Seltene und unbekannte Cichliden

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Chromitlotilapia spec.
,,Lope",
Weibchen; die
Art erinnert
sehr an
Ch. kingsleyae
Seltene und unbekannte Cichliden
aus Gabun
Anton Lamboj
Balzentles
Männchen
von Parananochromis spec.
,,Belinga"
Fotos: Lamboj
@ DCG-Info
19(11) 1988: 217-221
21'7
Aquaristische Fernreisen nach Westafrika haben bei österreichischen Aquarianern
in den letzten 20 Jahren fast schon Tradition gewonnen. Namen wie Otto Gartner,
Eduard Pürz1 oder Dr. A. C. Radda - um nur einige zu nennen - sind untrennbar mit
der Erkundung der Fischfauna dieses Gebietes verbunden. Viele Arten wurden dabei auch erstmalig lebend importiert bzw. überhaupt neu entdeckt.
So auch während einer Reise nach Gabun, die von den Wiener Aquarianern Otto
Hoffmann und Erwin Kuber im Februar 1988 unternommen wurde. Bisher aquaristisch kaum oder noch gar nicht bereiste Gebiete wurden durchforscht, und eine
reichliche Ausbeute konnte mitgebracht werden. Neben verschiedenen Killifischzät,ler sind (2. B. Neolebias
Arten, Salmlern und Barben, die zu den Raritäten
^t
tlewarasae oder Barbus jae) sind es nun vor allem einige Cichliden, die - zumindest
für mich - die bedeutendste Ausbeute dieser Reise darstellen. Als ich die Fische im
Februar das erste Mal gesehen habe, war eine Einordnung aufgrund der geringen
Größe der Tiere noch sehr schwierig. Nun, im Juni 1988, muß zwar leider die Feststellung getroffen werden, daß bei den vorhandenen drei Arten keine Paare dabei
sind, aber mindestens zwei dieser Arten noch nicht beschrieben sind, eine davon
wahrscheinlich sogar eine Neuentdeckung.
Nun aber der Reihe nach zu den Fischen: Die erste Art hielt ich zunächst - als ich im
Februar die kleinen Fische erstmalig sah - lür eine hochrückige Art aus der Gattung
Parananochromis (GREENWOOD, 1987). Solort dachte ich an eine Zeichnung im
Buch von Linke & Staeck,,Afrikanische Cichliden 1, Buntbarsche aus Westafrika",
die der Beschreibung einer als ,,Nanochromis riomuniensis" bezeichneten Art beigestellt war. Mit Vorbehalten ordnete ich die beiden Tiere dieser Art zu. Als sie jedoch größer wurden, wurde erkenntlich, daß die Fische der Gattung Chromidotilapia zlz:uordr'en sind. Vorläufige Untersuchungen haben bisher ergeben, daß diese
Art in die Nähe von Ch. kingsleyae BOULENGE& 1898 zu stellen ist, vielleicht sogar diese Art darstellt. Es ist dazu zu bemerken, daß a1le mir bekannten Abbildungen dieser Art in der aquaristischen Literatur immer nur Vertreter der Art. Ch. gunt/reri (SAUVAGE, 1882) darstellen, es also bisher immer zu Fehlbestimmungen gekommen ist.
Für diese Art, die hier nun mitgebracht wurde, schlage ich vorläulig - gemäß dem
Fanggebiet - die Bezeichnutg Chromidotilapia spec. ,,Lope" vor.
Ehe ich die beiden nächsten Arten vorstelle, noch einige Worte zu ,,Nanochromis
riomuniensis" . Es ist derzeit nicht ganz klar, ob eine gü1tige Erstbeschreibung lür
diese Art existiert. Der belgische Ichthyologe Thys v. d. Audenaerde hatte eine
Erstbeschreibung in Vorbereitung, die jedoch bis heute nicht erschienen ist - die
Gründe dalür sind mir nicht bekannt, hier aber auch nicht von Bedeutung. Ob nun
die Nennung dieser Art im genannten Buch von I-inke & Staeck a1s Erstbeschreibung zu betrachten ist oder nicht - es lehlen darin viele Angaben, die lt. Nomenklaturregeln enthalten sein sollten (leider jedoch nicht müssen) -, muß noch endgültig
geklärt werden.
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DCG-Info 19(11) 1988: 217-221
Rechts: Ein Weibchen von Paranano-
chromis spec.
,,Belinga"
Unten: Parananochromis longirostris,
ilie Tlpusart der 1987
von Greenwood aufgestellten Gattung
@
r.o-r,rro ,r(,,) ,rrr'
,tr-rl
219
Parananochro-
mis spec.
,,Makoukou";
das sich nach
hinten verbreiternde
Lateralband
ist gut zu erkennen
Ich habe übrigens ein Photo eines konservierten Tieres gesehen (bei Roland Numrich, Köln), welches Iiir diese oben zitierte, nicht erschienene Arbeit verwendet
worden ist - meiner Meinung nach handelt es sich dabei um eine ChromidotilapioArt. Nun aber wieder zurück zum Thema: Die zweite mitgebrachte Art gehört ziemlich sicher zur Gattung Parananochromis. Sie ist nicht ganz unbekannt, sondern
wurde schon vor etwa zwei Jahren erstmalig durch Roland Numrich und Mitreisende von Gabun mitgebracht und zwischenzeitlich bereits auch in einigen Exemplaren nachgezogen. Die Art erhielt damals die Bezeichnulg Nanochromis spec. ,,Belinga", eine Erstbeschreibung ist derzeit in der Ausarbeitung und wird wohl noch
dieses Jahr veröffentlicht. Bei diesem sechs bis sieben Zentimeter groß werdenden
Cichliden handelt es sich um einen Höhlenbrüter mit deutlich ausgeprägtem Geschlechtsdimorphismus. Die Zucht hat sich als schwierig erwiesen und gelang nur
bei sehr weichem. saurem Wasser. Hoffmann und Kuber landen diese Art ca. 37 Kilomter südlich des Ortes Bakuaka.
Die dritte Art schließ1ich, die in der Nähe des Ortes Makoukou gefangen wurde, ist
wahrscheinlich ebenfalls der Gattung Parananochromis zuzuordnen und sol1 vor1äuhg als Parananochromis spec. ,,Makoukou" bezeichnet werden. Leider steht nur
ein Exemplar dieser - höchstwahrscheinlichen - Neuentdeckung zurVerfügung. Es
handelt sich hier um eine klein bleibende Art; die Größe von sechs Zentimetern
dürfte nicht mehr überschritten werden. Auffallend sind der verhältnismäßig klein
wirkende Kopf sowie ein nach rückwärts breiter werdendes Lateralband.
Auf eine ausführliche Beschreibung dieser drei Arten habe ich bewußt verzichtet,
da sie mit ihren charakteristischen Merkmalen wohl a1le deutlich auf den beigefügten Bildern zu erkennen sind.
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DCG-Info 19(11) 1988: 2lT-221
Ehe ich nun zum Abschluß komme, möchte ich noch ein paar Bemerkungen zur
Gatt;llrg Parananochromis machen. Diese Gattung wurde 1987 durch den britischen
Ichthyologen Greenwood aufgestellt. Folgende Arten wurden aus der Gattung Nanochromis in diese neue Gattung überführt: N. longirostris (BOULENGER, 1903),
N. caudifasciatr.rs (BOULENGE& 1913) sowie N. gabonicus (TREWAVAS,l975).
A11e drei Arten sind bereits aquaristisch bekannt.
Nun bezieht auch Horst Linke in einem Artikel in der Zeitschrift "Aquarium Heute",Heft2/1988, auf den Seiten 8 und 9 zu dieser Gattung Stellung. Konkret kann er
sich der Auffassung Greenwoods, diese drei Arten in einer Gattung zusammenzuziehen, aufgrund dillerierender Brutpflegeformen nicht anschließen. Parananochromis cauidiJasciatus wd gabonicus sind Höhienbriter, Parananochromis longiroslns ist jedoch ein Maulbrüter (mündliche Mitteilung von Roland Numrich, der diese Art erstmalig nachgezogen hat). Linke schlägt nun vor, P. longirostris aus der Gattung Parananochromis zu nehmen und in eine neue Gattung zu überführen, Iiir die
er den Namen Pseudochromidotilapia anbietet. Ungeachtet der Tatsache, daß es für
die Aufstellung einer neuen Gattung einer umfangreicheren Arbeit badarf, muß
festgestellt werden, daß - trotz der erkannten Unterschiede in der Fortpflanzung ein Überstellen der Art Parananochromis longirostris in eine neue Gattung, wie
oben angeführt, nicht mög1ich ist. Dies aus dem einlachen Grund, weil P. longirostris den Gattungstypus darstellt. Wenn also eine Aufteilung erfolgen sollte, müssen die Arten P. caudifasciatus wd P. gabonicas in eine neue Gattung gestellt werden, aber nicht umgekehrt. Soweit zu diesem Thema.
Um nochmals auf die drei Arten zurückzukommen, denen eigentlich dieser kleine
Aufsatz gewidmet ist: Es bleibt nur zu hoffen, daß sich bald wieder aquaristische
Fernreisende dazu bereit finden, nach Gabun zu reisen, um zu helfen, von allen hier
angesprochenen Arten mehr Exemplare in unsere Aquarien zu bekommen. Dies,
um zum einen das Wissen um westalrikanische Cichliden wieder ein Stück weiter
zu vervollständigen, zum anderen, um die Basis für eine Zucht dieser Arten zu
schaffen, die ihnen einen dauerhalten Bestand in der Aquaristik sichern so1l.
Die Gold-Tilapie, O. aureus
Jörg Freyhof
Es gibt nur wenige Gruppen von Cichliden, die von den Aquarianern so durchweg
abgelehnt werden wie die Tilapien. Die Arten dieser Gruppe, die man heute in acht
Gattungen unterteilt, scheinen a1le unangenehmen Eigenschaften in sich zu vereinen und sind so fast zum Sinnbild von Iür die Aquaristik ungeeigneten Cichliden
geworden. Unberechtigt, wie ich glaube, denn es gibt viele Mittelamerikaner, die
@
rao-r,rfo
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1988: 221-224
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