Preisverhandlungen ohne Grundlage? Regelungsdefizite am Beispiel der Hepatitis C-Behandlung 3. Workshop Nutzenbewertung von Arzneimitteln am 26. und 27. November 2014 in Bremen Prof. Dr. Heinz Rothgang Jonas Czwikla Zentrum für Sozialpolitik & Wissenschaftsschwerpunkt Gesundheitswissenschaften Universität Bremen Inhalt I. Preisfindung nach AMNOG II. (Frühe) Nutzenbewertung nach § 35a SGB V III. Das Beispiel Hepatitis C IV. Wie können „faire Preise“ bestimmt werden? V. Fazit Prof. Dr. Heinz Rothgang 2 Inhalt I. Preisfindung nach AMNOG II. (Frühe) Nutzenbewertung nach § 35a SGB V III. Das Beispiel Hepatitis C IV. Wie können „faire Preise“ bestimmt werden? V. Fazit Prof. Dr. Heinz Rothgang 3 I Preisfindung nach AMNOG Prof. Dr. Heinz Rothgang 4 I. Preisfindung nach AMNOG Prof. Dr. Heinz Rothgang 5 I. Preisfindung nach AMNOG Prof. Dr. Heinz Rothgang Rückwirkung? 6 Inhalt I. Preisfindung nach AMNOG II. (Frühe) Nutzenbewertung nach § 35a SGB V III. Das Beispiel Hepatitis C IV. Wie können „faire Preise“ bestimmt werden? V. Fazit Prof. Dr. Heinz Rothgang 7 II. Frühe Nutzenbewertung Drei Probleme 1. Welche Dimensionen von „Nutzen“ gehen in die Bewertung ein? • Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AM-NutzenV) • Operationalisierung durch das IQWiG Prof. Dr. Heinz Rothgang 8 II. Frühe Nutzenbewertung Prof. Dr. Heinz Rothgang 9 II. Frühe Nutzenbewertung Prof. Dr. Heinz Rothgang 10 II. Frühe Nutzenbewertung Erweiterung um Lebensqualität: unwidersprochen Prof. Dr. Heinz Rothgang 11 II. Frühe Nutzenbewertung Drei Probleme 1. Welche Dimensionen von „Nutzen“ gehen in die Bewertung ein? • Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AM-NutzenV) • Operationalisierung durch das IQWiG 2. Wie wird die ordinale Nutzenskala „erheblich-beträchtlich-gering“ abgegrenzt • Operationalisierung durch das IQWiG Prof. Dr. Heinz Rothgang 12 II. Frühe Nutzenbewertung Prof. Dr. Heinz Rothgang 13 II. Frühe Nutzenbewertung Operationalisierung durch das IQWiG ist vollkommen willkürlich Prof. Dr. Heinz Rothgang 14 II. Frühe Nutzenbewertung Operationalisierung durch das IQWiG ist vollkommen willkürlich Operationalisierung durch das IQWiG ist zunächst unwidersprochen Prof. Dr. Heinz Rothgang 15 II. Frühe Nutzenbewertung Drei Probleme 1. Welche Dimensionen von „Nutzen“ gehen in die Bewertung ein? • Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AM-NutzenV) • Operationalisierung durch das IQWiG 2. Wie wird die ordinale Nutzenskala „erheblich-beträchtlich-gering“ abgegrenzt • Operationalisierung durch das IQWiG 3. Wie können die verschiedenen Dimensionen miteinander verrechnet werden? • Zusatznutzen ist der höchste in einer Kategorie erreichte Wert • Verrechnung der Werte mittels Algorithmus Beide Lösungen sind hoch problematisch Prof. Dr. Heinz Rothgang 16 II. Frühe Nutzenbewertung Transparenz und Außenwirkung – IQWIG-Berichte deklinieren den Zusatznutzen für die vier Dimensionen durch und berichten einzeln. – Am Ende erfolgt eine Gesamtbewertung (erheblich – beträchtlich – gering – nicht quantifizierbar). – Der Algorithmus zur Berechnung der Gesamtnote wird nicht explizit genannt. – Diese Intransparenz in der Außenwirkung fördert die Legitimation der IQWiG-Entscheidungen nicht. Prof. Dr. Heinz Rothgang 17 Inhalt I. Preisfindung nach AMNOG II. (Frühe) Nutzenbewertung nach § 35a SGB V III. Das Beispiel Hepatitis C 1. 2. 3. 4. 5. 6. Grundcharakteristika Epidemiologie Therapiemöglichkeiten Nutzenbewertung und Kosten von Sofosbuvir Nutzenbewertung und Kosten von Simeprevir Fazit für das Beispiel IV. Wie können „faire Preise“ bestimmt werden? V. Fazit Prof. Dr. Heinz Rothgang 18 III.1 Beispiel Hepatitis C: Grundcharakteristika Hepatitis C – Infektionskrankheit der Leber (Meldepflicht, keine Impfmöglichkeit) – Hepatitis-C-Viren befallen die Leber und können dort Entzündungen auslösen – führt häufig zu Leberschädigungen (z.B. Leberzirrhose oder Leberzellkarzinom) – parenterale Übertragung über das Blut (u.a. Drogenkonsumierende als Risikogruppe) – 6 Genotypen und über 80 Unterformen • Genotyp 1 am häufigsten in Europa (70-80%) • Medikamente sind nicht bei allen Genotypen gleich wirksam – Genotyp 1 ist vergleichsweise schwer zu behandeln RKI, 2014 Prof. Dr. Heinz Rothgang 19 III.2 Beispiel Hepatitis C: Epidemiologie • Prävalenz – ca. 130-170 Mio. Betroffene weltweit (ca. 2-3% der Weltbevölkerung) – ca. 300-500 Tsd. Betroffene in Deutschland (ca. 0,4% der dt. Bevölkerung) • Inzidenz – ca. 3-4 Mio. Neuerkrankungen weltweit – ca. 5 Tsd. gemeldete Neuerkrankungen in Deutschland (2010) • Hohe Dunkelziffer RKI, 2014 Prof. Dr. Heinz Rothgang 20 III.3 Beispiel Hepatitis C: Therapiemöglichkeiten • Alte Behandlungsmöglichkeiten – Duale Therapie: Ribavirin + Peginterferon – Triple-Therapie: (Boceprevir oder Telaprevir) + Ribavirin + Peginterferon • Robert Koch-Institut – „Die Kombinationstherapie mit Interferon/ pegyliertem Ribavirin sowie die Tripletherapie mit Proteaseinhibitoren (Boceprevir und Telaprevir kann nicht mehr als Standardtherapie empfohlen werden.“ (RKI, 2014) – Diese „alten“ Therapien bilden die zweckmäßigen Vergleichstherapien Prof. Dr. Heinz Rothgang 21 III.3 Beispiel Hepatitis C: Therapiemöglichkeiten • Neue Behandlungsmöglichkeiten/ Wirkstoffe – – – – – Sofosbuvir (Sovaldi®) + Ribavirin (+ Peginterferon) Simeprevir (Olysio®) + Ribavirin + Peginterferon Daclatasvir (Daklinza®) Sofosbuvir inkl. Ledipasvir (Harvoni®) … • Vorteile – signifikant höhere SVR-Raten (bis zu 90% statt 50-75%) – kürzere Therapiedauer – weniger Nebenwirkungen (z.B. Fatigue, Haarausfall, verändertes Blutbild, Depressionen, Selbstmordgedanken) Prof. Dr. Heinz Rothgang 22 III.3 Beispiel Hepatitis C: Therapiemöglichkeiten • Sofosbuvir (Gilead Sciences GmbH) – Zulassung: Januar 2014 – Zielgruppe: Patienten mit chronischer Hepatitis C (alle Genotypen) • Simeprevir (Janssen-Cilag GmbH) – Zulassung: Mai 2014 – Zielgruppe: Patienten mit chronischer Hepatitis C (Genotypen 1, 4) Prof. Dr. Heinz Rothgang 23 III.3 Beispiel Hepatitis C: Therapiemöglichkeiten • G-BA: (Frühe) Nutzenbewertung nach § 35a SGB V G-BA, 2014a • Hepatitis C – – – – – Boceprevir (Victrelis®) (Beschlussfassung 01.03.2012) Telaprevir (Incivo®) (Beschlussfassung 29.03.2012) Sofosbuvir (Sovaldi®) (Beschlussfassung 17.07.2014) Simeprevir (Olysio®) (Beschlussfassung 20.11.2014) Daclatasvir (Daklinza®) (Beschlussfassung Februar 2015) Prof. Dr. Heinz Rothgang 24 III.4 Beispiel Hepatitis C: Nutzenbewertung Sofosbuvir IQWiG Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V Sofosbuvir – Ausmaß und Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens (02.05.2014) IQWiG, 2014a Prof. Dr. Heinz Rothgang 25 III.4 Beispiel Hepatitis C: Nutzenbewertung Sofosbuvir IQWiG Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V Sofosbuvir – Ausmaß und Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens (02.05.2014) Hinweis auf nicht quantifizierbaren Zusatznutzen (schwächste Stufe des Zusatznutzens) bei nur einem Genotyp, ca. 5% der insgesamt Betroffenen IQWiG, 2014a Prof. Dr. Heinz Rothgang 26 III.4 Beispiel Hepatitis C: Nutzenbewertung Sofosbuvir • G-BA Beschluss: Zusatznutzen – Sofosbuvir • Hinweis für einen beträchtlichen Zusatznutzen – therapienaive Patienten, Genotyp 2 • Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen – – – – – therapienaive Patienten ohne Zirrhose, Genotyp 1 therapienaive Patienten mit Zirrhose, Genotyp 1 therapieerfahrene Patienten, Genotyp 2 therapienaive und therapieerfahrene Patienten, Genotyp 3 therapienaive und therapieerfahrene Patienten mit einer HIV-Koinfektion, alle Genotypen • Ein Zusatznutzen ist nicht belegt – therapieerfahrene Patienten, Genotyp 1 – therapienaive und therapieerfahrene Patienten, Genotyp 3 – therapienaive und therapieerfahrene Patienten, Genotyp 4, 5, 6 G-BA, 2014b Prof. Dr. Heinz Rothgang 27 III.4 Beispiel Hepatitis C: Nutzenbewertung Sofosbuvir • G-BA Beschluss: Zusatznutzen – Sofosbuvir • Hinweis für einen beträchtlichen Zusatznutzen – therapienaive Patienten, Genotyp 2 • Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen – – – – – therapienaive Patienten ohne Zirrhose, Genotyp 1 therapienaive Patienten mit Zirrhose, Genotyp 1 therapieerfahrene Patienten, Genotyp 2 therapienaive und therapieerfahrend Patienten, Genotyp 3 therapienaive und therapieerfahrene Patienten mit einer HIV-Koinfektion, Deutlich Zahl der Betroffenen allegrößere Genotypen • Ein Zusatznutzen ist nicht belegt – therapieerfahrene Patienten, Genotyp 1 – therapienaive und therapieerfahrene Patienten, Genotyp 3 – therapienaive und therapieerfahrene Patienten, Genotyp 4, 5, 6 G-BA, 2014b Prof. Dr. Heinz Rothgang 28 III.4 Beispiel Hepatitis C: Kosten Sofosbuvir • G-BA Beschluss: Therapiekosten – Sofosbuvir • Preis/ Packung: ca. 19.000 € (nach Abzug ges. vorgesch. Rabatte) • Preis/ Tablette: ca. 670 € • Jahrestherapiekosten allein für Sofosbuvir – 12 Wochen Behandlungsdauer: ca. 57.500 € – 24 Wochen Behandlungsdauer: ca. 113.000 € • Therapiekosten insgesamt (Sofosbuvir + Ribavirin (+ Peginterferon)) – je nach Behandlungsart u. -dauer: 59.000 € bis 123.000 € • Therapiekosten Vergleichstherapie – je nach Behandlungsart u. -dauer: 6.000 € bis 55.000 € – für die Behandlung infrage kommende Patienten • ca. 99.900 Patienten – davon ca. 4.600 therapienaive Patienten, Genotyp 2 G-BA, 2014b Prof. Dr. Heinz Rothgang 29 III.5 Beispiel Hepatitis C: Nutzenbewertung Simeprevir IQWiG Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V Simeprevir - Ausmaß und Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens (01.09.2014) IQWiG, 2014b Prof. Dr. Heinz Rothgang 30 III.5 Beispiel Hepatitis C: Nutzenbewertung Simeprevir • G-BA Beschluss: Zusatznutzen – Simeprevir • Hinweis für einen beträchtlichen Zusatznutzen – therapienaive Patienten (mit und ohne Zirrhose), Genotyp 1 – therapieerfahrene Patienten (Relapse), Genotyp 1 – Therapieerfahrene Patienten (vorherige Non-Responder), Genotyp 1 • Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen – therapienaive Patienten und therapieerfahrene Patienten (Relapse), Genotyp 4 – Therapienaive Patienten (ohne Zirrhose) und therapieerfahrene Patienten (Relapse ohne Zirrhose), Genotyp 1, 4 • Ein Zusatznutzen ist nicht belegt – therapieerfahrene Patienten (vorherige Non-Responder), Genotyp 4 – Therapienaive Patienten (mit Zirrhose) und therapieerfahrene Patienten (vorherige Non-Responder mit/ohne Zirrhose) mit einer HIV-Koinfektion, Genotyp 1, 4 G-BA, 2014c Prof. Dr. Heinz Rothgang 31 III.5 Beispiel Hepatitis C: Kosten Simeprevir • G-BA Beschluss: Therapiekosten – Simeprevir • Preis/ Packung: ca. 15.000 € (nach Abzug ges. vorgesch. Rabatte) • Preis/ Tablette: ca. 550 € • Jahrestherapiekosten allein für Simeprevir – 12 Wochen Behandlungsdauer: ca. 49.000 € • Therapiekosten insgesamt (Simeprevir + Ribavirin + Peginterferon) – je nach Behandlungsart u. -dauer: ca. 56.000 € bis 67.000 € • Therapiekosten Vergleichstherapie – je nach Behandlungsart u. -dauer: ca. 10.000 € bis 55.000 € – für die Behandlung infrage kommende Patienten • ca. 64.800 Patienten G-BA, 2014c Prof. Dr. Heinz Rothgang 32 III.6 Fazit für das Beispiel 1. Die neuen Therapien sind sehr teuer erhebliche Interessengegensätze zwischen Hersteller und Kassen 2. Die Nutzenbewertung des G-BA ist deutlich positiver als die des IQWiG mit entsprechenden Kostenimplikationen 3. Zumindest bei Simeprevir finden G-BA und IQWiG Hinweise auf erheblichen Zusatznutzen 4. Das Problem ist nicht länger fehlender Zusatznutzen, sondern vorhandener Zusatznutzen bei sehr hohen Herstellerpreisen! Wie sollen in einer solchen Situation Preise festgesetzt werden? Prof. Dr. Heinz Rothgang 33 Inhalt I. Preisfindung nach AMNOG II. (Frühe) Nutzenbewertung nach § 35a SGB V III. Das Beispiel Hepatitis C IV. Wie können „faire Preise“ bestimmt werden? V. Fazit Prof. Dr. Heinz Rothgang 34 IV. „Faire Preise“ in der ökonomischen Theorie • Klassiker: ordre naturel: – „Natürlicher Preis“ richtet sich ausschließlich nach den Gestehungskosten • Neoklassik: Marginalistische Wende – Preis richtet sich auch nach der Einschätzung des Nutzens des Gutes durch die Nachfrageseite • Marktpreisbildung: Zusammentreffen von – Angebotsfunktion (repräsentiert Grenzkosten) und – Nachfragefunktion (repräsentiert Grenznutzen) • Beide Größen (Kosten und Nutzen) werden berücksichtigt Prof. Dr. Heinz Rothgang 35 IV. Preissetzung im Gesundheitswesen • Übergang vom zweiseitigen zum dreiseitigen Markt: Krankenversicherung kommt hinzu – „Kunden“ = Patienten haben kein Preisinteresse Marktpreisbildung auf dieser Ebene funktioniert nicht • Krankenkassen müssen die Rolle der Nachfrager übernehmen und Preise gemeinsam mit Anbietern bestimmen. AMNOG: Preisverhandlungen. • Aber: auf welcher Basis werden Preise bestimmt? Ansatzpunkte könnten sein: a) Kosten und/oder b) Nutzen für Patienten Prof. Dr. Heinz Rothgang 36 IV. Preissetzung im Gesundheitswesen: Kostenorientierung? • Krankenkassen argumentieren derzeit anhand der Kosten. • Praktisches Problem der Kostenorientierung: – Produktionskosten sind im Arzneimittelbereich gering. Entscheidend sind Gemeinkosten (Forschung, Entwicklung, Verwaltung, Vertrieb), die nicht eindeutig einem Präparat zugeordnet werden können. – Multinationale Konzerne können Kosten zwischen Produktionslinien und Ländern verschieben. Die Vorstellung, realistische Kosten der Arzneimittel erheben zu können, ist naiv • Normatives Problem der Kostenorientierung – Ohne Beachtung des Nutzens kann es auch bei Preisen in Höhe der Grenzkosten zu Ineffizienzen kommen, wenn das Verhältnis von Kosten zu Nutzen nicht stimmt Prof. Dr. Heinz Rothgang 37 IV. Preissetzung im Gesundheitswesen: Nutzenorientierung? • Notwendig ist eine Verpreislichung des (Zusatz)Nutzens. • Hierzu notwendig: – eindimensionaler Nutzenparameter zur Aggregation mehrdimensionaler Endpunkte: • QALYs u.ä. (indikationsübergreifend) • Indikationsbezogener Summenparameter (IQWiG) und – Grenzwert für Kosteneffektivität oder – Zahlungsbereitschaft • Da Nutzen nach Genotyp für theraphienaive vs. therapieerfahrene vs. Non-Responder) unterschiedlich ist: – Differenzierte Erstattungsfähigkeit (1st line vs. 2nd line Therapien) • Ökonomisches Risiko (Kosten vs. Preis) geht an Hersteller. Prof. Dr. Heinz Rothgang 38 Inhalt I. Preisfindung nach AMNOG II. (Frühe) Nutzenbewertung nach § 35a SGB V III. Das Beispiel Hepatitis C IV. Wie können „faire Preise“ bestimmt werden? V. Fazit Prof. Dr. Heinz Rothgang 39 V. Fazit (1/3) • Preissetzungsverfahren nach AMNOG gilt als erfolgreich. Aber: – Aggregation des Gesamtzusatznutzen aus Bewertung einzelner Dimensionen ist intransparent, Bewertung der einzelnen Dimensionen gegriffen. – Nutzenbewertung von IQWiG und GBA unterscheiden sich. Feststellung des Zusatznutzens ist Verhandlungssache. – Von bisher 58 Verfahren (Stand: Juli 2014) • • • 50 Einigungen 4 Schiedsstellenverfahren 5 Arzneimittel vom Markt genommen, zumindest einmal zum Bedauern des GKV-SV (Bosulif®) • Noch kein Verfahren war in der Kosten-Nutzen-Bewertung Verfahren führt nicht immer zum Erfolg Prof. Dr. Heinz Rothgang 40 V. Fazit (2/3) • Für Preisverhandlungen selbst gibt es keinen praktikablen und akzeptierten Maßstab – Kassen sagen „zu teuer“ – ohne normative Grundlage – Vorgeschlagene Kostenorientierung ist nicht zielführend • Nutzenorientierung bei Preisverhandlung ist alternativlos • Kosten-Nutzen-Bewertungen müssen im Verfahren wieder weiter nach vorne gezogen werden in Form von „maximal zu erstattender Preis“-Nutzen-Bewertungen • Nutzenmessung durch • • QALY, mit Schwellenwert für Kosten-Effektivität oder Zahlungsbereitschaft Prof. Dr. Heinz Rothgang 41 V. Fazit (3/3) • Beim Vergleich von etablierter und neuer Therapie müssen – Kosten und Nutzen über den gesamten Lebenszyklus ermittelt werden – Unter Einschluss der Folgekosten (etwa Lebertransplantation) • Rückwirkende Preisfestsetzung ist sinnvoll – Refinanzierung der Arzneimittelkosten muss über den verhandelten Preis erfolgen, nicht über eine einjährige Schonfrist mit „Mondpreisen“ Prof. Dr. Heinz Rothgang 42