Gemeinde Worpswede | Gestaltungsfibel Vorwort | Einleitung Der Ortskern Worpswedes ist gebaute Tradition. lung des Erscheinungsbildes Worpswedes hin, Seine gestalterischen Merkmale sind Ausdruck denn ein intaktes Ortsbild trägt wesentlich dazu von Individualität und Zusammengehörigkeit zu- bei, dass sich die Bürger „zu Hause“ wohlfühlen gleich. Mit der Besinnung auf den regionalen und sich mit ihrem Heimatort identifizieren. Baustil und auf überlieferte Konstruktionen soll der typische Charakter Worpswedes weiterentwi- Diese Aufgabe fordert jeden Bürger, denn es gilt, ckelt und ein unverwechselbares Erscheinungsbild sich in vielen kleinen Schritten dem gemeinsamen geformt werden. Ziel zu nähern. Um Sie in Ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl zu unterstützen, hat sich die Der Blick auf den alten Ortskern zeigt, dass der Gemeinde entschlossen, eine Gestaltungsfibel zu Ort seine historisch gewachsenen Strukturen erstellen, die die Grundzüge der Gestaltung fest- durch die wechselvolle Geschichte hindurch erhal- legt. Vorhandene bauliche Anlagen genießen ge- ten konnte. Um den historischen Ortskern aus stalterischen Bestandsschutz. Nur wenn sich die alten Bauernhöfen entwickelte sich eine durch Eigentümer zur Sanierung oder zum Umbau ihrer historische Geschäftshäuser, Stadtvillen sowie Gebäude entschließen, sollten die Regelungen Ateliergebäude geprägte Siedlung. Die typische und Gestaltungsvorgaben Anwendung finden. offene Bauweise mit allseits offenen Flächen um Mit dieser Gestaltungsfibel wird Ihnen dabei ein die Gebäude herum sowie der straßenbegleitende Leitfaden an die Hand gegeben, der Hilfestellung Baumbestand prägen bis heute das Ortsbild bei der Gestaltung der baulichen Anlagen und Worpswedes. Freiflächen gibt. Durch die städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen soll den Bürgern von Worpswede ein zeitgemäßes Wohnen in historischer Bausubstanz 2 ermöglicht werden. Die Maßnahmen zielen dabei Stefan Schwenke neben der Beseitigung funktionaler Mängel insbe- Bürgermeister der Gemeinde Worpswede sondere auf die Verbesserung und Weiterentwick- im November 2011 Inhaltsverzeichnis Vorwort / Einleitung ........................................................................................................................... 2 1 Geltungsbereich der Gestaltungsfibel ............................................................................................... 4 2 Ortsbild ............................................................................................................................................... 6 3 Außenanlagen Oberflächen................................................................................................................................ 8 Einfriedungen ............................................................................................................................. 9 4 Ortsprägende Gebäudetypen ......................................................................................................... 10 5 Die Bauteile im Bestand Dächer ..................................................................................................................................... 12 Dachaufbauten ......................................................................................................................... 13 Fassaden .................................................................................................................................. 14 Verzierungen der Fassaden........................................................................................................ 16 Öffnungselemente .................................................................................................................... 18 Schaufenster............................................................................................................................. 20 Markisen und Vordächer ........................................................................................................... 21 Werbeanlagen .......................................................................................................................... 22 6 Anbauten Angepasste Anbauten............................................................................................................... 24 Anbauten die sich bewusst abheben ......................................................................................... 25 7 Neubauten ........................................................................................................................................ 26 8 Impressum | Bildnachweis................................................................................................................... 27 3 Geltungsbereich der Gestaltungsfibel Der Geltungsbereich der Gestaltungsfibel umfasst den ursprünglichen Siedlungskern der Bauernreihe, das Sanierungsgebiet „Ortskern Worps- 1 wede“ und ergänzend einen weiteren Teil der Findorffstraße. Im Wesentlichen sind damit die meisten ortsbildprägenden Gebäude und Straßenzüge Worpswedes erfasst. Baumreihe mit ortstypischem straßenbegleitenden Baumbestand q Bauernreihe mit Rathaus im rekonstruierten Bauernhaus mit Gartenanlage e Vereinzelt finden sich auch außerhalb des Geltungsbereichs der Gestaltungsfibel historische und ortsbildprägende Gebäude, für die die gleichen Gestaltungsvorgaben als Handlungsempfehlungen dienen. e An der Kirche mit historischem Schulgebäude 9 Hembergstraße mit historischem Gebäude t Philine-Vogeler-Haus an der Bergstraße 4 q Im Lageplan ist das Sanierungsgebiet „Ortskern He Worpswede“ rot dargestellt, der darüber hinaus gehende Geltungsbereich F ind fst orf e raß mb erg str aß e der Gestaltungsfibel ist Bergstraße gelb dargestellt 5 Ortsbild | Die Entstehung und Entwicklung des Ortes Worpswede ist aus der Ansiedlung der ersten Lage in der Landschaft Bauernhöfe im Bereich der heutigen Bauernreihe 2 entstanden. Die erste urkundliche Erwähnung Der Ortskern Worpswedes liegt am Hang, an der stammt aus dem Jahr 1218. Nord-West-Seite des Weyerbergs. Die Straßen und Grundstücke haben ein leichtes Gefälle. Das Seit Mitte des 17. Jahrhunderts ließen sich zuge- Ortsbild ist gekennzeichnet durch die weitläufige wanderte Neusiedler im Ort nieder. Sie standen ein- bis zweigeschossige Bebauung mit vielen zunächst im Dienst der Vollhöfe, hatten jedoch Grünflächen und altem Baumbestand. auch eigene Hofstellen und Flächen zur Bewirtschaftung. Bebauung im Jahr 1880, Siedlungskern rot markiert e Im Zuge der Moorkolonisation ab 1750 entwickelte sich der Ort zu einem regionalen Versorgungszentrum. Handwerker ließen sich nieder, Märkte wurden hier abgehalten, die ersten Ladengeschäfte entstanden. Eine Schule wurde eingerichtet, es gab einen Arzt und einen Apotheker. Seit 1884 wurde Worpswede regelmäßig durch Kunststudenten besucht. Schließlich ließen sie sich dauerhaft nieder und machten Worpswede zu einer überregional bekannten Künstlerkolonie. Luftbild des Ortskerns mit Siedlungsursprung (roter 9 Kreis). Der Ort ist in die Landschaft eingebettet. t Bebauung im Jahr 2010, Siedlungskern rot markiert Worpswede entwickelte sich auf dem bestehenden Straßengrundriss weiter, behielt jedoch bis heute die lockere Siedlungsstruktur eines Haufendorfes, dessen Bebauungsdichte im Laufe der Zeit zunahm. 6 Bebauungstruktur Straßenraum Die Bebauungsstruktur wird durch die offene Durch die offene Bauweise wird der Straßenraum wede charakteristisch. Aus diesem Grund sollen Bauweise bestimmt. Jedes Gebäude liegt freiste- vor allem durch den straßenbegleitenden Baum- der Baum-, Gehölz- und Heckenbestand erhalten hend auf dem Grundstück und wird rundum von bestand und die Grünflächen vor und zwischen werden. Bei Verlust sind Neuanpflanzungen vor- Freiraum umgeben. Nur Nebengebäude dürfen den Häusern bestimmt. Straßenbegleitende, zunehmen. direkt an ein Hauptgebäude gesetzt werden. großkronige Bäume dominieren den Straßenraum. Die Durchgrünung des Ortes ist für Worps- Die lockere Bebauungsstruktur lässt keinen geregelten Ortsgrundriss erkennen. Es gibt keine Baufluchten im Straßenraum. e Grün im Straßenraum e Zonierung des Straßenquerschnitts e Schwarzplan 7 Außenanlagen | Oberflächen 3 Durch den Wechsel von befestigter und unbefes- Materialien Verlegung tigter Fläche und durch Materialwechsel innerhalb Traditionelle Materialien sollen verwendet Zur Aufwertung öffentlicher Bereiche und privater der befestigten Flächen wird der Außenraum zo- werden, ähnlich den Materialien, die sich in Vorplätze können besondere Verlegemuster und niert: den Fassaden der Häuser wiederfinden: eine ornamentale Gestaltung im Außenraum bei- – öffentlicher Gehweg – Naturstein tragen. – öffentliche Plätze oder Parkplätze – gebrannte Ziegel/Torfbrandklinker – Entwässerung – privater Vorplatz – privater Vorgarten Natursteinverlegung auf dem Vorplatz, t gefärbter Betonstein auf dem Gehweg Begrünter Vorgarten, Zuwegung aus gebrannten Ziegeln, Grundstückseinfassung aus Sandstein 9 Granitpflasterung im Bereich des Gehwegs und ornamentales Verlegemuster auf dem Platz durch Klinkerpflaster und Natursteinpflaster im Wechsel 8 q Außenanlagen | Einfriedungen Laubgehölzhecke. Tore und Türen sind aus Holz mit e einem weißen Anstrich hergestellt. Die Einfriedungen sollen sich dem Landschaftsbild Worpswedes anpassen. Grundstücksbegrenzun- 3 Materialien und Farben – Zaunanlagen als Staketenzäune inkl. Pforten gen sollen aus natürlichen Materialien hergestellt und Tore aus Holz mit naturfarbenem, dunkel- werden und dürfen den Blick nicht versperren. braunem, dunkelgrünem oder weißem An- Auf eine offene, blickdurchlässige Gestaltung ist strich zu achten. Die Grundstücke sollen nicht von der – Laubgehölzhecken Straße abgeschirmt werden. Daher sollen die Ein- – Vorhandene schmiedeeiserne Zaunanlagen friedungen nicht höher als 80 cm sein, Eingangstore können das Maß überschreiten. können erhalten, saniert und ersetzt werden. – Vorhandene Klinkermauern können erhalten, saniert und ersetzt werden. Liegt ein Gebäude am Hang, so wird der Geländeversatz durch einen Sockel ausgeglichen. Der – Holzzäune als Jägerzäune sind straßenseitig nicht zulässig. Sockel sollte durch Natursteine eingefasst und begrünt werden. Höhenversatz, der durch einen begrünten Naturstein- e sockel ausgeglichen wird 9 Holzzaun mit weißen Anstrich Vorhandene Klinkermauer mit Mauerwerkspfeilern als t Toreinfassung. Tore und Türen sind aus Holz mit einem weißen Anstrich hergestellt. 9 Ortsbildprägende Gebäudetypen Alte Bauernhöfe Historische Geschäftshäuser die Geschichte des Ortes dokumentieren und das Die alten Bauernhöfe repräsentieren den ur- Die historischen Geschäftshäuser dokumentieren Ortsbild maßgeblich prägen. Die Vielzahl an un- sprünglichen Siedlungskern Worpswedes und den Wandel des Ortes von der reinen Bauernsied- terschiedlichen Gebäudetypen bestimmt das he- zeugen von dem ehemals rein bäuerlichen lung zum Versorgungszentrum für die umliegen- terogene Ortsbild und den heutigen Charakter Leben im Ort. den Moorkolonien. Worpswede hat einen großen Bestand an historischen Gebäuden unterschiedlicher Baujahre, die 4 des Ortes. Die historischen Gebäude sind meistens so dimensioniert worden, dass unterschiedliche Nutzungseinheiten in ihnen Platz fanden. Auch heute noch sind die meisten Gebäude in mehrere Nutzungen aufgeteilt, wie z. B. Ladengeschäft und Wohnen oder mehrere Wohneinheiten. Je nach Gebäudetyp sind die Häuser ein- bis zweigeschossig und stehen sowohl giebelständig als auch traufständig zur Straße. 9 Beispiel Findorffstraße 21 9 Beispiel Findorffstraße 17 Typische Merkmale Typische Merkmale Folgende Gebäudetypen sind für das Ortsbild prägend: – alte Bauernhöfe – historische Geschäftshäuser – Niederdeutsches Hallenhaus, ehemals aufge- – Stadtvilla teilt in Wohnbereich und den Bereich der – Ateliergebäude Stallungen – das Haus als Kunstwerk Zwerchhaus – symmetrische Fassadengliederung – reetgedecktes Dach – Schaufenster – niedrige Trauffassaden – Werbeanlagen – großes Tor in der Giebelfassade („grote Dör“) – Fachwerkbauweise, z. T. erhalten 10 – traufständiger Baukörper mit ausgeprägtem Die Stadtvilla Ateliergebäude Das Haus als Kunstwerk Seit Mitte des 19. Jahrhunderts lassen sich erste Die Ateliergebäude dokumentieren Worpswedes Das künstlerische Schaffen in Worpswede mani- Spuren städtischer Lebensführung in Worpswede wichtigsten geschichtlichen Wandel zur überre- festiert sich auch in seinen Bauwerken, die das feststellen. Sie drücken sich in der Bauweise von gional bekannten Künstlerkolonie seit dem Ende kreative Schaffen im Ort in den unterschiedlichs- vereinzelten Stadtvillen aus. des 19. Jahrhunderts. ten Entstehungszeiten dokumentieren. 9 Beispiel Bergstraße 9 9 Beispiel Lindenallee 1, Kaffee Worpswede 9 Beispiel Bergstraße 33 Typische Merkmale – erstmals zweigeschossige Bauweise – symmetrische Fassadengliederung – horizontale Gliederung der Fassade durch Gesimsbänder – hohe Geschosshöhen – großformatige Fenster Typische Merkmale – unregelmäßiger Baukörper mit unterschiedlichen Dachformen – große Atelierfenster in der Nordfassade – erstmals liegende Fensterformate Typische Merkmale – ortstypische Dimensionierung der Baukörper – Verwendung ortstypischer Materialien und Farben – unregelmäßige und freie Kombination von unterschiedlichen Kubaturen und Dachformen – freie Gestaltung einzelner Bauteile – flach geneigtes Sattel- oder Walmdach. 11 Die Bauteile im Bestand | Dächer Die Dächer sind als symmetrische Steildächer konstruiert. Die Dachneigung beträgt in der 5 Beispiel Straßentor 2: Satteldach mit Reeteindeckung t Die Eindeckung mit Reet ist bei alten Höfen üblich Regel mehr als 45°. Lediglich der Gebäudetyp gewesen und sollte nur bei diesem Gebäudetyp weiter Stadtvilla weist eine flachere Dachneigung auf. Verwendung finden. Einige Gebäude, die als Kunstwerk gestaltet wurden (Philine-Vogeler-Haus, Kunsthalle Friedrich Netzel), haben Flachdächer oder andere Dachformen. Ortstypische Dachformen: – Satteldach – Krüppelwalmdach – Mansarddach – bei Nebengebäuden auch Flachdach und Beispiel Findorffstraße 16: Krüppelwalmdach mit natur- t roten Tondachziegeln Die naturroten Tondachziegel sind das für Worpswede üblichste Material zur Eindeckung historischer Gebäude. Pultdach – Dachneigung 30-50° – bei Nebengebäuden auch 0°-30° möglich Materialien: – Tondachziegel – Betondachsteine – Reeteindeckung – Glänzende Oberflächen sind nicht zulässig. Ausnahme: Ein historischer Befund liegt vor. Farbgebung: – naturrot, rot, rotbraun – anthrazit, schwarz 12 Beispiel Hembergstraße 17: abgewalmtes Mansarddach, t Eindeckung aus braunen Betondachsteinen Die Bauteile im Bestand | Dachaufbauten Grundsätzlich sollten sich Dachaufbauten der Dachform unterordnen und eine einfache Beispiel Bauernreihe 6a: Satteldach mit mehreren t schmalen Schleppgauben Geometrie haben. Bei ausgebauten Dachgeschos- 5 sen sind folgende Einbauten möglich: – Schleppgauben, die symmetrisch in der Dachfläche sitzen. – Bei dem Niedersächsischen Hallenhaus sind jedoch nur Schleppgauben über dem historischen Wohnbereich zulässig. – Fledermausgauben sind nur in Reetdächern zulässig. – Zwerchhäuser, die mittig in der Traufseite angeordnet sind und nicht breiter als 1/3 Beispiel An der Kirche 1: Krüppelwalmdach mit einer t Schleppgaube, Abschluss des Ortgangs durch Windfederbrett der Fassade sind. – Loggien sind in der straßenseitigen Dachfläche nicht zulässig. – Dachflächenfenster, Photovoltaikanlagen und Solarthermieanlagen sind in den Bereichen, die von der Straße her einsehbar sind, unzulässig. – Dachflächenfenster auf der Seite, die der Straße abgewandt ist, dürfen nicht breiter als ein Sparrenfeld sein. Beispiel Findorffstraße 19: Satteldach mit Zwerchhaus, t Abschluss des Ortgangs durch Ortgangziegel Dachüberstände – Traufe: geringer Dachüberstand, max. 1 Ziegel + Dachrinne – Ortgang: nahezu bündiger Abschluss des Daches mit der Fassade – Der Abschluss wird durch Ortgangziegel oder ein Windfederbrett hergestellt. 13 Die Bauteile im Bestand | Fassaden Die Verwendung von traditionellen Materialien ist 5 Rotstein-Fassaden charakteristisch für die Fassadengestaltung in – kleinformatige Steinformate, max. 1 NF Worpswede. Durch die Verwendung von Materia- – naturrot gebrannter Rotstein mit rauer lien wie gebranntem Rotstein, Holz, Putz und Na- Oberfläche – bei historischen Gebäuden im Kreuzverband turstein fügen sich die Gebäude harmonisch in die Landschaft ein. Die Materialien der Gebäude tragen somit zu dem naturnahen Gesamtbild des Ortes bei. gemauert – helle Verfugungen, weiß bis hellgrau – Sockelbereiche können aus Naturstein hergestellt werden. – Sichtbare Fachwerkkonstruktionen sollen einen dunklen Anstrich haben, z. B. dunkelbraun, dunkelgrün bis schwarz. – Einzelne Bauteile wie Gauben können mit Holzverschalungen verkleidet sein. Beispiel Bauernreihe 6a: Sichtmauerwerk aus kleinforma- t tigem naturroten Ziegel mit hellgrauer Verfugung Beispiel An der Kirche 5: Kleinformatiges naturrotes Ziegelmauerwerk mit rauer Oberfläche und hellgrauer Verfugung, hier im Kreuzverband gemauert 9 Beispiel Bauernreihe 2b: Fachwerkkonstruktion mit t dunkelbraunem Anstrich, die Gefache sind mit naturrotem, kleinformatigen Rotstein und hellgrauer Verfugung ausgemauert. 14 e Beispiel Bergstraße 26: Glattputz mit weißem Anstrich Verputzte und gestrichene Fassaden: – manuell aufgebrachter Putz als Glattputz oder Strukturputz – Die Struktur des Mauerwerks kann erhalten bleiben. – heller Anstrich in den Farbgebungen weiß, hellbeige, hellgrau, hellgelb – Kräftigere Farben können in Einzelfällen zugelassen werden. – Die Sockelbereiche können durch einen Beispiel Findorffstraße 10: dünne Putzschicht, die e die Struktur des Mauerwerks sichtbar erhält; weißer Anstrich etwas dunkleren Anstrich in demselben Farbton abgesetzt werden. – Einzelne Bauteile wie Gauben können durch Holzverschalungen verkleidet sein. e Beispiel Bergstraße 11: grober Strukturputz mit gelbem Anstrich 15 Die Bauteile im Bestand | Verzierungen der Fassaden Verzierungen bei Rotstein-Fassaden: Zahlreiche Gebäude weisen Verzierungen an – Stürze als Rollschicht oder andere stehende ihren Fassaden auf. Dies können bei verputzten Mauerwerksverbände Fassaden verschiedene Stuckelemente sein, bei 5 Rotstein-Fassaden sind es schmückende Mauer- – Pilaster werksfriese. Die Verzierungen unterstreichen den – Gesimsbänder individuellen Charakter der einzelnen Gebäude – reliefartige Gestaltung der Mauerwerksflächen und tragen zu deren Attraktivität und Wertsteige- – gemauerte Zahnreihen rung bei. Beispiel Bergstraße 13, Philine-Vogeler-Haus: – ornamentale Verlegemuster e ornamentale Gestaltung des Fenstersturzes und des Brüstungsbereichs durch Ziegelmauerwerk Beispiel Bauernreihe 6a: Ziermauerwerk im t Fenstersturz und im Bereich der Geschossdecke Beispiel Hembergstraße 14: ornamentaler Mauerwerks- e verband als Sichtmauerwerk Beispiel Straßentor 2: Verzierungen des Giebels durch Ziermauerwerk mit gemauerten Pilastern, 9 Gesimsbändern, reliefartigen Fensterstürzen und Ziermauerungen entlang des Ortgangs Beispiel An der Kirche 5: gemauerte Zierfriese im Sichtmauerwerk 16 q Verzierungen bei Fassaden mit Putz und Anstrich: Beispiel Hembergstraße 13: Ziermauerwerk am Ortgang, t farblich abgesetzt – Pilaster – Gesimsbänder – Stuck – eingelassene Schmucktafeln – farbliche Gestaltung von Stürzen, Gesimsbändern etc. Beispiel Findorffstraße 31: glatt verputzte Pilaster als t seitliche Einfassungen des Zwerchhauses, Gesimsband, Fensterstürze als Zierelemente Beispiel Findorffstraße 10: in die Fassade eingesetzte e Schmucktafel, die durch Relief und Farbgebung gestaltet ist Beispiel Findorffstraße 29: Fenstereinfassungen als t Stuckelemente ausgebildet, Pilaster und Gesimsband als Ziermauerwerk ausgebildet 17 Die Bauteile im Bestand | Öffnungselemente Die Öffnungselemente wie Fenster, Türen und Tore gliedern die Fassaden des Gebäudes. Bei zahlreichen historischen Gebäuden werden die 5 Öffnungselemente symmetrisch in der Fassade angeordnet. Die Eingangstüren liegen oft mittig in der Fassade. Beispiel Bergstraße 8: verputztes und hell gestrichenes Gebäude; symmetrische Anordnung der Öffnungsele- Material mente; Fenster und Haustür mit stehendem Format, Fenster, Türen und Tore werden aus Holz herge- e weißem Anstrich, mehreren Öffnungsflügeln und glastei- stellt. lenden Sprossen; Fenster mit Fensterläden. Anordnung und Formate Die Öffnungselemente sollten stehende Formate haben sowie in regelmäßigen Abständen und geschossweise auf gleicher Höhe angeordnet werden. Lediglich bei Atelierhäusern sind auch liegende Fensterformate zulässig. Gliederung Abhängig von der Größe werden Fenster und Türen durch mehrere Öffnungsflügel geteilt. Die Öffnungsflügel können weiterhin durch glasteilende Sprossen gegliedert werden. Die Gestaltung von Fenstern und Türen soll aufeinander abgestimmt sein. 18 Beispiel Bauernreihe 1, Rathaus: Fachwerkfassade mit Ausfachungen aus Rotstein; Fenster mit stehendem Format, weißem Anstrich, mehreren Öffnungsflügeln und glasteilenden Sprossen; die farbige Gestaltung der Tür ist auf die Fassade abgestimmt. 9 Farbgebung bei verputzten und gestrichenen Fassaden: – heller Anstrich, z. B. abgetönt weiß, lichtgrau, cremeweiß, grauweiß – dunkler Anstrich: dunkelgrün, schwarz, dunkelgrau, dunkelbraun Beispiel An der Kirche 1: verputztes und weiß gestriche- t nes Gebäude; symmetrische Anordnung der Öffnungse elemente; Fenster und Haustür mit stehendem Format, weißem Anstrich, mehreren Öffnungsflügeln und glasteilenden Sprossen; Fenster mit Fensterläden Beispiel Findorffstraße 29: verputztes und weiß 9 gestrichenes Gebäude; symmetrische Anordnung der Öffnungselemente; Fenster und Haustür mit stehendem Format, schwarzem Anstrich, mehreren Öffnungsflügeln und glasteilenden Sprossen. Die historischen Fenster sind durch die innenliegenden Kastenfenster ergänzt worden. 19 Die Bauteile im Bestand | Schaufenster Die Gestaltung der Schaufenster soll an die Gestaltung der übrigen Fenster angepasst sein. Sie sind ebenfalls aus Holz herzustellen. Auch Schau- 5 fenster sollten dem Gebäudetyp entsprechend gegliedert werden. Schaufensteranlagen, die das Erscheinungsbild Beispiel Findorffstraße 19: Schaufenster, das in ein von historischen Fassaden stören, sollten zurück- Oberlicht und zwei feststehende Flügel geteilt ist. Die Farbgebung des Schaufensters entspricht der Farbge- gebaut werden bzw. in ihrer Gestaltung an die e bung der übrigen Öffnungselemente und der Gestal- historische Fassadengliederung angepasst wer- tung der Fassade. den. Beispiel Hembergstraße 13: Schaufenster mit durchgehender vertikaler Gliederung. Die Farbgebung ist an das Gebäude und die übrigen Fenster angepasst. 20 9 Die Bauteile im Bestand | Markisen und Vordächer Markisen Markisen sind nur zulässig, wenn sie in ihrer Gestaltung und Farbgebung an die Fassade ange- 5 passt werden. Feststehende Markisen sind nicht zulässig. Vordächer Vordächer sollen in Form und Materialität dem Haus angepasst werden. Alternativ können Vordächer auch als filigrane, transparente Glasscheiben über Eingangstüren ausgeführt werden, die durch ihre zurückhaltende Gestaltung die Fassadenansicht nicht beeinträchigen. Beispiel Bergstraße 36: Die Markise ist durch ihre 9 Farbgebung an die Fassade angepasst. Beispiel Hembergstraße 4: Das Vordach ist in Form 9 und Materialität an das Haus angepasst. 21 Die Bauteile im Bestand | Werbeanlagen Werbeanlagen, Beschriftungen etc. sollen sich der Fassadengestaltung anpassen. Sie dürfen auf Werbetafeln Positive Beispiele aus Worpswede keinen Fall die Fassade dominieren. Material und 5 Farbgebung müssen auf die Fassade abgestimmt sein. Beispiel Findorfstraße 21: Werbetafel aus Holz mit Am besten lassen sich Werbeanlagen als filigrane Einzelelemente an den Fassaden applizieren. Wer- t farbiger Gestaltung, in Material und Farbgebung an die Fassade angepasst beanlagen sollen nur im Bereich der Erdgeschosse vorkommen. Die Fläche von zulässigen Werbeanlagen ist auf 1 qm begrenzt. Unzulässig sind: Beispiel Bergstraße 14: Werbetafel, die sich mit ihrer – selbstleuchtende Werbeanlagen t Farbgebung und Dimensionierung an das Gebäude und die Öffnungselemente anpasst – blinkende Werbeanlagen – eine grelle, aufdringliche Farbgebung – plakative Werbeanlagen – Ausleger – mobile Werbeanlagen im öffentlichen Raum Beispiel Bergstraße 8: Freistehende Werbeanlagen werden in die Gestaltung der Außenanlagen integriert. e Beispiel Findorffstraße 29: Werbefläche, die als t bedruckte transparente Folie in die Fensterfläche integriert ist 22 Nur-Schrift-Elemente Positive Beispiele aus Worpswede Sanierungsvorschlag für unzulässige Werbeanlagen: Foto oben: plakative Werbeanlagen, die durch ihre Größe, Vielzahl und Farbgebung die Fassade Bergstraße 15: Nur-Schrift-Element als Farbauftrag auf t der Fassade des Gebäudes dominieren Foto unten: Sanierungsvorschlag für die Werbeanlagen: ein Nur-Schrift-Element aus einzelnen applizierten Metallbuchstaben an der Fassade Findorffstraße 10: Nur-Schrift-Element, als einzelne t Metallbuchstaben an der Fassade appliziert Findorffstraße 17: Nur-Schrift-Element, als Folien-Buch- t staben auf das Schaufenster geklebt 23 Anbauten | Angepasste Anbauten Gebäudeteile, die nachträglich an ein historisches Haus angebaut werden, sollten sensibel auf die Beispiel Bergstraße 33: Der kleine seitliche Anbau wurde t durch Form und Farbgebung an das Haus angepasst. vorhandene Bausubstanz reagieren. Dies ist durch 6 die Verwendung der gleichen Materialien, Formsprache und Farbgebung möglich, d. h. durch eine Anpassung an das Hauptgebäude. Beispiel Bahnhof Worpswede: Der seitliche Anbau wurde t durch die abgestimmte Farbgebung, die ähnliche Gestaltung der Fenster und durch das gleiche Material der Dacheindeckung an das Hauptgebäude angepasst. 24 Anbauten | Anbauten die sich bewusst abheben Für Anbauten können auch Materialien und Farben, die harmonisch auf das Hauptgebäude ab- 6 Beispiel Bergstraße 33: Im Gegensatz zum massiven t Haupthaus besteht der Anbau in erster Linie aus Fenster- gestimmt werden, verwendet werden. Altbau und elementen. Durch sein transparentes Erscheinungsbild Neubau sind in diesem Fall klar erkennbar und hebt sich somit der Anbau vom Haupthaus ab. Die Farbgebung der Fensterelemente ist an die des Haupthauses sollten ein gelungenes Gesamtbild ergeben. Ein angepasst. Der Anbau ordnet sich durch seine deutlich massiver Altbau lässt sich z. B. durch einen Glas- geringere Höhe dem Haupthaus unter. pavillon ergänzen, sofern die Proportionen des Altbaus berücksichtigt werden. Beispiel eines Atelieranbaus, der sich durch seine Materi- t alwahl und Farbgebung vom Haupthaus deutlich absetzt: Die markante, grüne Fassade steht in Kontrast zur schlichten, weißen Putzfassade des Hauptgebäudes. Wohnbereich und Atelier sind dadurch optisch voneinander abgegrenzt. Der Anbau erscheint als eigenständiger, durch seine Größe jedoch untergeordneter Baukörper. 25 Neubauten Neubauten sollten sich harmonisch in das Ortsbild einfügen und nach den bereits beschriebenen grundlegenden Kriterien gebaut werden: 7 – städtebauliche Vorgabe: freistehend auf dem Grundstück ohne Bauflucht – Einhaltung der ortstypischen Proportionen: max. 2-geschossig – Verwendung von symmetrischen Dachformen Der Neubau würde sich aufgrund folgender Kriterien in t das Ortsbild Worpswedes einfügen: – freistehender, 2-geschossiger Baukörper, der sich in die Landschaft einfügt (der Baumbestand wurde erhalten) – Ausbildung eines Sockelbereichs wegen des unebenen Geländes – Die Fassade wurde aus kleinformatigem Ziegelmauerwerk hergestellt. – große Fensterflächen – ähnlich denen der Atelierhäuser in Worpswede – Verwendung von traditionellen Materialien: kleinformatiger Rotstein mit hellen Fugen oder manuell verputzte Fassaden mit hellem Anstrich, Holzfenster, Sandsteinsockel – Verwendung von Tondachziegeln mit matter Oberfläche in den Farben naturrot, dunkelbraun, anthrazit Allerdings sollten die Neubauten in einer zeitgemäßen Formensprache errichtet werden und nicht Altbauten imitieren. Auch Neubauten sollten die Entwicklung Worpswedes dokumentieren und einen zeitgemäßen Beitrag zum Ortsbild darstellen. Der Neubau würde sich aufgrund folgender Kriterien in t das Ortsbild Worpswedes einfügen: – ortstypische Proportionierung des Gebäudes durch Im Folgenden werden Beispiele neu gebauter Häuser gezeigt. Sie zeichnen sich durch eine zeitgemäße Architektur aus, sind darüber hinaus aber – symmetrische Gliederung der Giebelfassaden aufgrund ihrer Materialwahl, Formensprache oder Farbgebung im Ortsbild Worpswedes vorstellbar – auch wenn einige Gestaltungskriterien nicht er26 Aufteilung des Bauvolumens in zwei Baukörper – symmetrische Steildächer füllt werden. – verputzte Fassaden mit weißem Anstrich – Verwendung von Holzelementen (hier Schiebeläden) Impressum | Bildnachweis 8 Verfasser Fotos/Abbildungen: Andreas Schneider Architekten GmbH & Co. KG Kohlhökerstr. 61 28203 Bremen Tel. 04 21/ 4 34 13 70 www.schneider-architekten.de Seite 6 links oben: Abbildung aus: Hans Hubert „Worpswede, Das Bauerndorf wird Künstlerdorf“, Worpsweder Verlag 1989 im Auftrag der Gemeinde Worpswede Bauernreihe 1 27726 Worpswede Tel. 0 47 92 / 312- 0 www.gemeinde-worpswede.de und der BauBeCon Sanierungsträger GmbH Anne-Conway-Str. 1 28359 Bremen Tel. 04 21/3 29 01-0 www.baubeconstadtsanierung.de Gestaltung Dipl. Des. Petra Kamerowski Stand: November 2011 Seite 6 Kartengrundlage links unten sowie Luftbild: Quelle: Auszug aus den Geobasisdaten der Niedersächsischen Vermessungs- und Katasterverwaltung www.lgln.niedersachsen.de Seite 25 oberes Bild: Architekten: Dipl.-Ing. Architekten BDA, Andreas R. Becher / Elmar L. Rottkamp, Becher Rottkamp Generalplanung Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin Foto: Werner Huthmacher – Photography, Berlin Seite 25 unteres Bild: Architekt: Dipl.-Ing. (FH) Eduard Kloninger, Architektur & Projektplanung, Wolfsburg Foto: Dipl.-Ing. (FH) Eduard Kloninger Seite 26 oberes Bild: Architekten: Andreas R. Becher | Elmar L. Rottkamp, Dipl.-Ing. Architekten BDA, Becher Rottkamp Generalplanung, Berlin Seite 26 unteres Bild: Architekt: Prof. Dr.-Ing. Wolff Mitto, Mitto Architekten, Hamburg Foto: Olaf Hauschulz, Hamburg Alle anderen: Andreas Schneider Architekten GmbH & Co. KG, Kohlhökerstraße 61, 28203 Bremen Diese Broschüre wurde mit Städtebaufördermitteln der Bundesrepublik Deutschland sowie des Landes Niedersachsen gefördert. 27 www.gemeinde-worpswede.de