Hába, Alois Komponist. * 21.6.1893 Wisowitz

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Hába, Alois
Komponist.
* 21.6.1893 Wisowitz (Österreich-Ungarn),
† 18.11.1973 Prag (Tschechoslowakei).
Alois Hába gehört zu den bedeutenden,
wegbahnenden Komponisten des 20. Jahrhunderts.
Der Vater von Alois war Kleinbauer und Schuster,
hatte eine zwölfköpfige Familie und leitete in einem
Umfeld, in dem Singen und Spielen zum Alltagsleben
gehörte, eine Folklorekapelle. Alois spielte bei ihm
die Geige.
Der begabte Junge wählte den damals üblichsten Weg
des Aufstiegs, er absolvierte 1908–12 das
Lehrerseminar in Kremsier und wurde 1912–14
Dorflehrer in Bilowitz.
Nach diesem Vorspiel begann er 1914 sein
Musikstudium in Prag, wo er bei Vit k zslav Novák
Komposition lernte. 1918–20 war er Schüler Franz
Schreckers in Wien und zog mit ihm 1920–22 nach
Berlin. Er gab in der Musikhistorischen Zentrale
Wien slawische Volkslieder heraus.
Sein erstes Vierteltonquartett wurde 1922 in Wien
uraufgeführt. Sein erster Durchbruch geschah 1923
auf dem Fest der Internationalen Gesellschaft für
Neue Musik in Salzburg mit dem dritten
Streichquartett (op. 12), gespielt vom AmarHindemith-Quartett. Die Bedeutung dieses Jahres in
seinem Leben erhöhte auch das Treffen mit
Ferruccio Busoni, auf dessen Anregung hin er ein
Sechsteltonquartett komponierte.
Er beschäftigte sich damals mit der Konstruktion von
Viertel- und Sechsteltoninstrumenten, insbesondere
von Klavieren bei Förster in Georgswalde.
1926 nahm er an der musikalischen Tagung am
Goetheanum teil, wurde Anthroposoph und trat
noch im selben Jahr in die Anthroposophische
Gesellschaft in Prag ein. Sein Schüler Viktor Ullmann
hat durch ihn die Anthroposophie kennen gelernt.
1928 wurde er Leiter der Vierteltonklasse am
tschechischen Konservatorium in Prag.
Seine Oper „Die Mutter“ wurde 1931 in München,
seine Fantasie „Der Weg des Lebens“ am 5. März
1934 in Winterthur von Hermann Scherchen
uraufgeführt. Dazu schreibt er selbst: „Rudolf
Steiners Holzgruppe und seine umfassende, von
verschiedenen Gesichtspunkten aus erschaute
geisteswissenschaftliche Darstellung der drei
erwähnten, in die menschliche Entwicklung
eingreifenden Wesenheiten beschäftigte mich
innerlich lebhaft die ganze Zeit und hat sich
schließlich nach sieben Jahren in eine rein
musikalische Form – zu einem Tonkunstwerk –
umgewandelt. Der freie, unthematische Musikstil (mit
Berücksichtigung
der
asymmetrischen
Gestaltungsprinzipien, die ja auch räumlich an der
Holzgruppe Rudolf Steiners in Erscheinung treten)
und die bis zu zwölf Klängen gesteigerte harmonischpolyphone Art bilden die Grundlage der
musikalischen Gestaltung dieses Orchesterwerkes.“
(Hába 1934, S. 66)
1935 organisierte er mit Erich Steinhard das Prager
Musikfestival.
Seine Beschäftigung mit der sozialen Frage führte
dazu, dass er 1938 einen Dreigliederungsaufruf
herausgab.
1945 gründete er mit K. An e erl und V. Kašlik die
Große Oper, die 1948 aufgelöst wurde. 1945–48
leitete er das 5.-Mai-Theater (später SmetanaTheater).
1948 schrieb er einen Vierteltonchor auf einen Text
Rudolf Steiners: „Die Meditation“.
Durch die kommunistische Unterdrückung wurde er
in seinen Wirkungsmöglichkeiten beschnitten, er
arbeitete als Archivar des Konservatoriums.
War er früher als „entartet“, wurde er jetzt als
„Formalist“ abgetan. Erst 1953 wurde er rehabilitiert,
konnte dann wieder zu den Aufführungen seiner
Werke reisen und Gastvorträge halten. So hielt er in
den späteren 50er-Jahren Ferienkurse in Darmstadt
und unterrichtete in Berlin.
1967 wurde er zum Ehrenmitglied der
Internationalen Gesellschaft für Neue Musik gewählt.
Er war ein mitreißender Lehrer, ein guter, hilfreicher
Kollege, der die Begabungen anderer Komponisten
erkannte und förderte. Als Begründer einer
besonderen Schule wirkte er anregend auf die jüngere
Komponisten-Generation.
Er
war
im
Expressionismus tief verwurzelt. Seine Musik wächst
aus volkstümlichen Wurzeln, wobei er stets bemüht
war, stilistische Kühnheit mit der Einfachheit der
Volksmusik zu vermählen. Kraft, Urständigkeit und
Schaffensfreude waren seine Charakteristika.
Jan Pohl
Werke: Vom Klavierscherzo an, das 1922 in Wien gedruckt wurde,
umfasst sein Werk mehr als hundert Opuszahlen: 3 Opern,
Orchesterwerke wie die synfonische Fantasie op. 46, Klavierwerke,
Gesang mit Klavierbegleitung, eine Kantate, Chöre und
Kammermusik, darunter viele Streichquartette, im Halbton-,
Viertelton- Fünftelton- und Sechsteltonsystem; Die harmonischen
Grundlagen des Vierteltonsystems, Prag 1922; Von der
Psychologie der musikalischen Gestaltung, Wien 1925, Ismaning
²1994; Neue Harmonielehre des diatonischen, chromatischen,
Viertel-, Drittel-, Sechstel- und Zwölftel-Tonsystems, Leipzig 1927;
Ismaning ²1994; „Der Weg des Lebens“, in: G 1934, Nr. 9;
autobiografisch: Mein Weg zur Viertel- und Sechsteltonmusik,
Düsseldorf 1971; Beiträge in DD, G und N.
Literatur: Truding, L.: Ein höchst origineller Musiker, in: G 1957,
Nr. 29; von Baltz, K.: Alois Hába und das Pandulaquartett am
Goetheanum, in: G 1972, Nr. 46; Stuckenschmid, H. H.: An Alois
Hába, in: G 1973, Nr. 29; Truding, L.: Dem Tondichter Alois
Hába, in: N 1973, Nr. 37; Anonym, Alois Hába gestorben, in: G
1973, Nr. 50; Krogmann, A.: Einen Freund verloren, in: DD 1974,
Nr. 1; Ginat, C.: Verzeichnis musikalischer Werke, Dornach ²1987;
Vyslovzil, J.: Avantgardist zwischen zwei Welten, in: NZZ 1993,
Nr. 151; ders.: Alois Hába. Sbornik k zivotu, Vizovice 1993;
Volkmann, J.-H.: Alois Hába – der einsame Humanist, in: G 1993,
Nr. 31/32.
© by Forschungsstelle Kulturimpuls, Dornach und Verlag am Goetheanum, Dornach
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