Österreich und Ungarn im 20. Jhdt. – Gemeinsames und Trennendes Eine sicherheitspolitische und militärhistorische Darstellung Abstract der DIPLOMARBEIT zur Erlangung des akademischen Grades „Magister der Militärischen Führung (FH)“ im Rahmen der Teamdiplomarbeit Die Geschichte Österreichs und seiner Nachbarstaaten – Gemeinsames und Trennendes am FH-DiplStg „MilFü“ an der Theresianischen Militärakademie im Jahrgang NOVAK VON ARIENTI eingereicht bei HR Dr. Wolfgang ETSCHMANN von Fhr Alexander SACKL WIENER NEUSTADT, im Juni 2010 1. Problembereich Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit bietet eine Übersicht über die außenpolitischen Beziehungen zwischen Österreich und seinem Nachbarstaat Ungarn im Verlauf des 20. Jahrhunderts. Im Laufe der Arbeit wird in den vier Hauptkapiteln auch noch näher auf die militärhistorischen und sicherheitspolitischen Ereignisse unter Berücksichtigung ausgewählter Konflikte eingegangen. Diese Konflikte umfassen unter anderem die Auswirkungen der Studentenrevolution 1956 in Ungarn. Von dem Ersten Weltkrieg ausgehend werden die Zwischenkriegszeit und die damit verbundenen Friedensverträge analysiert. Die daraus resultierende ungarische Revisionspolitik, welche bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges betrieben wurde, wird mit den territorialen Veränderungen chronologisch dargestellt. In zeitlicher Hinsicht folgen die Ursachen und Auswirkungen der Wende und der europäische Integrierungsprozess. Jeder zeitliche Abschnitt behandelt überblicksmäßig die Geschichte Österreichs und verweist parallel auf die Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen der beiden Länder. 2. Forschungsfrage „Wie hat sich die sicherheitspolitische und militärhistorische Beziehung zwischen Österreich und Ungarn, unter Berücksichtigung von innen- und außenpolitischen Einflüssen, im 20. Jahrhundert dargestellt?“ 3. Abgrenzung, wissenschaftliche Methode und Art der Datenerhebung Im Rahmen der Bearbeitung wurde die Innen- und Außenpolitik Ungarns einer wissenschaftlichen Beurteilung unterzogen, wobei Bündnisse und Verträge unter Berücksichtigung bestimmter Konflikte erarbeitet wurden. 3.1. Methode Als Analysetechnik wird die Inhaltsanalyse geisteswissenschaftliche Methode eingesetzt. herangezogen und dabei wird die 3.2. Theorietyp: Es wurde weiters ein dialektisch-kritischer Theorietyp angewandt, welcher die Politik als Resultat diverser geschichtlich determinierter Prozesse versteht, beziehungsweise wurde nach der geisteswissenschaftlichen Methode als interpretative Technik vorgegangen. 3.3. Forschungsansatz: Die Diplomarbeit unterliegt Informationsgewinnung werden einem historisch-genetischen Fachbücher, Forschungsansatz. Fachzeitschriften, Internetquellen Zur und Videoquellen verwendet. 3.4. Erhebungstechnik: Die der Arbeit zugrunde liegende Erhebungstechnik war die Abstützung auf bereits existierende Daten in Form von Texten und Dokumenten und die daraus folgende Interpretation dieser Literatur. 4. Erkenntnisse und Resümee Ungarn war bereits zu Beginn des Ersten Weltkrieges ein gleichberechtigter Bestandteil der damaligen Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Ausschlaggebend für diese Position war der vollzogene Ausgleich im Jahr 1867. Die Länder der Heiligen Ungarischen Krone standen unter der Herrschaft von Kaiser und König Franz Josef I. und stellten gemeinsam mit Österreich die k. u. k. Armee, welche im Verlauf des Ersten Weltkrieges oftmals zum Einsatz kam. In dieser Phase war die Verbundenheit mit Österreich stark ausgeprägt, da die Staaten eine gemeinsame, einheitliche Linie im Rahmen der Politik und Wirtschaft verfolgten. Dennoch gab es in dem riesigen Territorium der Donaumonarchie, welche eine Fläche von 676.615 km² hatte, Konflikte unter den vielen unterschiedlichen Nationalitäten. Mit dem Ausgang des Ersten Weltkrieges teilte Österreich mit Ungarn das gleiche Schicksal, da beide als Kriegsverlierer aus den Kampfhandlungen, welche am 3. November 1918 mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens ein Ende nahmen, hervorgingen. Damit war auch der Zusammenbruch der k. u. k. Monarchie verbunden. Am 11. November 1918 trat Kaiser Karl zurück und es wurde fünf Tage später die Republik Ungarn ausgerufen. Mit den Pariser Vorortverträgen wurden die neuen Grenzen und Gebietsabtretungen der Nachfolgerstaaten bestimmt. Nach der Unterzeichnung des Vertrages von Saint-Germain am 10. September 1919 durch Staatskanzler Karl Renner folgte der Vertrag von Trianon, wodurch Ungarn 189.000 km² an Territorium verlor. Selbst an Österreich musste Ungarn das Gebiet des heutigen Burgenlandes abtreten, wobei die genaue Grenzziehung ein politisches Spannungsfeld zwischen Österreich und Ungarn bis Ende des 20. Jahrhunderts blieb. Die zwanziger und dreißiger Jahre waren in beiden Staaten durch weitgehende innenpolitische Spannungen gekennzeichnet. In Österreich kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den politischen Lagern der Christlich-Sozialen und der Sozialdemokraten. Zur selben Zeit entstand in Ungarn das Horthy-Regime, von dem der „weiße Terror“, welcher an die 5.000 Todesopfer im Landesinneren forderte, ausging. In der Zwischenkriegszeit hatte die ungarische Bevölkerung und Regierung nur eines im Kopf: die Revisionsbewegung, um die alten Grenzen wiederherzustellen. Aus diesem Grund ersuchte Ungarn um Hilfe sowohl bei Deutschland als auch bei Italien. Nach der Unterzeichnung der „Römischen Protokolle“ zwischen Italien, Österreich und Ungarn wurde von italienischer Seite versprochen, den revisionistischen Zielen nachzugehen. Durch die engere Zusammenarbeit zwischen Hitler und Mussolini und die Schaffung der Achse BerlinRom wurde die ungarische Politik wesentlich eingeengt. Nach weiterem Streben im Sinne des Revisionsgedankens wurde im Rahmen des Münchner Abkommens am 29. September 1938 auf die Selbstständigkeit der ungarischen und tschechoslowakischen Regierung verwiesen, um die neuen Grenzen zu ziehen. Da es zu keiner Lösung kam, folgten die Wiener Schiedssprüche, um eine solche herbeizuführen. In dieser Zeit gingen die Staaten Österreich und Ungarn, welche beide durch den Ersten Weltkrieg wirtschaftlich geschwächt waren, ihren eigenen Weg. Seit dem Anschluss Österreichs 1938 hatte Ungarn das Großdeutsche Reich als neuen Nachbarn, welcher stets Druck auf die ungarische Regierung ausübte. Als es zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kam, versuchte Ungarn sich aus möglichen Kampfhandlungen herauszuhalten, obwohl die ungarischen Politiker weiterhin Revisionspolitik betreiben wollten. Deutschland forderte von Ungarn die Bereitstellung der Eisenbahnlinie für den Transport der deutschen Truppen und dass Kriegsmaterialien zur Verfügung gestellt werden. Nachdem Hitler am 25. März 1941 die Entscheidung gefällt hatte, Jugoslawien zu besetzen, und Ungarn sich beteiligte, trat das Land somit offiziell in den Zweiten Weltkrieg ein. Dies hatte eine Bombardierung von Großbritannien auf ungarische Städte zur Folge. Im Verlauf des Krieges beteiligte sich Ungarn am Vormarsch des Deutschen Reiches gegen die Sowjetunion, wobei die 2. Ungarische Armee eine bittere Niederlage hinnehmen musste. Nachdem die ungarische Schaukelpolitik zwischen den Achsen- und den Westmächten von Hitler aufgedeckt worden war, kam es an 19. März 1944 zur deutschen Besatzung des Landes. In den Folgejahren nach dem Zweiten Weltkrieg folgte im direkten Wechsel die neue Besatzungsmacht: die Sowjetunion. Das Land stand sofort unter stalinistischem Einfluss und wurde dementsprechend geformt. Verstaatlichungen und die Einführung eines Fünfjahresplanes waren die Folgen. Durch die Revolution vom Oktober 1956 rückte Ungarn für kurze Zeit ins Zentrum der Weltöffentlichkeit. Wegen der politischen Teilung Europas in zwei Lager und des Kampfes gegen die sowjetische Fremdherrschaft wurde diese ein wichtiges Ereignis in der nationalen Geschichte. Auch Österreich war von den Auswirkungen des Aufstandes betroffen. Am 24. Oktober um 15:00 Uhr bekam das Bundesheer den Auftrag, Alarmeinheiten sicherzustellen. So kam es zu ersten Bewährungsproben des neu entstandenen Österreichischen Bundesheeres. Bei diesem Einsatz wurde der erste Schießbefehl erteilt. Der Grenzeinsatz vom Jahr 1956 wurde offiziell erst im Folgejahr am 23. April beendet. Nach der Studentenrevolution folgte die Zeit des Kádárismus, welcher als Ziel hatte, das Land wiederaufzubauen und neue politische, nachbarstaatliche Beziehungen zu schaffen. Unter der Kádár-Herrschaft war die Beziehung mit Österreich eine der größten Errungenschaften. Ungarn konnte viel von Österreich profitieren, um mit dem Westen in Kontakt treten zu können, da Österreich außenpolitisch vermittelte. Als Folge wurde am 1. Jänner 1979 das Visum zwischen den beiden Ländern abgeschafft. Einen wichtigen historischen Schnittpunkt zu Österreich stellte das „Paneuropäische Picknick“ am 19. August 1989 dar. Dabei sollte ein kleiner Abschnitt der österreichischungarischen Grenze vorübergehend geöffnet werden, um die außenpolitische Situation und den Drang der Flüchtlinge der DDR zu entlasten. Der Grenzabschnitt zwischen Sankt Margarethen im Burgenland und Sopronköhida wurde für drei Stunden geöffnet, wobei viele DDR-Bürger die Gelegenheit nutzten, nach Westdeutschland flüchten zu können. Ungarn nutzte nach den Ereignissen der Wende und dem der Auflösung des Eisernen Vorhangs die Chance, ein fixer Bestandteil der westlichen Gesellschaft zu werden. Die ungarische Regierung verfolgte stets die Zweierschiene NATO-EU. Nach intensiven Bemühungen wurde Ungarn am 12. März 1999 in die NATO aufgenommen. Im Gegensatz zu Österreich dauerte der EU-Beitritt von Ungarn um einiges länger und das Land musste die Osterweiterung der EU im Jahr 2004 abwarten.