WR 1 W. Merz Kapitel 9 Eindimensionale Verteilungen Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Vorlesung Wahrscheinlichkeitsrechnung I vom 28. Mai 2009 Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion W. Merz Lehrstuhl für Angewandte Mathematik 1 FAU 9.1 Eindimensionale Verteilungen Stochastische Konzepte speziell für Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf den Borelschen Mengen B der reellen Zahlenachse. WR 1 W. Merz Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften • Die Verteilungsfunktion Die Exponentialverteilung • Die Momente Diskrete Verteilungen Absolutstetige Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion 9.2 Die Verteilungsfunktion Die absolutstetigen Verteilungen auf R, die über Z P(B) = 1B (x)f (x)dx WR 1 W. Merz Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung durch eine Dichte charakterisiert werden, bilden nur eine Teilklasse der Gesamtheit der Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf der reellen Zahlenachse. Eine vollständige Charakterisierung der eindimensionalen Verteilungen erhält man durch die Verteilungsfunktion: Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion Definition Ist P eine eindimensionale Verteilung, so heißt die Funktion F : R −→ R, definiert durch F (t) := P(−∞, t] die Verteilungsfunktion der Verteilung P. 9.3 WR 1 Die Verteilungsfunktion W. Merz Exercise Die Verteilungsfunktion der U[a, b]-Verteilung Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion λ ((−∞, t] ∩ [a, b]) P(−∞, t] = λ ([a, b]) Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente mit λ ([a, b]) = b − a ist wegen ∅ [a, t] (−∞, t] ∩ [a, b] = [a, b] Definition Normalverteilung falls t < a falls a ≤ t ≤ b falls t > b Die momenterzeugende Funktion gegeben durch F (t) = 0 t−a b−a 1 falls t < a falls a ≤ t ≤ b falls t > b 9.4 WR 1 Die Verteilungsfunktion W. Merz Exercise F (t) = 0 falls t < a falls a ≤ t ≤ b falls t > b t−a b−a Eindimensionale Verteilungen 1 Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion 1 6 - t a b 9.5 Eigenschaften einer Verteilungsfunktion WR 1 W. Merz Theorem Eine Verteilungsfunktion besitzt die folgenden fünf Eigenschaften: 1 0 ≤ F (t) ≤ 1 2 s ≤ t ⇒ F (s) ≤ F (t), d.h. F ist monoton nichtfallend 3 t % ∞ ⇒ F (t) % 1 4 t & −∞ ⇒ F (t) & 0 5 t & t0 ⇒ F (t) & F (t0 ), d.h. F ist rechtsstetig Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion Theorem Zu jeder Funktion F : R −→ R mit den oben aufgeführten fünf Eigenschaften gibt es genau eine Verteilung P auf R mit P(−∞, t] = F (t) für alle t ∈ R. 9.6 WR 1 Nachweis der Eigenschaften W. Merz Eigenschaft 1: 0 ≤ P(−∞, t] ≤ 1 Eigenschaft 2: s ≤ t P(−∞, s] ≤ P(−∞, t] ⇒ ⇒ ⇒ 0 ≤ F (t) ≤ 1 (−∞, s] ⊂ (−∞, t] F (s) ≤ F (t) ⇒ Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Eigenschaft 3: Folge t1 < t2 < t3 < . . . mit limn→∞ tn = ∞ Für In := (−∞, tn ] gilt dann In % (−∞, ∞) = R Daher P(In ) % P(R) bzw. F (tn ) % 1 Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion Eigenschaft 4: Folge t1 > t2 > t3 > . . . mit limn→∞ tn = −∞ Für In := (−∞, tn ] gilt dann In & ∅ Daher P(In ) & P(∅) bzw. F (tn ) & 0 Eigenschaft 5: Folge t1 > t2 > t3 > . . . mit limn→∞ tn = t0 Für In := (−∞, tn ] gilt dann In & (−∞, t0 ] Daher P(In ) & P(−∞, t0 ] bzw. F (tn ) & F (t0 ) 9.7 WR 1 Die Verteilungsfunktion W. Merz Bedeutung von Unstetigkeitsstellen: Ist tS 1 < t2 < . . . < tn < . . . < s eine Folge mit limn→∞ tn = s, so ist ∞ n=1 (−∞, tn ] = {t ∈ R ; t < s} = (−∞, s) Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften und daher Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen F (s − 0) := lim F (t) = lim P(−∞, t] = P(−∞, s) t%s t%s Momente Definition Normalverteilung Aus (−∞, s] = (−∞, s) + {s} folgt damit Die momenterzeugende Funktion F (s) − F (s − 0) = P{s} Eine Sprungstelle der Verteilungsfunktion an einer Stelle s bedeutet, dass das Elementarereignis {s} eine positive Wahrscheinlichkeit besitzt. 9.8 WR 1 Die Verteilungsfunktion W. Merz Berechnung der Wahrscheinlichkeit von Intervallen. • P(a, ∞) = 1 − P(−∞, a] = 1 − F (a) • P[a, ∞) = 1 − P(−∞, a) = 1 − F (a − 0) • (−∞, b] = (−∞, a] + (a, b] • (−∞, b] = (−∞, a)+[a, b] ⇒ P(a, b] = F (b) − F (a) ⇒ P[a, b] = F (b)−F (a−0) Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion 9.9 WR 1 Die Exponentialverteilung W. Merz Die Funktion F (t) = falls t ≤ 0 falls t > 0 0 1 − e−λt Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften mit einer Konstanten λ > 0 besitzt alle Eigenschaften einer Verteilungsfunktion. Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 F (x) Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion −2 0 2 4 6 8 10 x Bezeichnung Die zugehörige Verteilung heißt die Exponentialverteilung mit Parameter λ oder kurz die E(λ)-Verteilung. 9.10 WR 1 Die Exponentialverteilung W. Merz Anwendung: Interpretiert man das Ergebnis t als die Lebensdauer eines Geräts, so beschreibt As := (s, ∞) für s ≥ 0 das Ereignis, dass die Lebensdauer des Geräts länger als s Zeiteinheiten ist. Mit dem Komplement As = (−∞, s] von As gilt P(As ) = 1 − P(As ) = 1 − P(−∞, s] = 1 − F (s) = e−λs Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung woraus P(As+t ) = P(As )P(At ) folgt. Wie bei der Herleitung der geometrischen Verteilung gezeigt, ist das gleichbedeutend mit P(As+t |As ) = Die momenterzeugende Funktion P(As )P(At ) = P(At ) P(As ) Dies kann man als die Lebensdauerverteilung eines verschleißfreien Geräts interpretieren: Ein bereits s Zeiteinheiten benutztes Gerät besitzt die gleiche Lebenserwartung wie ein neues Gerät dieses Typs. 9.11 WR 1 Verteilungsfunktionen und Dichten W. Merz Ist P absolutstetig, so ist die Verteilungsfunktion Stammfunktion zur Dichte: Z Z F (t) = P(−∞, t] = 1(−∞,t] (x) f (x) dx = Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion t −∞ f (x) dx Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Dichte der U [a, b]-Verteilung Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion f (x) = 0 1 b−a 0 für x < a für a ≤ x ≤ b für x > b 9.12 WR 1 Verteilungsfunktionen und Dichten W. Merz Ist die Verteilungsfunktion Stammfunktion zu einer Funktion f : Z Eindimensionale Verteilungen t F (t) = f (x)dx −∞ Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Rt so gilt wegen F (t) − F (s) = s f (x)dx ≥ 0 für alle s ≤ t, dass f (x) ≥ 0 fast überall und Z Z ∞ f (x)dx = f (x)dx = lim F (t) = 1 Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion t%∞ −∞ Damit ist f eine Dichte mit Z P(−∞, t] = F (t) = 1(−∞,t] (x) f (x) dx Da P durch R F eindeutig bestimmt ist, muss P(B) = 1B (x) f (x) dx für alle Borelschen Mengen B gelten. Stammfunktion zu f (x), so ist die zugehörige Verteilung P absolutstetig mit der Dichte f (x). 9.13 WR 1 Verteilungsfunktionen und Dichten W. Merz Dichte der Exponentialverteilung Eindimensionale Verteilungen f (x) = 0 λe−λx für x ≤ 0 für x > 0 Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion 9.14 WR 1 Diskrete Verteilungen W. Merz Die Verteilungsfunktion einer diskreten Verteilung: • X ⊂ R abzählbar, P diskrete Verteilung auf X mit Wahrscheinlichkeitsfunktion f P • P(A) = y ∈A f (y ) • Erweiterung zu einer eindimensionalen Verteilung P • {x} = [x, x] ∈ B, daher X = y ∈X {y } ∈ B • P̃(B) = P(B ∩ X ) ist eindimensionale Verteilung • P̃(B) = P y ∈B∩X Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion f (y ) • F̃ (t) = P̃((−∞, t] ∩ X ) = P y ∈X ,y ≤t f (y ) 9.15 WR 1 Diskrete Verteilungen W. Merz Veranschaulichung für X = {0, 1, 2, . . .} 6 1 Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung [ F̃ (t) Absolutstetige Verteilungen 6 f (3) Diskrete Verteilungen Momente Definition [ ) 6 f (2) [ Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion ) 6 f (1) [ ) 6 f (0) 1 2 3 -t 9.16 Die Momente Bei absolutstetigen Verteilungen kann man die physikalische Analogie vom diskreten Fall (Massenpunkte) auf den kontinuierlichen (spezifische Dichte) übertragen: WR 1 W. Merz Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Definition Sei P eine eindimensionale absolutstetige Verteilung mit der Dichte f (x). Soweit die folgenden Integrale im Lebesgueschen Sinne existieren, heißen R mk = mk (P) = x k f (x)dx Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion für k = 1, 2, . . . die k -ten (absoluten) Momente und R m̂k = m̂k (P) = (x − m1 (P))k f (x)dx für k = 2, 3, . . . die k -ten zentralen Momente der Verteilung P. R m1 = R xf (x)dx heißt der Mittelwert und m̂2 = (x − m1 )2 f (x)dx die Varianz der Verteilung P. 9.17 WR 1 Die Momente W. Merz Wie bei diskreten Verteilungen beweist man Eindimensionale Verteilungen Steinerscher Satz Die Verteilungsfunktion Eigenschaften m̂2 = m2 − m12 Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente und Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion Ungleichung von Tschebyscheff Für Bε = {x ∈ X ; |x − m1 | > ε} ist P(Bε ) ≤ m̂2 ε2 9.18 WR 1 Die Momente W. Merz Beispiel: Mittelwert und Varianz der N (0, 1)-Verteilung. Mit der Dichte 2 1 ϕ(x) = √ e−x /2 2π sind die Funktionen x 7→ x k ϕ(x) für alle k = 1, 2, 3, . . . im Lebesgueschen und im uneigentlich-Riemannschen Sinn integrierbar. Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion Mittelwert h(x) = xϕ(x) ist ungerade Funktion, d.h. h(−x) = −h(x). Z ∞ m1 = m1 (N (0, 1)) = xϕ(x)dx = 0 −∞ 9.19 WR 1 Die Momente W. Merz 2. Moment Partielle Integration, angewandt auf 2 2 x 2 e−x /2 = x xe−x /2 Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen mit der Stammfunktion −e−x 2 /2 für den zweiten Faktor. Momente Definition Normalverteilung m2 = = = Z ∞ 2 1 √ x xe−x /2 dx 2π −∞ h Z ∞ i∞ 1 −x 2 /2 −x 2 /2 √ (−e )dx x(−e ) − −∞ 2π −∞ Z ∞ Z 2 1 √ e−x /2 dx = ϕ(x)dx = 1 2π −∞ Die momenterzeugende Funktion Varianz m̂2 = m2 = 1 9.20 WR 1 Die momenterzeugende Funktion W. Merz Definition Ist P eine absolutstetige nichtnegative Verteilung, d.h. f (x) = 0 für x < 0, so heißt die für t < 0 definierte Funktion Z Z ∞ M(t) = etx f (x)dx = etx f (x)dx 0 Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente Definition die momenterzeugende Funktion von P. Normalverteilung Die momenterzeugende Funktion Wie im diskreten Fall besitzt sie die folgenden Eigenschaften Z Z dk ∂ k tx M(t) = e f (x)dx = x k etx f (x)dx dt k ∂t k Z Z M (k ) (0) := lim M (k ) (t) = lim x k etx f (x)dx = x k f (x)dx = mk (P) M (k ) (t) = t→0 t→0 9.21 WR 1 Die momenterzeugende Funktion W. Merz Exercise Für die Exponentialverteilung mit Parameter λ ist Z ∞ Z ∞ M(t) = etx λe−λx dx = λ e(t−λ)x dx = 0 0 Eindimensionale Verteilungen Die Verteilungsfunktion λ λ−t Eigenschaften Die Exponentialverteilung Absolutstetige Verteilungen Diskrete Verteilungen Momente mit den Ableitungen Definition Normalverteilung M 0 (t) = λ 2λ und M 00 (t) = 2 (λ − t) (λ − t)3 Die momenterzeugende Funktion Daraus folgt m1 = M 0 (0) = 1/λ, m2 = 2/λ2 und m̂2 = m2 − m12 = 1/λ2 9.22