Kapitel 1 Aussagenlogik

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Kapitel 1
Aussagenlogik
Einführung
Mathematische Logik (WS 2012/13)
Kapitel 1: Aussagenlogik
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Übersicht
Teil I: Syntax und Semantik der Aussagenlogik
(1.0) Junktoren und Wahrheitsfunktionen
(1.1) Syntax der Aussagenlogik
(1.2) Semantik der Aussagenlogik
(1.3) Boolesche Funktionen, aussagenlogische Formeln und Normalformen
(1.4) Exkurs: Entscheidbarkeit und Komplexität
Teil II: Ein Kalkül der Aussagenlogik
(1.5) Logische Kalküle: Beweise und Beweisbarkeit
(1.6) Ein adäquater Kalkül für die Aussagenlogik: Der Shoenfield-Kalkül für die
Aussagenlogik
(1.7) Die Vollständigkeit des Shoenfield-Kalküls der Aussagenlogik
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Kapitel 1: Aussagenlogik
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Übersicht (Fortsetzung)
In der Aussagenlogik analysiert man die Wahrheitswerte zusammengesetzter
Aussagen basierend auf den Wahrheitswerten der elementaren Teilaussagen.
Wir beginnen damit, die hierzu verwendeten Verknüpfungen (Junktoren)
einzuführen und deren Bedeutung durch Wahrheits- bzw. Boolesche
Funktionen zu beschreiben (Kapitel 1.0).
Dann wenden wir uns der Aussagenlogik selbst zu und führen zunächst deren
Sprache ein,
�
�
deren Grundzeichen Symbole für die elementaren Aussagen
(Aussagenvariablen) und die verwendeten Verknüpfungen (Junktoren)
sind
und in der zusammengesetzte Aussagen mit Hilfe von speziellen
endlichen Zeichenreihen, den aussagenlogischen (al.) Formeln,
dargestellt werden
(Syntax der Aussagenlogik; Kapitel 1.1).
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Übersicht (Fortsetzung)
Formeln können als Aussageformen interpretiert werden, wobei man die
dargestellten Aussagen dadurch erhält man, dass man die Variablen durch
konkrete Aussagen ersetzt (wobei natürlich eine mehrfach vorkommende
Variable immer gleich ersetzt wird) und die Junktoren durch die von ihnen
symbolisierte Verknüpfungen ersetzt. Da der Wahrheitswert von verknüpften
Aussagen nicht von den vorkommenden atomaren Aussagen selbst sondern
nur von deren Wahrheitswert abhängt, können wir durch Belegung der in
einer Formel vorkommenden Aussagenvariablen mit Wahrheitswerten den
Wahrheitswert der zusammengesetzten Aussage (in Abhängigkeit von der
Belegung) bestimmen (Semantik der Aussagenlogik; Kapitel 1.2).
Hierauf basierend werden wir dann die zentralen Begriffe der (Aussagen-)
Logik wie Erfüllbarkeit und Allgemeingültigkeit (= al. Wahrheit) von al.
Formeln sowie (aussagen)logischen Äquivalenz- und Folgerung einführen und
diese Konzepte näher untersuchen. Weiter werden wir Normalformen
(Disjunktive und Konjunktive Normalform) von Formeln einführen, sowie
Entscheidbarkeits- und Komplexitätsfragen erörtern (Kapitel 1.2 - 1.4).
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Übersicht (Fortsetzung)
Schließlich zeigen wir, dass man den (semantischen) Wahrheits- und
Folgerungsbegriff mit Hilfe eines Kalküls (syntaktisch) beschreiben kann,
in dem der semantische Folgerungsbegriff mit der Beweisbarkeit
(= syntaktischer Folgerungsbegriff) zusammenfällt und in dem gerade die
allgemeingültigen Formeln beweisbar sind (Kapitel 1.5 - 1.7).
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Kapitel 1.0
Junktoren und Wahrheitsfunktionen
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Kap.1.0: Junktoren und Wahrheitsfunktionen
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Verknüpfung von Aussagen
Zur Verknüpfung von Aussagen verwenden wir (Verknüpfungs-)
Operationen (Junktoren), die wir aus der Umgangssprache kennen:
�
�
�
�
�
nicht (Negation, Symbol: ¬)
und (Konjunktion, Symbol: ∧)
oder (Disjunktion, Symbol: ∨)
wenn - dann (Implikation, Symbol: →)
genau dann - wenn (Äquivalenz, Symbol: ↔)
Dabei werden wir die Bedeutung dieser Verknüpfungen jedoch
präzisieren, da diese in der Umgangssprache nicht immer eindeutig
festgelegt sind.
Hierzu ordnen wir jeder Verknüpfung eine Wahrheitsfunktion
(= Boolesche Funktion) zu.
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Wahrheitsfunktionen und Boolesche Funktionen
Im Folgenden kürzen wir die Wahrheitswerte WAHR und FALSCH mit
W und F ab und identifizieren diese mit den Bits 1 und 0:
�
WAHR = W = 1
und
FALSCH = F = 0
Eine n-stellige Wahrheitsfunktion f ist eine Abbildung
f : {F , W }n → {F , W }.
Eine n-stellige Boolesche Funktion f ist eine Abbildung
f : {0, 1}n → {0, 1}.
NB. Wegen der von uns vorgenommenen Identifizierung F = 0 und
W = 1 sind Wahrheitsfunktionen gerade Boolesche Funktionen.
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Verknüpfungen und Boolesche Funktionen
Verknüpfen wir zwei (oder mehrere) Aussagen, so soll der
Wahrheitswert der verknüpften Gesamtaussage nur von den
Wahrheitswerten der Teilaussagen sowie der gewählten Verknüpfung
abhängen.
Die Bedeutung (Semantik) einer n-stelligen Verknüpfungsoperation
op kann daher durch eine n-stellige Wahrheitsfunktion bzw.
Boolesche Funktion fop festgelegt werden.
Wir werden im Folgenden auf diese Weise die Bedeutung der von uns
betrachteten Verknüpfungen festlegen.
Man beachte dabei, dass die Negation 1-stellig ist, während die
anderen Verknüpfungen 2-stellig sind.
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Negation
Durch die Negation wird eine Aussage A verneint, d.h. der
Wahrheitswert gerade vertauscht:
A wahr ⇔ ¬A falsch
und
A falsch ⇔ ¬A wahr
Die Negation wird daher durch die 1-st. Boolesche Funktion f¬ mit
folgender Wertetabelle definiert:
x0 f¬ (x0 )
0
1
1
0
(Die Wertetabelle einer Booleschen Funktion bezeichnet man
manchmal auch als Wahrheitstafel.)
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Disjunktion
Das ODER wird in der Umgangssprache sowohl inklusiv als auch
exclusiv verwendet:
�
�
Inklusiv: A oder B gilt, wenn A gilt oder B gilt oder wenn sowohl A als
auch B gelten.
Exklusiv: Hier gilt A oder B nur, wenn entweder A oder B gilt (aber
nicht beide).
Mit der Disjunktion (∨) bezeichnen wir das inklusive ODER:
x0 x1 f∨ (x0 , x1 )
0 0
0
0 1
1
1 0
1
1 1
1
Es gilt also gerade: f∨ (x0 , x1 ) = max(x0 , x1 ).
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Konjunktion
Beim UND ist der Sprachgebrauch eindeutig: Die Aussage A und B ist
wahr, wenn sowohl die Aussage A als auch die Aussage B wahr sind.
Die Konjunktion (∧) wird also durch folgende Boolesche Funktion
definiert:
x0 x1 f∧ (x0 , x1 )
0 0
0
0 1
0
1 0
0
1
1 1
Es gilt also gerade: f∧ (x0 , x1 ) = min(x0 , x1 ).
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Implikation
Die Implikation (Folgerung) wird umgangssprachlich meist als sog.
materielle Implikation aufgefasst, bei der ein kausaler Zusammenhang
hergestellt wird:
�
“Wenn es regnet (A), dann wird die Straße nass (B).”
Die Wahrheit einer solchen materiellen Implikation A ⇒ B hängt
nicht nur von den Wahrheitswerten der Teilaussagen A und B sondern
von den Aussagen A und B selbst ab.
Hier betrachten wir daher die allgemeinere formale Implikation, bei
der ein kausaler Zusammenhang nicht verlangt wird. So ist hier auch
die Aussage
�
“Wenn es regnet (A), dann ist 3 eine Primzahl (B).”
wahr.
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Implikation (Fortsetzung)
Der Wahrheitswert einer formalen Implikation A → B ergibt sich wie
folgt:
�
�
Ist die Hypothese A falsch, so ist die Implikation A → B unabhängig
vom Wahrheitswert von B wahr (“ex falso quodlibet”).
Ist die Hypothese A wahr, so muss auch die Konklusion B wahr sein,
damit die Implikation A → B wahr wird.
Die Implikation (→) wird also durch folgende Boolesche Funktion
definiert:
x0 x1 f→ (x0 , x1 )
0 0
1
0 1
1
1 0
0
1 1
1
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Kap.1.0: Junktoren und Wahrheitsfunktionen
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Äquivalenz
Zwei Aussagen A und B sind äquivalent, wenn sowohl A B impliziert
als auch B A impliziert. Die Aussage A ↔ B ist also genau dann
wahr, wenn die Aussagen A → B und B → A wahr sind (oder die
Aussage (A → B) ∧ (B → A) wahr ist).
Das lässt sich auch einfacher ausdrücken: A ↔ B ist genau dann
wahr, wenn A und B entweder beide wahr oder beide falsch sind:
x0 x1 f↔ (x0 , x1 )
0 0
1
0 1
0
0
1 0
1 1
1
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Kap.1.0: Junktoren und Wahrheitsfunktionen
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Aussagenlogische Verknüpfungen vs. Boolesche Funktion
Wir haben gesehen, dass sich die von uns betrachteten
(aussagenlogischen) Verknüpfungen mit Hilfe von Booleschen
Funktionen darstellen lassen.
Umgekehrt stellt jede n-stellige Boolesche Funktion eine n-stellige
Verknüpfung dar.
n
Da es 22 verschiedene n-stellige Boolesche Funktionen gibt
2
(warum?), also insbesondere 22 = 16 2-st. Boolesche Funktionen,
erfassen wir mit den von uns betrachteten Verknüpfungen nur einen
Teil der möglichen Verknüpfungen.
Wir werden jedoch später zeigen, dass sich jede mögliche
Verknüpfung (beliebiger Stelligkeit) als Kombination der von uns
betrachteten Verknüpfungen darstellen lässt. In der Tat genügen
hierzu die Verknüpfungen ¬ und ∨ (oder alternativ ¬ und ∧).
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Kap.1.0: Junktoren und Wahrheitsfunktionen
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Aussagenlogische Verknüpfungen vs. Boolesche Funktion
BEISPIEL. Die 3-stellige Schwellenfunktion s23 : {0, 1}3 → {0, 1} nimmt genau
dann den Wert 1 an, wenn mindestens zwei Eingaben den Wert 1 haben, ist also
durch folgende Wertetabelle bestimmt:
x0
0
0
0
1
0
1
1
1
x1
0
0
1
0
1
0
1
1
x2
0
1
0
0
1
1
0
1
s23 (x0 , x1 , x2 )
0
0
0
0
1
1
1
1
Man erhält s23 durch die folgende Kombination der Funktionen f∨ und f∧
f∨ (f∨ (f∧ (x0 , x1 ), f∧ (x0 , x2 )), f∧ (x1 , x2 ))
und erhält damit eine Darstellung von s23 durch folgenden Ausdruck
((A0 ∧ A1 ) ∨ (A0 ∧ A2 )) ∨ (A1 ∧ A2 ).
Um zusammengesetzte Aussagen und die hierdurch dargestellten Booleschen
Funktionen näher zu untersuchen, führen wir nun die Sprache der Aussagenlogik
ein, in der Aussagen durch formal definierte Ausdrücke - den Formeln - wie oben
repräsentiert werden.
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Kap.1.0: Junktoren und Wahrheitsfunktionen
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