhaltelager • auch Minderbelastete wurden bis 1949 vom Wahlrecht ausgeschlossen • ab 1946: Durchführung der Entnazifizierung nur noch von der österreichischen Regierung • Volksgerichte: bis 1955 13.600 Verurteilungen (darunter 43 Todesurteile, 34 lebenslange Haftstrafen) • 1948: umfassende Amnestie für alle Minderbelasteten Ab 1947/48 verstärkte sich der Trend, einen Schlußstrich unter die Vergangenheit zu ziehen, merklich. Selbst (…) bei den Volksgerichten stieg 1948 die Zahl der Freisprüche auf 52 Prozent (…). Gleichzeitig diskutierten die beiden großen politischen Parteien ÖVP und SPÖ offen ein wahlstrategisches Problem (…). Das bedeutete, daß nach der Amnestie für Minderbelastete 1948 fast 500 000 neue Wähler die politische Landschaft doch sehr deutlich verändern konnten (…). Die beiden großen politischen Kräfte versuchten (…) die Stimmen der „Ehemaligen“ zu gewinnen, auch um den Preis des Verzichts der Entnazifizierung. (Rathkolb, Die paradoxe Republik, 2011, S. 307) Es unterblieb die notwendige tiefere Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen und politischen Ursachen des NS-Problems. Konzentriert auf die strafrechtliche Verfolgung wurde die Aufarbeitung der weiterwirkenden Reste der NS-Ideologie vernachlässigt und ihr Weiterleben in Kauf genommen. Dazu kam, dass die „Kleinen“ oft stärker bestraft wurden als die „großen“ Täter, die es verstanden haben, sich der Verantwortung zu entziehen, und sehr bald wieder ihre früheren Positionen in Wirtschaft, Industrie und teilweise auch im Staatsdienst einnehmen konnten. Das Ergebnis war bei jenen, die sich nur als unbeteiligte „Mitläufer“ betrachteten, ein tiefes Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein. (...) An die Stelle von Einsicht und Umdenken traten Trotz und Verharren im Unrecht, und viele ehemalige Anhänger des Nationalsozialismus verweigerten eine offene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. (Malina/Spann, 1938–1988, 1988, S. 30) Rede von Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky im Österreichischen Nationalrat am 8. Juli 1991 „Gerade wir in Österreich müssen wissen, was es geheißen hat, Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit zu verlieren. Auch und gerade weil es nicht wenige Österreicher gab, die vom größeren Reich und seinen größeren wirtschaftlichen Möglichkeiten viel erwartet hatten. Doch im Namen dieses Reiches wurden Hunderttausende Österreicher eingekerkert, vertrieben oder ermordet, und mehr als 250.000 sind im Krieg umgekommen. Das war das Unheil, das die NS-Diktatur über unser Land gebracht hat. Viele haben Widerstand geleistet und dabei ihr Leben für Österreich gegeben. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass es nicht wenige Österreicher gab, die im Namen dieses Regimes großes Leid über andere gebracht haben, die teilhatten an den Verfolgungen und Verbrechen dieses Reiches. Und gerade weil wir unsere eigene leidvolle Erfahrung in dieses neue Europa einbringen wollen, gerade weil wir in den letzten Tagen so eindringlich und nachdrücklich daran erinnert werden, was Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit, Freiheit und Menschenrechte für kleine Völker bedeuten, gerade deshalb müssen wir uns auch zu der anderen Seite unserer Geschichte bekennen: zur Mitverantwortung für das Leid, das zwar nicht Österreich als Staat, wohl aber Bürger dieses Landes über andere Menschen und Völker gebracht haben. Es ist unbestritten, dass Österreich im März 1938 Opfer einer militärischen Aggression mit furchtbaren Konsequenzen geworden war: Die unmittelbar einsetzende Verfolgung brachte Hunderttausende Menschen unseres Landes in Gefängnisse und Konzentrationslager, lieferte sie der Tötungsmaschinerie des Nazi-Regimes aus, zwang sie zu Flucht und Emigration. Hunderttausende fielen an den Fronten oder wurden von den Bomben erschlagen. Juden, Zigeuner, körperlich oder geistig Behinderte, Homosexuelle, Angehörige von Minderheiten, politisch oder religiös Andersdenkende – sie alle wurden Opfer einer entarteten Ideologie und eines damit verbundenen totalitären Machtanspruchs. Dennoch haben auch viele Österreicher den Anschluss begrüßt, haben das nationalsozialistische Regime gestützt, haben es auf vielen Ebenen der Hierarchie mitgetragen. Viele Österreicher waren an den Unterdrückungsmaßnahmen und Verfolgungen des Dritten Reiches beteiligt, zum Teil an prominenter Stelle. Über eine moralische Mitverantwortung für Taten unserer Bürger können wir uns auch heute nicht hinwegsetzen. Vieles ist in den vergangenen Jahren geschehen, um, so gut dies möglich war, angerichteten Schaden wiedergutzumachen, angetanes Leid zu mildern. Vieles bleibt nach wie vor zu tun, und die Bundesregierung wird auch weiterhin alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um jenen zu helfen, die von den bisherigen Maßnahmen nicht oder nicht ausreichend erfasst oder bisher in ihren moralischen oder materiellen Ansprüchen nicht berücksichtigt wurden. Wir bekennen uns zu allen Daten unserer Geschichte und zu den Taten aller Teile unseres Volkes, zu den guten wie zu den bösen; und so wie wir die guten für uns in Anspruch nehmen, haben wir uns für die bösen zu entschuldigen – bei den Überlebenden und bei den Nachkommen der Toten. Dieses Bekenntnis haben österreichische Politiker immer wieder abgelegt. Ich möchte das heute ausdrücklich auch im Namen der österreichischen Bundesregierung tun; als Maßstab für die politische Kultur in unserem Land, aber auch als unseren Beitrag zur neuen politischen Kultur in Europa.“ Internationaler Druck auf Österreich 2000: Einrichtung eines „Versöhnungsfonds“ • für noch lebende Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter • Höhe: 436 Millionen Euro 2001: Einrichtung eines „Entschädigungsfonds“ • für die Rückgabe von enteignetem jüdischen Vermögen und • für eine bessere soziale Absicherung der Holocaust-Opfer • Höhe: 210 Millionen Euro