Von den Römern zu den Bayern – Das römische Regensburg Gewaltig, obwohl nur noch an wenigen Stellen in der Altstadt sichtbar, sind sie immer noch: die massiven Mauern des römischen Legionslagers. Im Herbst des Jahres 179 n. Chr. fertiggestellt, wie aus einer erhaltenen römischen Bauinschrift hervorgeht, prägten die Lagermauern fortan das Stadtbild. Selbst nach dem Ende der Römerherrschaft um 500 n. Chr. blieb Regensburg weiterhin bewohnt und die Einwohner nutzten die starken Mauern des Legionslagers zu ihrem Schutz und Trutz. Im Mittelalter erfuhr das Lager etliche Um- und Einbauten. Zudem diente es als Steinbruch zur Gewinnung von Baumaterial. Dennoch haben sich Teile der Lagerumwehrung bis zum heutigen Tag erhalten. Auf Luftbildern wird deutlich, dass die ursprünglichen Lagermauern und Lagerstraßen des Legionslagers die Altstadt bis in die Gegenwart prägten. Errichtet wurde das römische Legionslager von Legionären der 3. Italischen Legion im späten 2. Jhr. n.Chr. Der Kampfverband der 3. Legion wurde aus einer Notlage heraus aufgestellt: die 'Markomannenkriege' hatten die Donauprovinzen schwer erschüttert. Die 'Dritte' kämpfte alsbald in diesem Konflikt, der nach dem Tode des Kaisers Marc Aurel endgültig zu einem Ende gelangte. 1 Das Regensburger Legionslager, ein gewaltiges militärisches Bollwerk, in dem nun einer der stärksten Kampfverbände des Römischen Reiches stationiert war, versperrte und kontrollierte die ehemalige Haupteinfallsroute der Markomannen in römisches Reichsgebiet. Nach der Fertigstellung der Umfassungsmauern im Herbst 179 n. Chr. begannen die Legionäre mit der Errichtung ihrer Mannschaftsunterkünfte. Ebenso wurden Speicherbauten, Werkstätten und sogar ein Lazarett erbaut. Oberirdisch sichtbar erhalten sind das Haupttor, ein Torturm sowie Teile der Lagermauer (eine Routenbeschreibung sowie Bilder finden sie auf unserer Homepage www.histouristika.de). Die Stationierung einer Legion bedeutete für Castra Regina, so der antike Name für Regensburg, einen enormen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung. Aus einem unbedeutenden Örtchen irgendwo in einer der vielen Grenzprovinzen des Reiches wurde auf einmal eine Garnisonstadt! Tausende von Legionären aus dem fernen Italien strömten in die Stadt. Sie brachten ihre Kultur und ihre lateinische Sprache mit und trugen somit zur Romanisierung der Provinzbewohner bei. Auch wenn die archäologischen Einblicke in das antike Regensburg durch die dichte Bebauung gering sind, dürften die Legionäre die Stadt nach römischer Vorstellung ausgebaut und erweitert haben. Sie schufen einen hohen Grad der Urbanisierung, indem sie Markthallen, Plätze, Thermen, Tempel und andere repräsentative Gebäude errichteten. 2 Die Soldaten erhielten als einzige Bevölkerungsgruppe ein regelmäßiges und sicheres Einkommen. Dazu waren ihre Soldzahlungen mehr als ausreichend. Vor allem die Legionäre zählten in der Armee zu den Spitzenverdienern. Mit ihrem Sold erwarben sie von Händlern und Kaufleuten, die das gesamte Imperium bereisten, den Luxus, den sie aus Italien gewohnt waren. Von nun an blühte der Handel und die Wirtschaft im Umland des Legionslagers auf, da die Legionäre sich Luxusgüter wie teure Keramik und Lebensmittel aus entfernten Ländern leisten konnten. Beliebt und überall im Römischen Reich verbreitet war das heißbegehrte Terra Sigillata, eine Art Luxusgeschirr. Im Umfeld des Legionslagers siedelten sich allerlei Gewerbetreibende, Handwerker und die Familien der Legionäre an. In kürzester Zeit wird das Lagerdorf (Canabae) wohl zu einer stadtähnlichen Siedlung herangewachsen sein. Schätzungen gehen von 12.000-15.000 Einwohnern aus. Das Umland wurde gezielt mit römischer Landwirtschaft aufgesiedelt, um die Soldaten und Zivilbewohner des antiken Castra Regina zu ernähren. Die Landwirtschaft produzierte sämtliche Güter wie Vieh, Getreide, Obst und Gemüse, Holz- und Eisenwaren und vieles mehr. Reichten die eigenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse dennoch nicht aus, wurden sogar aus dem entfernten Italien in ausreichenden Mengen Lebensmittel und andere Güter über die Alpen transportiert. 3 Im 3. Jhr. n. Chr. kam es zu gewaltigen Auseinandersetzungen im Römischen Reich. Thronfolgewirren und Bürgerkriege sowie Kriege an den Reichsgrenzen erschütterten das Reichsgebilde. Auch das Regensburger Legionslager blieb nicht von den Unruhen verschont. Gleich zweimal wurde das Lager zerstört und wieder aufgebaut. Die festen Außenmauern überstanden die Zerstörungen, während das Lagerinnere ein Raub der Flammen wurde. Als sich das 3. Jhr. dem Ende zuneigte und die Schatten dieses von Wirren gezeichneten Jahrhunderts ebenfalls kürzer wurden, hatte sich das Römische Militär als Reaktion auf die besonderen Erfordernisse der Zeit gewandelt und reformiert. Die Reform der Armee hatte auch dazu geführt, dass nur noch Teile der 3. Italischen Legion in Regensburg in Garnison lagen. Die Legionäre der 'Dritten' überwachten nun den neu errichteten Bodensee-Iller-Donau-Limes. Teile der Einheit standen in Füssen und Isny. Welche militärische Bedeutung Regensburg aber weiterhin zukam, ist aufgrund der geringen archäologischen Einblicke in das Stadtzentrum nicht bekannt. Archäologische Untersuchungen erbrachten Bauten und Militaria aus der ersten Hälfte des 5. Jhr. n. Chr. Demnach war Regensburg immer noch ein römischer Militärstützpunkt. Aus dieser Zeit stammt auch der Fund einer nordafrikanischen Tonlampe, die weiterhin auf weiträumige Kontakte schließen lässt. Immerhin konnten sich die Soldaten einen derartigen Luxus noch leisten. 4 Im Laufe des 3.-5. Jhr. strömten immer mehr Männer aus dem Barbaricum, dem Land jenseits der Reichsgrenze, in die Römische Armee und führten die Kriege der antiken Weltmacht. Dies war wohl auch in Regensburg der Fall. Irgendwann im germanische 5. Jhr. n. Chr. übernahmen auch an diesem Donauabschnitt Verbündete die Grenzsicherung, wie germanische Ein- und Umbauten im ehemaligen Legionslager nahelegen. Vielleicht handelte es sich bei diesen Kriegern bereits um die im Jahr 551 n.Chr. erstmalig erwähnten Baiuvarii, die 'Männer aus Böhmen'. Eine These besagt, dass aus den römischen Verbündeten, den Baiuvarii, bereits im 6. Jhr. das Herzogsgeschlecht der bayerischen Agilolfinger hervorging. Sie nutzten fortan die starken Mauern des ehemaligen Legionslagers als ihren Stammsitz. Noch im 8. Jhr. berichtet der mittelalterliche Bischof Arbeo von Freising beeindruckt von den imposanten römischen Mauern und Türmen der Stadt sowie den zahlreichen Brunnen. Erst 788 n.Chr. versagten die starken Mauern ihren Schutz und die agilolfingischen Herzöge mussten sich mit ihren Baiuwaren/Bayern dem Frankenkönig Karl dem Großen unterwerfen. Keineswegs endete damit die römische Geschichte der Stadt Regensburg, wie schon aus dem Fortbestand des antiken Namens Castra Regina hervorgeht. Die Stadt weist eine durchgehende Besiedlung, vielleicht schon seit den Kelten, bis in die Gegenwart auf. 5 6