Geordnete Körper und Anordnung

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Geordnete Körper und Anordnung
Eine weiterer undefinierter Ausdruck, den wir in der Kartesischen Ebene über einem Körper besprechen, ist die Anordnung. Wir werden sehen, dass nicht jeder Körper angeordnet werden kann. Dazu benötigen wir zusätzliche Annahmen. Um sich vorzustellen, warum das so ist, nehmen wir an, dass wir eine Auffassung einer Anordnung haben. Dann
können wir die x-Achse (deren Punkte injektiv zu den Elementen unseres Körpers sind) in drei Teilmengen teilen. Die
”positive x-Achse”bestehend aus allen Punkten auf der gleichen Seite von 0 wie 1, die ”negative x-Achse”bestehend
aus allen Punkten auf der anderen Seite von 0 wie 1 und der Ursprung 0. Auf diese Art können wir den Begriff ”positiv”für unseren Körper definieren, analog zu unserer gewöhnlichen Auffassung der positiven reellen Zahlen. Dies
führt uns zu folgender Definition.
Definition 1. Ein angeordneter Körper ist ein Körper F, zusammen mit einer Teilmenge P deren Elemente positiv
genannt werden, die folgendes erfüllen:
1. a, b ∈ P ⇒ a + b ∈ P und ab ∈ P
2. Sei a ∈ F beliebig, dann gilt entweder a ∈ P, a = 0 oder −a ∈ P (ausschliessendes oder)
Nun folgen einige Eigenschaften angeordneter Körper.
Proposition 1. Sei F, P ein angeordneter Körper. Dann:
1. 1 ∈ P, d.h. 1 ist positiv
2. F hat Charakteristik 0
3. Der kleinste Teilkörper von F welcher 1 enthält ist isomorph zu Q
4. Für a 6= 0 ∈ F gilt a2 ∈ P
Beweis.
1. In jedem Körper gilt 1 6= 0, also entweder 1 ∈ P oder −1 ∈ P. Für 1 ∈ P bleibt nichts zu zeigen.
Für −1 ∈ P gilt laut Definition (−1)(−1) = 1 ∈ P. Dies widerspricht jedoch Punkt zwei der Definition eines
angeordneten Körpers. Deshalb gilt 1 ∈ P.
2. Weil 1 ∈ P gilt auch 1 + 1 + 1 + ... + 1 ∈ P für eine beliebige Anzahl von 1. Solch eine Summe ist nie 0 (weil
0 6∈ P), also hat F Charakteristik 0.
3. Die natürliche Abbildung von N nach F gegeben durch n 7→ 1+1+...+1 (n-mal) ist injektiv (weil char(F) = 0)
und setzt sich fort zu einer injektiven Abbildung von Q nach F, dessen Bild isomorph zu Q ist und der kleinste
Teilkörper von F, der 1 enthält.
In Zukunft werden wir Q mit seinem Bild in F identifizieren, d.h. mit n ∈ Z bezeichnen wir das entsprechende
Element in F.
4. Wenn a 6= 0, dann entweder a ∈ P oder −a ∈ P. Wenn a ∈ P, dann per Definition auch a2 ∈ P. Wenn −a ∈ P
dann (−a)(−a) = a2 ∈ P
Proposition 2. In einem angeordneten Körper F, P definieren wir a > b wenn a − b ∈ P und a < b wenn b − a ∈ P.
Diese Ungleichung erfüllt die folgenden üblichen Eigenschaften:
1. Wenn a > b und c ∈ F, dann a + c > b + c
1
2. Wenn a > b und b > c, dann a > c
3. Wenn a > b und c > 0, dann ac > bc
4. Für a, b ∈ F gilt entweder a > b, a = b oder a < b (ausschliessendes oder)
Beweis.
1. Weil a > b: a − b ∈ P. Es gilt a − b = a − b + c − c = a + c − (b + c) und somit a + c > b + c.
2. Es gilt a − b ∈ P und b − c ∈ P und deshalb a − c = a − b + b − c ∈ P. Somit gilt a > c.
3. Mit unserer Annahme gilt c und a − b ∈ P und deshalb: P 3 (a − b)c = ac − bc ⇒ ac > bc.
4. Weil a, b ∈ F ist auch a − b ∈ F. Deshalb gilt laut Definition entweder a − b ∈ P, a − b = 0 oder b − a ∈ P. Somit
gilt a > b, a < b oder a − b = 0. Es bleibt folgendes zu zeigen: a − b = 0 ⇔ a = b
⇒: Sei a − b = 0, dann gilt a = a + 0 = a + ((−b) + b) = (a − b) + b = b
⇐: Sei a = b, dann: a − b = b − b ⇔ a − b = 0.
Example 1.
• Die rationalen Zahlen Q oder die rellen Zahlen R bilden einen angeordneten Körper, wobei wir für
P die üblichen positiven Zahlen wählen.
• Der Körper der komplexen Zahlen C kann nicht angeordnet werden, weil i2 = −1 < 0 ein Widerspruch zu Prop
1 Teil 4 ist.
√
• Im allgemeinen gibt es mehr als einen Weg, einen abstrakten Körper anzuordnen. Sei zum Beispiel F = Q( 2).
Dann ist F ein Teilkörper von R, also können wir F anordnen indem wir P =√
{a ∈ F|a positiv
√ in R} definieren.
Es gibt jedoch eine andere Einbettung φ : F −→ R gegeben durch φ (a + b 2) = a − b 2 für alle a, b ∈ Q.
Dann können wir P = {x ∈ F|φ (x) > 0 in R}
Proposition 3. Sei F ein Körper und es sei eine Anordnung in der Kartesischen Ebene ΠF gegeben, welche die Axiome
(B1)-(B4) erfüllt. Dann ist F ein angeordneter Körper.
Umgekehrt, wenn F, P ein angeordneter Körper ist, können wir eine Anordnung auf ΠF definieren, welche (B1)-(B4)
erfüllt.
Beweis. Sei zuerst F ein Körper und eine Anordnung in ΠF gegeben, die (B1)-(B4) (vgl. Kapitel 7) erfüllt. Wir
definieren P ⊆ F als Menge der Elemente a ∈ F, a 6= 0, s.d. der Punkt (a, 0) der x-Achse auf der gleichen Seite von
0 ist wie 1. Da Addition im Körper dem Aneinanderreihen von Strecken auf der x-Achse entspricht, gilt a, b ∈ P ⇒
a + b ∈ P. Für die Multiplikation, für a, b, ∈ P gegeben, setzte a auf die x-Achse, 1, b auf die y-Achse, zeichne die
Linie von (0, 1) nach (a, 0) und zeichne die dazu parallele Gerade durch (0, b). Der Schnittpunkt dieser Parallelen mit
der x-Achse ist der Punkt (ab, 0).
Nun müssen wir zeigen: a, b ∈ P ⇒ ab ∈ P. Seien also a, b ∈ P und wir wissen 1 ∈ P. Falls a = 1 ∨ b = 1, dann gilt
offensichtlich ab ∈ P. Nehmen wir nun an, a 6= 1 und b 6= 1. Dann gibt es, aus Symmetriegründen, fünf zu betrachtende
Fälle:
1. a < 1 < b
2. 1 < a < b
3. a < b < 1
2
4. a = b < 1
5. a = b > 1
Für den 1. Fall betrachten wir das Dreieck mit den Eckpunkten A = (0, 0), B = (0, b) und C = (ab, 0). Dann gilt
A ∗ (0, 1) ∗ B. Deshalb schneidet die Gerade l, gegeben durch die Punkte (0, 1) und (a, 0), die Strecke AB im Innern.
Mit (B4) gilt somit, dass l die Strecke BC oder AC im Innern schneidet. Aber l kann die Strecke BC nicht schneiden, da
l und BC parallel zueinander sind. Also schneidet l die Strecke AC im Innern. Da AC auf der x-Achse liegt, schneiden
sich l und AC im Punkt (a, 0). Deshalb gilt (0, 0) ∗ (a, 0) ∗ (ab, 0) und somit ab ∈ P. Man sieht leicht, dass der 2. Fall
analog zum 1. bewiesen wird.
Für den 3. Fall betrachten wir das Dreieck mit den Eckpunkten A = (0, 0), B = (0, 1) und C = (a, 0) und die Gerade l
welche durch die Punkte (0, b) und (ab, 0) gegeben ist. Dann sehen wir, durch analoge Argumentation wie im 1. Fall,
dass sich l und AC im Punkt (ab, 0) schneiden. Somit gilt (0, 0) ∗ (ab, 0) ∗ (a, 0), also ab ∈ P.
Den 4. und 5. Fall beweist man, nach entsprechender Wahl geeigneter Dreiecke, analog.
Zu zeigen bleibt nun noch Punkt zwei der Definition eines angeordneten Körpers. Per Definition jedoch ist F die
disjunkte Vereinigung von P ∪ {0} ∪ −P und somit ist F, P ein angeordneter Körper.
Sein nun umgekehrt F, P ein angeordneter Körper. Wir definieren eine Anordnung im folgenden Sinn: Seien A =
(a1 , a2 ), B = (b1 , b2 ) und C = (c1 , c2 ) drei unterschiedliche Punkte auf einer Geraden y = mx + b. Dann sagen wir B
ist zwischen A und C (A ∗ B ∗C) wenn entweder a1 < b1 < c1 oder a1 > b1 > c1 .
Wenn die Gerade vertikal ist verwenden wir die y-Koordinaten.
Nun müssen wir die Axiome (B1)-(B4) verifizieren:
(B1) ist automatisch erfüllt aufgrund unserer Definition.
(B2) folgt aus dem Fakt, der in jedem angeordneten Körper wahr ist, dass für b > d ∈ F gegeben, a, c, e ∈ F exisitieren,
s.d. a < b < c < d < e. Denn wir können a = b − 1, c = 21 (b + d), und e = d + 1 nehmen. Dabei gilt 12 ∈ F weil 2 6= 0,
2 ∈ F ⇒ 2−1 = 12 ∈ F.
(B3) folgt aus dem Fakt, dass in einem angeordneten Körper F, wenn a, b, c drei unterschiedliche Elemente von F
sind, genau eine von folgenden Möglichkeiten zutrifft:
a < b < c;
a < c < b;
b < a < c;
b < c < a;
c < a < b;
c < b < a.
(B4) Sei ein Dreieck ABC und eine Gerade l, welche die Seite AB schneidet, gegeben. Wir müssen zeigen: Falls
A, B,C 6∈ l dann schneidet l die Strecke AC oder BC, jedoch nicht beide.
Zuerst nehmen wir an, dass l vertikal ist, mit Gleichung x = d. Seien a, b, c die x-Koordinaten von A, B,C. Aufgrund
unserer Voraussetzungen gilt entweder a < d < b oder b < d < a. Aus Symmetriegründen reicht es a < d < b zu
betrachten. Nun ist klar, falls c < d, so schneidet l die Strecke BC aber nicht AC. Wenn c > d dann schneidet l AC aber
nicht BC, wie gefordert.
Wenn nun l nicht vertikal ist, können wir eine Koordinatentransformation (14.2) machen, s.d. l vertikal wird. Da
lineare Variablensubstitutionen Ungleichungen erhalten oder umkehren, beeinflusst dies nicht unsere Auffassung der
Anordnung. Somit sind wir auf den vertikalen Fall reduziert.
Um dieses Kapitel zu vervollständigen, diskutieren wir noch Archimedes’ Axiom (A) und Dedekinds’ Axiom (D) (vgl.
Kapitel 12).
3
Proposition 4. Sei F, P ein angeordneter Körper. Dann erfüllt ΠF (A) oder (D) genau dann wenn F die entsprechende
Bedingung für einen Körper, nämlich:
(A’) (Archimedes’ Axiom für einen Körper) Für a > 0 in F existiert eine ganze Zahl n, s.d. n > a.
(D’) (Dedekinds’ Axiom für einen Körper) Sei F die disjunkte Vereinigung zweier nicht leerer Mengen F = S ∪ T und
es gelte für alle a ∈ S und b ∈ T a < b. Dann existiert ein eindeutiges Element c ∈ F, s.d. für alle a ∈ S und alle b ∈ T
gilt: a ≤ c ≤ b.
Beweis. Für (A) können wir Koordinaten so wählen, dass die erste Strecke AB eine Einheitsstrecke ist. Wenn C und D
auf der selben Geraden den Elementen c < d ∈ F entsprechen, dann sind n Exemplare von AB grösser als CD genau
dann wenn n > d − c.
Für (D) wählen wir Koordinaten so, dass die betroffene Gerade die x-Achse ist. Wir identifizieren die Elemente der
x-Achse mit den Elementen von F. Dann sind die Aussagen (D) und (D’) die selben.
Proposition 5. Sei F ein angeordneter Körper der (A’) erfüllt. Dann ist F ordnungserhaltend isomorph zu einem
Teilkörper von R. Ausserdem erfüllt F in diesem Fall (D’) genau dann wenn dieser Teilkörper R ist.
Beweis. Wir haben in Prop. 1 gesehen, dass F einen Teilkörper F0 besitzt, der isomorph zu Q ist. Dies liefert
uns einen eindeutigen Isomorphismus φ0 : F0 → Q ⊆ R. Wir werden φ0 zu einem Isomorphismus von F nach R
erweitern. Seit α ∈ F. Aufgrund von Archimedes’ Axiom existieren ganze Zahlen sowohl grösser, als auch klei1
Z als eindeutige
ner als α. Sei also a0 die eindeutige ganze Zahl n, s.d. n ≤ α < n + 1. Nun definiere a1 ∈ 10
1
1
1
Zehntelzahl, s.d. a1 ≤ α < a1 + 10 . Analog definieren wir a2 ∈ 100 Z s.d. a2 ≤ α < a2 + 100 . Indem wir analog
weiterfahren, erhalten wir eine Folge a0 ≤ a1 ≤ a2 ≤ ... rationaler Zahlen mit der Eigenschaft, dass für alle n,
an ≤ α < an + 10−n . Im Körper der rellen Zahlen R konvergiert diese Folge gegen eine bestimmte Zahl, welche wir
φ (α) nennen. Dies definiert uns eine Abbildung φ : F → R. Es gilt φ (α + β ) = φ (α) + φ (β ) und φ (αβ ) = φ (α)φ (β ).
Also ist φ ein Körperhomomorphismus, welcher notwendigerweise ein Isomorphismus auf sein Bild ist. Zudem gilt,
falls α < β ⇒ φ (α) < φ (β ). Also ist φ ein ordnungstreuer Isomorphismus von F nach φ (F) ⊆ R.
Nun gilt, (D’) auf F ist äquivalent zu (D’) auf φ (F), weil die Körper isomorph sind und der Isomorphismus ordnungserhaltend ist. Jede Zahl r ∈ R ist charakterisiert durch die Mengen Σ1 = {a ∈ R|a ≤ r} und Σ2 = {a ∈ R|a > r}.
Deshalb gilt klarerweise: (D’) gilt auf φ (F) genau dann wenn φ (F) = R.
Remark 1. Als Umkehrschluss dieses Resultates bemerken wir, dass jeder Teilkörper F von R angeordnet werden
kann, wenn wir für P ⊆ F jene Elemente von F auswählen, die in R positiv sind (im üblichen Sinn). Deshalb ist es
äquivalent ob wir archimedisch angeordnete Körper oder Teilkörper von R betrachten.
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