Die Musik in Europa und Japan Masterarbeit Yuko Chiba 1273198 Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Masterstudium Klavier Studienkennzahl V 066 711 Betreuung durch: Ao.Univ.Prof. Mag.phil. Dr.phil. Ernst Hötzl Graz, am 30. April 2015 Abstract Der Titel meiner wissenschaftlichen Masterarbeit lautet: „Die Musik in Europa und Japan“. Die Musik blickt auf eine lange Geschichte nicht nur in Europa, sondern auch in Japan zurück. In der vorliegenden Arbeit zeige und vergleiche ich die Merkmale und die Geschichte der klassischen Musik in Europa mit der japanischen traditionellen Musik. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Beschreibung der Beziehung zwischen der europäischen klassischen und der japanischen traditionellen Musik. Im letzten Teil meiner Masterarbeit berichte ich über ein klassisches Klavierkonzert in Tokio, das ich für einen Pianisten organisiert habe. Aus meiner Masterarbeit konnte ich folgende Erkenntnisse gewinnen: Jede Musik hat ihr eigenes Charakteristikum. Und dennoch ist die Musik für Europäer und die Musik für Japaner gleich. In Europa und Japan gibt es aber zwei unterschiedliche Aspekte der Musik. Ein Aspekt ist die Musik als Unterhaltung, der andere ist die Musik unter ästhetischen Gesichtspunkten. Die meisten Konzertbesucher wollen unterhalten werden. Die meisten Musiker hingegen setzen auf Ästhetik. Wenn die beiden Aspekte – Unterhaltung und Ästhetik – in einem Konzert koexistieren können, sind Musiker und Publikum gleichermaßen zufrieden. Die Musik ist eine Art der internationalen Kommunikation und die gemeinsame Sprache des Menschen. I Abstract The title of my master thesis is: “Music in Europe and Japan” Music in Europe as well as in Japan has a long history. In my thesis I have described and compared the characteristics and history of classical European music and Japanese traditional music. In particular, the focus is concentrated on the description of the relation between European classical and Japanese traditional music. In the final part of my thesis I have reported on a classical piano concert in Tokyo which I had organised for a pianist. From my thesis I could extract the following findings: Every kind of music has its own characteristics. However, music for Japanese and Europeans is basically the same. But there are two different aspects of music in Japan and Europe. One aspect is music as entertainment, the other one is music seen from a more aesthetic point of view. Most concertgoers want to be entertained. Most musicians, however, focus on aesthetics. If both aspects – entertainment and aesthetics – can coexist in a concert, both musicians and audience are equally satisfied. Music is a way of international communication and the common language of people. II Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort 1. Die Merkmale der europäischen klassischen Musik und der japanischen traditionellen Musik 1.1. Der Takt und der Rhythmus 1.2. Die Tonleiter 1.2.1. Die europäische Tonleiter 1.2.1.1. Die diatonische Tonleiter 1.2.1.1.1. Die Dur-Tonleiter 1.2.1.1.2. Die Moll-Tonleiter 1.2.1.1.2.1. Die natürliche Moll-Tonleiter 1.2.1.1.2.2. Die harmonische Moll-Tonleiter 1.2.1.1.2.3. Die melodische Moll-Tonleiter 1.2.1.2. Die Kirchentonarten 1.2.1.3. Die Ganzton-Tonleiter 1.2.1.4. Die pentatonische Tonleiter 1.2.1.4.1. Die Dur-Pentatonik 1.2.1.4.2. Die Moll-Pentatonik 1.2.2. Die japanische Tonleiter in der japanischen traditionellen Musik 1.2.2.1. RO- und RITSU-Tonleiter 1.2.2.2. YÔ- und IN-Tonleiter 1.2.3. Die japanische Tonleiter nach der Einführung der europäischen Klassischen Musik 1.2.3.1. YONANUKI-Tonleiter 1.2.3.2. NIRONUKI-Tonleiter 1.3. Die Tonart 1.4. Die Harmonie 1.5. Das Instrument 1.5.1. Das Streichinstrument 1.5.2. Das Blasinstrument 1.5.2.1. Das Blechblasinstrument 1.5.2.2. Das Holzblasinstrument 1.5.3. Das Schlaginstrument 1.5.4. DasTasteninstrument 2. Musikalisch-theatralische Unterhaltungsformen in Europa und Japan III 1 3 3 4 4 4 4 5 5 5 5 6 7 7 7 7 8 8 8 9 9 9 10 10 10 11 12 12 13 15 17 18 2.1. NÔ 18 2.1.1. Der Ursprung 2.1.2. Die Entwicklung 2.1.3. Der NO-Schauspieler 2.1.4. Die Rollen 2.1.4.1. SHITE-KATA 2.1.4.2. WAKI-KATA 2.1.4.3. KYÔGEN-KATA 2.1.4.4. HAYASHI-KATA 2.1.5. Die Musik im NÔ-Theater 2.1.5.1. UTAI 2.1.5.1.1. Eine Rolle 18 18 19 19 19 20 20 20 20 20 21 2.1.5.1.2. Der Rhythmus 2.1.5.1.3. Die Tonleiter 2.1.5.1.4. Die Stimmung 2.1.5.1.5. Der Text 2.1.5.2. HAYASHI 2.1.5.2.1. NÔKAN 2.1.5.2.2. KOTSUDUMI 2.1.5.2.3. ÔTSUDUMI 2.1.5.2.4. TAIKO 2.1.6. Ein Temposystem von NÔ „JYO-HA-KYÛ“ 21 21 22 22 22 23 23 23 24 24 2.1.7. Die Rolle des Dirigenten 2.1.8. Die Bewegung 2.1.9. „GENZAI-NÔ“ und „YUME-GENSÔ“ 2.1.10. Das Genre 2.1.11. Der gegenwärtige offizielle Aufführungstil von NÔ 2.1.12. Die Maske 2.1.13. Die Kostüme der NO-Schauspieler 2.1.14. Die Bühne 2.1.14.1. Die Struktur 2.1.14.1.1. Die Hauptbühne 24 25 25 26 27 27 28 28 29 29 2.1.14.1.2. Die Brücke 2.1.14.1.3. Das Bühnenbild 2.1.14.1.4. Der Platz für Musiker 2.1.14.1.5. Der Zu- und Abgang für die Spieler 2.1.14.1.6. Das Vorzimmer 2.1.14.1.7. Der Zuschauersitzplatz IV 29 30 30 30 30 31 2.1.14.2. Der Einfluss der Freiluftbühne 2.1.14.3. Die Akustik 2.1.15. Der Aufführungsort 2.1.16. Wie genießt man NÔ ? 2.1.17. Die Ästhetik von NÔ 2.1.17.1. Die Schönheit 2.1.17.2. Die japanische Seele 2.1.17.2.1. Die Bedeutung von ruhiger Bewegung 2.1.17.2.2. Die Schlichtheit der Bühne 2.1.17.2.3. Wenige Aufführende 2.1.17.2.4. Die ausdruckslose Maske 2.1.17.2.5. Die Bedeutung von Tod und Alter 2.1.18. Zusammenfassung 2.2. KYÔGEN 2.2.1. Der Ursprung und die Entwicklung 2.2.2. Die Rolle 2.2.2.1. SHITE 2.2.2.2. ADO 2.2.2.3. TACHISYÛ 2.2.3. Die Musik 2.2.3.1. Die Tonleiter 2.2.3.2. Der Rhythmus 31 31 32 33 33 33 33 34 34 34 34 34 34 35 35 36 36 36 36 36 36 36 2.2.3.3. HAYASHI 2.2.3.4. JIUTAI 2.2.4. Die Arten von KYÔGEN 2.2.4.1. HON-KYÔGEN 2.2.4.2. AI-KYÔGEN 2.2.4.3. BETSU-KYÔGEN 2.2.5. Das Thema der Geschichte 2.2.6. Die Maske 2.2.7. Die Kostüme 2.2.8. Zusammenfassung 37 37 37 37 37 38 38 38 38 39 2.3. KABUKI 2.3.1. Die Geschichte 2.3.1.1. Der Ursprung 2.3.1.2. Die Herkunft des Namens 2.3.1.3. „Frau-KABUKI“ 2.3.1.4. „Junger Mann-KABUKI“ 39 40 40 40 41 41 V 2.3.1.5. „Erwachsener Mann-KABUKI“ 41 2.3.1.6. Die Arten der Darstellung und Inszenierung „ARAGOTO“ und „WAGOTO“ 42 2.3.1.7. GIDAYÛ-KYÔGEN 42 2.3.1.7.1. NINGYÔ-JYÔRURI 42 2.3.1.7.1.1. Der Ursprung 43 2.3.1.7.1.2. Die Herkunft des Namens 43 2.3.1.7.1.3. Musik 43 2.3.1.8. Das zeitgenössische KABUKI 44 2.3.2. Die Kategorie entsprechend dem Inhalt 44 2.3.3. Die Musik 45 2.3.3.1. Das Instrument 45 2.3.3.2. GEZA-Musik 2.3.3.3. SYOSA-Musik 2.3.3.3.1. NAGAUTA 2.3.3.3.2. TAKEMOTO 2.3.3.4. Die Klangwirkung 2.3.3.4.1. KI 2.3.3.4.2. TSUKE 2.3.4. Die Anfeuerungsrufe ÔMUKÔ 2.3.5. Die Ästhetik von KABUKI 2.3.5.1. Die auftretenden Personen 45 46 46 47 47 47 47 48 48 48 2.3.5.2. Die Schminke 2.3.5.3. Die Kostüme und die Requisiten 2.3.5.4. Der Schauspieler 2.3.5.5. Die Handhabung der Puppe 2.3.6. Die Inszenierung und der Ausdruck 2.3.7. Die Bühne 2.3.8. Die Überlieferung 2.3.9. Wie hat das Publikum KABUKI in der EDO-Ära genossen? 2.3.10. KABUKI nach der MEIJI-Ära 2.3.11. Zusammenfassung 49 50 51 51 52 54 54 55 55 56 2.4. Die Oper 2.4.1. Die Herkunft des Namens 2.4.2. Die Geschichte der Oper 2.4.2.1. Der Vorläufer 2.4.2.2. Der Ursprung 2.4.2.3. Die griechische Tragödie VI 56 56 57 57 57 58 2.4.2.4. Die älteste Oper 59 2.4.2.5. Die älteste Oper, die auch heute aufgeführt wird 2.4.2.6. Die Oper als Hofmusik 2.4.2.6.1. Die italienische Oper 2.4.2.6.2. Die französische Oper 2.4.2.7. Die Oper als Unterhaltung für das gewöhnliche Volk 2.4.2.7.1. Italien 2.4.2.7.2. Deutschland und Österreich 2.4.2.7.3. Frankreich 2.4.2.7.4. Russland, Tschechien und Großbritannien 2.4.2.8. Die zeitgenössische Oper 2.4.3. Die Künstler in der Oper 59 60 60 61 61 62 62 63 64 64 64 2.4.3.1. Der Dirigent 2.4.3.2. Der Regisseur 2.4.3.3. Die Sängerin und der Sänger 2.4.3.4. Das Orchester 2.4.4. Die Struktur der Opernmusik 2.4.4.1. Die Arie und das Rezitativ 2.4.4.2. Vokalensemble 2.4.4.3. Der Chor 2.4.4.4. Die Ouvertüre 2.4.4.5. Das Intermezzo 64 65 65 65 66 66 66 66 66 66 2.4.5. Das Opernhaus 2.4.6. Die Kulisse 2.4.7. Die Anfeuerungsrufe 2.4.8. Die Kleidung des Publikums 2.4.9. Zusammenfassung 2.5. Der Vergleich 2.5.1. Oper und KABUKI 2.5.1.1. Die synthetische Kunst 2.5.1.2. Die Unterhaltung und das Kunstwerk 2.5.1.3. Das Teilen der Begeisterung zwischen Spieler und Publikum 67 67 67 68 68 68 69 69 69 70 2.5.1.4. Die Kulisse und die Bühnentechnik 70 2.5.2. Der Vergleich der griechischen Tragödie mit NÔ und KYÔGEN 71 2.5.2.1. Die asynthetische Kunst 71 2.5.2.2. Die Ästhetik 71 2.5.2.3. Schauspieler 71 VII 2.5.2.4. Die Kulisse und die Bühnentechnik 2.6. Zusammenfassung 71 72 3. Die Entwicklung der europäischen Musik und der japanischen Musik nach der Einführung der europäischen Musik 72 3.1. Die Geschicht der japanischen Musik 72 3.1.1. Die Zeit der Ur-Musik 72 3.1.2. Die Zeit der Einführung der ausländischen Musik 73 3.1.3. Die Zeit der modernen „Nationalmusik“ 74 3.1.4. Die Zeit der zweiten Einführung der ausländischen Musik 75 3.2. Die europäische Musik in Japan 76 3.2.1. Die Verbreitung der europäischen Musik in Japan 76 3.2.1.1. Die Militärmusik 3.2.1.2. Die Institution „SHIKIBURYÔ” 3.2.1.3. Das Christentum 3.2.1.4. Die Musikpädagogik 3.2.1.5. Das öffentliche Konzert 3.2.2. Die weitere Geschichte der europäischen Musik in Japan 3.2.2.1. Die Musikpädagogik 3.2.2.2. Das Orchester 3.2.2.3. Das Musiktheater 3.2.2.4. Die Komposition 3.2.3. Die Verwendung japanischer traditioneller Musikelemente in der europäischen Musik 3.3. Die japanische traditionelle Musik nach der Einführung der euopäischen Musik 3.3.1. Die Überlieferung der japanischen traditionellen Musik 3.3.2. Die Einführung europäischer Musikelemente in die japanische traditionelle Musik 3.3.3. Die Musikpädagogik 3.3.4. Die verschiedenen neuen Formen der japanischen traditionellen Musik 3.3.5. Zusammenfassung 76 77 77 78 79 79 79 80 80 81 81 83 83 85 85 86 87 4. Die Praxis 4.1. Das Konzert am 19. April 2014 4.2. Der Pianist Andreas Woyke 4.2.1. Das Profil von Pianist Andreas Woyke VIII 87 88 89 89 4.2.2. Warum habe ich den Pianisten Andreas Woyke ausgewählt? 4.2.2.1. Woykes Solo-Programm 4.2.2.2. Repertoire von Werken als Solist für Klavier und Orchester 4.2.2.3. Duo-Programm Violoncello & Klavier 4.3. Das Programm für die Tournee in Japan 4.4. Der Konzertsaal 4.5. Die Reaktion des Publikums 4.6. Zusammenfassung Nachwort 90 91 91 92 92 93 94 94 96 IX Literaturverzeichnis Asaka, Sunao: 新音楽辞典 Neues Musiklexikon, Tokio 1996. Die Redaktion „Syûgakusya“: 音楽 鑑賞と歴史 Musik – Genuss und Geschichte, Ōsaka 2000. Fujino, Masayuki: はれ予報 Zeitschrift „HARE-YOHÔ“, Tokio 2014. Guignard, Silvain (Hrsg.): Musik in Japan, Aufsätze zu Aspekten der Musik im heutigen Japan, Tokio 1996. Goldron, Romain: Die Geburt der Oper und des konzertanten Stils, Lausanne 1966. Hattori, Kohichi: 36,000 Days of Japanese Music The Culture of Japan Through A Look At Its Music, USA 1996. Horiuchi, Keizo und Yoshio Nomura: 音楽辞典 楽語 Musiklexikon, Tokio 1970. Iba, Takashi: Japanische Musik: Ein chronologischer Überblick, Wilhelmshaven 2001. Ishiketa, Mereo u. a.: 楽典 理論と実習 Musikgrammatik – Theorie und Praxis –, Tokio 1998. Katô, Hiroko: ようこそオペラ! Willkommen in Oper, Tokio 2011. Kitsukawa, Eishi: 日本音楽の歴史 Die Geschichte der japanischen Musik, Osaka 1986. Koshiba, Harumi: 日本の音と楽器 日本の伝芸能 8 Der japanische Klang und das japanische Instrument – Die japanische traditionelle Kunst 8, Tokio 1995. 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März 2015) NÔ 能: http://www.geocities.jp/yashirokonko/nou.html (13. März 2015) NÔ / KYÔGEN 能 狂言: http://www.nohkyogen.jp/ (13. März 2015) Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Hauptseite (13. März 2015) Wörterbuch der japanischen Kultur IROHA 日本文化いろは事典: http://iroha-japan.net/ (13. März 2015) Wörterbuch von KABUKI 歌舞伎事典 : http://www2.ntj.jac.go.jp/dglib/contents/learn/edc_dic/dictionary/main.html (13. März 2015) XI Vorwort Die Zahl der japanischen Studenten, die im Ausland klassische Musik studieren, vergrößert sich seit einigen Jahren erheblich. Auch ich habe Klavier in Wien und Graz/Österreich von 2007 bis 2014 studiert. Während dieses Studiums durfte ich bei vielen Konzerten spielen. Ich habe auch viele Konzerte besucht. Bei diesen Konzerten konnte ich sehen, wie die Österreicher Musik genießen. Ich bemerkte, dass ihr Verhalten anders als in Japan ist. Beim Konzert entspannen sich die Österreicher. Ich fühlte, dass das österreichische Publikum die Musik so genießt wie man Wein trinkt. Die Japaner genießen die Musik beim klassischen Konzert auch, aber sie reagieren insgesamt zurückhaltender. Wenn ein ausländischer Musiker ein Konzert in Japan gibt, fühlt er sich durch die „stille Reaktion“ vom Publikum verunsichert. „Es gibt eine Distanz zwischen mir und dem Publikum. Ich denke, dass das Publikum mein Konzert nicht genießen kann.“, berichtete mir ein europäischer Musiker. Deshalb stelle ich die Frage, was die Hör-Rezeption von Musik in Europa und Japan unterscheidet. Die Antwort auf diese Frage ist sehr wichtig für mich, weil ich nicht nur Klavier spiele, sondern auch Konzerte für klassische Musik in Japan organisiere. Ich möchte, dass noch mehr Japaner europäische klassische Musik genießen können. Das ist mein Ziel als Organisatorin. Dafür möchte ich eine Antwort mit Hilfe dieser wissenschaftlichen Masterarbeit finden. Die Musik blickt eine lange Geschichte nicht nur in Europa, sondern auch in Japan zurück. In Europa handelt es sich dabei um die sogenannte klassische Musik. Und Japan ist es die japanische traditionelle Musik. Deswegen will ich die Merkmale und die Geschichte der klassischen Musik und der japanischen traditionellen Musik aufzeigen und vergleichen. Gleichzeitig will ich die Beziehung zwischen der europäischen klassischen und der japanischen traditionellen Musik analysieren. Abschließend will ich mit einem Konzert, das ich selbst organisiert habe, beweisen, dass bei einer 1 musikalischen Aufführung Unterhaltung und musikalische Qualität vereinbar sind. Mit meiner Arbeit will ich zeigen, was die Musik in Europa und Japan bedeutet. 2 1. Die Merkmale der europäischen klassischen Musik und der japanischen traditionellen Musik Die japanische traditionelle Musik hat nur eine geringe Anzahl an Instrumentalmusikstücken. Es gibt aber ziemlich viele Stücke für Vokalmusik. Die Struktur der japanischen traditionellen Musikstücke wird im Allgemeinen mit dem Temposystem „JYO-HA-KYÛ“ komponiert. In der japanischen traditionellen Musik wird das Tempo nicht rapid geändert.1 Es gibt den rhythmischen Stil mit Takt und den rhythmischen Stil ohne Takt. Im rhythmischen Stil mit Takt entstehen gewisse rhythmische Verschiebungen zwischen Stimme und Instrument. In der Musik der EDO-Ära gibt es diese Verschiebungen oft. Durch diese Verschiebungen entstand eine einzigartige Musik, die man in der europäischen klassischen Musik oder der europäischen romantischen Musik nicht hören kann. 2 Es gibt Unterschiede zwischen der europäischen klassischen Musik und der japanischen traditionellen Musik. In meiner Arbeit beschreibe ich diese beiden Musikgattungen und vergleiche sie miteinander. Dadurch will ich die Besonderheiten der beiden Musikgattungen herausfinden. 1.1. Der Takt und der Rhythmus Die europäische klassische Musik baut auf Taktmodelle auf. Es gibt den Zweiertakt, Dreiertakt und Vierertakt und so weiter. Bei Rubato oder dem Walzer entstehen rhythmische Ausdehnungen und Zusammenziehungen innerhalb von Takten. Aber grundlegend basiert die europäische klassische Musik auf einer festen, am Takt orientierten Musik. Die japanische traditionelle Musik hat fast ausschließlich Zweiertakte. Es gibt auch 1 Asaka, Sunao: 新音楽辞典 Neues Musiklexikon, Tokio 1996 S.421. 日本伝統音楽は器楽曲が少なく、声楽曲が圧倒的に多い。楽曲の構成は一般に序破急(じょはき ゅう)の原理によっていて、急激な変化を求めないのがふつうである。 2 Asaka, Sunao: 新音楽辞典 Neues Musiklexikon, Tokio 1996 S.421. 拍節のある音楽とない音楽に分類され、前者ではとくに近世の音楽においては声のパートと楽器 のパートとの拍節のずれがみられ、後者はヨーロッパの古典派やロマン派の音楽にはない独特の 味わいがある。 3 Vierertakte. Der Dreiertakt erscheint selten. Die japanische traditionelle Musik baut auf zwei Arten von Rhythmen auf: rhythmischer Stil ohne Takt bzw. rhythmischer Stil mit Takt. Beim Stil mit Takt gibt es rhythmische Ausdehnungen und Zusammenziehungen innerhalb von Takten. Die beiden Arten von Rhythmen gehören zu den wichtigsten Merkmalen der japanischen traditionellen Musik. Aber wenn man das japanische traditionelle Schlagzeug, wie die japanische Trommel, schlägt, muss man ein gleichmäßiges Tempo halten. Das japanische Temposystem heißt „JYO-HA-KYÛ“ bzw. „JYO-HA-KYÛ“ und besteht aus drei verschiedenen Tempi. Es stammt ursprünglich aus den Sätzen vom GAGAKU-Tanz, der ältesten Art der traditionellen japanischen Musik, ab. „JYO“ ist eine Einleitung, ein langsamer Satz ohne Takt, „HA“ ist eine Durchführung. In diesem Satz wird das Tempo etwas schneller und der Achtertakt kann herausgehört werden. „KYÛ“ ist der Schlussteil in einem allmählich schneller Tempo mit einem Vierertakt. Wenn Instrumente wie KOTO oder SYAMISEN (die japanischen traditionellen Streichinstrumente) die Singstimme begleiten, entstehen gewisse rhythmische Verschiebungen zwischen Stimme und Instrument. Diese Verschiebungen sind einzigartig in der Musik der Welt. 1.2. Die Tonleiter 1.2.1. Die europäische Tonleiter 1.2.1.1. Die diatonische Tonleiter Diese Tonleiter besteht aus den sieben Sekunden. Es gibt fünf Ganztöne und zwei Halbtöne. 1.2.1.1.1. Die Dur-Tonleiter Diese Tonleiter besteht aus zwei großen Sekunden, einer kleinen Sekunde, drei großen 4 Sekunden und einer kleinen Sekunde. Abb.1 Die Dur-Tonleiter 1.2.1.1.2. Die Moll-Tonleiter 1.2.1.1.2.1. Die natürliche Moll-Tonleiter Diese Tonleiter besteht aus einer großen Sekunde, einer kleinen Sekunde, zwei großen Sekunden, einer kleinen Sekunde, zwei großen Sekunden. Abb.2 Die natürliche Moll-Tonleiter 1.2.1.1.2.2. Die harmonische Moll-Tonleiter Diese Tonleiter erhöht den siebten Ton der natürlichen Moll-Tonleiter um einen Halbton. Abb.3 Die harmonische Moll-Tonleiter 1.2.1.1.2.3. Die melodische Moll-Tonleiter Diese aufsteigende melodische Tonleiter erhöht den sechsten und den siebten Ton der natürlichen Moll-Tonleiter um einen Halbton. Die absteigende Tonleiter bleibt die Abb.1 Opgenoorth, Norbert / Bessler, Jeromy: Elementare Musiklehre FÜR ANFÄNGER UND FORTGESCHRITTENE, Bonn 1998. Abb.2 Ebd. Abb.3 Ebd. 5 natürliche Moll-Tonleiter. Abb.4 Die melodische Moll-Tonleiter 1.2.1.2.Die Kirchentonarten Das ist ein Tonsystem, das vom Mittelalter bis in das 16. Jahrhundert verwendet wurde. Die Tonleiter wird durch einen ausgewählten Bereich der Töne und die Position von Finalis und Dominante bestimmt. Abb.5 Die Kirchentonarten Ionisch Dorisch Phrygisch Lydisch Mixolydisch Abb.4 Opgenoorth, Norbert / Bessler, Jeromy: Elementare Musiklehre FÜR ANFÄNGER UND FORTGESCHRITTENE, Bonn 1998. Abb.5 Ebd. 6 Äolisch Locrisch 1.2.1.3. Die Ganzton-Tonleiter Diese Tonleiter entsteht aus der Schichtung von sechs großen Sekunden. Abb.6 Die Ganzton-Tonleiter 1.2.1.4. Die pentatonische Tonleiter 1.2.1.4.1. Die Dur-Pentatonik Diese Tonleiter entsteht aus der Schichtung von vier reinen Quinten. Abb.7 Die Dur-Pentatonik 1.2.1.4.2. Die Moll-Pentatonik Die Tonleiter benutzt den fünften Modus der Dur-Pentatonik-Tonleiter. Aber der zweite Ton wird um eine kleine Terz vom Grundton erhöht. Und der fünfte Ton wird um eine kleine Septime vom Grundton erhöht. Abb.8 Die Moll-Pentatonik Abb.6 Opgenoorth, Norbert / Bessler, Jeromy: Elementare Musiklehre FÜR ANFÄNGER UND FORTGESCHRITTENE, Bonn 1998. Abb.7 Ebd. Abb.8 Ebd. 7 1.2.2. Die japanische Tonleiter in der japanischen traditionellen Musik 1.2.2.1. RO- und RITSU-Tonleiter Diese zwei Tonleitern stammen ursprünglich von einer traditionellen chinesischen Tonleiter ab. GAGAKU, die älteste Art der traditionellen japanischen Musik, benutzt auch diese Tonleiter. RO-Tonleiter Abb.9 RITSU-Tonleiter Abb.10 1.2.2.2. YÔ- und IN-Tonleiter Diese zwei Tonleitern stammen ursprünglich aus Japan. Sie werden hauptsächlich in der japanischen Volksmusik benutzt. YÔ-Tonleiter Abb.11 IN-Tonleiter Abb.12 Abb.9 Opgenoorth, Norbert / Bessler, Jeromy: Elementare Musiklehre FÜR ANFÄNGER UND FORTGESCHRITTENE, Bonn 1998. Abb.10 Ebd. Abb.11 Ebd. Abb.12 Ishiketa, Mereo u. a.: 楽典 理論と実習 Musikgrammatik – Theorie und Praxis –, Tokio 1998. 8 1.2.3. Die japanische Tonleiter nach der Einführung der europäischen klassischen Musik In der MEIJI-Ära (1868-1912) wurde die europäische traditionelle Musik in Japan eingeführt. Danach entstanden in Japan die neuen Tonleitern, die ursprünglich von europäischen klassischen Tonleitern abstammen. Diese beiden Tonleitern heißen YONANUKI-Tonleiter und NIRONUKI-Tonleiter. 1.2.3.1. YONANUKI-Tonleiter Diese Tonleiter besteht aus den fünf Tönen der Dur-Tonleiter ohne vierten und siebten Ton. YONANUKI-Dur-Tonleiter & YONANUKI-Moll- Tonleiter Abb.13 1.2.3.2. NIRONUKI-Tonleiter Diese Tonleiter besteht aus den fünf Tönen der Moll-Tonleiter ohne zweiten und sechsten Ton. NIRONUKI-Dur-Tonleiter Abb.14 NIRONUKI-Moll-Tonleiter Abb.15 Abb.13 Asaka, Sunao : 新音楽辞典 Neues Musiklexikon, Tokio 1996. Transkription von Yuko Chiba. Abb.15 Transkription von Yuko Chiba. Abb.14 9 1.3. Die Tonart In der europäischen klassischen Musik gibt es die Dur-und Moll-Tonarten. Und jeder Ton kann Bestandteil dieser zwei Tonarten sein. In der traditionell-japanischen Musik gibt es nur sechs Tonarten. Es gibt jeweils drei Tonarten in RITSU- und RO-Tonleitern. Das heißt „ROKUJYÔSHI“. Die Tonarten des RITSU heißen HYÔJYÔ, ÔSHIKITYÔ und BANSHIKITYÔ. Die Tonarten des RO heißen ICHIKOTSUTYÔ, SÔJYÔ und TAISHIKITYÔ. Jede Tonart drückt eine bestimmte Gefühlswelt aus. Die japanische traditionelle Musik ist eine Verschmelzung von Gefühlswelt und Musik. 1.4. Die Harmonie In der europäischen klassischen Musik gibt es einen Harmoniebegriff, der aus Tonika, Subdominante und Dominante usw. besteht. In der japanischen klassischen Musik gibt es keinen Harmoniebegriff. Nach der Einführung der europäischen klassischen Musik in Japan wird der europäische Harmoniebegriff adaptiert: SHÔKA (japanische Schullieder) und DÔYÔ (neue japanische Kinderlieder) wurden damit komponiert. Die japanische Nationalhymne "KIMIGAYO" ist eine Mischung aus der japanischen traditionellen Musik und der europäischen Musik. Die Melodie wurde mit der ICHIKOTSU-Tonleiter aus der Musikgattung des GAGAKU komponiert. Und danach wurde die Harmonie der europäischen klassischen Musik hinzugefügt. 1.5. Das Instrument Europäische und japanische Instrumente sind fast identisch. Allerdings stammen die meisten japanischen traditionellen Instrumente ursprünglich aus dem Ausland wie China und Korea. 10 1.5.1. Das Streichinstrument Dieses Instrument hat Saiten. Wenn die Saiten dieses Instruments geschnippt, gerieben und geschlagen werden, entsteht ein Klang. Die europäischen Streichinstrumente sind Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass und so weiter. Die japanischen Streichinstrumente heißen SANSHIN, SYAMISEN, BIWA, SÔ und so weiter. Abb.16 Die europäischen Streichinstrumente Violine Viola Die japanischen Streichinstrumente Violoncello SANSHIN und SYAMISEN SANSHIN Abb.16 Abb.17 Kontrabass Abb.17 SYAMISEN Die Redaktion „Syûgakusya“ : 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. Asaka, Sunao : 新音楽辞典 Neues Musiklexikon, Tokio 1996. 11 Abb.18 Die japanischen Streichinstrumente BIWA und SÔ BIWA SÔ 1.5.2. Das Blasinstrument Wenn die Atemluft in die Röhre dieses Instruments gebracht wird, entsteht ein Klang. 1.5.2.1. Das Blechblasinstrument Das Instrument klingt durch die vibrierenden Lippen. Die europäischen Blechblasinstrumente heißen Trompete, Tuba, Horn, Posaune und so weiter. In Japan gibt es keine Blechblasinstrumente. Die europäischen Blechblasinstrumente Trompete, Posaune und Horn Trompete Abb.18 Abb.19 Posaune Abb.19 Horn Die Redaktion „Syûgakusya“ : 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. Opgenoorth, Norbert / Bessler, Jeromy: Elementare Musiklehre FÜR ANFÄNGER UND FORTGESCHRITTENE, Bonn 1998. 12 Die europäischen Blechblasinstrumente Tuba Abb.20 1.5.2.2. Das Holzblasinstrument Das Instrument klingt durch die Schwingung der Luftsäule mittels Luftblatt oder Rohrblatt. Die europäischen Holzblasinstrumente sind Flöte, Oboe, Klarinette, Saxophon Fagott und so weiter. Die japanischen Holzblasinstrumente heißen SHAKUHACHI, NÔKAN, RYÛTEKI, SHINOBUE, SYÔ, HICHIRIKI, KOMABUE und so weiter. Die europäischen Holzblasinstrumente Flöte, Oboe, Klarinette, Saxophon Fagott Abb.21 Flöte Oboe Klarinette Abb.20 Abb.21 Die Redaktion „Syûgakusya“ : 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. Ebd. 13 Saxophon Fagott Die japanischen Holzblasinstrumente SHAKUHACHI Abb.22 NÔKAN Abb.23 Abb.24 RYÛTEKI Abb.22 Asaka, Sunao: 新音楽辞典 Neues Musiklexikon, Tokio 1996. Wikipedia http://ja.wikipedia.org/wiki/能管 (13. März 2015) Abb.24 Die Redaktion „Syûgakusya“ : 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. Abb.23 14 Abb.25 Abb.43 SHINOBUE SYÔ HICHIRIKI KOMABUE Abb.26 1.5.3. Das Schlaginstrument Wnn man das Instrument schlägt, entsteht ein Geräusch, ein Ton oder ein Klang. Seit der Urzeit wird das Schlaginstrument benutzt. Das Schlaginstrument ist das älteste Musikinstrument. Außerdem gibt es auch ein Schlaginstrument, mit dem man eine Melodie spielen kann. Die europäischen Schlaginstrumente sind Pauken, Trommeln, Marimba, Maracas und so weiter. Die japanischen Schlaginstrumente heißen SHIMETAIKO, KOTSUDUMI, ÔTSUDUMI, KAKKO und so weiter. Die europäischen Schlaginstrumente Pauken und Trommel Pauken Abb.27 Trommel Abb.25 Wikipedia http://ja.wikipedia.org/wiki/篠笛 (13. März 2015) Die Redaktion „Syûgakusya“: 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. Abb.27 Ebd. Abb.26 15 Die europäischen Schlaginstrumente Marimba und Maracas Abb.28 Marimba Maracas Die japanischen Schlaginstrumente TAIKO, KOTSUDUMI, ÔTSUDUMI Abb.29 SHIMETAIKO KAKKO KOTSUDUMI ÔTSUDUMI Abb.30 Abb.28 Die Redaktion „Syûgakusya“: 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. Asaka, Sunao: 新音楽辞典 Neues Musiklexikon, Tokio 1996. Abb.30 Die Redaktion „Syûgakusya“ : 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. Abb.29 16 1.5.4. Das Tasteninstrument Das Instrument hat Tasten. Die europäischen Tasteninstrumente sind Klavier, Cembalo, Celesta, Akkordeon, Orgel und so weiter. Es gibt kein japanisches traditionelles Tasteninstrument. Die europäischen Tasteninstrumente Klavier, Cembalo, Celesta und Orgel Klavier Abb.31 Cembalo Celesta Orgel Akkordeon Abb.32 Abb.31 Abb.32 Die Redaktion „Syûgakusya“: 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. Asaka, Sunao: 新音楽辞典 Neues Musiklexikon, Tokio 1996. 17 2. Musikalisch-theatralische Unterhaltungsformen in Europa und Japan In Europa und Japan gibt es viele verschiedene Arten von Musik. Als Thema für diese Arbeit habe ich die traditionelle musikalische Gattung des Theaters gewählt. Ich will die Oper als ein Beispiel des europäischen musikalischen Theaters behandeln. Und als ein Beispiel des japanischen traditionellen musikalischen Theaters will ich NÔ, KYÔGEN und KABUKI behandeln. Zuerst sollen die Merkmale dieser Theaterformen aufgeschrieben und verglichen werden. Dadurch will ich die europäischen und japanischen Ansichten zu Musik als Unterhaltungsform herausfinden. 2.1. NÔ NÔ besteht aus Tanz, Theater, Musik und Gedichten. NÔ ist die älteste darstellende Kunstform und japanisches traditionelles musikalisches Theater. Im NÔ tragen die Schauspieler Masken. 2.1.1. Der Ursprung Von NÔ wird gesagt, dass es ursprünglich von der traditionellen chinesischen Volksmusik „SANGAKU“ stammt. SANGAKU ist ein Oberbegriff der Unterhaltung. In der NARA-Ära (710-794) kam SANGAKU nach Japan. Danach wurde SANGAKU „SARUGAKU“ genannt. Während der EDO-Ära (1603-1868) wurde NÔ und KYÔGEN „SARUGAKU“ genannt. 2.1.2. Die Entwicklung Anfangs war NÔ ein lustiges und volkstümliches Unterhaltungsschauspiel wie KYÔGEN. Danach führte KANAMI, ein NÔ-Schauspieler, die zwei Elemente Tanz und Lied in dieses Theater ein. Sein Sohn ZEAMI legte den Grundstein für die „MUGENSÔ“-Form fest. Und er erhöhte damit die künstlerische Qualität von NÔ. 18 NÔ wurde von den Machthabern unterstützt. Dadurch entwickelte NÔ sich weiter. In der EDO-Ära wurde NÔ vom japanischen Adel „BUKE“ als offizielle zeremonielle Kunst bei bestimmten Anlässen, wie zum Beispiel bei der Zeremonie für freudige Ereignisse und so weiter, benutzt. Deswegen konnten sich NÔ-Schauspieler nur auf NÔ konzentrieren. Außerdem war NÔ eine intellektuelle Freizeitbeschäftigung, die die SAMURAI haben mussten. Deshalb kann man sagen, dass BUKE und die Schauspieler zusammen NÔ entwickelten. Nach dem Untergang von BUKE blieb NÔ Bestandteil der Bildung für die politische Oberschicht. Auch heute gibt es die Betriebe, die ihre eigenen NÔ- Freizeitvereinigungen haben. NÔ bleibt also bis heute ein vornehmes Hobby. 2.1.3. Der NÔ-Schauspieler Nur Männer durften im NÔ-Theater spielen. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg änderte Kimiko Tsumura, die erste NÔ-Lehrerin, diese NÔ-Männerwelt. Seit dieser Zeit vergrößerte sich die Zahl der NÔ-Schauspielerinnen. 2.1.4. Die Rollen NÔ besteht aus vier Rollen: „SHITE-KATA“, „WAKI-KATA“, „KYÔGEN-KATA“ und „HAYASHI-KATA“. Nur wenige Schauspieler treten im NÔ-Theater auf. Oft wird nur SHITE-KATA und WAKI-KATA aufgeführt. 2.1.4.1. SHITE-KATA „SHITE-KATA“ ist eine Hauptrolle und wird mit einer Maske gespielt. Eine Gruppe „JIUTAI“ besteht aus Schauspielern der Gruppe „SHITE-KATA“. Diese Gruppe singt unisono. Und SHITE-KATA spielt auch „TSURE“. TSURE ist eine Person, die SHITE-KATA oder WAKI-KATA zur Bühne mitbringt. Wer mit SHITE-KATA auftritt, 19 heißt TSURE. Wer mit WAKI-KATA auftritt, heißt „WAKI-TSURE“. Wenn zum Beispiel ein Held, der eine Frau hat, auftritt, dann ist seine Frau TSURE von SHITE. SHITE-KATA führt Regie und bestimmt die Rollenbesetzung. 2.1.4.2. WAKI-KATA „WAKI-KATA“ ist eine Nebenrolle und wird von einem Mann ohne Maske gespielt. 2.1.4.3. KYÔGEN-KATA „KYÔGEN-KATA“ spielt KYÔGEN. Beim NÔ wird KYÔGEN-KATA "AI"genannt. AI erklärt die Handlung der Geschichte. AI hat verschiedene Rollen, wie z.B. Mann, Frau und Gott. Wenn Gott dargestellt wird, benutzt der AI eine Maske. 2.1.4.4. HAYASHI-KATA „HAYASHI-KATA“ hat eine musikalische Rolle. HAYASHI-KATA wird mit NÔKAN, KOTSUDUMI, ÔTSUDUMI und TAIKO gespielt. 2.1.5. Die Musik im NÔ-Theater Die Musik im NÔ-Theater besteht aus einem Begleitungslied „UTAI“ und der Begleitungsinstrumentalmusik „HAYASHI“. 2.1.5.1. UTAI „UTAI“ ist ein Lied, das den Tanz begleitet. SHITE-KATA und WAKI-KATA singen UTAI. Eine Gruppe „JIUTAI“, die aus sechs bis zehn Leuten von SHITE-KATA besteht, singt UTAI unisono. 20 2.1.5.1.1. Eine Rolle UTAI hat die Funktion, den Ablauf der Geschichte zu erzählen. UTAI zeigt nicht nur ein Gefühl, sondern vermittelt auch einen Hintergrund und eine Atmosphäre. Weil es keinen Hintergrund auf der NÔ-Bühne gibt, spielt UTAI eine wichige Rolle im NÔ-Theater. Das UTAI-Lied kennt verschiedene Arten von Rhythmus und Liedformen. Wenn die Varianten kombiniert werden, entstehen viele verschiedene Ausdrucksformen. 2.1.5.1.2. Der Rhythmus Der Rhythmus von UTAI ist sehr kompliziert. Die Musik steht im Achtertakt. Das heißt dann „HYÔSHI-AI“. Es gibt noch die Musik ohne Takt. Die heißt „HYÔSHI-AWAZU“. 2.1.5.1.3. Die Tonleiter Es gibt zwei verschiedene Tonleitern. Sie heißen YOWA-GIN und TSUYO-GIN. Der Tonumfang von YOWA-GIN ist breiter als der von TSUYO-GIN. YOWA-GIN ist melodisch. Das wird bei Szenen mit anmutiger oder wehmütiger Atmosphäre benutzt. TSUYO-GIN bewegt sich mit instabilen Intervallen und wird bei der Szene „Zeremonie für ein freudiges Ereignis“ oder bei der Darstellung des „mutigen Helden“ eingesetzt. YOWA-GIN Abb.33 Abb.33 Transkription von Yuko Chiba. 21 TSUYO-GIN Abb.34 2.1.5.1.4. Die Stimmung SHITE-KATA oder ein Leiter von JIUTAI bestimmt eine Stimmung. Die Stimmung von NÔ ist flexibel. JIUTAI hat keine Harmonie. 2.1.5.1.5. Der Text Es gibt einen Text mit und ohne Melodie. Aber ein Text ohne Melodie hat auch eine eigentümliche Intonation. 2.1.5.2. HAYASHI „HAYASHI“ bringt UTAI und Tanz vorteilhaft zur Geltung. Es besteht aus NÔKAN, KOTSUDUMI, ÔTSUDUMI, TAIKO. „HAYASHI-KATA“ spielt HAYASHI. Jedes Instrument wird nur von einer Person gespielt. Deswegen besteht HAYASHI-KATA aus vier Personen. HAYASHI Abb.34 Abb.35 Abb.35 Transkription von Yuko Chiba. Fujino, Masayuki: はれ予報 Zeitschrift „HARE-YOHÔ“, Tokio 2014. 22 2.1.5.2.1. NÔKAN „NÔKAN“ ist eine Querflöte aus Bambus. Zusammen mit anderen Instrumenten von HAYASHI spielt man mit NOKAN auch einen Teil des Rhythmus. Jedes NÔKAN ist unterschiedlich lang und auch die Tonlöcher sind an unterschiedlichen Stellen angebracht. Weil NOKAN nicht gestimmt wird, hat jedes NÔKAN eine eigene Tonhöhe und eine eigene Tonleiter. Ein charakteristisches Merkmal von NÔKAN ist die einzigartige, unbestimmte Tonhöhe und die scharfe und erhabene Tonfarbe. NÔKAN ist das einzige Instrument unter den HAYASHI-Instrumenten, das eine Melodie spielen kann. NÔKAN vergrößert die Aussagekraft von UTAI und drückt symbolisch die Gefühle einer Hauptrolle und Stimmungen aus. 2.1.5.2.2. KOTSUDUMI „KOTSUDUMI“ ist ein Schlaginstrument. Es besteht aus einem Rumpf und zwei Lederteilen, die diesen Rumpf klemmen, und den Schnüren, die „SHIRABEO“ heißen. Ein Spieler nimmt KOTSUDUMI auf seine rechte Schulter und schlägt mit seiner rechten Hand von unten nach oben. Mit seiner linken Hand greift er die SHIRABEO. Wenn ein Spieler SHIRABEO stimmt, entstehen verschiedene Tonfarben. Eine Aufführung, in der nur KOTSUDUMI und ÔTSUDUMI gespielt werden, kann tiefe menschliche Gefühle ausdrücken. 2.1.5.2.3. ÔTSUDUMI „ÔTSUDUMI“ ist ein Schlaginstrument, das die gleiche Struktur wie KOTSUDUMI hat. Ein Spieler nimmt ÔTSUDUMI auf sein linkes Bein und schlägt waagerecht mit seiner rechten Hand. Oft wird ÔTSUDUMI mit YUBIKAWA gespielt. YUBIKAWA ist ein Gerät, das der Spieler von ÔTSUDUMI auf seinen Fingern trägt. ÔTSUDUMI hat keine Tonfarbe. Aber ein Spieler von ÔTSUDUMI drückt mit gewisser 23 Dynamik aus. ÔTSUDUMI gibt den Takt an. 2.1.5.2.4. TAIKO „TAIKO“ ist ein Schlaginstrument, das die gleiche Struktur wie KOTSUDUMI und ÔTSUDUMI hat. TAIKO wird auf einen Ständer gestellt und mit zwei Stöcken gespielt. Der Klang ist brillant. Deshalb wird TAIKO oft bei einer übermenschlichen oder übernatürlichen Szene verwendet. Wenn ein Gott, ein Dämon oder ein Geist beispielsweise auftritt, wird TAIKO gespielt. Aber TAIKO wird im Repertoire von NÔ nur bei zwei Dritteln der Stücke, also bei ca. 240 Stücken benutzt. Weiters wird TAIKO nur in der zweiten Hälfte eines Theaterstücks benutzt. 2.1.6. Das Temposystem von NÔ „JYO-HA-KYÛ“ In NÔ wird das Temposystem „JYO-HA-KYU“ verwendet. „JYO-HA-KYU“ findet sich nicht nur in der Musik, sondern auch in den Bewegungen der NÔ-Schauspieler: zum Beispiel beim Schritttempo, Heben und Senken von Fächern und so weiter. Die meisten NÔ-Theaterstücke bestehen aus zwei Teilen. Der erste Teil hat eine ruhige Atmosphäre. Der zweite Teil verläuft mit heftiger Bewegung. JYO-HA-KYÛ hat einen wichtigen Einfluss auch darauf. JYO-HA-KYÛ ist ein wichtiges Element im NÔ-Theater. 2.1.7. Die Rolle des Dirigenten Manchmal spielt JIUTAI die Rolle des Dirigenten, meist aber SHITE. SHITE wählt eine Maske. Dann wird das Tempo, die Lautstärke etc. durch den Gesichtsausdruck und die Vornehmheit dieser Maske bestimmt. SHITE schlägt den Takt 24 mit den Füßen. Dadurch können sich SHITE, JIUTAI und HAYASHI auf eine gleichmäßige Atmung einstellen. Die Schlaginstrumentenspieler von HAYASHI spielen mit Rufen wie „Ya“, „Ha“, „YÔI“ und „IYA“. Damit können sich die vier Spieler von HAYASHI auch während der Aufführung miteinander verständigen. Außerdem sind die Rufe ein Zeichen für den Anfang der nächsten Phrase. Durch die Beziehung von SHITE, JIUTAI und HAYASHI gewinnt die Musik im NÔ-Theater an Lebendigkeit und Ausdruckskraft. 2.1.8. Die Bewegung Ein charakteristisches Merkmal ist ein ruhiger und langsamer Schritt. Man muss die Füße auf dem Boden gleiten lassen, wie wenn man mit seinen Fußsohlen den Boden abhobelt. Dieser Schnitt heißt „HAKOBI“. NÔ hat verschiedene Arten von Bewegungen, die „KATA“ genannt werden. Einige Bewegungen haben eine bestimmte Bedeutung. Bei der Bewegung „YÛKEN“ hebt und senkt man langsam einen geöffneten Fächer vor seiner Brust. Sie bedeutet Freude. Viele verschiedene KATA werden miteinander kombiniert. Dadurch gewinnt NÔ verschiedene Arten des Ausdrucks. Wie ich schon oben angeführt habe, werden die Tempovorgaben des JYO-HA-KYÛ auch bei den Schritten und dem Heben und dem Senken des Fächers benutzt. Deswegen wird das Tempo auch dabei allmählich schneller. 2.1.9. „GENZAI-NÔ“ und „YUME-GENSÔ“ Wegen der Unterschiede zwischen Musikablauf und Konstruktion wird NÔ in zwei Arten geteilt. Eine heißt „GENZAI-NÔ“. Die Rollen in diesem NÔ betreffen menschliche Wesen. Die 25 andere Art heißt „YUME-GENSÔ“. Die Hauptrolle in diesem NÔ ist nicht ein menschliches Wesen, sondern ein Geist. Die Geschichte von YUME-GENSÔ verknüpft zum Beispiel Traum und Wirklichkeit. 2.1.10. Das Genre Wegen der Unterschiede zwischen Thema und Hauptrolle wird NÔ in fünf Genres wie „SHIN“, „NAN“, „NYO“, „KYÔ“ und „KI“ eingeteilt. Jedes Genre hat einen eigenen Sinn für Ästhetik. Das wirkt sich auf Aufführung und Inszenierung aus. „SHIN“ bedeutet Gott. Die Hauptrolle ist Gott. Der Inhalt von SHIN ist, dass Gott Frieden, Glück und reiche Ernte verspricht. In SHIN tanzt Gott oft den Segentanz. Ein charakteristisches Merkmal von SHIN ist, dass fließend gespielt wird. „NAN“ bedeutet Mann. Die Hauptrolle ist ein Krieger, der als Geist im Diesseits auftaucht. Ein Krieger, der auch nach dem Tod noch unter einer Schlacht leidet, kommt zurück ins Diesseits, um Erlösung zu suchen. Zu diesem Zweck bekennt der Krieger seine Reue oder erzählt die Geschichte des Krieges. „NYO“ bedeutet Frau. Die Hauptrolle ist eine Frau, die als Geist auftaucht. Das Hauptthema dieser Geschichte ist Liebe und Liebeskummer. Eine Frau, die auch nach dem Tod die Liebe nicht vergessen kann und leidet, tanzt elegant. „KYÔ“ bedeutet Irrsinn. Die Hauptrolle ist eine Person, die wegen ungerechtfertigter Behandlung verrückt geworden ist. Die Schauspieler geben das Gefühl des Grolls ausdrucksvoll wieder. Eigentlich gibt es noch mehrere Genres außer den fünf Genres SHIN, NAN, NYO, KYÔ, KI. Diese Genres werden im Genre KYÔ aufgeteilt. „KI“ bedeutet Dämon. Die Hauptrolle von KI ist kein Mensch, sondern ein Dämon, eine Fee, ein Drachengott und so weiter. KI wird auffällig mit aggressivem Tanz und brillanter Aufführung von HAYASHI inszeniert. 26 2.1.11. Der gegenwärtige offizielle Aufführungstil von NÔ Der offizielle Aufführungstil von NÔ heißt „OKINATSUKI-GOBANDATE“. OKINATSUKI-GOBANDATE ist eine Zeremonie. NÔ beginnt mit dem Programm "OKINA". Danach werden die fünf Genres von NÔ SHIN, NAN, NYO, KYÔ und KI aufgeführt. Und es gibt vier KYÔGEN-Stücke zwischen den fünf Genres. Obwohl „OKINA“ zum NÔ-Theater gehört, ist „OKINA“ kein NÔ. OKINA unterscheidet sich deutlich von anderen NO-Genres. OKINA ist eine heilige Zeremonie. Wenn NÔ im offiziellen Aufführungstil aufgeführt wird, dann beginnt das NÔ-Programm immer mit OKINA .3 Das Publikum braucht einen Tag für OKINATSUKI-GOBANDATE. Es beginnt bei Sonnenaufgang und dauert bis zum Sonnenuntergang. Weil die Aufführungsdauer zu lang ist, wird OKINATSUKI-GOBANDATE selten aufgeführt. Die Zahl der Aufführungen mit gekürztem Stil von NÔ nahm in der letzten Zeit zu. Es gibt noch einen anderen Aufführungsstil, bei dem NÔ nur mit verschiedenen Höhepunkten, die aus den NÔ-Stücken gewonnen wurden, aufgeführt wird. Der gekürzte Aufführungsstil wurde schon stilisiert. 2.1.12. Die Maske NÔ ist ein Maskenspiel. Das ist ein großes charakteristisches Merkmal von NÔ. Heute gibt es mehr als einhundert Arten von Masken. Wie weiter oben angeführt, gibt es viele verschiedene Rollen wie Geist, Dämon, Fee oder Drachengott. Wenn ein NÔ-Schauspieler diese übernatürliche Rolle spielt, benutzt er eine Maske. NÔ hat keinen Dirigenten und auch keinen Regisseur. Die Maske übernimmt ihre 3 KYÔGEN erkläre ich im Kapitel 2.2. KYÔGEN. 27 Rollen. Durch den Gesichtsausdruck und die Vornehmheit der Maske, die SHITE wählt, wird ein Tempo, Lautstärke und so weiter bestimmt. Deshalb ist die Maske sehr wichtig in der NÔ-Welt. Abb.36 Die Masken 2.1.13. Die Kostüme der NÔ-Schauspieler Die Kostüme der NÔ-Schauspieler bestehen aus drei verschiedenen Teilen. Durch die Kombination der drei Teile und der Farben und Schnitte der Kostüme entstehen dutzende Arten. Jede Rolle hat ihr eigenes Kostüm. Für das Kostüm der „jungen Frau“ wird viel Rot benutzt. Für das Kostüm der Frau „mittleren Alters“ wird ein viel schlichterer Farbton benutzt. NÔ-Schauspieler tragen keine Schuhe, sondern nur weiße Socken, die TABI heißen. Die Kostüme der NO-Schauspieler Abb.37 2.1.14. Die Bühne NÔ hat ein eigenes Theater, „NÔGAKUDÔ“ heißt. Die NÔ-Theaterbühne ist schlicht und spiegelt die die Natur wieder. Abb.36 Abb.37 Die Redaktion“ Syûgakusya“ : 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. Ebd. 28 Abb.38 Die Bühne 2.1.14.1. Die Struktur 2.1.14.1.1. Die Hauptbühne Die Hauptbühne von NÔ ist quadratisch und heißt HON-BUTAI. Eine Seite dieses Quadrats ist circa. sechs Meter lang. In jeder Ecke steht eine Säule. Wenn SHITE-KATA auf dieser Hauptbühne tanzt, spielen diese vier Säulen als Orientierungspunkte eine wichtige Rolle. Weil der Schauspieler mit einer Maske tanzt, ist sein Sichtfeld eingeschränkt. 2.1.14.1.2. Die Brücke Die Brücke heißt „HASHI-GAKARI“. Sie ist ein Zu- und Abgang für die Schauspieler. Außerdem ist diese Brücke auch ein Platz, auf dem die Schauspieler spielen. Wichtig ist, wo auf der Brücke ein Spieler steht. Damit zeigt SHITE-KATA die Psyche seiner Rolle. Das ist ein visueller Ausdruck. Abb.38 Die Redaktion“ Syûgakusya“ : 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. 29 2.1.14.1.3. Das Bühnenbild Das Bühnenbild heißt KAGAMI-ITA. Auf dem KAGAMI-ITA ist eine alte Kiefer dargestellt. Im NÔ-Theater bleibt das Bühnenbild unverändert. Das heißt, alle Theateraufführungen haben dasselbe Bühnenbild. 2.1.14.1.4. Der Platz für Musiker Auf der rechten Seite von der Hauptbühne gibt es einen Platz für JIUTAI. Dieser Platz heißt „JIUTAI-ZA“. Hinter der Hauptbühne gibt es einen Platz für HAYASHI-KATA und die Person, die den Spielern hilft. Sie heißt KÔKEN. Dieser Platz heißt ATOZA. 2.1.14.1.5. Der Zu- und Abgang für die Spieler Auf der rechten Seite von ATOZA gibt es den Zu- und Abgang für KÔKEN von SHITE-KATA und HAYASHI-KATA, und JIUTAI. Dieser Zu- und Abgang heißt „KIRIDOGUCHI“. Am Ende von HASHIGAKARI gibt es noch einen anderen Zu- und Abgang. Diesen Zu- und Abgang benutzen SHITE-KATA, WAKI-KATA, TSURE, WAKI-TSURE, KYÔGEN und HAYASHI-KATA. Auf diesem Zu- und Abgang hängt ein Vorhang, der mit fünf Farben gefärbt wird. Dieser Zu- und Abgang heißt „AGEMAKU“. 2.1.14.1.6. Das Vorzimmer Hinter dem Zu- und Abgang „AGEMAKU“ gibt es ein Vorzimmer. Dieses Vorzimmer heißt „KAGAMI-NO-MA“. KAGAMI bedeutet Spiegel. In diesem Vorzimmer gibt es einen großen Spiegel. Vor dem Spiegel bereiten die Spieler die Kostüme, die Maske usw. für den Auftritt vor. In diesem Vorzimmer spielt die HAYASHI-KATA die Instrumente kurz vor einer 30 Aufführung. Dieses Spiel heißt „OSHIRABE“ Die Japaner denken, dass die Vorbereitungszeit vor einem Auftritt wichtig ist. Deswegen beginnt für sie das NÔ schon, wenn ein Spieler in dieses Vorzimmer eintritt. 2.1.14.1.7. Der Zuschauersitzplatz In NÔ heißt der Zuschauersitzplatz „KENSYO“ oder „KENJYO“. SYÔMEN sind die Sitzplätze, von wo aus das Publikum frontal die Bühne sehr gut sehen kann. Die Sitzplätze, von wo das Publikum die Aufführung auf der Brücke „HASHIGAKARI“ sehr gut sehen kann, heißen „WAKI-SYÔMEN“. Der fächerförmige Platz zwischen SYÔMEN und WAKI-SYÔMEN heißt "CYÛ-SYÔMEN". 2.1.14.2. Der Einfluss der Freiluftbühne Die Bühne von NÔ wird aus japanischer Zypresse gebaut und hat keinen Vorhang zwischen den Sitzplätzen und der Bühne. Ursprünglich wurde die Bühne für Draußen gebaut. Aber nach der MEIJI-Ära (1868-1912) verbreitete sich die Bühne für Drinnen. Heutzutage ist diese Bühne am häufigsten zu sehen. Aber sie wird mit einigen Elementen einer Freiluftbühne gebaut, um den Charakter der Freiluftbühne zu erhalten. Dazu gehört zum Beispiel ein Dach und Kiefernbäume. Vorne, an der Brücke HASHI-GAKARI, wird ein großer Kiefernbaum aufgestellt, auf den noch kleinere folgen. So entsteht eine bestimmte Perspektive, die dem Publikum vermittelt, dass es eine längere Straße gibt. Im Theater ist es nicht hell. Damit sieht es so aus, als ob es natürliches Licht wäre. 2.1.14.3. Die Akustik Manchmal wird ein großer Keramikkrug, der einen langen und runden Rumpf hat, unter die Bühne oder die Brücke HASHI-KAGARI gestellt. Weil dieser Krug mäßige 31 Schalldämpfung bringt, klingen der Töne von HAYASHI, die Singstimme von UTAI und das Taktschlagen mit den Füßen gut und schön. 2.1.15. Der Aufführungsort Wie schon erwähnt, wurde NÔ ursprünglich draußen aufgeführt. Aber heutzutage findet die Aufführung üblicherweise im NÔGAKUDÔ, einem eigenen NÔ-Theater mit Saal und auf der provisorisch gebauten Bühne, statt. Die Anzahl von NÔGAKUDÔ nimmt in ganz Japan zu. Und auch die Aufführungen auf der provisorisch gebauten Bühne finden oft statt. Aber es gibt auch jetzt noch Shintô-Schreine und Tempel, die eine Freiluftbühne haben. Bei Jahresfesten wird NÔ dem Gott dargebracht. Auch draußen wird NÔ jetzt noch aufgeführt, das dann „TAKIGI-NÔ“ heißt. Nach der Aufführung beim Theaterfestival der Biennale Venedig 1954 nahm die Anzahl der Aufführungen im Ausland zu. Abb.39 Die Freiluftbühne Abb.39 Kubota, Keiichi : はじめての音楽史-古代ギリシアの音楽から日本の現代音楽まで Musikgeschichte für Anfänger – von der Musik des antiken Griechenlands bis zur japanischen zeitgenössischen Musik-, Tokio 2006. 32 2.1.16. Wie genießt man NÔ ? In der Welt von NÔ ist es leise und ruhig. Deswegen muss auch das Publikum NÔ auch leise genießen. Das Publikum verhält sich ruhig und applaudiert nicht. Nach einer Aufführung genießt das Publikum leise und ruhig den Ausklang. 2.1.17. Die Ästhetik von NÔ 2.1.17.1. Die Schönheit Die Ästhetik von NÔ ist das Sichtbarmachen der Schönheit durch die Verschmelzung mit der Natur. ZEAMI, der ein berühmter NO-Schauspieler war, hatte seine eigene „performance theory“ im Zusammenhang mit der Natur. NÔ wurde ursprünglich draußen aufgeführt, das heißt dann „TAKIGI-NÔ“. Jährlich zum Gottesfest am 11. und 12. Mai werden KÔFUKU-Tempel NÔ und dargebracht. KYÔGEN Im im Jahr KASUGA-Großschrein 1950 wurde und TAKIGI-NÔ im im HEIAN-Shintô-Schrein in KYÔTO aufgeführt. Seitdem wird TAKIGI-NÔ nicht nur als Gottesfest, sondern auch als Veranstaltung für die Touristen präsentiert. Heutzutage wird TAKIGI-NÔ beim Tempel, Shintô-Schrein oder im Park usw. aufgeführt. Es gibt mehr als zweihundert Aufführungsorte. Die Inszenierungen von TAKIGI-NÔ verschmelzen NÔ mit der Natur. Zum Beispiel gibt es Aufführungen in der Dunkelheit. Das Publikum kann sich eins mit der Natur fühlen und diese Stimmung genießen. Diese Verschmelzung mit der Natur ist das Kernelement im NÔ-Theater. Heutzutage ist es üblich, dass NÔ drinnen aufgeführt wird. Trotzdem wird die Bühne mit einigen Elementen einer Freiluftbühne gebaut. 2.1.17.2. Die japanische Seele Die Japaner vereinfachen alles grenzenlos. Damit zeigen sie die Substanz der Dinge. Zum Beispiel finden sie an einem Ort, wo es auf den ersten Blick nichts gibt, eine 33 besondere Bedeutung oder eine Schönheit heraus. Das ist die Ästhetik der Japaner. NÔ ist eine Kunst, die der japanischen Seele auf den Grund geht. 2.1.17.2.1. Die Bedeutung von ruhiger Bewegung Die Bewegungen der NÔ-Schauspieler sind sehr langsam. Die Schauspieler schreiten mit schlurfendem Gang. Im NÔ gilt die ruhige, gezügelte Bewegung als schön. 2.1.17.2.2. Die Schlichtheit der Bühne Japaner entfernen überflüssige Dinge. Mit „weniger“ können sie „mehr“ ausdrücken. Wegen dieser Art zu denken wurde die Bühne von NÔ allmählich einfacher. 2.1.17.2.3. Wenige Aufführende Die Anzahl der HAYASHI und Schauspieler im NÔ-Theater ist gering. NÔ wird nur von wenigen Schauspielern aufgeführt. 2.1.17.2.4. Die ausdruckslose Maske Die Maske von NÔ ist ausdruckslos. Aber damit nimmt für die Japaner die Ausdruckskraft unendlich zu. Auch hier gilt das Motto: „weniger ist mehr.“ Das „Mehr“ entsteht in der Interpretation der Zuschauer. 2.1.17.2.5. Die Bedeutung von Tod und Alter Durch Tod und Alter kann man Leben und Jugend zeigen. Dies ist eine Grundlage des Denkens im NÔ. 2.1.18. Zusammenfassung Die japanische Seele ist tiefgründig. Weil das NÔ-Theater die japanische Seele tief 34 verinnerlicht hat, ist ein Verstehen von NÔ für Nicht-Japaner schwer. Im NÔ hat jeder Charakter, jedes Kostüm und jede Maske eine eigene Bedeutung. Deswegen müssen die Zuschauer viel über NÔ wissen. Sonst können sie NÔ nicht genießen. Wenn Japaner alles grenzenlos vereinfachen, können sie dadurch den Dingen den größten Ausdruck verleihen. Deswegen ist NÔ bescheiden. Im NÔ ist die Bewegung langsam. Daher empfindet das Publikum, dass NÔ oft eintönig und langweilig ist. NÔ wurde so über viele Jahre hin überliefert. In der EDO-Ära (1603-1868) sagte BUSHI, dass er sich schläfrig fühlte, wenn er NÔ sah. Dieses Faktum steht in einem alten Buch geschrieben. Aber andererseits wird auch gesagt, dass man während einer Aufführung von NÔ schlafen kann, weil es leise und ruhig ist. NÔ wird vom Alltagsleben abgeschnitten. NÔ repräsentiert eine außergewöhnliche Welt und eine Kunst, bei der man entspannen kann. Deswegen wird auch gesagt, dass es am herrlichsten ist, wenn man während der Aufführung von NÔ einnicken kann. 2.2. KYÔGEN KYÔGEN ist wie NÔ eine japanische repräsentative musikalische Kunst. KYÔGEN ist eine Komödie, in der der Text die zentrale Rolle spielt. In KYÔGEN werden selten Masken benutzt. 2.2.1. Der Ursprung und die Entwicklung NÔ und KYÔGEN stammen ursprünglich aus “SARUGAKU“. Die beiden wurden SARUGAKU genannt und zusammen gespielt. In der NANBOKUTYÔ-Ära (1336-1392) entstand KYÔGEN aus SARUGAKU. KYÔGEN ist ein Drama, das ursprünglich aus einem humoristischen Element von SARUGAKU stammt. Damit steht der Charakter von KYÔGEN im Gegensatz zu NÔ. 35 KYÔGEN thematisiert ein Alltagsleben. Es verbreitete sich im Volk und entwickelte sich mit NÔ. 2.2.2. Die Rollen 2.2.2.1. SHITE Die Hauptrolle heißt „SHITE“ wie NÔ. SHITE spielt die Hauptrolle und gleichzeitig die des Regisseurs. 2.2.2.2. ADO Die Nebenrolle, die den Partner von SHITE spielt, heißt „ADO“. 2.2.2.3. TACHISYÛ Wenn die Personen, die Rollen mit ähnlichem Charakter haben, zusammen auftreten, heißen sie "TACHISYÛ". Es gibt einen Leiter, der „TACHIGASHIRA“ heißt. 2.2.3. Die Musik Weil KYÔGEN ein Drama ist, ist die Musik nicht wichtig. Trotzdem ist sie auch ein Bestandteil von KYÔGEN. In KYÔGEN wird die Musik bei dem Gesang, der Bewegung und so weiter benutzt, um die Stimmung zu steigern. Das heißt „ASHIRAI“. 2.2.3.1. Die Tonleiter Auch in KYÔGEN gibt es YOWA-GIN und TSUYO-GIN wie NÔ. 2.2.3.2. Der Rhythmus In NÔ gibt es „HYÔSHI-AI“ und „HYÔSHI-AWAZU“. 36 2.2.3.3. HAYASHI HAYASHI von KYÔGEN ist einfacher als HAYASHI von NÔ. Im Unterschied zu HAYASHI von NÔ wird HAYASHI von KYÔGEN mit sanfter Klangfarbe gespielt. Außerdem wird HAYASHI allem Repertoire von KYÔGEN nicht hinzugefügt. In nur einem Drittel des Repertoires von KYÔGEN, ca. 260 Stücke, wird HAYASHI gespielt. Überdies, wenn auch HAYASHI gespielt wird, dann wird HAYASHI nicht ein ganzes Stück langt durchgespielt. HAYASHI besteht grundsätzlich aus NÔKAN, KOTSUDUMI, ÔTSUDUMI und TAIKO wie NÔ. Aber es gibt auch irreguläre Zusammensetzungen. 2.2.3.4. JIUTAI Auch in KYÔGEN tritt JIUTAI manchmal auf. Aber wie HAYASHI spielt JIUTAI nur bei einem Teil von ganzem Stück mit. 2.2.4. Die Arten von KYÔGEN 2.2.4.1. HON-KYÔGEN Wenn nur KYÔGEN gespielt wird, heißt dieses KYÔGEN „HON-KYÔGEN“. KYÔGEN ist eine Komödie, die ein Alltagsleben thematisiert. 2.2.4.2. AI-KYÔGEN Wenn KYÔGEN als ein Programm in NÔ aufgeführt wird, heißt das „AI-KYÔGEN“. In OKINATSUKI-GOBANDATE, einem offiziellen Aufführungstil von NÔ, wird KYÔGEN zwischen einem und einem anderen Genre eingefügt. Das heißt, dass vier KYÔGEN gespielt werden, weil OKINATSUKI-GOBANDATE aus den fünf Genres „SHIN“, „NAN“, „NYO“, „KYÔ“ und „KI“ besteht. KYÔGEN-KATA spielt AI-KYÔGEN. 37 2.2.4.3. BETSU-KYÔGEN „OKINATSUKI-GOBANDATE“ beginnt mit OKINA. Der Tanz für Segnung und Beten, den KYÔGEN-KATA in OKINA tanzt, heißt „BETSU-KYÔGEN“. 2.2.5. Das Thema der Geschichte KYÔGEN thematisiert ein Alltagsleben. Die meisten Rollen sind Menschen aus dem Volk. Deswegen kann sich das Publikum mit dem Thema der Geschichte von KYÔGEN vertraut fühlen. Aber auch Rollen wie die des Feudalherrn oder des Territorialfürsten treten auf. In KYÔGEN ist die Rolle des Feudalherrn oder des Territorialfürsten trottelhaft. Trotzdem mag das Publikum diese Rollen. Die Themen von NÔ betreffen die vergangene Geschichte. Im Gegensatz dazu stammen die Themen von KYÔGEN aus der zeitgenössischen Geschichte der Ära, als KYÔGEN entstand. 2.2.6. Die Maske Weil die Rollen meist Menschen aus dem Volk betreffen, wird selten Masken benutzt. Deshalb entwickelte sich die Maske in dieser Theaterform auch nicht. Dennoch gibt zwanzig ausdrucksvolle Maskenarten: Masken von Gott, Dämon, Geist, alter Mensch, Tier und so weiter. 2.2.7. Die Kostüme Die KYÔGEN-Kostüme sind schlicht und je nach Rang, Beruf, Alter und Geschlecht unterschiedlich. Wenn das Publikum die Kostüme sieht, kann es den Charakter der auftretenden Personen besser verstehen. 38 Die Kostüme Abb.40 2.2.8. Zusammenfassung KYÔGEN wird nicht nur allein gespielt, sondern auch als ein Programm in NÔ aufgeführt. KYÔGEN hat eine besondere Beziehung zu NÔ. Die beiden werden meistens in einem Zusammenhang genannt. Aber die Charaktere von KYÔGEN und NÔ stehen im Gegensatz zueinander. Das ist ein wichtiger Punkt. Wenn NÔ für "Ruhe" steht, ist KYÔGEN "Bewegung". Wenn NÔ elegant ist, ist KYÔGEN lebendig. In NÔ spielen Gesang und Tanz die zentrale Rolle. In KYÔGEN spielt der Rollentext die zentrale Rolle. NÔ hat ein starkes Element einer Tragödie. KYÔGEN hat ein starkes Element des Humors. Wenn NÔ eine Unterhaltung für Aristokraten ist, ist KYÔGEN eine Unterhaltung für das Volk. Im NÔ werden Masken benutzt. KYÔGEN wird meistens ohne Maske gespielt. NÔ thematisiert oft die vergangene Geschichte. KYÔGEN dagegen die zeitgenössische Geschichte für das Publikum in der Zeit, als KYÔGEN entstand. 2.3. KABUKI „KABUKI“ ist eine synthetische Kunst, die Elemente von Schauspiel, Tanz, Musik und darstellende Kunst vereinigt. Das ist eine repräsentative japanische traditionelle Unterhaltung wie NÔ und KYÔGEN. Abb.40 Fujino, Masayuki : はれ予報 Zeitschrift „HARE-YOHÔ“, Tokio 2014 39 2.3.1. Die Geschichte 2.3.1.1. Der Ursprung Der Ursprung von KABUKI wird in der historischen Quelle „TÔDAIKI“, die 1603 veröffentlicht wurde, beschrieben. Eine Tempeljungfrau, die „OKUNI“ heißt und aus IZUMO kommt, kam nach KYÔTO. Und sie verkleidete sich als Mann mit seltsamer Kleidung und tanzte „KABUKI-Tanz. Mit diesem KABUKI-Tanz beginnt die Geschichte von KABUKI. Es heißt, dass die Gründerin von KABUKI „OKUNI“ ist, die den KABUKI-TANZ geschaffen hat. „OKUNI“ Abb.41 2.3.1.2. Die Herkunft des Namens Damals war ein Verhalten, dem der „gesunde Menschenverstand fehlt“, wie ungewöhnliche Kleidung und Frisur, in Mode. Die Leute, die sich so verhielten, hießen „KABUKI-MONO“. „KABUKI“ stammt von „KABUKU“ ab. KABUKU bedeutet „außergewöhnlicher Zustand“. Weil „KABUKI-MONO“ als Mann „OKUNI“ verkleidete sich mit und tanzte, der Kleidung von wurde ihr Tanz „KABUKI-Tanz“ genannt. Jetzt wird „KABUKI-Tanz“ nur noch „KABUKI“ genannt. „KABUKI“ wird mit drei verschiedenen Wörtern, die Gesang, Tanz und Technik Abb.41 Kubota, Keiichi : はじめての音楽史-古代ギリシアの音楽から日本の現代音楽まで Musikgeschichte für Anfänger – von der Musik des antiken Griechenlands bis zur japanischen zeitgenössischen Musik-, Tokio 2006. 40 bedeuten, auf Japanisch geschrieben. 2.3.1.3. „Frau-KABUKI“ Weil der „KABUKI-Tanz in Mode war, wurde er oftmals imitiert. So begann der „Frau-KABUKI“-Tanz. Weil OKUNI eine Frau war, wurde „Frau-KABUKI“ nur von Frauen aufgeführt. Aber die Regierung dachte, dass „Frau-KABUKI“ die öffentliche Moral korrumpiert. Deswegen verbot sie 1629 „Frau-KABUKI“. 2.3.1.4. „Junger Mann-KABUKI“ Nach dem Verbot von „Frau-KABUKI“ begann die Zeit des „Junger Mann-KABUKI“. Der „Junger Mann-KABUKI“ wurde nur mit gutaussehenden jungen Männern aufgeführt. Deshalb gab es Schauspieler, die sich auf weibliche Rollen spezialisierten. Diese Schauspieler verfolgten das Ziel, einen künstlich-femininen Ausdruck zu vermitteln. Homosexualität war damals „normal“. Die Regierung verbot auch jungen Männern den KABUKI-Tanz, weil sie dachte, dass auch diese Aufführungen die öffentliche Moral korrumpiert. 2.3.1.5. „Erwachsener Mann-KABUKI“ Nach dem Verbot von „Junger Mann-KABUKI“ begann die Zeit des „Erwachsener Mann-KABUKI“. „Erwachsener Mann-KABUKI“ wurde nur mit erwachsenen Männern aufgeführt. Deswegen gab es Schauspieler, die nur die weibliche Rolle verkörperten. „Erwachsener Mann-KABUKI“ ist die Grundlage des gegenwärtigen KABUKI. Auch jetzt wird KABUKI nur von Männern aufgeführt. 41 2.3.1.6. Die Arten der Darstellung und Inszenierung „ARAGOTO“ und „WAGOTO“ Nachdem sich „Erwachsener Mann-KABUKI“ verbreitete, wurde KABUKI in zwei Orten in Japan weiterentwickelt. 1. EDO. EDO ist der alte Name der gegenwärtigen Hauptstadt Tokio. Dort war eine Art der Darstellung und Inszenierung beliebt, die „ARAGOTO“ heißt. ARAGOTO ist dynamisch und kraftvoll und hat die bezeichnende Darstellung wie „MIE“ und „ROPPÔ“ und die bezeichnende Aufmachung wie „KUMADORI“. Die Details von MIE, ROPPÔ und KUMADORI werden später beschrieben. 2. Kyôto. Dort war eine Art der Darstellung und Inszenierung beliebt, die „WAGOTO“ heißt. Ein charakteristisches Merkmal von WAGOTO ist die anmutige Darstellung. 2.3.1.7. GIDAYÛ-KYÔGEN Anschließend kam „NINGYÔ-JYÔRURI“ in Mode. Deshalb führte auch KABUKI, das zunehmend unpopulär wurde, ein Element von NINGYÔ-JYÔRURI ein. Dieses KABUKI heißt „GIDAYÛ-KYÔGEN“. GIDAYÛ-KYÔGEN nimmt einen Großteil vom Programm von KABUKI ein. „KANADEHONTYÛSHINGURA“, ein beliebtes Programm von KABUKI, wurde auch als NINGYÔ-JYÔRURI aufgeführt. 2.3.1.7.1. NINGYÔ-JYÔRURI „NINGYÔ-JYÔRURI“ ist japanisches Puppentheater. Man nennt es auch BUNRAKU. NINGYÔ-JYÔRURI wird auf dem Musikinstrument SYAMISEN NINGYÔ-JYÔRURI interagierte mit KABUKI und entwickelte sich. 42 begleitet. Abb.42 „NINGYÔ-JYÔRURI“ 2.3.1.7.1.1. Der Ursprung Um das Jahr 1530 entstanden NINGYÔ-JYÔRURI und der KABUKI-Tanz. In SANGAKU, das aus China eingeführt wurde und der Ursprung von NÔ ist, gab es auch Theatervorstellungen, die mit Puppen aufgeführt wurden. Diese Unterhaltungsform wurde mit der Theatermusik „JYÔRURI“, die mit SYAMISEN begleitet wird, kombiniert. Das ist das sogenannte NINGYÔ-JYÔRURI. 2.3.1.7.1.2. Die Herkunft des Namens Der Name stammt von einem beliebten Thema, der Liebesgeschichte der „JYÔRURI-Prinzessin“ und des Mannes „USHIWAKAMARU“; deshalb wurde es auch„NINGYÔ-JYÔRURI“ genannt. 2.3.1.7.1.3. Musik NINGYÔ-JYÔRURI hat eine japanische traditionelle Theatermusik, die mit SYAMISEN begleitet wird. Die Musik von NINGYÔ-JYÔRURI heißt „GIDAYÛ-BUSHI“. Weil die Musik von SYAMISEN GIDAYÛ-BUSHI sehr beliebt Abb.42 Die Redaktion „Syûgakusya“ : 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. 43 war, wurde sie Musik von NINGYÔ-JYÔRURI genannt. Sie besteht aus drei verschiedenen Abschnitten. Der erste Abschnitt ist ein Teil mit nur gesprochenem „Wort“, in dem die auftretenden Personen nur einen Text sagen. Er heißt „KOTOBA“. Der zweite Abschnitt ist ein Teil, dem so etwas wie eine „Melodie“ hinzugeführt wird. Dieser Teil klingt wie ein Lied und heißt „FUSHI“. Beim dritten Abschnitt ist ein Teil „Rezitativ“, das heißt, eine Melodie wird gespielt und dabei wird gleichzeitig gesprochen. Das heißt „JIAI“. 2.3.1.8. Das zeitgenössische KABUKI In der MEIJI-Ära (1868-1912) versuchte Danjyûrô, der ein KABUKI-Schauspieler war, die künstlerischen Elemente des KABUKI zu vermehren. Entsprechend diesem Wandel verminderte sich der Unterhaltungswert von KABUKI. Das neue KABUKI verlor an Popularität für das Publikum. Aber Ennosuke, der auch ein KABUKI-Schauspieler war, begründete die ausgefallene Darstellung und Inszenierung „KEREN“. In KEREN gibt es „TYÛNORI“, „HAYAGAWARI“ und so weiter. Dieses Detail wird im Punkt „2.3.6. Die Inszenierung und der Ausdruck“ angeführt. KEREN erstaunte das Publikum und KABUKI gewann wieder an Popularität. 2.3.2. Die Kategorie entsprechend dem Inhalt KABUKI gibt es in drei verschiedenen Formen: Die erste heißt „JIDAI-MONO“, in dem eine Geschichte vor der EDO-Ära (1603-1868) beschrieben wird. Die zweite heißt „SEWA-MONO“, in als zeitgenössisches Drama dem das Leben des Bürgers der EDO-Ära (1603-1868) beschrieben wird. Die dritte heißt „SYOSAGOTO“ und ist ein Tanz. Am Anfang wurde SYOSAGOTO 44 nur von einer weiblichen Rolle „ONNA-GATA“ getanzt. Aber seit der letzten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts gabe es auch eine männliche, tanzende Rolle „TACHI-YAKU“. Danach gewann eine Art des Tanzes, bei der eine Person die Tänze einiger Rollen tanzt, an Popularität. Dieser Tanz heißt „HENGE-BUYÔ“. 2.3.3. Die Musik 2.3.3.1. Das Instrument Das repräsentative Instrument von KABUKI ist SYAMISEN. Seit der Zeit von „Frau-KABUKI“ wurde SYAMISEN für die Musik von KABUKI benutzt. Die vier Instrumente von NÔ, „NÔKAN“, „KOTSUDUMI“, „ÔTSUDUMI“ und „TAIKO“, werden auch in KABUKI benutzt. Diese Instrumente und die Musik mit diesen Instrumenten heißt „NARIMONO“. Die Instrumentalisten heißen HAYASHI-KATA. 2.3.3.2. GEZA-Musik Die „GEZA-Musik“ ist nicht nur ein Musikstück, sondern auch ein „Soundeffekt“ des KABUKI. Die GEZA-Musik vermittelt die Atmosphäre der Szene oder durch die Töne ein charakteristisches Merkmal der auftretenden Personen. Die GEZA-Musik wird in drei Arten geteilt. Die erste Art ist das Lied „UTA“, das vom SYAMISEN begleitet wird. Die zweite Art ist ein Stück von SYAMISEN, das ohne Lied aufgeführt wird „AIKATA“ heißt. Und die dritte Art heißt „NARIMONO“. Eigentlich spielen Spieler der GEZA-Musik auf einem Platz, wo sie das Publikum nicht sehen kann. 45 Abb.43 GEZA-Musik 2.3.3.3. SYOSA-Musik „SYOSA-Musik“ ist eine Begleitmusik für Tanz. Die Musik besteht aus „NAGAUTA“ und der Erzählung von „TAKEMOTO“. 2.3.3.3.1. NAGAUTA „NAGAUTA“ entstand als Begleitmusik für Tanz im KABUKI. In der Musik von KABUKI ist NAGAUTA sehr wichtig. NAGAUTA spielt auf der Bühne. Es gibt zwei verschiedene Spielergruppen. Eine Gruppe heißt „UTA-KATA“ und sie singt. Die andere Gruppe heißt „SYAMISEN-KATA“ und sie spielen SYAMISEN. Und NAGAUTA spielt auch mit HAYASHI. Dann tritt auch HAYASCHI-KATA auf der Bühne auf. Abb.44 NAGAUTA Abb.43 Koshiba, Harumi: 日本の音と楽器 日本の伝芸能 8 Der japanische Klang und das japanische Instrument – Die japanische traditionelle Kunst 8, Tokio 1995. Abb.44 Die Redaktion „Syûgakusya“ : 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. 46 2.3.3.3.2. TAKEMOTO „TAKEMOTO“ wird als Begleitung zum Tanz gespielt. Aber eigentlich heißt „TAKEMOTO“ „GIDAYÛ-BUSHI“. In GIDAYÛ-KYÔGEN erzählt TAKEMOTO die Szene. TAKEMOTO ist mit dem SYAMISEN-Spieler auf der Bühne. 2.3.3.4. Die Klangwirkung KABUKI hat verschiedene Klangwirkungen. 2.3.3.4.1. KI Durch das Aufeinanderschlagen der beiden viereckigen Holzblöcke „HYÔSHI-GI“ entsteht ein Ton. HYÔSHI-GI wird als Ankündigung für den Auftritt der Schauspieler, als Signal für den Beginn der Aufführung und als „Soundeffekt“ benutzt. HYÔSHI-GI wird abseits der Bühne, wo es vom Publikum nicht gesehen werden kann, geschlagen. 2.3.3.4.2. TSUKE „TSUKE“ ist ein „Soundeffekt“. Man schlägt das viereckige Holzbrett „TSUKE-ITA“ mit zwei hölzernen viereckigen Blöcken und so entsteht ein Ton. TSUKE wird in der Aufführung gespielt, um die Bewegung der Schauspieler und bestimmte Geräusche zu betonen. Besonders die repräsentative Pose „MIE“ braucht unbedingt TSUKE. 47 Abb.45 TSUKE 2.3.4. Die Anfeuerungsrufe ÔMUKÔ Während der Aufführung von KABUKI feuert das Publikum die Schauspieler an. Damit zeigt das Publikum den Schauspielern seine Anerkennung. Und Anfeuerungsrufe können die Stimmung noch steigern. Aber wenn ein Schauspieler nicht gut spielt, dann beschimpft das Publikum diesen Schauspieler. Anfeuerungsrufe sind unentbehrlich für KABUKI. Die Anfeuerungsrufe von KABUKI bestehen aus dem Namen des Hauses, dem der Schauspieler angehört. Jetzt ist es üblich, dass Mitglieder des Vereins, der das Theater von KABUKI genehmigt hat, die Anfeuerungsrufe machen. Es gibt keine Regel, gemäß derer eine Frau die Anfeuerungsrufe nicht machen darf. Trotzdem sind die Vereinsmitglieder meistens Männer, die die Anfeuerungsrufe übernehmen. Eine Person, die die Anfeuerungsrufe macht, heißt „ÔMUKÔ“. 2.3.5. Die Ästhetik von KABUKI Die Ästhetik von KABUKI ist die Suche nach charakteristischen Merkmalen der Darstellung und der besonderen Ausdrucksart. 2.3.5.1. Die auftretenden Personen Die auftretenden Personen von KABUKI verkörpern drei verschiedene Rollen. Die erste Abb.45 Koshiba, Harumi : 日本の音と楽器 日本の伝芸能 8 Der japanische Klang und das japanische Instrument –Die japanische traditionelle Kunst-, Tokio 1995. 48 Rolle ONNA-GATA ist eine weibliche Rolle. Die zweite Rolle TACHI-YAKU ist eine männliche Rolle. Die dritte Rolle KATAKI-YAKU ist der männliche Bösewicht. Die drei verschiedenen Rollen werden weiter unterteilt. Im KABUKI gibt es viele verschiedene Charakterrollen und Aufführungsstile. Wie schon erwähnt, spielt der Mann auch die weibliche Rolle in KABUKI. ONNA-GATA verkleidet und schminkt sich als Frau. Und natürlich sind auch die Bewegungen des ONNA-GATA feminin. ONNA-GATA drückt die Schönheit der Frau aus. ONNA-GATA Abb.46 2.3.5.2. Die Schminke In KABUKI kann das Publikum sofort den Charakter der Rolle durch die Gesichtsfarbe des Schauspielers verstehen. Ein guter Mensch hat eine weiße Gesichtsfarbe. Ein Bösewicht und Gegenspieler des guten Menschen hat eine rote Gesichtsfarbe. Für ARAGOTO, das sich während des EDO (1603-1867) entwickelte, ist diese Art des Schminkens „KUMADORI“ unentbehrlich. Ein „wilder“ Mann wird mit KUMADORI folgendermaßen geschminkt: Linien werden auf sein Gesicht gezeichnet, um die Blutgefäße und Muskel übertrieben zu zeigen. Jede Rolle hat eine bestimmte Farbe. Abb.46 Die Redaktion „Syûgakusya“ : 音楽 鑑賞と歴史 Musik - Genuss und Geschichte -, Ōsaka 2000. 49 KUMADORI Abb.47 2.3.5.3. Die Kostüme und die Requisiten Jede Rolle hat ihre eigene Farbe und ihr eigenes Muster für das Kostüm. Dadurch kann das Publikum den Charakter der Rolle verstehen. Deshalb wird jene Kleidung in JIDAI-MONO getragen, die die Epoche der Geschichte nicht widerspiegelt. Es wird stattdessen die Kleidung der Epoche getragen, in der das Programm aufgeführt wurde. In KABUKI ist das am wichtigsten, damit das Publikum den Charakter der Rolle verstehen kann. Auch eine Perücke, die Perücke aus vier verschiedenen Teilen besteht, wird getragen. Durch die Veränderung und die Kombination von vier verschiedenen Teilen zeigt sich der Charakter der Rolle. Die Requisiten stammen aus dem täglichen Leben. Außerdem werden die Requisiten, die extra für KABUKI angefertigt wurden effektvoll auf der Bühne gezeigt. Zum Beispiel wird ein circa zwei Meter langes japanisches Schwert benutzt, um Dynamik und raues Aussehen zu vermitteln. Auch die Kleidung und die Requisiten zeugen vom Einfluss der KABUKI-Ästhetik. Abb.47 Fujino, Masayuki : はれ予報 Zeitschrift „HARE-YOHÔ“, Tokio 2014. 50 Abb.48 Die Kostüme 2.3.5.4. Der Schauspieler Der KABUKI-Schauspieler hat charakteristische Merkmale. Durch das Betonen dieser charakteristischen Merkmale ist ein „Superstar“ entstanden. In KABUKI ist es außerordentlich wichtig, dass der Schauspieler einen bestimmten Charakter bestmöglich darstellen kann. Deshalb wurde der Inhalt der Geschichte manchmal den besonderen Talenten des Schauspielers angepasst. 2.3.5.5. Die Handhabung der Puppe Wenn ein Schauspieler in GIDAYÛ-KYÔGEN eine Puppenrolle spielt, wird er von einem anderen Schauspieler bewegt. Diese Rolle heißt „NINGYÔTSUKAI-YAKU". Sie steht hinter dem Puppen-Schauspieler und bewegt sich wie die Puppe. Diese Idee stammt aus der Ästhetik des KABUKI. Abb.48 Fujino, Masayuki : はれ予報 Zeitschrift „HARE-YOHÔ“, Tokio 2014 51 „NINGYÔTSUKAI-YAKU" Abb.49 2.3.6. Die Inszenierung und der Ausdruck Ein charakteristisches Merkmal von KABUKI ist die ungewöhnliche und auffallende Inszenierung und die starke Ausdruckskraft. Dadurch bietet KABUKI dem Publikum Momente voller Überraschung und Freude. 1. HIKINUKI Der Kostümwechsel findet sehr schnell auf der Bühne statt. Assistenten helfen den Schauspielern dabei. 2. CYÛNORI Wenn der Schauspieler die übernatürlichen Rollen wie Geist, Monster und so weiter spielt, benutzt er die Technik von CYÛNORI. Dabei wird der Schauspieler von der Decke auf die Bühne herabgelassen oder in der Luft über den Zuschauern bewegt. 3. TACHIMAWARI TACHIMAWARI ist eine stilistische Bewegung bei Kampfszenen. In TACHIMAWARI wird GEZA-Musik gespielt. Abb.49 Fujino, Masayuki : はれ予報 Zeitschrift „HARE-YOHÔ“, Tokio 2014. 52 4. ROPPÔ ROPPÔ ist eine Inszenierung, die sinnbildlich ausgedrückt wird. Wenn man geht oder läuft, übertreibt man die Bewegungen der Hände und Füße. In ROPPÔ gibt es eine Bewegung, die die Stärke und Härte ausdrücken kann. 5. MIE Während der Aufführung nimmt der Schauspieler eine bestimmte Pose ein und stoppt für einen Moment. Dieser Augenblick heißt MIE und zeigt die Steigerung der Emotion. Wenn ein Schauspieler MIE macht, kann er die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich lenken. In ARAGOTO schüttelt der Schauspieler zuerst übertrieben seinen Kopf, geht mit großem Schritt voran und breitet seine Arme aus. Dann macht er MIE. Das ist die berühmteste Pose. Abb.50 MIE 6. HAYAGAWARI Ein Schauspieler verwandelt sich für einen Moment in eine andere Rolle. 7. YATAIKUZUSHI YATAIKUZUSHI ist ein Trick, mit dem man auf der Bühne Gebäude abreißen kann. Abb.50 Fujino, Masayuki : はれ予報 Zeitschrift „HARE-YOHÔ“, Tokio 2014. 53 8. GATTARI Ein Haarknoten von der Perücke wird für einen Moment abgebrochen. 9. Der Vorhang KABUKI benutzt effektvoll viele verschiedene Vorhänge. Zum Beispiel wird ein Vorhang schnell fallen gelassen. Hinter dem Vorhang gibt es einen raschen Szenenwechsel. Dadurch kann das Publikum eine neue Szene sehen und die Aufmerksamkeit wird neu angeregt. Noch ein anderes Beispiel: Ein Vorhang, der eine Landschaft darstellt, wird während der Vorbereitung für die nächste Szene benutzt, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erreichen. 2.3.7. Die Bühne Die Bühne des frühzeitlichen KABUKI bestand aus einer Hauptbühne und einem Bühnenaufgang. Sie hat die Struktur von NÔ imitiert. Es gab Zuschauersitze im ersten Stock des Gebäudes, zu beiden Seiten der Bühne und vor der Bühne. Vor der Bühne saß das Publikum auf dem Boden. Weil nur die Zuschauersitze im ersten Stock und die Bühne ein Dach hatten, konnte KABUKI nicht aufgeführt werden, falls es regnete. Danach entstand eine Bühne in einem Gebäude. Und auf dieser Bühne konnte man die bessere Inszenierung für das Publikum machen. Zum Beispiel gibt es den Bühnenaufgang „HANA-MICHI“, der zwischen den Zuschauersitzen ist. Mit der Drehbühne „MAWARI-BUTAI“ kann man die Szene dramatisch ändern. 2.3.8. Die Überlieferung KABUKI und die Namen der KABUKI-Schauspieler werden normalerweise innerhalb der Familie von Generation zu Generation weitergegeben. Mit dem Namen übernimmt 54 man auch das Programm. Jede KABUKI-Familie übernimmt den speziellen Namen eines Hauses „YAGÔ“ von Generation zu Generation. Weil Schauspieler in der EDO-Ära den Familiennamen nicht benutzen durften, verwendete man YAGÔ statt des Namens. Jede KABUKI-Familie hat nicht nur ein Familienwappen, sondern auch eine bestimmte Farbe und ein Muster, das ebenfalls weitergegeben wird. Farbe und Muster finden sich auf Kostüm, Requisiten und Kulisse wieder. Für KABUKI ist „Familie“ sehr wichtig. 2.3.9. Wie hat das Publikum KABUKI in der EDO-Ära genossen? KABUKI begann im Morgengrauen und dauerte bis zum Sonnenuntergang, weil es keine Beleuchtung in der EDO-Ära gab. Am Vorabend aß man im Restaurant und schlief dort ein bisschen. Vor der Morgendämmerung fuhr man mit dem Schiff zum Theater von KABUKI. Man genoss KABUKI fast den ganzen Tag mit der Familie. Und man brachte Essen und Alkohol mit. Auch während der Aufführung von KABUKI aß und trank das Publikum. Deswegen stritt sich und lärmte das Publikum, das betrunken war. Deshalb kam es dazu, dass der Schauspieler bei wichtigen Szenen MIE machten, um dadurch die Aufmerksamkeit des geräuschvollen Publikums auf sich zu ziehen. Die reiche Oberschicht genoss KABUKI auf diese Weise. 2.3.10. KABUKI nach der MEIJI-Ära Nach der Mitte der MEIJI-Ära schrieben Literaten oder Schriftsteller KABUKI. Dieses KABUKI heißt Neu-KABUKI. Und das Programm, das von westlicher Schauspielkunst oder westlichem Roman beeinflusst wurde, wurde mit moderner Darstellung und moderner Inszenierung aufgeführt. Im Jahr 1893 baute man das KABUKI-Theater im westlichen Stil mit Ziegelsteinen und zwei Etagen. Aber die Innenausstattung dieses Theaters war im japanischen Stil. 55 Die Bühne wurde größer als die in der zweiten Hälfte der EDO-Ära. Es gab große Kronleuchter über den Zuschauersitzen. Weil es elektrisches Licht gab, wurde das Theater heller. Die Veränderung der Beleuchtung beeinflusste Darstellung, Kulisse, Inszenierung und so weiter. 2.3.11. Zusammenfassung Dass das Publikum durch die Ästhetik von KABUKI, die ungewöhnliche Darstellung und ungewöhnliche Inszenierung den Inhalt verstehen und genießen kann, ist wichtig für KABUKI. Bei KABUKI ist Unterhaltung wichtig für das Publikum. Bei anderen japanischen traditionellen Theaterformen ist die Kunstform wichtiger. Das ist der große Unterschied zwischen KABUKI und anderen japanischen traditionellen Theatern. Dieser Unterschied beeinflusst die Entwicklung von KABUKI. 2.4. Die Oper Die Oper ist die europäische Kunst, die aus Musik, Literatur, bildende Kunst und Tanz besteht. 2.4.1. Die Herkunft des Namens Die Oper hatte zuerst einen anderen Namen. Die Entstehung des Namens der Oper geht auf Werke italienischer Komponisten des 17. Jahrhunderts zurück. Bei „Euridice“ von Giulio Caccini wurde Oper „Composta in Musica in stile rappresentativo“ genannt. Das bedeutet „Musik, im repräsentativen Stil komponiert“. Und bei „L’Orfeo“ von Claudio Giovanni Antonio Monteverdi wurde Oper „Favola in Musica“ genannt. Das bedeutet „Fabel, die in Musik umgesetzt wurde“. Bei „Die Krönung der Poppea“ von Claudio Monteverdi wurde Oper „Dramma in Musica“ genannt. Das bedeutet „Drama, das in Musik umgesetzt wurde“. Danach wurde Oper „Opera lirica“ genannt. Das bedeutet 56 „Lyrische Oper“. Opera lirica wurde von Italien nach Frankreich, Deutschland, Großbritannien und so weiter exportiert. Und dort wurde Opera lirica zu „Opera“ abgekürzt. Danach auch in Italien. Auf Deutsch wird Opera „Oper“ genannt. „Opera“ ist das Substantiv vom Verb „operare“. Das bedeutet „Arbeiten“. Deswegen ist „Opera“ ein Werk, das durch Arbeit entstanden ist. 2.4.2. Die Geschichte der Oper 2.4.2.1. Der Vorläufer Das geistliche Schauspiel war ein Drama mit Musikbegleitung, das von der Passion Christi bis zur Auferstehung erzählt. Das ähnelte der Oper. Deswegen kann man sagen, dass der Vorläufer der Oper das geistliche Schauspiel ist. Das geistliche Schauspiel hieß auch wunderbares Schaupiel oder heiliges Schauspiel und verbreitete sich in Europa im 13. uns 14. Jahrhundert. Das entwickelte sich zu „Rappresentatione di Anima, et di Corpo“. Dieses Drama entwickelte sich zu „Oratorium“, das gleichrangig mit Oper ist. 2.4.2.2. Der Ursprung Seit längerem wurde das Schauspiel mit Musik im großen Stil bei feierlichenVeranstaltungen wie Hochzeiten aufgeführt. Die Musiker, die solche Schauspiele schufen, verfolgten ein neue Form des Schauspiels und versuchten die griechische Tragödie wiederzuspiegeln. Niemand weiß, welche Form die griechische Tragödie eigentlich hatte. Aber diese Musiker nahmen an, dass die Liedform während eines ganzen Stücks innerhalb der griechischen Tragödie beibehalten wurde. Am Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Musiktheater, in dem musikalische Begleitung ganzen Texten hinzugefügt wurde, geschaffen. Dieses Musiktheater ist der Ursprung der Oper. Diese Musikbegleitung war einfach. Deshalb konnte man den Text sehr gut verstehen. 57 Im Prinzip wurden nur Noten für Basstöne geschrieben. Man schuf einen Akkord mit diesen Basstönen und begleitete dementsprechend. Dieser Stil, der mit einfacher Begleitung gespielt wurde, wurde im „Rezitativ“ übernommen. 2.4.2.3. Die griechische Tragödie Die griechische Tragödie wurde im antiken Griechenland aufgeführt. Aber weil es über die Aufführungsform der griechischen Tragödie keine Aufzeichnungen gibt, kann man nur auf die Literatur zurückgreifen. Die griechische Tragödie war eine synthetische Kunst, die aus Text, Musik und Tanz bestand. Im Jahre 5 vor Christi Geburt lebten Aischylos, Sophokles und Euripides, die drei großen Dichter der griechischen Tragödie. Obwohl ihre Texte erhalten geblieben sind, ist die Musik nur als Fragment von „Orestes“, einem Stück von Euripides mit Musikbegleitung, erhalten geblieben. In der Zeit der drei großen Dichter der griechischen Tragödie bestand eine Gruppe aus zwölf bis fünfzehn Personen, die den Reigen tanzte und auch im Chor sang. Mit ihrem Eintrittslied beginnt die griechische Tragödie. Danach singen und tanzen sie in der Mitte des kreisförmigen Theaters. Auch ein Abtrittslied singen sie. Das Lied bestand aus relativ einfacher Melodie und war Strophenlied und Unisono. Nur Männer durften mit der Maske in der griechischen Tragödie spielen. Wenn ein Schauspieler eine weibliche Rolle spielte, sprach er nicht mit weiblicher Stimme. Das heißt, dass er die feminine Rolle nicht betonte. Es gab viele Tragödien, in der die Frau die Hauptrolle war. Der Schauspieler betonte den femininen Liebreiz und die feminine Erotik nicht. Die Bühne war einfach. Es gab einen Mechanismus, mit dem man Gott auf die Erde herabsteigen ließ. Aber es gab keine Änderung der Bühne durch die Kulisse. Die griechische Tragödie war ein Theater, das eine ernste Atmosphäre hatte und 58 asketisch war. Sowohl das Gefühl der Verzweiflung am Leben und am Tod als auch die Lebensfreude wurden ruhig und ernst dargestellt. Und die Schauspieler reduzieren alles auf das Wesentliche. Dadurch finden sie den Kern der menschlichen Seele heraus. Und sie zeigen dem Publikum diesen Kern. Das war die Ästhetik der griechischen Tragödie, die die Essenz und den Geist des Menschen zeigt. Die Bühne Abb.51 2.4.2.4. Die älteste Oper Die älteste Oper ist „Euridice“ von Jacopo Peri, die im Jahr 1600 uraufgeführt wurde. Diese Oper wurde bei der Hochzeitsfeier für die Prinzessin von Medici und Heinrich IV., König Frankreichs, im Palast Pitti in Florenz aufgeführt. Die Musik bestand aus Text und Chor. 2.4.2.5. Die älteste Oper, die auch heute aufgeführt wird Claudio Monteverdi, der im Herzogtum Mantua Hofkapellmeister war, nahm an der Hochzeit von Prinzessin von Medici und Heinrichs IV., König Frankreichs, mit seinem Feudalherrn, dem Herzog von Mantua teil. Dort hörte er die „Euridice“ von Jacopo Peri. Er hatte großes Interesse daran. Auch sein Feudalherr, der Herzog von Mantua, erhoffte von Monteverdi, dass er eine Oper komponiert. Er schuf den „Orpheus“, der im Jahr Abb.51 Kubota, Keiichi : はじめての音楽史-古代ギリシアの音楽から日本の現代音楽まで Musikgeschichte für Anfänger – von der Musik des antiken Griechenlands bis zur japanischen zeitgenössischen Musik-, Tokio 2006. 59 1607 uraufgeführt wurde. Orpheus ist die älteste Oper, die auch heute aufgeführt wird. Das Hauptthema der Oper des 17. und 18. Jahrhunderts war der griechische Mythos. Opern wurden im Fasching und zu Ostern aufgeführt. Auch das Thema von Orpheus gehört zum griechischen Mythos. Monteverdi zeigte die Gefühle der auftretenden Personen und malt Situation durch die Tonfarbe des Instruments, durch Akkorde und durch die Übereinstimmung von Wort und Tonbewegung. Monteverdi entwickelte eine Oper, die die Gefühle des Menschen in den Mittelpunkt stellt. In seiner Oper wurden auch Tanzmusik und Chor hinzugefügt. Sie war vielfältig, brillant und dramatisch. 2.4.2.6. Die Oper als Hofmusik Die Oper entwickelte sich als Hofmusik und war eine Aufführung für Hofgesellschaften, die hauptsächlich dazu diente, die Macht der Herrscher zu zeigen. Die Oper verbreitete sich in Italien, Deutschland und Österreich und so weiter und gewann sprunghaft an Popularität. Aber außer in Frankreich wurde die Oper in italienischer Sprache aufgeführt. Zum Beispiel wurden auch die meisten Opern von Wolfgang Amadeus Mozart, österreichischer Komponist, in italienischer Sprache aufgeführt. Es gab also die italienische und die französische Oper. Damals war die gängige Form der Oper die so genannte „Nummernoper“. Jedem Stück wurde eine Nummer hinzugefügt und durch Rezitative verbunden. Diese Nummeroper blieb die gängige Form für circa zwei Jahrhunderte, bis sich Richard Wagner dem widersetzte. 2.4.2.6.1. Die italienische Oper Das Thema der Oper stammt aus Mythos oder Geschichte. In der Opernmusik sind die Schönheiten der Melodie und des Lieds wichtig. Die Technik des Sängers ist wichtiger als der Inhalt des Dramas. So eine Oper heißt „Opera seria“. 60 Und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entwickelte sich in Neapel auch die „Opera buffa“, die komische italienische Oper. Der Inhalt des Dramas war zeitgenössisch für das damalige Publikum. Der „Kastratengesang“ war sehr beliebt. Die Kastratenstimme klingt so wie die Altoder Sopran-Knabenstimme. Kastraten konnten nicht nur mit hoher Sopranstimme, sondern auch mit kraftvoller Stimme singen. Und es war damals nicht selten, dass eine Opernsängerin männliche Rollen spielte. 2.4.2.6.2. Die französische Oper In Frankreich gab es die Tradition des klassischen Theaters. In diesem Theater war die Schönheit des Textes sehr wichtig. Deswegen war in Frankreich die italienische Oper, deren Merkmal die Kastratenstimme und die Singtechnik war, unbeliebt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erfand Jean-Baptiste Lully die französische Hofoper. Er kam aus Italien, arbeitete aber am Hof Ludwigs XIV. als Hofkapellmeister. Die französische Hofoper war rezitierte Oper in französischer Sprache. Diese Oper hatte auch viele Ballettszenen und viele spektakuläre Szenen, die Franzosen lieben. 2.4.2.7. Die Oper als Unterhaltung für das gewöhnliche Volk Die Oper, die sich ursprünglich als Unterhaltung des Hofs entwickelte, verbreitete sich auch beim Volk. Im Jahr 1637 wurde das erste öffentlich zugängliche Opernhaus der Welt in Venedig gebaut. Und das bedeutete, dass alle Menschen in die Oper gehen konnten, wenn sie die Eintrittskarte bezahlen konnten. Der Verlust der Macht des Hofes und der Aristokratie durch die Französische Revolution und daraus folgende gesellschaftliche Veränderungen trugen dazu bei, dass öffentliche Opernhäuser gebaut wurden, die von der reichen Oberschicht und Stadtgemeinden betrieben wurden. Dadurch wurde die 61 Oper von der Unterhaltung des Hofs zur Unterhaltung des gewöhnlichen Volkes. Auch die heutige Wiener Staatsoper war früher das Opernhaus des Hofs. Auch der Inhalt der Oper änderte sich. Obwohl die italienische Oper bis dahin in Europa außer in Frankreich vorherrschend war, entstand schließlich die Oper in der jeweiligen Sprache des Landes, damit auch das gewöhnliche Volk den Text verstehen konnte. Die meisten Opern-Inhalte basierten auf Mythos oder Legende. Aber der Inhalt änderte sich und wurde in ein Melodrama oder in eine zeitgenössische Geschichte, die das Volk verstehen konnte, umgewandelt. Durch diese Veränderung konnte auch das Volk die Oper genießen. Auch Opernhäuser mit Kasinos wurden gebaut. Opernhäuser waren ein Ort der Unterhaltung für das Volk und Treffpunkt der Gesellschaft. Das 19. Jahrhundert war das Goldene Zeitalter der Oper. In dieser Zeit entwickelte sich die Oper, die sich am landesüblichen Musikgeschmack orientierte und die jeweiligen musikalischen Vorlieben in die Oper integrierte. 2.4.2.7.1. Italien In der italienischen Oper übernimmt die Arie die zentrale Rolle. Mit schönen Melodien voller Ausdruckskraft erreichte die Oper die Gefühle des Menschen. Musik und Drama vereinigten sich in der Oper. Im Wendepunkt des 19. zum 20. Jahrhundert war Giacomo Puccini sehr produktiv. Seine Form der Oper war das Melodrama, das das Publikum einfach verstehen konnte. Die Musik wurde akribisch komponiert, trotzdem konnte das Publikum sie gut verstehen. Sie war wie Filmmusik und hatte sehr schöne Melodien, die dem Publikum Tränen in die Augen trieb. Seine Opern sind auch heute sehr beliebt. 2.4.2.7.2. Deutschland und Österreich Auch Deutschland und Österreich wurden zu „Großmächten der Oper“, wie Italien, das 62 Mutterland der Oper. In der Zeit der klassischen Musik (1730-1810) entwickelte sich die Instrumentalmusik der Oper sehr durch Komponisten wie Franz Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven. Das Ausdrucksvermögen des Orchesters in den Opern, die auf Deutsch geschrieben wurden, war fast gleich wie das Ausdrucksvermögen des Orchesters in der Symphonie. Danach änderte Richard Wagner diesen Opernstil. Er begriff die Oper als eine synthetische Kunst. Er leugnete die traditionelle Form der Oper, in der die Sängerin / der Sänger die zentrale Rolle spielt. Zum Beispiel war die Technik des Sängers wichtiger als der Inhalt des Dramas. Wagner vergrößerte auch das Orchester. Er gab der Musik in der Oper die zentrale Rolle. Wagner schaffte auch die Nummernoper ab, die in viele kleine Stücke geteilt wurde. Er komponierte seine Opern mit durchgehenden Akten, gestaltete die Oper von der Unterhaltung zum musikalischen Kunstwerk um und entwickelte so die Oper weiter. 2.4.2.7.3. Frankreich Nach der Revolution in Frankreich war „Große Oper“ in Mode. Der Inhalt der „Großen Oper“ waren Großereignisse, die wirklich stattgefunden hatten. In diese Oper wurden das Rezitativ, das Franzosen so mögen, Eigenheiten der italienischen Oper, in der die Arie eine wichtige Rolle spielt sowie Ballett- und andere Tänze eingeführt. Bei der aufstrebenden Bourgeoisie war diese Oper besonders beliebt. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war „Operette“ von Jacques Offenbach in Mode. In der Operette kritisierte er mit seinem satirischen Geist humorvoll die Musik und die Welt. Die Operette verbreitete sich in Wien. Dort entstand die so genannte „Wiener Operette“. Die Operette verbreitete sich auch in Amerika weiter und entwickelte sich zum „Musical“. 63 2.4.2.7.4. Russland, Tschechien und Großbritannien Auch in Russland, Tschechien und Großbritannien wurden die Opern in der jeweiligen Landessprache aufgeführt. Nicht nur ausländische populäre Opern, sondern auch im eigenen Land komponierte Opern wurden aufgeführt. 2.4.2.8. Die zeitgenössische Oper Im 20. Jahrhundert endete das Goldene Zeitalter der Oper, weil der Film entstand. Der Film war eine gute Unterhaltung für die Massen. Und weil der Film wiederverwendbar war, kostete er nicht viel. Und auch das war ein Grund, warum die Oper von der Unterhaltung zum musikalischen Kunstwerk geändert wurde. Zum Beispiel komponierte Alban Berg eine Oper, für die er die damalige avantgardistische Zwölftontechnik benutzte. Die Masse konnte diese Oper, die ein musikalisches Kunstwerk ist, nicht verstehen und nicht mögen. Der damalige Direktor vom Opernhaus in Rom und andere Personen versuchten, die Oper als Unterhaltung für die Masse wiederherzustellen. Dies ist ihnen gelungen. Jetzt werden Opern in vielen Ländern komponiert. Auch in Japan werden Opern komponiert. Die japanische Oper, die oft aufgeführt wird, ist „YÛZURU“ von Ikuma Dan. 2.4.3. Die Künstler in der Oper Die Oper ist ein großes Projekt. Für ein Opernprojekt werden über zweihundert Leute – Dirigent, Regisseur, Sänger/in, Orchester, Chor und andere Mitarbeiter – beschäftigt. 2.4.3.1. Der Dirigent Der Dirigent spielt eine wichtige Rolle in der Oper. Er vereinigt den Musikteil der Oper. Der Dirigent studiert intensiv Noten und Libretto und findet so zu seiner eigenen 64 Interpretation. Schließlich denkt er darüber nach, wie er diese Interpretation in der Musik ausdrücken soll. Während der Aufführung der Oper dirigiert er Sänger/in, Chor und Orchester und zeigt so dem Publikum seine Interpretation des Werks. 2.4.3.2. Der Regisseur Auch der Regisseur studiert intensiv Noten und Libretto und findet so zu seiner eigenen Interpretation der Absicht des Komponisten. Dann erarbeitet er die Inszenierung und gestaltet das Gesamtwerk. Wenn Regisseur und Dirigent sehr gut zusammenarbeiten, gelingt die Oper auf wunderbare Weise. In Deutschland hat Schauspiel einen Einfluss auf Oper. Und die Inszenierung für die Oper ist genauso wichtig wie für das Schauspiel. Bei modernen Inszenierungen legen Regisseure trotzdem Wert darauf, die Gedankenwelt des Komponisten zum Ausdruck zu bringen. 2.4.3.3. Die Sängerin und der Sänger Der Stimmumfang der Sängerin besteht aus Sopran, Mezzosopran und Alt. Der Stimmumfang des Sängers besteht aus Tenor, Bariton und Bass. Außerdem gibt es noch den Countertenor, die männliche Sopranstimme. 2.4.3.4. Das Orchester In der Oper spielt das Orchester im sogenannten „Orchestergraben“. Der Orchestergraben befindet sich vor der Bühne. Das Orchester spielt die Begleitung zum Gesang. Bei der Ouvertüre und dem Intermezzo spielt nur das Orchester. 65 2.4.4. Die Struktur der Opernmusik Oper besteht aus verschiedenen Musikarten, die im Folgenden beschrieben werden. Eine Oper wird in einigen Akte unterteilt. 2.4.4.1. Die Arie und das Rezitativ Die Solisten singen „Arie“ und „Rezitativ“. Die Arie ist ein Stück für Gesangsolo mit einer kunstvollen Melodie. Die Arie ist ein Stück, in dem die Solisten ihre Lieblingstechnik zeigen können. Das Rezitativ ist ein Lied, in dem der Schwerpunkt auf dem „Sprechgesang“ liegt. Im Rezitativ deklamiert der/die Sänger/in mit freiem Rhythmus. 2.4.4.2. Vokalensemble Die Solosänger und Solosängerinnen singen zusammen im „Ensemble“ (im Duett, Terzett, Quartett). Durch den Zusammenklang der Stimmen entsteht eine schöne Harmonie. 2.4.4.3. Der Chor In der Oper gibt es verschiedene Arten von Chor wie Männerchor, Damenchor, Kinderchor und gemischten Chor. Der Chor spielt auch die Rolle der Massen. 2.4.4.4. Die Ouvertüre Das Orchester spielt die „Ouvertüre“ zur Eröffnung der Oper. 2.4.4.5. Das Intermezzo Zwischen einem Akt und einem weiteren Akt spielt das Orchester das „Intermezzo“. 66 2.4.5. Das Opernhaus Viele europäische traditionelle Opernhäuser sind mehrstöckig und haben die Form eines Hufeisens. Im Sommer wird die Oper auch im Freilichttheater aufgeführt. Abb.52 Das „Teatro alla Scala“ in Mailand 2.4.6. Die Kulisse Die Kulisse der Oper wurde nach und nach größer. Dadurch wurde auch die Bühne großzügiger gestaltet. Die magische Kulisse der „Venedig-Oper“ ist berühmt und beliebt. Die Bühnentechnik kann zum Beispiel „Gott aus den Wolken erscheinen lassen“ oder „Ruinen in ein Paradies verwandeln“. Mit Hilfe der Bühnentechnik wurden die Kulissen schöner und interessanter. Dadurch entwickelte sich die Oper als Unterhaltungsform weiter. Und das Publikum konnte und kann die Oper noch mehr genießen. 2.4.7. Die Anfeuerungsrufe Nach der Aufführung einer Szene des Höhepunkts wie zum Beispiel nach einer Arie ruft das Publikum „ Bravo“, den Spitznamen oder Vornamen des Künstlers. Danach beginnt das Publikum zu applaudieren. Damit kann das Publikum die Begeisterung für die wunderbare Aufführung zeigen. Aber wenn der Sänger oder die Sängerin nicht gut singt, pfeift das Publikum. Abb.52 Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Oper 67 (13. März 2015). 2.4.8. Die Kleidung des Publikums Bei den weltweit berühmten Musikfesten wie den Salzburger Festspielen, Bayreuther Festspielen und dem Glyndebourne Opernfestival und bei Aufführungen zu Beginn einer Aufführungssaison eines Opernhauses, trägt der Mann Abendanzug mit einer Fliege. Die Frau trägt ein Abendkleid. Aber außerdem ist es heute üblich, dass das Opernpublikum gepflegte Alltagskleidung trägt. 2.4.9. Zusammenfassung Wegen des Machtverlustes des Hofes und der Aristokratie änderte sich die Oper von einer Unterhaltung des Hofs zu einer Unterhaltung für das reiche Bürgertum. Die Oper entwickelte sich zu einer kommerziellen Unterhaltung. Deswegen änderte sich auch der Inhalt der Oper, damit das gewöhnliche Volk das Geschehen auch verstehen und genießen konnte. Danach entwickelte sich die Oper in Richtung der Kunstmusik. Aber weil das gewöhnliche Volk diese moderne Oper nicht verstehen konnte, war sie unbeliebt. Durch die Geschichte der Oper kann man verstehen, dass ein verständlicher Inhalt für das Publikum wichtig ist, damit es die Oper auch genießen kann. 2.5. Der Vergleich Oper und KABUKI bedeutet Vergnügen und Unterhaltung für das Publikum.. Ursprünglich waren das vulgäre Unterhaltungsformen, wobei das Publikum während der Aufführung aß und trank. Diese Unterhaltungsformen wurden tief erforscht. Heute zeigen sie eine Apotheose der Schönheit. Oper und Kabuki sind superlativischer Luxus für Augen und Ohren.4 4 Nagatake, Yoshiyuki : オペラと歌舞伎 Oper und KABUKI, Tokio 1993. S.8 道楽芸能であり、遊びであり、完全に娯楽番組なのだ。オペラも歌舞伎も、ものを飲み食いしな がら役者見物をするという大衆の非常に俗っぽい道楽が磨かれて美の極致に至っているのであ り、それは目と耳の最高の贅沢なのである。 68 Die Griechische Tragödie und NÔ konzentrieren sich auf die Charakterdarstellung des Menschen. Und sie zeigen „Leben und Tod“ und „Liebe und Fehde“. Dadurch zeigen sie die Schönheit und die Hässlichkeit des Menschen in Grenzsituationen. Durch die Griechische Tragödie und NÔ kann das Publikum eine Katharsis erleben. Die Griechische Tragödie und NÔ sind eine sehr ernste Kunst. 5 Im Buch „Oper und KABUKI“ wird wie oben zitiert über Oper, KABUKI, griechische Tragödie und NÔ geschrieben. Oper und KABUKI sind ähnlich. Auch die griechische Tragödie und NÔ sind ähnlich. Mit den gemeinsamen Punkten will ich sie nun vergleichen. 2.5.1. Oper und KABUKI 2.5.1.1. Die synthetische Kunst Die Oper und KABUKI sind synthetische Künste. Und beide bestehen aus ähnlichen Elementen. 2.5.1.2. Die Unterhaltung und das Kunstwerk Oper und KABUKI entwickelte sich als eine Unterhaltung, die jedes Publikum genießen kann. Das ist ein charakteristisches Merkmal. Nachdem die Oper und KABUKI die Unterhaltungsform für das Bürgertum wurde, änderte sich auch der Inhalt. Bei der Änderung des Inhalts wurde der Schwerpunkt darauf gelegt, dass das Publikum alles verstehen und genießen kann. In der Oper wurde die Muttersprache des Publikums benutzt. Die Oper war ein Melodrama, das berühmte Ereignisse aus der Geschichte benutzte. Auch in Kabuki dachte man sich etwas Neues 5 Nagatake, Yoshiyuki : オペラと歌舞伎 Oper und KABUKI, Tokio 1993. S.7-S.8 ギリシャ悲劇も能も人間の性(さが)の本質を見極め、生と死、愛と葛藤を究極的に見つめて、 その人間のもつ性の美しさ、醜さを極限状態で見ることによりカタルシスを得るという非常に 真面目な芸術であり 69 aus, damit sich das Publikum mehr für KABUKI interessierte. Zum Beispiel entstanden verschiedene Inszenierungsarten. Opernhaus und KABUKI-Theater sind ursprünglich „Vergnügungsstätten“. Zum Beispiel gab es im 17. und 18. Jahrhundert im Opernhaus auch Plätze mit Vorhang. Wenn man den Vorhang zumachte, wurde daraus ein Zimmer. In diesem Zimmer genoss das Publikum während der Opernaufführung das Kartenspiel sowie Essen und Trinken. Außerdem verabredete man sich zu „Rendezvous“. Wenn die Sänger ihre Arien sangen, öffnete man den Vorhang. Nach den Arien zog man den Vorhang wieder zu. Das KABUKI wurde auch mit Essen und Trinken genossen. Die Oper und KABUKI veränderten sich zu einem Kunstwerk. Aber weil das Publikum die neue Kunstform nicht verstehen und nicht genießen konnte, war diese Art von Oper und KABUKI unbeliebt. Aus diesem Grund wurden die Oper und KABUKI als Unterhaltung wiederhergestellt. Dadurch waren die Oper und KABUKI wieder beliebt. 2.5.1.3. Das Teilen der Begeisterung zwischen Spieler und Publikum In der Oper und im KABUKI werden Anfeuerungsrufe gerufen und das Publikum applaudiert bei einer guten Aufführung. Bei nicht so guten Aufführungen pfeift das Publikum. Anfeuerungsrufe und Applaus steigern die Stimmung. In der Oper und im KABUKI können die Spieler durch die Anfeuerungsrufe und den Applaus die Begeisterung mit dem Publikum teilen. Anfeuerungsrufe und Applaus spielen sowohl in der Oper als auch im KABUKI eine wichtige Rolle. 2.5.1.4. Die Kulisse und die Bühnentechnik Auch die Kulisse und die Bühnentechnik spielen eine wichtige Rolle in der Oper und im KABUKI. Durch sie wurden die Oper und KABUKI schöner und interessanter. 70 2.5.2. Der Vergleich der griechischen Tragödie mit NÔ und KYÔGEN 2.5.2.1. Die asynthetische Kunst Die griechische Tragödie, NÔ und KYÔGEN sind die synthetischen Künste. Sie bestehen aus ähnlichen Elementen. Die griechische Tragödie und NÔ sind Maskenspiele. KYÔGEN hat auch Rollen, die Masken benutzen. 2.5.2.2. Die Ästhetik Die griechische Tragödie, NÔ und KYÔGEN sind sehr asketische Schauspiele. Hier wurden das Gefühl der Verzweiflung am Leben und am Tod als auch die Lebensfreude ruhig und ernst dargestellt. In diesen Theaterarten wird alles auf das Wesentliche reduziert. Dadurch findet man den Kern der menschlichen Seele heraus. Das ist die Ästhetik der griechischen Tragödie, von NÔ und KYÔGEN. 2.5.2.3. Schauspieler In der griechischen Tragödie, NÔ und KYÔGEN durften nur Männer auftreten. Wenn ein Schauspieler in der griechischen Tragödie eine weibliche Rolle spielte, sprach oder sang dieser Schauspieler nicht mit weiblicher Stimme. Das heißt, dass femininer Liebreiz und Erotik in der griechischen Tragödie nicht gezeigt wurden. Von NÔ wird gesagt, dass es die Kunst von „Shuraguruma“ und „Faszination“ ist. Aber diese „Faszination“ bedeutet nicht Erotik. 2.5.2.4. Die Kulisse und die Bühnentechnik Die griechische Tragödie, NÔ und KYÔGEN haben eine bestimmte Bühne. Die Bühne ist symbolisch und simpel. Durch die Geschichte erkennt das Publikum den Kern der Geschichte. Die Ästhetik von griechischer Tragödie, NÔ und KYÔGEN liegt in der Schlichtheit der Bühne. 71 2.6. Zusammenfassung In Europa und Japan gibt es zwei verschiedene Arten des Schauspiels. Ein Schauspiel hat ein starkes Element der Unterhaltung. Und das andere hat ein Element der „ernsten Kunst“. Sowohl das europäische als auch das japanische Publikum bevorzugt das Schauspiel, das ein starkes Element der Unterhaltung hat. Für das Publikum ist es wichtig, den Inhalt zu verstehen, damit es die Unterhaltung auch genießen kann. 3. Die Entwicklung der europäischen Musik und der japanischen Musik nach der Einführung der europäischen Musik Die europäische Musik wurde in Japan eingeführt, nachdem Japan im Jahr 1854 die außenpolitischen und diplomatischen Beziehungen mit anderen Ländern wieder aufnahm. In Japan verbreitete sich europäische Musik. Danach wurde die europäische Musik mit der japanischen traditionellen Musik vermischt. Ich will die Inhalte der europäischen und japanischen Musik und der vermischten europäisch-japanischen Musik beschreiben. Außerdem will ich den Verlauf der Geschichte der europäischen und japanischen Musik nach der Einführung der europäischen Musik in Japan beschreiben. 3.1. Die Geschichte der japanischen Musik Die japanische traditionelle Musik basiert auf ausländischer Musik. Wie sich die japanische Musik entwickelt hat und wie es zur Einführung europäischer Musik in Japan kam, werde ich nun aufzeigen. 3.1.1. Die Zeit der Ur-Musik Die Musik bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts heißt „Ur-Musik“. Kern der japanischen 72 Ur-Musik war das Lied, das menschliche Gefühle ausdrückte. Es gab Instrumene wie Querflöten aus Bambus, KOTO mit wenigen Saiten, die Trommel und die Schelle. Diese Instrumente wurden bei der Begleitung des Lieds und des Tanzes benutzt. Aber es gab keine Instrumentalmusik. Die Musik wurde nur mündlich überliefert. Deswegen gibt es heute keine Aufzeichnungen dieser Musik. In dieser Zeit wurden auch verschiedene Arten von Musik und Instrumenten von Korea eingeführt. Aber die Japaner spielten diese Instrumente nicht. 3.1.2. Die Zeit der Einführung der ausländischen Musik Die Zeit der Einführung der ausländischen Musik dauerte von der Mitte des 6. Jahrhunderts bis zum Ende des 12. Jahrhunderts. In der ersten Hälfte der Zeit der Einführung der ausländischen Musik wurde viel ausländische Musik eingeführt. Die Instrumentalmusik und die Tanzmusik sind vom asiatischen Kontinent nach Japan gekommen. Die Musik wurde bei Festen oder Hofund Tempelzeremonien gespielt. Diese Musik heißt „GAGAKU“. Im Jahr 701 wurde ein Institut für GAGAKU gegründet, um GAGAKU als Hofmusik zu erhalten. Dieses Institut heißt „GAGAKURYÔ“. Die zweite Hälfte dieser Zeit war die Zeit der Verschmelzung der japanischen traditionellen Musik mit der ausländischen Musik. In der HEIAN-Ära (794-ca.1192) wurden die außenpolitischen und diplomatischen Beziehungen zwischen Japan und dem Ausland abgebrochen. In dieser Zeit wurde die japanische Musik mit der ausländischen Musik, die in der ersten Hälfte dieser Zeit eingeführt wurde, verschmolzen. Und die japanische traditionelle Musik stand unter dem Einfluss der ausländischen Musik und entwickelte sich weiter. In dieser Zeit wurde die Musik für die Ausbildung der Adligen für sehr wichtig gehalten. Die Musik als Ausbildung war unentbehrlich für die Karriere der Adlingen. 73 Das Erlernen der Musik war schwierig, weil der Musikmeister die Methode der Musik geheim hielt. 3.1.3. Die Zeit der modernen „Nationalmusik“ Die Zeit der modernen „Nationalmusik“ fing am Ende des 12. Jahrhunderts an. In dieser Zeit wurden die außenpolitischen und diplomatischen Beziehungen zwischen Japan und dem Ausland abgebrochen. Deswegen stand die japanische Musik unter keinem Einfluss von ausländischer Musik. Die japanische Musik entwickelte daher eigene charakteristische Merkmale. Es gab ein Klassensystem in dieser Zeit. Die Musikwelt stand unter dem Einfluss dieses Klassensystems. Auch in der Musikwelt gab es ein starkes Klassenbewusstsein. Und die Kunstüberlieferung wurde streng geheim gehalten. Die Musikwelt war streng. In der AZUCHIMOMOYAMA-Ära (1568-1603) wurde das Christentum nach Japan importiert. Mit dem Christentum kam auch die Musik des Christentums. Das war die erste Einführung der europäischen Musik in Japan. Aber das Christentum wurde unterdrückt. Deswegen wurde auch die Musik des Christentums in Japan verboten. Und somit verschwand die europäische Musik in Japan. Während der Abschottung Japans von der Außenwelt blieben aber europäische Elemente zurück. Zum Beispiel das Lied „ORASYO“, das verborgene Christen heimlich sang, oder die Operette, die Niederländer im Jahr 1820 auf der Insel „DEJIMA“ in NAGASAKI aufführten. Und es blieben die zwei Klaviere, die Philipp Franz Balthasar von Siebold im Jahr 1826 nach EDO (TOKIO) gebracht hatte. Yôan Udagawa, der ein Gelehrter der Hollandstudien war, erforschte die westlichen „Musikwörter“. Aber wegen der Abschottung Japans stand die japanische Musikkultur unter keinem großen Einfluss von europäischer Musik. 74 3.1.4. Die Zeit der zweiten Einführung der ausländischen Musik Die Zeit der zweiten Einführung der ausländischen Musik fing im Jahr 1867 an. Nach der Ankunft der vier amerikanischen Kriegsschiffe im Jahre 1853, unter dem Kommando von Seeoffizier M.C.Perry, führte die amerikanische Militärkapelle eigentlich schon die europäische Musik in Japan ein. Nachdem Japan 1854 die außenpolitischen und diplomatischen Beziehungen mit anderen Ländern wieder aufnahm, wurde auch die europäische Musik wieder nach Japan eingeführt. Zuerst verbreitete sich die europäische Musik in Japan durch die Kriegslieder der Militärkapelle. 1867 gab es eine Reform der Regierung der MEIJI-Ära (1868-1912) in Japan. Die japanische traditionelle Musik stand unter dem Einfluss dieser Reform. Zum Beispiel weil NÔ von den Machthabern wie BUKE der EDO-Ära (1603-1868) unterstützt wurde, war diese Reform für NÔ ein harter Rückschlag. Aber im Jahr 1868 besuchte Tomomi Iwakura, ein japanischer Aristokrat und Politiker, der eine Schlüsselfigur der Reform der Regierung der MEIJI-Ära (1868-1912) war, Europa und Amerika. Dort sah er die Oper und dachte, dass NÔ die japanische Oper ist. NÔ konnte die Unterstützung der neuen Regierung bekommen. Ein Institut für NÔ wurde 1881 gegründet. In der EDO-Ära (1603-1868) durften nur Samurai NÔ sehen. Aber nach der Gründung des Instituts durfte auch das gewöhnliche Volk NÔ sehen. In Japan gibt es noch andere traditionelle Musik. Das ist GAGAKU, das als Hofmusik verblieb. In der Zeit der zweiten Einführung der ausländischen Musik wurden Spieler von GAGAKU die Musiker der neuen Regierung. Und es wurde verboten, dass „Musik-Meister“ die Methode der Musik und die Stücke geheim hielten. Das japanische traditionelle Instrument SYAKUHACHI durfte nur der Mönch von MUKESYÛ spielen. Aber nach der Abschaffung von MUKESYÛ durfte auch das gewöhnliche Volk SYAKUHACHI spielen. 75 Die Überlieferungsart, das System und das Repertoire der japanischen traditionellen Musik änderten sich und passten sich der modernen Art an. Dadurch entwickelte sich die Musik weiter. 3.2. Die europäische Musik in Japan Die europäische Musik wurde in Japan eingeführt. Dadurch änderte sich die japanische Musikkultur. Die europäische Musik, die eine ausländische Kunstform ist, verbreitete sich in Japan. Auch diese Musik spielte eine zentrale Rolle in der japanischen musikalischen Kultur mit der verschiedenen traditionellen Musik, die bis die EDO-Ära entstand.6 Und die europäische Musik übte Einfluss auch auf den grundlegenden Tonsinn und die grundlegende Denkart des Japaners für Musik aus.7 Ich will nun aufzeigen, wie sich die europäische Musik in Japan verbreitete. 3.2.1. Die Verbreitung der europäischen Musik in Japan 3.2.1.1. Die Militärmusik Das amerikanische Militär mit seiner Militärkapelle brachte die europäische Musik wieder nach Japan. Und diese Musik entwickelte sich in Japan. Im Jahr 1871 wurde die japanische Militärkapelle gegründet. Sie hatte ihr eigenes „Musiklernsystem“. Danach wurde die Musik gelehrt. 6 Kubota, Keiichi : はじめての音楽史-古代ギリシアの音楽から日本の現代音楽まで Musikgeschichte für Anfänger – von der Musik des antiken Griechenlands bis zur japanischen zeitgenössischen Musik-, Tokio 2006, S.165 異文化である西洋音楽が定着して、江戸時代までに成立していた様々な伝統音楽と並んで日本 の音楽文化のひとつの柱となった。 7 Kubota, Keiichi : はじめての音楽史-古代ギリシアの音楽から日本の現代音楽まで Musikgeschichte für Anfänger – von der Musik des antiken Griechenlands bis zur japanischen zeitgenössischen Musik-, Tokio 2006, S.165 私たちの基層的な音感覚や、音楽に対する考え方にも影響を与えるものとなったのである。 76 Die europäische Musik wurde nun bei Veranstaltungen für die europäische Diplomatie sowie bei Veranstaltungen des Hofs und bei Feiern der Regierung eingeführt. Weil es damals noch keine Gruppe gab, die europäische Musik spielen konnte, spielte die Militärkapelle. Die europäische Orchestermusik wurde mit Blasinstrumenten gespielt. Die Militärkapelle hatte ein großes Repertoire mit Märschen, Walzern, Ouvertüren und anderer Opernmusik. Vor und nach dem Japanisch-Chinesischen Krieg (1894-1895) war das Kriegslied im Mode. Es wurde auch in der Schule gesungen. Dadurch verbreiteten sich im japanischen Volk europäische Melodien und Rhythmen, die den Japanern bisher fremd waren. 3.2.1.2. Die Institution „SHIKIBURYÔ” SHIKIBURYÔ ist eine Institution der „Imperial Household Agency“. Diese Institution „SHIKIBURYÔ“ arbeitet für Feiern, offizielle Veranstaltungen für den Bekanntenkreis der japanischen kaiserlichen Familie und GAGAKU. Die europäische Musik wurde bei Veranstaltungen des Hofs nicht nur von der Militärkapelle, sondern auch von GAGAKU-Spielern, die zu SHIKIBURYÔ gehörten, gespielt. Deswegen mussten die GAGAKU-Spieler nicht nur GAGAKU, sondern auch die europäische Musik lernen. Im Jahr 1876 wurde die europäische Musik von GAGAKU-Spielern uraufgeführt. Und im Jahr 1879 begannen die GAGAKU-Spieler das Saiteninstrument zu lernen und Orchestermusik zu spielen. 3.2.1.3. Das Christentum Die europäische Musik entwickelte sich auch durch das Christentum. Von 1863 bis 1875 war die britische und französische Armee in YOKOHAMA, Japan. Dadurch kam auch das Christentum, das in Japan zuvor verboten war. Und auch das Kirchenlied wurde gesungen. Damit verbreitete sich die europäische Musik in Japan. 77 Nach der Aufhebung des Verbots für das Christentum im Jahr 1873 wurden die Kirchenliedtexte ins Japanische übersetzt. Durch das Kirchenlied wurden zum ersten Mal europäische Musik und japanischer Text kombiniert. Die Kirche war ein wichtiger Ort, wo Japaner die europäische Musik hören, singen und genießen konnten. 3.2.1.4. Die Musikpädagogik Shûji Isawa, ein japanischer Pädagoge, wurde im Auftrag des Unterrichtsministeriums nach Amerika geschickt, um Information in Bezug auf Musikpädagogik zu sammeln. Das Unterrichtsministerium beabsichtigte, eine Schule auf der Basis europäischer Musikpädagogik zu gründen. Er sammelte die Informationen bei Luther Whiting Mason, einem Musikwissenschafter und Musikpädagogen. Und er lernte auch verschiedene Schullieder kennen. Danach gründete das japanische Unterrichtsministerium eine Institution, die ONGAKUTORISHIRABEGAKARI heißt. Shuji Isawa wurde im Jahre 1879 der erste Leiter dieser Institution. Dieses Institut erforschte Musik für die Musikpädagogik und bildete Musikleher/in oder Musiker aus. Von 1880 bis 1882 war Mason in Japan. Mason schuf die Grundlage für die Musikpädagogik in Japan. Im Jahr 1887 änderte ONGAKUTORISHIRABEGAKARI den Namen. Dieses Institut heißt nun „Musikschule TOKYO“. Auch nach Masons Heimkehr unterrichteten ausländische Lehrer/innen an dieser Schule weiterhin gute Musikpädagogik. Im Jahr 1889 studierte der erste Absolvent dieser Musikschule zum ersten Mal im Ausland, wie zum Beispiel in Boston und Wien. Und viele Institutionen wurden gegründet, wo man Lied und Orgel in kurzer Zeit lernen konnte, weil die Anzahl der Musiklehrer, die an der Musikschule ausgebildet wurden, nicht groß genug war. Viele Pflichtschullehrer besuchten diese Institutionen, um auch 78 als Musiklehrer ausgebildet zu werden. Die ersten Lieder, die im Unterricht benutzt wurden, hatten eine Melodie und japanischen Text. Später komponierten auch japanische Komponisten. Die japanischen Komponisten komponierten nicht nur mit der europäischen Tonleiter, sondern auch mit der neuen japanischen Tonleiter, die nach der Einführung der europäischen Musik in Japan entstand. Die Japaner sangen und hörten diese Lieder seit ihrer Kindheit. Diese Lieder vermitteln eine „japanische Atmosphäre“. Aber die Japaner fühlten diese „japanische Atmosphäre“ nicht nur bei Liedern mit japanischer Tonleiter, sondern auch bei Liedern mit europäischer Tonleiter. 3.2.1.5. Das öffentliche Konzert Nach dem Jahr 1877 gaben Militärkapelle, SHIKIBURYÔ und die Musikschule öffentliche Konzerte. Danach gründeten sie zusammen Institute. Dadurch fanden die Konzerte regelmäßig statt. Auch damit verbreitete sich die europäische Musik mehr in Japan. 3.2.2. Die weitere Geschichte der europäischen Musik in Japan Als sich die europäische Musik durch die Konzerte von Militärkapelle, SHIKIBURYÔ, Christentum und Musikschule in Japan verbreitete, erforschten die Japaner europäische Musik weiter und begannen diese Musik zu komponieren. 3.2.2.1. Die Musikpädagogik Im Jahr 1899 änderte sich das Musikpädagogiksystem der „Musikschule TOKYO“. Dieses System legte den Schwerpunkt auf die Ausbildung des Musikers. Die Musikschule hatte auch Fächer der Forschung. Es gab die Fächer Gesang, Instrument und Komposition. Viele ausländische Lehrer lehrten dort. Dadurch stieg das 79 Niveau weiter. Weil die „Musikschule TOKYO“ die einzige Musikschule in Japan war, wurde noch eine Musikschule im Jahr 1904 gegründet. Diese Musikschule heißt „Musikschule JYOSHI TOKYO“. Danach wurden mehrere private Musikschulen gegründet. Die Anzahl der Studenten, die im Ausland studierten, vergrößerte sich. Auch die Anzahl der ausländischen Musiker in Japan vergrößerte sich. Deshalb konnten japanische Musiker europäische, zeitgenössische Musik nun öfter im eigenen Land hören und lernen. 3.2.2.2. Das Orchester In Japan hatten Musikschule, Militärkapelle und SHIKIBUSYOKU ein eigenes System der Musikpädagogik. Mit diesem eigenen System der Musikpädagogik wurde der Student ausgebildet. Zuerst gab es in Japan nur die Blaskapelle. Danach gab es immer mehr Orchester. Die Militärkapelle spielte zum ersten Mal als Orchester im Jahr 1908. SHIKIBUSYOKU bekam im Jahr 1901 Orchesterunterricht von einem ausländischen Dirigenten. Im Jahr 1914 wurde das System der Musikpädagogik von GAGAKU und europäischer Musik eingeführt. Im Jahr 1926 wurde ein Orchester gegründet. In den vierziger Jahren vergrößerte sich die Anzahl der Orchester. 3.2.2.3. Das Musiktheater Auch das Musiktheater – wie eine Oper – wurde in Japan aufgeführt. Ab 1897 begann man große Musiktheater aufzuführen Im Jahr 1903 wurde die Oper zum ersten Mal in Japan in der „Musikschule TOKYO“ aufgeführt. Die Oper war „Orpheus und Eurydike“ von Christoph Willibald Gluck. In der TAISYÔ-Ära (1912-1926) war die ASAKUSA-Oper in Mode. In dieser 80 „ASAKUSA-Oper“ wurde das Element der Unterhaltung betont. Die Oper verbreitete sich in Japan. Und auch japanische Komponisten begannen Opern zu komponieren. Im Jahr 1940 komponierte Kôsaku Yamada die Oper „YOAKE“. YOAKE bedeutet Morgendämmerung. 3.2.2.4. Die Komposition Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts begannen japanische Komponisten europäische Musik, die die deutsche klassische Musik und romantische Musik stilisiert, zu komponieren. Ein Beispiel eines japanischen Musikstücks, das den europäischen Musikstil benutzte, ist das Lied „KÔJÔ NO TSUKI“ von Rentarô Taki. „KÔJÔ NO TSUKI“ bedeutet „der Mond über der Burgruine“. Und noch ein anderes Beispiel ist ein Klavierstück, ein Menuett vom selben Komponisten. Dieses Menuett war das erste Klavierstück, das von einem Japaner komponiert wurde. In den Jahren zwischen 1910 und 1920 begannen japanische Komponisten große Stücke zu komponieren. Im Jahr 1912 komponierte Kôsaku Yamada „KACHIDOKI TO HEIWA“. Das bedeutet Triumph und Frieden. Es war die erste Sinfonie eines japanischen Komponisten. Kôsaku Yamada studierte nach dem Studium in Japan an der Hochschule der Künste Berlin. Die Sinfonie war sein Abschlusswerk an der Hochschule der Künste Berlin. 3.2.3. Die Verwendung japanischer traditioneller Musikelemente in der europäischen Musik In den Dreißiger Jahren entwickelte sich die japanische Komponistenwelt durch die Gründung des japanischen Musikinstituts und den Beitritt zur Internationalen Gesellschaft für Neue Musik weiter. 81 Zuerst komponierten japanische Komponisten mit europäischer Kompositionstechnik. Danach begannen japanische Komponisten mit japanischen Elementen wie die japanische Tonleiter und die japanische Melodie zu komponieren. Im Jahr 1937 gewann die Komponistin Michiko Toyama den Preis beim Musikfest der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik. Ihr Stück heißt „YAMATO NO KOE“ und besteht aus Gesang und Instrumentalmusik. Das war das erste Mal, dass ein japanischer Komponist einen internationalen Preis gewann. Das zeigt, dass die Musikqualität der japanischen Komponisten stieg. In Japan wurden europäische klassische Musik, romantische Musik und moderne Musik gespielt. Nach dem Jahr 1945 wurde auch „Avantgarde Musik“ in Japan komponiert. Die „Avantgarde Musik“ wurde mit „Zwölftonmusik“, „elektronischer Musik“, „Konkreter Musik“, „Clustern“ und so weiter komponiert. Danach komponierten einige japanische Komponisten der „Avantgarde Musik“ Stücke, in denen japanische Instrumente verwendet oder Elemente der japanischen traditionellen Musik hinzugefügt wurden. Weil die „Avantgarde Musik“ so ähnlich klang wie die japanische traditionelle Musik, fand die japanische traditionelle Musik einen einfachen Zugang zur „Avantgarde Musik“. Durch die Einführung der japanischen traditionellen Musikelemente konnte sich die Sinnlichkeit japanischer Komponisten in ihren Stücken wiederspiegeln. Auch solche Stücke konnten internationale Preise bei den Musikfestivals gewinnen. Das heißt, dass die internationale Musikwelt die Musik mit japanischen traditionellen Elementen positiv bewertete. „November Steps“, das Tôru Takemitsu im Jahr 1967 komponierte, wurde international gut bewertet. Für dieses Stück wurden die japanischen traditionellen Instrumente „BIWA“ und „SYAKUHACHI“ benutzt. Durch BIWA und SYAKUHACHI wurde die japanische Klangfarbe fokussiert. 82 Im Jahr 1976 wurde „Mono-Prism“, ein Musikstück für japanische Trommeln und Orchester von Maki Ischi, mit der Gruppe „ONDEKOZA“ und dem Boston Symphonieorchester beim Tanglewood Musikfest in Amerika uraufgeführt. Das Publikum interessierte sich sehr für die Art des Schlagens und die Art des Ensembles von ONDEKOZA. Danach war die japanische Trommel „TAIKO“ auf der ganzen Welt in Mode. Und auch in Japan entstanden über hundert Trommelgruppen. In den neunziger Jahren entstanden auch in Europa japanische Trommelgruppen. 3.3. Die japanische traditionelle Musik nach der Einführung der euopäischen Musik 3.3.1. Die Überlieferung der japanischen traditionellen Musik Auch während der Verbreitung der europäischen Musik blieb die japanische traditionelle Musik in Japan erhalten. „ONGAKUTORISHIRABEGAKARI“ gestaltete nicht nur das Unterrichtsmaterial für die Musikpädagogik, das auf europäischer Musik gründete, sondern setzte sich auch für die Erforschung, den Aufstieg und die Verbreitung der japanischen traditionellen Musik ein. Auch nachdem „ONGAKUTORISHIRABEGAKARI“ in die „Musikschule TOKYO“ umgeändert wurde, blieb „ONGAKUTORISHIRABEGAKARI“ als ein Institut für die Erforschung der Musik bestehen. Dieses Institut beschäftigte sich mit der europäischen und der japanischen traditionellen Musik. Zum Beispiel wurden die Noten der japanischen traditionellen Musik aufgezeichnet. Der Zweite Weltkrieg (1939-1945) übte einen Einfluss auf die japanische traditionelle Musik aus. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden die Theater- und Musikaufführungen zunehmend kontrolliert, weil die Japaner dachten, dass die Unterhaltung den Kampfeswillen schwächt. Zum Beispiel weil der Text von JYÔRURI obszön war, 83 wurde er umgeschrieben. Auch in KABUKI wurde die Aufführung von Liebesszenen oder des Pathos verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Aufführungen von Werken mit „militärischem Inhalt“ eingeschränkt. Weil es in KABUKI auch Werke mit „militärischem Inhalt“ gibt, wurden solche Aufführungen verboten. Aber die Aufführungen von KABUKI und JYÔRURI, die vor dem Zweiten Weltkrieg verboten wurden, wurden wieder aufgeführt. Auch nach dem Krieg entwickelte sich die japanische traditionelle Musik weiter. Im Jahr 1947 begann das Radioprogramm „Zeit für japanische moderne Musik“. Danach entstand japanische moderne Musik. Instrumentalspieler, die die japanische traditionelle Musik studierten, komponierten Stücke, die etwas Neues mit den japanischen Instrumenten ausprobierten. Im Jahr 1955 wurde ein Institut gegründet, in dem Spieler, die japanische moderne Musik mit KOTO, SYAMISEN und SYAKUHACHI spielten, ausgebildet wurden. In diesem Institut wurde das europäische Notensystem benutzt. Das war bahnbrechend. Viele berühmte Musiker der japanischen modernen Musik studierten in diesem Institut. Die Gruppen des Ensembles von KOTO und SYAKUHACHI entstanden. Dadurch entwickelte sich das Instrumentalensemble. Im Jahr 1964 gründete der Komponist Minoru Miki die Ensemblegruppe „Pro Musica Nipponia“. „Pro Musica Nipponia“ spielte mit japanischen Instrumenten. Diese Gruppe brachte die japanischen Instrumente zur Entfaltung. Außerdem wurde die Originalform der japanischen traditionellen Musik überliefert. Im Jahr 1966 wurde das Nationaltheater gebaut. In diesem Theater wurden hauptsächlich die sieben japanischen traditionellen Bühnenkünste „KABUKI“, „BUNRAKU“, „GAGAKU“, „SYÔMYÔ“, japanischer Tanz, Volkskunst und japanische traditionelle Musik aufgeführt. In diesem Theater wurde auch der Nachwuchs herangebildet und die Forschung und Weiterentwicklung der japanischen traditionellen Künste betrieben. Zum 84 Beispiel gab es in diesem Theater Uraufführungen moderner Werke von GAGAKU oder SYÔMYÔ, CD-Produktionen und ein Projekt, in dem Musiker der japanischen traditionellen und der europäischen Musik zusammen auftraten. Das erweiterte die Möglichkeiten der japanischen traditionellen Kunst und verbreitete sie im Volk. Im Jahr 1979 wurde das „National NÔ Theater“ in TOKYO gebaut. Im Jahr 1983 wurde das „National BUNRAKU Theater“ in ÔSAKA gebaut. Die japanische traditionelle Musik wurde für die Revitalisierung der Stadt benutzt. In vielen verschiedenen Orten von Japan entstanden Trommelgruppen. Und diese Gruppen spielten bei Festen und steigerten die Stimmung. 3.3.2. Die Einführung europäischer Musikelemente in die japanische traditionelle Musik Der japanischen traditionellen Musik wurden europäische Musikelemente hinzugefügt. Michio Miyagi, ein KOTO-Spieler und Komponist, komponierte mit Seifû Yoshida, einen SAKUHACHI-Spieler und Nagayo Motoori, einen Komponisten, Stücke im Stil und der Technik der europäischen Musik. Mit diesen Stücken fand ein Konzert statt. Danach wurden ihre Stücke „Die neue japanische Musik“ genannt. 3.3.3. Die Musikpädagogik Nach dem Jahr 1955 wurde die europäische Musikpädagogik in der Musikschule forciert. Zum Beispiel wurde im Jahr 1958 die Blockflöte in der Musikpädagogik eingeführt. Deswegen wurde die japanische Querflöte selten gespielt. Und für Japaner war die Tonfarbe japanischer traditioneller Instrumente keine Musik. Das heißt, dass der Begriff „Instrument“ für die meisten Japaner „europäisches Instrument“ bedeutete. Wettbewerbe für Chor- und Instrumentalmusik wurden organisiert. Dadurch änderte sich der Sinn der Japaner für die japanische traditionelle Stimme. Die meisten Japaner 85 begriffen, dass die japanische traditionelle Stimme, wie die Stimme beim Volkslied, keine schöne Stimme war. Auch in der Familie verbreitete sich die europäische Musikpädagogik. Dadurch übernahm die europäische Musik eine zentrale Rolle in der japanischen Musikpädagogik. Die Musikpädagogik, die das japanische traditionelle Kinderlied benutzte, war in Mode. Aber das trug nichts zur Entwicklung der Musikpädagogik der japanischen traditionellen Musik bei. Die japanische traditionelle Musik wurde nur durch Hören im Musikunterricht der Schule behandelt. Aber heute wird in der Schule Folgendes gelehrt: das Spielen japanischer traditioneller Instrumente, das Singen japanischer Melodien und das Spielen japanischer tradioneller Musik mit europäischen Instrumenten. In der Musikpädagogik wird versucht, den Schüler/innen die japanische traditionelle Musik nahe zu bringen. Aber eigentlich stehen Japaner der europäischen Musik näher. 3.3.4. Die verschiedenen neuen Formen der japanischen traditionellen Musik In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre begann die Mode von Ethno. Dadurch wurde die japanische traditionelle Musik wieder erweckt. Auf viele verschiedene Arten näherte man sich der japanischen traditionellen Musik. Zum Beispiel wurden neue Musikgruppen gegründet, um die japanische traditionelle Musik zu verbreiten. Spieler von KOTO oder SYAKUHACHI komponierten Stücke, in die sie den Synthesizer einführten. Auch andere Musiker führten die japanischen traditionellen Instrumente und die traditionelle Musikstimme ein. Rockmusiker integrierten die japanische traditionelle Flöte und Trommel in ihre Musik. Und auch in der Popmusik wurde die Melodie der japanischen traditionellen Musik benutzt. 86 3.3.5. Zusammenfassung Nach der Überlieferung der europäischen Musik in Japan, bemühten sich die Japaner, diese Musik zu lernen. Danach begannen sie auch selbst, europäische Musik zu komponieren. Sie komponierten Stücke, in denen die europäische mit der japanischen traditionellen Musik kombiniert wurde. Heute gibt es viele verschiedene Arten der Musik. Die europäische Musik entwickelte sich sehr in Japan. Die japanische traditionelle Musik war rückgängig. Aber die japanische traditionelle Musik wurde neu entdeckt. Außerdem gibt es Bemühungen zur Erhaltung der traditionellen Musik. Die japanische traditionelle Musik wurde mit anderer Musik, wie zum Beispiel der europäischen Musik, kombiniert. Die japanische traditionelle Musik entwickelt sich ebenfalls weiter. Musiker wollen immer etwas Neues lernen oder produzieren. Durch innovative Musiker wird immer etwas Neues produziert und die Musik entwickelt sich weiter. 4. Die Praxis Bei dieser Arbeit habe ich herausgefunden, was die Musik in Europa und Japan ist. Die europäische Musik und die japanische traditionelle Musik haben zwei verschiedene Aspekte. Ein Aspekt ist die Musik als Unterhaltung. Ich denke, dass die meisten Konzertbesucher Musik als Unterhaltung begreifen. Es ist es wichtig, dass das Publikum den Inhalt der musikalischen Aufführung verstehen und genießen kann. So kann das Publikum die Begeisterung mit dem aufführenden Musiker teilen. Dadurch kann sich die Stimmung des Konzerts steigern. Auch die Bühnengestaltung und die Inszenierung sind für das Publikum besonders wichtig. Die meisten Konzertbesucher legen Wert darauf, dass die Musik Unterhaltung ist. Der andere Aspekt ist die ästhetische Musik. Ich denke, dass Musiker Musik als 87 Ästhetik begreifen. Für den Musiker ist es wichtig, dass er die höchst mögliche Qualität der Musik pränsentiert und auf seine neue eigene Art sein Charakteristikum und seine Musikwelt zeigt. Die meisten Musiker legen Wert darauf, dass Ästhetik in der Musik ist. Mit diesen Überlegungen habe ich ein Konzert veranstaltet. Damit wollte ich versuchen, das Konzert im Hinblick auf diese beiden Aspekte der europäischen und der japanischen traditionellen Musik zu organisieren. 4.1. Das Konzert am 19. April 2014 Titel: Andreas Woyke Klavier Konzert Pianist: Andreas Woyke Datum: Samstag, 19. April 2014, ab 14:30 Ort: Hikarigaoka Museum Eintritt: 3.500 yen Programm: 1. Johann Sebastian Bach (1685-1750) Präludium und Fuge BWV 846 C-Dur WTC I 2. Ludwig van Beethoven (1770-1827) Klaviersonate Nr.7 D-Dur op.10,3 1.Presto 2.Lento e mesto 3.Menuetto, Allegro 4.Rondo, Allegro 3. Franz Liszt (1811-1886) Dante Sonate Pause 4. Johannes Brahms (1833-1897) Vier Klavierstücke Op.119 5. Sergei Rachmaninow(1873-1943) Drei Preludes op.23 Nr.5 g-Moll, Nr.6 Es-Dur, Nr.7 c-Moll 6. Alberto Ginastera (1916-1983) Danzas Argentinas Zugabe. Die Improvisation des japanischen traditionellen Liedes „Kirschblüte“ 88 Abb.53 Das Plakat 4.2. Der Pianist Andreas Woyke 4.2.1. Das Profil von Pianist Andreas Woyke Andreas Woyke Abb.54 Andreas Woyke wurde in Siegen/Deutschland geboren. Er absolvierte sein Klavierstudium an der Hochschule für Musik und Tanz Köln bei dem ukrainischen Pianisten Pavel Gililov und an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien bei dem russischen Pianisten Rudolf Kehrer. Während dieser Zeit erhielt er etliche internationale Preise wie zum Beispiel den 1. Preis beim Brahms-Wettbewerb in Hamburg, den 1. Preis beim Internationalen Bremer Abb.53 Abb.54 Plakat : Chiba, Yuko Foto : Kipper, Christine (Juni 2012) 89 Klavierwettbewerb, den 1. Preis beim Wettbewerb „Musik des 20. Jahrhunderts“ in Wien, den 1. Preis beim Ludmila Knezkova-Hussey Competition in Kanada und den 2. Preis mit Recital Preis beim UNISA Transnet Piano Competition in Pretoria, Südafrika. Er konzertiert auf der ganzen Welt. Einige wichtige Konzerthäuser, in denen er zu hören ist, sind: Musikverein und Konzerthaus Wien, Philharmonie im Gasteig München, Philharmonie Köln, Tonhalle Düsseldorf, Beethovenhaus Bonn sowie Sala Sao Paulo. Seit 2003 arbeitet er mit dem Cellisten Friedrich Kleinhapl zusammen. Das Duo konzertiert ebenfalls auf der ganzen Welt und veröffentlichte eine Reihe von CDs bei Ars-Produktion, die mit wichtigen Preisen honoriert wurden. Auf seiner Solo-CD „Braiding Bach“ (Ars, 2008) kombiniert er, der nicht nur klassischer Pianist sondern auch Komponist und Jazzer ist, Klavierwerke von Johann Sebastian Bach mit seinen eigenen Kompositionen. Er unterrichtet Klavier und Klavierkammermusik an der Kunstuniversität Graz/Österreich. 4.2.2. Warum habe ich den Pianisten Andreas Woyke ausgewählt? Weil dieses Konzert ein „Klavier Solo-Konzert“ war, spielte er nur sein Repertoire an Solo-Musikstücken für Klavier bei diesem Konzert. Darüber hinaus umfasst Woykes Repertoire viele Genres wie Klavier-Solo, Klavierkonzert mit Orchester und Duo Violoncello & Klavier. Sein Repertoire ist stilistisch vielseitig und er kann seine Programme spontan für ein bestimmtes Publikum arrangieren. Somit kann er sowohl Klassikliebhabern als auch Leuten, die normalerweise keine klassische Musik hören, eine genussvolle Zeit schenken. Deswegen habe ich gedacht, dass der Pianist Andreas Woyke die beiden Aspekte der Musik vereinen kann. 90 4.2.2.1. Woykes Solo-Programm Andreas Woykes Klavier-Solorepertoire reicht von allen Epochen der klassischen Musik (Barock, Klassik, Romantik, Moderne) bis hin zu Jazz, Rock, Funk, Soul, eigenen Kompositionen und freier Improvisation. In Solokonzerten verbindet er diese Stile miteinander – er stellt klassischen Kompositionen eigene Kompositionen, Jazz und Improvisation gegenüber bzw. lässt sie auseinander entstehen, wodurch seine Konzerte eine unverwechselbare Dramaturgie erhalten und somit im Konzertleben einzigartig sind. Er schafft hiermit eine neue Kunstform des Klavier-Solokonzerts. In Europa, Asien und Amerika hat er mit diesen Programmen großen Erfolg. Ein Beispiel ist seine beim Label ARS-Produktion erschienene Solo-CD „Braiding Bach“, wo er abwechselnd Bach und eigene Kompositionen spielt. Ein weiteres Beispiel ist sein Projekt „Die vier Elemente“, wo er jedem der vier Klavierstücke op. 119 von Johannes Brahms eine eigene, improvisierte Einleitung mit dem Thema jeweils eines der vier Elemente voranstellt. 4.2.2.2. Repertoire von Werke als Solist für Klavier und Orchester Woyke hat reiche, weltweite Erfahrungen als Solist mit vielen Orchestern und ein umfassendes Repertoire. Andreas Woyke spielte im Oktober 2014 die ‘Rhapsody in Blue’ von George Gershwin mit ‘The Japan Ground Self-Defense Force Northeastern Army Band’. Einen Monat später gastierte er zusammen mit der Bachiana Filarmonica unter der Leitung des brasilianischen Weltstars Joao Carlos Martins in der Sala Sao Paulo, Brasilien mit dem 4. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven. Beide Aufführungen ernteten fulminanten Erfolg beim Publikum. Darüber hinaus hat er des Öfteren unter der Leitung des berühmten japanischen Dirigenten Kazushi Ono in Europa konzertiert – u. a. mit Klavierkonzerten von Bela Bartok (Nr. 1 und 2) und Samuel Barber. 91 4.2.2.3. Duo-Programm Violoncello & Klavier Das Duo Friedrich Kleinhapl, Violoncello und Andreas Woyke, Klavier, existiert seit 2003. Auch als Duo konzertieren sie auf der ganzen Welt – von Europa über Nord- und Südamerika bis hin nach Afrika, Asien und im arabischen Raum. 2010 debütierte das Duo mit fulminantem Erfolg in der New York Townhall. Im Oktober 2014 fanden ihre Konzerte in Tokio, Kanagawa, Miyagi und Iwate statt und wurden auch dort vom Publikum mit Standing Ovations honoriert. Beim Label ARS-Produktion sind zahlreiche CD-Aufnahmen des Duos erschienen – zuletzt im Oktober 2014 das Album „Pasión Tango“ mit Arrangements von Tango-Kompositionen von Astor Piazzolla, Carlos Gardel und José Bragato. Andreas Woykes Improvisationskunst und seine Beschäftigung mit Tango und Jazz haben diese Arrangements entscheidend geprägt. Alle ihre CD-Produktionen wurden mit bedeutenden internationalen Preisen ausgezeichnet, wie z. B. dem ORF-Pasticcio-Preis, dem Supersonic Award oder dem Excellentia Award. Klassische Musik wie Sonaten-Literatur von Beethoven über Schubert, Brahms, Franck, Rachmaninov bis hin zu Schostakowitsch und Schnittke sind ebenso fester Bestandteil ihres Repertoires wie bekannte Einzelstücke, die die breite Masse des Publikums kennt, wie z. B. Saint-Saens (Der Schwan), Kreisler (Liebesfreud) und das Repertoire argentinischer Tangos. 4.3. Das Programm für die Tournee in Japan Woyke und ich wählten das Programm für die Tournee in Japan unter folgenden Gesichtspunkten aus: 1. Das Programm zeigt die charakteristischen musikalischen Eigenschaften des Pianisten Andreas Woyke. 2. Das Programm besteht aus charakterlich vielfältigen Stücken. Das Programm bestand aus Stücken des Barock, der Klassik, der Romantik, der Moderne und freier 92 Improvisation. 3. Klassikliebhaber können es genießen. Wir wählten Werke des klassischen Standard-Repertoires, das Klassikliebhaber genießen können. 4. Leute, die normalerweise keine klassische Musik hören, können es ebenso genießen. Wir wählten Stücke, die höchstens zehn Minuten dauern und charakterlich vielfältig sind, um die Konzentrationsfähigkeit des weniger fachkundigen Publikums zu halten. 5. Wir möchten das Publikum überraschen. Als Zugabe wählten wir das sehr bekannte japanische traditionelle Lied „Kirschblüte.“ Woyke improvisierte dieses Lied in seinem persönlichen Stil. Er zeigte dem Publikum eine neue Form, die japanische Musik, europäische Musik und eigene Sinnlichkeit kombiniert. 4.4. Der Konzertsaal Ich wählte das HIKARIGAOKA-Museum in Tokyo als Aufführungsort. Dieses Museum ist ein japanisches traditionelles Gebäude und vorwiegend aus Holz. Wenn ein Japaner in das Museum eintritt, spürt er Ruhe. Ich ließ die Beleuchtung sparsam, der Raum war weitgehend dunkel. Dadurch entstand eine beruhigende Atmosphäre und das Publikum konnte sich ganz auf die Musik konzentrieren und sie genießen, was meine Absicht war. Japaner können klassische Musik sehr selten in solch japanisch-traditionellen Holzgebäuden genießen. Die meisten Konzerte finden in modernen Konzerthallen statt, wo der Abstand des Künstlers zum Publikum sehr groß ist. In diesem Raum war der Abstand zwischen Woyke und dem Publikum gering und das Erlebnis daher viel unmittelbarer. Abb.55 Andreas Woyke und das Konzertsaal Abb.55 Foto: Chiba, Yuko (April 2014). 93 4.5. Die Reaktion des Publikums Wir konnten die Begeisterung sowohl bei Klassik-Liebhabern als auch bei Leuten, die normalerweise keine klassische Musik hören, sehen. Die Konzertbesucher gaben uns nach dem Konzert folgende schriftliche und mündliche Rückmeldungen. ・„Weil ich normalerweise keine klassische Musik höre, habe ich keine Kenntnisse über sie. Trotzdem konnte ich die Musik genießen und sie war sehr spannend. Ich möchte so etwas wieder hören!“ Konzertbesucherin, 70 Jahre ・„Wenn ich früher ein Konzert besucht habe, habe ich meist geschlafen. Aber heute konnte ich es genießen und bis zum Ende vom Konzert zuhören.“ Konzertbesucherin, 40 Jahre ・„Weil ich normalerweise keine klassische Musik höre, hatte ich vor, nach dem ersten Teil nach Hause zu gehen. Weil die Musik so wunderbar war, bin ich bis zum Ende geblieben.“ Konzertbesucher, 70 Jahre ・„Ich habe dieses Stück (Klaviersonate Nr. 7 D-Dur op. 10,3 von Ludwig van Beethoven) oftmals gehört. Aber heute ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, wie schön dieses Stück ist.“ Klavierlehrerin, 50 Jahre ・„Wenn mehr Japaner eine Aufführung von Woyke hören könnten, könnten wir dadurch unsere japanische Musikwelt ändern.“ Studentin an der Musikuniversität, 20 Jahre 4.6. Zusammenfassung Dieses Konzert war sehr erfolgreich. Die Stimmung steigerte sich im Verlauf des Konzerts und das Publikum hat die Musik sehr genossen – es gab „standing ovations“. Nach dem Konzert bekam ich etliche Rückmeldungen aus dem Publikum. Diese 94 Rückmeldungen fielen sehr unterschiedlich aus – jede(r) hatte ein anderes Stück als Favoriten. Das Publikum war begeistert von der Sinnlichkeit der Darbietung und der Musikwelt, die Woyke präsentierte. Sowohl Klassikliebhaber als auch Leute, die normalerweise keine klassische Musik hören, genossen dieses Konzert sehr. Woyke kam im Oktober 2014 erneut für Konzerte nach Japan. Viele Leute, die ihn bereits im April 2014 gehört hatten, kamen zu diesen Konzerten wieder und brachten ihrerseits wieder neues Publikum mit. So kann ich langfristig in Japan ein Stammpublikum mit Zuhörern aufbauen. 95 Nachwort In Europa gibt es eine eigene Musik. Und auch in Japan gibt es eine eigene Musik. Und jede Musik hat ihr eigenes Charakteristikum. Aber weil ich die europäische Musik und die japanische traditionelle Musik miteinander verglichen habe, habe ich herausgefunden, dass die Musik für Europäer und für Japaner gleich ist. Ich habe auch herausgefunden, dass es zwei verschiedene Aspekte der Musik gibt. Ein Aspekt ist die Musik als Unterhaltung. Der andere Aspekt ist die ästhetische Musik. Das Publikum in Europa und auch in Japan hört sehr gerne Musik, die ein großes Element der Unterhaltung hat. Der Musiker legt Wert auf die Ästhetik in der Musik. Der Musiker studiert die Musik intensiv und versucht, die höchstmögliche Qualität hervorzubringen. Außerdem will der Musiker Musik immer neu interpretieren und damit seine eigene Ausdrucksartzeigen. Heißt das, dass es nicht wichtig ist, was europäische Musik und japanische Musik unterscheidet? Ich habe herausgefunden, dass die Musik für Musiker und für das Publikum etwas anderes bedeutet. Über das antike Publikum der griechischen Tragödie gibt es kaum Aufzeichnungen. Deswegen weiss ich nicht, ob das Publikum die griechische Tragödie genießen konnte. In NÔ wird die Tiefe der japanischen Seele gezeigt. NÔ ist eine ästhetische Kunst. NÔ macht schläfrig, sagt das Publikum. Das heißt, viele Menschen finden NÔ langweilig. Als der Oper und dem KABUKI das große Element der Unterhaltung hinzugegefügt wurde, waren sie erfolgreich. Ich habe ein Konzert veranstaltet, in dem der Musiker Unterhaltung mit Ästhetik kombinierte. Das Konzert war ein Erfolg. Der Musiker konnte seine eigene Musik und Musikwelt zeigen. Das. Publikum zeigte Begeisterung und Freude über seine Musik. Ein Teil des Publikums stand während des Konzerts, weil es den Musiker sehen und gut hören wollte. Es ist nicht üblich, dass das Publikum während der Aufführung steht. Aber 96 ich konnte verstehen, dass das Publikum aufgeregt war. Und die Aufführung des Musikers, den die unmittelbare Reaktion des Publikums motivierte, wurde noch wunderbarer. Bei diesem Konzert konnten Musiker und Publikum eine schöne Zeit teilen. Die meisten ausländischen Musiker sagen, dass sie nicht wissen, ob das japanische Publikum ihre Konzerte genießen konnte. Aber Woyke sagte mir, dass er fühlen konnte, dass das Publikum sein Konzert genießen konnte. Durch das Konzert erkannte ich, dass die Musik als Unterhaltung und die Musik als Ästhetik in einem Konzert koexistieren können. Ich denke, dass beides – Unterhaltung und Ästhetik – wichtig ist. Wenn eine Inszenierung interessant, aber die Musik „unverständlich“ ist, kann das Publikum eine Aufführung nicht genießen. Und auch wenn ein Musiker wunderbare Musik spielt, kann das Publikum die unverständliche Musik nicht genießen. So denke ich, dass die Balance zwischen der Musik als Unterhaltung und der Musik als Ästhetik wichtig ist. Die japanische traditionelle Kunst – NÔ, KYÔGEN, KABUKI – stammt ursprünglich aus dem Ausland. Aber diese Kunst entwickelte sich in Japan weiter. Nach der Überlieferung der europäischen Musik wurde diese mit der japanischen Musik gemischt und entwickelte sich weiter. Lieder, die die Japaner seit ihrer Kindheit singen, sind Musik, die das Element der japanischen und der europäischen Musik vereint. Die japanische traditionelle Musik wurde im Ausland hoch geschätzt. Natürlich hören und genießen viele Japaner die europäische Musik. Musik gibt es auf der ganzen Welt. Die Musik ist eine Art der internationalen Kommunikation und gemeinsame Sprache des Menschen. Wenn man im Ausland die Musik des Heimatlandes spielt, kann man seine Identität ausdrücken. Durch das „Vermischen“ von Musik können Leute kommunizieren. Bei seinem Konzert improvisierte Woyke das bekannte japanische traditionelle Lied „Kirschblüte“. Dadurch „vermischte“ er die europäische Musik mit der japanischen traditionellen Musik. Das Publikum freute sich sehr darüber. Ich bemerkte, dass die 97 Musik die schöne Rolle des Kulturaustauschs spielte. In Zukunft will ich dazu beitragen, dass in Japan die klassische Musik sowohl Unterhaltung als auch Ästhetik vermittelt und die Rolle des Kulturaustauschs spielt. Damit will ich erreichen, dass viele Leute die klassische Musik genießen können. 98