Tierökologie Roland Gerstmeier Steppen Ökosysteme 2 aride Landschaften der gemäßigten Zonen, in denen ausdauernde, winterharte und dürreresistente Gräser vorherrschen osteuropäisch-asiatische Steppenbereiche vom Neusiedler See-Gebiet (Pußta) über die Ukraine bis in die Mandschurei; nordamerikanische Prärien, ostargentinische Pampa zu Savannen: es fehlen einzeln wachsende, feuerfeste Bäume mit schirmförmiger Krone Tierökologie Roland Gerstmeier Prärie Nordamerika Gabelbock Bison Pampas Südamerikas Eurasiatische Steppen Halbesel Guanako Pampashirsch Saiga Tarpan Tierökologie Roland Gerstmeier Hochgebirge unabhängig von Meereshöhe: der eigentliche alpine Bereich oberhalb der Baumgrenze Hochgebirge Zentralasiens, Westhänge der zentralen Anden, Mt. Kenya in Ostafrika: Klima sehr trocken bewaldete Höhenstufe unter der alpinen Grenze fehlt. Tierökologie Roland Gerstmeier Tropische Hochgebirge Spezielles Beleuchtungs- und Tageszeitenklima: immer 12-Stunden-Tag am Äquator; keine Kurz- und Langtagperiode thermische Jahreszeiten fehlen Mt. Kenya/Kilimanjaro: Moorlandzone > 3000m Tierökologie Roland Gerstmeier Kilimanjaro 5895 m Mt. Kinabalu 4097 m Sierra Nevada de Cocuy 5493 m Ancohuma 7014 m Monte Rosa 4634 m Unterschiedliche Baumgrenze ! Alpen: ~ 2000 m Mt. Kinabalu, Anden: > 3500 m Bewuchs mit Polsterpflanzen bis 5000 m und darüber Tierökologie Roland Gerstmeier Hochgebirge Extreme abiotische Faktoren: Temperatur sinkt mit steigender Höhe, tages- und jahreszeitliche Unterschiede Luft- und Bodentemperaturen Luftdruck ist verringert, d.h. es gibt weniger O2, CO2 und Wasserdampf in der Atmosphäre Strahlung : Ein- und Ausstrahlung sind intensiver; UV-Anteil erhöht; verringerte Lichtstärke durch Nebel und Wolken Wind : Luftströmungen beeinflussen das Klima, die Bodenerosion und Schneeverfrachtungen Boden : Je nach Klima trocken oder feucht; ständiges Frieren und Auftauen Tierökologie Roland Gerstmeier Hochgebirge folgende biotische Faktoren ergeben sich: • Verkürzte Vegetationszeit • Verkürzte Periode aktiven Tierlebens • Rückgang der Produktion • Verringerte Artenzahl spezielle Anpassungsmechanismen: • Erhöhte Erythrocytenzahl (bei Vertebraten) • Dichteres Fell, Winterschlaf • Jahreszeitliche Wanderungen • Angepasste Entwicklungszyklen Tierökologie Roland Gerstmeier Wälder Bestände hoher Holzgewächse, mit mehr oder weniger geschlossenem Kronendach • Entstehung und Verbreitung hängt vom Großklima ab • einmal pro Jahr viel Niederschläge (oder viel Feuchtigkeit) • besonderes Standortklima: - höhere Luftfeuchtigkeit - geringere Temperaturschwankungen - abgeschwächte Windeinwirkung Tierökologie Roland Gerstmeier Zonobiom I Amazonas, Mittelamerika (Mexiko, Costa Rica), West- und Zentral-Afrika, OstMadagaskar, Südost-Indien, Sri Lanka, Südostasien (unterhalb des 10. Breitengrades), Neuguinea + pazifische Inseln, NO-Austral. Tierökologie Roland Gerstmeier Tropische Regenwälder inkl. montane Regenwälder: i.d.R. immergrün; z.T. laubabwerfende Wälder während der Trockenzeit Baumarten in tropischen Regenwäldern: Kamerun Java Sri Lanka Panama Amazonasgebiet Ekuador 700 > 1000 1500 2300 2500 3000 40.000 Arten Blütenpflanzen Tierökologie Roland Gerstmeier Gemäßigte Breiten Tropen Winter Kein Winter, trotzdem zeitl. Dynamik Weniger vertikale Komplexizität Höhere vertikale Komplexizität Keine hölzernen Lianen Lianen Höhere Bäume (Sequoias 110m) Bäume nicht ganz so hoch Eiszeiten Keine Eiszeiten → längerfristige Stabilität Wenig Arten, hohe Dichten Viele Arten, wenige Individuen ⇓ ⇓ oft Krankheiten/Kalamitäten Selten Krankheiten/Kalamitäten Herbivorie: 7.5% Herbivorie: 10.9% Geringerer Diöziegrad Höherer Grad an Diözie (♂+♀) Weniger Nischen Mehr Nischen Tierökologie Roland Gerstmeier Tierökologie Roland Gerstmeier Vergleich der Artenzahlen zwischen Deutschland und Ekuador Deutschland Ecuador 350.000 280.000 3.000 > 16.500 Baumarten 50 ca. 3.000 Baumarten pro ha 14 300 Orchideenarten 60 > 2.200 ca. 20 > 1.000 Säugetierarten 100 280 Vogelarten 305 1.450 Reptilienarten 12 345 Amphibienarten 19 350 33.473 ??? Fläche Gefäßpflanzen-Arten Gefäßpflanzen-Endemiten Insektenarten Tierökologie Roland Gerstmeier Charakteristika tropischer Regenwäldern: • Immergrün • 80% der Blätter eines Baumes werden über das Jahr hinweg erneuert • Schichtung: Baumriesen (- 60m); Niedere Bäume (20-30m); Lockere Strauchschicht; fast keine Kräuter • Fast kein Humus, Mineralien schnell ausgewaschen • d.h. Böden nährstoffarm Tierökologie Roland Gerstmeier • Viele Nischen (Epiphyten, Baumhöhlen, Phytotelmen) Tierökologie Roland Gerstmeier • Hoher Artenreichtum (allerdings meist in den oberen Schichten) 1 Baum: bis zu 70 Ameisenarten Tierökologie Roland Gerstmeier Tierökologie Roland Gerstmeier Tierökologie Roland Gerstmeier • Artenreichtum gilt nicht für alle Gruppen (# Säuger, Vögel, Schnecken) • Bestäubung vielfach durch Tiere Tierökologie Roland Gerstmeier Besonderheiten der Kronenfauna (canopy fauna) Canopy ist als "Ansammlung von Baumkronen in einem Wald, inklusive Blätter, Zweige, Äste und Epiphyten" definiert, beinhaltet im Prinzip also alle Elemente der Vegetation über dem Boden (Nadkarni 1995). Der Kronenraum spielt eine Schlüsselrolle in den ökosystemaren Prozessen der Biosphäre, wie z.B. Energiefluss, biogeochemische Zyklen und regionale sowie globale Klimaprozesse. Baumkronen beherbergen eine Unzahl von Tier- und Pflanzenarten, die Mehrzahl davon ist noch gar nicht beschrieben, und davon wird ein großer Teil aussterben, bevor wir diese Arten jemals zu Gesicht bekommen. Tierökologie Roland Gerstmeier Bisherige Erkenntnisse Zur zeitlichen Variation in tropischen Regenwäldern ? allein abiotische Faktoren wirken ? • Aufspüren von Ressourcen • Wettbewerb um Ressourcen • Prädation Schlüsselfaktoren: Blattproduktion, Blüte- und Fruchtphänologie Tierökologie Roland Gerstmeier Dipterocarpus-Wälder → extreme Blüh-Fluktuationen ►► Anpassungen von Bienen an Blütezyklus → bis zu 4 Generationen im ersten Blühjahr (Roubik 1989) Langzeitstudien ! Anpassungen von Herbivoren an Wirtsbaum-Phylogenie (lokale Prozesse!) Tierökologie Roland Gerstmeier Räumliche Variation 2% 12% 8% 2% 9% 4% 19% 25% Spitze Stufe 4 53% 66% 4% Stufe 3 10% 5% 22% Stufe 2 59% Kronenansatz 14% 19% 8% 5% 17% 32% Coleoptera Araneae Acari Collembola Sonstige 13% 25% 26% 41% Tierökologie Roland Gerstmeier Welche Faktoren bewirken eine räumliche Stratifikation in tropischen Wäldern? 1. Abiotische Faktoren Vertikale Verteilung von Diptera ← Windgeschwindigkeit + minimale Lufttemperatur (Ng & Lee 1980) Stratifikation von Borkenkäfern ← relative Feuchtigkeit (Cachan 1974) 2. Waldphysiognomie u. Baumarchitektur Unterschiede in der Flughöhe bei Tagfaltern niedrigwüchsige Wälder (Sulawesi, Seram) ↔ hochwüchsige Tieflandwälder (Borneo) (Holloway, pers. Beobachtung) Baumarchitektur determiniert den Reichtum der damit assoziierten herbivoren Insekten (Basset et al. 1999; Basset 2001; Caraglio et al. 2001) Tierökologie Roland Gerstmeier 3. Verfügbarkeit von Ressourcen Regenwald-Baumkronen produzieren mehr sekundäre Inhaltsstoffe + höhere Konzentrationen, als Schösslinge im Unterwuchs (Downum et al. 2001) 4. Verhalten Mimikry-Gemeinschaften von Ithomiinae (Nymphalidae) zeigen Muster der Flughöhe in Anpassung an Prädatoren (Beccaloni 1997) Weitere ♂♂-Phänomene: (Holloway 1984, Novotny et al. 1991) Hilltopping Migration Anlockung zum Licht Territorialverhalten Tierökologie Roland Gerstmeier Offene Fragen "Epiphyten-Index": Epiphyten-Arten/Gesamtanzahl Gefäßpflanzen z.B. 109 Arten auf 20 m² Astoberfläche in Ecuador (Nowicki 1998) → variiert biogeographisch: Neotropis > Afrika (Niedler et al. 2001) → in Bergregenwäldern mehr Epiphyten Tierökologie Roland Gerstmeier ? indiziert die Epiphyten-Diversität einen Einfluss auf die Arthropodengemeinschaft der Baumkronen ? Costa Rica: nur wenige Arthropoden in Epiphyten (Nadkarni & Longino 1990) Venezuela: reichhaltig; Arten unterschieden sich von Bodenfauna (Paoletti et al. 1991) Durch Windverfrachtung von Sahara-Staub (Reichholf 1986, Swap et al. 1992) Tierökologie Roland Gerstmeier Lebenszyklen: Larven vieler herbivorer Insekten (u.a. Chrysomelidae, Curculionidae) fressen an Wurzeln → wandern in die Krone, fressen als Imagines Blätter Boden ?? Krone Tierökologie Roland Gerstmeier Wenige Daten über spezifische Gruppen von Prädatoren und Parasitoiden in tropischen Baumkronen (Godfray et al. 1999) Spitze Stufe 4 Stufe 3 Omadius Stufe 2 Kronenansatz Metacantharis discoidea Juni: 20 ♂♂ Juli: 3 ♂♂, 5 ♀♀ Tierökologie Roland Gerstmeier Wälder der warm-gemäßigten Zonen Temperierte Wälder, die trotz anderen Klimas durch ihre Üppigkeit an tropische Regenwälder erinnern. Lorbeerwälder Kanarische Inseln, außer Lanzarote, Fuerteventura Tierökologie Roland Gerstmeier Temperierte Wälder kommen in Südchina, Korea, Japan, Südost-Australien, Neuseeland und Südchile vor; z.B. SO-Australien: vorherrschende Baumart = Eucalyptus in Neuseeland und Südchile = Nothofagus Tierökologie Roland Gerstmeier Hartlaubwälder: Mittelmeergebiet, Kalifornien, Zentralchile, Kapland Teile von Süd-Australien Zusammenhängende Vegetation aus Bäumen und Sträuchern, ertragen im Sommer mindestens 1 Monat Trockenheit heute: Restwälder in Marokko, Türkei, Nordlibanon ● heutige Restwälder ●● ● Degradationsform = Macchie Tierökologie Roland Gerstmeier Wälder der kühl-gemäßigten und kalten Zonen Sommergrüne Laub- und Mischwälder in Europa, Ostasien und im Osten der USA sowie nördliche (boreale) Nadelwälder Urwald Etagenbildung reichhaltigere Strukturierung Totholz Wirtschaftswald Gleichhoher Kronenschluss monotone Strukturierung durch „Pflege“ kein Totholz Herbstlicher Blattabwurf: entsprechende Humusschicht reichhaltige Bodenfauna (wichtig: Saprophage) Tierökologie Roland Gerstmeier Tierökologie Roland Gerstmeier Tierökologie Roland Gerstmeier Borealer (kalt-gemäßigter) Nadelwald = Taiga im Norden Eurasiens und Nordamerikas wenige Nadel- und Laubholzarten (in Europa oft nur Fichte oder Waldkiefer) • lange, schneereiche Winter und kurze, kühle Sommer • < 4 Monate über 10 °C • stark schwankende Tageslänge • stark schwankende Einstrahlung Tierökologie Roland Gerstmeier Baumlose boreale Region = Tundra im Norden Eurasiens und Nordamerikas (nordwärts an die Taiga anschließend) • von Süden nach Norden wird die Vegetation kahler (Holzgewächse – Zwergweiden – Zwergbirken) Tendenz zum Zwergwuchs • kurze Vegetationszeit • lange Schneebedeckung • nur wenige Arten von Warmblüter (Ren, Moschusochse, Polarfuchs, etc.) Tierökologie Roland Gerstmeier Ökosystemforschung Erfassung des Arteninventars Wie ?? rein qualitativ → Bestimmung per Auge / Fang per Hand Abundanz = Individuendichte pro Flächen- oder Volumeneinheit Aktivitätsdichte = angetroffene Häufigkeit eines Tieres Tierökologie Roland Gerstmeier D-vac Malaisefalle Bodeneklektor Tierökologie Roland Gerstmeier Tierökologie Roland Gerstmeier Tierökologie Roland Gerstmeier Tierökologie Roland Gerstmeier Faunenähnlichkeit Dominanz Di = Individuenzahl der Art i x 100 Gesamtzahl der Individuen i.d. Artengemeinschaft Dominanzklassen nach Engelmann (logarithmisch): Eudominant 32,0 – 100% Dominant 10,0 – 31,9% Subdominant 3,2 – 9,9% Rezedent 1,0 – 3,1% Subrezedent 0,32 – 0,99% Sporadisch unter 0,32% Sörensen-Quotient: QS (%) = 2G SA + SB x 100 G = Zahl der in beiden Gebieten gemeinsam vorkommenden Arten SA, SB = Zahl der Arten in Gebiet A bzw. B Renkonensche Zahl G D (A,B) = Summe der niedrigeren Dominanzwerte von A und B G = Zahl der gemeinsamen Arten i = Art i RE = ∑ i=1 D (A,B) Tierökologie Roland Gerstmeier Wainsteinindex Jaccardsche Zahl G JZ = SA + SB - G W (%) = JZ x RE G = Zahl der in beiden Gebieten gemeinsam vorkommenden Arten S(A,B) = Artenzahl der Gebiete A bzw. B Da die Jaccardsche Zahl zwischen 0 und 1 liegt, ist der Wainsteinindex kleiner (höchstens gleich) als die Renkonensche Zahl. Höhere Werte bedeuten höhere Ähnlichkeit. Diversität - Shannon-Wiener Index S HS = - ∑ i=1 HS S pi N ni pi ln pi pi = ni N S ∑ i=1 pi = 1 = Diversität bezogen auf Artenzahlen = Gesamtzahl der Arten = Relative Häufigkeit der i-ten Art von der Gesamtindividuenzahl = Gesamtindividuenzahl = Individuenzahl der Art i Die Diversität wird zu Null, wenn alle Individuen einer Art angehören, und sie erreicht ihren höchsten Wert, wenn alle Arten mit der gleichen Individuenzahl vorkommen. Tierökologie Roland Gerstmeier Evenness E= HS Hmax maximale Diversität ist gegeben, wenn in einer S Arten enthaltenden Gemeinschaft alle Arten im gleichen quantitativen Verhältnis vorhanden sind: alle pi = 1 S , dann ist HS = Hmax = ∑1 S ln 1 S = lnS