Erläuterungen: Sinfonische Dichtung und Etüden Sinfonische Dichtung Der um 1850 von Franz Liszt geprägte Gattungsname „Sinfonische Dichtung“ geht davon aus, dass die Instrumentalmusik selbst eine Art „Gedicht“ oder „Poesie“ ist, wie er in einem Aufsatz über Berlioz und seine Harold-Sinfonie (1855) schreibt: „musikalisches Gedicht“, „Tongedicht“, „Instrumentaldichtung“. Der Komponist ist somit ein „Tondichter“, der „Dichter unter den Komponisten“ oder ein „dichtender Symphonist“. Die Grundlage der Sinfonischen Dichtung ist die Vorstellung, dass Musik und Sprache so viel gemeinsam haben, dass Musik auch als eine Dichtung verstanden werden kann. Es geht dabei aber – im Unterschied zur Programmmusik – nicht mehr um die musikalische Darstellung außermusikalischer Inhalte (z. B. Peter und der Wolf, Die Moldau, Bilder einer Ausstellung), sondern um die Vermittlung einer abstrakten „künstlerischen Idee“. Der Begriff „Sinfonische Dichtung“ steht in Zusammenhang mit verschiedenen musikästhetischen Anschauungen im 19. Jahrhundert, in denen das Verhältnis der Künste und die Möglichkeiten der „Tonmalerei“ diskutiert wurden. Hierzu gehört der so genannte Streit zwischen der Neudeutschen Schule, der auch Liszt angehörte, und den Traditionalisten, wie z. B. Johannes Brahms. Die Neudeutsche Schule forderte Erweiterung der Tonkunst durch Einbindung anderer Künste (z. B. Bildende Kunst, Theater, Poesie), wogegen die Traditionalisten weiter auf die „absolute Musik“ setzten und nur „tönend bewegte Formen“ (Eduard Hanslick) ausdrückten. Konzertetüden Unter Etüden werden oftmals kleine Übungsstücke („les études“ = Studium) verstanden, die einem Musiker zu größeren Fertigkeiten auf seinem Instrument verhelfen sollen. Viele Klavierschüler verbinden mit Etüde – mit vielleicht unangenehmen Erinnerungen – den Namen Carl Czerny und seine „Schule der Geläufigkeit“. In der Zeit der Romantik wurde daraus eine eigenständige Musikform, die Konzertetüde, da sie in Konzerten aufgeführt wurde und neben technischen Schwierigkeiten auch einen hohen künstlerischen Ausdruck beinhaltete. Beispiele hierfür sind die Etüden für Violine von Niccolò Paganini (Paganini Capricen). Im Jahr 1831 hatte Liszt den italienischen Geiger selbst im Konzert gehört und beschloss, ein „Paganini auf dem Klavier“ zu werden. Einige Jahre darauf entstanden die Paganini-Etüden. Sie stellten die zeitgenössischen Pianisten zunächst vor unlösbare Probleme. Die Konzertetüde „Mazeppa“ findet sich im Zyklus „Etudes d’exécution transcendante“, was mit „Etüden von aufsteigender Schwierigkeit“ oder „Etüden von übernatürlicher Ausführung“ übersetzt werden kann. musik & bildung 1.14