Medizinprodukte vs. Arzneimittel Datenmenge für die Analyse

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Dank an
Katja Krockenberger, ZKS Lübeck
Claudia Hemmelmann, IMBS Lübeck
Albert Heimerl, Procon GmbH Hamburg
Interessenkonflikte
IntegraGen, Evry, France
Olympus Winter & Ibe, Hamburg
Protagen AG, Dortmund, Deutschland
BMBF (01GI0916, 01KU0908A, 01KU0908B, BI 486/2‐1, EQ 0401)
DFG (WA 2929/2‐1)
EU (HEALTH‐2011‐278913)
Andreas Ziegler
[email protected]‐luebeck.de
Institut für Medizinische Biometrie und Statistik
Universität zu Lübeck
Universitätsklinikum Schleswig‐Holstein, Campus Lübeck
Berlin, 09.02.2012
Folie 2
Medizinprodukte vs. Arzneimittel
Datenmenge für die Analyse – normale Einsatzbedingungen
Technisches Verständnis bei der Nutzenbewertung
Spezielle statistische Aspekte
Verblindung
Placebokontrolle
Wenngleich die regulatorischen Voraussetzungen für den Marktzugang von Arzneimitteln und nichtmedikamentösen therapeutischen Interventionen unterschiedlich sind, gibt es dennoch zunächst keinen Grund, an die Bewertung von Nutzen und Schaden einen bezüglich der Ergebnissicherheit prinzipiell anderen Maßstab Meldungen: Unerwünschte Wirkungen vs. unerwünschte Wirkungen des Medizinprodukts
Folie 3
anzulegen.
IQWiG 2011 Allgemeine Methoden 4.0
Folie 4
Betriebe (1000)
12
10
8
6
Umsatz (Mrd €)
Betriebe (1000)
50
14
45
≥ 50 Mitarbeiter
12
40
10
35
30
< 50
Mitarbeiter
8
25
6
20
15
4
45
≥ 50 Mitarbeiter
Medizinprodukte
25
15
10
2
0
Arzneimittel
35
20
4
5
0
40
30
< 50
Mitarbeiter
10
2
Umsatz (Mrd €)
50
14
5
0
0
Arzneimittel
Medizinprodukte
Arzneimittel
Medizinprodukte
Arzneimittel
Medizinprodukte
 Finanzierung von Wirksamkeitsprüfungen bei MPs?
Vonthein et al. 2011 Zentralbl Chir , doi: 10.1055/s‐0031‐1271549
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Medizinprodukte sind alle … verwendeten Instrumente, Apparate … oder andere Gegenstände einschließlich der … für ein einwandfreies Funktionieren … eingesetzten Software …
Arzneimittel sind Stoffe …, die zur Anwendung im oder am menschlichen … Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher … Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind … oder eine medizinische Diagnose zu erstellen.
MPG 2011 §3  AMG §2
Folie 7
Vonthein et al. 2011 Zentralbl Chir , doi: 10.1055/s‐0031‐1271549
Folie 6
Vereinfachend:
Medizinprodukt: physikalische Reaktion, keine systemische Applikation
Arzneimittel: chemische Reaktion
Ziele:
Medizinprodukt: Therapie, Diagnose oder anderes
Arzneimittel: Therapie, Diagnose
 Sind chemische Reaktionen und physikalische Reaktionen vergleichbar?
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Die Produkte müssen so ausgelegt und hergestellt sein, dass ihre Anwendung weder den klinischen Zustand und die Sicherheit der Patienten noch die Sicherheit und die Gesundheit der Anwender oder gegebenenfalls Dritter gefährdet, wenn sie unter den vorgesehenen Bedingungen und zu den vorgesehenen Zwecken eingesetzt werden, …
93/42/EWG, Anhang I, I.1.
Folie 9
Medizinprodukte
Leistung, d.h. Funktion  Wirksamkeit
Nebenwirkungen
Normale Einsatzbedingungen  Indikation
Patient, Anwender, Dritte
Medizinprodukte: Zweck der klinischen Prüfung ist es,
den Nachweis zu erbringen, dass die Leistungen des Produkts bei normalen Einsatzbedingungen den Leistungsdaten von Anhang I Abschnitt 3 entsprechen, und
etwaige bei normalen Einsatzbedingungen auftretende unerwünschte Nebenwirkungen zu ermitteln und zu beurteilen, …
Arzneimittel: Klinische Prüfung bei Menschen ist
jede am Menschen durchgeführte Untersuchung, die dazu bestimmt ist, klinische oder pharmakologische Wirkungen von Arzneimitteln zu erforschen oder nachzuweisen oder
Nebenwirkungen festzustellen oder die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Ausscheidung zu untersuchen,
mit dem Ziel, sich von der Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit der Arzneimittel zu überzeugen.
93/42/EWG, Anhang X, 2.1  AMG §4, Abs. 23
Folie 10
Konsequenz
 Andere Ausgangssituation für MP nach Zulassung
Keine Wirksamkeitsdaten
Andere Datenmenge für Analyse
Arzneimittel
Wirksamkeit
Nebenwirkungen
Patient
93/42/EWG, Anhang I, I.1.  93/42/EWG, Anhang X, 2.1  AMG §4, Abs. 23 Folie 11
93/42/EWG, Anhang I, I.1.  93/42/EWG, Anhang X, 2.1  AMG §4, Abs. 23 Folie 12
„60‐70% aller Zwischenfälle mit elektrisch betriebenen Medizinprodukten sind Fehler in der Anwendung (Anwender‐ und Anwendungsfehler)“
Kategorisierung der Anwenderfehler
Fehler (mistakes): fehlendes Wissen
Erinnerungsbasierte Flüchtigkeitsfehler (lapses)
Manuelle Ausführungsfehler (slips)
Wickens & Holland 2000 ISBN 978‐0‐32104‐7113, S. 480‐507
IEC/CD 60601‐1‐6:2000  EN 60601‐01‐06:2010
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Intention‐to‐treat principle: The principle that asserts that the effect of a treatment policy can be best assessed by evaluating on the basis of the intention to treat a subject rather than the actual treatment given. … subjects allocated to a treatment group should be … analysed as members of that group irrespective of their compliance …
Per protocol set (valid cases, evaluable samples): The set of data generated by the subset of subjects who complied with the protocol sufficiently … Compliance covers such considerations as exposure to treatment, … and absence of major protocol violations.
CPMP/ICH/363/96
Beispiel:
Krankenhaus
Raucherecke
Infusionsgeräte
Sommer wie Winter
Temperaturbereich laut Hersteller: 10°C – 35°C
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Folie 14
Ziel
Datenmenge
Referenz
Überlegenheit
Full analysis set (FAS) basierend auf Intention‐to‐treat (ITT) Prinzip
CPMP/EWP/482/99
ICH E9
Sicherheit
As treated
FAS basierend auf ITT
EMEA/H/C/403/II/24
FDA, Exec summ, P100041, S. 13
 MP: Einschränkung auf MPs unter normalen Einsatzbedingungen
Folie 16
Mit Verweis auf A.4 bis A.5 eine Beschreibung und Begründung für …
Mit Verweis auf A.4 bis A.5 eine Beschreibung und Begründung für …
j) Verfahren, die alle Daten in Betracht ziehen, k) die Behandlung fehlender, nicht verwendeter oder falscher bzw. irreführender Daten, einschließlich von Ausfällen und Zurückziehungen einzelner Versuchspersonen, l) eine Begründung für die Nichtberücksichtigung einzelner Informationen bei der Hypothesenprüfung, sofern zutreffend, …
j) Verfahren, die alle Daten in Betracht ziehen, k) die Behandlung fehlender, nicht verwendeter oder falscher bzw. irreführender Daten, einschließlich von Ausfällen und Zurückziehungen einzelner Versuchspersonen, l) eine Begründung für die Nichtberücksichtigung einzelner Informationen bei der Hypothesenprüfung, sofern zutreffend,
…
 Medizinprodukte: primäre Analyse per Protokoll Analyse
‐ Im Sinne der normalen Einsatzbedingung des MP
‐ Einsatz außerhalb ist „major protocol violation“
ISO 14155:2011, Anhang A.7 (Statistische Überlegungen)
Folie 17
Kein Widerspruch mit
“The Agency will require an analysis of the data by ‘intention‐to‐
treat.’ This is an analysis method in which ‘the primary tabulations and summaries of outcome data are by assigned treatment’. In such analyses patients lost‐to‐follow‐up in the intervention and control groups must be counted as though they actually completed the study in their assigned group.”
ISO 14155:2011, Anhang A.7 (Statistische Überlegungen)
Folie 18
Nicht‐Unterlegenheitsstudien
Große Relevanz
Aber: keine Guideline zur Wahl von Nicht‐Unterlegenheitsschranken
Häufig Ziel: echte Äquivalenz
Interaktion Anwender – Medizinprodukt
Physik‐Kenntnisse
Verblindung
Kontrolle des Placeboeffekts
Hier: Keine Unterscheidung zwischen
Patient
Medizinprodukt
FDA 1996 Statistical Guidance for Clinical Trials of Non Diagnostic Medical Devices Folie 19
Folie 20
Indikation für Arzneimittel muss bewiesen sein
Anders bei Medizinprodukten
Beispiel Elektrotherapie
TENS: transkutane Elektro‐Nervenstimulation
Hilfsmittelverzeichnis, Produktgruppe 09.37.03.0000 biphasische, niederfrequente Elektrostimulationsgeräte bei Inkontinenz
Norton‐Studie
„Active stimulation“: 35 Hz, Pulsbreite 300 µs
Mediane Stromstärke: 2.327 mA
„Sham stimulation“: 1 Hz, Pulsbreite 300 µs
Mediane Stromstärke: 0.127 mA
Schwandner‐Studie
Amplitudenmoduliertes Mittelfrequenz‐BF: 3000 Hz, 500 mV
‐liche Stromstärke: 253.0 mA  95.0 mA
Niederfrequenz‐Stimulation: 100 Hz, 50 mV
‐Stromstärke: 45.6 mA  14.3 mA
Motorische Schwelle ca. 20 mA bei 100 µs
Norton et al. 2005 Dis Colon Rectum 49:190‐6  Telford et al. 2004 Folie 21
Colorectal Dis 6:442‐5  Schwandner et al. 2011 Dtsch Arztebl Int 108:653‐60 Postversand
Keine Einweisung
Kapazitative Aufladung: Schmerzen, Elektrolyse
Folie 22
Placeboeffekt
Schein‐Operation?
Wartegruppen‐Design
Verblindung
Logistik
Oft nicht Behandler, aber Nachbeobachter
Beispiele
Ausbau des Zahnrads + spezielles Ethikvotum
bei Bürostuhlstudie
Lokalanästhesie Stoßwellentherapie
Scheinbehandlung bei Tinnitus
Folie 23
Lengsfeld et al. 2007 Spine J 7:531‐40  Arfeller et al. 2009 Trials 10:74
Haake et al. 2002 J Bone Joint Surg 84‐A:1982‐91
Folie 24
Muss bei genehmigungspflichtiger klinischer Prüfung
Kann bei nicht genehmigungspflichtiger klinischer Prüfung
Aber: CONSORT 2010 Berichtspflicht zu unerwünschten Wirkungen
SAE Schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis: 1 Mord
… bei amplitudenmodulierter Mittelfrequenz‐Stimulation
… ist aber nicht SADE …
– Schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis (3.37)
Ungewolltes Ereignis
Tod oder schwerwiegende Verschlechterung
Keine Berücksichtigung der Kausalität
Betroffen: Patient, Anwender oder Dritter
Textbeispiel und Ausschnitt des Flussdiagramms aus Bartlett SADE – Schwerwiegende unerwünschte Wirkung des MP (3.36)
USADE – Unvorhersehbare schwerwiegende unerwünschte
Wirkung des MP (3.42)
MPSV §2(5)  Definitionen in ISO 14155:2011, 3.x  90/385/EWG, Anhang 7, 2.3.5
Moher et al. 2011 Dtsch Med Wochenschr 129:T16‐T20
Vortrag 5, Folie 29, 2011, TMF‐Seminar Klinische Prüfung und Bewertung Folie 25
von Medizinprodukten, ausgearbeitet von Steffen Luntz
Wirkmechanismus: physikalisch versus chemisch
Sind chemische Reaktionen und physikalische Reaktionen vergleichbar?
Umfangreiche technische & physikalische Kenntnisse erforderlich
Sicherheit für Patient, Anwender und Dritte über lange Zeiträume
Anwendungsfehler  Einsatz außerhalb der normalen Einsatzbedingungen
Einsatz unter normalen Einsatzbedingungen entsprechend der vorgesehenen Zweckbestimmung  andere Analysemenge
Folie 27
Schwandner et al. 2010 Dis Colon Rectum 53:1107‐16
Bartlett et al. 2011 Dis Colon Rectum 54:846‐56
Folie 26
Besonderheiten im Studiendesign
Placebokontrolle
Verblindung
Interaktion Medizinprodukt – Anwender
z.B. Lernkurve des Anwenders
Unterlegenheit versus echte Äquivalenz
 keine Richtlinie zur Wahl des Deltas
Folie 28
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